L 7 AS 579/19

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 13 AS 1475/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 579/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 62/20 R
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 16. August 2019 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Wertersatz für die in der Zeit vom 27. Januar 2012 bis 30. April 2013 im Rahmen von Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung geleistete Arbeit des Klägers beim A-Stadter Verein C. e.V. als Träger dieser Maßnahme. Der 1964 geborene Kläger stand im hier streitgegenständlichen Zeitraum im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit zwischen dem Kläger und dem Beklagten abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarungen vom 16. Januar 2012 (Bl. 206 ff. der Verwaltungsakte des Beklagten, künftig: VA), 7. Mai 2012 (Bl. 209 ff. VA), 1. November 2012 (Bl. 228 ff. VA) und 7. Januar 2013 (Bl. 235 ff. VA) wurde der Kläger der oben genannten Maßnahme zugewiesen.

Nach Beendigung der Maßnahme machte der Kläger im Rahmen eines Gespräches vom 11. Juli 2013 gegenüber dem Beklagten geltend, dass er während dieser Maßnahme an einem "regulären" Arbeitsplatz eingesetzt gewesen wäre und deshalb auch einen regulären Arbeitslohn hierfür begehre. Dies untermauerte der Kläger durch Vorlage eines Schreibens vom 20. Juni 2013 an den Verein C. und diverser Bilder, welche er während seiner Tätigkeit in der zuvor genannten Maßnahme gefertigt hatte (vgl. Bl. 261 ff. VA).

Am 30. September 2013 (Bl. 291 VA) erhob der Kläger Widerspruch gegen die Maßnahme bei dem A-Stadter Verein C. Zur Begründung trug der Kläger hier im Wesentlichen vor, dass die Teilnahme an der Maßnahme ständig "gegen die Gesetze, welche in den Eingliederungsvereinbarungen genannt seien" verstoßen hätte und er die gesamte Zeit einen regulären Arbeitsplatz innegehabt habe, sodass es an der Gemeinnützigkeit fehle.

Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2013 als unzulässig zurück (Bl. 288 ff. VA), da der Widerspruch nach § 62 SGB X i.V.m. § 78 SGG nur gegen Verwaltungsakte im Sinne des § 31 SGB X zulässig sei. Durch die Maßnahme selbst bzw. deren Absolvierung würden Rechte des Widerspruchsführers weder begründet noch geändert, entzogen oder festgestellt. Vielmehr sei eine Entscheidung über die Teilnahme an der genannten Maßnahme mit dem Widerspruchsführer einvernehmlich getroffen worden; und zwar jeweils durch Eingliederungsvereinbarungen vom 16. Januar 2012, 7. Mai 2012, 13. November 2012 und 7. Januar 2013.

Hiergegen erhob der Kläger am 16. Oktober 2013 Klage. Zur Begründung bezieht sich der Kläger im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren und erläutert im weiteren Verlauf des Verfahrens umfangreich den tatsächlichen Ablauf der Maßnahme sowie seine Bemühungen, die dortigen Zustände zu verbessern.

Der Kläger meint, ihm stünde ein Wertersatz in Höhe des Reallohnes für die von ihm ausgeübte Tätigkeit zu, da er als sogenannter Ein-Euro-Jobber durch den Beklagten eingesetzt worden sei, wobei es an der Gemeinnützigkeit der von ihm ausgeübten Tätigkeit gefehlt habe. Er bezieht sich insoweit auf die entsprechende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Der Wertersatz habe sich zu bemessen an einem Lohn, wie er für Hausmeisterarbeiten bzw. für Landschaftsgärtnerarbeiten gezahlt werde. Nach den Berechnungen des Klägers habe er an 328 Werktagen an der Maßnahme teilgenommen, im Schnitt jeweils 6 Stunden am Tag. Ausgehend von einem Lohn für Hausmeistertätigkeit in Höhe von 13,12 EUR pro Stunde ergäbe sich ein Betrag von 25.820,16 EUR. Hiervon seien die von dem Beklagten erbrachten Leistungen zur Eingliederung in Höhe von 1.305,00 EUR abzusetzen. Des Weiteren seien die monatlich für den Kläger erbrachten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II abzusetzen, welche mit durchschnittlich 1.000,00 EUR pro Monat anzusetzen seien. Nach Abzug dieser Positionen ergäbe sich ein zu zahlender Wertersatz von 9.515,16 EUR.

Der Kläger hat daher erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 9.515,16 EUR zu zahlen.

Dem ist der Beklagte entgegengetreten. Er ist der Auffassung, bei der mit dem Kläger durchgeführten Maßnahme handele sich um eine Aktivierungsmaßnahme, welche die Eingliederung in den Arbeitsmarkt bei Langzeitarbeitslosen mit schwerwiegenden und/oder multiplen Vermittlungshemmnissen verbessern solle. Der Kläger sei während der Maßnahme durch pädagogisches Personal unterstützt worden und habe nicht nur Arbeitsleistung erbringen müssen. Hierbei bezieht sich der Beklagte auf die entsprechende Beschreibung für diese Maßnahme (vgl. Bl. 28 ff. der Gerichtsakte).

Mit Urteil vom 16. August 2019 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage abgewiesen.

Die als reine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage (vgl. BSG Urt. v. 13. April 2011, - B 14 AS 98/10 R -; Juris) sei unbegründet.

Dem Kläger stehe der erhobene Anspruch auf Wertersatz in Höhe von 9.515,16 EUR nicht zu. Als Anspruchsgrundlage für das klägerische Leistungsbegehren komme allein ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch als gewohnheitsrechtlich anerkanntes und aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut in Betracht. Dieser Anspruch gleiche eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage aus und verschaffe dem Anspruchsinhaber ein Recht auf Herausgabe des Erlangten, wenn eine Leistung ohne Rechtsgrund erfolgt sei oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen stattgefunden hätten (BSG, Urt. v. 13. April 2011, - B 14 AS 98/10 R -; Juris).

Die Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entsprächen, soweit sie - wie hier - nicht spezialgesetzlich geregelt seien, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (§§ 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]). Der Anspruch gleiche eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage aus und verschaffe dem Anspruchsinhaber ein Recht auf Herausgabe des Erlangten, wenn eine Leistung ohne Rechtsgrund erfolgt sei oder eine sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebung vorliege. Der Anspruch setze damit voraus, dass die in Anspruch genommene Partei etwas erlangt habe, ohne dass dafür ein Rechtsgrund gegeben sei. Die Erstattung für rechtsgrundlos erbrachte Arbeit sei, da die erlangte Arbeitsleistung selbst nicht herausgegeben werden könne, entsprechend § 818 Abs. 2 BGB auf den Ersatz ihres Wertes gerichtet (BSG, Urt. v. 13. April 2011, - B 14 AS 98/10 R -; Juris).

Die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs seien im Fall des Klägers nicht erfüllt. Der Beklagte habe vom Kläger keine Leistung ohne Rechtsgrund erlangt.

Zunächst habe der Beklagte durch die Teilnahme des Klägers an der Maßnahme nichts erlangt. Es fehle insoweit an der für den öffentlichen-rechtlichen Erstattungsanspruch grundsätzlich zu verlangenden Vermögensmehrung bei dem Beklagten. Nach der oben zitierten Rechtsprechung des BSG erbringe ein Hilfeempfänger auch mit der Ausübung einer Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit - unabhängig von den damit verbundenen Eingliederungszielen - eine Leistung im anspruchsbegründenden Sinne, die als eine bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens zu definieren sei. Die Ausübung der Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit habe zwar in erster Linie die Funktion, dass sie erwerbsfähige Hilfebedürftige, die regelmäßig bereits über einen längeren Zeitraum keine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr ausgeübt hätten, wieder an eine regelmäßige Arbeitstätigkeit gewöhne und zugleich erprobe, ob der Leistungsempfänger den sich daraus ergebenden Belastungen gewachsen sei. Sie erfolge in Erfüllung einer Obliegenheit des Hilfebedürftigen zur Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme und bedeute keine Gegenleistung für den Erhalt der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts Auch bei Wahrnehmung einer Arbeitsgelegenheit gehe es um eine wertschöpfende, fremdnützige Tätigkeit ("Arbeit") des Leistungsberechtigten, auch wenn diese nicht auf privatrechtlichem Arbeitsvertrag gründe. Es sollten im Wege der Arbeitsgelegenheiten nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II a. F. Arbeiten geschaffen werden, die "im öffentlichen Interesse" lägen, die mithin ein bestimmtes, nämlich allgemeinwohlförderndes Arbeitsergebnis erreichten. Jedenfalls wenn es an der "Zusätzlichkeit" der Arbeitsgelegenheit fehle, bedeute die Arbeitsleistung durch den Hilfebedürftigen immer auch eine Mehrung fremden Vermögens. Fehle es an der Zusätzlichkeit in diesem Sinne, sei die Arbeit mithin in Erfüllung einer Aufgabe erbracht, die in jedem Fall hätte durchgeführt werden müssen, sei beim Begünstigten durch die ersparten, aber notwendig gewesenen Aufwendungen zur Erfüllung dieser Aufgabe ein Vermögensvorteil entstanden (BSG, Urt. v. 13. April 2011, - B 14 AS 98/10 R - Rdnr. 16 f.; Juris).

Diese Rechtsprechung des BSG begegne schon deshalb nach Auffassung der Kammer Bedenken, weil die Vermögensmehrung selbst in dem Fall der Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung nach § 16 Abs. 3 SGB II a.F. regelmäßig nicht beim Leistungsträger nach dem SGB II eintrete. Der Leistungsträger werde damit mit der Rechtsprechung des BSG zu der Herausgabe einer vermeintlichen Vermögensmehrung verpflichtet, die nie stattgefunden habe. Es fehle damit nach Auffassung der Kammer schon am Tatbestandsmerkmal des etwas erlangt haben. Dies müsse umso mehr gelten, wenn - wie im Fall des Klägers - es sich gerade nicht um eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung handele, sondern um eine Eingliederungsmaßnahme, die aus verschiedenen Leistungen des Beklagten bestünde. Im Gegensatz zu dieser auch von der Klägerseite zitierten Rechtsprechung des BSG habe das Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten während der Teilnahme der Maßnahme nicht darin bestanden, dass der Kläger lediglich einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung nachgegangen sei. Im Fall des Klägers habe der Beklagte als Gegenleistung für die Teilnahme des Klägers an dieser Maßnahme die Übernahme der Maßnahme- und Fahrtkosten des Klägers zur Teilnahme an dieser Maßnahme erbracht. Auf den Inhalt der oben zitierten Eingliederungsvereinbarungen werde insoweit Bezug genommen. Es hätten sich damit im Fall des Klägers sich ausgleichende Leistungen und Gegenleistungen der an den jeweiligen Eingliederungsvereinbarungen beteiligten Parteien gegenübergestanden. Insoweit sei nicht zu erkennen, dass der Beklagte durch die Teilnahme des Klägers an dieser Maßnahme einen die entstandenen Kosten übersteigenden Vorteil erlangt haben könnte. Dies resultiere auch daraus, dass die Maßnahme nicht nur daraus bestanden habe, dem Kläger eine Arbeitstätigkeit abzuverlangen, sondern auch eine sozialpädagogische Unterstützung des Klägers während der Maßnahme stattgefunden habe. Die Maßnahme sei damit deutlich über die der Entscheidung des BSG zugrundeliegenden Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung hinausgegangen.

Hinzu komme, dass Voraussetzung für diese Maßnahme gerade nicht die Gemeinnützigkeit und Zusätzlichkeit der vom Kläger geleisteten Arbeit gewesen sei. Die Maßnahme habe auch nicht auf § 16 Abs. 3 SGB II a.F. beruht und habe auch anderen Zwecken gedient als eine reine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung. Denn der Kläger sei hierbei durch die weiteren Elemente der Maßnahme viel umfassender auf eine weitere Teilnahme am Erwerbsleben vorbereitet worden. Neben einer sozialpädagogischen Betreuung habe die Maßnahme - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst berichtet habe - auch aus weiteren Modulen bestanden, wie beispielsweise einem Kochkurs. In die Strukturen der Maßnahme eingebunden sei beispielsweise auch ein morgendliches gemeinsames Frühstück und gemeinsame Termine mit sämtlichen Teilnehmern der Maßnahme gewesen. Dies mache deutlich, dass die vom Kläger besuchte Maßnahme in erster Linie der Wiedereingliederung der Teilnehmer durch verschiedene, differenzierte Angebote und gerade nicht der alleinigen Beschäftigung der Teilnehmer gedient habe. Das verlange weder die Zusätzlichkeit, noch die Gemeinnützigkeit der von den Teilnehmern geleisteten Arbeit.

Unabhängig davon habe die Teilnahme des Klägers an der zuvor dargestellten Maßnahme auch nicht ohne Rechtsgrund stattgefunden, was einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ebenfalls ausschließe. Der Rechtsgrund für die Teilnahme ergebe sich aus den zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarungen. Diese seien als öffentlich-rechtliche Verträge jeweils Rechtsgrund für die Teilnahme des Klägers an der Maßnahme und für die Befugnis des Beklagten, vom Kläger die Teilnahme an dieser Maßnahme und die Erbringung bestimmter Arbeitsleistungen verlangen zu dürfen, gewesen.

Diese Eingliederungsvereinbarungen seien nach der Überzeugung der Kammer nicht nichtig und damit wirksam. Sie seien daher geeignet, den Rechtsgrund für die vom Kläger behauptete, tatsächlich jedoch nicht gegebene (siehe oben) Vermögensverschiebung darzustellen.

Der Maßstab für die Prüfung einer in einer Eingliederungsvereinbarung bestimmten Obliegenheit folge aus § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. dem Recht der öffentlich-rechtlichen Verträge nach §§ 53 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X), denn Eingliederungsvereinbarungen seien ihrer Rechtsqualität nach öffentlich-rechtliche Verträge in der Form des subordinationsrechtlichen Austauschvertrags nach § 53 Abs. 1 Satz 2, § 55 SGB X. Danach sei eine Eingliederungsvereinbarung wirksam, wenn sie nicht nichtig sei. Sie sei über die Prüfung, ob Nichtigkeitsgründe vorliegen, hinaus nicht auch darauf hin zu prüfen, ob sie rechtswidrig sei (vgl. zu alledem: BSG, Urt. v. 13. Juni 2016, B 14 AS 30 / 15 -; Juris).

Nach diesen Maßstäben seien die oben dargestellten Eingliederungsvereinbarungen zunächst allesamt wirksam zustande gekommen, denn die für einen Vertragsschluss erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen der Vertragsparteien hätten jeweils vorgelegen (§ 61 S. 2 SGB X i. V. m. §§ 145 ff BGB); das Schriftformerfordernis sei eingehalten (§ 56 SGB X); es gehe um die Erbringung von Ermessensleistungen zur Eingliederung in Arbeit (§ 53 Abs. 2 SGB X, §§ 3 Abs. 1 S. 1, 15 SGB II, § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i. V. m. § 46 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - [SGB III]).

Auch inhaltlich seien hinsichtlich dieser Eingliederungsvereinbarungen Nichtigkeitsgründe nicht festzustellen.

Insoweit könne die Kammer zunächst einen Formmissbrauch nicht feststellen, da die Eingliederungsvereinbarungen konkret das Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten durch verbindliche Aussagen zum Fördern und Fordern einschließlich der vereinbarten Leistungen zur Eingliederung in Arbeit beinhalte (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 13. Juni 2016, - B 14 AS 30 / 15 -; Juris).

Hierbei sei zu beachten, dass die Fortführung der Maßnahme, welche sicherlich ursprünglich auf Vorschlag des Beklagten initiiert worden sei, späterhin sogar auf besonderen Wunsch des Klägers vereinbart worden sei. Es sei nicht ansatzweise zu erkennen, dass dem Kläger im Sinne eines Formmissbrauches (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 13. Juni 2016, - B 14 AS 30 / 15 -; Juris) diese Maßnahme aufoktroyiert worden sei.

Die Kammer habe insoweit wegen der vollkommen übereinstimmenden Auffassungen der beteiligten Parteien an der Geeignetheit der Maßnahme zur Förderung der Eingliederung des Klägers in den Arbeitsmarkt bezogen auf den damaligen Zeitpunkt auch keine Zweifel daran, dass es sich hierbei um eine individuell, konkret für den Fall des Klägers bestimmte und geeignete Förderungsmaßnahme gehandelt habe.

Auch andere formelle Mängel der Eingliederungsvereinbarungen seien nicht zu erkennen.

Weiterhin sei auch ein Verstoß des Beklagten gegen das so genannte Koppelungsverbot nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X nicht zu erkennen. Der Beklagte habe sich in den hier zu prüfenden Eingliederungsvereinbarungen keine unzulässige Gegenleistung im Sinne des § 55 SGB X vom Kläger versprechen lassen. Vielmehr stünden Leistungen und Gegenleistungen in den jeweiligen Eingliederungsvereinbarungen in einem angemessenen Verhältnis zueinander. Während auf der einen Seite der Kläger sich zur Teilnahme an der Maßnahme verpflichtet habe und dabei verpflichtet gewesen sei, seinen Mitwirkungspflichten (Einhaltung der mit dem Träger vereinbarten Termine, aktive Mitarbeit bei den Bemühungen, sein Potenzial in Bezug auf die Eingliederung in Arbeitsmarkt zu nutzen, aktive Mitwirkung bei allen auf die berufliche Eingliederung abzielenden Leistungen, etc.) zu erfüllen, habe dem als Leistung des Beklagten gegenübergestanden, dass dieser die Maßnahme- und Fahrtkosten des Klägers zur Teilnahme an dieser Maßnahme trage. Ein Missverhältnis zwischen diesen Leistungen der Beklagten zueinander könne die Kammer nicht erkennen.

Darüberhinausgehende weitere Gründe, die im Sinne des § 58 SGB X, zur Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarungen führen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Wirksamkeit dieser Eingliederungsvereinbarungen stehe damit nach der Überzeugung der Kammer fest. Diese seien damit Rechtsgrund für die vom Kläger erbrachten Gegenleistungen gewesen, was einen Anspruch auf Wertersatz aufgrund des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gegenüber der Beklagten ebenfalls ausschließe.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. November 2019 zugestellte Urteil hat dieser für den Kläger am 5. Dezember 2019 bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt Berufung eingelegt, mit der sein Begehren weiterverfolgt. Es werde bestritten, dass der Kläger "umfassender", wie das Sozialgericht es sehe, auf eine weitere Teilnahme am Arbeits- und Erwerbsleben vorbereitet werden sollte. Die sozialpädagogische Betreuung und der sogenannte Kochkurs seien von vollständig nebensächlicher Bedeutung gewesen. Daher komme es auf die Zusätzlichkeit der geleisteten Arbeit an. Die Eingliederungsvereinbarungen seien nichtig und daher nicht geeignet, den Rechtsgrund für die vom Kläger behauptete tatsächliche Vermögensverschiebung darzustellen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 20. Januar 2020 ergänzend Bezug genommen (Bl. 151-154 der Gerichtsakte).

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 16. August 2019 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 9.515,16 EUR zu zahlen sowie
ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm Herrn B. B. als Rechtsanwalt beizuordnen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil und beruft sich auf die Gründe des Urteils sowie seine Ausführungen im Klageverfahren.

Der Senat hat die Beteiligten mit jeweils am 29. Juni 2020 zugestellten Schreiben vom 24. Juni 2020 zu seiner Absicht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung als unbegründet zurückzuweisen, angehört.

Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte eine Entscheidung in der Sache ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss treffen, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher angehört worden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die zulässige Berufung ist sachlich unbegründet.

Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 16. August 2019 ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn dem Kläger steht kein Zahlungsanspruch gegen den Beklagten aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder aus einem anderen Rechtsgrund zu. Der Senat folgt insoweit den zutreffenden Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils und sieht daher von einer erneuten Darstellung derselben ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Auch der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren gibt zu einer anderen rechtlichen Bewertung keine Veranlassung. Das Sozialgericht hat bereits unter zutreffender Würdigung der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarungen vom 16. Januar 2012, 7. Mai 2012, 1. November 2012 und 7. Januar 2013 dargelegt, dass diese nicht nichtig sind und folglich den Rechtsgrund für eine angenommene Vermögensverschiebung bilden

Darüber hinaus ist auch für den erkennenden Senat nicht ersichtlich, welchen Vermögenszuwachs der Beklagte vom Kläger erlangt haben sollte, sofern es hier auf die Zusätzlichkeit überhaupt ankäme. Insoweit schließt sich der erkennende Senat der Rechtsprechung des 6. Senats des Hessischen Landessozialgerichts an (Urteil vom 1. August 2018, Az.: L 6 AS 207/15, Juris Rn. 66 ff. m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Da zu keiner Zeit hinreichende Erfolgsaussichten (§ 73a SGG, § 114 Zivilprozessordnung) bestanden haben, kam folglich auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht.

Die Revision war mangels Zulassungsgründen im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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