Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 20 AS 1888/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 226/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg (SG), das seinen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt hat.
Der am. 1974 geborene Antragsteller bezieht vom Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 23. März 2011 bewilligte er für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. September 2011 monatliche Leistungen iHv 642,53 EUR (359,00 EUR Regelleistung und 283,53 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU)).
Bereits am 8. November 2010 hatten die Beteiligten eine bis zum 7. Mai 2011 gültige Eingliederungsvereinbarung (EV) abgeschlossen, nach der sich der Antragsteller u.a. durch vier Bewerbungen monatlich und die regelmäßige Teilnahme an einer Trainingsmaßnahme mit Anwesenheitspflicht um eine Eingliederung in Arbeit bemühen sollte. Konkret wurde ihm auferlegt, an einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung gemäß § 16d Satz 2 SGB II ("Art der Tätigkeit: Bauhelfer; Tätigkeitsort M ; zeitlicher Umfang: 30 h wöchentlich; zeitliche Verteilung: Teilzeit; Höhe der Mehraufwandsentschädigung pro Stunde: 1,28 EUR; individuell verfolgtes Maßnahmeziel Stabilisierung und Aktivierung") teilzunehmen.
Mit Schreiben vom 23. März 2011 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zur Absenkung oder zum Wegfall der Leistungen gemäß § 31 SGB II an. Er habe seit dem 4. März 2011 unentschuldigt an einer Maßnahme nicht teilgenommen. Dazu erklärte dieser bei seiner Vorsprache am 5. April 2011, es falle ihm aufgrund seiner langjährigen Arbeitslosigkeit nicht leicht, sich an frühe Anfangszeiten und pünktliches Erscheinen zu gewöhnen.
Mit Bescheid vom 14. April 2011 verfügte der Antragsgegner den vollständigen Wegfall der Regelleistungen in der Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Juli 2011. Der Antragsteller habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die in der EV festgelegten Pflichten nicht umfassend erfüllt, da er seine Eigenbemühungen nicht hinreichend nachgewiesen habe. Die angegebenen Gründe dafür seien bei Abwägung seiner Interessen mit denen der Allgemeinheit nicht als wichtig iSv § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. anzuerkennen. Auf Antrag könnten ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen – insbesondere Lebensmittelgutscheine – gewährt werden. Mit Änderungsbescheid vom selben Tag bewilligte der Antragsgegner für den Sanktionszeitraum monatliche Leistungen iHv 283,53 EUR (nur KdU). Dagegen legte der Antragsteller keinen Widerspruch ein.
Am 20. Mai 2011 beantragte er bei dem Antragsgegner ein Darlehen iHv 450,00 EUR. Aufgrund der 100 %igen Regelleistungskürzung sei er nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dies lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 27. Mai 2011 ab. Im Bescheid wies er darauf hin, dass dem Antragsteller während des Sanktionszeitraums Lebensmittelgutscheine zustünden.
Am 6. Juni 2011 hat der Antragsteller bei dem SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt und die ungeminderte Weitergewährung der zuvor bewilligten Leistungen im Sanktionszeitraum begehrt. Er habe gegen den Sanktionsbescheid vom 14. April 2011 keinen Widerspruch eingelegt. Nunmehr habe der Antragsgegner mit Schreiben vom 20. Mai 2011 eine weitere Sanktion angedroht. Er befürchte, dass zukünftig keine KdU mehr geleistet würden. Das könne er nicht kompensieren. Seine Rücklagen und das Bargeld seien restlos aufgebraucht. Er habe kein Girokonto; seine SGB II-Leistungen erhalte er in Form von Schecks. Die Entscheidung über die Sanktion wolle er nicht mehr abwarten. Er befinde sich in existenzieller Not und könne seinen Lebensunterhalt nicht sicherstellen. Der Antragsgegner hat auf die Bestandskraft des Sanktionsbescheides vom 14. April 2011 verwiesen und ausgeführt, mit dem Anhörungsschreiben vom 20. Mai 2011 werde noch nicht in Rechte des Antragstellers eingegriffen.
Mit Beschluss vom 14. Juni 2011 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Wegen der Bestandskraft des Sanktionsbescheids vom 14. April 2011 sei eine vorläufige Regelung im einstweiligen Rechtsschutz nicht mehr möglich. Soweit er sich gegen das Anhörungsschreiben wende, beinhalte dieses keine Regelung, die ihn beschwere.
Gegen diesen ihm am 14. Juni 2011 ausgehändigten Beschluss hat der Antragsteller noch am selben Tag durch seinen Prozessbevollmächtigten Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Zur Begründung hat er am 16. Juni 2011 ausgeführt, die Rechtsfolgenbelehrung der EV sei rechtswidrig. Es würden mehrere Kürzungsvarianten benannt. Es fehle der Hinweis auf eine Verminderung der Sanktion aufgrund "tätiger Reue". Der Sanktionsbescheid sei zu unbestimmt. Er nehme Bezug auf eine Trainingsmaßnahme, indes sei in der EV eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung als Bauhelfer vereinbart gewesen. Dem Prozessbevollmächtigten sei nicht bekannt, ob eine Anhörung erfolgt sei. Dem Antragsteller sei gesagt worden, er "bräuchte nicht Widerspruch" einzulegen. Es werde "hiermit vorsorglich Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X" gestellt. Er stehe ohne eigene Mittel da, was wegen der "offensichtlichen Rechtswidrigkeit der verhängten Sanktion schwerer wiege als eine etwaige Bestandskraft des Sanktionsbescheides".
Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 14. Juni 2011 aufzuheben und ihm im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Juli 2011 monatliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 642,53 EUR zu gewähren und ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt. Er hat auf telefonische Nachfrage der Berichterstatterin am 23. Juni 2011 erklärt, es handle sich um die dritte Sanktion des Antragstellers. Bereits in den Zeiten vom 1. Juli bis zum 30. September 2010 und vom 1. Dezember 2010 bis zum 28. Februar 2011 seien die Leistungen abgesenkt worden. Der Überprüfungsantrag sei erfasst und an die Leistungsabteilung zur Prüfung weitergeleitet worden. Bescheide würden nach ihrer Erstellung und Erfassung durch die zentrale Ausdruckstelle in der Regel noch am selben Tag ausgedruckt und versandt. Nur bei späten Bescheiderstellungen, etwa nach 17.00 Uhr, erfolgten Ausdruck und Versand am folgenden Arbeitstag. Der Bescheid vom 14. April 2010 sei am selben Tag erfasst und zwecks Zustellung weitergegeben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die benannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft (§§ 173, 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Beschwerdewert ist überschritten, da mit dem angegriffenen Bescheid Leistungen iHv 359,00 EUR monatlich für die Dauer von drei Monaten um 100 % herabgesetzt worden sind.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Das Begehren des Antragstellers ist darauf gerichtet, während des im Streit stehenden Zeitraums vom 1. Mai bis zum 31. Juli 2011 weiterhin die mit Bescheid vom 23. März 2011 bewilligten Leistungen SGB II in ungeminderter Höhe zu erhalten. Unabhängig von der wörtlichen Fassung des Antrags ist zunächst von der Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auszugehen, denn der Antragsteller will den Vollzug des Sanktionsbescheid nach § 31 SGB II a.F. verhindern. Mit diesem Bescheid wurden die zuvor bewilligten Leistungen für den streitigen Zeitraum hinsichtlich der Regelleistung vollständig entzogen. Nach § 39 Nr. 1 SGB II in der hier maßgeblichen, seit dem 1. Januar 2009 gültigen Fassung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen ein Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft oder herabsetzt, keine aufschiebende Wirkung. Der im Weg des Widerspruchs und der isolierten Anfechtungsklage anzugreifende Sanktionsbescheid entscheidet über den vollständigen Entzug der bereits bewilligten Leistung. Daher kann vorläufiger Rechtsschutz grundsätzlich zulässigerweise nur nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG erfolgen. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist im Zeitpunkt der Entscheidung der Verwaltungsakt bereits vollzogen, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 86b Abs. 1 Satz 2 SGG).
Ein solcher Antrag ist jedoch nur dann statthaft, wenn ein gegenüber dem Antragsteller noch nicht bestandskräftiger Verwaltungsakt vorliegt. Der Umstand, dass der Verwaltungsakt, um dessen Vollziehung es geht, unanfechtbar geworden ist, macht einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG unzulässig (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 86b RN 7). Im vorliegenden Fall ist der Sanktionsbescheid vom 14. April 2011 bestandskräftig geworden, denn der Antragsteller hat nach eigenen Angaben gegen diesen Bescheid nicht den innerhalb der einmonatigen Frist des § 84 Abs. 1 SGG statthaften Rechtsbehelf des Widerspruchs eingelegt. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
Zwar steht der Zeitpunkt der Bekanntgabe, d.h. der Zugang des Bescheids beim Antragsteller, nicht fest, und dem Verwaltungsvorgang lässt sich nicht entnehmen, wann der Bescheid zur Post aufgegeben wurde. Nach den Angaben des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren erfolgen jedoch Ausdruck und Postversand von Bescheiden am Tag ihrer Erstellung – in Ausnahmefällen am Tag danach. Bestandskraft dürfte mithin zwischen dem 17. und 19. Mai 2011 eingetreten sein. Bis dahin und in der Folgezeit hat sich der Antragsteller nicht mit einem Widerspruch an den Antragsgegner gewandt.
Mit Eintritt der Bestandskraft ist der Sanktionsbescheid für die Beteiligten bindend iSv § 77 SGG geworden, denn er kann mit Rechtsbehelfen nicht mehr angegriffen werden. Somit ist die getroffene Regelung nach ihrem materiellen Gehalt verbindlich und kann (auch) im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b SGG nicht mehr abgeändert werden. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung war daher als unzulässig abzulehnen.
Dasselbe gilt im Grundsatz, soweit der Antragsteller im Weg einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG eine vorläufige Leistungsgewährung begehrt. Insoweit steht der bestandskräftige Sanktionsbescheid der vorläufigen Leistungsgewährung entgegen (vgl. Beschluss des Senats vom 25. März 2011, Az.: L 5 AS 71/11 B ER, n.v.). Denn der Erlass einer Regelungsanordnung setzt gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG das Bestehen eines streitigen Rechtsverhältnisses voraus. Hier ist das Rechtsverhältnis der Beteiligten verbindlich geregelt und damit einer einstweiligen Regelung nicht mehr zugänglich.
Diese rechtliche Ausgangslage wird auch durch die Stellung eines Überprüfungsantrags gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) am 16. Juni 2011 (Eingang bei dem Senat) dem Grunde nach nicht geändert. Denn ein Antrag nach § 44 SGB X ändert die Bestandskraft (§ 77 SGG) des Ursprungsbescheids so lange nicht, wie ihm nicht ganz oder teilweise entsprochen worden ist (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. März 2011, Az.: L 13 AS 82/11 B ER, juris RN 8; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2011, Az.: L 14 AL 373/10 B ER, juris RN 3). Daraus folgert das Bayerische LSG (Beschluss vom 23. September 2010, Az.: L 7 AS 651/10 B ER, juris RN 19), dass erst, wenn der Überprüfungsantrag bei der Behörde gestellt und dieser unter Darlegung und ggf. Glaubhaftmachung der Dringlichkeit der Überprüfung eine ausreichende Bearbeitungsfrist eingeräumt wurde, ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (wieder) zulässig werden kann. Es weist zudem darauf hin, dass bei dem Gericht ein solcher Überprüfungsantrag nicht gestellt werden könne, weil dieses Gericht kein Leistungsträger iSv § 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) ist. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, sodass schon Zweifel an der Zulässigkeit des Eilantrags bestehen. Der Antragsteller hat erstmals in seiner Beschwerdebegründung vom 16. Juni 2011 ausgeführt, es werde "hiermit vorsorglich Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X hinsichtlich des Bescheides vom 14.4.11 gestellt" und zur Rechtswidrigkeit des Sanktionsbescheids vorgetragen. Dies ist dem Antragsgegner am 17. Juni 2011 aufgrund der Faxübermittlung durch den Senat bekannt geworden. Er hat nach seinen Angaben vom 23. Juni 2011 die Ausführungen als Überprüfungsantrag gewertet und ihn einer Bearbeitung zugeführt. Für den Senat ist im Zeitpunkt seiner Entscheidung die dem Antragsgegner hierfür einzuräumende Bearbeitungsfrist noch nicht überschritten. Im Überprüfungsverfahren wird er sich mit den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen für die Rechtswidrigkeit des Sanktionsbescheids und ggf. der EV auseinanderzusetzen haben.
In jedem Fall ist der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung unbegründet. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 8. Januar 2010, Az.: L 5 AS 415/09 B ER, juris RN 33, vom 5. April 2011, Az.: L 5 AS 342/10 B ER, juris RN 19 und zuletzt vom 5. Juli 2011, Az.: L 5 AS 437/10 B ER n.v.) ist zwar die Anbringung eines Antrags im einstweiligen Rechtsschutz nach gestelltem Überprüfungsantrag (wieder) möglich, da der Einwand des Nichtbestehens eines einer einstweiligen Regelung zugänglichen Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten entfällt. Jedoch sind in Fällen einer einstweiligen Anordnung bei einem laufenden Überprüfungsverfahren besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrunds zu stellen. Soweit es um die Rücknahme eines bestandskräftigen Bescheids geht, ist es dem Antragsteller im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und ggf. in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten. Etwas anderes kann nur im Ausnahmefall gelten, wenn massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse dargelegt werden (a.a.O.).
Der Antragsteller hat jedoch keine konkreten Tatsachen vorgetragen oder glaubhaft gemacht, die es ihm unzumutbar machten, die Entscheidung des Antragsgegners auf seinen Überprüfungsantrag abzuwarten. Daher sieht der Senat derzeit keinen Grund für eine einstweilige Regelung. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die dem Antragsteller auferlegte Sanktion des vollständigen Entzugs der Regelleistung für die Dauer von drei Monaten mit einem massiven Eingriff in seine wirtschaftliche Existenz verbunden ist. Indes ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller den ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelf (Widerspruch) gegen die verhängte Sanktion nicht genutzt hat, und er sich erst im zweiten Monat des laufenden Sanktionszeitraums im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes an das SG gewandt hat. Offensichtlich hat er zuvor die Leistungskürzung als einen nicht so massiven Eingriff empfunden. Das Unterlassen eines rechtzeitigen Rechtsbehelfs trotz Rechtsbehelfsbelehrung spricht gegen die (nunmehr) geltend gemachte Eilbedürftigkeit (vgl. auch Bayer. LSG, a.a.O.).
Insgesamt ist daher nach Bewertung aller Umstände des Einzelfalls derzeit ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Es ist dem Antragsteller zuzumuten, für die voraussichtlich kurze Übergangszeit bis zur Entscheidung des Antragsgegners über den Überprüfungsantrag die von diesem im Sanktionsbescheid angebotenen Sach- oder geldwerten Leistungen vorrangig in Anspruch zu nehmen. Von dieser Möglichkeit scheint er bislang – jedenfalls nach Aktenlage bis zum 27. Mai 2011 – keinen Gebrauch gemacht zu haben.
Schließlich ist die Beschwerde unbegründet, soweit sich der Antragsteller im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zugleich gegen eine ihm in der Zukunft drohende weitere Sanktion wehren will. Insoweit ist sein einstweiliges Rechtsschutzgesuch unzulässig. Denn der Sache nach begehrt er damit vorbeugenden Rechtsschutz. Er möchte bereits im Vorfeld vor Erlass eines möglicherweise belastenden Verwaltungsaktes tätig werden, um so einer drohenden Beschwer zu entgehen.
Vorbeugender Rechtsschutz (gegen einen drohenden Verwaltungsakt) ist gesetzlich nicht vorgesehen. Das Rechtsschutzsystem ist repressiv ausgerichtet; d.h. der Bürger kann sich erst gegen staatliche Eingriffe oder Rechtsverletzungen wehren, wenn diese erfolgt sind. Vorbeugend können Gerichte nur in Ausnahmefällen in Anspruch genommen werden, etwa wenn ansonsten vollendete Tatsachen geschaffen würden oder ein nicht wiedergutzumachender Schaden entstünde und daher die Möglichkeiten des üblichen repressiven Rechtsschutzes mittels einer Klage bzw. des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht ausreichen. Für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls ist hier jedoch nichts ersichtlich. Es ist dem Antragsteller zuzumuten, den ihm seiner Auffassung nach drohenden weiteren Sanktionsbescheid abzuwarten und dann (zeitnah) die ihm dagegen zu Gebote stehenden Rechtsbehelfe zu ergreifen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dem Prozesskostenhilfegesuch war nicht zu entsprechen, weil die Rechtsverfolgung im Beschwerdeverfahren aus den dargelegten Gründen keine Aussicht auf Erfolg hatte (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ff. Zivilprozessordnung).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg (SG), das seinen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt hat.
Der am. 1974 geborene Antragsteller bezieht vom Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 23. März 2011 bewilligte er für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. September 2011 monatliche Leistungen iHv 642,53 EUR (359,00 EUR Regelleistung und 283,53 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU)).
Bereits am 8. November 2010 hatten die Beteiligten eine bis zum 7. Mai 2011 gültige Eingliederungsvereinbarung (EV) abgeschlossen, nach der sich der Antragsteller u.a. durch vier Bewerbungen monatlich und die regelmäßige Teilnahme an einer Trainingsmaßnahme mit Anwesenheitspflicht um eine Eingliederung in Arbeit bemühen sollte. Konkret wurde ihm auferlegt, an einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung gemäß § 16d Satz 2 SGB II ("Art der Tätigkeit: Bauhelfer; Tätigkeitsort M ; zeitlicher Umfang: 30 h wöchentlich; zeitliche Verteilung: Teilzeit; Höhe der Mehraufwandsentschädigung pro Stunde: 1,28 EUR; individuell verfolgtes Maßnahmeziel Stabilisierung und Aktivierung") teilzunehmen.
Mit Schreiben vom 23. März 2011 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zur Absenkung oder zum Wegfall der Leistungen gemäß § 31 SGB II an. Er habe seit dem 4. März 2011 unentschuldigt an einer Maßnahme nicht teilgenommen. Dazu erklärte dieser bei seiner Vorsprache am 5. April 2011, es falle ihm aufgrund seiner langjährigen Arbeitslosigkeit nicht leicht, sich an frühe Anfangszeiten und pünktliches Erscheinen zu gewöhnen.
Mit Bescheid vom 14. April 2011 verfügte der Antragsgegner den vollständigen Wegfall der Regelleistungen in der Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Juli 2011. Der Antragsteller habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die in der EV festgelegten Pflichten nicht umfassend erfüllt, da er seine Eigenbemühungen nicht hinreichend nachgewiesen habe. Die angegebenen Gründe dafür seien bei Abwägung seiner Interessen mit denen der Allgemeinheit nicht als wichtig iSv § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. anzuerkennen. Auf Antrag könnten ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen – insbesondere Lebensmittelgutscheine – gewährt werden. Mit Änderungsbescheid vom selben Tag bewilligte der Antragsgegner für den Sanktionszeitraum monatliche Leistungen iHv 283,53 EUR (nur KdU). Dagegen legte der Antragsteller keinen Widerspruch ein.
Am 20. Mai 2011 beantragte er bei dem Antragsgegner ein Darlehen iHv 450,00 EUR. Aufgrund der 100 %igen Regelleistungskürzung sei er nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dies lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 27. Mai 2011 ab. Im Bescheid wies er darauf hin, dass dem Antragsteller während des Sanktionszeitraums Lebensmittelgutscheine zustünden.
Am 6. Juni 2011 hat der Antragsteller bei dem SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt und die ungeminderte Weitergewährung der zuvor bewilligten Leistungen im Sanktionszeitraum begehrt. Er habe gegen den Sanktionsbescheid vom 14. April 2011 keinen Widerspruch eingelegt. Nunmehr habe der Antragsgegner mit Schreiben vom 20. Mai 2011 eine weitere Sanktion angedroht. Er befürchte, dass zukünftig keine KdU mehr geleistet würden. Das könne er nicht kompensieren. Seine Rücklagen und das Bargeld seien restlos aufgebraucht. Er habe kein Girokonto; seine SGB II-Leistungen erhalte er in Form von Schecks. Die Entscheidung über die Sanktion wolle er nicht mehr abwarten. Er befinde sich in existenzieller Not und könne seinen Lebensunterhalt nicht sicherstellen. Der Antragsgegner hat auf die Bestandskraft des Sanktionsbescheides vom 14. April 2011 verwiesen und ausgeführt, mit dem Anhörungsschreiben vom 20. Mai 2011 werde noch nicht in Rechte des Antragstellers eingegriffen.
Mit Beschluss vom 14. Juni 2011 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Wegen der Bestandskraft des Sanktionsbescheids vom 14. April 2011 sei eine vorläufige Regelung im einstweiligen Rechtsschutz nicht mehr möglich. Soweit er sich gegen das Anhörungsschreiben wende, beinhalte dieses keine Regelung, die ihn beschwere.
Gegen diesen ihm am 14. Juni 2011 ausgehändigten Beschluss hat der Antragsteller noch am selben Tag durch seinen Prozessbevollmächtigten Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Zur Begründung hat er am 16. Juni 2011 ausgeführt, die Rechtsfolgenbelehrung der EV sei rechtswidrig. Es würden mehrere Kürzungsvarianten benannt. Es fehle der Hinweis auf eine Verminderung der Sanktion aufgrund "tätiger Reue". Der Sanktionsbescheid sei zu unbestimmt. Er nehme Bezug auf eine Trainingsmaßnahme, indes sei in der EV eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung als Bauhelfer vereinbart gewesen. Dem Prozessbevollmächtigten sei nicht bekannt, ob eine Anhörung erfolgt sei. Dem Antragsteller sei gesagt worden, er "bräuchte nicht Widerspruch" einzulegen. Es werde "hiermit vorsorglich Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X" gestellt. Er stehe ohne eigene Mittel da, was wegen der "offensichtlichen Rechtswidrigkeit der verhängten Sanktion schwerer wiege als eine etwaige Bestandskraft des Sanktionsbescheides".
Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 14. Juni 2011 aufzuheben und ihm im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Juli 2011 monatliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 642,53 EUR zu gewähren und ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt. Er hat auf telefonische Nachfrage der Berichterstatterin am 23. Juni 2011 erklärt, es handle sich um die dritte Sanktion des Antragstellers. Bereits in den Zeiten vom 1. Juli bis zum 30. September 2010 und vom 1. Dezember 2010 bis zum 28. Februar 2011 seien die Leistungen abgesenkt worden. Der Überprüfungsantrag sei erfasst und an die Leistungsabteilung zur Prüfung weitergeleitet worden. Bescheide würden nach ihrer Erstellung und Erfassung durch die zentrale Ausdruckstelle in der Regel noch am selben Tag ausgedruckt und versandt. Nur bei späten Bescheiderstellungen, etwa nach 17.00 Uhr, erfolgten Ausdruck und Versand am folgenden Arbeitstag. Der Bescheid vom 14. April 2010 sei am selben Tag erfasst und zwecks Zustellung weitergegeben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die benannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft (§§ 173, 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Beschwerdewert ist überschritten, da mit dem angegriffenen Bescheid Leistungen iHv 359,00 EUR monatlich für die Dauer von drei Monaten um 100 % herabgesetzt worden sind.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Das Begehren des Antragstellers ist darauf gerichtet, während des im Streit stehenden Zeitraums vom 1. Mai bis zum 31. Juli 2011 weiterhin die mit Bescheid vom 23. März 2011 bewilligten Leistungen SGB II in ungeminderter Höhe zu erhalten. Unabhängig von der wörtlichen Fassung des Antrags ist zunächst von der Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auszugehen, denn der Antragsteller will den Vollzug des Sanktionsbescheid nach § 31 SGB II a.F. verhindern. Mit diesem Bescheid wurden die zuvor bewilligten Leistungen für den streitigen Zeitraum hinsichtlich der Regelleistung vollständig entzogen. Nach § 39 Nr. 1 SGB II in der hier maßgeblichen, seit dem 1. Januar 2009 gültigen Fassung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen ein Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft oder herabsetzt, keine aufschiebende Wirkung. Der im Weg des Widerspruchs und der isolierten Anfechtungsklage anzugreifende Sanktionsbescheid entscheidet über den vollständigen Entzug der bereits bewilligten Leistung. Daher kann vorläufiger Rechtsschutz grundsätzlich zulässigerweise nur nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG erfolgen. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist im Zeitpunkt der Entscheidung der Verwaltungsakt bereits vollzogen, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 86b Abs. 1 Satz 2 SGG).
Ein solcher Antrag ist jedoch nur dann statthaft, wenn ein gegenüber dem Antragsteller noch nicht bestandskräftiger Verwaltungsakt vorliegt. Der Umstand, dass der Verwaltungsakt, um dessen Vollziehung es geht, unanfechtbar geworden ist, macht einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG unzulässig (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 86b RN 7). Im vorliegenden Fall ist der Sanktionsbescheid vom 14. April 2011 bestandskräftig geworden, denn der Antragsteller hat nach eigenen Angaben gegen diesen Bescheid nicht den innerhalb der einmonatigen Frist des § 84 Abs. 1 SGG statthaften Rechtsbehelf des Widerspruchs eingelegt. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
Zwar steht der Zeitpunkt der Bekanntgabe, d.h. der Zugang des Bescheids beim Antragsteller, nicht fest, und dem Verwaltungsvorgang lässt sich nicht entnehmen, wann der Bescheid zur Post aufgegeben wurde. Nach den Angaben des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren erfolgen jedoch Ausdruck und Postversand von Bescheiden am Tag ihrer Erstellung – in Ausnahmefällen am Tag danach. Bestandskraft dürfte mithin zwischen dem 17. und 19. Mai 2011 eingetreten sein. Bis dahin und in der Folgezeit hat sich der Antragsteller nicht mit einem Widerspruch an den Antragsgegner gewandt.
Mit Eintritt der Bestandskraft ist der Sanktionsbescheid für die Beteiligten bindend iSv § 77 SGG geworden, denn er kann mit Rechtsbehelfen nicht mehr angegriffen werden. Somit ist die getroffene Regelung nach ihrem materiellen Gehalt verbindlich und kann (auch) im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b SGG nicht mehr abgeändert werden. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung war daher als unzulässig abzulehnen.
Dasselbe gilt im Grundsatz, soweit der Antragsteller im Weg einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG eine vorläufige Leistungsgewährung begehrt. Insoweit steht der bestandskräftige Sanktionsbescheid der vorläufigen Leistungsgewährung entgegen (vgl. Beschluss des Senats vom 25. März 2011, Az.: L 5 AS 71/11 B ER, n.v.). Denn der Erlass einer Regelungsanordnung setzt gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG das Bestehen eines streitigen Rechtsverhältnisses voraus. Hier ist das Rechtsverhältnis der Beteiligten verbindlich geregelt und damit einer einstweiligen Regelung nicht mehr zugänglich.
Diese rechtliche Ausgangslage wird auch durch die Stellung eines Überprüfungsantrags gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) am 16. Juni 2011 (Eingang bei dem Senat) dem Grunde nach nicht geändert. Denn ein Antrag nach § 44 SGB X ändert die Bestandskraft (§ 77 SGG) des Ursprungsbescheids so lange nicht, wie ihm nicht ganz oder teilweise entsprochen worden ist (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. März 2011, Az.: L 13 AS 82/11 B ER, juris RN 8; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2011, Az.: L 14 AL 373/10 B ER, juris RN 3). Daraus folgert das Bayerische LSG (Beschluss vom 23. September 2010, Az.: L 7 AS 651/10 B ER, juris RN 19), dass erst, wenn der Überprüfungsantrag bei der Behörde gestellt und dieser unter Darlegung und ggf. Glaubhaftmachung der Dringlichkeit der Überprüfung eine ausreichende Bearbeitungsfrist eingeräumt wurde, ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (wieder) zulässig werden kann. Es weist zudem darauf hin, dass bei dem Gericht ein solcher Überprüfungsantrag nicht gestellt werden könne, weil dieses Gericht kein Leistungsträger iSv § 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) ist. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, sodass schon Zweifel an der Zulässigkeit des Eilantrags bestehen. Der Antragsteller hat erstmals in seiner Beschwerdebegründung vom 16. Juni 2011 ausgeführt, es werde "hiermit vorsorglich Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X hinsichtlich des Bescheides vom 14.4.11 gestellt" und zur Rechtswidrigkeit des Sanktionsbescheids vorgetragen. Dies ist dem Antragsgegner am 17. Juni 2011 aufgrund der Faxübermittlung durch den Senat bekannt geworden. Er hat nach seinen Angaben vom 23. Juni 2011 die Ausführungen als Überprüfungsantrag gewertet und ihn einer Bearbeitung zugeführt. Für den Senat ist im Zeitpunkt seiner Entscheidung die dem Antragsgegner hierfür einzuräumende Bearbeitungsfrist noch nicht überschritten. Im Überprüfungsverfahren wird er sich mit den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen für die Rechtswidrigkeit des Sanktionsbescheids und ggf. der EV auseinanderzusetzen haben.
In jedem Fall ist der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung unbegründet. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 8. Januar 2010, Az.: L 5 AS 415/09 B ER, juris RN 33, vom 5. April 2011, Az.: L 5 AS 342/10 B ER, juris RN 19 und zuletzt vom 5. Juli 2011, Az.: L 5 AS 437/10 B ER n.v.) ist zwar die Anbringung eines Antrags im einstweiligen Rechtsschutz nach gestelltem Überprüfungsantrag (wieder) möglich, da der Einwand des Nichtbestehens eines einer einstweiligen Regelung zugänglichen Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten entfällt. Jedoch sind in Fällen einer einstweiligen Anordnung bei einem laufenden Überprüfungsverfahren besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrunds zu stellen. Soweit es um die Rücknahme eines bestandskräftigen Bescheids geht, ist es dem Antragsteller im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und ggf. in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten. Etwas anderes kann nur im Ausnahmefall gelten, wenn massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse dargelegt werden (a.a.O.).
Der Antragsteller hat jedoch keine konkreten Tatsachen vorgetragen oder glaubhaft gemacht, die es ihm unzumutbar machten, die Entscheidung des Antragsgegners auf seinen Überprüfungsantrag abzuwarten. Daher sieht der Senat derzeit keinen Grund für eine einstweilige Regelung. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die dem Antragsteller auferlegte Sanktion des vollständigen Entzugs der Regelleistung für die Dauer von drei Monaten mit einem massiven Eingriff in seine wirtschaftliche Existenz verbunden ist. Indes ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller den ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelf (Widerspruch) gegen die verhängte Sanktion nicht genutzt hat, und er sich erst im zweiten Monat des laufenden Sanktionszeitraums im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes an das SG gewandt hat. Offensichtlich hat er zuvor die Leistungskürzung als einen nicht so massiven Eingriff empfunden. Das Unterlassen eines rechtzeitigen Rechtsbehelfs trotz Rechtsbehelfsbelehrung spricht gegen die (nunmehr) geltend gemachte Eilbedürftigkeit (vgl. auch Bayer. LSG, a.a.O.).
Insgesamt ist daher nach Bewertung aller Umstände des Einzelfalls derzeit ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Es ist dem Antragsteller zuzumuten, für die voraussichtlich kurze Übergangszeit bis zur Entscheidung des Antragsgegners über den Überprüfungsantrag die von diesem im Sanktionsbescheid angebotenen Sach- oder geldwerten Leistungen vorrangig in Anspruch zu nehmen. Von dieser Möglichkeit scheint er bislang – jedenfalls nach Aktenlage bis zum 27. Mai 2011 – keinen Gebrauch gemacht zu haben.
Schließlich ist die Beschwerde unbegründet, soweit sich der Antragsteller im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zugleich gegen eine ihm in der Zukunft drohende weitere Sanktion wehren will. Insoweit ist sein einstweiliges Rechtsschutzgesuch unzulässig. Denn der Sache nach begehrt er damit vorbeugenden Rechtsschutz. Er möchte bereits im Vorfeld vor Erlass eines möglicherweise belastenden Verwaltungsaktes tätig werden, um so einer drohenden Beschwer zu entgehen.
Vorbeugender Rechtsschutz (gegen einen drohenden Verwaltungsakt) ist gesetzlich nicht vorgesehen. Das Rechtsschutzsystem ist repressiv ausgerichtet; d.h. der Bürger kann sich erst gegen staatliche Eingriffe oder Rechtsverletzungen wehren, wenn diese erfolgt sind. Vorbeugend können Gerichte nur in Ausnahmefällen in Anspruch genommen werden, etwa wenn ansonsten vollendete Tatsachen geschaffen würden oder ein nicht wiedergutzumachender Schaden entstünde und daher die Möglichkeiten des üblichen repressiven Rechtsschutzes mittels einer Klage bzw. des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht ausreichen. Für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls ist hier jedoch nichts ersichtlich. Es ist dem Antragsteller zuzumuten, den ihm seiner Auffassung nach drohenden weiteren Sanktionsbescheid abzuwarten und dann (zeitnah) die ihm dagegen zu Gebote stehenden Rechtsbehelfe zu ergreifen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dem Prozesskostenhilfegesuch war nicht zu entsprechen, weil die Rechtsverfolgung im Beschwerdeverfahren aus den dargelegten Gründen keine Aussicht auf Erfolg hatte (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ff. Zivilprozessordnung).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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