S 3 AL 34/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 3 AL 34/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 75/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung eines Eingliederungszuschusses in Höhe von 9.596,00 DM, den die Klägerin für die Einstellung ihrer ehemaligen Arbeitnehmerin K erhalten hat.

Die Klägerin ist Inhaberin eines Vermessungsbüros. Im Januar 1998 beantragte sie einen Eingliederungszuschuß für die Einstellung der Frau K ab dem 01.02.1998. Mit dem Antrag Unterzeichnete die Klägerin unterschriftlich folgende Erklärung: " 1 ...

2 ...

3 ...

4. Ich verpflichte mich, den Eingliederungszuschuß zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder innerhalb eines Zeitraums, der der Förderungsdauer entspricht, längstens jedoch von 12 Monaten nach Ende des Förderungszeitraumes beendet wird. Dies gilt nicht, wenn

1. ich berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen,

2. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgt, ohne daß ich den Grund hierfür zu vertreten habe, oder

3. der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hat.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 06.04.1998 einen Eingliederungszuschuß für die Dauer vom 01.02.1998 bis zum 31.01.1999 in Höhe von 1.199,50 DM monatlich. Bestandteil des Bewilligungsbescheides waren etliche Nebenbestimmungen. Unter Ziff. 4 der Nebenbestimmungen war eine Bestimmung enthalten, die der Erklärung entsprach, die die Klägerin unter Ziff. 4 des Antrages abgegeben hatte. Auf den Bewilligungsbescheid wird insoweit Bezug genommen.

Tatsächlich ausgezahlt wurde der Eingliederungszuschuß in bewilligter Höhe für die Monate Februar 1998 bis einschließlich September 1998 (8 x 1.199,50 = 9.596,00).

Die Klägerin kündigte der Arbeitnehmerin K am 31.08.1998 zum 30.09.1998 das Arbeitsverhältnis wegen Arbeitsmangel. Dies teilte sie der Beklagten mit.

Mit Bescheid vom 20.10.1998 widerrief die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 06.04.1998 ab dem 01.02.1998 und machte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 9.596,—DM geltend. Zur Begründung bezog sie sich auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses während des Förderzeitraumes aufgrund fristgerechter Kündigung.

Ihren hiergegen gerichteten Widerspruch begründete die Klägerin u.a. damit, daß ihr ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes, Herr H, versichert habe, in ihrem Fall würde auf eine Rückzahlung verzichtet werden. Es sei aber auch eine fristlose Kündigung gerechtfertigt gewesen, denn der einzige Auftraggeber habe sie unvorhergesehen nicht mehr mit genügend Arbeit versorgt. Aus diesem Grund sei keine Arbeit mehr für Frau K vorhanden gewesen.

Der Mitarbeiter H der Beklagten gab imWiderspruchsverfahren eine Stellungnahme ab, nach der mit der Klägerin wiederholt darüber gesprochen worden sei, daß von einer Rückforderung von Förderleistungen nur dann abgesehen werden könne, wenn der betreffende Arbeitnehmer Anlaß zu einer fristlosen Kündigung gegeben habe. Von einem Verzicht auf Rückzahlungen könne keine Rede sein.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.1999 als unbegründet zurück. Sie bezog sich auf § 223 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch III. Buch -SGB III-. Die Klägerin sei auch nicht berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Auftragsmangel oder z.B. Wegfall des Arbeitsplatzes seien betriebliche Gründe, die gerade nicht zur außerordentlichen Kündigung berechtigen würden. Im Übrigen wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Mit der Klage bleibt die Klägerin bei ihrer zuvor gegebenen Begründung. Darüber hinaus trägt sie vor, die Kündigung sei auf ausdrücklichen Wunsch der Frau K erfolgt. Diese habe aufgrund des Auftragsrückgangs bei der Klägerin nicht mehr, wie ursprünglich geplant, ihre Arbeiten vormittags verrichten können. Hieran sei ihr jedoch sehr gelegen gewesen, da sie drei schulpflichtige Kinder habe.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 20.10.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.01.1999 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bleibt auch im Klageverfahren bei ihrer zuvor vertretenen Auffassung. Darüber hinaus trägt sie vor, es sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund Frau K aufgrund des Auftragsmangels nur noch habe nachmittags arbeiten können.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Frau K als Zeugin zu den Gründen, die zur Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses in der Firma T geführt haben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Vorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 20.10.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.01.1999 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Sozialgerichtsgesetz -SGG- in ihren Rechten.

Die Voraussetzungen für die Erstattung der Förderleistungen, die die Klägerin in der Zeit von Februar 1998 bis September 1998 in Höhe von monatlich 1.199,50 DM erhalten hat, liegen vor. Denn nach § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB III ist der Eingliederungszuschuß zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraumes oder innerhalb eines Zeitraums, der der Förderungsdauer entspricht, längstens jedoch von 12 Monaten nach Ende des Förderungszeitraums beendet wird. Das Beschäftigungsverhältnis der Zeugin K endete zum 30.09.1998 und damit innerhalb des Förderungszeitraumes, der erst am 31.01.1999 ablief. Eine Ausnahme von der Rückzahlungsverpflichtung liegt nicht vor. Denn nach § 223 Abs. 2 Satz 2 SGB III tritt die Rückzahlungspflicht nur dann nicht ein, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgt, ohne daß der Arbeitnehmer den Grund hierfür zu vertreten hat, oder der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hat.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war diese nicht berechtigt der Zeugin K das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Denn die Kündigung erfolgte ausweislich des Kündigungsschreibens und der eigenen Einlassung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung wegen Arbeitsmangels. Ein solcher betrieblicher Kündigungsgrund berechtigt nicht zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 626 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-. Danach ist eine Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ein solcher Kündigungsgrund liegt bei Betriebseinstellungen und -Umstellungen grundsätzlich nicht vor, weil das Betriebsrisiko der Dienstberechtigte trägt. Nichts anderes gilt bei mangelnder Auftragslage.

Entgegen der Auffassung der Klägerin erfolgte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch nicht auf Bestreben der Zeugin K hin, ohne daß die Klägerin den Grund hierfür zu vertreten hätte. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest. Die Klägerin und die Zeugin haben übereinstimmend bekundet, daß Anlaß für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses die schlechte Auftragslage gewesen ist. Die Auftragslage selbst gehört dem betrieblichen Bereich an, den der Arbeitgeber grundsätzlich zu vertreten hat. Bereits aus diesem Grunde liegen die Voraussetzungen des § 223 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 2 SGB III nicht vor. Darüber hinaus hat die Zeugin im Termin glaubhaft bekundet, sie hätte das Arbeitsverhältnis nicht von sich aus gekündigt, wenn sie keine Kündigung erhalten hätte. Als einziger Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe es den Arbeitsmangel gegeben.

Die Kammer folgert aus dieser Aussage, daß die Zeugin keinesfalls die Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst angestrebt hat. Denn für die Zeugin gab es keinerlei Grund, das Arbeitsverhältnis von sich aus zu beenden.

Soweit die Klägerin vorträgt, die Zeugin habe gegebenenfalls nachmittags beschäftigt werden müssen, hat die Zeugin selbst bekundet, vereinzelt sei es möglich gewesen, daß sie mal länger als bis 12.30 Uhr arbeiten konnte. Die Klägerin hat sich selbst dahingehend eingelassen, daß weder vormittags noch nachmittags genug Arbeit für alle vorhanden gewesen sei. Es sei auch nicht so gewesen, daß die Zeugin nur noch nachmittags beschäftigt werden konnte, aber gegebenenfalls hätte sie bei Außendienstterminen nachmittags arbeiten müssen. Die Kammer vermochte anhand der glaubhaften Aussage der Zeugin nicht festzustellen, daß diese wegen der möglichen Nachmittagsarbeit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses betrieben hat.

Die Klägerin kann auch aus den im Vorfeld der Kündigung mit dem Mitarbeiter der Beklagten H geführten Gesprächen keine für sie günstigere Entscheidung erreichen. Denn soweit Herr H tatsächlich gesagt haben sollte, daß wohl auf die Erstattung des Eingliederungszuschusses verzichtet werden könne, bedarf eine solche Zusicherung für ihre Wirksamkeit nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch der schriftlichen Form.

Eine schriftliche Zusage ist zu keinem Zeitpunkt erteilt worden. Unabhängig davon bestreitet auch Herr H eine derartige Aussage getätigt zu haben.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches fingiert werden, daß die Voraussetzungen des § 223 Abs. 2 Satz 2 SGB III, der die Rückzahlungsverpflichtung entfallen läß, vorliegen. Denn nach ständiger Rechtsprechung kann im Wege des Herstellungsanspruchs, der Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips ist, die Behebung eines entstandenen Nachteils nur durch eine vom Gesetz an sich vorgesehene Amtshandlung bewirkt werden. Hierbei handelt es sich um eine Amtshandlung, die in ihrer wesentlichen Struktur im Gesetz vorsehen sein muß (Mrozynski, Komm. zum SGB I, 2. Aufl. § 14 Rdz. 27 m.w.N.). Im Fall der Klägerin müßte jedoch fingiert werden, daß ggfls. ein Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist bestanden hat. Ein solcher Kündigungsgrund liegt definitiv nicht vor und kann daher im Wege einer zulässigen Amtshandlung auch nicht bewirkt werden. Zudem müßte dann ein Geschehensablauf außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses fingiert werden, was ebenfalls im Wege des Herstellungsanspruchs nicht möglich ist.

Die Klägerin kann auch keine Rechte aus dem 2. Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.07.1999 (Bundesgesetzblatt 1999, Teil 1 Nr. 39 S. 1648) herleiten. Mit diesem Gesetz wurde § 223 Abs. 2 Nr. 1 SGB dahingehend geändert, daß auch die aus dringenden betrieblichen Erfordernissen ausgesprochene Kündigung die Rückzahlungsverpflichtung entfallen läßt. Das Gesetz trat erst am 01.08.1999 in Kraft und damit nach dem Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, der hier maßgeblich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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