Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AL 293/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 00.00.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.2017 wird aufgehoben und festgestellt, dass die als "Sevaka" bezeichneten Mitglieder des Klägers nicht auf Arbeitsplätzen i. S. d. § 73 SGB IX in der bis zum 00.00.2017 geltenden Fassung (a. F.) beschäftigt sind und insoweit keine Anzeigepflicht gem. § 80 Abs. 2 SGB IX a. F. besteht. Die Beklagte trägt 4/5 und der Beigeladene 1/5 der Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anzeigepflicht nach dem Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) für die bei dem Kläger tätigen Sevaka-Mitglieder und insbesondere darum, ob es sich dabei um für die Berechnung der Ausgleichsabgabe mitzuzählende Arbeitsplätze handelt.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in I, betreibt ein Yogazentrum und bezeichnet sich nach Zeitungsberichten aus August 2019 mit jährlich 100.000 Übernachtungen als das größte B Europas. Ziel des Vereins ist nach § 2 der Satzung die Volksbildung durch die Verbreitung des Wissens, der Lehre, der Übungen und der Techniken des Yoga und verwandter Disziplinen sowie die Förderung der Religion. Der Satzungszweck soll unter anderem verwirklicht werden durch Errichtung von Zentren, in denen Yoga und verwandte Disziplinen gelehrt werden, die Errichtung von Yoga Seminarhäusern, die Schaffung von Yoga Vidya Sevaka-Gemeinschaften, in denen in alter indischer religiöser Ashram- und Kloster-Tradition Menschen in Lebensgemeinschaften Zusammenleben, die sich ganz der spirituell-religiösen Praxis widmen. Ferner sollen Kurse, Workshops, Seminare und Vorträge sowie Ausbildungen, Weiterbildungen und Fortbildungen auf dem Gebiet des Yoga durchgeführt werden. Der Verein ist nach § 3 der Satzung selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Die Mittel des Vereins dürfen nach § 4 nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden. Die Mittel zur Erbringung des Vereinszwecks werden aufgebracht durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Kostenbeiträge für die Teilnahme an den Kursen und Veranstaltungen. Der Verein besteht aus außerordentlichen Mitgliedern, Yoga Vidya Kooperation-Mitgliedern, Sevakas und Ashram Karma Yogis (§ 6 der Satzung). Die Mitglieder werden auf ihren Antrag durch Entscheidung des Vorstandes aufgenommen, wenn die Bereitschaft besteht, die Zwecke des Vereins zu fördern. Ein Anrecht auf die Mitgliedschaft besteht nicht (§ 6a der Satzung). Die Mitgliedschaft endet mit dem Tod, durch Austritt oder durch Ausschluss. Nach § 6c der Satzung sind Sevakas solche Mitglieder, die in spirituellen Gemeinschaften in der indischen religiösen Ashram-und Kloster-Tradition Zusammenleben und ihr Leben ganz der Übung und Verbreitung der Yoga-Lehren widmen. Sie sind dabei im Sinne des uneigennützigen Dienstes für die Aufrechterhaltung und den Ausbau der Gemeinschaften, für die spirituelle Unterweisung sowie für die Verbreitung des Yoga tätig. Ihr Zusammenleben regeln sie demokratisch und abschließend. Die demokratisch getroffenen früheren Beschlüsse sind auch für neue Mitglieder gültig und sind in einer unter der Satzung stehenden Regelung mit ergänzenden Hinweisen für Sevakas ("Yoga Vidya Smriti" – im Folgenden:" Hinweise") niedergelegt. Der klagende Verein verpflichtet sich nach § 6c Abs. 4 der Satzung im Sinne einer umfassenden Daseinsfürsorge für Unterkunft, Verpflegung, soziale Absicherung und ein Taschengeld der aktiven Sevakas zu sorgen. Über den Antrag auf Aufnahme als Sevaka entscheidet nach § 6c Abs. 5 der Satzung die örtliche Sevaka-Versammlung. Die Sevaka-Mitgliedschaft ist in den ersten sechs Monaten vorläufig. Auch das vorläufige Sevaka-Mitglied genießt ein Stimmrecht in der Vereinsversammlung und in den Sevaka-Versammlungen. Der Ausschluss von Sevaka-Mitgliedern geschieht durch Beschluss der örtlichen Sevaka-Versammlung oder eines von der Sevaka-Versammlung dazu ernannten bzw. gewählten Gremiums. Der Ausschluss ist insbesondere zu erklären, wenn das Sevaka-Mitglied die mit dem Eintritt verbundenen Pflichten nicht mehr oder nicht ausreichend erfüllt und/oder gegen die ethischen Grundlagen der Gemeinschaft verstößt (§ 6c Abs. 11 der Satzung). Der Vorstand wird für drei Jahre von der Mitgliederversammlung gewählt, die ihn jedoch auch vor Ablauf von drei Kalenderjahren mit einer Zweidrittelmehrheit neu bestimmen kann (§ 8 der Satzung). Nach einem von dem Kläger vorgelegten Gutachten des Religionswissenschaftlers Professor Dr. N vom 00.00.2010 entspricht die Art und Weise, wie die Ashram-Gemeinschaft des Klägers strukturiert ist, welche religiösen Regeln befolgt werden und welche Zielsetzungen die Gemeinschaft verfolgt in allen wesentlichen Details den Vorbildern in den indischen Hindugemeinschaften. Nach einem vorgelegten Bescheid des Finanzamtes E vom 00.00.2015 verfolgt der Kläger als Körperschaft die Förderung der Volks-und Berufsbildung sowie der Studentenhilfe und die Förderung der Religion. Er wurde im Hinblick auf die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 der Abgabenordnung (AO) als gemeinnützig anerkannt. Wegen der übrigen vereinsinternen Regelungen wird verwiesen auf die Satzung, die Hinweise für Sevakas, die Ordnung der Yoga Vidya Gemeinschaft und die übrigen von dem Kläger mit Schriftsatz vom 28.08.2017 vorgelegten Unterlagen.
Nach Angaben des Klägers waren im Jahr 2018 bei ihm 169 Sevaka-Mitglieder tätig. Die Sevakas erhalten in den ersten 3-5 Jahren eine grundlegende Yogaausbildung mit regelmäßiger Teilnahme an Meditationen und Zeremonien. Sie verpflichten sich zum vollständigen Verzicht auf Fleisch, Fisch, Tabak, alkoholische Getränke sowie Drogen und zu einem uneigennützigen Dienst für die Verbreitung des Yoga (Nr. 3 und 6 der Ordnung) Ferner sind sie zum uneigennützigen Dienst (Seva) für die Aufrechterhaltung der Gemeinschaft verpflichtet (Nr. 8 der Ordnung). Der Kläger sorgt gemäß Nr. 9 der Ordnung für eine umfassende Daseinsvorsorge der Sevakas. Sie erhalten freie Unterkunft und Verpflegung, welche als Sachbezüge nach Angaben des Klägers ca. einen Wert von 400 EUR monatlich haben. Darüber hinaus erhalten sie ein Taschengeld. Dieses ist nach den Regeln und ergänzenden Hinweisen für Sevaka-Mitglieder (Smriti) in der Höhe gestaffelt und beträgt im ersten Jahr bis zu 320 EUR und steigt weiter langsam an, sodass ab dem fünften Jahr 390 EUR monatlich gezahlt werden (B. 3.5. der Hinweise). Ist das Sevaka-Mitglied länger als drei Jahre in der Gemeinschaft, schließt der Kläger eine Lebensversicherung zur Rentenvorsorge zugunsten des Mitglieds ab (Nr. 9f der Ordnung) und entrichtet 1470 EUR pro Jahr an Beiträgen für jeden Sevaka (B. 3.6. der Hinweise).
Im August 2016 wandte sich der Steuerberater des Klägers an den Beigeladenen mit der Bitte um Überprüfung, ob die im Sevaka-Dienst tätigen Personen bei den für die Berechnung der Ausgleichsabgabe maßgebenden Arbeitsplätzen mitzuzählen seien. Er sei der Meinung, dass § 73 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX (in der Fassung bis zum 31.12.2017) Anwendung finden müsse. Sevakas erhielten nur einen kleinen Beitrag zur Lebensführung, der allerdings, weil es keine andere Möglichkeit gebe, über eine normale Lohnabrechnung gegenüber der Sozialversicherung und dem Finanzamt abgerechnet und erklärt werde. Dem Personenkreis gehe es nicht um den Erwerb sondern um die Zugehörigkeit zur Sevaka-Gemeinschaft (ähnlich bei Mönchen und Nonnen im Kloster). Eine im Wesentlichen im Sinne einer religiösen Praxis bestimmte Lebensform sei hier eindeutig und in vollem Umfang gegeben. Dieser Personenkreis sei daher bei der Ermittlung der Ausgleichsabgabe nicht zu berücksichtigen. Der Beigeladene leitete dieses Schreiben zuständigkeitshalber an die Beklagte weiter. Mit Bescheid vom 00.00.2016 lehnte die Beklagte eine Befreiung von der Anzeigepflicht und der damit verbundenen Ausgleichsabgabe ab. Sie nahm Bezug auf die Internetseite des Klägers wo beschrieben sei, die Richt-Sevazeit betrage täglich 7-8 Stunden, es bestehe pro Jahr ein Anspruch auf fünf Wochen Urlaub und es würde Taschengeld gezahlt sowie Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt. Aufgrund dieser Gegebenheiten sei davon auszugehen, dass es sich um Arbeitnehmer handele.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, schon aus der Satzung ergebe sich, dass es sich bei den Sevakas nicht um Arbeitnehmer handele. Doch selbst wenn das der Fall sei, so würde der Ausschlusstatbestand nach § 73 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX a.F. greifen. Die Beschäftigung diene nicht in erster Linie dem Erwerb, sondern sei vorwiegend durch Beweggründe religiöser Art bestimmt. Auch aus der Satzung gehe hervor, dass die Tätigkeit der Sevakas vorrangig dem Ausbau der spirituellen, religiösen Gemeinschaften in der indischen religiösen Ashram- und Klostertradition diene. Dies ergebe sich schon daraus, dass ein Taschengeld von 320-390 EUR nicht als üblicherweise zu erzielendes Einkommen anzusehen sei. Eine Anzeigepflicht bestehe deshalb für diese Tätigkeiten nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In Anlehnung an einen Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 22.03.1996 – 5 AZB 21/94 und den Beschluss des OVG Hamburg vom 04.03.1996 - Bs I 4/95 (Arbeitnehmereigenschaft von Beschäftigten der "Scientology Kirche") seien die Sevakas auf Arbeitsplätzen im Sinne des § 73 Abs. 1 SGB IX a. F. beschäftigt. Abgesehen davon komme eine Befreiung von der Anzeigepflicht nach § 80 Abs. 2 SGB IX a.F. auch deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger selbst angegeben habe, dass abgesehen von den Sevakas noch weitere Arbeitnehmer auf Arbeitsplätzen beschäftigt seien, für die der Ausschlusstatbestand des § 73 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX nicht gelte.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 00.00.2017, mit der der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zunächst sei klarzustellen, dass eine Befreiung von der Anzeigepflicht insgesamt gemäß § 80 Abs. 2 SGB IX nicht begehrt werde. Wie auch im Verwaltungs-und Widerspruchsverfahren sei die Feststellung Ziel des Klägers, dass die Sevakas nicht auf Arbeitsplätzen im Sinne des § 73 Abs. 1 SGB IX beschäftigt seien und daher für diesen Personenkreis keine Anzeigepflicht bestehe. Die von der Beklagten zur Begründung angeführte Rechtsprechung könne auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden. Das BAG habe die Feststellung getroffen, dass die "Scientology Kirche Hamburg e.V". keine Religions-oder Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne der Art. 4, 140 des Grundgesetzes (GG) sowie Art. 137 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) sei und dass hauptamtliche Mitglieder von Scientology Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) seien. Dabei habe das BAG herausgestellt, dass der Umstand, dass die Tätigkeit unter Umständen nicht in erster Linie dem Erwerb, sondern durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt seien könne, bei der Abgrenzung des Arbeitnehmerbegriffs im Sinne des § 5 ArbGG keine Rolle spiele. Genau dieser Umstand sei hier aber nach § 73 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX ausschlaggebend. Weiterhin sei auch der Sachverhalt nicht vergleichbar, weil die Scientology Kirche ein wirtschaftlicher Verein sei und die Mitglieder in dem Verein praktisch rechtlos gestellt seien. Im Gegensatz dazu sei der Kläger nachweisbar gemeinnützig und die Sevakas seien in den Entscheidungsgremien (Sevaka-Versammlung) stimmberechtigt. Die Entscheidungen würden mit demokratischen Mehrheiten gefasst. Dies ergebe sich aus der Sevaka-Ordnung. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die den Sevakas gewährte Zuwendung deutlich hinter dem Einkommen zurückbleibe, das beispielsweise ein Yoga-oder Meditationslehrer bei einer typisierenden und am Durchschnitt ausgerichteten Betrachtung üblicherweise erzielen könne. Daraus lasse sich erkennen, dass die Tätigkeit der Sevakas nicht schwerpunktmäßig Erwerbszwecken diene. Sevakas würden vielmehr aus Beweggründen religiöser, spiritueller Art Mitglieder des Klägers. Unter Berücksichtigung der Sachleistungen werde für einen Sevaka beispielsweise ein Betrag von 873,45 EUR aufgewandt. Davon würden Lohnsteuer und auch Sozialversicherungsabgaben (Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung) abgeführt. Dies aber nicht, weil es sich um Arbeitnehmer handele. Der Kläger ist vielmehr der Auffassung, dass allgemein die entsprechenden Abschnitte der Sozialgesetzbücher für Mitglieder einer geistlichen Genossenschaft auf die Sevakas Anwendung fänden. Entsprechend den Regeln der Sozialversicherung würden im Rahmen des sozialversicherungsrechtlichen Einstiegsbereichs bzw. Übergangsbereichs Beiträge abgeführt. Die Sevaka-Mitglieder seien gemäß § 1 Abs. 4 des Sozialgesetzbuches, Sechstes Buch (SGB VI) rentenversicherungspflichtig. Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 des Sozialgesetzbuches, Fünftes Buch (SGB V) bestehe nicht, weil das gewährte Taschengeld die Geringfügigkeitsgrenze überschreite. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch (SGB III) bestehe Versicherungsfreiheit, weil die Sevakas neben dem freien Unterhalt nur ein geringes Entgelt bezögen. Ob die Sevakas unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen, sei in einem weiteren vor dem Sozialgericht E anhängigen Verfahren umstritten. Nach dem in diesem Verfahren gegenständlichen Widerspruchsbescheid der VBG Bezirksverwaltung C sei die Unfallversicherung der Auffassung, dass Anhaltspunkte für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit und damit eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Kläger und den Sevakas nicht vorlägen. Lohnsteuer werde für die Sevaka-Mitglieder ab dem 01.10.2019 nicht mehr abgeführt, da nunmehr eine entsprechende Softwarelösung gefunden worden sei. Die Sevakas würden einen Vereinsbeitrag von 15 EUR pro Jahr zahlen, würden in Yoga ausgebildet und könnten sich auch selbst zum Yoga-Lehrer ausbilden lassen. Es gebe für sie keine festgelegten Dienstzeiten. Der Dienst bestehe aus Arbeiten in den Teams und im Übrigen noch aus dem spirituellen Dienst. Es gebe zwar einen Richtwert von 7 Stunden. Er sei aber wohl nicht schriftlich niedergelegt. Er diene auch mehr dazu, dass die Sevakas sich nicht selbst überforderten. Letztlich gehe es darum, dass bestimmte Aufgaben erledigt werden müssten. Die hierfür erforderliche Zeit sei nicht festgelegt. Urlaub in dem Sinne bekämen Sevakas nicht. Insbesondere gebe es keine festgelegten Zeiträume diesbezüglich. Jeder könne aber dienstfreie Zeit bekommen, die er nutzen könne, um sich zu erholen, um sich fortzubilden oder auf bestimmte Sachen vorzubereiten. Mit den Sevakas werde kein Vertrag geschlossen. Es gebe nur den Antrag auf Mitgliedschaft, der gleichzeitig auch die Zustimmung zur Ordnung der Gemeinschaft darstelle. Zu den Regeln gehöre auch, dass der Dienst als Sevaka geleistet werden müsse. Wenn es diesbezüglich Probleme gebe, würden Gespräche geführt und gemeinsam versucht, den richtigen Dienst für die Betreffenden zu finden. Falls alles keinen Erfolg habe und der oder die Betreffende ohne einen entsprechenden Dienst in der Gemeinschaft leben wolle, bleibe als letzte Möglichkeiten nur der Ausschluss aus der Gemeinschaft. Weisungen und ein Weisungsrecht in dem Sinne, wie es in der Wirtschaft existiere, gebe es bei dem Kläger nicht. Es werde in den Teams besprochen, wer diese Aufgaben übernehmen wolle. Wenn sich für eine Aufgabe niemand finde, werde darüber auch gesprochen. Gegen den Willen eines Sevakas könne dieser nicht mit der Ausführung einer Aufgabe betraut werden. Die Zeiten, in denen die Sevakas arbeiteten, würden im Wesentlichen durch Absprachen innerhalb des Teams geklärt. Diese würden sich im Wesentlichen nach den zu verrichtenden Aufgaben richten. Die Zubereitung des Essens müsse eben im Vorfeld der jeweiligen Mahlzeiten geschehen. Aber z.B. Arbeiten im Garten oder Büro könnten zeitlich flexibel gehandhabt werden. In diesem Sinne seien die Sevakas je nach Absprache im Team frei mit der Gestaltung der Dienstzeit. Die Sevakas könnten später, wenn sie aus gesundheitlichen oder aus Altersgründen keinen Dienst mehr leisten könnten, in der Gemeinschaft verbleiben und würden, wenn gewünscht, auf Dauer unterstützt. Der spirituelle Dienst stehe bei den Sevakas immer im Vordergrund. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Rahmen des Yoga auch die Tätigkeiten in den Teams, die zur Aufrechterhaltung der Gemeinschaft erforderlich seien, als spirituelles Dienen gesehen würden und auch Teil des Yoga seien. Darum treffe es nicht zu, dass man praktisch den Sevaka-Dienst verrichtete, um die Daseinsvorsorge als Gegenleistung zu bekommen. Der Kläger verweist ergänzend auf das vorgelegte Gutachten von Professor Dr. N sowie die Ordnung der Sevaka-Gemeinschaft und die entsprechenden Hinweise. Daraus und aus den geschilderten tatsächlichen Umständen ergebe sich eindeutig, dass die Sevakas keine Arbeitnehmer seien. Bei dem Kläger handele es sich bereits schon nicht um eine Arbeitsorganisation sodass auch keine Eingliederung in eine solche gegeben sei. Der Ashram sei vielmehr ein Ort, an dem spirituelle Praktiken praktiziert und gelehrt würden und an dem Menschen in einer Gemeinschaft vorübergehend oder auf Dauer wohnten, um sich ganz der Übung und Verbreitung des Yoga zu widmen. Dies geschehe auch nicht auf Grundlage eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages. Die Sevakas stünden in einem mitgliedschaftlichen Verhältnis zum Kläger. Sie seien nicht weisungsgebunden. In ihrer Zeiteinteilung seien sie grundsätzlich frei. Auch die Art und Weise der Durchführung der Tätigkeiten werde ihnen überlassen. Soweit Regelungen in Form von Satzungen, Ordnungen und Hinweisen bestünden, seien diese in demokratischen Versammlungen der Mitglieder des Klägers erarbeitet und beschlossen worden. Sofern Sevakas gegen die getroffenen Regelungen verstießen, könne dies Folgen bis zu einem Ausschluss haben, was aber stets im Rahmen von Mitgliederversammlungen beraten und entschieden werde. Dies habe mit arbeitsrechtlichen Sanktionen in Form von Kündigungen und Abmahnungen nichts zu tun, welche einseitig vom Arbeitgeber entschieden und vollzogen würden. Der Dienst sei insgesamt uneigennützig und Teil einer gelebten Religion und nicht auf den Austausch von Arbeitsleistung und Vergütung gerichtet.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 00.00.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Sevakas nicht auf Arbeitsplätzen im Sinne des §§ 73 Abs. 1 SGB IX beschäftigt sind und daher für sie keine Anzeigepflicht nach § 80 Abs. 2 SGB IX besteht.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und sieht sich in ihrer Auffassung bestätigt, weil auch nach Angaben des Klägers für die Sevakas Sozialversicherungsbeiträge und auch Lohnsteuer abgeführt würden. Bei den Betroffenen handele es sich um versicherungspflichtige Arbeitnehmer und bei den von ihnen besetzten Stellen um Arbeitsplätze.
Der Beigeladene weist darauf hin, dass der Kläger für das Jahr 2016 durchschnittlich 33,5 und für das Jahr 2017 33,58 sowie für das Jahr 2018 33,08 Arbeitnehmer angezeigt habe. Es sei für diese Jahre durch die Beklagte festgestellt worden, dass die Beschäftigungspflicht durch den Kläger durch Beschäftigung von zwei Menschen mit Behinderung erfüllt worden sei. Es sei deshalb eine Ausgleichsabgabe von null Euro festgesetzt worden. Der Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakte nebst den mit der Klageschrift überreichten Unterlagen sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Die Klage ist zulässig. Der Feststellungsantrag ist auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, nämlich die bestehende oder nichtbestehende Pflicht zur Anzeige bestimmter Arbeitsplätze, gerichtet und der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, da nach § 80 Abs. 2 SGB IX a. F./§ 163 Abs. 2 SGB IX n. F. die Arbeitgeber einmal jährlich die für die Berechnung der Ausgleichsabgabe notwendigen Daten anzuzeigen haben und bei Nichterfüllung dieser Pflicht nach § 238 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX ein Bußgeld droht.
Die Klage ist auch begründet, denn der angefochtene Bescheid vom 00.00.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.2017 ist rechtswidrig. Der Kläger ist nicht verpflichtet, die Stellen, auf denen die Sevaka-Mitglieder bei ihm tätig sind, als Arbeitsplätze gemäß § 80 Abs. 2 SGB IX a.F. bzw. § 163 Abs. 2 SGB IX n.F. anzuzeigen.
Nach § 73 Abs. 1 SGB IX a. F./§ 156 Abs. 1 SGB IX n. F. sind Arbeitsplätze im Sinne des hier maßgeblichen Teils des SGB IX alle Stellen, auf denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden. Gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX a. F./§ 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX n. F. gelten Stellen nicht als Arbeitsplätze, auf denen Personen beschäftigt werden, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern die vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist, und Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften.
Die Sevaka-Mitglieder des Beklagten sind zur Überzeugung der Kammer keine Arbeitnehmer im Sinne des § 73/§156 SGB IX. Die vorliegend im Rahmen des Abs. 1 allein in Betracht kommende Arbeitnehmereigenschaft richtet sich nach den für das Arbeitsrecht entwickelten Maßstäben, wonach entscheidend die vertraglich geschuldete Erbringung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit ist; der Arbeitnehmer muss weisungsabhängig und in die Organisation des Arbeitgebers eingegliedert sein (BSG, Urteil vom 10.12.2019 – B 11 AL 1/19 R, zitiert nach Juris Rn. 21). Die für den arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff maßgeblichen Normen sind § 5 ArbGG, § 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und bezüglich der Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters vom abhängig beschäftigten kaufmännischen Angestellten § 84 Abs. 1 S. 2 Handelsgesetzbuch (HGB). Nach § 5 ArbGG sind Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Nach der herrschenden Begriffsbestimmung in der Rechtsprechung des BAG ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages oder eines ihm gleichgestellten Rechtsverhältnisses im Dienst eines anderen in persönlicher Abhängigkeit zur Arbeit verpflichtet ist. Wesentliche Merkmale sind die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber, die betriebliche Eingliederung und das Weisungsrecht bezüglich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit (vgl. BAG, Urteil vom 20.01.2010 – 5 AZR 99/09, zitiert nach Juris, Rn. 13). Zum Wesen des Arbeitsverhältnisses gehört auch der Austausch von Lohn und Arbeit. Der Arbeitnehmer verfolgt typischerweise das Ziel, für seine Arbeit ein Entgelt zu erhalten. Auch wenn die Erwerbsabsicht keine notwendige Bedingung für die Arbeitnehmereigenschaft ist, spricht ihr Fehlen doch im Rahmen einer Gesamtwürdigung gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses (BAG vom 26.09.2002 – 5 AZB 19/01, zitiert nach Juris, Rn. 79). Maßgeblich sind die tatsächlichen Umstände und nicht der Wortlaut der getroffenen Vereinbarungen. Einzelne Vorgänge zur Feststellung eines vom Wortlaut der Vereinbarung abweichenden Vertragsinhalt sind aber nur dann ausschlaggebend, wenn es sich insoweit um eine durchgehend ausgeübte Praxis handelt (Schwab/Weth, ArbGG, 5. Aufl. § 5 Rn. 12 ff.). Bei der Auslegung des Arbeitnehmerbegriffes steht aufgrund der gesetzgeberischen Zielsetzung der sozialpolitische Zweck im Vordergrund. Die Bestimmung des arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffes erfolgt daher im Wege einer Einzelfallbetrachtung im Rahmen der jeweiligen Gesetze, wobei auf die teleologische und systematische Zuordnung sowie den konkreten Normzweck abzustellen ist (Schwab/Werth, a.a.O. Rn. 7).
Ein unverzichtbares Kriterium für die Arbeitnehmereigenschaft ist das Vorliegen eines privatrechtlichen Vertrages, aufgrund dessen die Arbeitsleistung geschuldet wird (BAG vom 16.02.2000 – 5 AZB 71/99, zitiert nach Juris, Rn. 20). Verträge kommen durch auf den Vertragsschluss gerichtete, einander entsprechende Willenserklärungen zustande. Ob eine Äußerung oder ein schlüssiges Verhalten als auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages gerichtete Willenserklärung zu verstehen ist, bedarf der Auslegung. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen und Treu und Glauben sowie die Verkehrssitte zu berücksichtigen. Zur Ermittlung des eigentlichen Willens der Beteiligten sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 22.07.2014 – 9 AZR 1066 /12, zitiert nach Juris, Rn. 13). Abzugrenzen von dem privatrechtlichen Vertrag als Rechtsgrundlage ist die Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit aufgrund einer Mitgliedschaft in einem Verein. Dabei kann der Mitgliedsbeitrag ganz oder teilweise in der Leistung von Diensten bestehen. Dies folgt aus der Vereinsautonomie, die es dem Verein ermöglicht, Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder und des Vereins durch Satzung zu regeln (§ 25 BGB). Rechtsgrund für die Dienste und die Beitragsleistung ist dann nicht ein schuldrechtlicher gegenseitiger Austauschvertrag, sondern die Vereinssatzung. Die Leistung erfolgt im Wesentlichen, um den Vereinszweck zu fördern (BAG vom 26.09.2002, a.a.O., Rn. 71 m.w.N; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 27.07.2011-12 BV 465/11, zitiert nach Juris Rn. 24). Die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten darf allerdings nicht gegen die §§ 134, 138 BGB verstoßen und zwingende arbeitsrechtliche Schutzpflichten umgehen. Eine solche Umgehung liegt nach der Rechtsprechung des BAG vor, wenn dem zur Leistung abhängiger Arbeit verpflichteten Vereinsmitglied keine Mitgliedschaftsrechte zustehen, die ihm eine Einflussnahme ermöglichen. Sie kommt ferner in Betracht, wenn der Verein seinen in erheblichem Umfang zur Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichteten Mitgliedern weder einen Anspruch auf angemessene Vergütung noch einen Anspruch auf Versorgung einräumt. Insbesondere bei Vereinen mit wirtschaftlicher Zwecksetzung kann die Verpflichtung zur Leistung von Arbeit auf einer Umgehung beruhen (BAG vom 22.03.1995 – 5 AZB 21/94, zitiert nach Juris, Rn. 147 f.).
Die Erbringung der Dienste durch die Sevakas beruht zur Überzeugung der Kammer nicht auf einem privatrechtlichen gegenseitigen und auf Austausch von Arbeitsleistung und Vergütung gerichteten Vertrag, sondern auf der vereinsrechtlichen Verpflichtung. Die Sevakas schließen mit dem Kläger weder ausdrücklich noch konkludent einen Arbeitsvertrag, sondern stellen einen Antrag auf Mitgliedschaft (gemäß der Anl. K2 zum Schriftsatz des Klägers vom 28.08.2017). Dort ist folgendes ausgeführt:
"Ich werde Sevaka-Mitglied im Yoga W e.V., weil ich mich persönlich entwickeln, die spirituellen Lehren des Yoga verbreiten und nach Selbstverwirklichung streben will und nicht, um einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ich bin mir bewusst, dass aus dem uneigennützigen Dienen (Seva), das nur einen Baustein der geistig förderlichen Sevaka-Gemeinschaft darstellt, kein Anspruch auf ein Gehalt entsteht. Ich weiß, dass der Yoga W e. V. auch sogenannte externe Mitarbeiter als Arbeitnehmer beschäftigt, und bekräftige, dass ich gerade das nicht will." Und im Weiteren: "Ich habe Satzung, Smriti und Ordnung schriftlich erhalten und bestätige, sie gelesen und verstanden zu haben und mich daran zu halten." Durch den Antrag und die Aufnahme in den Verein gelten für die Sevakas die in der Satzung und die in den unter der Satzung stehenden Vereinsnormen aufgeführten Regeln. Aus § 6c Abs. 2 der Satzung ergibt sich, dass die Sevakas im Sinne des uneigennützigen Dienens u.a. für die Aufrechterhaltung und den Ausbau der Gemeinschaften zuständig sind. In Abschnitt 3 der Ordnung wird festgelegt, dass sich die Sevaka-Mitglieder verpflichten, regelmäßig an Meditationen, Mantrasingen und sonstigen Zeremonien teilzunehmen, täglich einer spirituellen Praxis nachzugehen, einen auf die reine spirituelle Entwicklung ausgerichteten Lebensstil zu pflegen (Verzicht auf Fleisch etc.) und uneigennützigen Dienst für die Verbreitung des Yoga (Dienen statt Erwerbsarbeit) zu erbringen. Unter Punkt B. 3.der Hinweise (Smriti) ist der Dienst der Sevaka im Einzelnen auf über acht Seiten z.B. bezüglich Inhalt der Aufgaben, sevafreie Zeit, Taschengeld, Sozialversicherung, Dauer der Mitgliedschaft, Wohnsituation, Vergünstigungen, Telefongespräche, Nutzung von Ashram-Autos, Krankheit, Tätigkeiten außerhalb des Ashrams, Aufgaben der Teamleitung, Regeln für Eltern und Kinder und Sevaka in Rente geregelt. Der Dienst besteht danach nach Absprache mit dem Sevaka-Mitglied aus der Erfüllung von Aufgaben im Team (z.B. Küche, Haushalt, Garten, Gebäude-Unterhalt, Werbung, Buchhaltung, Boutique usw.) und daneben aus Yogaunterricht, der Leitung von Seminaren und diversen Nebenaufgaben (Reinigungsarbeiten, Altäre pflegen, Autos reinigen, Rituale durchführen, Mantra singen usw. - B. 3.1. der Hinweise -).
Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die praktische Durchführung der Rechtsbeziehungen zwischen den Sevakas und dem Kläger von den vereinsinternen Regelungen abweicht. Das umfassende und detaillierte Regelwerk und die Intensität der vereinsrechtlichen Bindung lassen zur Überzeugung der Kammer keinen Raum für arbeitsvertragliche Vereinbarungen. Eine Möglichkeit, bezüglich dieser sehr konkreten Ausgestaltungen der tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zwischen den Sevakas und dem Kläger abweichende vertragliche Bedingungen (z.B. ein höheres Taschengeld oder eine höhere Einzahlung in die Lebensversicherung, konkrete Aufgabengebiete) auszuhandeln und zu vereinbaren, ist nicht vorgesehen. Auch eine Differenzierung des Taschengeldes danach, ob eher anspruchsvolle Aufgaben (z.B. Buchhaltung) oder eher Hilfstätigkeiten ausgeführt werden sollen, ist nicht gegeben. Vielmehr treten alle Sevakas zu den gleichen in den Vereinsnormen niedergelegten Bedingungen in den Verein ein und bieten auch keine irgendwie spezifizierte Arbeitsleistung von wirtschaftlichem Wert an, sondern unterwerfen sich den geregelten Abläufen teils wirtschaftlich fassbarer und teils spirituell-religiöser Art, ohne dass der jeweilige Anteil absehbar wäre. Nach der Satzung, den Hinweisen und dem Vortrag des Klägers existiert diese Abgrenzungsmöglichkeit gar nicht, weil auch der zur Aufrechterhaltung der Gemeinschaft in den Teams zu leistende Dienst selbst ein Teil der praktizierten hinduistisch-religiösen Lebensweise angesehen wird, welche die Sevakas aufgrund ihrer freien Willensentscheidung durch Beitritt zu dem Verein als die von ihnen gewünschte Lebensform erwählt haben.
Untypisch für Arbeitnehmer werden die Teamleiter im Konsens mit den Sevakas bestimmt. Ein Sevaka kann als Teammitglied auch einen Antrag auf Abberufung der Teamleitung stellen und das Team kann mit einer Mehrheit von 75 % selbst über die Abberufung entscheiden (B.9.5.2. der Hinweise). Der Inhalt der zu erledigenden Aufgaben wird nicht einseitig durch Weisung festgelegt. In welchen Teams die Sevakas ihren Dienst verrichten, wird vielmehr in gemeinsamer Absprache mit dem Sevaka und nach den Erfordernissen der Gemeinschaft gefunden (B.3.1. der Hinweise). In Teambesprechungen wird über die Fragen entschieden, die das Team betreffen (B B.8.1. der Hinweise). Die Teamleitung koordiniert und verteilt zwar die Aufgaben (B.3.1. der Hinweise), es wird aber nach dem glaubhaften und in Übereinstimmung mit den vereinsinternen Regeln stehenden Vortrag des Klägers in den Teams besprochen, wer die Aufgaben übernehmen will. Gegen den Willen eines Sevaka wird er nicht mit der Ausführung einer Aufgabe betraut. Die Zeiten, in denen die Sevakas ihren Dienst verrichten, werden durch Absprachen innerhalb des Teams geklärt. Feste Zeiten sind für den spirituellen Dienst und die entsprechende Weiterbildung vorgesehen und im Übrigen müssen die Notwendigkeiten der zu verrichtenden Aufgaben berücksichtigt werden. Die restlichen Dienste können die Sevaka nach Absprache im Team flexibel handhaben.
Ebenfalls untypisch für Arbeitnehmer können die Sevakas Einfluss auf die Organisation und die Entscheidungen des Vereins nehmen. Sie haben uneingeschränktes Stimmrecht in den Mitgliederversammlungen (§ 10 Abs. 6 der Satzung). Das gilt auch für vorläufige Sevaka-Mitglieder (§ 6c Abs. 7 der Satzung). Sie können daher sämtliche Mitgliedschaftsrechte wahrnehmen und unter anderem den Vorstand mitwählen und über den Jahresabschluss und den Tätigkeitsbericht des Vorstandes mitentscheiden (§ 8 Abs. 3 und § 10 Abs. 2 der Satzung). Ferner sind sie Mitglied der Sevaka-Versammlung als weiteres Organ des Vereins (§ 7 der Satzung). Alle wichtigen Entscheidungen (Zusammenleben, Wohnbedingungen, Taschengeld, Neuaufnahmen von Sevakas, Investitionen usw.) werden von der Sevaka-Versammlung getroffen (Abschnitt 5 der Ordnung). Auch Änderungen der in den Hinweisen (Smriti) niedergelegten Regeln des Zusammenlebens werden durch die Sevaka-Versammlung beschlossen (B. BM. 8.2.1 der Hinweise). Die Sevaka-Versammlung entscheidet weiterhin über den Ausschluss eines Sevaka (§ 6c Abs. 11 der Satzung). Darüber hinaus obliegt der Sevaka-Versammlung die Wahl der Ashramleitung und sie kann mit 25% der Stimmen die Abberufung beantragen sowie die Leitung mit einer Mehrheit von 75% abberufen (B. 9.5. der Hinweise). Vergleichbare Rechte stehen der Sevaka-Versammlung bei der Besetzung und Abberufung von Bereichsleitern zu (B.9.5.3. der Hinweise). Der Dienst der Sevaka richtet sich daher insgesamt nach den von ihnen selbst mitbeeinflussbaren Vorgaben.
Die Gewährung von Taschengeld bei freier Kost und Logis und die in den Hinweisen durchaus auch arbeitsvertragsähnlich erscheinenden Regelungen (sevafreien Zeit, Krankheit, Regeln für Eltern und Kinder, Tätigkeiten außerhalb des Ashrams) sprechen nicht durchgreifend gegen eine vereinsrechtlich begründete Dienstverpflichtung der Sevakas. Im Rahmen der Vereinsautonomie ist es durchaus möglich, Regelungen zu treffen, nach denen die von den Mitgliedern zu erbringenden Leistungen mit der Zahlung einer Vergütung honoriert werden. Da es sich hierbei um Rechte aus der Mitgliedschaft handelt, könnten diese in Abhängigkeit zu der zu erbringenden Leistung sogar so festgesetzt werden, dass sie je nach Funktion und der Tätigkeit eines Vereinsmitglieds auch unterschiedliche Vereinsleistungen erbracht werden (BAG vom 03.06.1975 - 1 ABR 98/74, zitiert nach Juris Rn. 22). Zusammen mit den arbeitsvertragsähnlichen Regelungen könnten diese Umstände zwar für eine Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit von dem Kläger sprechen. Dies ist aber für die Abgrenzung einer Tätigkeit des Vereinsmitgliedes von einem Arbeitsplatz im Sinne von § 73/§ 156 SGB IX nicht entscheidungserheblich, denn sowohl Vereinsmitglieder, die ihren Mitgliedsbeitrag in Form von Dienstleistungen für einen Verein erbringen, als auch Arbeitnehmer leisten ihre Dienste in persönlicher Abhängigkeit (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 27.07.2011 a. A. O., Rn. 31 zu §§ 5 und 7 SchwbG vom 26.08.1986). Die vereinsinternen Regelungen des Klägers sind zulässigerweise darauf ausgerichtet, den Vereinszweck mit geeigneten und zweckmäßigen Mitteln zu erreichen. Dieses Mittel ist die Dienstpflicht der Sevaka-Mitglieder innerhalb der zur Erreichung des Vereinszwecks notwendigen Organisation. Diese Mittel kann der Kläger im Rahmen der Vereinsautonomie bestimmen und festlegen. Die in den Hinweisen aufgestellten sehr detaillierten Regeln ermöglichen ein geordnetes und effizientes Zusammenleben und -arbeiten und sollen bewirken, dass die mit dem Beitritt übernommenen Verpflichtungen in und -außerhalb der Teams von allen Sevakas in Art, Umfang und Intensität nachvollziehbar vergleichbar wahrgenommen werden. Sie dienen auf diese Weise der Erreichung des Vereinszwecks.
Die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen führt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zwingend zu der Einschätzung, dass es sich bei den Sevakas um Arbeitnehmer im Sinne von §73/156 SGB IX handelt. Auf der einen Seite können zu Unrecht gezahlte Beiträge auch im Sozialversicherungsrecht die Versicherungspflicht nicht begründen (vgl. BSG SozR 4100, § 168 Nr.10). Erst recht werden die Betreffenden allein wegen des Umstandes, dass tatsächlich Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden, nicht zu Arbeitnehmern im hier maßgeblichen arbeitsrechtlichen Sinn (BAG vom 03.06.1975 a.a.O. Rn. 24). Aus der Beitragszahlung kann lediglich geschlossen werden, dass der Kläger die Tätigkeit der Sevakas für beitragspflichtig hält. Er geht davon aus, dass die Sevakas nicht als Arbeitnehmer, sondern als Mitglieder einer geistlichen Genossenschaft oder Angehörige einer ähnlichen Gemeinschaft nach den im Einzelnen genannten Vorschriften beitragspflichtig sind. Dies teilweise, weil unter Berücksichtigung des freien Unterhaltes und des Taschengeldes die Geringfügigkeitsgrenze überschritten werde bzw. die Gewährung der Versorgung nicht gesichert sei. Ob diese Einschätzung zutreffend ist, kann hier dahinstehen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht die Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung, die sich im Wesentlichen danach richtet, ob eine abhängige Beschäftigung i. S. der jeweiligen Gesetze vorliegt, sondern die Anzeigepflicht von Arbeitsplätzen nach dem SGB IX. Mit der Anzeigepflicht verfolgt das Gesetz nicht wie mit der Versicherungspflicht den Schutz der jeweils konkret betroffenen abhängig Beschäftigten vor den Folgen verschiedener Risiken (Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit usw.). Das Hauptanliegen der hier umstrittenen Anzeigepflicht liegt vielmehr in der Veranlagung zur Ausgleichsabgabe (Fabricius in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 163 SGB IX (Stand: 15.01.2018), Rn.19). Zu diesem Zweck haben die Arbeitgeber der Agentur für Arbeit einmal jährlich für das vorangegangene Kalenderjahr u.a. die Anzahl der Arbeitsplätze anzuzeigen, die zur Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung ihrer Erfüllung und der Berechnung der Ausgleichsabgabe notwendig sind. Mit der Verpflichtung zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe für den Fall der Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht aus § 154 SGB IX sollen die Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen angehalten werden (Antriebsfunktion). Des Weiteren dient sie dem Zweck, die Belastungen zwischen den Arbeitgebern, die ihre Beschäftigungspflicht erfüllen, und denen, die ihr nicht nachkommen, auszugleichen (Ausgleichsfunktion) (Goebel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 160 SGB IX (Stand: 15.02.2019), Rn. 6). Ziel der Regelungen ist die allgemeine Förderung der Eingliederung schwerbehinderter Menschen in das Arbeitsleben. Ein konkreter Schutz von einzelnen schwerbehinderten Menschen ist damit nicht verbunden. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers, die ausschließlich gegenüber dem Staat besteht. Der schwerbehinderte Mensch hat – unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die Quote erfüllt – weder gegenüber dem Arbeitgeber einen Einstellungsanspruch, noch kann er vom Staat verlangen, seine Einstellung und/oder Beschäftigung durchzusetzen (Goebel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 154 SGB IX (Stand: 15.01.2018), Rn. 18). Die auf den Schutz von abhängig Beschäftigten in der Sozialversicherung ausgerichteten Abgrenzungskriterien können deshalb für die Beantwortung der Frage, ob eine - nach Auffassung der Kammer hier vorliegende - vereinsrechtliche oder eine arbeitsvertragliche Verpflichtung der Sevakas gegenüber dem Kläger besteht, nicht maßgebend sein.
Die vereinsrechtlich begründete Dienstverpflichtung der Sevakas stellt keine Umgehung von Schutzvorschriften dar und fällt nicht unter die §§ 134 und 138 BGB. Die Anwendung der von dem BAG in seiner Entscheidung vom 22.03.1995 (5 AZB 21/94, zitiert nach Juris Rn. 147f) aufgestellten Grundsätze für die Annahme einer Umgehung von Schutzbestimmungen kann es vorliegend nicht dazu führen, die als vereinsrechtlich gewollte und auch gelebte Rechtsbeziehung zwischen den Sevakas und dem Kläger als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren. Die Sevakas werden nicht zur Leistung abhängiger Arbeit verpflichtet, ohne dass ihnen Mitgliedschaftsrechte zustehen, die ihnen eine Einflussnahme ermöglichen. Auf die bereits oben dargestellten Rechte und Einflussmöglichkeiten der Sevakas aufgrund der Satzung und der weiteren internen vereinsrechtlichen Regelungen wird verwiesen. Soweit das BAG in der damaligen Entscheidung der Auffassung war, bei Vereinen mit wirtschaftlicher Zwecksetzung komme die Begründung einer vereinsrechtlichen Verpflichtung zur Leistung von Arbeit in persönlicher Abhängigkeit in aller Regel nicht in Betracht, wird dies nach einer neueren Entscheidung abweichend beurteilt. In seiner Entscheidung vom 26.09.2002 ( a.a.O., Rn. 80) vertritt das BAG nunmehr die Auffassung, auch Tätigkeiten außerhalb eines Arbeitsverhältnisses könnten zur Gewinnerzielung einer anderen Vertragspartei geeignet sein und auch bei Vereinen mit wirtschaftlicher Zielsetzung des Vereins führe es nicht automatisch zur Annahme eines Arbeitsvertrages, wenn das Vereinsmitglied durch seine Tätigkeit zum wirtschaftlichen Erfolg des Vereins beiträgt. Letztlich liegt hier aber nach beiden Auffassungen eine Umgehung von Schutzbestimmungen nicht vor, denn der Kläger ist als gemeinnütziger Verein anerkannt und verfolgt nach § 3 der Satzung nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke, sondern wird selbstlos für die Verbreitung des Wissens, der Lehre, der Übungen und der Techniken des Yoga tätig.
Eine Umgehung kann nach den der Rechtsprechung des BAG entsprechend den Grund-sätzen des § 138 BGB ferner vorliegen, wenn der Verein seinen in erheblichem Umfang zur Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichteten Mitgliedern weder einen Anspruch auf angemessene Vergütung noch einen Anspruch auf Versorgung einräumt. Bei einer "Richt-Seva-Zeit" von täglich 7-8 Stunden und einer Sechs-Tage-Woche (B.1. der Hinweise) auf der einen Seite und einem von dem Kläger vorgetragenen monatlichen Betrag für die Daseinsvorsorge i.H.v. 873 EUR könnte ein grobes Missverhältnis in einer auf Leistung und Gegenleistung ausgerichteten Beziehung nicht ausgeschlossen werden. Der Kläger geht auch selbst davon aus, dass die Gewährleistung der Versorgung für die Sevaka nicht ausreichend gesichert ist. Nach den Regelungen zur Rente (B. 3.20. der Hinweise) kann ferner nicht ausgeschlossen werden, dass die Sevakas im Alter auf Sozialleistungen angewiesen sein werden, weil unabhängig von der Höhe der Rente und sonstigen Einkünften mindestens 450 EUR im Monat für Unterkunft und Verpflegung an den Kläger zu zahlen wären. Die Frage nach dem Missverhältnis zwischen dem Umfang der zu leistenden Dienste und der gewährten Vergütung/Versorgung kann jedoch nicht unabhängig davon beantwortet werden, ob überhaupt und in welchem Umfang Erwerbsabsichten mit der Tätigkeit verfolgt werden (vgl. BAG vom 26.09.2002, a.a.O. Rn. 78f.). In dem Beschluss vom 22.03.1995 (a.a.O. Rn. 140) vertrat das BAG zwar noch die Auffassung, die Arbeitnehmereigenschaft könne nicht allein mit der Begründung verneint werden, die Beweggründe des Klägers für seine Arbeit seien nicht auf Erwerb ausgerichtet, sondern in erster Linie religiöser Art gewesen. Die entsprechende Ausnahme in § 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG sei kein Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens. Vorliegend kann jedoch nicht davon abgesehen werden, diesen Rechtsgedanken in den Blick zu nehmen, weil er in dem hier anzuwendenden Gesetz ausdrücklich in § 73 Abs. 2 Nr. 2/156 Abs. 2 Nr.2 SGB IX niedergelegt ist. Dementsprechend wird auch die Auffassung vertreten, § 73 Abs. 2 Nr. 2/156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX habe nur deklaratorische Bedeutung, weil Personen, die die Voraussetzungen dieser Norm erfüllten, regelmäßig schon keine Arbeitnehmer im Sinne des Abs. 1 seien (vgl. Joussen, in: Dau/Düwel/Joussen, SGB IX, 4. Aufl. §73 Rn. 33). Dem tritt das BVerwG allerdings unter Hinweis auf Wortlaut und Systematik entgegen (Urteil vom 30.06.2016- 5 C 1/15, zitiert nach Juris, Rn. 11 ff.). Welcher Auffassung in diesem Punkt zu folgen ist, kann vorliegend dahinstehen, denn die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 Nr. 2/156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX sind zur Überzeugung der Kammer erfüllt. Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Umgehungstatbestand im Sinne der Entscheidung des BAG aus dem Jahr 1995 vorliegt, woraus folgt, dass die Sevakas aufgrund einer vereinsrechtlichen Verpflichtung tätig werden. Unterstellt, dass der Umfang der Erwerbsabsicht im Rahmen des Abs. 1 der Norm nicht berücksichtigt werden kann, gelten die Sevakas jedenfalls nach Abs. 2 Nr. 2 nicht als Arbeitnehmer auf zu berücksichtigenden Arbeitsplätzen.
Nach § 73 Abs. 2 Nr. 2/156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX gelten als Arbeitsplätze nicht Stellen, auf denen Personen beschäftigt werden, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist, und Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften. Eine Beschäftigung dient in diesem Sinne nicht in erster Linie dem Erwerb der Person, wenn sie nicht schwerpunktmäßig darauf gerichtet ist, einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Hierzu ist eine objektivierte Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände vorzunehmen. Maßgebend ist, ob die Erlangung der gewährten Zuwendung bei objektiver Betrachtung nicht schwerpunktmäßig zu Erwerbszwecken bzw. zur Gewinnerzielung dient. Das ist zu bejahen, wenn diese Zuwendungen jedenfalls deutlich hinter dem zurückbleiben, was eine Person mit der für die Beschäftigung auf der konkreten Stelle erforderlichen Qualifikation auf einer vergleichbaren Stelle bei einer typisierenden und am Durchschnitt ausgerichteten Betrachtung üblicherweise an Einkommen erzielen kann (BVerwG, Urteil vom 30.06.2016, a.a.O. Rn. 24). Diese Voraussetzungen sind zur Überzeugung der Kammer bei den bei dem Kläger tätigen Sevakas gegeben. Dies ergibt sich unabhängig von den jeweils auszuführenden Arbeiten schon daraus, dass die Zuwendungen für die Sevakas deutlich unter dem Mindestlohn (2016: 8,50 EUR pro Stunde) liegen. Bei einer durchschnittlichen Dienstzeit von 7,5 Stunden pro Tag und einer Sechs-Tage-Woche ergeben sich 45 Stunden pro Woche. Dies ergibt durchschnittlich 195 Stunden pro Monat (45x13:3). Bei einer monatlichen Zuwendung von 874 EUR ergäbe sich ein Stundenlohn 4,48 EUR bzw. bei 195 Stunden entlohnt nach Mindestlohn ein Monatslohn von 1657,50 EUR. Auch wenn man auf den Tariflohn in verschiedenen Branchen in O-X im Jahre 2016 (vgl. Tarif-Lohnentwicklung 1990-2016, herausgegeben vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes O-X) abstellt, ergibt sich ein ähnlich deutliches Bild. Der Tariflohn war 2016 in den vergleichbaren und in Betracht kommenden Branchen selbst bei einer Einstufung im ungelernten Bereich deutlich höher als der den Sevakas zugewendete Betrag (Gaststätten- und Hotelgewerbe: 1521 EUR; Einzelhandel: 1554 EUR, Tischlerhandwerk: 1830 EUR; Baugewerbe: 2127 EUR, Gebäudereiniger 9,80 EUR pro Stunde; Zeitarbeit: 9,00 EUR pro Stunde). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Tätigkeit nicht in erster Linie dem Erwerb dient, wenn nur ca. die Hälfte der für die Tätigkeit üblicherweise anfallenden Vergütung gezahlt wird (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.05.2017 – OVG 6 B 19.16, zitiert nach Juris Rn.22ff.).
Die Beschäftigung der Sevakas ist auch vorwiegend durch Beweggründe religiöser Art bestimmt. Dabei kommt es nicht auf den Willen des konkret Beschäftigten, sondern auf die objektiv festgelegte Funktion der Stelle an, die sich bei der Tätigkeit für einen Verein aus dem Satzungszweck ergibt (vgl. BVerwG vom 30.06.2016 a.a.O., Rn.21f.). Nach § 2 der Satzung verfolgt der Kläger als Zweck die Volksbildung durch die Verbreitung des Wissens, der Lehre, der Übungen und der Techniken des Yoga sowie die Förderung der Religion u.a. durch Schaffung von Sevaka-Gemeinschaften, die in alter indischer religiöser Ahram- und Kloster-Tradition in Lebensgemeinschaften zusammenleben. Nach dem vorliegenden religionswissenschaftlichen Gutachten von Professor Dr. N entspricht die Art und Weise, wie der Kläger als Ashram-Gemeinschaft strukturiert ist, welche religiösen Regeln befolgt werden, welche Zielsetzungen er verfolgt in allen wesentlichen Details den Vorbildern der indischen Hindu-Gemeinschaften. Die Gemeinschaft sei daher als traditionell hinduistisch zu kennzeichnen. Dem folgend ist die Tätigkeit der Sevakas zur Überzeugung der Kammer vorwiegend durch Beweggründe des Hinduismus bestimmt. Der Hinduismus ist eine alte und große Glaubensrichtung, die unproblematisch unter den Religionsbegriff fällt (Grünberger/Husmann in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2019, Gleichbehandlung Rn. 5.81; vgl. auch VG Arnsberg vom 07.06.2013 - 12 K 2195/12, zitiert nach Juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da der Beigeladene sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen hat, hat er ebenfalls einen Teil der Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 3 VwGO). Dabei hat die Kammer die Grundsätze des § 159 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 2 ZPO entsprechend angewandt und den Beigeladenen wegen der erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit nur zu einem Fünftel für kostenzahlungspflichtig erachtet.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. § 197 Abs. 1 S. 1 SGG. Der Sach- und Streitstand bietet für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so dass der Streitwert auf 5000 EUR festzusetzen war.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anzeigepflicht nach dem Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) für die bei dem Kläger tätigen Sevaka-Mitglieder und insbesondere darum, ob es sich dabei um für die Berechnung der Ausgleichsabgabe mitzuzählende Arbeitsplätze handelt.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in I, betreibt ein Yogazentrum und bezeichnet sich nach Zeitungsberichten aus August 2019 mit jährlich 100.000 Übernachtungen als das größte B Europas. Ziel des Vereins ist nach § 2 der Satzung die Volksbildung durch die Verbreitung des Wissens, der Lehre, der Übungen und der Techniken des Yoga und verwandter Disziplinen sowie die Förderung der Religion. Der Satzungszweck soll unter anderem verwirklicht werden durch Errichtung von Zentren, in denen Yoga und verwandte Disziplinen gelehrt werden, die Errichtung von Yoga Seminarhäusern, die Schaffung von Yoga Vidya Sevaka-Gemeinschaften, in denen in alter indischer religiöser Ashram- und Kloster-Tradition Menschen in Lebensgemeinschaften Zusammenleben, die sich ganz der spirituell-religiösen Praxis widmen. Ferner sollen Kurse, Workshops, Seminare und Vorträge sowie Ausbildungen, Weiterbildungen und Fortbildungen auf dem Gebiet des Yoga durchgeführt werden. Der Verein ist nach § 3 der Satzung selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Die Mittel des Vereins dürfen nach § 4 nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden. Die Mittel zur Erbringung des Vereinszwecks werden aufgebracht durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Kostenbeiträge für die Teilnahme an den Kursen und Veranstaltungen. Der Verein besteht aus außerordentlichen Mitgliedern, Yoga Vidya Kooperation-Mitgliedern, Sevakas und Ashram Karma Yogis (§ 6 der Satzung). Die Mitglieder werden auf ihren Antrag durch Entscheidung des Vorstandes aufgenommen, wenn die Bereitschaft besteht, die Zwecke des Vereins zu fördern. Ein Anrecht auf die Mitgliedschaft besteht nicht (§ 6a der Satzung). Die Mitgliedschaft endet mit dem Tod, durch Austritt oder durch Ausschluss. Nach § 6c der Satzung sind Sevakas solche Mitglieder, die in spirituellen Gemeinschaften in der indischen religiösen Ashram-und Kloster-Tradition Zusammenleben und ihr Leben ganz der Übung und Verbreitung der Yoga-Lehren widmen. Sie sind dabei im Sinne des uneigennützigen Dienstes für die Aufrechterhaltung und den Ausbau der Gemeinschaften, für die spirituelle Unterweisung sowie für die Verbreitung des Yoga tätig. Ihr Zusammenleben regeln sie demokratisch und abschließend. Die demokratisch getroffenen früheren Beschlüsse sind auch für neue Mitglieder gültig und sind in einer unter der Satzung stehenden Regelung mit ergänzenden Hinweisen für Sevakas ("Yoga Vidya Smriti" – im Folgenden:" Hinweise") niedergelegt. Der klagende Verein verpflichtet sich nach § 6c Abs. 4 der Satzung im Sinne einer umfassenden Daseinsfürsorge für Unterkunft, Verpflegung, soziale Absicherung und ein Taschengeld der aktiven Sevakas zu sorgen. Über den Antrag auf Aufnahme als Sevaka entscheidet nach § 6c Abs. 5 der Satzung die örtliche Sevaka-Versammlung. Die Sevaka-Mitgliedschaft ist in den ersten sechs Monaten vorläufig. Auch das vorläufige Sevaka-Mitglied genießt ein Stimmrecht in der Vereinsversammlung und in den Sevaka-Versammlungen. Der Ausschluss von Sevaka-Mitgliedern geschieht durch Beschluss der örtlichen Sevaka-Versammlung oder eines von der Sevaka-Versammlung dazu ernannten bzw. gewählten Gremiums. Der Ausschluss ist insbesondere zu erklären, wenn das Sevaka-Mitglied die mit dem Eintritt verbundenen Pflichten nicht mehr oder nicht ausreichend erfüllt und/oder gegen die ethischen Grundlagen der Gemeinschaft verstößt (§ 6c Abs. 11 der Satzung). Der Vorstand wird für drei Jahre von der Mitgliederversammlung gewählt, die ihn jedoch auch vor Ablauf von drei Kalenderjahren mit einer Zweidrittelmehrheit neu bestimmen kann (§ 8 der Satzung). Nach einem von dem Kläger vorgelegten Gutachten des Religionswissenschaftlers Professor Dr. N vom 00.00.2010 entspricht die Art und Weise, wie die Ashram-Gemeinschaft des Klägers strukturiert ist, welche religiösen Regeln befolgt werden und welche Zielsetzungen die Gemeinschaft verfolgt in allen wesentlichen Details den Vorbildern in den indischen Hindugemeinschaften. Nach einem vorgelegten Bescheid des Finanzamtes E vom 00.00.2015 verfolgt der Kläger als Körperschaft die Förderung der Volks-und Berufsbildung sowie der Studentenhilfe und die Förderung der Religion. Er wurde im Hinblick auf die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 der Abgabenordnung (AO) als gemeinnützig anerkannt. Wegen der übrigen vereinsinternen Regelungen wird verwiesen auf die Satzung, die Hinweise für Sevakas, die Ordnung der Yoga Vidya Gemeinschaft und die übrigen von dem Kläger mit Schriftsatz vom 28.08.2017 vorgelegten Unterlagen.
Nach Angaben des Klägers waren im Jahr 2018 bei ihm 169 Sevaka-Mitglieder tätig. Die Sevakas erhalten in den ersten 3-5 Jahren eine grundlegende Yogaausbildung mit regelmäßiger Teilnahme an Meditationen und Zeremonien. Sie verpflichten sich zum vollständigen Verzicht auf Fleisch, Fisch, Tabak, alkoholische Getränke sowie Drogen und zu einem uneigennützigen Dienst für die Verbreitung des Yoga (Nr. 3 und 6 der Ordnung) Ferner sind sie zum uneigennützigen Dienst (Seva) für die Aufrechterhaltung der Gemeinschaft verpflichtet (Nr. 8 der Ordnung). Der Kläger sorgt gemäß Nr. 9 der Ordnung für eine umfassende Daseinsvorsorge der Sevakas. Sie erhalten freie Unterkunft und Verpflegung, welche als Sachbezüge nach Angaben des Klägers ca. einen Wert von 400 EUR monatlich haben. Darüber hinaus erhalten sie ein Taschengeld. Dieses ist nach den Regeln und ergänzenden Hinweisen für Sevaka-Mitglieder (Smriti) in der Höhe gestaffelt und beträgt im ersten Jahr bis zu 320 EUR und steigt weiter langsam an, sodass ab dem fünften Jahr 390 EUR monatlich gezahlt werden (B. 3.5. der Hinweise). Ist das Sevaka-Mitglied länger als drei Jahre in der Gemeinschaft, schließt der Kläger eine Lebensversicherung zur Rentenvorsorge zugunsten des Mitglieds ab (Nr. 9f der Ordnung) und entrichtet 1470 EUR pro Jahr an Beiträgen für jeden Sevaka (B. 3.6. der Hinweise).
Im August 2016 wandte sich der Steuerberater des Klägers an den Beigeladenen mit der Bitte um Überprüfung, ob die im Sevaka-Dienst tätigen Personen bei den für die Berechnung der Ausgleichsabgabe maßgebenden Arbeitsplätzen mitzuzählen seien. Er sei der Meinung, dass § 73 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX (in der Fassung bis zum 31.12.2017) Anwendung finden müsse. Sevakas erhielten nur einen kleinen Beitrag zur Lebensführung, der allerdings, weil es keine andere Möglichkeit gebe, über eine normale Lohnabrechnung gegenüber der Sozialversicherung und dem Finanzamt abgerechnet und erklärt werde. Dem Personenkreis gehe es nicht um den Erwerb sondern um die Zugehörigkeit zur Sevaka-Gemeinschaft (ähnlich bei Mönchen und Nonnen im Kloster). Eine im Wesentlichen im Sinne einer religiösen Praxis bestimmte Lebensform sei hier eindeutig und in vollem Umfang gegeben. Dieser Personenkreis sei daher bei der Ermittlung der Ausgleichsabgabe nicht zu berücksichtigen. Der Beigeladene leitete dieses Schreiben zuständigkeitshalber an die Beklagte weiter. Mit Bescheid vom 00.00.2016 lehnte die Beklagte eine Befreiung von der Anzeigepflicht und der damit verbundenen Ausgleichsabgabe ab. Sie nahm Bezug auf die Internetseite des Klägers wo beschrieben sei, die Richt-Sevazeit betrage täglich 7-8 Stunden, es bestehe pro Jahr ein Anspruch auf fünf Wochen Urlaub und es würde Taschengeld gezahlt sowie Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt. Aufgrund dieser Gegebenheiten sei davon auszugehen, dass es sich um Arbeitnehmer handele.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, schon aus der Satzung ergebe sich, dass es sich bei den Sevakas nicht um Arbeitnehmer handele. Doch selbst wenn das der Fall sei, so würde der Ausschlusstatbestand nach § 73 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX a.F. greifen. Die Beschäftigung diene nicht in erster Linie dem Erwerb, sondern sei vorwiegend durch Beweggründe religiöser Art bestimmt. Auch aus der Satzung gehe hervor, dass die Tätigkeit der Sevakas vorrangig dem Ausbau der spirituellen, religiösen Gemeinschaften in der indischen religiösen Ashram- und Klostertradition diene. Dies ergebe sich schon daraus, dass ein Taschengeld von 320-390 EUR nicht als üblicherweise zu erzielendes Einkommen anzusehen sei. Eine Anzeigepflicht bestehe deshalb für diese Tätigkeiten nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In Anlehnung an einen Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 22.03.1996 – 5 AZB 21/94 und den Beschluss des OVG Hamburg vom 04.03.1996 - Bs I 4/95 (Arbeitnehmereigenschaft von Beschäftigten der "Scientology Kirche") seien die Sevakas auf Arbeitsplätzen im Sinne des § 73 Abs. 1 SGB IX a. F. beschäftigt. Abgesehen davon komme eine Befreiung von der Anzeigepflicht nach § 80 Abs. 2 SGB IX a.F. auch deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger selbst angegeben habe, dass abgesehen von den Sevakas noch weitere Arbeitnehmer auf Arbeitsplätzen beschäftigt seien, für die der Ausschlusstatbestand des § 73 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX nicht gelte.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 00.00.2017, mit der der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zunächst sei klarzustellen, dass eine Befreiung von der Anzeigepflicht insgesamt gemäß § 80 Abs. 2 SGB IX nicht begehrt werde. Wie auch im Verwaltungs-und Widerspruchsverfahren sei die Feststellung Ziel des Klägers, dass die Sevakas nicht auf Arbeitsplätzen im Sinne des § 73 Abs. 1 SGB IX beschäftigt seien und daher für diesen Personenkreis keine Anzeigepflicht bestehe. Die von der Beklagten zur Begründung angeführte Rechtsprechung könne auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden. Das BAG habe die Feststellung getroffen, dass die "Scientology Kirche Hamburg e.V". keine Religions-oder Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne der Art. 4, 140 des Grundgesetzes (GG) sowie Art. 137 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) sei und dass hauptamtliche Mitglieder von Scientology Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) seien. Dabei habe das BAG herausgestellt, dass der Umstand, dass die Tätigkeit unter Umständen nicht in erster Linie dem Erwerb, sondern durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt seien könne, bei der Abgrenzung des Arbeitnehmerbegriffs im Sinne des § 5 ArbGG keine Rolle spiele. Genau dieser Umstand sei hier aber nach § 73 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX ausschlaggebend. Weiterhin sei auch der Sachverhalt nicht vergleichbar, weil die Scientology Kirche ein wirtschaftlicher Verein sei und die Mitglieder in dem Verein praktisch rechtlos gestellt seien. Im Gegensatz dazu sei der Kläger nachweisbar gemeinnützig und die Sevakas seien in den Entscheidungsgremien (Sevaka-Versammlung) stimmberechtigt. Die Entscheidungen würden mit demokratischen Mehrheiten gefasst. Dies ergebe sich aus der Sevaka-Ordnung. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die den Sevakas gewährte Zuwendung deutlich hinter dem Einkommen zurückbleibe, das beispielsweise ein Yoga-oder Meditationslehrer bei einer typisierenden und am Durchschnitt ausgerichteten Betrachtung üblicherweise erzielen könne. Daraus lasse sich erkennen, dass die Tätigkeit der Sevakas nicht schwerpunktmäßig Erwerbszwecken diene. Sevakas würden vielmehr aus Beweggründen religiöser, spiritueller Art Mitglieder des Klägers. Unter Berücksichtigung der Sachleistungen werde für einen Sevaka beispielsweise ein Betrag von 873,45 EUR aufgewandt. Davon würden Lohnsteuer und auch Sozialversicherungsabgaben (Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung) abgeführt. Dies aber nicht, weil es sich um Arbeitnehmer handele. Der Kläger ist vielmehr der Auffassung, dass allgemein die entsprechenden Abschnitte der Sozialgesetzbücher für Mitglieder einer geistlichen Genossenschaft auf die Sevakas Anwendung fänden. Entsprechend den Regeln der Sozialversicherung würden im Rahmen des sozialversicherungsrechtlichen Einstiegsbereichs bzw. Übergangsbereichs Beiträge abgeführt. Die Sevaka-Mitglieder seien gemäß § 1 Abs. 4 des Sozialgesetzbuches, Sechstes Buch (SGB VI) rentenversicherungspflichtig. Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 des Sozialgesetzbuches, Fünftes Buch (SGB V) bestehe nicht, weil das gewährte Taschengeld die Geringfügigkeitsgrenze überschreite. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch (SGB III) bestehe Versicherungsfreiheit, weil die Sevakas neben dem freien Unterhalt nur ein geringes Entgelt bezögen. Ob die Sevakas unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen, sei in einem weiteren vor dem Sozialgericht E anhängigen Verfahren umstritten. Nach dem in diesem Verfahren gegenständlichen Widerspruchsbescheid der VBG Bezirksverwaltung C sei die Unfallversicherung der Auffassung, dass Anhaltspunkte für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit und damit eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Kläger und den Sevakas nicht vorlägen. Lohnsteuer werde für die Sevaka-Mitglieder ab dem 01.10.2019 nicht mehr abgeführt, da nunmehr eine entsprechende Softwarelösung gefunden worden sei. Die Sevakas würden einen Vereinsbeitrag von 15 EUR pro Jahr zahlen, würden in Yoga ausgebildet und könnten sich auch selbst zum Yoga-Lehrer ausbilden lassen. Es gebe für sie keine festgelegten Dienstzeiten. Der Dienst bestehe aus Arbeiten in den Teams und im Übrigen noch aus dem spirituellen Dienst. Es gebe zwar einen Richtwert von 7 Stunden. Er sei aber wohl nicht schriftlich niedergelegt. Er diene auch mehr dazu, dass die Sevakas sich nicht selbst überforderten. Letztlich gehe es darum, dass bestimmte Aufgaben erledigt werden müssten. Die hierfür erforderliche Zeit sei nicht festgelegt. Urlaub in dem Sinne bekämen Sevakas nicht. Insbesondere gebe es keine festgelegten Zeiträume diesbezüglich. Jeder könne aber dienstfreie Zeit bekommen, die er nutzen könne, um sich zu erholen, um sich fortzubilden oder auf bestimmte Sachen vorzubereiten. Mit den Sevakas werde kein Vertrag geschlossen. Es gebe nur den Antrag auf Mitgliedschaft, der gleichzeitig auch die Zustimmung zur Ordnung der Gemeinschaft darstelle. Zu den Regeln gehöre auch, dass der Dienst als Sevaka geleistet werden müsse. Wenn es diesbezüglich Probleme gebe, würden Gespräche geführt und gemeinsam versucht, den richtigen Dienst für die Betreffenden zu finden. Falls alles keinen Erfolg habe und der oder die Betreffende ohne einen entsprechenden Dienst in der Gemeinschaft leben wolle, bleibe als letzte Möglichkeiten nur der Ausschluss aus der Gemeinschaft. Weisungen und ein Weisungsrecht in dem Sinne, wie es in der Wirtschaft existiere, gebe es bei dem Kläger nicht. Es werde in den Teams besprochen, wer diese Aufgaben übernehmen wolle. Wenn sich für eine Aufgabe niemand finde, werde darüber auch gesprochen. Gegen den Willen eines Sevakas könne dieser nicht mit der Ausführung einer Aufgabe betraut werden. Die Zeiten, in denen die Sevakas arbeiteten, würden im Wesentlichen durch Absprachen innerhalb des Teams geklärt. Diese würden sich im Wesentlichen nach den zu verrichtenden Aufgaben richten. Die Zubereitung des Essens müsse eben im Vorfeld der jeweiligen Mahlzeiten geschehen. Aber z.B. Arbeiten im Garten oder Büro könnten zeitlich flexibel gehandhabt werden. In diesem Sinne seien die Sevakas je nach Absprache im Team frei mit der Gestaltung der Dienstzeit. Die Sevakas könnten später, wenn sie aus gesundheitlichen oder aus Altersgründen keinen Dienst mehr leisten könnten, in der Gemeinschaft verbleiben und würden, wenn gewünscht, auf Dauer unterstützt. Der spirituelle Dienst stehe bei den Sevakas immer im Vordergrund. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Rahmen des Yoga auch die Tätigkeiten in den Teams, die zur Aufrechterhaltung der Gemeinschaft erforderlich seien, als spirituelles Dienen gesehen würden und auch Teil des Yoga seien. Darum treffe es nicht zu, dass man praktisch den Sevaka-Dienst verrichtete, um die Daseinsvorsorge als Gegenleistung zu bekommen. Der Kläger verweist ergänzend auf das vorgelegte Gutachten von Professor Dr. N sowie die Ordnung der Sevaka-Gemeinschaft und die entsprechenden Hinweise. Daraus und aus den geschilderten tatsächlichen Umständen ergebe sich eindeutig, dass die Sevakas keine Arbeitnehmer seien. Bei dem Kläger handele es sich bereits schon nicht um eine Arbeitsorganisation sodass auch keine Eingliederung in eine solche gegeben sei. Der Ashram sei vielmehr ein Ort, an dem spirituelle Praktiken praktiziert und gelehrt würden und an dem Menschen in einer Gemeinschaft vorübergehend oder auf Dauer wohnten, um sich ganz der Übung und Verbreitung des Yoga zu widmen. Dies geschehe auch nicht auf Grundlage eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages. Die Sevakas stünden in einem mitgliedschaftlichen Verhältnis zum Kläger. Sie seien nicht weisungsgebunden. In ihrer Zeiteinteilung seien sie grundsätzlich frei. Auch die Art und Weise der Durchführung der Tätigkeiten werde ihnen überlassen. Soweit Regelungen in Form von Satzungen, Ordnungen und Hinweisen bestünden, seien diese in demokratischen Versammlungen der Mitglieder des Klägers erarbeitet und beschlossen worden. Sofern Sevakas gegen die getroffenen Regelungen verstießen, könne dies Folgen bis zu einem Ausschluss haben, was aber stets im Rahmen von Mitgliederversammlungen beraten und entschieden werde. Dies habe mit arbeitsrechtlichen Sanktionen in Form von Kündigungen und Abmahnungen nichts zu tun, welche einseitig vom Arbeitgeber entschieden und vollzogen würden. Der Dienst sei insgesamt uneigennützig und Teil einer gelebten Religion und nicht auf den Austausch von Arbeitsleistung und Vergütung gerichtet.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 00.00.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Sevakas nicht auf Arbeitsplätzen im Sinne des §§ 73 Abs. 1 SGB IX beschäftigt sind und daher für sie keine Anzeigepflicht nach § 80 Abs. 2 SGB IX besteht.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und sieht sich in ihrer Auffassung bestätigt, weil auch nach Angaben des Klägers für die Sevakas Sozialversicherungsbeiträge und auch Lohnsteuer abgeführt würden. Bei den Betroffenen handele es sich um versicherungspflichtige Arbeitnehmer und bei den von ihnen besetzten Stellen um Arbeitsplätze.
Der Beigeladene weist darauf hin, dass der Kläger für das Jahr 2016 durchschnittlich 33,5 und für das Jahr 2017 33,58 sowie für das Jahr 2018 33,08 Arbeitnehmer angezeigt habe. Es sei für diese Jahre durch die Beklagte festgestellt worden, dass die Beschäftigungspflicht durch den Kläger durch Beschäftigung von zwei Menschen mit Behinderung erfüllt worden sei. Es sei deshalb eine Ausgleichsabgabe von null Euro festgesetzt worden. Der Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakte nebst den mit der Klageschrift überreichten Unterlagen sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Die Klage ist zulässig. Der Feststellungsantrag ist auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, nämlich die bestehende oder nichtbestehende Pflicht zur Anzeige bestimmter Arbeitsplätze, gerichtet und der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, da nach § 80 Abs. 2 SGB IX a. F./§ 163 Abs. 2 SGB IX n. F. die Arbeitgeber einmal jährlich die für die Berechnung der Ausgleichsabgabe notwendigen Daten anzuzeigen haben und bei Nichterfüllung dieser Pflicht nach § 238 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX ein Bußgeld droht.
Die Klage ist auch begründet, denn der angefochtene Bescheid vom 00.00.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.2017 ist rechtswidrig. Der Kläger ist nicht verpflichtet, die Stellen, auf denen die Sevaka-Mitglieder bei ihm tätig sind, als Arbeitsplätze gemäß § 80 Abs. 2 SGB IX a.F. bzw. § 163 Abs. 2 SGB IX n.F. anzuzeigen.
Nach § 73 Abs. 1 SGB IX a. F./§ 156 Abs. 1 SGB IX n. F. sind Arbeitsplätze im Sinne des hier maßgeblichen Teils des SGB IX alle Stellen, auf denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden. Gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX a. F./§ 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX n. F. gelten Stellen nicht als Arbeitsplätze, auf denen Personen beschäftigt werden, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern die vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist, und Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften.
Die Sevaka-Mitglieder des Beklagten sind zur Überzeugung der Kammer keine Arbeitnehmer im Sinne des § 73/§156 SGB IX. Die vorliegend im Rahmen des Abs. 1 allein in Betracht kommende Arbeitnehmereigenschaft richtet sich nach den für das Arbeitsrecht entwickelten Maßstäben, wonach entscheidend die vertraglich geschuldete Erbringung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit ist; der Arbeitnehmer muss weisungsabhängig und in die Organisation des Arbeitgebers eingegliedert sein (BSG, Urteil vom 10.12.2019 – B 11 AL 1/19 R, zitiert nach Juris Rn. 21). Die für den arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff maßgeblichen Normen sind § 5 ArbGG, § 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und bezüglich der Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters vom abhängig beschäftigten kaufmännischen Angestellten § 84 Abs. 1 S. 2 Handelsgesetzbuch (HGB). Nach § 5 ArbGG sind Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Nach der herrschenden Begriffsbestimmung in der Rechtsprechung des BAG ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages oder eines ihm gleichgestellten Rechtsverhältnisses im Dienst eines anderen in persönlicher Abhängigkeit zur Arbeit verpflichtet ist. Wesentliche Merkmale sind die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber, die betriebliche Eingliederung und das Weisungsrecht bezüglich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit (vgl. BAG, Urteil vom 20.01.2010 – 5 AZR 99/09, zitiert nach Juris, Rn. 13). Zum Wesen des Arbeitsverhältnisses gehört auch der Austausch von Lohn und Arbeit. Der Arbeitnehmer verfolgt typischerweise das Ziel, für seine Arbeit ein Entgelt zu erhalten. Auch wenn die Erwerbsabsicht keine notwendige Bedingung für die Arbeitnehmereigenschaft ist, spricht ihr Fehlen doch im Rahmen einer Gesamtwürdigung gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses (BAG vom 26.09.2002 – 5 AZB 19/01, zitiert nach Juris, Rn. 79). Maßgeblich sind die tatsächlichen Umstände und nicht der Wortlaut der getroffenen Vereinbarungen. Einzelne Vorgänge zur Feststellung eines vom Wortlaut der Vereinbarung abweichenden Vertragsinhalt sind aber nur dann ausschlaggebend, wenn es sich insoweit um eine durchgehend ausgeübte Praxis handelt (Schwab/Weth, ArbGG, 5. Aufl. § 5 Rn. 12 ff.). Bei der Auslegung des Arbeitnehmerbegriffes steht aufgrund der gesetzgeberischen Zielsetzung der sozialpolitische Zweck im Vordergrund. Die Bestimmung des arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffes erfolgt daher im Wege einer Einzelfallbetrachtung im Rahmen der jeweiligen Gesetze, wobei auf die teleologische und systematische Zuordnung sowie den konkreten Normzweck abzustellen ist (Schwab/Werth, a.a.O. Rn. 7).
Ein unverzichtbares Kriterium für die Arbeitnehmereigenschaft ist das Vorliegen eines privatrechtlichen Vertrages, aufgrund dessen die Arbeitsleistung geschuldet wird (BAG vom 16.02.2000 – 5 AZB 71/99, zitiert nach Juris, Rn. 20). Verträge kommen durch auf den Vertragsschluss gerichtete, einander entsprechende Willenserklärungen zustande. Ob eine Äußerung oder ein schlüssiges Verhalten als auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages gerichtete Willenserklärung zu verstehen ist, bedarf der Auslegung. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen und Treu und Glauben sowie die Verkehrssitte zu berücksichtigen. Zur Ermittlung des eigentlichen Willens der Beteiligten sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 22.07.2014 – 9 AZR 1066 /12, zitiert nach Juris, Rn. 13). Abzugrenzen von dem privatrechtlichen Vertrag als Rechtsgrundlage ist die Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit aufgrund einer Mitgliedschaft in einem Verein. Dabei kann der Mitgliedsbeitrag ganz oder teilweise in der Leistung von Diensten bestehen. Dies folgt aus der Vereinsautonomie, die es dem Verein ermöglicht, Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder und des Vereins durch Satzung zu regeln (§ 25 BGB). Rechtsgrund für die Dienste und die Beitragsleistung ist dann nicht ein schuldrechtlicher gegenseitiger Austauschvertrag, sondern die Vereinssatzung. Die Leistung erfolgt im Wesentlichen, um den Vereinszweck zu fördern (BAG vom 26.09.2002, a.a.O., Rn. 71 m.w.N; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 27.07.2011-12 BV 465/11, zitiert nach Juris Rn. 24). Die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten darf allerdings nicht gegen die §§ 134, 138 BGB verstoßen und zwingende arbeitsrechtliche Schutzpflichten umgehen. Eine solche Umgehung liegt nach der Rechtsprechung des BAG vor, wenn dem zur Leistung abhängiger Arbeit verpflichteten Vereinsmitglied keine Mitgliedschaftsrechte zustehen, die ihm eine Einflussnahme ermöglichen. Sie kommt ferner in Betracht, wenn der Verein seinen in erheblichem Umfang zur Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichteten Mitgliedern weder einen Anspruch auf angemessene Vergütung noch einen Anspruch auf Versorgung einräumt. Insbesondere bei Vereinen mit wirtschaftlicher Zwecksetzung kann die Verpflichtung zur Leistung von Arbeit auf einer Umgehung beruhen (BAG vom 22.03.1995 – 5 AZB 21/94, zitiert nach Juris, Rn. 147 f.).
Die Erbringung der Dienste durch die Sevakas beruht zur Überzeugung der Kammer nicht auf einem privatrechtlichen gegenseitigen und auf Austausch von Arbeitsleistung und Vergütung gerichteten Vertrag, sondern auf der vereinsrechtlichen Verpflichtung. Die Sevakas schließen mit dem Kläger weder ausdrücklich noch konkludent einen Arbeitsvertrag, sondern stellen einen Antrag auf Mitgliedschaft (gemäß der Anl. K2 zum Schriftsatz des Klägers vom 28.08.2017). Dort ist folgendes ausgeführt:
"Ich werde Sevaka-Mitglied im Yoga W e.V., weil ich mich persönlich entwickeln, die spirituellen Lehren des Yoga verbreiten und nach Selbstverwirklichung streben will und nicht, um einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ich bin mir bewusst, dass aus dem uneigennützigen Dienen (Seva), das nur einen Baustein der geistig förderlichen Sevaka-Gemeinschaft darstellt, kein Anspruch auf ein Gehalt entsteht. Ich weiß, dass der Yoga W e. V. auch sogenannte externe Mitarbeiter als Arbeitnehmer beschäftigt, und bekräftige, dass ich gerade das nicht will." Und im Weiteren: "Ich habe Satzung, Smriti und Ordnung schriftlich erhalten und bestätige, sie gelesen und verstanden zu haben und mich daran zu halten." Durch den Antrag und die Aufnahme in den Verein gelten für die Sevakas die in der Satzung und die in den unter der Satzung stehenden Vereinsnormen aufgeführten Regeln. Aus § 6c Abs. 2 der Satzung ergibt sich, dass die Sevakas im Sinne des uneigennützigen Dienens u.a. für die Aufrechterhaltung und den Ausbau der Gemeinschaften zuständig sind. In Abschnitt 3 der Ordnung wird festgelegt, dass sich die Sevaka-Mitglieder verpflichten, regelmäßig an Meditationen, Mantrasingen und sonstigen Zeremonien teilzunehmen, täglich einer spirituellen Praxis nachzugehen, einen auf die reine spirituelle Entwicklung ausgerichteten Lebensstil zu pflegen (Verzicht auf Fleisch etc.) und uneigennützigen Dienst für die Verbreitung des Yoga (Dienen statt Erwerbsarbeit) zu erbringen. Unter Punkt B. 3.der Hinweise (Smriti) ist der Dienst der Sevaka im Einzelnen auf über acht Seiten z.B. bezüglich Inhalt der Aufgaben, sevafreie Zeit, Taschengeld, Sozialversicherung, Dauer der Mitgliedschaft, Wohnsituation, Vergünstigungen, Telefongespräche, Nutzung von Ashram-Autos, Krankheit, Tätigkeiten außerhalb des Ashrams, Aufgaben der Teamleitung, Regeln für Eltern und Kinder und Sevaka in Rente geregelt. Der Dienst besteht danach nach Absprache mit dem Sevaka-Mitglied aus der Erfüllung von Aufgaben im Team (z.B. Küche, Haushalt, Garten, Gebäude-Unterhalt, Werbung, Buchhaltung, Boutique usw.) und daneben aus Yogaunterricht, der Leitung von Seminaren und diversen Nebenaufgaben (Reinigungsarbeiten, Altäre pflegen, Autos reinigen, Rituale durchführen, Mantra singen usw. - B. 3.1. der Hinweise -).
Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die praktische Durchführung der Rechtsbeziehungen zwischen den Sevakas und dem Kläger von den vereinsinternen Regelungen abweicht. Das umfassende und detaillierte Regelwerk und die Intensität der vereinsrechtlichen Bindung lassen zur Überzeugung der Kammer keinen Raum für arbeitsvertragliche Vereinbarungen. Eine Möglichkeit, bezüglich dieser sehr konkreten Ausgestaltungen der tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zwischen den Sevakas und dem Kläger abweichende vertragliche Bedingungen (z.B. ein höheres Taschengeld oder eine höhere Einzahlung in die Lebensversicherung, konkrete Aufgabengebiete) auszuhandeln und zu vereinbaren, ist nicht vorgesehen. Auch eine Differenzierung des Taschengeldes danach, ob eher anspruchsvolle Aufgaben (z.B. Buchhaltung) oder eher Hilfstätigkeiten ausgeführt werden sollen, ist nicht gegeben. Vielmehr treten alle Sevakas zu den gleichen in den Vereinsnormen niedergelegten Bedingungen in den Verein ein und bieten auch keine irgendwie spezifizierte Arbeitsleistung von wirtschaftlichem Wert an, sondern unterwerfen sich den geregelten Abläufen teils wirtschaftlich fassbarer und teils spirituell-religiöser Art, ohne dass der jeweilige Anteil absehbar wäre. Nach der Satzung, den Hinweisen und dem Vortrag des Klägers existiert diese Abgrenzungsmöglichkeit gar nicht, weil auch der zur Aufrechterhaltung der Gemeinschaft in den Teams zu leistende Dienst selbst ein Teil der praktizierten hinduistisch-religiösen Lebensweise angesehen wird, welche die Sevakas aufgrund ihrer freien Willensentscheidung durch Beitritt zu dem Verein als die von ihnen gewünschte Lebensform erwählt haben.
Untypisch für Arbeitnehmer werden die Teamleiter im Konsens mit den Sevakas bestimmt. Ein Sevaka kann als Teammitglied auch einen Antrag auf Abberufung der Teamleitung stellen und das Team kann mit einer Mehrheit von 75 % selbst über die Abberufung entscheiden (B.9.5.2. der Hinweise). Der Inhalt der zu erledigenden Aufgaben wird nicht einseitig durch Weisung festgelegt. In welchen Teams die Sevakas ihren Dienst verrichten, wird vielmehr in gemeinsamer Absprache mit dem Sevaka und nach den Erfordernissen der Gemeinschaft gefunden (B.3.1. der Hinweise). In Teambesprechungen wird über die Fragen entschieden, die das Team betreffen (B B.8.1. der Hinweise). Die Teamleitung koordiniert und verteilt zwar die Aufgaben (B.3.1. der Hinweise), es wird aber nach dem glaubhaften und in Übereinstimmung mit den vereinsinternen Regeln stehenden Vortrag des Klägers in den Teams besprochen, wer die Aufgaben übernehmen will. Gegen den Willen eines Sevaka wird er nicht mit der Ausführung einer Aufgabe betraut. Die Zeiten, in denen die Sevakas ihren Dienst verrichten, werden durch Absprachen innerhalb des Teams geklärt. Feste Zeiten sind für den spirituellen Dienst und die entsprechende Weiterbildung vorgesehen und im Übrigen müssen die Notwendigkeiten der zu verrichtenden Aufgaben berücksichtigt werden. Die restlichen Dienste können die Sevaka nach Absprache im Team flexibel handhaben.
Ebenfalls untypisch für Arbeitnehmer können die Sevakas Einfluss auf die Organisation und die Entscheidungen des Vereins nehmen. Sie haben uneingeschränktes Stimmrecht in den Mitgliederversammlungen (§ 10 Abs. 6 der Satzung). Das gilt auch für vorläufige Sevaka-Mitglieder (§ 6c Abs. 7 der Satzung). Sie können daher sämtliche Mitgliedschaftsrechte wahrnehmen und unter anderem den Vorstand mitwählen und über den Jahresabschluss und den Tätigkeitsbericht des Vorstandes mitentscheiden (§ 8 Abs. 3 und § 10 Abs. 2 der Satzung). Ferner sind sie Mitglied der Sevaka-Versammlung als weiteres Organ des Vereins (§ 7 der Satzung). Alle wichtigen Entscheidungen (Zusammenleben, Wohnbedingungen, Taschengeld, Neuaufnahmen von Sevakas, Investitionen usw.) werden von der Sevaka-Versammlung getroffen (Abschnitt 5 der Ordnung). Auch Änderungen der in den Hinweisen (Smriti) niedergelegten Regeln des Zusammenlebens werden durch die Sevaka-Versammlung beschlossen (B. BM. 8.2.1 der Hinweise). Die Sevaka-Versammlung entscheidet weiterhin über den Ausschluss eines Sevaka (§ 6c Abs. 11 der Satzung). Darüber hinaus obliegt der Sevaka-Versammlung die Wahl der Ashramleitung und sie kann mit 25% der Stimmen die Abberufung beantragen sowie die Leitung mit einer Mehrheit von 75% abberufen (B. 9.5. der Hinweise). Vergleichbare Rechte stehen der Sevaka-Versammlung bei der Besetzung und Abberufung von Bereichsleitern zu (B.9.5.3. der Hinweise). Der Dienst der Sevaka richtet sich daher insgesamt nach den von ihnen selbst mitbeeinflussbaren Vorgaben.
Die Gewährung von Taschengeld bei freier Kost und Logis und die in den Hinweisen durchaus auch arbeitsvertragsähnlich erscheinenden Regelungen (sevafreien Zeit, Krankheit, Regeln für Eltern und Kinder, Tätigkeiten außerhalb des Ashrams) sprechen nicht durchgreifend gegen eine vereinsrechtlich begründete Dienstverpflichtung der Sevakas. Im Rahmen der Vereinsautonomie ist es durchaus möglich, Regelungen zu treffen, nach denen die von den Mitgliedern zu erbringenden Leistungen mit der Zahlung einer Vergütung honoriert werden. Da es sich hierbei um Rechte aus der Mitgliedschaft handelt, könnten diese in Abhängigkeit zu der zu erbringenden Leistung sogar so festgesetzt werden, dass sie je nach Funktion und der Tätigkeit eines Vereinsmitglieds auch unterschiedliche Vereinsleistungen erbracht werden (BAG vom 03.06.1975 - 1 ABR 98/74, zitiert nach Juris Rn. 22). Zusammen mit den arbeitsvertragsähnlichen Regelungen könnten diese Umstände zwar für eine Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit von dem Kläger sprechen. Dies ist aber für die Abgrenzung einer Tätigkeit des Vereinsmitgliedes von einem Arbeitsplatz im Sinne von § 73/§ 156 SGB IX nicht entscheidungserheblich, denn sowohl Vereinsmitglieder, die ihren Mitgliedsbeitrag in Form von Dienstleistungen für einen Verein erbringen, als auch Arbeitnehmer leisten ihre Dienste in persönlicher Abhängigkeit (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 27.07.2011 a. A. O., Rn. 31 zu §§ 5 und 7 SchwbG vom 26.08.1986). Die vereinsinternen Regelungen des Klägers sind zulässigerweise darauf ausgerichtet, den Vereinszweck mit geeigneten und zweckmäßigen Mitteln zu erreichen. Dieses Mittel ist die Dienstpflicht der Sevaka-Mitglieder innerhalb der zur Erreichung des Vereinszwecks notwendigen Organisation. Diese Mittel kann der Kläger im Rahmen der Vereinsautonomie bestimmen und festlegen. Die in den Hinweisen aufgestellten sehr detaillierten Regeln ermöglichen ein geordnetes und effizientes Zusammenleben und -arbeiten und sollen bewirken, dass die mit dem Beitritt übernommenen Verpflichtungen in und -außerhalb der Teams von allen Sevakas in Art, Umfang und Intensität nachvollziehbar vergleichbar wahrgenommen werden. Sie dienen auf diese Weise der Erreichung des Vereinszwecks.
Die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen führt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zwingend zu der Einschätzung, dass es sich bei den Sevakas um Arbeitnehmer im Sinne von §73/156 SGB IX handelt. Auf der einen Seite können zu Unrecht gezahlte Beiträge auch im Sozialversicherungsrecht die Versicherungspflicht nicht begründen (vgl. BSG SozR 4100, § 168 Nr.10). Erst recht werden die Betreffenden allein wegen des Umstandes, dass tatsächlich Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden, nicht zu Arbeitnehmern im hier maßgeblichen arbeitsrechtlichen Sinn (BAG vom 03.06.1975 a.a.O. Rn. 24). Aus der Beitragszahlung kann lediglich geschlossen werden, dass der Kläger die Tätigkeit der Sevakas für beitragspflichtig hält. Er geht davon aus, dass die Sevakas nicht als Arbeitnehmer, sondern als Mitglieder einer geistlichen Genossenschaft oder Angehörige einer ähnlichen Gemeinschaft nach den im Einzelnen genannten Vorschriften beitragspflichtig sind. Dies teilweise, weil unter Berücksichtigung des freien Unterhaltes und des Taschengeldes die Geringfügigkeitsgrenze überschritten werde bzw. die Gewährung der Versorgung nicht gesichert sei. Ob diese Einschätzung zutreffend ist, kann hier dahinstehen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht die Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung, die sich im Wesentlichen danach richtet, ob eine abhängige Beschäftigung i. S. der jeweiligen Gesetze vorliegt, sondern die Anzeigepflicht von Arbeitsplätzen nach dem SGB IX. Mit der Anzeigepflicht verfolgt das Gesetz nicht wie mit der Versicherungspflicht den Schutz der jeweils konkret betroffenen abhängig Beschäftigten vor den Folgen verschiedener Risiken (Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit usw.). Das Hauptanliegen der hier umstrittenen Anzeigepflicht liegt vielmehr in der Veranlagung zur Ausgleichsabgabe (Fabricius in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 163 SGB IX (Stand: 15.01.2018), Rn.19). Zu diesem Zweck haben die Arbeitgeber der Agentur für Arbeit einmal jährlich für das vorangegangene Kalenderjahr u.a. die Anzahl der Arbeitsplätze anzuzeigen, die zur Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung ihrer Erfüllung und der Berechnung der Ausgleichsabgabe notwendig sind. Mit der Verpflichtung zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe für den Fall der Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht aus § 154 SGB IX sollen die Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen angehalten werden (Antriebsfunktion). Des Weiteren dient sie dem Zweck, die Belastungen zwischen den Arbeitgebern, die ihre Beschäftigungspflicht erfüllen, und denen, die ihr nicht nachkommen, auszugleichen (Ausgleichsfunktion) (Goebel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 160 SGB IX (Stand: 15.02.2019), Rn. 6). Ziel der Regelungen ist die allgemeine Förderung der Eingliederung schwerbehinderter Menschen in das Arbeitsleben. Ein konkreter Schutz von einzelnen schwerbehinderten Menschen ist damit nicht verbunden. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers, die ausschließlich gegenüber dem Staat besteht. Der schwerbehinderte Mensch hat – unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die Quote erfüllt – weder gegenüber dem Arbeitgeber einen Einstellungsanspruch, noch kann er vom Staat verlangen, seine Einstellung und/oder Beschäftigung durchzusetzen (Goebel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 154 SGB IX (Stand: 15.01.2018), Rn. 18). Die auf den Schutz von abhängig Beschäftigten in der Sozialversicherung ausgerichteten Abgrenzungskriterien können deshalb für die Beantwortung der Frage, ob eine - nach Auffassung der Kammer hier vorliegende - vereinsrechtliche oder eine arbeitsvertragliche Verpflichtung der Sevakas gegenüber dem Kläger besteht, nicht maßgebend sein.
Die vereinsrechtlich begründete Dienstverpflichtung der Sevakas stellt keine Umgehung von Schutzvorschriften dar und fällt nicht unter die §§ 134 und 138 BGB. Die Anwendung der von dem BAG in seiner Entscheidung vom 22.03.1995 (5 AZB 21/94, zitiert nach Juris Rn. 147f) aufgestellten Grundsätze für die Annahme einer Umgehung von Schutzbestimmungen kann es vorliegend nicht dazu führen, die als vereinsrechtlich gewollte und auch gelebte Rechtsbeziehung zwischen den Sevakas und dem Kläger als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren. Die Sevakas werden nicht zur Leistung abhängiger Arbeit verpflichtet, ohne dass ihnen Mitgliedschaftsrechte zustehen, die ihnen eine Einflussnahme ermöglichen. Auf die bereits oben dargestellten Rechte und Einflussmöglichkeiten der Sevakas aufgrund der Satzung und der weiteren internen vereinsrechtlichen Regelungen wird verwiesen. Soweit das BAG in der damaligen Entscheidung der Auffassung war, bei Vereinen mit wirtschaftlicher Zwecksetzung komme die Begründung einer vereinsrechtlichen Verpflichtung zur Leistung von Arbeit in persönlicher Abhängigkeit in aller Regel nicht in Betracht, wird dies nach einer neueren Entscheidung abweichend beurteilt. In seiner Entscheidung vom 26.09.2002 ( a.a.O., Rn. 80) vertritt das BAG nunmehr die Auffassung, auch Tätigkeiten außerhalb eines Arbeitsverhältnisses könnten zur Gewinnerzielung einer anderen Vertragspartei geeignet sein und auch bei Vereinen mit wirtschaftlicher Zielsetzung des Vereins führe es nicht automatisch zur Annahme eines Arbeitsvertrages, wenn das Vereinsmitglied durch seine Tätigkeit zum wirtschaftlichen Erfolg des Vereins beiträgt. Letztlich liegt hier aber nach beiden Auffassungen eine Umgehung von Schutzbestimmungen nicht vor, denn der Kläger ist als gemeinnütziger Verein anerkannt und verfolgt nach § 3 der Satzung nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke, sondern wird selbstlos für die Verbreitung des Wissens, der Lehre, der Übungen und der Techniken des Yoga tätig.
Eine Umgehung kann nach den der Rechtsprechung des BAG entsprechend den Grund-sätzen des § 138 BGB ferner vorliegen, wenn der Verein seinen in erheblichem Umfang zur Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichteten Mitgliedern weder einen Anspruch auf angemessene Vergütung noch einen Anspruch auf Versorgung einräumt. Bei einer "Richt-Seva-Zeit" von täglich 7-8 Stunden und einer Sechs-Tage-Woche (B.1. der Hinweise) auf der einen Seite und einem von dem Kläger vorgetragenen monatlichen Betrag für die Daseinsvorsorge i.H.v. 873 EUR könnte ein grobes Missverhältnis in einer auf Leistung und Gegenleistung ausgerichteten Beziehung nicht ausgeschlossen werden. Der Kläger geht auch selbst davon aus, dass die Gewährleistung der Versorgung für die Sevaka nicht ausreichend gesichert ist. Nach den Regelungen zur Rente (B. 3.20. der Hinweise) kann ferner nicht ausgeschlossen werden, dass die Sevakas im Alter auf Sozialleistungen angewiesen sein werden, weil unabhängig von der Höhe der Rente und sonstigen Einkünften mindestens 450 EUR im Monat für Unterkunft und Verpflegung an den Kläger zu zahlen wären. Die Frage nach dem Missverhältnis zwischen dem Umfang der zu leistenden Dienste und der gewährten Vergütung/Versorgung kann jedoch nicht unabhängig davon beantwortet werden, ob überhaupt und in welchem Umfang Erwerbsabsichten mit der Tätigkeit verfolgt werden (vgl. BAG vom 26.09.2002, a.a.O. Rn. 78f.). In dem Beschluss vom 22.03.1995 (a.a.O. Rn. 140) vertrat das BAG zwar noch die Auffassung, die Arbeitnehmereigenschaft könne nicht allein mit der Begründung verneint werden, die Beweggründe des Klägers für seine Arbeit seien nicht auf Erwerb ausgerichtet, sondern in erster Linie religiöser Art gewesen. Die entsprechende Ausnahme in § 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG sei kein Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens. Vorliegend kann jedoch nicht davon abgesehen werden, diesen Rechtsgedanken in den Blick zu nehmen, weil er in dem hier anzuwendenden Gesetz ausdrücklich in § 73 Abs. 2 Nr. 2/156 Abs. 2 Nr.2 SGB IX niedergelegt ist. Dementsprechend wird auch die Auffassung vertreten, § 73 Abs. 2 Nr. 2/156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX habe nur deklaratorische Bedeutung, weil Personen, die die Voraussetzungen dieser Norm erfüllten, regelmäßig schon keine Arbeitnehmer im Sinne des Abs. 1 seien (vgl. Joussen, in: Dau/Düwel/Joussen, SGB IX, 4. Aufl. §73 Rn. 33). Dem tritt das BVerwG allerdings unter Hinweis auf Wortlaut und Systematik entgegen (Urteil vom 30.06.2016- 5 C 1/15, zitiert nach Juris, Rn. 11 ff.). Welcher Auffassung in diesem Punkt zu folgen ist, kann vorliegend dahinstehen, denn die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 Nr. 2/156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX sind zur Überzeugung der Kammer erfüllt. Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Umgehungstatbestand im Sinne der Entscheidung des BAG aus dem Jahr 1995 vorliegt, woraus folgt, dass die Sevakas aufgrund einer vereinsrechtlichen Verpflichtung tätig werden. Unterstellt, dass der Umfang der Erwerbsabsicht im Rahmen des Abs. 1 der Norm nicht berücksichtigt werden kann, gelten die Sevakas jedenfalls nach Abs. 2 Nr. 2 nicht als Arbeitnehmer auf zu berücksichtigenden Arbeitsplätzen.
Nach § 73 Abs. 2 Nr. 2/156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX gelten als Arbeitsplätze nicht Stellen, auf denen Personen beschäftigt werden, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist, und Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften. Eine Beschäftigung dient in diesem Sinne nicht in erster Linie dem Erwerb der Person, wenn sie nicht schwerpunktmäßig darauf gerichtet ist, einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Hierzu ist eine objektivierte Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände vorzunehmen. Maßgebend ist, ob die Erlangung der gewährten Zuwendung bei objektiver Betrachtung nicht schwerpunktmäßig zu Erwerbszwecken bzw. zur Gewinnerzielung dient. Das ist zu bejahen, wenn diese Zuwendungen jedenfalls deutlich hinter dem zurückbleiben, was eine Person mit der für die Beschäftigung auf der konkreten Stelle erforderlichen Qualifikation auf einer vergleichbaren Stelle bei einer typisierenden und am Durchschnitt ausgerichteten Betrachtung üblicherweise an Einkommen erzielen kann (BVerwG, Urteil vom 30.06.2016, a.a.O. Rn. 24). Diese Voraussetzungen sind zur Überzeugung der Kammer bei den bei dem Kläger tätigen Sevakas gegeben. Dies ergibt sich unabhängig von den jeweils auszuführenden Arbeiten schon daraus, dass die Zuwendungen für die Sevakas deutlich unter dem Mindestlohn (2016: 8,50 EUR pro Stunde) liegen. Bei einer durchschnittlichen Dienstzeit von 7,5 Stunden pro Tag und einer Sechs-Tage-Woche ergeben sich 45 Stunden pro Woche. Dies ergibt durchschnittlich 195 Stunden pro Monat (45x13:3). Bei einer monatlichen Zuwendung von 874 EUR ergäbe sich ein Stundenlohn 4,48 EUR bzw. bei 195 Stunden entlohnt nach Mindestlohn ein Monatslohn von 1657,50 EUR. Auch wenn man auf den Tariflohn in verschiedenen Branchen in O-X im Jahre 2016 (vgl. Tarif-Lohnentwicklung 1990-2016, herausgegeben vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes O-X) abstellt, ergibt sich ein ähnlich deutliches Bild. Der Tariflohn war 2016 in den vergleichbaren und in Betracht kommenden Branchen selbst bei einer Einstufung im ungelernten Bereich deutlich höher als der den Sevakas zugewendete Betrag (Gaststätten- und Hotelgewerbe: 1521 EUR; Einzelhandel: 1554 EUR, Tischlerhandwerk: 1830 EUR; Baugewerbe: 2127 EUR, Gebäudereiniger 9,80 EUR pro Stunde; Zeitarbeit: 9,00 EUR pro Stunde). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Tätigkeit nicht in erster Linie dem Erwerb dient, wenn nur ca. die Hälfte der für die Tätigkeit üblicherweise anfallenden Vergütung gezahlt wird (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.05.2017 – OVG 6 B 19.16, zitiert nach Juris Rn.22ff.).
Die Beschäftigung der Sevakas ist auch vorwiegend durch Beweggründe religiöser Art bestimmt. Dabei kommt es nicht auf den Willen des konkret Beschäftigten, sondern auf die objektiv festgelegte Funktion der Stelle an, die sich bei der Tätigkeit für einen Verein aus dem Satzungszweck ergibt (vgl. BVerwG vom 30.06.2016 a.a.O., Rn.21f.). Nach § 2 der Satzung verfolgt der Kläger als Zweck die Volksbildung durch die Verbreitung des Wissens, der Lehre, der Übungen und der Techniken des Yoga sowie die Förderung der Religion u.a. durch Schaffung von Sevaka-Gemeinschaften, die in alter indischer religiöser Ahram- und Kloster-Tradition in Lebensgemeinschaften zusammenleben. Nach dem vorliegenden religionswissenschaftlichen Gutachten von Professor Dr. N entspricht die Art und Weise, wie der Kläger als Ashram-Gemeinschaft strukturiert ist, welche religiösen Regeln befolgt werden, welche Zielsetzungen er verfolgt in allen wesentlichen Details den Vorbildern der indischen Hindu-Gemeinschaften. Die Gemeinschaft sei daher als traditionell hinduistisch zu kennzeichnen. Dem folgend ist die Tätigkeit der Sevakas zur Überzeugung der Kammer vorwiegend durch Beweggründe des Hinduismus bestimmt. Der Hinduismus ist eine alte und große Glaubensrichtung, die unproblematisch unter den Religionsbegriff fällt (Grünberger/Husmann in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2019, Gleichbehandlung Rn. 5.81; vgl. auch VG Arnsberg vom 07.06.2013 - 12 K 2195/12, zitiert nach Juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da der Beigeladene sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen hat, hat er ebenfalls einen Teil der Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 3 VwGO). Dabei hat die Kammer die Grundsätze des § 159 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 2 ZPO entsprechend angewandt und den Beigeladenen wegen der erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit nur zu einem Fünftel für kostenzahlungspflichtig erachtet.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. § 197 Abs. 1 S. 1 SGG. Der Sach- und Streitstand bietet für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so dass der Streitwert auf 5000 EUR festzusetzen war.
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