L 5 AS 178/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 7 AS 606/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 178/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
nichteheliche Lebensgemeinschaft
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin zu 1. und Berufungsklägerin begehrt die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum vom 28. Mai bis 30. November 2005. Insbesondere wendet sie sich gegen die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Zeugen M. S. und daraus folgend gegen die Anrechnung des Einkommens von M. S. auf ihren Bedarf. Zunächst ebenfalls klageweise geltend gemachte Ansprüche des Sohns der Klägerin, des Klägers zu 2., wurden von der Beklagten im Verlauf des Verfahrens erfüllt.

Einen ersten Antrag auf Gewährung von SGB II-Leistungen stellte am 27. September 2004 M. S ... In seinen Antragsangaben zu den persönlichen Verhältnissen gab er als Partner in eheähnlicher Gemeinschaft, die seit September 2002 bestehe, die Klägerin zu 1. an. Er erklärte zugleich, verheiratet zu sein, aber seit August 2000 dauernd getrennt zu leben. Mit im Haushalt lebe sein am ... 1999 geborener Sohn E. sowie der am ... 2000 geborene Kläger zu 2. Sein weiterer Sohn lebe bei der getrennt lebenden Ehefrau. Für seinen Sohn E. erhalte er Kindergeld iHv 154 EUR sowie Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) iHv 106 EUR und zuletzt im Juni 2005 iHv 154 EUR monatlich. Die Klägerin zu 1. beziehe für den Kläger zu 2. ebenfalls Kindergeld und UVG-Leistungen in derselben Höhe. Gemeinsam bewohnten sie eine 60 qm große Wohnung, für die eine monatliche Kaltmiete von 260,76 EUR zu zahlen sei. Hinzu kämen die Heizkostenpauschale iHv 51,13 EUR sowie sonstige Nebenkosten iHv 56,24 EUR. Die im Jahr 1978 geborene Klägerin zu 1. beziehe seit Oktober 2004 und bis zum 28. Mai 2005 Arbeitslosengeld iHv täglich 16,50 EUR, wöchentlich 115,50 EUR. Sie wende für ihre Kfz-Versicherung monatlich 26,46 EUR auf. Er selbst beziehe derzeit Arbeitslosenhilfe.

Mit Bewilligungsbescheid vom 2. Dezember 2004 gewährte die Beklagte der vierköpfigen Bedarfsgemeinschaft Leistungen in einer monatlichen Gesamthöhe von 414,63 EUR für Januar und Februar 2005. Dabei legte sie als Kosten der Unterkunft (KdU) anstelle der vertraglich vereinbarten Zahlungen iHv 368,13 EUR die Werte aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2003 zugrunde und gelangte nach einem Abzug für die Warmwasserbereitung in Höhe von 12,75 EUR zu berücksichtigungsfähigen KdU von 379,17 EUR, die sie kopfteilig (97,98 EUR) aufteilte. Als Bedarf setzte sie weiter eine Regelleistung iHv 298 EUR pro erwachsener Person und für die minderjährigen Kinder Sozialgeld iHv 199 EUR an. Hieraus ergab sich ein Gesamtbedarf von 994 EUR, einschließlich der KdU von 1.373,17 EUR. Hiervon zog sie das monatliche Arbeitslosengeld der Klägerin zu 1. iHv 495,00 EUR, welches sie auf 438,54 EUR bereinigte, sowie bei den Kindern ein Einkommen von jeweils 260,00 EUR ab. Nachdem M. S. unter dem 11. Januar 2005 eine Arbeitsaufnahme angezeigt hatte, erfolgte ab März des Jahres keine Leistungsbewilligung mehr.

Die Klägerin zu 1. stellte am 25. Mai 2005 einen Antrag auf Gewährung von SGB II-Leistungen. Sie gab im Antragsformular M. S. als Partner in eheähnlicher Gemeinschaft, die seit Oktober 2002 bestehe, an. Ausweislich einer am 18. Mai 2005 erstellten Einkommensbescheinigung des Arbeitsgebers von M. S. ergab sich für April 2005 ein am 30. des laufendes Monats fälliges Nettoarbeitsentgeld iHv 1.386,56 EUR. Hierzu erklärte M. S., ihm entstünden Fahrtkosten zur 22 km entfernt liegenden Arbeitsstätte in W., die er an fünf Arbeitstagen pro Woche aufsuche. Für seine Kfz-Haftpflichtversicherung wende er monatlich 49,90 EUR auf.

Auf der Grundlage dieser Angaben berechnete die Beklagte wiederum einen Regelsatzbedarf in Höhe von 994 EUR (2 x 298 EUR, 2 x 199 EUR). Sie ging nunmehr von KdU iHv 355,38 EUR aus. Von den vereinbarten Zahlungen iHv 368,13 EUR zog sie einen Betrag von 12,75 EUR als Anteil für die Wassererwärmung ab. Sie gelangte so zu einem Gesamtbedarf iHv 1.349,38 EUR. Vom Erwerbseinkommen des M. S. berücksichtigte sie einen Betrag von 1.089,61 EUR. Ohne Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin zu 1. gelangte sie mit Kindergeldeinkommen und UVG-Leistungen zu Gesamteinkünften iHv 1.609,61 EUR, die den festgestellten Bedarf überstiegen. Mit Bescheid vom 6. Juni 2005, der an M. S. adressiert war, lehnte sie den Leistungsantrag ab. Dem Bescheid beigefügt war eine Leistungsberechnung für Mai 2005 (ab 25. Mai), die unter Berücksichtigung des anteiligen Arbeitslosengeldeinkommens der Klägerin zu 1. iHv 58,47 EUR zu einem Gesamteinkommen von 434,03 EUR bei einem Gesamtbedarf von 314,84 EUR gelangte.

Dagegen legte die Klägerin zu 1. am 10. Juni 2005 Widerspruch ein und bat um eine Neuberechnung des Anspruchs. Sie legte eine Bescheinigung vom 7. Juni 2005 über ein von ihr im Mai 2005 erzieltes Erwerbseinkommen iHv 165 EUR vor.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2005 zurück, in dem sie unter Annahme der vollen, nicht um den Anteil der Warmwasserbereitung gekürzten KdU von einen Gesamtbedarf von 1.362,13 EUR ausging und das Erwebseinkommen der Klägerin zu 1. iHv 67,88 EUR sowie das von M. S. iHv 1.089,61 EUR anrechnete. Unter Berücksichtigung des Kindergelds für zwei Kinder und einer UVG-Leistung nur noch für den Kläger zu 2. gelangte sie zu einem Gesamteinkommen von 1.571,49 EUR, welches den Bedarf um 209,36 EUR überstieg.

Am 8. Oktober 2005 hat die Klägerin zu 1. Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben und vorgetragen, die Beklagte sei zu Unrecht von einer Bedarfsgemeinschaft iSv § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II ausgegangen. Die vorliegenden Indizien ließen nur den Schluss auf eine Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft zu. Zwar lebten sie schon eine gewisse Zeit zusammen. Jedoch sei M. S. nicht geschieden und könne daher keine eheähnliche Gemeinschaft führen. Sie hätten keine gemeinsamen Kinder. Eine Heirat sei nicht beabsichtigt. Sie müsse den Unterhalt für sich und den Kläger zu 2. aus den geringen finanziellen Mitteln, die ihnen zur Verfügung stünden, sowie Darlehen von Verwandten und Bekannten bestreiten. Im Antrag habe sie eine eheähnliche Gemeinschaft mit M. S. angegeben, weil andere Formen des Zusammenlebens im Antragsformular nicht vorgesehen gewesen seien. Sie lebten in der Wohnung des M. S., die er noch gemeinsam mit seiner Ehefrau angemietet habe. Sie sei im Mietvertrag nicht berücksichtigt. M. S. trage von seinem Arbeitsentgelt die Unterkunftskosten und überlasse ihr die hälftige Miete als Darlehen. Bei der letzten Betriebskostenabrechnung hätten sie 285,41 EUR nachzahlen müssen. M. S. bezahle seine Kfz-Versicherung und die Hausratversicherung, die vierteljährlich 19,09 EUR koste. Er sei einem weiteren, bei seiner Ehefrau lebenden Kind zum Unterhalt verpflichtet. Er sei gerade nicht verpflichtet, den Kläger zu 2. zu unterhalten. Der im Haushalt lebende Sohn des M. S. erhalte keine Unterhaltsvorschussleistungen mehr. Sie selbst müsse monatlich 26,98 EUR für die Kfz-Versicherung und 125,59 EUR für ihre freiwillige Krankenversicherung entrichten. Obwohl sie den Leistungsantrag gestellt habe, sei der Bescheid an M. S. gerichtet worden. Sie habe auch Anspruch auf Übernahme der Beiträge zur Krankenversicherung und auf den Zuschlag nach § 24 SGB II.

Daraufhin hat die Beklagte den Leistungsanspruch neu berechnet und mit Änderungsbescheid vom 28. November 2005 – gerichtet an M. S. – dem Kläger zu 2. im Zeitraum vom 25. bis zum 31. Mai 2005 Leistungen iHv 6,50 EUR sowie im Zeitraum vom 1. Juni bis zum 30. November 2005 iHv 27,85 EUR monatlich bewilligt. M. S. müsse sein übersteigendes Einkommen iHv 702,76 EUR zwar zur Bedarfsdeckung der Klägerin zu 1., jedoch nicht zu der des Klägers zu 2. einsetzen. Daher habe dieser einen eigenen Leistungsanspruch, soweit er seinen Bedarf nicht durch eigenes Einkommen (Kindergeld und Unterhaltsvorschuss) decken könne.

Im Klageverfahren hat die Klägerin zu 1. im Zusammenhang mit einem am 8. Februar 2006 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vorgetragen, bislang habe ihr Freund M. S. allein die KdU für die gemeinsame Wohnung aufgebracht. Den auf sie entfallenden Mietanteil habe er als Darlehen übernommen. Weil M. S. nunmehr arbeitslos sei, könne er sie nicht mehr unterstützen, so dass sie den Lebensunterhalt für sich nicht mehr bestreiten könne. Im Beschwerdeverfahren hat die Beklagte den Klägern rückwirkend zeitweilig von Dezember 2005 an Leistungen unter Annahme einer zweiköpfigen Bedarfsgemeinschaft einschließlich eines Mehrbedarfs für Alleinerziehung bewilligt.

Ab Juli 2007 ist die Beklagte wieder von einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgegangen und hat bestandskräftig der vierköpfigen Bedarfsgemeinschaft für den Bewilligungszeitraum von August 2007 bis Januar 2008 Leistungen bewilligt. Als nach einer Arbeitsaufnahme des M. S. keine Verdienstbescheinigungen vorgelegt worden sind, hat die Beklagte mit Versagungsbescheid die weitere Leistungsgewährung ab September 2007 eingestellt. Dies ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens L 5 B 451/07 AS ER.

Die Beklagte hat während des Klageverfahrens mit weiterem Änderungsbescheid vom 1. Juni 2007 die von der Klägerin zu 1. bei Einlegung des Widerspruchs zugleich begehrten Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum von Mai bis November 2005 – bei ansonsten unveränderten Leistungen – übernommen.

Im Termin der mündlichen Verhandlung beim SG hat die Klägerin zu 1. erklärt, die Wohnung sei aufgeteilt in Kinderzimmer, Elternschlafzimmer, Küche, Wohnzimmer und Bad. Das Elternschlafzimmer nutze sie gemeinsam mit M. S ... Die Kleidung werde in einem gemeinsamen Kleiderschrank aufbewahrt. Sie habe im Antrag im Jahr 2005 angegeben, mit M. S. in einer eheähnlichen Gemeinschaft zu wohnen, da nur diese Fallgestaltung im Antragsformular vorgesehen gewesen sei. Die Einkäufe für die Familie erledige sie, sie kümmere sich auch um den Haushalt und um die Wäsche. Das Essen für die ganze Familie koche zum Teil sie und zum Teil M. S ... Gemeinsame Versicherungen bestünden nicht. Es könne sein, dass er von ihrer Privathaftpflichtversicherung mit umfasst sei, weil sie gemeinsam wohnten. Begünstigter ihrer Lebensversicherung sei der Kläger zu 2. Gemeinsame Konten bestünden nicht. Im Jahr 2004 habe jeder von seinen Einkünften seinen Anteil an den Haushaltskosten getragen. Gemeinsame Unternehmungen mit den Kindern fänden kaum statt, es werde auch nicht gemeinsam mit den Kindern gespielt. Die Kosten für die Wohnung wie Miete, Strom, Gas und Telefon trage ´M. S ... An diesen Kosten beteilige sie sich nicht. Ansonsten habe sie im Jahr 2005 von ihren Ersparnissen, dem Kindergeld und dem Unterhaltsvorschuss des Klägers zu 2. gelebt.

Das SG hat M. S. als Zeugen vernommen. Er hat die Aufteilung und Nutzung der Räume der Wohnung bestätigt. Er habe in seinem Erstantrag eine eheähnliche Gemeinschaft mit der Klägerin zu 1. angegeben, weil ihm dies von den Mitarbeitern der Behörde so gesagt worden sei. Im Jahr 2005 sei gemeinsam gekocht und gegessen worden. Jeder habe sich um sein eigenes Kind gekümmert. Nur bei Abwesenheit eines Elternteils habe sich der anwesende Erwachsene um die Kinder gekümmert. Im Haushalt habe er die Aufgaben Staubsaugen, Staubwischen und Einölen des Schranks. Einkäufe für den Haushalt würden gemeinsam erledigt, sofern er Zeit dafür habe. Gemeinsame Versicherungen oder Konten bestünden nicht. Er verbringe seine Freizeit zumeist am Computer. An eine gemeinsame Freizeitgestaltung im streitbefangenen Zeitraum könne er sich nicht erinnern. Er kümmere sich um seinen Sohn. Im Jahr 2005 habe er die Miete bezahlt und die Klägerin die Einkäufe. Das habe sich in etwa ausgeglichen. Er bezeichne die Klägerin zu 1. als seine Lebensabschnittsgefährtin; es werde aber getrennt gewirtschaftet.

Mit Urteil vom 7. November 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im streitigen Zeitraum habe zwischen der Klägerin zu 1. und Herrn S. eine eheähnliche Gemeinschaft bestanden. Dies hätten die Beteiligten in ihren Leistungsanträgen auch so angegeben. Zudem entspreche das Zusammenleben dem einer klassischen Familie. Die Kinder würden gemeinsam von den Partnern erzogen und betreut. Herr S. habe die Klägerin zu 1. auch im Jahr 2005 wirtschaftlich unterstützt.

Gegen das ihr am 25. November 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin zu 1. am 5. Dezember 2008 Berufung eingelegt, die sie jedoch – trotz Erinnerung – nicht begründet hat.

Die Klägerin zu 1. beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. November 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005, beide in der Fassung der Änderungsbescheide vom 28. November 2005 und 29. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr im Zeitraum vom 25. Mai 2005 bis zum 30. November 2005 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ohne Anrechnung des Einkommens von M. S. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat im Berufungsverfahren weiter die Auffassung vertreten, dass die tatsächlichen Indizien das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft bestätigten.

Mit Schreiben vom 28. Mai 2009 hat die Beklagte ausgeführt, dass die Klägerin zu 1. zuletzt am 4. September 2008 einen Leistungsantrag gestellt habe. Gegen die Ablehnung sei Klage erhoben worden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin ergänzende Angaben gemacht, M. S. ist als Zeuge vernommen worden, und die Beteiligten haben Teilvergleiche im Hinblick auf die Leistungsansprüche des Klägers zu 2. abgeschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte des Berufungsverfahrens, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gerichtsakten der Verfahren S 7 AS 152/06 ER, L 2 B 82/06 AS ER sowie L 5 B 451/07 AS ER sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Der maßgebliche Berufungswert von 750,00 EUR gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung ist überschritten.

Die Berufung ist unbegründet. Der Klägerin zu 1. stehen keine weiteren Leistungen zu, als zuletzt mit den Änderungsbescheiden vom 28. November 2005 und 1. Juni 2007 für den hier streitigen Bewilligungszeitraum vom 25. Mai bis 30. November 2005 für den Kläger zu 2. und sie (Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge) bewilligt worden sind.

Die beiden letztgenannten Bescheide, die den ursprünglichen Ablehnungsbescheid vom 6. Juni 2005 und den Widerspruchsbescheid vom 14. September 2005 abgeändert haben, sind gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. An ihnen ist der geltend gemachte Leistungsanspruch zu messen.

Gegenstand der Klage waren ursprünglich die Leistungsansprüche der Kläger, die in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich für beide Beteiligte beantragt worden sind. Nach dem sog. Meistbegünstigungsgrundsatz ist der Senat davon ausgegangen, dass sich auch die Berufung auf beide Kläger beziehen sollte. Dem entsprechend war das Rubrum zu korrigieren.

Gleichwohl sind die Leistungsansprüche des Klägers zu 2. nicht mehr Bestandteil des Urteils im Berufungsverfahren, weil die Beteiligten den diesbezüglichen Streit im Termin zur mündlichen Verhandlung vergleichsweise – einschließlich einer ggf. notwendig werdenden Neuberechnung nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der Regelsätze für Kinder – beigelegt haben.

Es ist daher nur noch über den von der Klägerin zu 1. geltend gemachten Leistungsanspruch zu entscheiden. Insoweit sind die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig; die Klägerin zu 1. hat im streitgegenständlichen Zeitraum keinen (eigenen) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19, 20 Abs. 2 SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten, sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderen Sozialleistungen erhält.

Die im streitgegenständlichen Zeitraum 27 Jahre alte Klägerin zu 1. erfüllt die oben genannten Voraussetzungen. Sie ist im passenden Alter und erwerbsfähig gewesen und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt.

Nach § 7 Abs. 2 SGB II erhalten Leistungen auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Zur Bedarfsgemeinschaft im vorgenannten Sinne gehören der erwerbsfähige Hilfebedürftige und u.a. als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB II in der hier der maßgeblichen Fassung des kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004, BGBl. I, S. 2014). Weiterhin gehören zur Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder der vorgenannten Personen, soweit sie nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts beschaffen können.

Danach ist der im hier maßgeblichen Bewilligungszeitraum vier- bzw. fünfjährige Kläger zu 2. Mitglied der Bedarfsgemeinschaft und damit Berechtigter iSv § 7 SGB II gewesen. Weiteres Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist im hier maßgeblichen Bewilligungszeitraum von Ende Mai bis Ende November 2005 M. S. gewesen, denn er war nach der aus der Gesamtheit des Verfahrens einschließlich der im Termin zur mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahme durch seine Vernehmung als Zeuge gewonnenen Überzeugung des Senats der Lebenspartner der Klägerin zu 1. M. S. ist iSv § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB II die Person, die mit der Klägerin als der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt. Er lebte im streitgegenständlichen Zeitraum mit der Klägerin so zusammen, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen war, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.

Daher sind sein Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB II zu berücksichtigen. Dies führt im vorliegenden Fall letztlich dazu, dass der Klägerin zu 1. keine Leistungsansprüche zustehen. M. S. ist für die Klägerin "einsatzpflichtig" iSv § 9 Abs. 1 und 2 SGB II.

Im SGB II in der hier maßgeblichen Gesetzesfassung des § 7 Abs. 3 ist der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft weder definiert noch durch andere Kriterien beschrieben. Es ist daher von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur eheähnlichen Gemeinschaft im Recht der früheren Arbeitslosenhilfe nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) bzw. der früheren Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) auszugehen. Dieses machte die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft und die damit verbundene gesetzliche Einstandspflicht des Partners vom wechselseitigen Willen abhängig, füreinander einstehen zu wollen. Eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne des § 122 BSHG wurde als die auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft definiert (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. November 1992, Az. 1 BvR 8/87, BVerfGE 87, S. 234, 265). Eine solche Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ist anzunehmen, wenn die Bindungen der Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Sie ist auf Dauer angelegt und lässt in der Regel daneben keine weiteren Lebensgemeinschaften gleicher Art zu. Sie geht über eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinaus.

Damit knüpft das Gesetz eine Rechtsfolge (Anrechnung des Partnereinkommens) an das Vorliegen eines subjektiven Tatbestands. Denn nur, wenn die innere Einstellung der Partner einen "Einstandswillen" für den Partner kennzeichnet, kann vom Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgegangen werden. Die innere Einstellung kann jedoch nur mittelbar mit Hilfe von äußeren Hinweistatsachen, äußeren Anhaltspunkten, Indizien, festgestellt werden (vgl. BVerfG, a.a.O.; BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, Az.: B 14 AS 23/07 R, RN 16). Als solche kommen nach Auffassung des BVerfG insbesondere in Betracht: die lange Dauer des Zusammenlebens, das einvernehmliche Bestreiten der nötigen Ausgaben für die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung aus gemeinsamen Einnahmen, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt, die gemeinsame Planung und Gestaltung der Lebensführung und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen.

Diese Hinweistatsachen hat – nach der für den hier maßgeblichen Bewilligungszeitraum geltenden Fassung von § 7 Abs. 3 SGB II – im Zweifelsfall der Leistungsträger zu ermitteln, vorzutragen und ggf. zu beweisen. Es obliegt dann den Beteiligten, die vorgebrachten Indizien zu entkräften.

In Teilen der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass an eine Entkräftung der Indizien bzw. an den Gegenbeweis der in § 7 Abs. 3 a SGB II ab 1. August 2006 neu eingeführten gesetzlichen Vermutung einer Einstandsgemeinschaft (vgl. Brühl/Schoch in LPK–SGB II, 2. Aufl., § 7 RN 71) keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind. Diese dürfen nicht so hoch sein, dass der Gegenbeweis unmöglich wird. Daraus folgt jedoch nicht, dass allein ein Bestreiten der Rechtsfolge (Einstandsgemeinschaft) ausreicht, die Beweiswirkung einer Indizienkette oder das Eingreifen der gesetzlichen Vermutung zu widerlegen. Erforderlich sind Darlegungen und ggf. auch Beweisantritte dafür, dass die dargestellten Kriterien für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht erfüllt sind, bzw. die Vermutung durch andere, individuelle Umstände entkräftet wird (vgl. Spellbrink in Eicher/Spellbrink: SGB II, 2. Aufl. 2008, § 7 RN 49). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Erklärungen der an der Partnerschaft beteiligten Personen nur eingeschränkt berücksichtigt werden können. Würde nämlich das schlichte Bestreiten des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft durch die Beteiligten genügen, wäre die Bewilligung von deutlich höheren Leistungen weitgehend in das Belieben der Partner gestellt (vgl. Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25. Februar, Az. 3 M 69/03; VGH Baden-Württemberg, FEVS 48, 29 [31]). Es sind daher äußere und überprüfbare Kriterien im Einzelfall zu gewichten.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinen Entscheidungen (vgl. Urteil vom 27. Januar 2009, Az.: B 14/7b AS 14/07 R, SGb 2009, 154; Urteil vom 13. November 2008, Az.: B 14 AS 2/08 R, SGb 2009, 32; Urteil vom 17. Oktober 2002, Az.: B 7 AL 96/00 R, BSGE 90, 90) ferner betont, dass an das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft strenge Anforderungen zu stellen sind, weil ansonsten Regelungen des SGB II, die nicht den Kriterien des Unterhaltsrechts folgen, sondern über diese hinausgehen, gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstoßen könnten. Denn nur bei familienhaften Beziehungen dürfe der Gesetzgeber typisierend davon ausgehen, dass die Verteilung der für das Existenzminimum der einzelnen Personen notwendigen Leistungen entsprechend den individuellen Bedarfen erfolgt. Dabei dürfe er auch einen gegenseitigen Willen, für einander einzustehen, voraussetzen, der über bestehende Unterhaltspflichten hinausgeht (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009, RN 27). Wenn eine solche familienhafte oder eheähnliche Konstellation vorliegt, ergebe sich aus dem das SGB II bestimmenden Grundsatz der Subsidiarität (§ 3 Abs. 3 SGB II), dass zur Überwindung einer Notlage zunächst der Partner einer ehelichen oder vergleichbaren Lebensgemeinschaft in Anspruch zu nehmen ist, bevor staatliche Hilfe gewährt wird.

Wichtigstes äußeres Kriterium für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft ist zunächst das Bestehen einer faktischen Haushalts- und Wohngemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau. Diese liegt im vorliegenden Fall unstreitig vor. Ebenso unstreitig ist hier, dass diese Form des Zusammenlebens zwischen der Klägerin zu 1. und M. S. bereits seit September bzw. Oktober des Jahres 2002 praktiziert wird. Es handelt sich damit um eine Partnerschaft von bereits erheblicher Dauer, was auf eine gewisse Nachhaltigkeit und Beständigkeit des Zusammenlebens schließen lässt. Im hier maßgeblichen Bewilligungszeitraum wohnten die beiden mit den jeweiligen Kindern bereits im dritten Jahr, im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats mittlerweile seit sechseinhalb Jahren zusammen. Nach den Angaben des Zeugen in der mündlichen Verhandlung lässt ihre Form des Zusammenlebens keine weiteren gleichartigen Beziehungen zu. Die Aufnahme einer weiteren Beziehung außerhalb der Partnerschaft würde nach den Bekundungen des Zeugen wohl zur Beendigung der Partnerschaft führen. Auch insoweit unterscheidet sich die Beziehung der Klägerin zu 1. zu ihrem Partner deutlich von einer Wohngemeinschaft.

Für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft sprechen ferner die früheren Angaben sowohl der Klägerin zu 1. als auch des Zeugen. Dieser hatte bei Stellung seines Erstantrags am 27. September 2004 eigenhändig die Klägerin zu 1. als seine Partnerin in eheähnlicher Gemeinschaft, die seit September 2002 bestehe, in das Formular eingetragen. Soweit er im Verfahren erklärt hat, die Eintragung sei auf Anweisung der Sachbearbeiterin erfolgt, vermag der Senat dem nicht zu folgen, denn mit der Unterschrift unter dem Antrag hat M. S. bekundet, dass seine Angaben zutreffen. Im Übrigen sind gegen die nachfolgende Leistungsbewilligung auf der Grundlage einer Bedarfsgemeinschaft bestehend aus M. S., der Klägerin zu 1. und den beiden Söhnen, bei der das Einkommen der Klägerin zu 1. auf den Bedarf der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft angerechnet wurde, weder er noch die Klägerin zu 1. durch Einlegung eines Widerspruchs vorgegangen. Zudem hat der Zeuge die Klägerin zu 1. noch in einem Schreiben vom 20. November 2005 an die Beklagte, als das Klageverfahren bereits rechtshängig war, als "meine Lebensgefährtin" bezeichnet. Im Termin vor dem SG hat der Zeuge die Klägerin zu 1. als seine "Lebensabschnittsgefährtin" bezeichnet, was zumindest eine partnerschaftliche Verbundenheit dokumentiert, die deutlich über eine Affäre hinausgeht und auch eine zeitlich unbestimmte – wenn auch nicht endgültige – Dauerhaftigkeit und Beständigkeit charakterisiert.

Ebenso hat die Klägerin zu 1. in ihrem Antrag vom 25. Mai 2005, den sie eigenhändig ausgefüllt hat, nicht nur M. S. als ihren Partner in eheähnlicher Gemeinschaft angegeben, sondern auch bei den Angaben im Zusatzblatt zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung erklärt: "Die Wohnung gehört meinem Partner, der zur Zeit in Scheidung lebt." Soweit auch sie im Verfahren erklärt hat, es sei im Antragsformular keine andere Form des Zusammenlebens vorgesehen gewesen, überzeugt dies den Senat nicht. Im Antragsformular wäre Platz gewesen, eine andere Form des Zusammenlebens zu beschreiben. Im Übrigen hat sie selbst bei den Angaben zu den KdU die Formulierung "mein Partner" gewählt.

Weiteres Indiz für eine gemeinsame Lebensführung ist, dass M. S. in Privathaftpflichtversicherung der Klägerin als "mitversicherter Lebensgefährte" aufgenommen wurde.

Nachdem der Antrag der Klägerin zu 1. mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 6. Juni 2005 wegen übersteigenden Einkommens der Bedarfsgemeinschaft abgelehnt worden war, hatte sie sich in ihrem am 10. Juni 2005 erhobenen Widerspruch nicht etwa gegen die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft gewehrt, sondern lediglich um Überprüfung der Unterlagen und um Neuberechnung gebeten.

Erstmals in der vom Prozessbevollmächtigten gefertigten Klageschrift vom 5. Oktober 2005 wird behauptet, es bestehe lediglich eine Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft. Den Ausführungen zur Klagebegründung lassen sich indes keine stichhaltigen Argumente entnehmen, die gegen die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft sprechen und über das schlichte Bestreiten hinausgehen. Der Umstand, dass der Zeuge verheiratet ist, ist im Hinblick auf das Führen einer eheähnlichen Gemeinschaft ohne Belang. Auch die fehlende Heiratsabsicht spricht nicht gegen die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft, die gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass die Partner keine Ehe eingehen. Der Umstand, dass die Wohnung im streitigen Zeitraum noch auf den Zeugen und seine Ehefrau angemietet war, ist ebenfalls nicht von Belang. Die Klägerin zu 1. hat angegeben, von ihrem Geld eine neue Waschmaschine gekauft zu haben, weil es sich um ihren Aufgabenbereich handelt. Bei einer Trennung der Besitzverhältnisse der Wohnungseinrichtung hätte es jedoch dem Zeugen oblegen, die defekte Maschine zu ersetzen.

Auch nach den Bekundungen der Klägerin zu 1. und des als Zeugen vernommenen M. S. im Termin zur mündlichen Verhandlung sowohl beim SG als auch beim Senat deuten alle äußeren, objektiv feststellbaren Umstände darauf hin, dass das Zusammenleben der Klägerin zu 1. mit dem Zeugen gemeinsam mit den jeweiligen Kindern ein sozialtypisches Verhalten zeigt, wie es für zusammenlebende Ehegatten charakteristisch ist. Die Wohnungsaufteilung und Nutzung der Räume sowie die gelebte Rollenverteilung sprechen für ein "normales" Familienleben. Die Klägerin zu 1. und ihr Partner bewohnen das "Elternschlafzimmer", die Kinder beider Partner bewohnen ein gemeinsames "Kinderzimmer". Die Klägerin zu 1. und ihr Partner teilen sich einen gemeinsamen Kleiderschrank. Sie kümmert sich um den Haushalt und die Wäsche. Es wird für die ganze Familie gekocht.

Auch das tatsächliche familiäre Zusammenleben ist ein gewichtiges Anzeichen für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft. Die Klägerin zu 1. und ihr Partner leben gemeinsam mit ihren jeweiligen Söhnen wie eine ganz normale Familie zusammen. Jeder der Partner übernimmt nach seinen zeitlichen Möglichkeiten einen Anteil an der gemeinsamen Kinderbetreuung. Anhaltspunkte dafür, dass sich jeder nur um sein Kind kümmert, sind nicht ersichtlich.

Es wird auch insoweit aus "einem Topf gewirtschaftet", als Kosten für die Wohnung von M. S. aus einem Einkommen bestritten werden, und es der Klägerin zu 1. obliegt, aus ihrem Einkommen nach ihren Kräften den Lebensunterhalt der Familie, d.h. die üblichen Einkäufe zu bestreiten. Eine Abrechnung der jeweils aufgewendeten Beträge fand weder im Jahr 2005 noch heute statt. M. S. ging davon aus, dass sich die Beträge in etwa ausgeglichen hatten. Soweit die Klägerin zu 1. und M. S. behaupten, es werde getrennt gewirtschaftet, stimmt dies mit dem tatsächlichen Befund nicht überein. Diese Behauptung wird allein dadurch gestützt, dass die Klägerin zu 1. und M. S. getrennte Konten besitzen und der jeweilige Partner nicht über das Konto des anderen verfügungsbefugt ist. Dies allein stellt jedoch die Annahme einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft nicht in Frage, denn es ist auch bei Eheleuten nicht ungewöhnlich, dass diese eigene Konten besitzen.

Wie die Rollen im Haushalt haben die Partner auch die wirtschaftlichen Beiträge verteilt: er bezahlt die Unterkunftskosten und sie – wenn sie wirtschaftlich dazu in der Lage ist – kauft die Lebensmittel für die gesamte Familie ein. Sofern die Klägerin zu 1. Geld benötigt, erhält sie welches von ihrem Partner. Besonders deutlich wird das gemeinsame Wirtschaften an einer Beobachtung des M. S.: Das bestehende Ungleichgewicht sei ihm daran aufgefallen, dass er, als er gearbeitet habe, am Monatsende gleichwohl nur noch sehr wenig Geld auf dem Konto gehabt habe. Offensichtlich hatte er also sein Geld für den gemeinsamen Haushalt und damit zugleich auch in den Unterhalt der Klägerin zu 1. bereitgestellt, ohne darüber nachzudenken, ob die Klägerin zu 1. ihren Finanzierungsanteil bereits geleistet hatte. Wäre – wie behauptet – getrennt gewirtschaftet worden, hätte die vom Zeugen beschriebene Situation so nicht eintreten können.

Konsequenz der finanziellen Beteiligung des Zeugen war jedoch nicht die zu erwartende Beendigung der Wohngemeinschaft, sondern die Vereinbarung, dass die Klägerin zu 1. fortan nur noch auf Darlehensbasis finanziell unterstützt werden solle. Diese Vereinbarung war jedoch offensichtlich nicht ernsthaft, denn es wurden weder Rückzahlungsmodalitäten vereinbart noch die ausgereichten Zahlungen aufgelistet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat konnten weder die Klägerin zu 1. noch ihr Partner – auch nur annähernd – angeben, wann in etwa die darlehensweise Überlassung von Geld vereinbart wurde, oder wie hoch die Schulden mittlerweile angewachsen sind.

Entgegen den Angaben in der Klageschrift ist jedoch nach den Angaben der Klägerin zu 1. und des Zeugen in der Verhandlung eine darlehensweise Unterstützung jedenfalls im Jahr 2005 (und damit im hier streitigen Bewilligungszeitraum) nicht erfolgt. Dies sei erst im Jahr 2006 – zunächst mündlich – vereinbart worden. Eine schriftliche "Darlehensvereinbarung" über die hälftige Übernahme der Unterkunftskosten durch M. S. für die Klägerin zu 1. wurde der Beklagten erst im Oktober 2007 vorgelegt. Eine Auflistung der bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Verbindlichkeiten wurde nicht gefertigt, obwohl dies bei der schriftlichen Fixierung einer bereits bestehenden Darlehensvereinbarung zu erwarten gewesen wäre. Der schriftliche Vertrag beinhaltet kein rechtsgültiges Darlehen, weil die Rückzahlung der Schulden abhängig gemacht wird von der Bewilligung von Leistungen durch die Beklagte als SGB II-Leistungsträgerin. Dies bedeutet, dass letztlich M. S. doch bereit ist, die Klägerin zu 1. dann zu unterstützen, wenn sie selber nicht in der Lage ist, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit hat, sich anderweitig – durch Sozialleistungen oder durch Erwerbseinkommen – zu refinanzieren. Der Senat geht davon aus, dass die schriftliche Vereinbarung nur aufgesetzt wurde, um der Beklagten einen Beleg dafür liefern zu können, dass die Klägerin zu 1. nicht von dem Zeugen unterstützt wird.

Faktisch hat zum einen die Klägerin zu 1. den Zeugen in den Monaten Januar und Februar 2005 unterstützt, in denen ihr Arbeitslosengeldeinkommen auf den Bedarf der vierköpfigen Familie angerechnet wurde. Zum anderen hat auch die Klägerin zu 1. im Verlauf des Jahres 2005 Unterstützungsleistungen des Zeugen S. erhalten, als sie aufgrund mangelnden Einkommens, das allein aus Kindergeld und UVG-Leistungen bestand, nicht in der Lage war, den ihr obliegenden Part des Einkaufs für die Familie allein zu bestreiten. Zu dieser Zeit gingen die Partner noch davon aus, dass sich die beiderseitigen Beiträge in etwa ausgleichen. Kontrolliert oder abgerechnet haben sie das nicht. Bestehende finanzielle Probleme haben die Partner intern gelöst. Letztlich hat der Zeuge die Klägerin zu 1. auch durch die Zahlung der vollständigen Miete im hier streitigen Zeitraum unterstützt.

Insoweit kommen der gegen die Annahme einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft gerichteten Erklärungen der Klägerin zu 1. und des Zeugen zur Überzeugung des Senats keine durchgreifende Bedeutung zu. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es angesichts der finanziellen Vorteile für beide Partner naheliegt, das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft schlicht zu bestreiten (vgl. auch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Januar 1977, Az.: 5 C 62.75, BVerwGE 52, 11 [14]). Soweit die Klägerin zu 1. im Klageverfahren sinngemäß erklärt hat, sie erhalte von M. S. keine Unterhaltsleistungen, ist dies nicht geeignet, den objektiv festgestellten Befund der gegenseitigen Unterstützung zu erschüttern. Soweit M. S. in der Verhandlung erklärt hat, er fühle sich nicht für die Klägerin zu 1. verantwortlich, ist dies ebenfalls nicht geeignet, den vorhandenen Einstandswillen in Frage zu stellen. Dieser wird durch seine Antwort auf die Frage nach einer Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen deutlich: "Ich kann sie ja nicht unversichert lassen." Er ist demnach bereit, der Klägerin zu 1. zur Seite zu stehen, wenn sie wirtschaftlich in Bedrängnis gerät.

Die seit dem Beginn des Jahres 2005 des Öfteren angespannte wirtschaftliche Situation der Klägerin zu 1. hat bislang nicht zu einer Beendigung der Gemeinschaft geführt, wie dies bei einer reinen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zu erwarten wäre. Letztlich bekundet M. S. damit, dass er bereit ist, die Klägerin zu 1. auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten zu unterstützen. Dadurch bestätigt er die Indizien zur Annahme der wechselseitigen Unterstützung und letztlich die Annahme einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft.

Das BSG hat in seinem Urteil vom 13. November 2008 (a.a.O., RN 37, 39) ausgeführt, mit § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II werde finanzieller Druck auf Partnerschaften ausgeübt. Dabei würden von der Rechtsordnung Konflikte innerhalb der Bedarfsgemeinschaft in Kauf genommen. Allerdings sei es dem Partner ohne rechtlichen Hinderungsgrund möglich, sein Verhalten zu ändern und sein Einkommen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse und zur Erfüllung eigener Verpflichtungen zu verwenden. Soweit dies der Fall sei, wenn ein Partner Mittel ausdrücklich nicht zur Verfügung stelle, könne der Gesetzgeber gleichwohl davon ausgehen, dass dieser Konflikt innerhalb der Bedarfsgemeinschaft ausgetragen und gelöst wird. Es könne dabei zwar zur Auflösung der Partnerschaft und damit der Bedarfsgemeinschaft kommen. Diese Konsequenz möge sozialpolitisch nicht erwünscht sein; dadurch werde jedoch die allgemeine Handlungsfreiheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht in verfassungswidriger Weise eingeschränkt. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) bestehe jedenfalls kein Rechtsanspruch darauf, dass ein Partner durch steuerfinanzierte Leistungen von wirtschaftlichen Belastungen freigestellt werde, die auf ihn durch das dauerhafte Zusammenleben mit einer neuen Partnerin mit Kind zukommen könnten (RN 44).

Auch unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen wertet der Senat im vorliegenden Fall das Bestreiten einer eheähnlichen Gemeinschaft unter gleichzeitiger Bezeichnung des Partners als "Lebenspartner" und "Lebensabschnittsgefährte" sowie die Behauptung des getrennten Wirtschaftens, die sich nicht mit dem tatsächlichen Befund deckt, als zielgerichtetes Vorgehen, um in den Genuss von Sozialleistungen kommen können. Zur Überzeugung des Senats besteht hier eine familienhafte Konstellation mit wechselseitiger Unterstützung im Alltag und in wirtschaftlicher Hinsicht. Es handelt sich um eine eheähnliche Gemeinschaft, in der die Partner füreinander einstehen. Die nach der Rechtsprechung erforderliche Ernsthaftigkeit und Stetigkeit der inneren Bindungen innerhalb einer solchen Gemeinschaft (vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2002, a.a.O., RN 40) ist nach den obigen Ausführungen im vorliegenden Fall festzustellen. Die hier angeführten Hinweistatsachen zum familiären Zusammenleben sind in ihrer Zusammenschau so wesentliches Indiz für die Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit der Beziehung, dass dem pauschalen Bestreiten der Rechtsfolgen kein eigenständiger Aussagehalt mehr zukommt. Die hier vorliegende sog. Patchwork-Familie ist eine eheähnliche Gemeinschaft.

Da es ist nicht Aufgabe des SGB II ist, bis in jede Einzelheit für eine Verteilung der für das Existenzminimum der einzelnen Personen notwendigen Gelder zwischen allen Beteiligten zu sorgen (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2008, a.a.O., RN 31), ist es für die Leistungsgewährung nach dem SGB II unerheblich, ob und wie den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zur Deckung ihres Bedarfs das von einem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erwirtschaftete Einkommen zur Verfügung gestellt wird. Erst wenn das zu berücksichtigende Einkommen nicht ausreicht, um den Gesamtbedarf zu decken, kommt eine Leistungsgewährung nach dem SGB II in Betracht.

Aus der nachstehenden Bedarfsberechnung ergibt sich im vorliegenden Fall jedoch, dass das von M. S. in der Bedarfsgemeinschaft erzielte Erwerbseinkommen, das den eigenen und den Bedarf seines Sohnes übersteigt, ausreicht, um den ungedeckten Bedarf der Klägerin zu 1. sicherzustellen, so dass insoweit kein Leistungsanspruch besteht.

Die Höhe der anzusetzenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts ergibt sich aus den Bestimmungen des § 20 SGB II. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung beträgt die monatliche Regelleistung für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, in den alten Bundesländern einschließlich B. 345,00 EUR, in den neuen Bundesländern 331,00 EUR. Nach Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift beträgt die Regelleistung jedoch dann, wenn zwei Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet haben, jeweils 90 % der Regelleistung nach Abs. 2, also 297,90 EUR. Im vorliegenden Fall ist daher von der 90 %igen Regelleistung für die Klägerin zu 1. und ihrem Partner auszugehen, denn zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft haben das 18. Lebensjahr vollendet. Da die Beklagte in ihren Berechnungen diesen Betrag – ebenso bei dem Sozialgeld für die minderjährigen Kinder – auf 298,00 EUR aufgerundet und ausdrücklich als Leistungsbetrag der Berechnung zugrunde gelegt hat, geht auch der Senat im Folgenden von diesem höheren Betrag aus. Grundsätzlich wären jedoch nur die Endzahlbeträge der Leistungen, getrennt nach den Individualansprüchen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, nach § 41 Abs. 2 SGB II zu runden (BSG, Urteil vom 19. März 2008, Az.: B 11b AS 23/06 R, RN 25).

Das Sozialgeld für den Bedarf der beiden Kinder, die im hier maßgeblichen Bewilligungszeitraum fünf und sechs Jahre alt waren und damit das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, beträgt nach § 28 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II 60 % der Regelleistung, also 198,60 EUR. Den gesetzlich geregelten, bzw. den durch die Beklagte auf 199,00 EUR gerundeten Betrag legt der Senat seiner Entscheidung zugrunde. Er gilt vorbehaltlich einer diesen verändernden Entscheidung des BVerfG. Denn der 14. Senat des BSG hat mit Beschluss vom 27. Januar 2009 die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Bemessung der Regelsätze für Kinder gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt (Az.: B 14/11b AS 9/07 R und B 14 AS 5/08 R). Insoweit haben sich die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vergleichsweise auf eine Neuberechnung der Ansprüche des Klägers zu 2. geeinigt.

Denn der Bedarf des Klägers zu 2. war nicht gänzlich durch zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen gedeckt. Zwar bestand zwischen der Klägerin, ihrem Partner sowie den minderjährigen Kindern eine Bedarfsgemeinschaft iSv § 7 Abs. 3 SGB II. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der Fassung des 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, das bis zum 31. Juli 2006 und mithin im hier maßgeblichen Bewilligungszeitraum galt, waren aber "bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihren eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können, auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen". Für den Kläger zu 2. war lediglich das Einkommen der Klägerin zu 1. zu berücksichtigen, nicht dagegen das ihres Partners. Denn nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 13. November 2008, a.a.O., RN 26 ff.), der der Senat folgt, kann § 9 Abs. 2 Satz 2 a.F. nicht über den Wortlaut hinaus dahin ausgelegt werden, dass Einkommen des Partners eines Elternteils wie Einkommen des Elternteils zur Bedarfsdeckung des mit ihm nicht verwandten oder verschwägerten Kindes heranzuziehen ist. Weil allein mit dem Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft noch nicht abschließend feststeht, zwischen welchen Personen eine Einkommens- und Vermögensberücksichtigung stattfindet, ist eine diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Regelung notwendig. Eine solche bestand für Partner und "faktisches Stiefkind" bis zum Inkrafttreten der entsprechenden Regelung im Fortentwicklungsgesetz vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) zum 1. August 2006 nicht. Mit dieser Gesetzesfassung ist erstmalig normiert worden, dass eine Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht lediglich bei dem leiblichen Kind und bei dem Partner, sondern auch bei dessen Kind stattfinden soll. Die neue Fassung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II ist eine materielle Neuregelung und nicht, wie es in der Begründung zum Gesetzesentwurf heißt, eine Klarstellung der ursprünglichen Absicht des Gesetzgebers (vgl. BSG. Urteil vom 30. November 2008, a.a.O., Rn. 27).

Der Bedarf des Klägers zu 2., der hier nicht streitgegenständlich ist, war daher in dem hier maßgeblichen Bewilligungszeitraum nicht durch ein zu berücksichtigendes Einkommen des Zeugen zu decken. Seinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat die Beklagte durch Änderungsbescheid vom 28. November 2005 und eine weitere Bewilligung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Hinblick auf den fehlerhaften Abzug von den Regelleistungen für die Kosten der Warmwasserbereitung erfüllt.

Insgesamt ergibt sich im vorliegenden Fall folgende Bedarfsberechnung (Juni 2005):

Klägerin zu 1. H. S. Kläger zu 2. E. S.

Regelsatz/Sozialgeld 298,00 298,00 199,00 199,00

Anteilige KdU 92,03 92,03 92,03 92,03

Bedarf 390,03 390,03 291,03 291,03

abzgl. Einkommen - 64,26 -1.088,47 -106,00 -154,00 - 145,00 - 154,00

Bedarf 325,77 31,03

Überst. Einkommen

698,44

7,97

Bedarfsberechnung (ab Juli 2005):

Klägerin zu 1. H. S. Kläger zu 2. E. S.

Regelsatz/Sozialgeld 298,00 298,00 199,00 199,00

Anteilige KdU 92,03 92,03 92,03 92,03

Bedarf 390,03 390,03 291,03 291,03

abzgl. Einkommen

-1.088,47 -106,00 -154,00 - 154,00

Bedarf 390,03

31,03 137,03

Überst. Einkommen

698,44

Neben dem jeweils maßgeblichen Regelsatz bzw. dem Sozialgeld für die minderjährigen Kinder war als Bedarf die KdU zu berücksichtigen. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden diese in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

Die Unterkunftskosten für die von der Bedarfsgemeinschaft bewohnte 60 m² große Wohnung sind angemessen und setzten sich streitgegenständlichen Zeitraum wie folgt zusammen: Kaltmiete: 260,76 EUR Betriebskostenvorauszahlung: 56,24 EUR Heizkostenvorauszahlung: 51,13 EUR 368,13 EUR Diese Kosten sind grundsätzlich nach Kopfteilen aufzuteilen (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 2008, Az. B 11b AS 45/06 R, zitiert nach juris). Verteilt auf die vier Bewohner ergibt sich ein Pro-Kopf-Anteil von 92,03 EUR. Ein im Regelsatz enthaltener Anteil für die Kosten der Wassererwärmung war nicht abzuziehen, weil nach den Angaben der Klägerin zu 1. und des Zeugen in der mündlichen Verhandlung das Warmwasser in der Wohnung nicht mittels der gasbetriebenen Zentralheizung erfolgt, sondern mit einem Elektroboiler bereitet wird. Von den Heizkosten sind daher hier keine Kosten der Warmwasserbereitung in Abzug zu bringen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, Az.: B 14 /11b AS 15/07 R, zitiert nach juris).

Von dem Bedarf ist das jeweils erzielte Einkommen abzuziehen, denn nach § 11 Abs. 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert, mit Ausnahme bestimmter, hier nicht vorliegender Leistungen. Die Klägerin zu 1. hat (nur) im Juni 2005 ein Erwerbseinkommen in Höhe von 165,00 EUR erzielt, welches aus einer geringfügigen Beschäftigung im Mai 2005 stammt. Das Einkommen ist gemäß § 11 Abs. 2 SGB II zu bereinigen. Da die Klägerin zu 1. weder Steuern noch Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB II) entrichtet hat, können hier nur Beiträge zur gesetzlich vorgeschriebenen Kfz-Haftpflichtversicherung (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II), der Werbungskostenpauschbetrag von 15,33 EUR, Fahrtkosten für fünf Arbeitstage zu der 14 km entfernt in B. gelegenen Arbeitsstätte sowie die Versicherungspauschale iHv 30,00 EUR abgesetzt werden. Zudem ist der Freibetrag für Erwerbstätigkeit nach § 11 Abs. 2 Nr. 6 iVm § 30 SGB II zu berücksichtigen. Es ergibt sich hiernach folgende Berechnung: Brutto = Nettoeinkommen 165,00 EUR abzgl. Kfz-Haftpflicht-Vers. -26,46 EUR Fahrtkosten (14 km x 0,06 x 5 Tage), - 4,20 EUR Versicherungspauschale -30,00 EUR Werbungskostenpauschale -15,33 EUR 89,01 EUR abzgl. Freibetrag 15% v. 165 -24,75 EUR 64,26 EUR Aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens verbleibt bei der Klägerin ein Bedarf von 325,77 EUR.

Entsprechend ist auch das von M. S. im Mai 2005 erzielte Erwerbseinkommen, dass ihm in Juni 2005 iHv 2.150,61 EUR brutto zugeflossen ist, zu bereinigen. Bei ihm sind neben der Kfz-Haftpflichtversicherung iHv 49,90 EUR monatlich, Werbungskosten und Versicherungspauschale noch Fahrtkosten in Höhe von 26,40 EUR monatlich zu berücksichtigen (22 Kilometer an 20 Arbeitstagen). Vom bereinigten Nettoeinkommen von 1.264,93 EUR ist der Freibetrag nach § 30 SGB II, der in seinem Fall 176,46 EUR ausmacht, abzuziehen. Es verbleibt ein anrechenbares Einkommen von 1.088,47 EUR welches nach Abzug seines Bedarfs in Höhe von 390,03 EUR zu einem den Bedarf übersteigenden Einkommen in Höhe von 698,44 EUR führt. Bruttoeinkommen: 2.150,61 EUR, netto: 1.386,56 EUR Abzgl. Kfz-Haftpflichtvers. -49,90 EUR Fahrtkosten (22 km x 0,06 x 20 Tage) -26,40 EUR Werbungskostenpauschale -15,33 EUR Versicherungspauschale -30,00 EUR 1.264,93 EUR abzgl. Freibetrag n. § 30 SGB II -176,46 EUR 15% auf 400,00 - 35,29 30% auf 500,00 - 88,23 15% auf 600,00 - 52,94 176,46 1.088,47 EUR

Die vorstehende Berechnung gilt bis einschließlich September 2005, denn zum 1. Oktober 2005 wurden die Vorschriften der §§ 11 und 30 SGB II durch das Freibetragsneuregelungsgesetz geändert. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB II n.F. wird ein pauschaler Freibetrag iHv 100,00 EUR anstelle der Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II abgesetzt. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Hilfebedürftige ein Einkommen von mehr als 400,00 EUR erzielt und nachweist, höhere Absetzbeträge zu haben. Ein solcher Fall liegt hier vor. Nach § 30 SGB II wurden die Freibeträge durch die Einführung eines Stufenmodells vereinfacht: Das Bruttoeinkommen von bis zu 1.500 EUR wurde in drei Stufen zu einem bestimmten Prozentsatz freigestellt. Für den zwischen 100 und 800 EUR liegenden Einkommensbetrag blieben 20 % anrechnungsfrei, für den zwischen 800 und 1.200 EUR liegenden Einkommensbetrag, bzw. bei Familien mit minderjährigen Kindern bis zu 1.500 EUR liegenden Einkommensbetrag blieben 10 % unberücksichtigt.

Dadurch ergibt sich für M. S. ab Oktober 2005 folgende Einkommensbereinigung: Bruttoeinkommen: 2.150,61 EUR, netto: 1.386,56 EUR Abzgl. Kfz-Haftpflichtvers. -49,90 EUR Fahrtkosten (22 km x 0,06 x 20 Tage) -26,40 EUR Werbungskostenpauschale -15,33 EUR Versicherungspauschale -30,00 EUR 1.264,93 EUR abzgl. Freibetrag n. § 30 SGB II -210,00 EUR 20 % auf 700 EUR 140,00 EUR 10 % auf 700EUR 70,00 EUR 210,00 EUR 1.054,93 EUR

Bedarfsberechnung (ab Oktober 2005):

Klägerin H. S. J. R. E. S.

Regelsatz/Sozialgeld 298,00 298,00 199,00 199,00

Anteilige KdU 92,03 92,03 92,03 92,03

Bedarf 390,03 390,03 291,03 291,03

abzgl. Einkommen

-1.054,93 -106,00 -154,00

-154,00

Bedarf 390,03

31,03 137,03

Überst. Einkommen

664,90

In den Monaten Oktober und November 2005 beträgt sein den eigenen Bedarf übersteigendes Einkommen 664,90 EUR.

Sein Sohn E. gehörte im hier zunächst berechneten Monat Juni 2005 nicht zur Bedarfsgemeinschaft, weil er aufgrund seines Einkommens aus Unterhaltsvorschuss und Kindergeld in der Lage war, seinen Bedarf vollständig zu decken. Dies änderte sich im Juli 2005, weil zu diesem Zeitpunkt auf Wunsch des M. S. die Zahlung des Unterhaltsvorschusses eingestellt wurde. Ab Juli 2005 verblieb bei E. S. ein monatlicher Bedarf von 137,03 EUR, der jedoch aus dem übersteigenden Einkommen seines Vaters iHv 698,44 EUR (bis September 2005, bzw. 664,90 EUR ab Oktober 2005) gedeckt werden konnte.

Das übersteigende Einkommen des M. S. reichte auch aus, um den ungedeckten Bedarf der Klägerin zu 1. iHv 325,77 EUR im Juni 2005 sicherzustellen. Dies gilt auch für die Folgemonate des Bedarfszeitraums, in denen die Klägerin kein eigenes Einkommen aus Erwerbstätigkeit mehr erzielt hat. Ihr in diesen Monaten (Juli bis November 2005) bestehender Bedarf von 390,03 EUR konnte aus dem übersteigenden Erwerbseinkommen des M. S. auch dann noch finanziert werden, wenn dieser zunächst den Bedarf seines Sohnes abgedeckt hat.

Nach alledem besteht kein Anspruch der Klägerin zu 1. auf die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für den streitgegenständlichen Zeitraum. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Ausführungen zur eheähnlichen Gemeinschaft weichen nicht von der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ab. Verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht.
Rechtskraft
Aus
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