Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 SO 127/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren um die Absetzung von Beiträgen zu einer Sterbegeldversicherung vom Einkommen der Klägerin.
Die Klägerin wurde am 00.00.1957 geboren. Sie bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit. Sie ist Versicherungsnehmerin einer Sterbegeldversicherung bei der O Versicherung mit einem monatlichen Versicherungsbeitrag von 17,30 EUR. Für den Erlebensfall war zunächst die Klägerin selbst Leistungsempfängerin der Versicherung; für den Todesfall ist ein unwiderrufliches Bezugsrecht zugunsten des L E C GmbH verfügt. Die Versicherung begann am 01.11.2004; Ablauf der Beitragszahlung ist der 01.11.2020, Ablauf der Versicherung der 01.11.2057. Die Versicherungssumme beläuft sich auf 5.900 EUR.
Die Klägerin bezieht laufend Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII bei der Beklagten. Am 08.12.2011 beantragte sie den Abzug der monatlichen Beiträge zur Sterbegeldversicherung von ihrer als Einkommen angerechneten Erwerbsminderungsrente.
Mit Bescheid vom 15.12.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Leistungsempfängerin der Versicherungssumme bleibe die Klägerin, solange sie lebe. Sie könne das Kapital aus der Versicherung in Form des Rückkaufwertes beliebig für sich nutzbar machen. Die Tatsache, dass für den Todesfall ein unwiderrufliches Bezugsrecht zugunsten des L E C GmbH verfügt worden sei, ändere hieran nichts.
Hiergegen legte die Klägerin am 20.01.2012 Widerspruch ein. Sie könne das Kapital aus der Versicherung nicht mehr für sich nutzbar machen, da für den Erlebensfalle ein unwiderrufliches Bezugsrecht zugunsten des Bestattungshauses O1 in C1 vereinbart worden sei. Im Falle einer Kündigung erfolge die Leistung an das Bestattungshaus O1. Die Klägerin legte eine Bestätigung der O Versicherung hierüber vom 12.11.2004 und 25.01.2012 vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Beiträge zu Versicherungen könnten vom Einkommen abgesetzt werden, soweit diese angemessen seien. Die Angemessenheit von Vorsorgeaufwendungen beurteile sich sowohl danach, für welches Lebensrisiko und in welchem Umfang Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze solche Aufwendungen zu tätigen pflegten, als auch nach der individuellen Lebenssituation des Hilfesuchenden. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts beurteile sich die Angemessenheit einer Sterbegeldversicherung insbesondere danach, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass ohne die Leistung Sozialhilfe für die Bestattung in Zukunft erforderlich werde. Aus dieser Sicht sei eine Übernahme von Beiträgen für eine Sterbegeldversicherung daher nur dann gerechtfertigt, wenn nach den Umständen des Einzelfalles eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass ansonsten zur Deckung der Bestattungskosten Sozialhilfe benötigt werde. Die Klägerin habe bereits 2004, also im Alter von 47 Jahren, eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen. In diesem Alter erscheine der Abschluss einer Sterbegeldversicherung im Hinblick auf die noch hohe Lebenserwartung als unangemessen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass das Risiko, gegen das die Klägerin Vorsorge getroffen habe, wirtschaftlich nicht sie selbst treffe, sondern Personen, die zur Tragung der Bestattungskosten dereinst verpflichtet sein würden, also wahrscheinlich die Kinder der Klägerin. Da eine Sterbegeldversicherung für die Klägerin damit unangemessen sei, sei die Übernahme der Beiträge abzulehnen.
Hiergegen hat die Klägerin am 29.05.2012 Klage erhoben. Sie könne das Kapital nicht mehr selbst einsetzen. Da nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Sterbegeldversicherung unverwertbares Vermögen darstelle, müssten auch die Beiträge vom Einkommen abgesetzt werden. Sie habe das Recht, für ihre eigene Beisetzung Sorge zu tragen. Der Hinweis auf die Kinder gehe daher fehl. Die Sterbegeldversicherung sei nicht unangemessen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2012 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII unter Absetzung der monatlichen Beiträge zur Sterbegeldversicherung vom Einkommen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich zur Begründung auf ihre Ausführungen im Bescheid und Widerspruchsbescheid.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes eine Anfrage an den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft sowie das Statistische Bundesamt dahingehend gestellt, ob dort statistische Erkenntnisse vorlägen, aus denen sich ergebe, welcher prozentuale Anteil von Haushalten knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze über eine private Sterbegeldversicherung verfügte. Wegen des Ergebnisses wird auf das Schreiben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft vom 28.02.2013 und die E-Mail des Statistischen Bundesamtes vom 11.03.2013 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 15.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2012 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da der Bescheid rechtmäßig ist. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII unter Absetzung der Beiträge zu ihrer privaten Sterbegeldversicherung in Höhe von 17,30 EUR monatlich von ihrem Renteneinkommen.
Gemäß § 27 Abs. 1 SGB XII ist Hilfe zum Lebensunterhalt an Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Eigene Mittel sind gemäß § 27 Abs. 2 S. 1 SGB XII insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Zum Einkommen gehören gemäß § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB XII, der Grundrente nach dem BVG und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem BEG für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Von dem Einkommen abzusetzen sind gemäß § 82 Abs. 2 SGB XII die auf das Einkommen entrichteten Steuern (Nr. 1), Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung (Nr. 2), Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 EStG, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 EStG nicht überschreiten (Nr. 3), die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (Nr. 4) sowie das Arbeitsförderungsgeld und Erhöhungsbeträge des Arbeitsentgeltes im Sinne von § 43 Abs. 4 SGB IX (Nr. 5).
Die Klägerin ist dem Grunde nach leistungsberechtigt im Sinne des § 27 Abs. 1, 2 SGB XII, da sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Kräften bestreiten kann. Hierbei ist als Einnahme in Geld die Erwerbsminderungsrente der Klägerin als Einkommen im Sinne des § 27 Abs. 2 S. 1, 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII zu berücksichtigen, die zur Deckung des Bedarfs der Klägerin jedoch nicht ausreichend ist. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen unter Abzug der Versicherungsbeiträge von ihrem Renteneinkommen gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII. Die Beiträge zu der Sterbegeldversicherung sind nicht gesetzlich vorgeschrieben. Sie sind auch bereits dem Grunde nach nicht angemessen.
Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "angemessen" sind der Sinn und Zweck der Regelung zu berücksichtigen und ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass gerade auch Bezieher geringer Einkommen Risiken abzusichern pflegen, bei deren Eintritt ihre weitere Lebensführung außerordentlich belastet wäre. Die Angemessenheit von privaten Versicherungen beurteilt sich somit sowohl danach, für welche Lebensrisiken (Grund) und in welchem Umfang (Höhe) Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze solche Aufwendungen zu tätigen pflegen, als auch nach der individuellen Lebenssituation des Hilfesuchenden. Entscheidend ist, welche konkreten Risiken abgedeckt werden sollen und ob es sich um übliche Versicherungen für Bezieher geringerer Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfe handelt. Dabei kann aus Praktikabilitätsgründen eine Üblichkeit angenommen werden, wenn davon ausgegangen werden kann, dass mehr als 50 Prozent der Haushalte knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze eine entsprechende Versicherung abschließen. Es können aber auch besondere Umstände des Einzelfalls vorliegen, aufgrund derer die Beiträge für die privaten Versicherungen zu übernehmen sind. (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 29.09.2009, Az.: B 8 SO 13/08 R, m.w.N.).
Hiervon ausgehend hat die Klägerin keinen Anspruch auf Absetzung der Beiträge von dem zu berücksichtigenden Einkommen, denn es handelt sich bei der Sterbegeldversicherung nicht um eine für Bezieher geringer Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfe übliche Versicherung. Dies ergibt sich für die Kammer aus den Ergebnissen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008, auf die das Statistische Bundesamt in Beantwortung der gerichtlichen Anfrage in der E-Mail vom 11.03.2013 hingewiesen hat. Hiernach verfügten am 01.01.2008 insgesamt 54,6 Prozent der Haushalte über Lebensversicherungen, wobei hierin enthalten waren Lebens-, private Renten-, Sterbegeld-, Ausbildungs- und Aussteuerversicherungen, somit nicht nur ausschließlich Sterbegeldversicherungen. In den unteren Einkommensgruppen verfügten jedoch keine 50 Prozent der Haushalte über entsprechende Versicherungen. So verfügten in der Gruppe mit einem Haushaltsnettoeinkommen unter 900 EUR insgesamt 27,3 Prozent der Haushalte über eine Lebensversicherung und in der Gruppe mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von 900 bis 1.300 EUR insgesamt 39,7 Prozent der Haushalte. Unter Berücksichtigung dessen, dass hier nicht lediglich Sterbegeldversicherungen, sondern auch die weiteren genannten Versicherungen enthalten sind, vermag die Kammer nicht festzustellen, dass es sich bei einer Sterbegeldversicherung um eine für Bezieher geringer Einkommen übliche Versicherung handelt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Umständen des Einzelfalls. Die Kammer vermag keine Besonderheiten zu erkennen, die gerade im Falle der Klägerin doch die Absetzung der Beiträge vom Einkommen erfordern würde.
Soweit die Klägerin darauf verweist, dass eine angemessene Sterbegeldversicherung geschütztes Vermögen im Sinne des SGB XII darstelle, führt dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Die Frage der Vermögensverwertung ist im vorliegenden Verfahren nicht streitig. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob der weitere Vermögensaufbau während des Bezuges von Sozialleistungen letztlich auch durch diese Leistungen erfolgen muss. Insofern führen die vermögensrechtlichen Schutzvorschriften nicht dazu, dass gleichzeitig auch der weitere Vermögensaufbau gewährleistet werden muss; gewahrt wird lediglich der bis zum Eintritt der Hilfebedürftigkeit erworbene vermögensrechtliche Status. Dementsprechend führt der Schutz des bis dahin in der Sterbegeldversicherung angesparten Vermögens nicht automatisch dazu, dass auch die weiteren Beiträge berücksichtigt werden müssen. Hierbei sind vielmehr die obigen Erwägungen maßgebend.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren um die Absetzung von Beiträgen zu einer Sterbegeldversicherung vom Einkommen der Klägerin.
Die Klägerin wurde am 00.00.1957 geboren. Sie bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit. Sie ist Versicherungsnehmerin einer Sterbegeldversicherung bei der O Versicherung mit einem monatlichen Versicherungsbeitrag von 17,30 EUR. Für den Erlebensfall war zunächst die Klägerin selbst Leistungsempfängerin der Versicherung; für den Todesfall ist ein unwiderrufliches Bezugsrecht zugunsten des L E C GmbH verfügt. Die Versicherung begann am 01.11.2004; Ablauf der Beitragszahlung ist der 01.11.2020, Ablauf der Versicherung der 01.11.2057. Die Versicherungssumme beläuft sich auf 5.900 EUR.
Die Klägerin bezieht laufend Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII bei der Beklagten. Am 08.12.2011 beantragte sie den Abzug der monatlichen Beiträge zur Sterbegeldversicherung von ihrer als Einkommen angerechneten Erwerbsminderungsrente.
Mit Bescheid vom 15.12.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Leistungsempfängerin der Versicherungssumme bleibe die Klägerin, solange sie lebe. Sie könne das Kapital aus der Versicherung in Form des Rückkaufwertes beliebig für sich nutzbar machen. Die Tatsache, dass für den Todesfall ein unwiderrufliches Bezugsrecht zugunsten des L E C GmbH verfügt worden sei, ändere hieran nichts.
Hiergegen legte die Klägerin am 20.01.2012 Widerspruch ein. Sie könne das Kapital aus der Versicherung nicht mehr für sich nutzbar machen, da für den Erlebensfalle ein unwiderrufliches Bezugsrecht zugunsten des Bestattungshauses O1 in C1 vereinbart worden sei. Im Falle einer Kündigung erfolge die Leistung an das Bestattungshaus O1. Die Klägerin legte eine Bestätigung der O Versicherung hierüber vom 12.11.2004 und 25.01.2012 vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Beiträge zu Versicherungen könnten vom Einkommen abgesetzt werden, soweit diese angemessen seien. Die Angemessenheit von Vorsorgeaufwendungen beurteile sich sowohl danach, für welches Lebensrisiko und in welchem Umfang Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze solche Aufwendungen zu tätigen pflegten, als auch nach der individuellen Lebenssituation des Hilfesuchenden. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts beurteile sich die Angemessenheit einer Sterbegeldversicherung insbesondere danach, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass ohne die Leistung Sozialhilfe für die Bestattung in Zukunft erforderlich werde. Aus dieser Sicht sei eine Übernahme von Beiträgen für eine Sterbegeldversicherung daher nur dann gerechtfertigt, wenn nach den Umständen des Einzelfalles eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass ansonsten zur Deckung der Bestattungskosten Sozialhilfe benötigt werde. Die Klägerin habe bereits 2004, also im Alter von 47 Jahren, eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen. In diesem Alter erscheine der Abschluss einer Sterbegeldversicherung im Hinblick auf die noch hohe Lebenserwartung als unangemessen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass das Risiko, gegen das die Klägerin Vorsorge getroffen habe, wirtschaftlich nicht sie selbst treffe, sondern Personen, die zur Tragung der Bestattungskosten dereinst verpflichtet sein würden, also wahrscheinlich die Kinder der Klägerin. Da eine Sterbegeldversicherung für die Klägerin damit unangemessen sei, sei die Übernahme der Beiträge abzulehnen.
Hiergegen hat die Klägerin am 29.05.2012 Klage erhoben. Sie könne das Kapital nicht mehr selbst einsetzen. Da nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Sterbegeldversicherung unverwertbares Vermögen darstelle, müssten auch die Beiträge vom Einkommen abgesetzt werden. Sie habe das Recht, für ihre eigene Beisetzung Sorge zu tragen. Der Hinweis auf die Kinder gehe daher fehl. Die Sterbegeldversicherung sei nicht unangemessen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2012 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII unter Absetzung der monatlichen Beiträge zur Sterbegeldversicherung vom Einkommen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich zur Begründung auf ihre Ausführungen im Bescheid und Widerspruchsbescheid.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes eine Anfrage an den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft sowie das Statistische Bundesamt dahingehend gestellt, ob dort statistische Erkenntnisse vorlägen, aus denen sich ergebe, welcher prozentuale Anteil von Haushalten knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze über eine private Sterbegeldversicherung verfügte. Wegen des Ergebnisses wird auf das Schreiben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft vom 28.02.2013 und die E-Mail des Statistischen Bundesamtes vom 11.03.2013 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 15.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2012 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da der Bescheid rechtmäßig ist. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII unter Absetzung der Beiträge zu ihrer privaten Sterbegeldversicherung in Höhe von 17,30 EUR monatlich von ihrem Renteneinkommen.
Gemäß § 27 Abs. 1 SGB XII ist Hilfe zum Lebensunterhalt an Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Eigene Mittel sind gemäß § 27 Abs. 2 S. 1 SGB XII insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Zum Einkommen gehören gemäß § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB XII, der Grundrente nach dem BVG und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem BEG für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Von dem Einkommen abzusetzen sind gemäß § 82 Abs. 2 SGB XII die auf das Einkommen entrichteten Steuern (Nr. 1), Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung (Nr. 2), Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 EStG, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 EStG nicht überschreiten (Nr. 3), die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (Nr. 4) sowie das Arbeitsförderungsgeld und Erhöhungsbeträge des Arbeitsentgeltes im Sinne von § 43 Abs. 4 SGB IX (Nr. 5).
Die Klägerin ist dem Grunde nach leistungsberechtigt im Sinne des § 27 Abs. 1, 2 SGB XII, da sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Kräften bestreiten kann. Hierbei ist als Einnahme in Geld die Erwerbsminderungsrente der Klägerin als Einkommen im Sinne des § 27 Abs. 2 S. 1, 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII zu berücksichtigen, die zur Deckung des Bedarfs der Klägerin jedoch nicht ausreichend ist. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen unter Abzug der Versicherungsbeiträge von ihrem Renteneinkommen gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII. Die Beiträge zu der Sterbegeldversicherung sind nicht gesetzlich vorgeschrieben. Sie sind auch bereits dem Grunde nach nicht angemessen.
Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "angemessen" sind der Sinn und Zweck der Regelung zu berücksichtigen und ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass gerade auch Bezieher geringer Einkommen Risiken abzusichern pflegen, bei deren Eintritt ihre weitere Lebensführung außerordentlich belastet wäre. Die Angemessenheit von privaten Versicherungen beurteilt sich somit sowohl danach, für welche Lebensrisiken (Grund) und in welchem Umfang (Höhe) Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze solche Aufwendungen zu tätigen pflegen, als auch nach der individuellen Lebenssituation des Hilfesuchenden. Entscheidend ist, welche konkreten Risiken abgedeckt werden sollen und ob es sich um übliche Versicherungen für Bezieher geringerer Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfe handelt. Dabei kann aus Praktikabilitätsgründen eine Üblichkeit angenommen werden, wenn davon ausgegangen werden kann, dass mehr als 50 Prozent der Haushalte knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze eine entsprechende Versicherung abschließen. Es können aber auch besondere Umstände des Einzelfalls vorliegen, aufgrund derer die Beiträge für die privaten Versicherungen zu übernehmen sind. (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 29.09.2009, Az.: B 8 SO 13/08 R, m.w.N.).
Hiervon ausgehend hat die Klägerin keinen Anspruch auf Absetzung der Beiträge von dem zu berücksichtigenden Einkommen, denn es handelt sich bei der Sterbegeldversicherung nicht um eine für Bezieher geringer Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfe übliche Versicherung. Dies ergibt sich für die Kammer aus den Ergebnissen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008, auf die das Statistische Bundesamt in Beantwortung der gerichtlichen Anfrage in der E-Mail vom 11.03.2013 hingewiesen hat. Hiernach verfügten am 01.01.2008 insgesamt 54,6 Prozent der Haushalte über Lebensversicherungen, wobei hierin enthalten waren Lebens-, private Renten-, Sterbegeld-, Ausbildungs- und Aussteuerversicherungen, somit nicht nur ausschließlich Sterbegeldversicherungen. In den unteren Einkommensgruppen verfügten jedoch keine 50 Prozent der Haushalte über entsprechende Versicherungen. So verfügten in der Gruppe mit einem Haushaltsnettoeinkommen unter 900 EUR insgesamt 27,3 Prozent der Haushalte über eine Lebensversicherung und in der Gruppe mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von 900 bis 1.300 EUR insgesamt 39,7 Prozent der Haushalte. Unter Berücksichtigung dessen, dass hier nicht lediglich Sterbegeldversicherungen, sondern auch die weiteren genannten Versicherungen enthalten sind, vermag die Kammer nicht festzustellen, dass es sich bei einer Sterbegeldversicherung um eine für Bezieher geringer Einkommen übliche Versicherung handelt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Umständen des Einzelfalls. Die Kammer vermag keine Besonderheiten zu erkennen, die gerade im Falle der Klägerin doch die Absetzung der Beiträge vom Einkommen erfordern würde.
Soweit die Klägerin darauf verweist, dass eine angemessene Sterbegeldversicherung geschütztes Vermögen im Sinne des SGB XII darstelle, führt dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Die Frage der Vermögensverwertung ist im vorliegenden Verfahren nicht streitig. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob der weitere Vermögensaufbau während des Bezuges von Sozialleistungen letztlich auch durch diese Leistungen erfolgen muss. Insofern führen die vermögensrechtlichen Schutzvorschriften nicht dazu, dass gleichzeitig auch der weitere Vermögensaufbau gewährleistet werden muss; gewahrt wird lediglich der bis zum Eintritt der Hilfebedürftigkeit erworbene vermögensrechtliche Status. Dementsprechend führt der Schutz des bis dahin in der Sterbegeldversicherung angesparten Vermögens nicht automatisch dazu, dass auch die weiteren Beiträge berücksichtigt werden müssen. Hierbei sind vielmehr die obigen Erwägungen maßgebend.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
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