S 5 KR 31/04 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 31/04 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 B 31/04 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten über die vorläufige Teilnahme des Antragstellers an einem Modellvorhaben "Akupunktur", von der die Antragsgegnerin den Antragsteller ausgeschlossen hat.

Der Antragsteller ist Facharzt für Orthopädie mit dem Tätigkeitsschwerpunkt "Akupunktur".

Am 27.12.2000 haben die Beteiligten eine Vereinbarung über die ärztliche Versorgung mit Akupunktur im Rahmen eines Modellvorhabens nach §§63 ff. Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) geschlossen. Um die in diesem Vertrag geregelte wissenschaftliche Begleitung des Modellvorhabens bundeseinheitlich zu erfüllen wurde § 8 durch eine zusätzliche Vereinbarung - unterzeichnet von den Beteiligten am 11.03.2003 - ergänzt. Darin heißt es:

"Um den Erfolg der Studie nicht zu gefährden bzw. eine ausreichende Zahl von Patienten für den randomisierten Studienarm zu gewinnen, verpflichtet sich jeder teilnehmende Vertragsarzt, nicht weniger als sechs geeignete Patienten pro Quartal in die randomisierte Studie einzubringen. Sofern diese Zahl nicht erreicht wird, behalten sich die vertragsschließenden Verbände und Krankenkassen eine Kündigung dieser Vereinbarung vor."

Der dort bezeichneten Verpflichtung kam der Antragsteller in der Folgezeit unstreitig nicht nach, so dass die Antragsgegnerin mit Schreiben vom die Vereinbarung mit sofortiger Wirkung kündigte. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 04.10.2003 und verlangte die Rücknahme der Kündigung, was die Antragsgegnerin allerdings mit Schreiben vom 24.10.2003 ablehnte.

Der Antragsteller begehrt nunmehr im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die über die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Kündigung hinausgehende Teilnahme an dem Modellvorhaben einstweilen sicherzustellen. Er ist der Auffassung, § 15 Abs. 1 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen- Lippe stehe der unverzüglichen Meldung von geeigneten Patienten entgegen, da sich der Antragsteller zunächst durch eine Ethikkommission beraten lassen müsse. Erst mit Schreiben vom 25.08.03 habe die Ethikkommission der Ärztekammer Westfalen-Lippe ihm mitgeteilt, dass gegen seine Beteiligung an der Studie keine Bedenken bestünden, so dass er frühestens zu diesem Zeitpunkt das entsprechende Patientengut hätte zur Verfügung stellen können. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte sei eine Kündigung der Antragsgegnerin aus wichtigem Grund und mit sofortiger Wirkung nicht zulässig. Im Übrigen behauptet er, aufgrund des Ausschlusses an der weiteren Teilnahme am Modellvorhaben drohten ihm schwere und unzumutbare Nachteile, die nur durch eine vorläufige Sicherung abgewendet werden könnten. Hierzu legt er eine Bilanz für das 4. Quartal 2003 vor und als Vergleichsmaßstab die Bilanzen aus den Vergleichsquartalen 2001 und 2002. Sofern es bei der momentanen Einnahmesituation verbleibe, sei alsbald damit zu rechnen, dass Zahlungsunfähigkeit eintrete. Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn einstweilen an dem Modellvorhaben "Akupunktur" teilnehmen zu lassen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie ist der Auffassung, die Kündigung sei wirksam, zumal der Antragsteller nach wie vor keine Patienten in die randomisierte Studie eingebracht habe.

II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber nicht begründet. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Auch wenn der Antragsteller vorliegend Widerspruch gegen die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Kündigung erhoben hat, ist die Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nicht möglich. Bei den zwischen den Beteiligten geschlossenem Vertrag über das Modellvorhaben zur Akupunktur sowie die dazu abgeschlossene Zusatzvereinbarung vom 11.03.2003 handelt es sich um einen öffentlich rechtlichen Vertrag im Sinne der §§55 ff. Sozialgesetzbuch, 10. Buch (SGB X). Die Kündigung eines solchen Vertrages stellt sich nicht als Verwaltungsakt dar (vgl. BSG SozR 3-2200 § 559 Nr. 1; Satz R 3-2500 § 124 Nr. 3).

Allerdings hat der Antragsteller weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Zwar greift die Kündigung in seine Rechte als teilnehmender Arzt an dem Modellvorhaben "Akupunktur" ein, jedoch liegen auch seinem eigenen Vortrag folgend, die Voraussetzungen für ein Kündigungsrecht der Antragsgegnerin vor, da er kein Patientengut Vorhalten kann, das er der randomisierten Studie zur Verfügung stellen könnte.

Insoweit besteht jedenfalls nach dem hier summarisch durchzuführenden Prüfverfahren kein Anspruch des Antragstellers auf weitere Teilnahme an dem Modellvorhaben, da er unabhängig von der Vorschrift des § 15 seiner Berufsordnung ohnehin - offensichtlich aufgrund der Struktur seiner Praxis - geeignete Patienten nicht melden kann.

Es besteht ebensowenig ein Anspruch darauf, auch ohne die erforderliche Patientenmeldung weiterhin an dem Modellvorhaben teilzunehmen. Ziel des Modellvorhabens ist es schließlich, bundeseinheitlich möglichst umfassende Ergebnisse im Rahmen von Akupunkturbehandlungen zu erzielen, womit zwingend verbunden ist, dass jeder teilnehmende Arzt sich an der wissenschaftlichen Begleitung beteiligt. Gerade weil es Schwierigkeiten bei der Einbeziehung einer ausreichenden Zahl von Patienten für Teile der das Modellvorhaben begleitenden wissenschaftlichen Studie gab, wurde zwischen den Beteiligten die Ergänzungsvereinbarung vom 11.03.2003 abgeschossen. Insoweit hat sich auch der Antragsteller der dort enthaltenen Verpflichtung gestellt, die entsprechenden Patienten zur Verfügung zu stellen. So erscheint es jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig, wenn die Antragsgegnerin von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch macht.

Bei der gebotenen summarischen Prüfung fehlt es weiterhin an dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes, da weder erhebliche belastende Auswirkungen durch die Kündigung noch sonstige schwerwiegende Nachteile schlüssig dargelegt sind. Die Antragsgegnerin weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass der Antragsteller aufgrund der Teilnahme des Modellvorhabens nicht darauf vertrauen konnte, auch in Zukunft in größerem Umfang Akupunkturleistungen für die Antragsgegnerin erbringen zu können. Dem Modellvorhaben ist gemäß § 63 ff. SGB V die zeitliche Befristung immanent, so dass eine schwerpunktmäßige Verlagerung der ärztlichen Tätigkeit nicht nachvollzogen werden kann.

Selbst wenn der Antragsteller die von ihm vorgetragenen Umsatzeinbußen hinnehmen muss, kann dieser Nachteil nicht durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung kompensiert werden. Vielmehr beruht die Entscheidung, schwerpunktmäßig eine Akupunkturpraxis zu betreiben, auf Erwägungen, die ausschließlich der Antragsteller zu vertreten hat. In jedem Fall rechtfertigt dieser Umstand, dem Antragsteller die Durchführung des Hauptsacheverfahrens zuzumuten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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