Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 3 U 234/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 102/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein vom Kläger erlittener Unfall Folgen in einem Grad hinterlassen hat, der zum weiteren Bezug von Geldleistungen berechtigt.
Der im D 1965 geborene Kläger erlitt am 11. Juli 2002 während seiner Tätigkeit als Fleischereiangestellter in der Kühlzelle der Fleischerei durch Stolpern über eine Kiste einen Unfall. Dieser Vorgang ist Gegenstand der Unfallanzeige der Arbeitgeber vom 31. Juli 2002. Nach dem Durchgangsarztbericht der Universitätsklinik für Unfallchirurgie M. vom 17. Juli 2002 gab der Kläger an, er habe sich bei dem Sturz mit der linken Hand abgestützt, in deren Gelenk sich starke Schmerzen, eine Schwellung und Bewegungseinschränkung gezeigt hätten. Es fanden sich eine Schwellung und erhöhte Temperatur an beiden Seiten des Handgelenks mit Druckschmerz und schmerzhaft eingeschränkter Streckung und Bewegung speichenwärts. Bei der Röntgendiagnostik fand sich ein Anhalt für einen Bruch in Form einer unauffälligen Verkalkung im körperabgewandten Speichenbereich. Die Diagnose lautete auf einen Kahnbeinbruch links. Der Beratungsfacharzt der Beklagten, der Chirurg Prof. Dr. K., gelangte unter dem 13. August 2002 zu der Einschätzung, auf den Röntgenbildern erkenne man einen Bruch des Kahnbeins. Dieser Bruch sei aber alt und abgedeckelt. Weiterhin lägen schwere Veränderungen im Handgelenksbereich und eine ebenfalls abgedeckelte Verletzung des Griffelfortsatzes der Elle vor. Er sehe keinen Zusammenhang zu einem frischen Unfall.
Telefonisch gab der Kläger gegenüber der Beklagten an, er habe vor Jahren bei stärkeren Belastungen, wie zum Beispiel beim Ausbeinen, Schwellungen im Handgelenksbereich erlitten, die er für anlagebedingt gehalten habe. Ein früherer Unfall sei ihm nicht erinnerlich. Die Beklagte zog einen MRT-Befund einer Aufnahme vom 3. September 2002 von Dr. E. bei, wonach ausgeprägte Zeichen einer Karpometakarpal- und Handwurzelgelenksarthrose und verletzungsbedingte Zysten vorlagen. Ein etwas älterer Bruch fand sich im körpernahen Drittel des Kahnbeins. Das Knochengewebe des dort gelegenen Bruchstücks war abgestorben. Ein noch vorhandenes geringes Knochenmarködem im körpernahen Anteil des Kahnbeins randnah erschien mit einem zeitnah erfolgten Trauma vereinbar. Hingegen war ein älterer knöcherner Abriss aus dem Griffelfortsatz der Elle zu erkennen. Die Gelenkkapsel war zum Handrücken hin gering verdickt. Die Beurteilung lautete auf eine ausgeprägte verletzungsbedingte Abbauveränderung im Bereich des Handgelenkes sowie im Bereich der Handwurzelknochen, verletzungsbedingte Knochenzysten, Zustand nach Bruch des Kahnbeins im körpernahen Drittel mit Falschgelenksbildung sowie mit Nachweis abgestorbenen Knochengewebes des körpernahen Bruchstücks. Unter dem 18. September 2002 wies die Beklagte den Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik M., Prof. Dr. N., auf Bedenken hinsichtlich der Frische der Verletzung hin und bat um Bericht und ggf. Abschluss des Heilverfahrens zu ihren Lasten. In dem Bericht vom 4. November 2002 vertrat dieser nach Durchführung und Auswertung des MRT die Auffassung, auch anlässlich einer operativen Versorgung des Verletzungsbereiches am 30. Oktober 2002 hätten sich deutliche Hinweise für ein älteres Geschehen mit deutlichen Folgeveränderungen gezeigt. Mit großer Wahrscheinlichkeit sei von einem alten Bruch auszugehen, der nicht auf den Unfall vom 11. Juli 2002 zurückzuführen sei. Die anlässlich der Operation durchgeführte stationäre Behandlung ist Gegenstand des Entlassungsberichts vom 13. November 2002. Danach wurden eine Verschraubung der Knochenstücke des Falschgelenks durchgeführt und Knochenspäne aus dem Becken eingebracht. In der Einschätzung wird hier der Gelenkzustand zwanglos mit dem Unfallereignis in Verbindung gebracht und mitgeteilt, es werde voraussichtlich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grad zurückbleiben.
In einer weiteren beratungsfachärztlichen Stellungnahme vom 27. Dezember 2002 vertrat der Chirurg Dr. L. die Auffassung, die Veränderungen am Kahnbein seien nicht auf den Unfall vom 11. Juli 2002 zurückzuführen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe vom Unfalltag bis zur kernspintomographischen Untersuchung vorgelegen. Durch Schreiben an Prof. Dr. N. vom 8. Januar 2003 brach daraufhin die Beklagte die Heilbehandlung zu ihren Lasten ab.
Mit Bescheid vom 16. Januar 2003 lehnte die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Rente oder sonstige Leistungen aus Anlass des Unfalls über den 3. September 2002 hinaus ab. Der Arbeitsunfall habe keine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade über die 26. Woche hinaus sowie keine Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über den 3. September 2002 hinaus hinterlassen. Er habe zu einer Prellung bzw. Verstauchung des linken Handgelenkes geführt, die bis zum 3. September 2002 folgenlos ausgeheilt gewesen sei. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den darüber hinaus vorliegenden Beschwerden und Veränderungen im Bereich des linken Handgelenkes und der Handwurzelknochen und dem Ereignis vom 11. Juli 2002 sei nicht wahrscheinlich. Dies ergebe sich aus den ärztlichen Befunden von Prof. Dr. N. im Bericht vom 4. November 2002, den Röntgenbildern vom Unfalltag und dem MRT-Befund.
Mit Eingangsdatum vom 4. Februar 2003 erhob der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch und verwies auf verschiedene ärztliche Berichte. In einem Bericht vom 30. Januar 2003 ging der Neurologe Dr. M. von einem Karpaltunnelsyndrom links aus und vertrat die Auffassung, da zuvor keine Beschwerden bestanden hätten, handele es sich um einen unfallbedingten Schaden. Er fügte in einem Vermerk vom 8. August 2003 hinzu, wenn die Angaben des Klägers stimmten, komme ein vorbestehender Bruch nicht in Betracht. Er gehe daher von einem Zusammenhang zwischen dem Sturz vom 11. Juli 2002 und den ihm gegenüber beklagten Beschwerden aus. In einem Kurzbericht der Universitätsklinik für Unfallchirurgie M. über eine stationäre Behandlung vom 6. bis 10. August 2003 teilte die behandelnde Ärztin eine fortbestehende Falschgelenksbildung des Kahnbeins mit der Folge einer am 7. August 2003 vorgenommenen Entfernung dieses Knochens, mediocarpalen Teilversteifung, Verwendung einer Spider-Platte und einer Knochenspanplastik mit. In ihrem Bericht vom 13. August 2003 verwies die Fachärztin für Chirurgie Dr. S. darauf, die Ärzte der Universitätsklinik M. hielten das Geschehen für eine Unfallfolge. Es ergebe sich mit Sicherheit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H ...
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2003 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Er knüpfte an ein früheres Schreiben der Beklagten an den Kläger an, wonach sowohl Dr. S. als auch Dr. M. offensichtlich keine eigenständige Wertung vorgenommen hätten und auch weder über umfassende Unterlagen noch über Röntgenaufnahmen verfügt hätten. Ihre Einschätzungen ließen auch keinerlei Bezug zu den Kausalitätsanforderungen der gesetzlichen Unfallversicherung erkennen. Auch Ärzte der Universitätsklinik M. seien zur Einschätzung einer unfallunabhängigen Ursache gelangt. Der Bescheid erreichte den Kläger auf dem Postweg.
Mit der am 15. Dezember 2003 beim Sozialgericht Magdeburg eingegangenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Behauptung einer Vorschädigung sei aus der Luft gegriffen. Er hat weiterhin auf Fehler im Behandlungsverlauf hingewiesen, die schließlich zu einer Vollversteifung des linken Handgelenkes geführt hätten. Weiterhin hat er ärztliche Bescheinigungen vorgelegt. Der Chirurg Prof. Dr. H. hat unter dem 20. Dezember 2003 die Auffassung vertreten, die erheblichen Bewegungseinschränkungen und Schmerzen seien Unfallfolgen, die im rentenberechtigenden Bereich einzuschätzen seien. Zu den unmittelbaren Unfallfolgen hat er lediglich mitgeteilt, die Untersuchung nach dem Unfall habe einen Bruch des Kahnbeins und Abbruch des Griffelfortsatzes der Elle ergeben. Die gleiche Einschätzung hat der Chefarzt der Klinik für Orthopädie des Fachkrankenhauses V-G, Dr. W., unter dem 12. Dezember 2003 vertreten. Auch er stellt hinsichtlich der unmittelbaren Unfallschäden lediglich dar, der Kahnbeinbruch sei am Unfalltag diagnostiziert worden.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Sozialgericht ein Gutachten von Prof. Dr. H. eingeholt, das dieser nach einer Untersuchung am 17. Januar 2006 erstattet hat. Er ist im Ergebnis dazu gelangt, beim Kläger sei die Beweglichkeit des linken Handgelenkes praktisch aufgehoben. Außerdem sei der Nervus medianus im Karpaltunnel bedrückt, was zu ständigen Schmerzen führe. Die jetzt geklagten Beschwerden seien mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen. Nur ein Röntgenologe habe den Verdacht eines alten Unfalles geäußert. Alle anderen behandelnden Ärzte seien von frischen Unfallverletzungen ausgegangen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit belaufe sich auf 30 v.H ... Eine eigene Auswertung bildgebender Diagnostik hat der Sachverständige nicht vorgenommen.
Mit Urteil vom 11. Juli 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger könne wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. Juli 2002 keine Rente der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H. beanspruchen. Es hat zunächst auf insgesamt vier verschiedene Benennungen des Unfalltages hingewiesen, jedoch den 11. Juli 2002 als Unfalltag zugrunde gelegt.
Es sei aber nicht wahrscheinlich, dass das Abstützen der linken Hand am 11. Juli 2002 rechtlich wesentliche Ursache für die Veränderungen des Kahnbeins gewesen sei, zu den Operationen geführt habe und Funktionsstörungen begründet habe, die mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H. zu bewerten seien. Die Kammer sei aufgrund der Befunde und Bewertungen von Prof. Dr. K., Dr. E., Prof. Dr. N. / Dr. S. und Dr. L. vom Gegenteil überzeugt. Danach hätten im linken Handgelenk des Klägers schon im Unfallzeitpunkt erhebliche krankhafte Veränderungen bestanden. Dazu gehörten der alte und abgedeckelte Kahnbeinbruch, die schweren Umbauveränderungen im Handgelenksbereich und der abgedeckelte Bruch des Griffelfortsatzes der Elle, weiter die ausgeprägten Umbauveränderungen mit Falschgelenkbildung im Bruchbereich des Kahnbeins und die während der Operation erkannten deutlichen Folgeveränderungen eines älteren Geschehens. Ausweislich der Literatur sei es auch einschlägige unfallmedizinische Erfahrung, dass Knochendeckel und ein Falschgelenk ein mehrere Monate oder Jahre altes Geschehen belegten. Die vom Kläger gegenüber der Beklagten angegebenen Schwellungen im Handgelenksbereich nach stärkeren Belastungen vor dem Unfall seien damit gut vereinbar. Frau Dr. S. habe sich zur Zusammenhangsfrage lediglich nach dem Hörensagen geäußert. Auch Dr. M. habe sich zur Einschätzung des ursächlichen Zusammenhangs allein auf die Angaben des Klägers gestützt. Diese seien nicht einmal aussagekräftig, weil auch ein frischer Bruch des Kahnbeins nur geringe Beschwerden verursachen könne. Prof. Dr. W. von der Chirurgischen Klinik der Universität M. und Dr. W. hätten zur Kausalität nichts ausgeführt. Das Gutachten von Prof. Dr. H. überzeuge nicht. Seine Behauptung, nur ein Röntgenologe habe den Verdacht eines alten Unfalls geäußert, sei ausweislich der zitierten Einschätzungen falsch. Er äußere lediglich eine Meinung ohne unfallmedizinische Argumentation.
Gegen das ihm am 20. Juli 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. August 2006 Berufung eingelegt. Er trägt vor, er habe vor dem Unfall bei den beruflich durchzuführenden schweren Arbeiten nicht die geringsten Beschwerden verspürt. Dies könnten seine unmittelbaren Arbeitskollegen bestätigen. Auch seine Hausärztin könne bestätigen, dass er vor dem Unfall niemals über Beschwerden am linken Handgelenk oder auch nur am linken Arm geklagt habe. Danach sei das Unfallereignis zumindest dem ersten Anschein nach für die nachfolgenden Beschwerden ursächlich. Das Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. H. sei zu seinen Gunsten eindeutig. Prof. Dr. H. habe ihm mittlerweile bei Betrachtung der Aufnahmen bestätigt, dass der Kahnbeinbruch und der Abbruch des Griffelfortsatzes der Elle frischer Natur seien.
Bei der Behandlung der Unfallfolgen sei es auch zu Behandlungsfehlern gekommen. Möglicherweise habe schon der nach dem Unfall angelegte Gipsverband zu locker gesessen und sei auch zu früh entfernt worden. Auch sei die Richtigkeit der Verwendung einer Schraube bei der ersten Operation fraglich. Entsprechende Erwägungen habe Prof. Dr. H. angestellt. Bei der Operation vom 30. Oktober 2002 seien die Ärzte von der Behandlung von Unfallfolgen ausgegangen. Eine Annahme, sie hätten bereits bei der Operation selbst zwischen Unfallfolgen und anderen Gesundheitsstörungen unterschieden, sei lebensfremd.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. Juli 2006 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 3. September 2002 hinaus Verletztengeld, ersatzweise für die Dauer von Maßnahmen der Teilhabe am Arbeitsleben Übergangsgeld, hilfsweise vom Ablauf der 78. Woche nach dem 11. Juli 2002 an Versichertenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 vom Hundert zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer Auffassung und schließt sich dem Urteil des Sozialgerichts an.
Das Gericht hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Abs. 1 SGG ein Gutachten des Arztes für diagnostische Radiologie, Dr. D., vom 15. August 2008 eingeholt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 166 - 172 d. A. verwiesen wird. Der Sachverständige ist nach Auswertung der zuvor gefertigten Aufnahmen zu dem Ergebnis gelangt, der Kahnbeinbruch sei nicht unfallbedingt. Die Diagnostik eines Kahnbeinbruches sei eine äußert schwierige Angelegenheit. Bei bis zu 65 Prozent solcher Brüche sei am Unfalltag der Bruch in einem normalen Röntgenbild nicht zu finden. Der auf der Röntgenaufnahme vom 11. Juli 2002 erkennbare Bruch sei mit Sicherheit nicht frisch. Dagegen sprächen das Klaffen des Bruchspaltes und die reaktiven Veränderungen der angrenzenden Knochenkanten. Die Verletzung sei Wochen bis Monate alt. Der Zustand des Griffelfortsatzes der Elle sei nicht mit Sicherheit ein Bruch und beruhe allenfalls auf einem mutmaßlich Jahre zurückliegenden Ereignis. Die Abbauveränderungen der Handwurzelknochen ließen auf eine starke körperliche Beanspruchung des Handgelenkes bzw. vielfältige Mikroverletzungen mit solchen Veränderungsfolgen schließen. Ein erkennbarer Knochenuntergang eines Bruchstückes sei eine mittelfristige Komplikation eines Kahnbeinbruches. Ein Ödem im Bereich des körperfernen größeren Knochenbruchstückes sei entgegen der Erstbefundung nicht zu erkennen; insofern handele es sich um ein Anschnittphänomen. Die Aufnahmen seien auch durch Bewegungsunruhe nicht optimal. Er schließe sich aufgrund des Kernspintomogramms vom 3. September 2002 der Ansicht von Prof. Dr. K., Prof. Dr. N. und Dr. L. an. Aufgrund der Vorschädigungen der körperabgewandten Gelenkflächen der Speiche lasse sich den Röntgenaufnahmen eine fortschreitende Knochenstrukturveränderung mit subchondralen Zystenbildungen erkennen.
Die Akte der Beklagten über den Vorgang – Az. / – hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg. Darüber konnte der Senat trotz der von beiden Beteiligten erteilten Zustimmung zu einer Entscheidung durch den Berichterstatter gem. § 155 Abs. 3, 4 SGG in voller Besetzung entscheiden, da der Berichterstatter ihm im Rahmen des eingeräumten Ermessens die Sache vorgelegt hat. Der Senat schließt sich auch seiner Auffassung an, wonach die Streitsache im Hinblick auf die vorzunehmende Würdigung nicht tatsächlich einfach gelagert ist.
Der Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2003 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 2 SGG, weil die Beklagte darin zu Recht die vom Kläger angestrebten weiteren Leistungen abgelehnt hat.
Beim Kläger lagen nach dem 3. September 2002 keine Folgen ("infolge") eines Versicherungsfalls vor, die sowohl Voraussetzung eines Anspruchs auf Verletztengeld nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) in der Fassung durch G. v. 21.8.02 (BGBl. I S. 3322) als auch von Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII als auch von Übergangsgeld nach § 49 SGB VII sind; auch soweit Verletztengeld wegen fortdauernder Heilbehandlung zu gewähren ist, setzt diese einen durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden voraus. Wegen des Fehlens von Unfallfolgen kommt auch kein Verletztengeldanspruch nach § 45 Abs. 2, 3 SGB VII in Betracht.
Es ist auszuschließen, dass die nach dem 3. September 2002 bestehenden Beschwerden und erhobenen Befunde wesentlich auf das Unfallereignis vom 11. Juli 2002 zurückzuführen sind; von überragender Bedeutung dafür ist vielmehr eine frühere Verletzung unbekannter Herkunft. Nach der im Unfallversicherungsrecht maßgeblichen Theorie zur Zusammenhangsbeurteilung ist nur die Bedingung rechtlich erheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens "wesentlich" beigetragen hat (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – zitiert nach Juris, Rdnr. 13-15). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden.
Das Gericht folgt der Einschätzung des Beratungsfacharztes der Beklagten Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 27. Dezember 2002 und des Sachverständigen Dr. D., soweit diese eine über den 3. September 2002 hinausgehende unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit ausgeschlossen haben. Im Zusammenhang ihrer Ausführungen wird zugleich deutlich, dass nicht nur Verletztengeld, sondern auch weitere Leistungen aus der Unfallversicherung wegen des Unfallereignisses ausgeschlossen sind, weil fortbestehende Krankheitsbilder und Funktionsstörungen auf die unfallfremde Vorverletzung zurückzuführen sind.
Auch im Übrigen belegen die ärztlichen Beurteilungen die entscheidende Bedeutung des Vorschadens für den nach dem 3. September 2002 bestehenden Krankheitszustand. Der Vorschaden ergibt sich aus den bildgebenden Untersuchungen und den Beobachtungen während der Operation vom 30. Oktober 2002. Auf den Röntgenbildern vom 11. Juli 2002 haben der Beratungsfacharzt Prof. Dr. K. und der Sachverständige Dr. D. ausschließlich ältere knöcherne Veränderungen vorgefunden. Ihrer ausführlichen Begründung für die Alterseinschätzung ist zu folgen. Soweit sich eine solche Beobachtung aus dem Durchgangsarztbericht des behandelnden Arztes der Chirurgischen Universitätsklinik M. nicht ergibt, fehlt aber jedes nähere Eingehen auf Einzelheiten; der Röntgenbefund umfasst hier acht Wörter. Die Behauptung des Klägers, der Sachverständige Prof. Dr. H. habe – nach seiner Gutachtenerstattung – bei der Betrachtung der Röntgenbilder auf eine frische Verletzung geschlossen, kann zu seinen Gunsten unterstellt werden. Angesichts der eindeutigen und mit Argumenten untermauerten abweichenden Auswertungsergebnisse eines Radiologen überzeugt diese Meinung nicht und hat auch keinen Anlass zu einer weiteren Stellungnahme Prof. Dr. H.s gegeben.
Auch im MRT-Befund vom 3. September 2002 finden sich die Hinweise, die die Beurteilung als alt tragen. Schon Dr. E. selbst erwähnt ausgeprägte Zeichen von Gelenkveränderungen, einen etwas älteren Kahnbeinbruch und einen älteren Abriss des Ellengriffelfortsatzes sowie eine Falschgelenkbildung, die schon begrifflich einen älteren, nicht zusammengeheilten Bruch benennt (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl., Stichwort "Pseudarthrose"). Die einzige danach ausdrücklich mit einer frischen Verletzung vereinbare Beobachtung eines Knochenmarködems hat der Sachverständige Dr. D. in unmittelbarer Auseinandersetzung mit diesem Befund als Abbildungserscheinung widerlegt. Davon geht das Gericht aus, da der Sachverständige in Kenntnis des ausführlichen Vorbefundes mit einer konkret auf diese Einzelheit bezogenen Begründung zu einem anderen Ergebnis gelangt. Auch im Übrigen schätzt Dr. D. bei der Auswertung des MRT die knöchernen Veränderungen ausschließlich als älter ein. Soweit Dr. H. nach einem Telefonvermerk der Beklagten dieser gegenüber geäußert hat, der Befund spreche für einen frischen Bruch, fehlt eine Begründung unter Eingehen auf Einzelheiten dort und im Befundbericht vom 18. September 2002.
Der vorbestehende Schaden wird schließlich durch die Einschätzung von Prof. Dr. N. und Dr. S. von der Orthopädischen Universitätsklinik M. in ihrem Bericht vom 4. November 2002 belegt, die diese Auffassung neben dem MRT-Befund nachvollziehbar mit aktuellen Röntgenbildern und den Beobachtungen im Rahmen der am 30. Oktober 2002 durchgeführten Operation begründen. Insofern ist es allein Ausdruck fehlender Folgerichtigkeit, wenn die behandelnden Ärzte in ihrem Entlassungsbericht vom 13. November 2002 ohne Schilderung abweichender Befunde den Zusammenhang zwischen einem Sturz und dem Bruch nahe legen und vom Verbleib einer rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ausgehen. Das Gericht misst dem Bericht vom 4. November 2002 als der operationsnäheren und speziell zur Beantwortung von Fragen der Beklagten verfassten Einschätzung den höheren Beweiswert zu, als einem routinemäßig verfassten Entlassungsbericht, der nicht in gleichem Maße zu kritischem Nachdenken über den Unfallzusammenhang herausfordert.
Die weiteren vom Kläger vorgelegten ärztlichen Einschätzungen ergeben keine Gesichtspunkte gegen einen vor dem geschilderten Unfallereignis entstandenen Schaden. Die Einschätzung von Dr. S. gibt allein eine angebliche Meinung der behandelnden Ärzte der Universitätsklinik wieder, die zudem im Gegensatz zu deren Bericht vom 4. November 2002 steht. Eine eigene Abwägung der Befunde enthält sie nicht. Ebensowenig lässt die mit den einzigen Worten "Skaphoid-Fraktur 7/02" vorgenommene Zuordnung der Ärztin S im beigefügten Kurzbrief über die stationäre Behandlung vom August 2003 eine überlegte Auseinandersetzung mit Befunden erkennen. Gleiches gilt für den ausführlichen Entlassungsbericht vom 11. August 2003 mit der Mitteilung einer "Skaphoidfraktur 7/02". Auch Dr. M. gibt in seiner Bescheinigung ausdrücklich an, seine Einschätzung eines unfallabhängigen Karpaltunnelsyndroms von der Angabe des Klägers abhängig gemacht zu haben, er habe vor dem 11. Juli 2002 keine Beschwerden gehabt. Nur daraus ziehe er den Schluss, dass kein vorbestehender Bruch vorgelegen habe. Auf die ohnehin dem orthopädischen Fachgebiet zuzurechnende Frage, ob ein früherer Bruch überhaupt markante Beschwerden verursachen musste, geht er nicht ein. Im Übrigen hat der Kläger selbst die Beschwerdesituation zeitnah zum Unfall anders dargestellt. Dies ergibt sich aus dem Telefonvermerk vom 24. September 2002, den ihm bereits das Sozialgericht in seinem Urteil entgegen gehalten und dessen Inhalt er nicht bestritten hat. Schließlich lässt auch die Bescheinigung des Fachkrankenhauses V-G vom 12. Dezember 2003 keine Auseinandersetzung mit Vorbefunden erkennen, die die ausführlichen Darstellungen alter Schäden entkräften könnten. Maßgeblich erscheint hier allein die Aussage, der Kahnbeinbruch sei am Unfalltag röntgenologisch diagnostiziert worden. Eine eigene Prüfung der Aufnahmen haben die Ärzte nicht erkennbar vorgenommen.
Das Gutachten von Prof. Dr. H. vom 31. Januar 2006 und seine Bescheinigung vom 20. Dezember 2003 kranken daran, dass er sich anstatt eigener Auswertung unfallnah gemachter Aufnahmen überwiegend auf ärztliche Äußerungen stützt, denen selbst keine eigene Auswertung zu Grunde liegt. So kommt er zu dem weder tragenden noch zutreffenden Ergebnis, nur ein Radiologe sei entgegen allen Fachärzten zu dem Ergebnis gekommen, es lägen Vorschäden vor. Weder Prof. Dr. K. noch Prof. Dr. N. und Dr. S. sind aber Radiologen.
Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit oder als Minderung der Erwerbsfähigkeit zu messende Funktionsstörung kann auch dann nicht über den 3. September 2003 hinaus bestanden haben, wenn der Kläger über diesen Tag hinaus mit einer Unterarmgipsschiene versorgt gewesen sein sollte. Denn diese Behandlung bezog sich auf den nicht unfallbedingten Kahnbeinbruch, wie sich aus der Bezeichnung durch Prof. Dr. N. und Dr. S. als "Skaphoidgips" in ihrem Bericht vom 4. November 2002 ergibt.
Die ausschlaggebende Bedeutung des alten Kahnbeinbruchs und der Handgelenksveränderungen für die nachfolgenden Gesundheitsstörungen ergibt sich aus den weiter vorgenommenen Behandlungen. So versuchten die Ärzte mit der Operation vom 30. Oktober 2002 ausweislich des Berichts vom 13. November 2002 das Zusammenwachsen der Bruchstücke im Kahnbeinbereich unter "Anfrischung" des Bruchbereichs mit einer Schraube zu erreichen. Mit der Operation vom 7. August 2003 erfolgte ausweislich des Entlassungsberichts vom 11. August 2003 die Entfernung der Schraube und des Kahnbeins und im Hinblick auf die Handgelenksveränderungen (Radiocarpalarthrose) die Teilversteifung des Gelenks.
Ein Zusammenhang der verbliebenen Gesundheitsstörungen mit dem Unfallgeschehen lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer fehlerhaften Heilbehandlung herstellen. Die heutigen Funktionsstörungen der linken Hand lassen sich nicht mit Wahrscheinlichkeit im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII auf die Durchführung einer Heilbehandlung zurückführen. Heilbehandlung ist nur die im Sinne von § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auf den unfallabhängigen Gesundheitsschaden bezogene Behandlung.
Der Anlage des Gipses kommt für die nachfolgenden Gesundheitsstörungen keine Bedeutung zu. Die Mutmaßung des Klägers und – nach seinen Angaben – Prof. Dr. H.s, der Gips habe zu locker gesessen und sei zu früh entfernt worden, begründet einen Zusammenhang schon deshalb nicht, weil eine frische knöcherne Bruchverletzung, deren richtigem Zusammenwachsen der Gips hätte dienen können (und sollen), nach dem Vorstehenden überhaupt nicht vorlag. Nur auf diese Verletzungen kommt es aber an, weil nur sie den späteren Krankheitsverlauf des Klägers – wie dargelegt – bestimmt haben. Weiterhin kommt eine ungünstige Beeinflussung der knöchernen Verletzungen auch nicht dadurch in Betracht, dass überhaupt – wegen des Alters der Bruchverletzungen wohl ohne Notwendigkeit – ein Gips angelegt worden ist. Denn dadurch waren die bereits abgedeckelten Bruchflächen der Knochen auch nicht mehr störend zu beeinflussen. So finden sich auch im Befund der Röntgenaufnahmen vom 11. Juli 2002 und des MRT vom 3. September 2002 keine Unterschiede. Ob der Bruch – wäre er früher als alter Bruch erkannt worden – durch frühere operative Maßnahmen noch hätte zusammen wachsen und heilen können, ist nicht mehr zu klären. Dazu bedürfte es nämlich der Klarheit darüber, wann etwa vor dem Unfall der Bruch denn entstanden war. Diese kann aber nicht in dem Sinne gewonnen werden, dass ein relativ frischer Bruch mit Heilungschancen gesichert werden könnte. Denn in allen Berichten und Einschätzungen, die nicht fehlerhaft von einer unmittelbaren Folge des Unfalls vom Juli 2002 ausgehen, findet sich die einheitliche Einschätzung als alt, die angesichts der Abkapselung der Bruchstellen die Möglichkeit eines erheblichen Alters umfasst. Dafür spricht auch die nach der Auswertung von Prof. Dr. K. und Dr. D. schon deutliche Arthrose des Handgelenkes.
Auch die Durchführung einer Verschraubung angesichts eines alten Bruchs bei der am 30. Oktober 2002 durchgeführten Operation begründet auch dann keine mittelbaren Unfallfolgen, wenn es sich dabei um eine Fehlbehandlung gehandelt hätte. Denn die Operation war jedenfalls insoweit keine Heilbehandlung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII – nämlich eine von Unfallfolgen –, als sie die Versorgung des Bruchs des Klägers zum Ziel hatte. Die behandelnden Ärzte der orthopädischen Universitätsklinik waren bereits mit Schreiben der Beklagten vom 18. September 2002 auf die Bedenken der Beklagten bezüglich des Alters des Bruchs hingewiesen und um eine eigene Einschätzung gebeten worden; dieses Schreiben haben sie ausweislich ihrer Antwort vom 4. November 2002 auch zur Kenntnis genommen. Ihre Beurteilung vom 4. November 2002 beruht auch auf der Auswertung des MRT vom 3. September 2002 und der ihnen von der Beklagten übersandten Röntgenaufnahmen. Danach mussten sie bereits bei Beginn der Operation damit rechnen, keinen frischen, sondern einen alten Bruch zu behandeln. Soweit sie sich darüber bei der Operation letzte Klarheit verschafft haben, steht dies mit der Behandlung des alten Bruches selbst in keinem Zusammenhang. Denn die bloße Öffnung des Operationsbereiches, die die Möglichkeit zur Wahrnehmung der alten Veränderungen gab, kommt auch nach Auffassung des Klägers nicht als Ursache für die späteren Probleme in Betracht. Die nachfolgende Operation vom 7. August 2003 war nämlich nach dem Operationsbericht durch die Handgelenksarthrose und Heilungsstörungen indiziert, die nach der Verschraubung des Kahnbeinbruchs im weiteren Verlauf aufgetreten waren.
Das Alter des Bruches, zu dessen Verheilung die Bruchstellen miteinander verschraubt worden sind, war aber bei der Operation vom Oktober 2002 bereits bekannt bzw. noch einmal bei der Operation erkannt worden. Insofern ist der Fall nicht vergleichbar mit der Fallgestaltung, die dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 5. August 1993 – 2 RU 34/92 (hier zitiert nach Juris) zu Grunde lag. Denn dort stand die operative Heilbehandlung im Zusammenhang mit dem Unfall, weil die behandelnden Ärzte von einer Unfallfolge ausgegangen waren und diese behandeln wollten. Eine solche Handlungstendenz der beteiligten Ärzte lässt sich hier zu Gunsten des Klägers nicht feststellen. Hier liegt der Fall wie in dem Urteil vom 30. Oktober 1991 – 2 RU 41/90 – (zitiert nach Juris, Rdnr. 18 f.), weil es um einen eindeutig abgrenzbaren Eingriff zur Behebung eines unfallunabhängigen Gesundheitsschadens geht. In solchen Fällen können die Gesundheitsstörungen nicht dem Arbeitsunfall zugeordnet werden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht vor, weil der Fall keine ungeklärten Rechtsfragen aufwirft und nicht auf einer Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung beruht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein vom Kläger erlittener Unfall Folgen in einem Grad hinterlassen hat, der zum weiteren Bezug von Geldleistungen berechtigt.
Der im D 1965 geborene Kläger erlitt am 11. Juli 2002 während seiner Tätigkeit als Fleischereiangestellter in der Kühlzelle der Fleischerei durch Stolpern über eine Kiste einen Unfall. Dieser Vorgang ist Gegenstand der Unfallanzeige der Arbeitgeber vom 31. Juli 2002. Nach dem Durchgangsarztbericht der Universitätsklinik für Unfallchirurgie M. vom 17. Juli 2002 gab der Kläger an, er habe sich bei dem Sturz mit der linken Hand abgestützt, in deren Gelenk sich starke Schmerzen, eine Schwellung und Bewegungseinschränkung gezeigt hätten. Es fanden sich eine Schwellung und erhöhte Temperatur an beiden Seiten des Handgelenks mit Druckschmerz und schmerzhaft eingeschränkter Streckung und Bewegung speichenwärts. Bei der Röntgendiagnostik fand sich ein Anhalt für einen Bruch in Form einer unauffälligen Verkalkung im körperabgewandten Speichenbereich. Die Diagnose lautete auf einen Kahnbeinbruch links. Der Beratungsfacharzt der Beklagten, der Chirurg Prof. Dr. K., gelangte unter dem 13. August 2002 zu der Einschätzung, auf den Röntgenbildern erkenne man einen Bruch des Kahnbeins. Dieser Bruch sei aber alt und abgedeckelt. Weiterhin lägen schwere Veränderungen im Handgelenksbereich und eine ebenfalls abgedeckelte Verletzung des Griffelfortsatzes der Elle vor. Er sehe keinen Zusammenhang zu einem frischen Unfall.
Telefonisch gab der Kläger gegenüber der Beklagten an, er habe vor Jahren bei stärkeren Belastungen, wie zum Beispiel beim Ausbeinen, Schwellungen im Handgelenksbereich erlitten, die er für anlagebedingt gehalten habe. Ein früherer Unfall sei ihm nicht erinnerlich. Die Beklagte zog einen MRT-Befund einer Aufnahme vom 3. September 2002 von Dr. E. bei, wonach ausgeprägte Zeichen einer Karpometakarpal- und Handwurzelgelenksarthrose und verletzungsbedingte Zysten vorlagen. Ein etwas älterer Bruch fand sich im körpernahen Drittel des Kahnbeins. Das Knochengewebe des dort gelegenen Bruchstücks war abgestorben. Ein noch vorhandenes geringes Knochenmarködem im körpernahen Anteil des Kahnbeins randnah erschien mit einem zeitnah erfolgten Trauma vereinbar. Hingegen war ein älterer knöcherner Abriss aus dem Griffelfortsatz der Elle zu erkennen. Die Gelenkkapsel war zum Handrücken hin gering verdickt. Die Beurteilung lautete auf eine ausgeprägte verletzungsbedingte Abbauveränderung im Bereich des Handgelenkes sowie im Bereich der Handwurzelknochen, verletzungsbedingte Knochenzysten, Zustand nach Bruch des Kahnbeins im körpernahen Drittel mit Falschgelenksbildung sowie mit Nachweis abgestorbenen Knochengewebes des körpernahen Bruchstücks. Unter dem 18. September 2002 wies die Beklagte den Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik M., Prof. Dr. N., auf Bedenken hinsichtlich der Frische der Verletzung hin und bat um Bericht und ggf. Abschluss des Heilverfahrens zu ihren Lasten. In dem Bericht vom 4. November 2002 vertrat dieser nach Durchführung und Auswertung des MRT die Auffassung, auch anlässlich einer operativen Versorgung des Verletzungsbereiches am 30. Oktober 2002 hätten sich deutliche Hinweise für ein älteres Geschehen mit deutlichen Folgeveränderungen gezeigt. Mit großer Wahrscheinlichkeit sei von einem alten Bruch auszugehen, der nicht auf den Unfall vom 11. Juli 2002 zurückzuführen sei. Die anlässlich der Operation durchgeführte stationäre Behandlung ist Gegenstand des Entlassungsberichts vom 13. November 2002. Danach wurden eine Verschraubung der Knochenstücke des Falschgelenks durchgeführt und Knochenspäne aus dem Becken eingebracht. In der Einschätzung wird hier der Gelenkzustand zwanglos mit dem Unfallereignis in Verbindung gebracht und mitgeteilt, es werde voraussichtlich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grad zurückbleiben.
In einer weiteren beratungsfachärztlichen Stellungnahme vom 27. Dezember 2002 vertrat der Chirurg Dr. L. die Auffassung, die Veränderungen am Kahnbein seien nicht auf den Unfall vom 11. Juli 2002 zurückzuführen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe vom Unfalltag bis zur kernspintomographischen Untersuchung vorgelegen. Durch Schreiben an Prof. Dr. N. vom 8. Januar 2003 brach daraufhin die Beklagte die Heilbehandlung zu ihren Lasten ab.
Mit Bescheid vom 16. Januar 2003 lehnte die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Rente oder sonstige Leistungen aus Anlass des Unfalls über den 3. September 2002 hinaus ab. Der Arbeitsunfall habe keine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade über die 26. Woche hinaus sowie keine Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über den 3. September 2002 hinaus hinterlassen. Er habe zu einer Prellung bzw. Verstauchung des linken Handgelenkes geführt, die bis zum 3. September 2002 folgenlos ausgeheilt gewesen sei. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den darüber hinaus vorliegenden Beschwerden und Veränderungen im Bereich des linken Handgelenkes und der Handwurzelknochen und dem Ereignis vom 11. Juli 2002 sei nicht wahrscheinlich. Dies ergebe sich aus den ärztlichen Befunden von Prof. Dr. N. im Bericht vom 4. November 2002, den Röntgenbildern vom Unfalltag und dem MRT-Befund.
Mit Eingangsdatum vom 4. Februar 2003 erhob der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch und verwies auf verschiedene ärztliche Berichte. In einem Bericht vom 30. Januar 2003 ging der Neurologe Dr. M. von einem Karpaltunnelsyndrom links aus und vertrat die Auffassung, da zuvor keine Beschwerden bestanden hätten, handele es sich um einen unfallbedingten Schaden. Er fügte in einem Vermerk vom 8. August 2003 hinzu, wenn die Angaben des Klägers stimmten, komme ein vorbestehender Bruch nicht in Betracht. Er gehe daher von einem Zusammenhang zwischen dem Sturz vom 11. Juli 2002 und den ihm gegenüber beklagten Beschwerden aus. In einem Kurzbericht der Universitätsklinik für Unfallchirurgie M. über eine stationäre Behandlung vom 6. bis 10. August 2003 teilte die behandelnde Ärztin eine fortbestehende Falschgelenksbildung des Kahnbeins mit der Folge einer am 7. August 2003 vorgenommenen Entfernung dieses Knochens, mediocarpalen Teilversteifung, Verwendung einer Spider-Platte und einer Knochenspanplastik mit. In ihrem Bericht vom 13. August 2003 verwies die Fachärztin für Chirurgie Dr. S. darauf, die Ärzte der Universitätsklinik M. hielten das Geschehen für eine Unfallfolge. Es ergebe sich mit Sicherheit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H ...
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2003 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Er knüpfte an ein früheres Schreiben der Beklagten an den Kläger an, wonach sowohl Dr. S. als auch Dr. M. offensichtlich keine eigenständige Wertung vorgenommen hätten und auch weder über umfassende Unterlagen noch über Röntgenaufnahmen verfügt hätten. Ihre Einschätzungen ließen auch keinerlei Bezug zu den Kausalitätsanforderungen der gesetzlichen Unfallversicherung erkennen. Auch Ärzte der Universitätsklinik M. seien zur Einschätzung einer unfallunabhängigen Ursache gelangt. Der Bescheid erreichte den Kläger auf dem Postweg.
Mit der am 15. Dezember 2003 beim Sozialgericht Magdeburg eingegangenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Behauptung einer Vorschädigung sei aus der Luft gegriffen. Er hat weiterhin auf Fehler im Behandlungsverlauf hingewiesen, die schließlich zu einer Vollversteifung des linken Handgelenkes geführt hätten. Weiterhin hat er ärztliche Bescheinigungen vorgelegt. Der Chirurg Prof. Dr. H. hat unter dem 20. Dezember 2003 die Auffassung vertreten, die erheblichen Bewegungseinschränkungen und Schmerzen seien Unfallfolgen, die im rentenberechtigenden Bereich einzuschätzen seien. Zu den unmittelbaren Unfallfolgen hat er lediglich mitgeteilt, die Untersuchung nach dem Unfall habe einen Bruch des Kahnbeins und Abbruch des Griffelfortsatzes der Elle ergeben. Die gleiche Einschätzung hat der Chefarzt der Klinik für Orthopädie des Fachkrankenhauses V-G, Dr. W., unter dem 12. Dezember 2003 vertreten. Auch er stellt hinsichtlich der unmittelbaren Unfallschäden lediglich dar, der Kahnbeinbruch sei am Unfalltag diagnostiziert worden.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Sozialgericht ein Gutachten von Prof. Dr. H. eingeholt, das dieser nach einer Untersuchung am 17. Januar 2006 erstattet hat. Er ist im Ergebnis dazu gelangt, beim Kläger sei die Beweglichkeit des linken Handgelenkes praktisch aufgehoben. Außerdem sei der Nervus medianus im Karpaltunnel bedrückt, was zu ständigen Schmerzen führe. Die jetzt geklagten Beschwerden seien mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen. Nur ein Röntgenologe habe den Verdacht eines alten Unfalles geäußert. Alle anderen behandelnden Ärzte seien von frischen Unfallverletzungen ausgegangen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit belaufe sich auf 30 v.H ... Eine eigene Auswertung bildgebender Diagnostik hat der Sachverständige nicht vorgenommen.
Mit Urteil vom 11. Juli 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger könne wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. Juli 2002 keine Rente der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H. beanspruchen. Es hat zunächst auf insgesamt vier verschiedene Benennungen des Unfalltages hingewiesen, jedoch den 11. Juli 2002 als Unfalltag zugrunde gelegt.
Es sei aber nicht wahrscheinlich, dass das Abstützen der linken Hand am 11. Juli 2002 rechtlich wesentliche Ursache für die Veränderungen des Kahnbeins gewesen sei, zu den Operationen geführt habe und Funktionsstörungen begründet habe, die mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H. zu bewerten seien. Die Kammer sei aufgrund der Befunde und Bewertungen von Prof. Dr. K., Dr. E., Prof. Dr. N. / Dr. S. und Dr. L. vom Gegenteil überzeugt. Danach hätten im linken Handgelenk des Klägers schon im Unfallzeitpunkt erhebliche krankhafte Veränderungen bestanden. Dazu gehörten der alte und abgedeckelte Kahnbeinbruch, die schweren Umbauveränderungen im Handgelenksbereich und der abgedeckelte Bruch des Griffelfortsatzes der Elle, weiter die ausgeprägten Umbauveränderungen mit Falschgelenkbildung im Bruchbereich des Kahnbeins und die während der Operation erkannten deutlichen Folgeveränderungen eines älteren Geschehens. Ausweislich der Literatur sei es auch einschlägige unfallmedizinische Erfahrung, dass Knochendeckel und ein Falschgelenk ein mehrere Monate oder Jahre altes Geschehen belegten. Die vom Kläger gegenüber der Beklagten angegebenen Schwellungen im Handgelenksbereich nach stärkeren Belastungen vor dem Unfall seien damit gut vereinbar. Frau Dr. S. habe sich zur Zusammenhangsfrage lediglich nach dem Hörensagen geäußert. Auch Dr. M. habe sich zur Einschätzung des ursächlichen Zusammenhangs allein auf die Angaben des Klägers gestützt. Diese seien nicht einmal aussagekräftig, weil auch ein frischer Bruch des Kahnbeins nur geringe Beschwerden verursachen könne. Prof. Dr. W. von der Chirurgischen Klinik der Universität M. und Dr. W. hätten zur Kausalität nichts ausgeführt. Das Gutachten von Prof. Dr. H. überzeuge nicht. Seine Behauptung, nur ein Röntgenologe habe den Verdacht eines alten Unfalls geäußert, sei ausweislich der zitierten Einschätzungen falsch. Er äußere lediglich eine Meinung ohne unfallmedizinische Argumentation.
Gegen das ihm am 20. Juli 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. August 2006 Berufung eingelegt. Er trägt vor, er habe vor dem Unfall bei den beruflich durchzuführenden schweren Arbeiten nicht die geringsten Beschwerden verspürt. Dies könnten seine unmittelbaren Arbeitskollegen bestätigen. Auch seine Hausärztin könne bestätigen, dass er vor dem Unfall niemals über Beschwerden am linken Handgelenk oder auch nur am linken Arm geklagt habe. Danach sei das Unfallereignis zumindest dem ersten Anschein nach für die nachfolgenden Beschwerden ursächlich. Das Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. H. sei zu seinen Gunsten eindeutig. Prof. Dr. H. habe ihm mittlerweile bei Betrachtung der Aufnahmen bestätigt, dass der Kahnbeinbruch und der Abbruch des Griffelfortsatzes der Elle frischer Natur seien.
Bei der Behandlung der Unfallfolgen sei es auch zu Behandlungsfehlern gekommen. Möglicherweise habe schon der nach dem Unfall angelegte Gipsverband zu locker gesessen und sei auch zu früh entfernt worden. Auch sei die Richtigkeit der Verwendung einer Schraube bei der ersten Operation fraglich. Entsprechende Erwägungen habe Prof. Dr. H. angestellt. Bei der Operation vom 30. Oktober 2002 seien die Ärzte von der Behandlung von Unfallfolgen ausgegangen. Eine Annahme, sie hätten bereits bei der Operation selbst zwischen Unfallfolgen und anderen Gesundheitsstörungen unterschieden, sei lebensfremd.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. Juli 2006 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 3. September 2002 hinaus Verletztengeld, ersatzweise für die Dauer von Maßnahmen der Teilhabe am Arbeitsleben Übergangsgeld, hilfsweise vom Ablauf der 78. Woche nach dem 11. Juli 2002 an Versichertenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 vom Hundert zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer Auffassung und schließt sich dem Urteil des Sozialgerichts an.
Das Gericht hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Abs. 1 SGG ein Gutachten des Arztes für diagnostische Radiologie, Dr. D., vom 15. August 2008 eingeholt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 166 - 172 d. A. verwiesen wird. Der Sachverständige ist nach Auswertung der zuvor gefertigten Aufnahmen zu dem Ergebnis gelangt, der Kahnbeinbruch sei nicht unfallbedingt. Die Diagnostik eines Kahnbeinbruches sei eine äußert schwierige Angelegenheit. Bei bis zu 65 Prozent solcher Brüche sei am Unfalltag der Bruch in einem normalen Röntgenbild nicht zu finden. Der auf der Röntgenaufnahme vom 11. Juli 2002 erkennbare Bruch sei mit Sicherheit nicht frisch. Dagegen sprächen das Klaffen des Bruchspaltes und die reaktiven Veränderungen der angrenzenden Knochenkanten. Die Verletzung sei Wochen bis Monate alt. Der Zustand des Griffelfortsatzes der Elle sei nicht mit Sicherheit ein Bruch und beruhe allenfalls auf einem mutmaßlich Jahre zurückliegenden Ereignis. Die Abbauveränderungen der Handwurzelknochen ließen auf eine starke körperliche Beanspruchung des Handgelenkes bzw. vielfältige Mikroverletzungen mit solchen Veränderungsfolgen schließen. Ein erkennbarer Knochenuntergang eines Bruchstückes sei eine mittelfristige Komplikation eines Kahnbeinbruches. Ein Ödem im Bereich des körperfernen größeren Knochenbruchstückes sei entgegen der Erstbefundung nicht zu erkennen; insofern handele es sich um ein Anschnittphänomen. Die Aufnahmen seien auch durch Bewegungsunruhe nicht optimal. Er schließe sich aufgrund des Kernspintomogramms vom 3. September 2002 der Ansicht von Prof. Dr. K., Prof. Dr. N. und Dr. L. an. Aufgrund der Vorschädigungen der körperabgewandten Gelenkflächen der Speiche lasse sich den Röntgenaufnahmen eine fortschreitende Knochenstrukturveränderung mit subchondralen Zystenbildungen erkennen.
Die Akte der Beklagten über den Vorgang – Az. / – hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg. Darüber konnte der Senat trotz der von beiden Beteiligten erteilten Zustimmung zu einer Entscheidung durch den Berichterstatter gem. § 155 Abs. 3, 4 SGG in voller Besetzung entscheiden, da der Berichterstatter ihm im Rahmen des eingeräumten Ermessens die Sache vorgelegt hat. Der Senat schließt sich auch seiner Auffassung an, wonach die Streitsache im Hinblick auf die vorzunehmende Würdigung nicht tatsächlich einfach gelagert ist.
Der Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2003 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 2 SGG, weil die Beklagte darin zu Recht die vom Kläger angestrebten weiteren Leistungen abgelehnt hat.
Beim Kläger lagen nach dem 3. September 2002 keine Folgen ("infolge") eines Versicherungsfalls vor, die sowohl Voraussetzung eines Anspruchs auf Verletztengeld nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) in der Fassung durch G. v. 21.8.02 (BGBl. I S. 3322) als auch von Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII als auch von Übergangsgeld nach § 49 SGB VII sind; auch soweit Verletztengeld wegen fortdauernder Heilbehandlung zu gewähren ist, setzt diese einen durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden voraus. Wegen des Fehlens von Unfallfolgen kommt auch kein Verletztengeldanspruch nach § 45 Abs. 2, 3 SGB VII in Betracht.
Es ist auszuschließen, dass die nach dem 3. September 2002 bestehenden Beschwerden und erhobenen Befunde wesentlich auf das Unfallereignis vom 11. Juli 2002 zurückzuführen sind; von überragender Bedeutung dafür ist vielmehr eine frühere Verletzung unbekannter Herkunft. Nach der im Unfallversicherungsrecht maßgeblichen Theorie zur Zusammenhangsbeurteilung ist nur die Bedingung rechtlich erheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens "wesentlich" beigetragen hat (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – zitiert nach Juris, Rdnr. 13-15). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden.
Das Gericht folgt der Einschätzung des Beratungsfacharztes der Beklagten Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 27. Dezember 2002 und des Sachverständigen Dr. D., soweit diese eine über den 3. September 2002 hinausgehende unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit ausgeschlossen haben. Im Zusammenhang ihrer Ausführungen wird zugleich deutlich, dass nicht nur Verletztengeld, sondern auch weitere Leistungen aus der Unfallversicherung wegen des Unfallereignisses ausgeschlossen sind, weil fortbestehende Krankheitsbilder und Funktionsstörungen auf die unfallfremde Vorverletzung zurückzuführen sind.
Auch im Übrigen belegen die ärztlichen Beurteilungen die entscheidende Bedeutung des Vorschadens für den nach dem 3. September 2002 bestehenden Krankheitszustand. Der Vorschaden ergibt sich aus den bildgebenden Untersuchungen und den Beobachtungen während der Operation vom 30. Oktober 2002. Auf den Röntgenbildern vom 11. Juli 2002 haben der Beratungsfacharzt Prof. Dr. K. und der Sachverständige Dr. D. ausschließlich ältere knöcherne Veränderungen vorgefunden. Ihrer ausführlichen Begründung für die Alterseinschätzung ist zu folgen. Soweit sich eine solche Beobachtung aus dem Durchgangsarztbericht des behandelnden Arztes der Chirurgischen Universitätsklinik M. nicht ergibt, fehlt aber jedes nähere Eingehen auf Einzelheiten; der Röntgenbefund umfasst hier acht Wörter. Die Behauptung des Klägers, der Sachverständige Prof. Dr. H. habe – nach seiner Gutachtenerstattung – bei der Betrachtung der Röntgenbilder auf eine frische Verletzung geschlossen, kann zu seinen Gunsten unterstellt werden. Angesichts der eindeutigen und mit Argumenten untermauerten abweichenden Auswertungsergebnisse eines Radiologen überzeugt diese Meinung nicht und hat auch keinen Anlass zu einer weiteren Stellungnahme Prof. Dr. H.s gegeben.
Auch im MRT-Befund vom 3. September 2002 finden sich die Hinweise, die die Beurteilung als alt tragen. Schon Dr. E. selbst erwähnt ausgeprägte Zeichen von Gelenkveränderungen, einen etwas älteren Kahnbeinbruch und einen älteren Abriss des Ellengriffelfortsatzes sowie eine Falschgelenkbildung, die schon begrifflich einen älteren, nicht zusammengeheilten Bruch benennt (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl., Stichwort "Pseudarthrose"). Die einzige danach ausdrücklich mit einer frischen Verletzung vereinbare Beobachtung eines Knochenmarködems hat der Sachverständige Dr. D. in unmittelbarer Auseinandersetzung mit diesem Befund als Abbildungserscheinung widerlegt. Davon geht das Gericht aus, da der Sachverständige in Kenntnis des ausführlichen Vorbefundes mit einer konkret auf diese Einzelheit bezogenen Begründung zu einem anderen Ergebnis gelangt. Auch im Übrigen schätzt Dr. D. bei der Auswertung des MRT die knöchernen Veränderungen ausschließlich als älter ein. Soweit Dr. H. nach einem Telefonvermerk der Beklagten dieser gegenüber geäußert hat, der Befund spreche für einen frischen Bruch, fehlt eine Begründung unter Eingehen auf Einzelheiten dort und im Befundbericht vom 18. September 2002.
Der vorbestehende Schaden wird schließlich durch die Einschätzung von Prof. Dr. N. und Dr. S. von der Orthopädischen Universitätsklinik M. in ihrem Bericht vom 4. November 2002 belegt, die diese Auffassung neben dem MRT-Befund nachvollziehbar mit aktuellen Röntgenbildern und den Beobachtungen im Rahmen der am 30. Oktober 2002 durchgeführten Operation begründen. Insofern ist es allein Ausdruck fehlender Folgerichtigkeit, wenn die behandelnden Ärzte in ihrem Entlassungsbericht vom 13. November 2002 ohne Schilderung abweichender Befunde den Zusammenhang zwischen einem Sturz und dem Bruch nahe legen und vom Verbleib einer rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ausgehen. Das Gericht misst dem Bericht vom 4. November 2002 als der operationsnäheren und speziell zur Beantwortung von Fragen der Beklagten verfassten Einschätzung den höheren Beweiswert zu, als einem routinemäßig verfassten Entlassungsbericht, der nicht in gleichem Maße zu kritischem Nachdenken über den Unfallzusammenhang herausfordert.
Die weiteren vom Kläger vorgelegten ärztlichen Einschätzungen ergeben keine Gesichtspunkte gegen einen vor dem geschilderten Unfallereignis entstandenen Schaden. Die Einschätzung von Dr. S. gibt allein eine angebliche Meinung der behandelnden Ärzte der Universitätsklinik wieder, die zudem im Gegensatz zu deren Bericht vom 4. November 2002 steht. Eine eigene Abwägung der Befunde enthält sie nicht. Ebensowenig lässt die mit den einzigen Worten "Skaphoid-Fraktur 7/02" vorgenommene Zuordnung der Ärztin S im beigefügten Kurzbrief über die stationäre Behandlung vom August 2003 eine überlegte Auseinandersetzung mit Befunden erkennen. Gleiches gilt für den ausführlichen Entlassungsbericht vom 11. August 2003 mit der Mitteilung einer "Skaphoidfraktur 7/02". Auch Dr. M. gibt in seiner Bescheinigung ausdrücklich an, seine Einschätzung eines unfallabhängigen Karpaltunnelsyndroms von der Angabe des Klägers abhängig gemacht zu haben, er habe vor dem 11. Juli 2002 keine Beschwerden gehabt. Nur daraus ziehe er den Schluss, dass kein vorbestehender Bruch vorgelegen habe. Auf die ohnehin dem orthopädischen Fachgebiet zuzurechnende Frage, ob ein früherer Bruch überhaupt markante Beschwerden verursachen musste, geht er nicht ein. Im Übrigen hat der Kläger selbst die Beschwerdesituation zeitnah zum Unfall anders dargestellt. Dies ergibt sich aus dem Telefonvermerk vom 24. September 2002, den ihm bereits das Sozialgericht in seinem Urteil entgegen gehalten und dessen Inhalt er nicht bestritten hat. Schließlich lässt auch die Bescheinigung des Fachkrankenhauses V-G vom 12. Dezember 2003 keine Auseinandersetzung mit Vorbefunden erkennen, die die ausführlichen Darstellungen alter Schäden entkräften könnten. Maßgeblich erscheint hier allein die Aussage, der Kahnbeinbruch sei am Unfalltag röntgenologisch diagnostiziert worden. Eine eigene Prüfung der Aufnahmen haben die Ärzte nicht erkennbar vorgenommen.
Das Gutachten von Prof. Dr. H. vom 31. Januar 2006 und seine Bescheinigung vom 20. Dezember 2003 kranken daran, dass er sich anstatt eigener Auswertung unfallnah gemachter Aufnahmen überwiegend auf ärztliche Äußerungen stützt, denen selbst keine eigene Auswertung zu Grunde liegt. So kommt er zu dem weder tragenden noch zutreffenden Ergebnis, nur ein Radiologe sei entgegen allen Fachärzten zu dem Ergebnis gekommen, es lägen Vorschäden vor. Weder Prof. Dr. K. noch Prof. Dr. N. und Dr. S. sind aber Radiologen.
Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit oder als Minderung der Erwerbsfähigkeit zu messende Funktionsstörung kann auch dann nicht über den 3. September 2003 hinaus bestanden haben, wenn der Kläger über diesen Tag hinaus mit einer Unterarmgipsschiene versorgt gewesen sein sollte. Denn diese Behandlung bezog sich auf den nicht unfallbedingten Kahnbeinbruch, wie sich aus der Bezeichnung durch Prof. Dr. N. und Dr. S. als "Skaphoidgips" in ihrem Bericht vom 4. November 2002 ergibt.
Die ausschlaggebende Bedeutung des alten Kahnbeinbruchs und der Handgelenksveränderungen für die nachfolgenden Gesundheitsstörungen ergibt sich aus den weiter vorgenommenen Behandlungen. So versuchten die Ärzte mit der Operation vom 30. Oktober 2002 ausweislich des Berichts vom 13. November 2002 das Zusammenwachsen der Bruchstücke im Kahnbeinbereich unter "Anfrischung" des Bruchbereichs mit einer Schraube zu erreichen. Mit der Operation vom 7. August 2003 erfolgte ausweislich des Entlassungsberichts vom 11. August 2003 die Entfernung der Schraube und des Kahnbeins und im Hinblick auf die Handgelenksveränderungen (Radiocarpalarthrose) die Teilversteifung des Gelenks.
Ein Zusammenhang der verbliebenen Gesundheitsstörungen mit dem Unfallgeschehen lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer fehlerhaften Heilbehandlung herstellen. Die heutigen Funktionsstörungen der linken Hand lassen sich nicht mit Wahrscheinlichkeit im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII auf die Durchführung einer Heilbehandlung zurückführen. Heilbehandlung ist nur die im Sinne von § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auf den unfallabhängigen Gesundheitsschaden bezogene Behandlung.
Der Anlage des Gipses kommt für die nachfolgenden Gesundheitsstörungen keine Bedeutung zu. Die Mutmaßung des Klägers und – nach seinen Angaben – Prof. Dr. H.s, der Gips habe zu locker gesessen und sei zu früh entfernt worden, begründet einen Zusammenhang schon deshalb nicht, weil eine frische knöcherne Bruchverletzung, deren richtigem Zusammenwachsen der Gips hätte dienen können (und sollen), nach dem Vorstehenden überhaupt nicht vorlag. Nur auf diese Verletzungen kommt es aber an, weil nur sie den späteren Krankheitsverlauf des Klägers – wie dargelegt – bestimmt haben. Weiterhin kommt eine ungünstige Beeinflussung der knöchernen Verletzungen auch nicht dadurch in Betracht, dass überhaupt – wegen des Alters der Bruchverletzungen wohl ohne Notwendigkeit – ein Gips angelegt worden ist. Denn dadurch waren die bereits abgedeckelten Bruchflächen der Knochen auch nicht mehr störend zu beeinflussen. So finden sich auch im Befund der Röntgenaufnahmen vom 11. Juli 2002 und des MRT vom 3. September 2002 keine Unterschiede. Ob der Bruch – wäre er früher als alter Bruch erkannt worden – durch frühere operative Maßnahmen noch hätte zusammen wachsen und heilen können, ist nicht mehr zu klären. Dazu bedürfte es nämlich der Klarheit darüber, wann etwa vor dem Unfall der Bruch denn entstanden war. Diese kann aber nicht in dem Sinne gewonnen werden, dass ein relativ frischer Bruch mit Heilungschancen gesichert werden könnte. Denn in allen Berichten und Einschätzungen, die nicht fehlerhaft von einer unmittelbaren Folge des Unfalls vom Juli 2002 ausgehen, findet sich die einheitliche Einschätzung als alt, die angesichts der Abkapselung der Bruchstellen die Möglichkeit eines erheblichen Alters umfasst. Dafür spricht auch die nach der Auswertung von Prof. Dr. K. und Dr. D. schon deutliche Arthrose des Handgelenkes.
Auch die Durchführung einer Verschraubung angesichts eines alten Bruchs bei der am 30. Oktober 2002 durchgeführten Operation begründet auch dann keine mittelbaren Unfallfolgen, wenn es sich dabei um eine Fehlbehandlung gehandelt hätte. Denn die Operation war jedenfalls insoweit keine Heilbehandlung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII – nämlich eine von Unfallfolgen –, als sie die Versorgung des Bruchs des Klägers zum Ziel hatte. Die behandelnden Ärzte der orthopädischen Universitätsklinik waren bereits mit Schreiben der Beklagten vom 18. September 2002 auf die Bedenken der Beklagten bezüglich des Alters des Bruchs hingewiesen und um eine eigene Einschätzung gebeten worden; dieses Schreiben haben sie ausweislich ihrer Antwort vom 4. November 2002 auch zur Kenntnis genommen. Ihre Beurteilung vom 4. November 2002 beruht auch auf der Auswertung des MRT vom 3. September 2002 und der ihnen von der Beklagten übersandten Röntgenaufnahmen. Danach mussten sie bereits bei Beginn der Operation damit rechnen, keinen frischen, sondern einen alten Bruch zu behandeln. Soweit sie sich darüber bei der Operation letzte Klarheit verschafft haben, steht dies mit der Behandlung des alten Bruches selbst in keinem Zusammenhang. Denn die bloße Öffnung des Operationsbereiches, die die Möglichkeit zur Wahrnehmung der alten Veränderungen gab, kommt auch nach Auffassung des Klägers nicht als Ursache für die späteren Probleme in Betracht. Die nachfolgende Operation vom 7. August 2003 war nämlich nach dem Operationsbericht durch die Handgelenksarthrose und Heilungsstörungen indiziert, die nach der Verschraubung des Kahnbeinbruchs im weiteren Verlauf aufgetreten waren.
Das Alter des Bruches, zu dessen Verheilung die Bruchstellen miteinander verschraubt worden sind, war aber bei der Operation vom Oktober 2002 bereits bekannt bzw. noch einmal bei der Operation erkannt worden. Insofern ist der Fall nicht vergleichbar mit der Fallgestaltung, die dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 5. August 1993 – 2 RU 34/92 (hier zitiert nach Juris) zu Grunde lag. Denn dort stand die operative Heilbehandlung im Zusammenhang mit dem Unfall, weil die behandelnden Ärzte von einer Unfallfolge ausgegangen waren und diese behandeln wollten. Eine solche Handlungstendenz der beteiligten Ärzte lässt sich hier zu Gunsten des Klägers nicht feststellen. Hier liegt der Fall wie in dem Urteil vom 30. Oktober 1991 – 2 RU 41/90 – (zitiert nach Juris, Rdnr. 18 f.), weil es um einen eindeutig abgrenzbaren Eingriff zur Behebung eines unfallunabhängigen Gesundheitsschadens geht. In solchen Fällen können die Gesundheitsstörungen nicht dem Arbeitsunfall zugeordnet werden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht vor, weil der Fall keine ungeklärten Rechtsfragen aufwirft und nicht auf einer Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung beruht.
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