L 6 U 24/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 U 133/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 24/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente.

Der Arbeitgeber des 1942 geborenen Klägers, die H B und K GmbH, zeigte der Beklagten unter dem 24. Januar 2002 einen am 30. Dezember 2001 um 8.10 Uhr erlittenen Unfall des Klägers an. Dieser habe beabsichtigt, Küchenabfälle in einen Container zu werfen. Beim Öffnen des Containers sei er ausgerutscht und auf den Arm gefallen. Am 29. Dezember 2001 hatte der Kläger das St. S -Krankenhaus H aufgesucht. Dem behandelnden Arzt Dr. J hatte er erklärt, er habe auf der Arbeit eine ruckartige Bewegung gemacht und danach Schmerzen in der linken Schulter verspürt. Der Befund des Facharztes für Radiologische Diagnostik F lautete auf diskrete Anbauten im Bereich des AC-Gelenkes im Sinne einer diskreten Schultereckgelenkarthrose bei regelrechter Stellung des Oberarmkopfes ohne Hinweis auf eine knöcherne Läsion des Labrum glenoidale (Faserrand der Schultergelenkpfanne) ohne Trauma. Am 9. Januar 2002 hatte der Kläger den Durchgangsarzt und Facharzt für Chirurgie Dipl.-Med. H aufgesucht und diesem erklärt, er sei am 29. Dezember 2001 um 7.30 Uhr beim Ziehen eines Containers auf dem Betriebshof weggerutscht und gefallen. Dabei habe er sich die linke Schulter verletzt. Dipl.-Med. H äußerte den Verdacht auf ein Impingement-Syndrom (räumliche Enge zwischen Oberarmkopf und Schulterdach) und teilte mit, am 30. Januar 2002 habe die Ehefrau des Klägers erstmals einen Unfallzusammenhang geäußert.

Die Beklagte erhielt den Befundbericht von dem Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin Dr. K vom 25. Januar 2002. Danach lag bei dem Kläger eine komplette Ruptur der Rotatorenmanschette - die er als "älter" bezeichnete - sowie eine beginnende Defektarthropathie (Gelenkerkrankung infolge der Schädigung der Nerven) der linken Schulter vor. Ferner erhielt sie den Befundbericht des St. S -Krankenhauses H vom 15. Januar 2002. Darin führten die Chefärztin der Radiologischen Klinik Dr. R und der Oberarzt Dipl.-Med. B aus, die Magnetresonanztomographie (MRT) des linken Schultergelenks des Klägers vom 14. Januar 2002 zeige eine ausgeprägte, aktivierte Schultereckgelenksarthrose, eine Kompression der Rotatoren am Schulterdach im Sinne eines Impingement-Syndroms mit Degeneration in allen Sehnen sowie Rupturen der Supraspinatus- und Infraspinatussehne. Es fänden sich partielle Faserrisse in der Subscapularissehne als Zustand nach Trauma, ein ausgeprägter Reizerguss im Schultergelenk mit Verdacht auf eine ältere Einblutung, vor allem in der Bursa subacromialis und subdeltoidea (Schleimbeutel des Schulterdachs und unterhalb des Muskels). Die Atrophiezeichen im Musculus infraspinatus und supraspinatus ließen an eine bereits ältere Sehnenläsion denken.

In dem Unfallfragebogen vom 30. Januar 2002 schilderte der Kläger zum Unfallhergang, beim Ziehen eines Containers mit einer Stange sei diese abgerutscht und habe einen Sehnenriss in der Schulter verursacht.

Die Beklagte holte Befundberichte ein: Unter dem 6. März 2002 berichtete Dipl.-Med. H , während der Erstkonsultation habe er keine Zeichen einer Gewalteinwirkung gesehen. Das MRT habe keine Residuen (Rückstände) einer frischen Unfallverletzung gezeigt. Ein Sturz auf die linke Schulter sei nicht auszuschließen. Er diagnostizierte eine Schultereckgelenksarthrose, eine Ruptur der Rotatorenmanschette und ein Impingement-Syndrom der linken Schulter.

Auf Nachfrage der Beklagten schilderte der Kläger den Unfallhergang unter dem 21. März 2002 wie folgt: Er habe am Unfalltag den schräg eingekeilten Rollcontainer für Plastikabfälle mit einer Eisenstange gerade rücken müssen. Plötzlich sei die Stange abgerutscht und er sei ins Schleudern geraten. Beim Ausbalancieren seines Körpers sei er zu Fall gekommen und habe plötzlich einen starken Schmerz im linken Schulterbereich verspürt. Nach ca. 24 Stunden habe er einen Bluterguss am Oberarm festgestellt.

Dr. K berichtete der Beklagten über die Operation vom 25. Januar 2002: Die Rotatorenmanschette sei auf 4 cm komplett gerissen. Es bestehe eine Humeruskopfchondromalazie (Knorpelerweichung des Humeruskopfes) mit Hochstand. Die beschriebenen Gelenkläsionen seien sicher auf den Unfall zurückzuführen, wobei arthroskopisch keine Differenzierung zwischen dem älteren Unfall mit posttraumatisch entstandener Defektarthropathie und eventuell vorbestehender Degeneration möglich sei. Er fügte den Bericht der Fachärztin für Pathologie Dr. K über die Untersuchung von Gewebematerial des Schultergelenks vom 28. Januar 2002 bei. Diese hatte am Sehnengewebe vorbestehende regressive Veränderungen in Form einer interstitiellen Fibrose, Sklerose und pseudozystischer Degeneration festgestellt. Es fände sich eine geringgradige inaktive Synovitis (Gelenkentzündung) sowie Zirkulationsstörungen, wie sie nach Traumatisierungen erkennbar seien.

Die Beklagte beauftragte den Unfallchirurg Prof. Dr. W , Direktor der Klinik für Unfallchirurgie der O -v -G -Universität M , unter Mitwirkung des Facharztes für Chirurgie Dr. T mit der Erstattung des Gutachtens vom 16. Juli 2002. Diesen hatte der Kläger zum Unfallhergang berichtet, er sei auf glattem Untergrund ausgerutscht, habe versucht sich auszubalancieren, bemerkt, dass er zu Sturz komme und versucht, sich mit dem linken Arm nach hinten gestreckt abzufangen. Nach dem Sturz seien sofort Schmerzen im Bereich des linken Schultergelenkes aufgetreten. Unter Schmerzen habe er bis zum Arbeitsende um ca. 9 Uhr weiter gearbeitet.

Prof. W und Dr. T führten aus, das Röntgenbild der linken Schulter zeige eine beginnende Omarthrose (nicht entzündliche, degenerative Erkrankung des Schultergelenks) sowie ein Impingementsyndrom aufgrund eines Hochstandes des Humeruskopfes. Der Unfallhergang sei nicht geeignet gewesen, die Verletzung hervorzurufen. Der MRT-Befund vom 15. Januar 2002 zeige erhebliche degenerative Veränderungen im Bereich der linken Schulter. Residuen einer frischen Verletzung seien nicht beschrieben. Degenerative Veränderungen habe bereits Dr. K in seinem Operationsbericht festgestellt. Weder anamnestisch, noch klinisch, noch röntgenologisch lasse sich ein Unfallfolgezustand zum Ereignis vom 29. Dezember 2001 herstellen. Das Schadensereignis habe zu einer Schulterzerrung links geführt, die für maximal zwei bis drei Wochen zu einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung geführt haben könnte. Vielmehr liege eine anlagebedingte krankhafte Veränderung der Schulter vor, die vor dem Unfall noch nicht als Krankheit manifest geworden sei. Die behauptete äußere Einwirkung sei keine wesentliche Teilursache, sondern nur eine Gelegenheitsursache für das Auftreten der Gesundheitsschädigung gewesen. Der Unfall habe auch nicht zu einer wesentlichen Verschlimmerung eines anlagebedingten Leidens geführt.

Mit Bescheid vom 20. November 2002 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Entschädigung für das Ereignis vom 29. Dezember 2001 ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der geschilderte Unfallmechanismus sei nicht geeignet gewesen, den Körperschaden hervorzurufen. Bei dem Kläger hätten schon vor dem Ereignis erhebliche degenerative Veränderungen der linken Schulter bestanden. Die vorhandenen krankhaften Veränderungen seien bereits soweit fortgeschritten gewesen, dass es nur eines geringfügigen Anlasses bedurft hatte, diese hervortreten zu lassen. Der angeschuldigte Vorfall sei auch nicht geeignet gewesen, die festgestellten krankhaften Veränderungen wesentlich zu verschlimmern. Hiergegen erhob der Kläger am 3. Dezember 2002 Widerspruch, den er im Wesentlichen wie folgt begründete: Die Schulter sei durch das Ausbalancieren des Körpers mit der Eisenstange in der Hand unnatürlich belastet worden, weil hierdurch ein erheblicher Kraftaufwand erforderlich gewesen sei. Dieser Vorgang habe den Riss der Sehne verursacht. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2003 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück. Aufgrund der unterschiedlichen Angaben des Klägers zum Unfallhergang bestünden Zweifel, ob der Geschehensablauf sich im Einzelnen so tatsächlich zugetragen habe. Auch der geschilderte Unfallmechanismus - der Sturz nach hinten auf den ausgestreckten linken Arm - stelle keine geeignete Ursache dar, um eine solche Ruptur der Rotatorenmanschette zu verursachen. Die MRT vom 15. Januar 2002 zeige zudem eine ausgeprägte Schultergelenksarthrose, ein Impingement-Syndrom mit Degeneration einer Sehne der Rotatorenmanschette.

Mit der am 25. Juli 2003 vor dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat der Facharzt für Chirurgie MR Doz. Dr. M das Gutachten vom 5. August 2005 mit der Ergänzung vom 15. September 2005 erstattet. Darin hat er ausgeführt, durch das Ereignis vom 29. Dezember 2001 habe der Kläger eine Stauchung und Zerrung des linken Schultergelenkes ohne knöcherne Traumafolgen erlitten. Das Ereignis habe anlagebedingte oder schicksalhafte Gesundheitsstörungen nicht wesentlich verschlimmert. Zum Unfallzeitpunkt habe eine erhebliche Schadensanlage am linken Schultergelenk vorgelegen: Oberarmkopfhochstand mit Impingementsyndrom, Degeneration der Rotatorenmanschette, Atrophie (Rückbildung) des Infraspinatus- und des Supraspinatusmuskels als Hinweis auf eine ältere Sehnenläsion, Arthrose des Schultereckgelenkes und eine fortgeschrittene Ansatztendinose (Sehnenansatzerkrankung) am Tuberculum majus (großer Höcker) des linken Oberarmkopfes. Vor dem Hintergrund dieser komplexen Schadensanlage bestünden keine Zweifel, dass die Krankheitsanlage bereits soweit fortgeschritten und so leicht ansprechbar gewesen sei, dass es nicht einmal eines äußeren Ereignisses zur Auslösung akuter Erscheinungen bedurft hätte. Nach den Befunden sei mit Wahrscheinlichkeit sogar davon auszugehen, dass bereits vor dem angeschuldigten Ereignis eine Ruptur der Rotatorenmanschette vorgelegen habe. Der Zeitraum zwischen dem Unfallereignis und dem Tag der Untersuchung am 14. Januar 2002 sei nicht ausreichend, um eine solche Befundkonstellation herzustellen. Die klinischen Befunde sprächen gegen eine akute Ruptur der Rotatorenmanschette.

Mit Urteil vom 26. Januar 2006 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach allgemeiner medizinischer Erfahrung bedürfe es eines geeigneten Unfallmechanismus, um eine Ruptur der Rotatorenmanschette hervorzurufen. Einen isolierten ausschließlich traumatischen Riss der Rotatorenmanschette gebe es nicht. Das vom Kläger geschilderte Ereignis vom 29. Dezember 2001 sei als Unfallereignis hierfür nicht geeignet. Ein massiver Sturz auf die linke Hand mit Verrenkung des linken Schultergelenkes habe nicht vorgelegen. Nach der Schilderung des Klägers fehle es auch an einer Zugbelastung des linken Armes, die geeignet gewesen wäre, eine gesunde Rotatorenmanschette zu zerreißen. Das Unfallereignis sei auf eine erheblich degenerativ vorgeschädigte Rotatorenmanschette links getroffen.

Gegen das am 3. Februar 2006 zugegangene Urteil hat der Kläger am 28. Februar 2006 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, Dr. M habe den Unfallhergang nicht hinreichend berücksichtigt. Dr. K habe die Gelenkläsionen auf den Unfall zurückgeführt. Eine Vorschädigung der Schulter in dem von Dr. M geschilderten Ausmaß habe nicht bestanden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 20. November 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 11. Juni 2002 eine Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 vom Hundert (vH) zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Der MRT-Befund vom 14. Januar 2002 und der Befund von Dr. K zeigten Veränderungen des Schultergelenks, für deren Entstehung ein längerer Zeitraum, als derjenige zwischen dem Unfallereignis am 29. Dezember 2001 und der Operation am 25. Januar 2002, notwendig sei. Eine strukturelle Veränderung im Bereich des linken Schultergelenkes, die auf die erlittene Zerrung und Stauchung zurückgeführt werden könnte, habe keiner festgestellt. Die ausgeprägte vorbestehende Schadensanlage hätte auch ohne äußeres Ereignis zu annähernd derselben Zeit zur Beschwerdesymptomatik geführt.

Dem Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten mit dem Aktenzeichen U 6/00453/02 M vorgelegen. Diese war Gegenstand der Beratung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2003 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Verletztenrente.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge des Versicherungsfalls (Arbeitsunfalls) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vH gemindert ist, einen Anspruch auf eine Verletztenrente. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Ob der Kläger am 29. Dezember 2001 einen Arbeitsunfall erlitten hat, kann dahingestellt bleiben. Denn die weiteren Voraussetzungen des Anspruchs auf eine Verletztenrente nach § 56 SGB VII sind nicht erfüllt.

Der Anspruch auf eine Verletztenrente setzt voraus, dass arbeitsunfallbedingte Gesundheitsstörungen eine MdE in rentenberechtigender Höhe von mindestens 20 vH verursachen. Sofern der Kläger einen Bluterguss an der linken Schulter oder - worauf Prof. Dr. W hingewiesen hat - allenfalls eine Stauchung und Zerrung des linken Schultergelenks erlitten hat, waren diese Gesundheitsschäden spätestens nach Ablauf von drei Wochen nach dem Ereignis vom 29. Dezember 2001 vollständig ausgeheilt. Weitere Unfallfolgen, die zur Bildung einer MdE herangezogen werden können, bestehen bei dem Kläger nicht. So ist der Riss der Rotatorenmanschette der linken Schulter bei der Bildung der MdE nicht zu berücksichtigen, weil er keine dauerhafte Folge des Ereignisses vom 29. Dezember 2001 ist.

Bewiesene dauerhafte Gesundheitsstörungen sind nur dann berücksichtigungsfähige Arbeitsunfallschäden, wenn sie durch den Arbeitsunfall verursacht worden sind. Der ursächliche Zusammenhang zwischen der Gesundheitsstörung und dem Arbeitsunfall muss hinreichend wahrscheinlich sein (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 26/04 R -, beide zitiert nach juris). Dies bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass das Gericht darauf seine Überzeugung gründen kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt nicht.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist es nach Ansicht des Senats nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Sturz des Klägers am 29. Dezember 2001 - unabhängig vom tatsächlichen Hergang des Geschehens - den Riss der Rotatorenmanschette sowie das Impingementsyndrom der linken Schulter verursacht hat. Denn es spricht nach Auswertung der medizinischen Ermittlungen mehr gegen als für diesen vom Kläger behaupteten Zusammenhang.

So hat der erstbehandelnde Arzt Dipl.-Med. H am 9. Januar 2002 keine Zeichen einer Gewalteinwirkung auf den linken Arm und keine Residuen einer frischen Unfallverletzung gesichtet. Dr. R und Dipl.-Med. B haben im MRT vom 14. Januar 2002 Zeichen einer Atrophie des Infraspinatus- und des Supraspinatusmuskels im Schultergelenk erkannt, die auf eine bereits ältere Sehnenläsion hinweisen. Dies hat auch MR Dr. M so gesehen, der die Atrophiezeichen als Hinweis auf eine ältere Sehnenläsion gewertet hat. Der Senat vermag deshalb nicht der Auffassung von Dr. K zu folgen, der die Gelenkläsionen auf den Unfall vom 29. Dezember 2001 zurückgeführt hat. Dr. K hat selbst in seinem Bericht vom 26. März 2002 ausgeführt, arthroskopisch sei eine Differenzierung zwischen dem älteren Unfall mit posttraumatisch entstandener Defektarthropathie und einer vorbestehenden Degeneration nicht möglich. Wie er gleichwohl zu der Auffassung eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Ereignis vom 29. Dezember 2001 und dem Riss der Rotatorenmanschette gelangt ist, hat er nicht näher erläutert.

Vielmehr spricht gegen einen ursächlichen Zusammenhang, dass es am linken Arm nach dem Unfall zu keiner Pseudolähmung mit sofortiger vollständiger Gebrauchsunfähigkeit des Armes gekommen ist (sog. drop arm). Der Kläger hat diesen Zustand nach dem Unfall nicht beschrieben. MR Dr. M hat überzeugend ausgeführt, dass eine akute traumatische Verletzung des Armes mit den in den Befunden beschriebenen Verletzungen der Rotatorenmanschette zum drop arm hätten führen müssen, was hingegen bei einer Krankheitsanlage über einen längeren Zeitraum nicht der Fall gewesen wäre.

Auch gibt es eine einleuchtende, unfallunabhängige und vollbewiesene Erklärung für die Beschwerden des Klägers an der Schulter, die im Verhältnis zur geltend gemachten Ursache wesentlich überwiegt. Er war im Zeitpunkt des Unfalls 59 Jahre alt und damit in einem Alter, in dem nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen regelmäßig erhebliche Verschleißerscheinungen an der physiologisch auch durch Alltagsbeschwerden sehr stark beanspruchten Rotatorenmanschette vorliegen. Diese bleiben in der Regel klinisch stumm (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, Abschnitt 8.2.5.1, S. 504 ff. und Abschnitt 8.2.5.6, S. 511). So haben sowohl Dr. R und Dipl.-Med. B als auch Prof. Dr. W und MR Dr. M nach Auswertung der MRT und der Röntgenbilder erhebliche degenerative Veränderungen der linken Schulter festgestellt. Dr. R und Dipl.-Med. B haben deutliche Strukturverdichtungen und Inhomogenitäten als Zeichen partieller Faserrisse und älterer degenerativer Prozesse, eine ausgeprägte aktivierte Schultereckgelenksarthrose sowie ein Impingementsyndrom mit Degeneration in allen Sehnen beschrieben. Prof. Dr. W hat diese Gesundheitsschäden nicht für Folgen des Unfalls gehalten, sondern ist davon ausgegangen, dass das Unfallgeschehen Gelegenheitsursache war. Nach seiner Einschätzung hat der Unfall auch nicht zu einer wesentlichen Verschlimmerung eines anlagebedingten, bereits als Krankheit manifest geworden Leidens geführt. Dem hat sich auch MR Dr. M angeschlossen. Er hat den Hochstand des Oberarmkopfes mit Impingementsyndrom, die degenerativen Veränderungen der Rotatorenmanschette, die Arthrose des Schultereckgelenkes und die fortgeschrittene Ansatztendinose für bereits vor dem Unfall existierende Vorschäden gehalten, die weder durch den Unfall aktiviert noch verschlimmert wurden. Auch die histologische Untersuchung des Sehnenmaterials durch Dr. K hat vorbestehende regressive Veränderungen in Form von interstitieller Fibrose, Sklerose und pseudozystischer Degeneration ergeben.

Schließlich hat MR Dr. M darauf hingewiesen, dass das Ausmaß der an der linken Schulter festgestellten Schäden auch dafür spricht, dass es sich um unfallunabhängige Schäden handelt. Denn dieses Ausmaß der Schäden konnte nicht innerhalb von 16 Tagen zwischen dem Unfallereignis am 29. Dezember 2001 und der MRT am 14. Januar 2002 entstehen.

Allein wesentliche Bedingung für den Eintritt der Schäden am linken Schultergelenk waren demnach die erheblichen degenerativen Veränderungen, die unfallunabhängig sind. Sind demnach keine Unfallfolgen verblieben, fehlt es an einer Bemessungsgrundlage für eine etwaige MdE.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die in § 160 Abs. 2 SGG aufgeführten Gründe nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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