L 2 AS 116/11 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 27 AS 165/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 116/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des vorläufigen Rechtschutzes eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Kosten der Heizung, hilfsweise ein Darlehen zur Begleichung entsprechender Schulden bei dem Energieversorger.

Die Antragsteller beziehen seit längerem Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als Hilfe zum Lebensunterhalt. Sie leben gemeinsam in einem selbstgenutzten Eigenheim, dessen Eigentümerin die Antragstellerin zu 2) seit 1999 ist. Die Wohnfläche beträgt 94 qm bei einer Gesamtgrundstücksfläche von 200 qm. Einzelne Räume (ein Badezimmer und ein Wohnzimmer) können mit Kohle bzw. Heizöl und zusätzlich mit Elektroenergie (Nachtspeicheröfen) geheizt werden. Ein zweites Badezimmer kann nur mit Elektronenergie geheizt werden.

Wegen der Versorgung der Antragsteller mit Elektroenergie bestehen Vertragsverhältnisse mit der e. Die Abrechnung der e für das Jahr 2005/2006 ergab nach dem Drehstromzweitarifzähler einen Verbrauch von 9.353 kWh. Nach der Abrechnung der e vom 21. Juni 2007 verbrauchten die Antragsteller 3.641 kWh Wechselstrom und 7.043 kWh im Drehstromzweitarif. Im Jahr 2007 trafen die Antragsteller mit dem Antragsgegner die Vereinbarung, dass die Abschläge für Heizstrom direkt an die e gezahlt werden. Diese Vereinbarung widerriefen die Antragsteller im April 2007.

Nach der Abrechnung der e vom 19. Juni 2008 ergab sich ein Verbrauch von 3.527 kWh Wechselstrom und 8.501 kWh im Drehstromzweitarif. Die e verlangte einen Abschlag von insgesamt 158 Euro, worin für den "Nachtstrom" 83 Euro enthalten waren.

Im Zeitraum vom 3. Juni 2008 bis zum 4. Juni 2009 verbrauchten die Antragsteller nach der Abrechnung der e ... vom 9. Juni 2009 insgesamt 9.332 kWh Heizstrom.

Der Vertrag der Antragsteller mit der e unter der Kundennummer der Antragsteller wurde aufgrund der Demontage der Zähler am 4. Juni 2009 insgesamt beendet. Die Antragsteller meldeten sich bei der e zum 1. August 2009 neu für die Versorgung mit Hausstrom an. Ab dem 5. November 2009 werden die Antragsteller nach dem Einbau eines Zählers von der e ... wieder mit Heizstrom versorgt.

Gemäß einer ersten Abrechnung der e ... vom 2. September 2010 für den Zeitraum vom 5. November 2009 bis zum 9. Juni 2010 schuldeten die Antragsteller für den Verbrauch von Heizstrom 1.485,02 Euro sowie zukünftig einen monatlichen Abschlag von 107 Euro. Nach einer weiteren Anrechnung der e ... vom 8. September 2010 für den Zeitraum vom 5. November 2009 bis 14. Juni 2010 betrug der Gesamtverbrauch der Antragsteller von Elektroenergie für Heizwärme 8.840 kWh, wofür die e ... insgesamt 1.220,88 Euro in Rechnung stellte. Die Summe war am 24. September 2010 fällig. Zudem sollte eine Summe von 427 Euro bis zum 15. Oktober 2010 gezahlt werden, weil mehrere Abschläge aufgrund einer verspäteten Rechnungsstellung nicht eingefordert worden waren. Ab dem November 2010 sollten die Antragsteller monatliche Abschläge von 107 Euro zahlen.

Der Antragsgegner bewilligte nach Einreichung der Rechnungen mit Bescheiden vom 25. Oktober 2010 ab dem Monat Oktober 2009 geänderte Leistungen für die laufenden Kosten der Unterkunft und überwies am 27. Oktober 2010 eine Summe von 675,59 Euro für die zurückliegenden Zeiträume. Diese Summe verwandten die Antragsteller nicht, um die Verbindlichkeit bei der e ... teilweise zu begleichen.

Eine Übernahme der Nachzahlung in Höhe von 1.220,88 Euro lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 16. Dezember 2010 ab: Durch die vorgehenden Bescheide vom 25. Oktober 2010 seien für den Leistungszeitraum ab November 2009 bis Juni 2010 bereits die monatlichen Abschläge von 107 Euro übernommen worden. Im Übrigen seien die Heizkosten insgesamt und unter Berücksichtigung der weiteren Kosten für Öl, Kohle und Holz unangemessen. Nachfolgend bewilligte der Antragsgegner dem Grunde nach einmalige Leistungen für die Beschaffung von Holz, Heizöl und Heizkohle, welche die Antragsteller in Anspruch genommen haben.

Die e ... lehnte gegenüber den Antragstellern eine Ratenzahlungsvereinbarung mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 ab und teilte mit, dass ohne Zahlung binnen vier Wochen die Stromversorgung eingestellt werde.

Gegen den Bescheid vom 16. Dezember 2010 erhoben die Antragsteller Widerspruch, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2011 zurückwies: Es sei zunächst zu berücksichtigen, dass im Wohnzimmer ein Kohleofen als weitere Heizquelle zur Verfügung stehe. Die Kosten für die Heizkohle seien von ihm bereits übernommen worden. Er zahle zudem seit dem November 2009 Heizkostenabschläge von 107 Euro monatlich. Soweit diese Beträge nicht weitergeleitet wurden, könne dies nicht zu seinen Lasten gehen. Die Übernahme der Abrechnung würde dann zu einer doppelten Erfüllung führen. Die Festlegung eines Höchstbetrages für angemessene Heizungskosten sei zwar aufgrund der mehrfachen Heizformen nicht ohne Weiteres möglich. Daher sei hilfsweise bei einer Wohnfläche für 3 Personen (70m²) der im Heizkostenspiegel verankerte Höchstbetrag von 20 Euro/m² zu Grunde gelegt worden. Die bislang gewährten Leistungen seien bereits über dem sich daraus ergebenden Höchstbetrag gewährt worden. Eine Übernahme der Abschlussrechnung sei daher nicht möglich. Hinsichtlich der nunmehr begehrten Gewährung eines Darlehens ergehe ein gesonderter Bescheid.

Bereits am 11. Januar 2011 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Halle (SG) vorläufigen Rechtsschutz wegen der Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines Darlehens in Höhe von 1.647,88 Euro für die Begleichung der Abrechung der e ... begehrt: Ohne die Gewährung des Darlehens drohe die Einstellung der Versorgung. Die hohe Nachzahlung resultiere daraus, dass die e zwar ab dem 5. November 2009 die Versorgung aufgenommen, aber keine Abschläge verlangt habe. Die Überweisung des Antragsgegners vom 27. Oktober 2010 sei von ihnen nicht für die Begleichung der Rechnung der e ... verwendet worden. Es sei für sie nicht erkennbar gewesen, wofür die Zahlung gedacht gewesen sei. In einem Termin zur Erörterung vor dem SG am 4. Februar 2011 haben die Antragsteller angegeben, sie nutzten die Nachtspeicheröfen seit vielen Jahren. Vom April 2009 bis zum November 2009 seien die Nachtspeicheröfen hingegen ausgestellt gewesen. Die Antragsteller haben sodann erklärt, dass sie die Anordnung der Übernahme der Heizkostennachzahlung als Zuschuss und nur hilfsweise als Darlehen begehren.

Der Antragsgegner hat ausgeführt, er sehe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund. Die Kosten für die Heizung seien nicht nur unangemessen hoch, sondern eine Heizung mit Strom wegen der vorzugsweise zu nutzenden günstigeren Heizquellen auch unwirtschaftlich. Deshalb werde sich eine Stromabschaltung auch nicht auswirken. Eine Notlage sei nicht glaubhaft gemacht, weil fraglich sei, ob die Energieversorgung tatsächlich eingestellt werde.

Mit Beschluss vom 14. Februar 2011 hat das SG den Antragsgegner verpflichtet, vorläufig die Schulden des Antragstellers zu 1) gegenüber der e in Höhe von 972,29 Euro als Darlehen zu übernehmen und den Antrag im Übrigen abgelehnt: Das Heizverhalten sei unangemessen, weil statt der günstigeren Heizmöglichkeiten Strom für die Heizung genutzt werde. Daher sei nur die Gewährung eines Darlehens möglich und eine vorläufige Anordnung hier wegen des drohenden Verlustes der gesamten Stromversorgung zu treffen. In Höhe der vom Antragsgegner bereits erbrachten 675,59 Euro sei eine nochmalige Leistung als Darlehen nicht gerechtfertigt.

Am 15. März 2011 haben die Antragsteller gegen den ihnen am 16. Februar 2011 zugestellten Beschluss Beschwerde erhoben. Sie meinen, ihre Beschwerde sei zunächst zulässig: Das SG habe lediglich vorläufig die Gewährung eines Darlehens angeordnet. Ihr Hauptantrag sei aber auf einen Zuschuss von 1.647,88 Euro gerichtet. Daher werde der Beschwerdewert von 750 Euro überschritten und betrage nicht nur 675,59 Euro. Ihre Beschwerde sei auch begründet: Der Antragsgegner habe bislang nicht angenommen, dass ihr Heizverhalten unwirtschaftlich sei. Zudem sei der Nachzahlungsbetrag für die Kosten der Heizung mit Strom für sie nicht als solcher ersichtlich geworden. Es drohe noch immer die Sperrung der Energieversorgung. Zwar habe der Versorger einstweilen die Sperrung storniert, bestehe aber noch immer auf der Zahlung der Restforderung in Form von monatlichen Raten in Höhe von 170 Euro. Diese könnten sie nicht leisten. Es sei Ihnen nicht möglich, von den laufenden Leistungen des Antragsgegners die Ratenzahlungsvereinbarung mit der e. zu erfüllen. Der Energieversorger habe von einer weiter für den 13. Mai 2011 angekündigten Sperrung wegen des nunmehr noch offenen Betrages von 682,09 Euro (Reduzierung aufgrund 4maliger Ratenzahlung von 170 Euro und der Zahlung des Antragsgegners in Höhe von 972,29 Euro) abgesehen, nachdem sie auf einen beizutreibenden offenen Betrag von 235,64 Euro erneut insgesamt 190 Euro gezahlt haben. Damit sei die Stromsprerre aber nur vorläufig abgewendet. Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter sei aufgrund der Schulden nicht einfach möglich. Derzeit erfolge keine Nutzung der Nachtspeicheröfen.

Die Antragsteller beantragen,

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 14. Februar 2011 aufzuheben und ihnen 1.647,88 Euro als Zuschuss nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Beschwerde sei wegen Unterschreitung des Beschwerdewerts unzulässig. Er habe gemäß dem Beschluss des SG bereits 972,29 Euro an den Energieversorger ausgezahlt, so dass nur noch der Differenzbetrag streitig sei. Darüber hinaus sei die Entscheidung, ob der Anspruch auf einen Zuschuss bzw. ein Darlehen begründet sei, der Hauptsacheentscheidung vorbehalten. Eine noch immer drohende Sperrung sei nicht glaubhaft gemacht. Letztlich seien die Antragsteller derzeit aufgrund eines Erwerbsfreibetrages von 250 Euro monatlich in der Lage, die drohende Sperrung der Stromversorgung abzuwenden.

Die e hat auf Anfrage des Berichterstatters unter anderem mitgeteilt, dass derzeit aus der Jahresrechnung vom 8. September 2010 noch ein Betrag von 187,59 Euro nicht bezahlt ist. Im Übrigen sei ein Wechsel zu einem anderen Anbieter für Heizstromkunden grundsätzlich problemlos möglich. Derzeit sei aber kein Angebot eines Wettbewerbers bekannt, der ähnlich gute Konditionen biete.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Beschlusses des SG, die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist fristgerecht im Sinne des § 173 S. 1 des Sozialgerichtsgerichtsgesetzes (SGG) erhoben und auch im Übrigen zulässig.

Die Beschwerde ist vorliegend nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, weil in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Die Beteiligten würden in der Hauptsache nicht im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr, sondern um Geld bzw. um einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt streiten. Bei einer solchen Klage ist die Berufung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nur zulässig, soweit die Forderung 750 Euro übersteigt. Die mit dem Antrag bzw. in der Hauptsache verfolgte Leistung übersteigt bezogen auf den tatsächlich nicht vom SG vorläufig angeordneten Teil die Beschwerde- bzw. Berufungssumme von 750 Euro. Die Beschwer der Antragsteller liegt darin, dass das SG ihrem Hauptanliegen nach Anordnung vorläufiger Leistungen als Zuschuss in Höhe von 1.647,88 Euro nicht und im Hilfsanliegen auf Anordnung eines Darlehens im Umfang von 675,59 Euro nicht gefolgt ist. Die Frage des "Rechtsmittelstreitwerts" beurteilt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Beteiligten, das er in der Rechtsmittelinstanz noch verfolgt. Für die Ermittlung dieses Werts sind gemäß der Verweisung in § 202 SGG auf § 5 der Zivilprozessordnung (ZPO) beispielsweise mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zur Ermittlung des Rechtsmittelstreitwerts zusammenzurechnen (vgl. BSG v. 25.02.1966 - 3 RK 9/63 - BSGE 24, 260, 261). Eine solche Klagenhäufung bzw. Antragshäufung im Sinne des § 56 SGG liegt hier vor. Die Anträge der Antragsteller sind zunächst nicht nebeneinander geltend gemacht, sondern der Antrag auf die vorläufige Gewährung eines Darlehens ist als Hilfsantrag formuliert. Dies führt dann zur Klage- bzw. Antragshäufung, wenn - wie hier - über den Hauptantrag negativ entschieden ist, weil dann die prozessuale Bedingung für die Entscheidung über den Eventualantrag eintritt. Vorliegend vermehrt also der Hauptantrag den Rechtsmittelstreitwert im Sinne des § 5 ZPO. Zwar sind die Antragsteller nur einmal mit der Rechnung der e belastet, aus der sich allein der jeweilige Anspruch ergeben kann, und auch nur einmal mit der vom SG nicht angeordneten Zahlung durch den Antragsgegner beschwert. Allerdings begehren die Antragsteller dennoch eine vorläufige Anordnung eines Zuschusses im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Wird dies im Ergebnis versagt, können die Antragsteller geltend machen, sie seien durch die Entscheidung des SG - unabhängig von der Begründetheit des Antrages – auch in Höhe des versagten Zuschusses beschwert. Die in der Beschwerdeinstanz weiter verfolgten Anträge der Antragsteller sind auch nicht willkürlich gestellt, um eine ansonsten nicht zulässige Berufung bzw. Beschwerde und damit eine weitere Sachprüfung durch eine weitere Instanz zu ermöglichen (vgl. BSG v. 22.08.1990 - 10 RKg 29/88 – Juris; LSG Niedersachsen-Bremen v. 18.05.2009 - L 9 AS 431/09 - Juris). Die Antragsteller verfolgen die Erstattung einer Summe aus einer realen Abrechnung, so dass das Begehren nach der vorläufigen Anordnung eines Zuschusses und nicht nur eines Darlehens nach dem Gesetz als möglich erscheint und auch sachlich nachvollziehbar ist. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des SG ist allerdings nicht begründet, weil eine über den Umfang der Entscheidung hinausgehende Anordnung nicht zu treffen ist.

Das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller ist nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu beurteilen. Die Klageart in der Hauptsache bestimmt auch die Form des vorläufigen Rechtsschutzes. Das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller in der Hauptsache ist nicht lediglich auf die Anfechtung des Verwaltungsakts gerichtet. Die Antragsteller begehren inhaltlich eine Verbesserung ihrer Rechtsposition, wenn ihre Klage in der Hauptsache auf Gewährung eines Zuschusses in Höhe von 1.647,88 Euro bzw. auf ein Darlehen dieser Höhe gerichtet ist. Soweit aber das Antragsbegehren in der Hauptsache über die bloße Anfechtung hinausgeht und also eine verbundene Anfechtungs- und Leistungsklage bzw. Verpflichtungsklage darstellt (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG), ist vorläufiger Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 SGG zu beantragen.

Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 86b Abs. 2 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder eine Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, weil sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) und ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. mit § 920 Abs. 2 ZPO).

Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass sie ohne die begehrte Anordnung wesentliche Nachteile erleiden, insbesondere dass ihr Lebensunterhalt gefährdet ist. Von dem Rechnungsbetrag der Abrechnung der e. von ursprünglich 1.647,88 Euro sind noch 187,59 Euro unbezahlt. Derzeit geht tatsächlich nur von einem offenen Betrag in Höhe 87,60 Euro die Gefahr aus, dass bei Nichtzahlung die Stromversorgung der Antragsteller mit Heizstrom eingestellt wird. Eine Unterbrechung der Versorgung kann vom Stromversorger nur gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz (Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV) veranlasst werden. Nach Maßgabe der Vorschrift dürfen die Folgen der Unterbrechung nicht außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen. Eine Unterbrechung kann ebenfalls nicht vorgenommen werden, wenn der Kunde darlegt, dass hinreichende Aussicht besteht, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt. Nur wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, darf der Grundversorger wegen Zahlungsverzuges eine Unterbrechung durchführen lassen. Dabei müsste der Kunde nach Abzug etwaiger Anzahlungen mit Zahlungsverpflichtungen in Höhe von mindestens 100 Euro in Verzug sein. Selbst wenn die Unterbrechung also ansonsten zulässig wäre, dürfte diese mit der Zahlung eines Betrages von 87,60 Euro abgewendet werden können, was den Antragstellern zumutbar erscheint. Denn diese Summe beträgt etwa 9,7 % der jeweiligen monatlichen Regelleistungen für die Antragsteller (2 x 328 Euro + 251 Euro). Eine Einbehaltung von etwa 10 v.H. der Regelleistung betrifft zwar keinen Betrag, bei dem eine Beeinträchtigung des Lebensunterhalts von vornherein als nicht glaubhaft angesehen werden kann (vgl. Entscheidung des Senates vom 23. März 2009 - L 2 B 95/08 AS ER). Allerdings müssten die Antragsteller bei einem einmalig zu erbringenden Betrag, der weniger als 10 v.H. der monatlichen Regelleistungen umfasst, detailliert darlegen, welche Beeinträchtigungen konkret zu befürchten sind. Denn der Gesetzgeber erachtet z.B. im Rahmen der Gewährung von Darlehen nach § 42a Abs. 2 SGB II eine Tilgung durch Aufrechnung in Höhe von 10 v.H. mit laufenden Leistungen als Regelfall. Die Einbehaltung entspricht auch der Summe, als geringste Sanktionsentscheidung nach § 32 SGB II möglich wäre. Erst bei einer Sanktionshöhe von mehr als 30 v.H. sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit ergänzender Sachleistungen (§ 31a Abs. 3 SGB II) vor. Letztlich wäre der Senat in Eilverfahren zur Vermeidung der Vorwegnahme einer Hauptsache nicht gehindert, eine vorläufige Anordnung unter Abschlägen von bis zu 20 v.H. zu treffen (vgl. BVerfG v. 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – Juris). Die Antragsteller haben hingegen keine besonderen Umstände glaubhaft gemacht, die ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung unzumutbar sein lassen. Darüber hinaus bestehen nach Auskunft des Energieversorgers keine grundsätzlichen Hindernisse, die Stromversorgung durch einen anderen Lieferanten herstellen zu lassen.

Die Kostenentscheidung folgt entsprechend aus § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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