L 8 SO 15/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 13 SO 110/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 15/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 73/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufungen gegen die Urteile des Sozialgerichts Halle vom 1. Oktober 2008 in den Verfahren S 13 SO 110/06, S 13 SO 112/06 und S 13 SO 114/06 werden zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt als Leistungen der Eingliederungshilfe die Erstattung von Kosten für Behandlungen/Aufenthalte bei dem Dipl.-Psych. M. B. in D.-L. (B.-W.) und am Tomatis-Institut H. bzw. E., Kosten für therapeutisches Reiten, für in diesem Zusammenhang vorgenommene Fahrten bzw. solche zum therapeutischen Schwimmen, zu behinderungsbedingten Arzt- und Therapieterminen (auch für die Begleitperson bzw. die Ersatzperson bei deren Verhinderung) und von Kosten der Rechtsbeschaffung.

Nach der Geburt der Klägerin als Zwillingskind im Oktober 1997 in der 30. Schwangerschaftswoche ergaben sich postnatale Komplikationen mit einer dezenten infantilen spastischen Cerebralparese der Beine. Das Landesverwaltungsamt erkannte mit Bescheid vom 12. August 2002 bei der Klägerin zunächst einen Grad der Behinderung (GdB) von 70 sowie die Merkzeichen "G" und "B", ab dem Jahr 2007 einen GdB von 40 an.

Die Klägerin ist über ihre gesetzliche Vertreterin - der als Dipl.-Juristin ausgebildeten und, wie der Vater der Klägerin, selbstständig in der Vermögensberatung erwerbstätigen Mutter - bei dem privaten Krankenversicherungsunternehmen C. Krankenversicherung AG, im Folgenden C., krankenversichert. Die Klägerin bezog seit dem 1. Mai 2003 Pflegegeld aus der bei der C. durchgeführten Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II.

Die Klägerin wurde im August 2001 in die teilstationäre integrative Betreuung einer Kindertagesstätte mit heilpädagogischer und logopädischer Betreuung aufgenommen. Die Kosten hierfür wurden als Eingliederungshilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft von dem Beklagten getragen. Die Verlängerung der Kostenübernahme über den 30. Juni 2003 hinaus wurde mit der Begründung abgelehnt, die allgemeine Entwicklung der Klägerin habe sich durch die bisher erfolgte Früh- und teilstationäre Förderung zunehmend stabilisiert und sei jetzt altersgerecht; sprachlich bestünden keine Auffälligkeiten mehr. Die Frühförderung als ambulante Maßnahme werde als ausreichend angesehen (Schreiben vom 23. Juni 2003 und Bescheid vom 26. Juni 2003).

Die Klägerin wurde im August 2004 in die (im Jahr 2006 staatlich als Ersatzschule anerkannte) Evangelische Grundschule "M. L." in O. eingeschult und besucht seit dem Schuljahr 2008/2009 das Gymnasium.

Der Beigeladene lehnte die Übernahme von Kosten und Folgekosten eines "Therapiezyklus" nach der Feldenkrais-Methode mit klinischer Hypnose bei Dipl.-Psych. B. in D.-L. parallel zur Betreuung in der Kindertagesstätte zunächst ab. Bei der Klägerin liege bei einer leichten spastischen Lähmung der Beine keine wesentliche Behinderung vor. Sie sei mental und sprachlich altersgerecht entwickelt. Eine kumulative Übernahme möglichst aller Maßnahmen sei nicht möglich und auch nicht erforderlich. Gängige Maßnahmen seien hier ausreichend, um Abhilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe zu schaffen. Für die Klägerin seien zur Elementarrehabilitation die Fortführung der heilpädagogischen Frühförderung in der integrativen Tagesstätte sowie Krankengymnastik nach Vojta erforderlich gewesen. Weitere Therapien, wie die Feldenkrais- und Hypnotherapie, seien nur als Ergänzung zu werten und somit von geringem rehabilitativen Erfolg. Die Klägerin vertrat hierzu mit Schreiben vom 30. November 2002 die Auffassung, das optimale Therapieziel könne bei ihr nur durch eine gleichzeitige parallele Therapie nach Vojta, Feldenkrais (mit Hypnose), Tomatis sowie Schwimmen und Reiten erzielt werden, und stützte sich insoweit u.a. auf ein ärztliches Attest der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin/Homöopathie Dipl.-Med. M. vom 25. März 2003; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 263 bis 270 Bd. A und Bl. 220 Bd. K der Verwaltungsakten Bezug genommen. Aus einem Bericht der Fachärztin für HNO-Heilkunde Dipl.-Med. P. vom 24. Februar 2003 geht eine bei der Klägerin vorliegende zentrale Hörverarbeitungsstörung mit der Empfehlung für ein auditives Wahrnehmungs-/Hörtraining hervor. Die Normalisierung der zentralen Hörverarbeitung ziehe eine Verbesserung der Gleichgewichtsfunktion nach sich.

Die Kreismedizinaldirektorin P., Amtsärztin des Gesundheitsamtes, gab unter dem 11. November 2003 die Empfehlung für die Weiterführung von Krankengymnastik und Schwimmen ab. Nach den Befunden der Hals-Nasen-Ohren-Klinik der M.-L.-Universität ergäben sich bei der Klägerin keine erheblichen auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen. Eine psychologische Betreuung und Aufmerksamkeitsförderung würden empfohlen. Die Frühförderung solle ein- bis maximal zweimal pro Woche weitergeführt werden, ansonsten solle eine weitere Betreuung/Behandlung auf ärztliche Verordnung durch das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) zu Lasten der Krankenkasse erfolgen. Die Tomatis-Therapie werde von den Neuropädiatern und Pädaudiologen nicht befürwortet.

Der Beigeladene bewilligte der Klägerin für die Zeit bis zu ihrer Einschulung verschiedene Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe: Jeweils 20 Behandlungseinheiten Schwimmen als Krankengymnastik in einem Bewegungsbad und daran anschließend therapeutisches Reiten ("Hippotherapie") (Bescheide vom 4. März 2003 und 23. Februar 2004), einen Betrag in Höhe von monatlich 15 EUR für die Förderung des Kontakts der Klägerin zu nicht behinderten Kindern und zur Außenwelt (Bescheide vom 12. März, 21. August 2003 und 8. Januar 2004), die Übernahme der Fahrtkosten für die Wahrnehmung von Terminen zu anerkannten Therapien und der Hausbesuchskosten einschließlich der Fahrtkosten, die im Zusammenhang mit der Behinderung stünden (Bescheide vom 12. März, 21. August 2003 und 12. Januar 2004), die Übernahme der Fahrt- und Folgekosten bei auswärtiger Unterbringung für Begleitpersonen (bzw. einer Ersatzkraft bei Verhinderung) für die Wahrnehmung von Terminen zu bewilligten anerkannten Therapien und von Kosten für Hausbesuche im Zusammenhang mit der Behinderung (Bescheide vom 7. April, 21. August 2003 und 12. Januar 2004) sowie der Kosten von notwendigem Schuhwerk (normale Kinderschuhe auf Grund des behinderungsbedingten erhöhten Verbrauchs, Bescheide vom 29. September 2003 und 8. Januar 2004). Mit Bescheiden vom 2. April und 2. Oktober 2003 erstattete der Beigeladene Kosten für Rechtsliteratur, Rechtsberatung durch eine Diplom-Sozialpädagogin, Kopien, Porto, Telefonate, Telefax- und Parkgebühren. Mit Bescheid vom 11. März 2003 bewilligte er bei Nachweis des tatsächlichen Aufwandes die Übernahme von Kosten der heilpädagogischen Frühförderung (zweimal wöchentlich) von bis zu 75,30 EUR.

Auf das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Halle vom 16. Juni 2004 (4 A 346/03 HAL - juris), in dem der Beigeladene verpflichtet worden war, der Klägerin und ihrer Schwester für die Zeit vom 21. Juni 2002 bis zum 27. Februar 2003 Sozialhilfe in Form der Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten für die Feldenkrais- und Hypnosetherapie einschließlich der Fahrtkosten sowie der Kosten für die Begleitperson zu gewähren, erstattete der Beigeladene mit Bescheid vom 8. November 2004 3.937,97 EUR für Behandlungs-, Schwimmbad-, Fahrtkosten, Kosten/Auslagen/weitere Kosten der Begleitperson, jeweils für Aufenthalte in D.-L ... Auf die Bestätigung der fachlichen Qualifikation der zertifizierten Feldenkrais-Lehrerin Dr. K. in H. durch den Geschäftsführer der Feldenkrais-Gilde C. bewilligte der Beigeladene der Klägerin im Anschluss daran bis zum 4. November 2004 die Übernahme der Behandlungskosten der Feldenkrais-Therapie in Höhe von 40 EUR pro Behandlungsstunde einschließlich der Fahrtkosten für die Wahrnehmung dieser Therapie und der Fahrtkosten der Begleitperson (Bescheide vom 25. November und 8. Dezember 2004).

Nachdem das VG die auf Übernahme der Kosten einer Tomatis-Therapie für die Klägerin und ihre Schwester gerichtete Klage mit Urteil vom 16. Juni 2004 (4 A 1034/03 HAL - juris) abgewiesen hatte, verpflichtete sich der Beigeladene auf die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt (3 L 372/04) im Rahmen eines unter dem 26. Mai 2005 geschlossenen außergerichtlichen Vergleichs zur Erledigung aller Ansprüche aus dem Rechtsstreit, die Therapie- und Fahrtkosten (nur) der Schwester der Klägerin für die Durchführung der Tomatis-Therapie sowie die Unterkunfts-, Verpflegungs- und Reisekosten der Begleitperson nebst Zinsen für den Zeitraum vom 14. Februar 2003 bis zum 16. August 2004 in Höhe von 15.841,24 EUR zu übernehmen. Die Begleichung der Kosten erfolge ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs der Klägerseite. Entsprechend der in dem Vergleich enthaltenen Verpflichtung nahmen die Klägerin und ihre Schwester die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem OVG zurück.

Am 8. September 2004 teilte die Mutter der Klägerin dem Beigeladenen telefonisch mit, sie beantrage ab dem Tag der Einschulung der Klägerin weiter Hippotherapie und therapeutisches Schwimmen, Fahrtkosten zu den Therapien, evtl. Hausbesuchskosten und Fahrtkosten für eine Begleitperson. Sie beabsichtige, selbst als Integrationshelfer für die Klägerin tätig zu werden (was später umgesetzt wurde). Mit am 14. September 2004 bei dem Beigeladenen eingegangenen Schreiben vom 8. September 2004 konkretisierte sie den Antrag als solchen auf Verlängerung der Übernahme der Kosten und Folgekosten im bisherigen erstattungsfähigen Umfang im Wege der Eingliederungshilfe hinsichtlich der Kosten für Rechtsbeschaffung, Hausbesuche, Fahrten, einer Begleitperson bzw. der Ersatzperson bei deren Verhinderung, für Hippotherapie und therapeutisches Schwimmen auf der Grundlage von §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 4, 43 Abs. 2 Nr. 2 bzw. Nr. 5 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) i.V.m. §§ 12, 22 der Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO). Mit ihrem am 3. Dezember 2004 bei dem Beigeladenen eingegangenen Schreiben teilte sie mit, derzeit seien eine Feldenkrais-/Hypnosetherapie vom 11. bis zum 15. Januar 2005 bei Dipl.-Psych. B. und eine Tomatis-Therapie vom 29. Januar bis zum 7. Februar 2005 geplant.

In dem von dem Beigeladenen angeforderten ärztlichen Zeugnis des Gesundheitsamtes vom 4. November 2004 gab die Fachärztin für Pädiatrie Dipl.-Med. F. auf Grund der am 26. Oktober 2004 durchgeführten Untersuchung an, die Klägerin sei von einer körperlich nicht nur vorübergehend wesentlichen Behinderung bedroht gewesen. Dank umfangreicher Fördermaßnahmen und Therapien bei großem Engagement der Eltern habe sich die Klägerin sehr positiv entwickelt. Ihre geistige und sprachliche Entwicklung sei jetzt altersgerecht. Motorisch hätten zum Untersuchungszeitpunkt keine deutlichen Zeichen einer spastischen Parese mehr bestanden. Die Klägerin bewege sich geschickt, klettere, hüpfe auf einem Bein und könne Hampelmann-Hüpfen. Die Klägerin sei in der Schule gut integriert. Die beantragten Leistungen Hippotherapie und therapeutisches Schwimmen (ambulant) seien wegen der Skoliose zur Muskelkräftigung und Verbesserung der Stabilität günstig und zu empfehlen.

Der Beigeladene lehnte im Namen des Beklagten mit Bescheid vom 12. Januar 2005 ab Schulbeginn die Übernahme der Kosten und Folgekosten der Hippotherapie, des therapeutischen Schwimmens, der Hausbesuchs- und Fahrtkosten (behinderungsbedingt) sowie die Kosten der notwendigen Begleitperson und mit Bescheid vom 22. März 2005 die Übernahme der Behandlungs-, Fahrt- oder Reisekosten für eine Feldenkrais-/Hypnosetherapie ab. Nach Auswertung der amtsärztlichen Unterlagen bestehe aus Sicht des Rehapädagogischen Fachdienstes bei der Klägerin keine wesentliche Behinderung mehr, die von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche, sodass Leistungen nach den §§ 39, 40 BSHG nicht mehr gewährt werden könnten.

Aus dem dann vorgelegten sonderpädagogischen Gutachten der beauftragten Sonderschullehrerin W. von März 2005 geht hervor, dass die Klägerin keine wesentlichen motorischen oder körperlichen Auffälligkeiten zeige, die sie bei der Bewältigung des Alltags beeinträchtigten. Sie habe nach Aussage der Lehrerinnen bisher keine Bewegungseinschränkungen - insbesondere im Sportunterricht - gezeigt, da sie sich durch die intensiven Therapien, vor allem Tomatis-, Feldenkrais-/Hypno-Therapie, die Voraussetzungen geschaffen habe, erworbene Bewegungsmuster situationsgebunden umzusetzen. In Spontanbewegungen bzw. bei Anstrengungen seien noch Ansätze einer geringgradigen Spitzfußstellung sichtbar. Die auftretenden Gleichgewichtsstörungen und Koordinationsauffälligkeiten bei Tempoübungen über die Grobmotorik beeinflussten nicht unbedingt die altersgerechte Lebensbewältigung. Den Schulalltag meistere sie sehr gut. Nach Aussagen der beteiligten Lehrkräfte werde kein Ansatz zur sonderpädagogischen Förderung gesehen.

Der Beigeladene bewilligte der Schwester der Klägerin im Namen des Beklagten auch für das erste Jahr ab der Einschulung die Übernahme der Kosten für Krankengymnastik im Bewegungsbad und Hippotherapie, der Fahrten (auch für eine Begleitperson) für die Wahrnehmung von Terminen zu anerkannten Therapien, von Hausbesuchen einschließlich der Fahrtkosten (auch für eine Begleitperson), die im Zusammenhang mit der Behinderung stehen, (Bescheide vom 9. November 2004, 7. Februar 2005) und bis zum 29. November 2005 die Behandlungskosten der Feldenkrais- und Hypnosetherapie in Höhe von 35 EUR je Behandlungsstunde, der Fahrtkosten und der Fahrt-, Reise-, Unterkunfts-und Verpflegungskosten einer Begleitperson für die Wahrnehmung dieser Therapie (Bescheid vom 22. März 2005).

Die Klägerin beantragte am 28. Mai 2005 die Übernahme der Kosten für eine Feldenkrais-/Hypnosetherapie in D.-L. vom 26. bis zum 30. Mai 2005, am 15. Juli 2005 die Übernahme der Kosten für eine Tomatis-Therapie (ambulant in H.) vom 17. Juni bis zum 26. Juli 2005, am 15. September 2005 die Übernahme der Kosten für eine Feldenkrais-/Hypnose-Therapie vom 19. bis zum 23. September 2005 und die Übernahme der Kosten einer Tomatis-Therapie vom 14. bis zum 23. Oktober 2005 ergänzt mit einem (Verlängerungs-)Antrag für die "Kosten und Folgekosten im bisherigen erstattungsfähigen Umfang" für diese Therapie, Hippotherapie, Feldenkrais-/Hypnose-Therapie, Rechtsbeschaffung, Hausbesuche, Fahrten zu Arzt- und Therapieterminen (auch der notwendigen Begleitperson/en bzw. bei deren Verhinderung). Der Beigeladene teilte u.a. zu dem Verlängerungsantrag mit Schreiben vom 20. September 2005 mit, bezüglich der Tomatis-Therapie könne eine Zusage nicht erfolgen, da der Vorgang zur unterstützenden Stellungnahme der Sozialagentur vorliege. Es sei die erneute Begutachtung durch den Jugendärztlichen Dienst veranlasst worden. Die von der Klägerin geforderte Mitteilung über die Feststellung des Therapieerfolges stehe aus.

In dem angeforderten ärztlichen Zeugnis des Gesundheitsamtes vom 15. März 2005 gab Dipl.-Med. F. an, die von der Mutter dokumentierte Entwicklungsbeobachtung auf einer DVD sei im Januar/Februar 2005 gesichtet worden. Der Entwicklungsstand der Klägerin sei altersgerecht. Motorisch bestünden nur diskrete, in Belastungssituationen erkennbare Auffälligkeiten. Die Untersuchungen im Gesundheitsamt (Februar, Oktober und Dezember 2004) und auch im SPZ H. im August 2003 hätten keine infantile Cerebralparese mehr ergeben. Insgesamt sei die Klägerin im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG nicht körperlich wesentlich behindert. Ihre Bewegungsfähigkeit sei nicht in erheblichem Umfang eingeschränkt und drohe es auch nicht zu werden. Ihre geistige Entwicklung sei altersentsprechend gut, ein Anhalt für eine seelische wesentliche Behinderung bestehe ebenfalls nicht. In dem angeforderten ärztlichen Zeugnis des Gesundheitsamtes vom 13. Mai 2005 hielt diese Ärztin an ihrer Auffassung fest.

Der Beigeladene lehnte mit Bescheid vom 4. November 2005 den Antrag der Klägerin vom 30. November 2004 auf Übernahme der Behandlungs- und Fahrtkosten für die Tomatis-Therapie sowie der Kosten der Begleitperson für Fahrten, Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung im Namen des Beigeladenen ab. Ein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 54 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) bestehe nicht, da die Klägerin nicht zum Personenkreis gemäß § 53 SGB XII gehöre. Im Übrigen gehöre die Tomatis-Therapie nicht zu den Leistungen der Hilfen zur angemessenen Schulbildung und/oder der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Die in dieser Therapie von Dr. T. vorgeschlagenen Techniken des Hörtrainings seien nicht wissenschaftlich fundiert, sondern befänden sich noch in einem "Versuchsstadium".

Die Klägerin stellte am 10. November 2005 einen Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe in Form der Eingliederungshilfe, ohne die Fragen auf dem Vordruck zu Einkommen bzw. Vermögen zu beantworten. Dem von ihr dann vorgelegten Befundbericht der Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin M.-P. vom 20. Dezember 2005 sind als Diagnosen eine dezente infantile spastische Cerebralparese (der Beine), eine Thorakolumbalskoliose (Rippenbuckel links), segmentale und somatische Funktionsstörungen der Wirbelsäule, nicht näher bezeichnete Koordinationsstörungen, Spannungskopfschmerz, eine diskrete Vorfußadduktion und Spitzfußstellung sowie ein myofasziales Schmerzsyndrom der Beine und des Rückens zu entnehmen. Neben der neurologischen Symptomatik (Spastik) fielen noch eine Hyperaktivität und Konzentrationsstörung auf. Die Klägerin benötige fortlaufend Krankengymnastik nach Vojta zur Beseitigung der sekundären funktionell-pathologischen Befunde des Bewegungssystems, um auch sekundär Komplikationen zu vermeiden, eine psychisch und motorisch-funktionelle Behandlung im Rahmen der Ergotherapie und Manuellen Therapie. Die regelmäßigen Konsultationen bei ihr und die Durchführung der alternativen Methoden (wie Tomatis, therapeutisches Reiten, Feldenkrais- in Verbindung mit Hypnotherapie) dienten der ganzheitlichen Therapie zur Verbesserung der funktionellen strukturellen und psychischen Befunde.

Die Klägerin beantragte am 31. Januar 2006 die Übernahme von Kosten "im bisher beantragten Umfang" (Behandlungskosten, Fahrtkosten sowie sonstige Kosten der Begleitperson wie Reisekosten, Unterkunft, Verpflegung und u.U. sonstigen Kosten) für eine Tomatis-Therapie vom 1. bis zum 10. Februar 2006 (ambulant in H.). Der Beigeladene verwies hierzu mit Schreiben vom 10. Februar 2006 auf die in Bezug auf die Tomatis-Therapie ausstehende Entscheidung des Beklagten über die Widersprüche und von der Klägerin vorzulegende weitere Unterlagen.

Dem Bericht der Grundschule "M. L." vom 15. Dezember 2005 ist zu entnehmen, ein sonderpädagogischer Förderbedarf mit Förderschwerpunkt körperliche/motorische Entwicklung sei festgestellt worden. Im zweiten Schuljahr sei die sonderpädagogische Förderung zunächst ausgesetzt worden, da körperlich relevante Einschränkungen besonders den Sportunterricht betroffen hätten und da noch nicht relevant gewesen seien. Die Klägerin sei bemüht, ihre minimalen Defizite im motorischen Bereich durch Konzentration auszugleichen, was ihr unterschiedlich gut gelinge. Nach der Feldenkrais-/Hypno- und Tomatis-Therapie hätten sich jeweils erhebliche Verbesserungen gezeigt. Die Klägerin sei ein sehr ehrgeiziges, strebsames und fleißiges Mädchen und unheimlich wissbegierig. Sie gehöre leistungsmäßig zu den Besten in der Klasse. Um auch in den folgenden Jahren eine ihrer Persönlichkeit und ihrem Potential entsprechende Bildung zu ermöglichen und damit sie dem Schulalltag auch in Zukunft gewachsen sei, solle ihre Weiterentwicklung in dem bisherigen Umfang fortgesetzt gefördert werden.

Im Rahmen des ärztlichen Zeugnisses des Gesundheitsamtes vom 10. Februar 2006 gab Dipl.-Med. F. an, die von der Mutter angegebenen Verhaltensauffälligkeiten der Klägerin würden von der Schule als "übereifrig-impulsiv" beschrieben. Die Klägerin habe jedoch schon gelernt, sich auch zurückzunehmen. Zur besseren Lösung der Problematik auch zu Hause sei die Vorstellung bei einem Kinderneuropsychiater vorgesehen. Eine Behinderung gemäß §§ 53 ff. SGB XII im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestehe bei der Klägerin nicht. Ihre körperliche Funktion, ihre geistige Fähigkeit und die seelische Gesundheit wichen von dem für das Lebensalter typischen Zustand nicht deutlich ab. Die Eingliederung in die Schule und die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft seien nicht behindert. Die beantragte Feldenkrais-/Hypnose-Therapie sei zur weiteren Verbesserung der diskreten Spastik, die Tomatis-Therapie zur weiteren Verbesserung der Aufmerksamkeit und des Verhaltens für das Kind wünschenswert, auch wenn die Voraussetzungen gemäß SGB XII nicht vorlägen. Diese Ärztin berichtete unter dem 12. Juni 2006, die bei der Klägerin vorliegende leichtere Form der Infantilen Cerebralparese sei schon im August 2003 nicht mehr nachweisbar gewesen. Unter Belastung habe die Mutter eine Spitzfußstellung rechts beschrieben. Es bestünden noch leichte Koordinationsstörungen. Aufmerksamkeit, Konzentration und Sozialverhalten hätten sich nach der Schulbeurteilung gebessert. Die Eingliederung in der Schule sei anfangs gut gelungen mit von der Mutter beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten ab der zweiten Klasse. Erforderlich und geeignet, den gegenwärtigen Defiziten zu begegnen, sei die Fortführung der Physiotherapie als Heilmittel bei den dezenten Restbefunden der Spastik, evtl. auch orthopädisches Schwimmen; Ergotherapie zur Förderung von Koordination, Aufmerksamkeit und Konzentration könne versucht werden. Nach kinderpsychiatrischer Diagnostik einer möglichen ADHS mit Verhaltensstörung sei u.U. eine Psychotherapie zu erwägen. Diese Möglichkeiten seien nicht völlig gleichzusetzen mit der bisherigen Summe aus den ärztlich verordneten und den gewünschten alternativen Therapien. Die bisherige Entwicklung werde von den Eltern zum großen Teil auch den alternativen Therapien zugeschrieben. Tomatis- wie Feldenkrais-/Hypnotherapie seien von Fachgesellschaften umstritten. Der Anteil der einzelnen durchgeführten Maßnahmen an der positiven Entwicklung sei nicht festzulegen. Bei Abbruch der gewünschten Therapien könne der psychologische/psychotherapeutische Effekt aus persönlichen Kontakten, Zuneigung, Vertrauensverhältnissen und Hoffnung auf Erfolg wegfallen. Andere Therapieformen, die von der privaten Krankenversicherung übernommen werden könnten, aber gegen die innere Überzeugung der Familie aufgedrängt würden, würden so möglicherweise ihre ebenfalls günstige Wirkung nicht entfalten können.

Die Klägerin legte gegen die Ablehnung ihrer Anträge Widerspruch mit der Begründung ein, es bestünden bei ihr nicht nur in Belastungssituationen erkennbare Auffälligkeiten. Zur weiteren Begründung übersandte sie mit Schreiben vom 19. Dezember 2005 eine schriftliche Ausarbeitung im Aufbau eines Rechtsgutachtens (52 Seiten); bezüglich der Einzelheiten wird auf Bd. P der Verwaltungsakten Bezug genommen. Sie fügte ihrer Ausarbeitung u.a. Stellungnahmen, Gutachten und Erfahrungsberichte aus den Bereichen Tomatis-, Feldenkrais-/Hypnosetherapie bei. Zu diesen Therapien teilte ihre Mutter dem Beigeladenen ausweislich des Aktenvermerks vom 28. Februar 2006, Bl. 132 Bd. K der Verwaltungsakten, mündlich mit, der Inhalt ergebe sich häufig erst während der Therapie im Wechselspiel verschiedener Schritte. Das Reiten werde von einer Reitlehrerin ohne einschlägige therapeutische Ausbildung, die mit einer Physiotherapeutin zusammenarbeite, erbracht. Es gehe nicht vordergründig um Therapie, sondern um die körperlich-seelischen Auswirkungen des Reitens. Im Großraum H. gebe es keine Therapeuten für eine Hippotherapie. Ihre Ausführungen ergänzte sie unter dem 29. Juni 2006 mit einer Ausarbeitung im Aufbau eines Rechtsgutachtens von 182 Seiten, Bd. O der Verwaltungsakten, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Zu den Fahrtkosten führte sie aus, die Bahnstation befinde sich im Nachbarort, Busse verkehrten nicht regelmäßig und die durchgeführten Therapien seien zur gewünschten Zeit nicht erreichbar. In Bezug auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse gab ihre Mutter an, die Eltern müssten Altersrücklagen als Selbstständige bilden. Der mit Fristsetzung bis zum 14. März 2006 und Nachfristen bis zum 18. April und dann 31. Mai 2006 erfolgten Aufforderung zur Vorlage von Einkommens- und Vermögensnachweisen könne sie nicht entsprechen, da sie mit ihren Steuererklärungen für die Jahre 2004/2005 auf den Ausgang des Widerspruchsverfahrens warte; sie behalte sich vor, solche Nachweise nach gerichtlicher Klärung ihrer Ansprüche auf nicht einkommens-/vermögensabhängige Leistungen zu erbringen.

Am 29. Mai 2006 erfolgte die Mitteilung der Mutter der Klägerin, sie fahre vom 10. bis zum 14. Juni 2006 zur Feldenkrais-Therapie. Der Beigeladene forderte insbesondere mit Schreiben vom 13. April 2006 erfolglos bei dem P. e.V. (damals Träger eines Heims im Sinne des Achten Buches Sozialgesetzbuchs (Kinder- und Jugendhilfe - SGB VIII)) und Dipl.-Psych. B. eine Leistungsbeschreibung an.

Der Beklagte wies die Widersprüche gegen den Bescheid vom 12. Januar 2005 mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2006, gegen den Bescheid vom 22. März 2005 - unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf die Frist zur Einlegung des Widerspruchs - mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2006 und gegen den Bescheid vom 4. November 2005 mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2006 jeweils als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen der am 30. November 2004 beantragten fortwährenden Übernahme der Kosten beginnend mit dem damals geplanten nächsten Therapieaufenthalt vom 11. bis zum 15. Januar 2005 lägen nicht vor. Ein in seinen, des Beklagten, Zuständigkeitsbereich fallender sozialhilferechtlich relevanter Bedarf an Eingliederungshilfe sei nicht gegeben. Während des Verwaltungs- bzw. Vorverfahrens habe die Klägerin nicht mehr zum Personenkreis der wesentlich behinderten bzw. von einer solchen Behinderung bedrohten Menschen gehört. Auch eine andere Behinderung im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB XII liege nicht vor. Die Eingliederung in Schule und Gesellschaft sei gelungen. Die Klägerin gehöre zu den Leistungsstärksten der Klasse. Auch im Sportunterricht seien die beschriebenen minimalen körperlichen Defizite nicht relevant und die Teilnahme nicht gefährdet. Im Übrigen sei im Rahmen der Ermessensausübung auf die bisher noch nicht vollständig genutzten Möglichkeiten der vorrangigen und geeigneten medizinischen Ergotherapie und ggf. Psychotherapie sowie auf sonstige vergleichbare, adäquate, bereite Hilfen der Krankenbehandlung in Kostenträgerschaft der privaten Krankenkassen und ergänzend auf Leistungen der Schule zur Deckung des Förderbedarfs zu verweisen. Auf Grund der Unterschiede in den persönlichen Voraussetzungen sei für eine Gleichbehandlung der Klägerin mit ihrer Zwillingsschwester kein Raum. Eine Selbstbindung sei auch unter dem Gesichtspunkt der (teilweise zu Unrecht erfolgten) vorausgegangenen befristeten Leistungserbringung nicht eingetreten, da es sich zuvor um Leistungen für ein noch nicht eingeschultes Kind bei einer noch nicht ärztlich ausgeschlossenen wesentlichen Behinderung gehandelt habe. Aus dem Prinzip der Gegenwärtigkeit der Sozialhilfe ergebe sich auch das Erfordernis einer Erfolgskontrolle. Es fehle an einem personenbezogenen Leistungsangebot mit Verpflichtungserklärung und an Nachweisen für angefallene Kosten. Der Inhalt der explizit beantragten Leistung sei hier nicht bekannt. Die Wirtschaftlichkeit und Qualität der begehrten Leistung nach den Besonderheiten des Einzelfalles sei hier fraglich. Ein Anspruch auf Kostenerstattung ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Vertrauensverhältnisses zum Therapeuten als nachgehende Hilfe zur Sicherung der Wirksamkeit der Krankenbehandlung, bezüglich derer im Übrigen die Prüfung des Einsatzes von Einkommen und Vermögen mangels entsprechender Unterlagen nicht möglich sei. Die Kosten der Klägerin seien auch nicht als solche einer Begleitperson ihrer Schwester C.-A. zu übernehmen. Die genauen Inhalte des "therapeutischen Reitens"/der Hippotherapie seien nicht klar erkennbar und abgegrenzt. Der Freizeit-Reitsport sei der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen. Fahrtkosten/Kosten einer Begleitperson seien als Annex für die von der privaten Krankenversicherung zu tragende Krankengymnastik im Bewegungsbad nicht im Rahmen der Sozialhilfe zu übernehmen. Bezüglich der Annexkosten der Krankengymnastik nach Vojta oder sonstiger Termine (insbesondere bei einem Arzt, Chiropraktiker, einer Apotheke) seien Nachweise nicht eingereicht worden bzw. die Kosten seien bereits durch die für ihre Schwester erteilten Bewilligungen übernommen worden. Im Übrigen seien solche Kosten nicht Gegenstand von Eingliederungshilfeleistungen. Kosten der Rechtsbeschaffung seien nicht nachgewiesen worden, die Voraussetzungen eines Aufwendungsersatz nach den §§ 61, 62, 65a Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) nicht gegeben. Die Feldenkrais-/Hypnose-Therapie und die Tomatis-Therapie zielten vordergründig nicht auf die Hilfe zur Schulbildung ab, sondern ergänzten die bestehenden Therapiemöglichkeiten und seien sozialhilferechtlich weder als Hilfen zur Schulbildung noch als übrige Eingliederungshilfeleistungen erforderlich. Die eigentliche Methode nach Tomatis sei vom primären Charakter her eine medizinische Dienstleistung, auch wenn sie überwiegend von nichtmedizinischem fachlich geschultem Personal ausgeführt werde. Sie erfülle die Kriterien der gesetzlichen Krankenversicherung für die Krankenhilfe und die medizinische Rehabilitation nicht.

Die Klägerin hat mit ihren am 9. November 2006 bei dem Sozialgericht (SG) Halle erhobenen Klagen den Bescheid vom 12. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2006 (S 13 SO 110/06), den Bescheid vom 22. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2006 (S 13 SO 112/06) und den Bescheid vom 4. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2006 (S 13 SO 114/06) angefochten und die Verpflichtung des Beklagten zur Kostenübernahme weiterverfolgt. Durch die Kostentragung in der Vergangenheit seien ein rechtlicher Vertrauensschutz und im Übrigen ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit ihrer Zwillingsschwester entstanden. Ziel der Eingliederungshilfe sei es, eine Benachteiligung von Eltern behinderter Kinder gegenüber Eltern nicht behinderter Kinder zu vermeiden. In Bezug auf die Frage der Schwerbehinderung sei der Beklagte an die Feststellungen des Landesverwaltungsamtes zum Zeitpunkt der erstmaligen Inanspruchnahme von Leistungen der Eingliederungshilfe gebunden. Der Eingliederungsbedarf sei nicht bezogen auf einzelne Zeitabschnitte, sondern ganzheitlich zu betrachten. Damit dürfe die in der Vergangenheit bewilligte Eingliederungshilfe erst beendet werden, wenn das ursprüngliche Ziel der Eingliederung erreicht sei. Die von dem Beklagten vorgenommene Auslegung verletze sie in ihren Grundrechten, insbesondere in dem Recht auf eine allgemeine Schulbildung. Es gehe hier darum, ihr den Schulbesuch zu erleichtern und es ihr zu ermöglichen, den Schulalltag überhaupt zu bewältigen. Würden die in den letzten Jahren in Anspruch genommenen Therapien von heute auf morgen beendet, würde sofort ein Entwicklungsrückschritt bzw. eine psychomotorische und psychosoziale Verschlechterung eintreten. Nach dem dritten Schuljahr sei die Sportnote wegen körperlicher Einschränkungen gegenüber Gleichaltrigen ausgesetzt worden. Sie hat eine nach Minuten eingeteilte tabellarische Übersicht (aktuell für das Jahr 2008) über ihren Tagesablauf zur Gerichtsakte gereicht; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 155 bis 156 der Gerichtsakte S 13 SO 112/06/L 8 SO 15/08 Bezug genommen. Der Beklagte habe ihr in der Vergangenheit keine Alternativen zu den von ihr in Anspruch genommenen Therapien aufgezeigt, sodass in Bezug auf alle streitigen Maßnahmen von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sei. Sie müsse sich nicht auf eine Ergotherapie (wobei die Mutter in Eigenregie bei ihr vergleichbare Maßnahmen durchführe) verweisen lassen, deren Erfolg ungewiss sei, wenn bereits belegt sei, dass die wahrgenommenen Therapien die gewünschten Erfolge erbracht hätten. Der Beklagte habe hier teilweise Kosten erstattet und es pflichtwidrig versäumt, die Schiedsstelle anzurufen oder ein Alternativangebot zu unterbreiten, und könne sich nicht mehr auf das Fehlen eines Leistungsangebotes berufen. Die streitigen Kosten seien auch nicht unverhältnismäßig. Unterlagen müsse sie nicht beibringen, da sie minderjährig sei und nur der Beklagte entsprechende Verpflichtungen habe. Von dem Beklagten sei erstmals im Rahmen des Widerspruchsbescheides im Jahr 2006 auf die Notwendigkeit der Vorlage von Rechnungen und Nachweisen hingewiesen worden. Sie habe bisher Nachweise über die Kosten nicht eingereicht, weil es an einer Kostenübernahme dem Grunde nach fehle. Die Kostenrechnungen würden im Bestreitensfalle vorgelegt. Sie habe nicht vor jedem Therapieaufenthalt einen Antrag stellen müsse, weil das Verfahren vor dem VG Halle noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Der von dem Beklagten im Rahmen des Erörterungstermins am 9. Mai 2008 in der Sache S 13 SO 112/06 gestellte Antrag, ihr Einkommen und Vermögen offen zu legen, sei unzulässig. Zur finanziellen Situation hat sie ausgeführt, die sonderpädagogische Betreuung sei nach der ersten Klasse der Grundschule eingestellt worden, weil die Mutter für das erste und zweite Schuljahr die sonderpädagogische Förderung hätte selbst finanzieren müssen. Für die begehrten Leistungen sei die private Krankenversicherung nicht zuständig, da diese im Zusammenhang mit der Schulbildung stünden; im Übrigen wären sämtliche Ansprüche gegen die C. bereits verjährt. Im Verfahren S 13 SO 110/06 beliefen sich die streitgegenständlichen Kosten auf insgesamt 5.381,56 EUR. Sie hat hierzu auf eine Tabelle für die Abrechnungszeiträume vom 23. August 2004 bis zum 21. März 2005, vom 22. März bis zum 22. August 2005, vom 23. August 2005 bis zum 10. Oktober 2006 und vom 11. Oktober 2006 bis zum 31. März 2007, mit ausgewiesenen Kosten in den Spalten "Therapiekosten M.-B. - Reiten/Schwimmen" (850 EUR), "Fahrtkosten für Arzttermine, Therapien, Therapeutisches Reiten u. Schwimmen/ohne Fahrtk. zu Feldenkrais-/Hypnoth. und ohne Tomatis-Therapie für die 2. Begleitperson" (4.531,60 EUR) und eine "Streitwertermittlung, Kostenübernahmezeiträume (Beachtung Gleichheitsgrundsatz)" verwiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Tabellen Bl. 50 und Bl. 59 bis 81 Bd. I der Gerichtsakte S 13 SO 110/06/L 8 SO 15/08 Bezug genommen. Die Fahrtkosten und Kosten einer Begleitperson zum therapeutischen Schwimmen und zu behinderungsbedingten Arzt- und Therapieterminen seien im Rahmen der Eingliederungshilfe zu übernehmen, weil die Krankenversicherung insoweit einen Leistungsausschluss enthalte. In Bezug auf das Reiten könne der Beklagte auf Grund der ärztlichen Empfehlungen, der nachgewiesenen Erfolge und des Zeitablaufs das Fehlen von fachlicher Qualifikation und des Leistungsangebots nicht mehr beanstanden. Die Qualifikation ergebe sich daraus, dass die Leistungserbringerin ausgebildete Reitlehrerin sei und selbst eine mittlerweile erwachsene körperbehinderte Tochter habe. Im Verfahren S 13 SO 112/06 setzten sich die Kosten der Feldenkrais-/Hypno-Therapien zwischen dem 11. Januar 2005 und dem 17. September 2006 in Höhe von insgesamt 3.124,11 EUR wie folgt zusammen:

Aufenthalt

Therapiekosten

Begleitperson

Gesamtkosten

11.-15.1.2005

450 EUR

2,64 Fahrtkosten

18,38 EUR Reisekosten

70 EUR Unterkunft

85 EUR Verpflegung

626,02 EUR

26.-30.5.2005

375 EUR

2,64 Fahrtkosten

12,80 EUR Reisekosten

70 EUR Unterkunft

85 EUR Verpflegung

545,44 EUR

19.-23.9.2005

465 EUR

465 EUR

9.-13.12.2005

325 EUR

2,64 Fahrtkosten

10,85 EUR Reisekosten

165 EUR Unterkunft/

Verpflegung

503,49 EUR

10.-14.6.2006

280 EUR

2,64 Fahrtkosten

13,79 EUR Reisekosten

152,50 EUR Unterkunft/

Verpflegung

448,93 EUR

13.-17.9.2006

300 EUR

2,64 Fahrtkosten

26,59 EUR Reisekosten

206 EUR Unterkunft/

Verpflegung

535,23 EUR

Im Verfahren S 13 SO 114/06 seien Kosten der Tomatis-Therapien zwischen dem 14. Oktober 2004 und dem 29. Oktober 2006 in Höhe von insgesamt 5.503,50 EUR streitig:

Aufenthalt

Therapiekosten

Gesamtkosten

14.-23.10.2004

858 EUR

858 EUR

29.1.-7.2.2005

780 EUR

780 EUR

17.-26.7.2005

813 EUR

813 EUR

14.-23.10.2005

723 EUR

723 EUR

1.-10.2.2006

813 EUR

813 EUR

24.7.-2.8.2006

813 EUR

813 EUR

20.-29.10.2006

703,50 EUR

703,50 EUR

Die Tomatis-Therapie sei nur einmal durch eine Logopädin - unter Leitung und Verantwortung von Herrn K., Tomatis-Institut in H. -, im Übrigen bei diesem in H. erbracht worden. Die Tomatis-Therapie sei im Zusammenhang mit einem Komplex an Therapien und Fördermaßnahmen zu sehen. Die Weiterführung der Maßnahme sei amtsärztlich und von der Ärztin M.-P. unter dem 20. Dezember 2005 empfohlen worden. Nach dem Unterrichtsende um ca. 14 Uhr könne die Mutter in der verbleibenden Zeit bis 18 Uhr nur die vorrangig zu forcierende Vojta-Therapie durchführen. Für die alternativen Anwendungen bleibe nur das Wochenende, an dem nicht auch noch Ergotherapie durchgeführt werden könne. Aus diesem Grund sei es nur möglich, die Tomatis-Therapie in ihren Schulferien zu absolvieren. Der Beklagte habe durch den Abschluss des Vergleichs vom 26. Mai 2005 die Tomatis-Therapie als heilpädagogische Maßnahme anerkannt und auch damit einen Vertrauenstatbestand geschaffen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen. Die Feststellungen zum GdB bzw. den Merkzeichen hätten nur indizielle Bedeutung, aber keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe. Maßgebend seien die Einschränkungen in der Teilhabe und Aktivität und die gesetzlichen Voraussetzungen der konkret beantragten Leistungen. Dass die Klägerin nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe gehöre, sei durch die amtsärztlichen Stellungnahmen geklärt. Er sei sachlich vor dem 1. Januar 2005 für einen Bedarf, daran anschließend für die konkreten Therapien als Heilmittel oder Maßnahmen der Behandlung mit psychotherapeutischem Hintergrund nicht zuständig gewesen. Die begehrten Leistungen seien nicht einheitliche, längerfristige Therapien oder Maßnahmen, die über Jahre hinweg erbracht würden. Hier hätten sich spätestens mit der Einschulung der Klägerin sowohl die tatsächlichen/persönlichen als auch die rechtlichen Verhältnisse und Umstände geändert. Ein Vertrauensschutz und ein Gebot der Gleichbehandlung mit ihrer Schwester seien nicht erkennbar. Das von der Klägerin in Bezug auf die angeforderten Leistungsangebote gerügte treuwidrige Verhalten liege bereits deshalb nicht vor, weil es sich hier um selbst beschaffte Leistungen in einem anderen Bundesland handele, für die die gesetzlichen Voraussetzungen einer Vereinbarung mit dem Leistungserbringer nicht gegeben seien. Eine Kostenübernahme im Einzelfall setze voraus, dass die Wirtschaftlichkeit und Qualität und damit auch der eigentliche Inhalt der erbrachten Leistungen feststünden, die hier nicht beurteilt werden könnten. In Bezug auf die Fahrkosten zum Schwimmen komme eine "Aufstockung" der Leistungen einer privaten Krankenversicherung durch Leistungen der Eingliederungshilfe nicht in Betracht. Da es sich bei dem Reiten vom Ansatz her hier am ehesten um Krankengymnastik als Heilmittel handele, scheide eine Kostenerstattung mangels Verordnungsfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Die eigentliche Hippotherapie gehöre zum üblichen Leistungsstandard privater Krankenkassen. Für ein heilpädagogisches Reiten fehle es an der spezifischen Qualifikation der Leistungserbringerin, an einem therapeutisch-pädagogischen Konzept nebst Hilfeplan und fachlich fundierten Entwicklungsberichten. Auch für die übrigen Fahrtkosten und sonstigen Annexkosten fehle es an der Kostenerstattungspflicht für die Therapie selbst. Die Feldenkrais-/ Hypnose-Therapie sei der Nr. 506 der GOÄ Anlage E zuzuordnen. Der Anteil der Hypnose bzw. der Behandlungsmethode nach Feldenkrais in der tatsächlichen Anwendung und an der unbestrittenen positiven Entwicklung sei ungeklärt; entsprechende Unterlagen lägen weiterhin nicht vor. Maßnahmen der Feldenkrais-Therapie würden u. a. von einer Physiotherapeutin und einem Kinderarzt, jeweils praktizierend in L., angeboten und könnten im Rahmen einer ärztlichen Behandlung oder auf ärztliche Verordnung erbracht und von der privaten Krankenversicherung getragen werden. Ein Antrag auf Übernahme der Kosten für die vom 13. bis zum 23. Oktober 2004 durchgeführte Tomatis-Therapie sei vor der Inanspruchnahme der Leistung nicht feststellbar. Die Tomatis-Therapie diene von ihrer Zielrichtung primär nicht dazu, speziell den Schulbesuch zu erleichtern/zu ermöglichen, und sei vorliegend nicht als Hilfe zur Schulbildung im Sinne des Gesetzes zu qualifizieren. Die Leistungen der Tomatis-Therapie seien zumindest zum Teil nach der GOÄ Anlage J (z.B. Nr. 1406, 1559 und 1560) als privatärztliche Leistungen abrechenbar. Der Vergleich vom 26. Mai 2005 habe keine rechtlichen Wirkungen für das vorliegende Verfahren.

Der in den drei Verfahren mit Beschlüssen des SG vom 9. November 2007 beigeladene Landkreis und die jeweils beigeladene C. haben keinen Antrag gestellt.

Der Beigeladene hat ausgeführt, Eingliederungshilfen seien nicht zu erbringen, weil bei der Klägerin nach amtsärztlicher Untersuchung eine Behinderung nicht mehr vorliege. Die - im Übrigen einkommensabhängige - vorbeugende Gesundheitshilfe oder Hilfe bei Krankheit könne nicht gewährt werden, weil der Klägerin eine altersgerechte Entwicklung und außerordentlich gute Leistungen in der Schule bestätigt worden seien. Auch sei die Tomatis-Hörkur als neues Heilmittel im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verordnungsfähig.

Die C. hat die Auffassung vertreten, die Kosten für eine Feldenkrais-/Hypno- oder Tomatis-Therapie seien nicht von ihr zu erstatten, da diese nicht in den Allgemeinen Vertragsbedingungen für den vereinbarten Krankheitskostentarif aufgeführt seien. Im Übrigen handele es sich bei diesen Methoden um "Untersuchung und Weiterentwicklung der Lernfähigkeit" der Klägerin, die keine Krankenbehandlung darstellten. Bei der Tomatis-Therapie handele es sich im Übrigen um eine nicht überwiegend anerkannte Außenseitermethode. Die Kosten für das therapeutische Schwimmen seien (ohne Fahrtkosten) erstattet worden.

Auf die Anträge der Klägerin vom 11. September und 17. November 2006, Eingliederungshilfe im Wege der Übernahme von Kosten für eine Tomatis- und Feldenkrais-/ Hypno-Therapie, für die Rechtsbeschaffung "zur Geltendmachung und Durchsetzung der Eingliederungshilfemaßnahmen", für behinderungsbedingte Arzt- und Therapeutentermine, das therapeutische Reiten, für die Begleitperson und die Ersatzkraft bei deren Verhinderung zu verlängern, hat der Beigeladene mit Zwischennachricht vom 26. Juli 2007 u.a. auf die noch nicht eingegangenen Entwicklungsberichte und Leistungsbeschreibungen des Tomatis-Instituts in H. verwiesen. Er lehnte diese Anträge und die Anträge vom 31. Januar und 20. Oktober 2006 auf Eingliederungshilfe in Bezug auf die Kosten der Tomatis-Therapien in mehreren Therapieblöcken im Namen des Beklagten mit Bescheid vom 14. November 2007 und im Übrigen eine Kostenübernahme für therapeutisches Reiten, Rechtsbeschaffungskosten, Fahrtkosten zu behinderungsbedingten Arzt- und Therapeutenterminen, Kosten der Begleitperson und einer Ersatzkraft bei deren Verhinderung mit Bescheid vom 21. November 2007 ab. Zur Begründung wird jeweils ausgeführt, die Klägerin gehöre nicht zum Personenkreis im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII, da sie weder wesentlich körperlich behindert noch von einer solchen Behinderung bedroht sei. Im Übrigen wird in dem Bescheid vom 14. November 2007 ausgeführt, die Tomatis-Therapie sei als neues Heilmittel im Rahmen der medizinischen Rehabilitation oder Krankenhilfe nicht verordnungsfähig. Die Klägerin hat der Rechtsbehelfsbelehrung entsprechend am 28. November 2007 gegen den Bescheid vom 14. November 2007 und am 5. Dezember 2007 gegen den Bescheid vom 21. November 2007 Widerspruch eingelegt und zur Begründung auf die Ausführungen im Klageverfahren Bezug genommen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat sie den Klageantrag in Bezug auf die Bescheide vom 14. und 21. November 2007 ergänzt.

Die Klägerin hat auf einen Befundbericht des sie seit Mai 2007 behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie (Akupunktur, Hypnose) Dr. habil. d. med. Wiss. Dr. med. Dr. phil. E., W., vom 30. September 2008 verwiesen. Danach liegen als Hauptdiagnosen bei ihr eine beinbetonte infantile Cerebralparese, zentrale Koordinationsstörungen, ein chronisches hirnorganisches Psychosyndrom, Spannungskopfschmerz, ein Zustand nach postpartalen Komplikationen und Klumpfuß beidseits, eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), eine Vorfußadduktion, ein myofasziales Schmerzsyndrom der Beine und des Rückens, eine visuelle Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung, eine Raum-/Lage-Wahrnehmungsstörung, Restsymptome einer unspezifischen auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung, Allergien und eine Stoffwechselstörung vor. Die Klägerin zeige ein freies Gangbild mit einer angedeuteten Innenrotationsstellung beider Beine und in Spontanbewegung eine leichte Spitzfußstellung. Es bestünden Defizite des Gleichgewichts, der Koordination und der Senso- und Feinmotorik der Hände. Eine Spastik in beiden Füßen (rechts stärker als links) und eine zentrale Koordinationsstörung zeigten sich bei Zielbewegungen und Anstrengung (im Hypertonus), mit der Folge einer Asymmetrie in der Haltung. Es bestehe auch eine durch die frühkindliche Störung bedingte auffällig schnelle Atmung ohne Atempause. Die intellektuellen Fähigkeiten befänden sich im altersentsprechenden Normbereich. Es liege eine pathologische dichotomische Diskrimination, eine Hörmerkspanne mit sinnleeren Silben und ein grenzwertiges Ergebnis des Hörtests mit zeitkomprimierter Sprache vor. Unter "Empfehlungen zur Minderung der Auswirkungen der Behinderung auf die allgemeine Lebensgestaltung" werden angegeben: Tomatismethode dreimal jährlich (ersatzweise zwei- bis dreimal 20 Minuten Klang nebst Entspannungs- und Atemübungen in Hausübung), einmal wöchentlich therapeutisches Reiten (allumfassend) und einmal wöchentlich Feldenkrais-/Hypnotherapie. Die Klägerin sei im sozialen Leben durch diverse Symptome in Bezug auf das Alltagsleben eingeschränkt. Sie dürfe weder den Schulranzen noch gleichartige Lasten heben oder tragen. Im Sportunterricht seien Überlastungen oder einseitige Übungen zu vermeiden und Sprung-, Schnelligkeits- und Koordinationsübungen nur eingeschränkt ausführbar. Im Unterricht seien Einschränkungen zu berücksichtigen, u.a. in Bezug auf eine Lärmbelästigung bei konzentrationsabhängigen Arbeiten, die Sitzplatzzuweisung, die Beaufsichtigung und das Sozialverhalten. Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten auf Bl. 231 bis 239 Bd. II der Gerichtsakte L 8 SO 15/08 Bezug genommen.

Die Klägerin hat auch auf das sonderpädagogische Fortschreibungsgutachten der Förderschullehrerin G. vom 13. März 2008 Bezug genommen. Daraus geht ein sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung hervor. Für eine erfolgreiche Förderung in der Schule seien eine Betreuung durch einen Sonderschullehrer nach Absprache und der Wechsel von Anspannung und Entspannung wesentliche Voraussetzungen. Die Bewegungsqualität sei wenig auffällig. Im Bereich der vestibulären Wahrnehmung seien leichte Schwierigkeiten im Zusammenspiel zwischen Tonusregulation und Gleichgewicht zu beobachten (Balancieren). Im Sportunterricht seien Schwierigkeiten hinsichtlich Kraft, Ermüdbarkeit und Gelenkigkeit zu beobachten. Die Klägerin sei intellektuell altersgerecht und erfülle die Rahmenrichtlinien der Grundschule für die vierte Klasse ohne Probleme. Die positive Entwicklung ihrer schulischen Leistungen, die Entwicklung im motorischen, emotionalen und im Bereich der Gesamtpersönlichkeit seien vermutlich zu einem großen Teil auf die gezielte Anwendung der alternativen Therapien zurückzuführen. Um bei ihr eine weitere positive Entwicklung zu gewährleisten, solle auch die Fortführung der begonnenen Therapien und monatlich eine Stunde Betreuung durch einen Sonderschullehrer im Vordergrund stehen.

Von dem Beklagten ist ein von Herrn K., Tomatis-Institut für Audio-Psycho-Phonologie in H., unter dem 14. September 2007 erstellter Kostenplan zur Akte gereicht worden, nach dem die Tomatis-Hörkur geeignet sei, die Entwicklung auch der Klägerin zu fördern und zu erleichtern. Nach der dortigen Erfahrung mit vergleichbaren Fällen solle die Hörkur durchschnittlich dreimal pro Jahr an jeweils zehn Tagen durchgeführt werden. Er schlage dazu einen Förderungszeitraum von zunächst drei Jahren vor. Danach solle überprüft werden, inwieweit für beide Kinder derselbe Förderbedarf bestehe. In seinem für beide Kinder erstellten Bericht hat Herr K. unter dem 2. September 2007 mitgeteilt, Ansatz des am Tomatis-Institut durchgeführten Hörtrainings für beide Kinder sei gewesen, über den akustischen Kanal einerseits Steuerungsfunktionen des Ohres für die Organisation von Bewegungsabläufen anzusprechen und dadurch den Weg für eine größere Sicherheit in der Raum-Zeitorientierung zu bahnen, andererseits durch Förderung der akustischen Differenzierungsfähigkeit die Vernetzung und Reifung kortikaler Teilleistungen anzuregen. Daraus entwickle sich ein verlässlicher Zugriff auf die entstandenen Teilleistungskompetenzen als Basis für die notwendige emotionale Bereitschaft, um sich dauerhaft auf Lernprozesse sowohl im Persönlichen und Sozialen als auch im Fachlichen einzulassen. Auf Grund der unterschiedlichen Auffälligkeiten beider Kinder hätten individuelle Hörkurprogramme erstellt werden können. Dabei sei bei beiden Kindern die Wirkkraft ihrer Behinderung phasenweise wieder stärker geworden. Gleichzeitig habe beobachtet werden können, dass im Kontext mit den angewandten Verfahren diese Phasen schnell hätten überbrückt werden können. Die Klägerin sei sozial verlässlicher und emotional gelassener geworden. Gleichzeitig hätten ihr Gefühl, sich ständig in den Vordergrund zu stellen, ihr Perfektionismus und ihre Unruhe nachgelassen.

Das SG hat die Klagen mit drei Urteilen vom 1. Oktober 2008 abgewiesen. Der Bescheid vom 12. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides "vom 6. Mai 2005" [gemeint ist: vom 10. Oktober 2006] sowie der Bescheid vom 21. November 2007, der Bescheid vom 22. März 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2006 sowie der Bescheid vom 21. November 2007 und der Bescheid vom 14. November 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2006 sowie der Bescheid vom 14. November 2007 seien rechtmäßig. Die Bescheide vom 14. und 21. November 2007 seien gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Fahrten zum therapeutischen Schwimmen, für das therapeutische Reiten und die Fahrten zum Reiten, die Rechtsbeschaffung, die Fahrten zu Arztterminen bzw. zur Anwendung von verschiedenen Therapien, die Begleitperson sowie die Therapieaufenthalte für eine Feldenkrais-/Hypnose-Therapie zwischen dem 11. Januar 2005 und dem 17. September 2006 und für eine Tomatis-Therapie zwischen dem 23. Oktober 2004 und dem 29. Oktober 2006. Die Klägerin gehöre nicht zum berechtigten Personenkreis nach § 39 BSHG bzw. § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Sie habe früher durch ihre leicht ausgeprägte cerebrale Diparese unter einer wesentlichen Behinderung im Sinne des § 1 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO gelitten. Nach Gesamtwürdigung aller medizinischen Unterlagen sei die Klägerin durch die noch festgestellten körperlichen Erkrankungen nicht mehr wesentlich in ihrer Teilhabefähigkeit, insbesondere in Bezug auf ihre Bewegungsfähigkeit durch eine Beeinträchtigung des Stütz- und Bewegungssystems, eingeschränkt. Es sei an den einheitlichen Behinderungsbegriff des § 2 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX) anzuknüpfen, der wiederum auf die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) zurückgreife. "Behinderung" werde danach nicht als Eigenschaft oder persönliches Merkmal eines Menschen betrachtet, sondern als Begriff und beziehe sich auf die negativen Aspekte der Interaktion zwischen einer Person (mit einem Gesundheitsproblem) und ihren Kontextfaktoren (umwelt- und personenbezogene Faktoren). Ein Leistungsanspruch setze voraus, dass ein Mensch in seiner Teilhabe erkennbar und spürbar tangiert sei. Bereits in der amtsärztlichen Stellungnahme vom 30. Mai 2001 seien lediglich eine leichte spastische Diparese sowie eine drohende Sprachbehinderung, nach den Epikrisen der HNO-Klinik vom 8. August 2003 und 23. November 2004 sei lediglich eine leichte unspezifische auditive Wahrnehmungsstörung bei Aufmerksamkeitsdefizit und leichter Muskelspastik festgestellt worden. Aus den amtsärztlichen Stellungnahmen vom 15. März 2005, 10. Februar und 12. Juni 2006 ergebe sich, dass die Spastik der Beine jetzt fast völlig beseitigt sei und lediglich noch motorisch diskrete Auffälligkeiten vorlägen, die die Bewegungsfähigkeit aber nicht wesentlich einschränkten. Die Klägerin sei ein altersgerecht entwickeltes Schulkind. Lediglich in Belastungssituationen werde eine leichte Spitzfußstellung (Spastik) beschrieben. Auch aus dem Befundbericht von Prof. Z. (dessen Privatpraxis Dr. E. zuzuordnen ist) vom 30. September 2008 und dem sonderpädagogischen Gutachten vom 13. März 2008 ergebe sich keine andere Beurteilung, da eine wesentliche Beeinträchtigung der Fähigkeiten zur Teilhabe sowie eine Einschränkung der Bewegungsfähigkeit durch eine Beeinträchtigung des Stütz- und Bewegungssystems in erheblichem Umfang nicht nachgewiesen würden. Auch die Voraussetzungen eines - bedürftigkeitsabhängigen - Anspruchs aus § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB XII seien nicht erfüllt. Die Klagen wären insoweit bereits unzulässig, da die Klägerin ihre Widersprüche und Klagen auf die Überprüfung nur nicht bedürftigkeitsabhängiger Leistungen beschränkt habe. Im Übrigen orientiere sich der Begriff der "Behinderung" auch insoweit an den §§ 1 bis 3 Eingliederungshilfe-VO, brauche jedoch im Vergleich nur in abgeschwächter Form vorzuliegen. Auch bestehe in diesem Rahmen grundsätzlich nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung gegen den Beklagten, da der Sozialhilfeträger in diesen Fällen auch über das "Ob" der Eingliederungshilfe nach Ermessen entscheide. Die Voraussetzungen einer Kostenübernahme für die Tomatis-Therapie lägen auch in Bezug auf die konkrete Leistung nicht vor. Für eine Kostenübernahme für die Therapie als Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGB IX fehle es an einer Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung, auf die in § 40 Abs. 1 Satz 2 BSHG/§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII verwiesen werde. Denn der Gemeinsame Bundesausschuss habe den therapeutischen Nutzen der Maßnahme nicht anerkannt und Empfehlungen für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung nicht abgegeben. Bei der Tomatis-Therapie handele sich nicht um eine Leistung zur angemessenen Schulbildung nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Satz 1 Nr. 1 der Eingliederungshilfe-VO. Jede im konkreten Fall notwendig werdende Eingliederungshilfeleistung sei einer der in § 54 Abs. 1 SGB XII genannten Leistungsgruppen zuzuordnen. Ein Bedarf in Bezug auf eine angemessene Schulbildung könne nicht durch eine Kostenübernahme für eine - nach den diesbezüglichen Regelungen nicht zu tragende - Leistung der medizinischen Rehabilitation gedeckt werden. Nach der Zielsetzung der Maßnahme sei die für die Klägerin vorgesehene Tomatis-Methode als Leistung der medizinischen Rehabilitation im Sinne des § 26 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX einzustufen. Die von Dr. Alfred Tomatis begründete Methode beruhe auf der Annahme, dass bei einer Beeinflussung des Hörens auch die Stimmgebung sofort und unbewusst und durch eine über eine bestimmte Zeit hinweg vorgenommene Stimulation des Gehörs die Phonation dauerhaft verändert werden könne. Die Anwendung der Methode werde durch ein "elektronisches Ohr" genanntes Gerät zur akustischen Stimulation ermöglicht. Das in einem Labor aufbereitete Musikmaterial solle die verschiedenen Phasen des Hörens von seiner ursprünglichen Form der Flüssigkeitsumgebung der Gebärmutter bis zur höchsten Differenzierung im Erwachsenenalter zur Beeinflussung der drei Grundfunktionen des Ohres (Gleichgewicht, Hören und Dynamisierung) nachvollziehen und das gesamte Wahrnehmungssystem systematisch anregen und verbessern. Einem Grundsatzgutachten von Dr. F. vom 31. Januar 1997 sei zu entnehmen, dass eine Tomatis-Therapie oftmals in Fällen zu einer Besserung geführt habe, in denen sich durch eine krankengymnastische, ergotherapeutische, logopädische und psychomotorische Behandlung keine signifikante Besserung eines Beschwerdekomplexes habe erzielen lassen. Die Therapie verfolge die in § 26 SGB IX genannten Ziele "Erkennen oder Heilen einer Krankheit", "Verhüten der Krankheitsverschlimmerung", "Linderung von Krankheitsbeschwerden" und "Vermeidung, Beseitigung oder Besserung einer Behinderung" und setze dabei an der Krankheit selbst bzw. ihren Ursachen an. Auch nach dem Verlaufsbericht des Tomatis-Instituts vom 2. September 2007 hätten Verbesserungen im motorischen Bereich im Vordergrund der Therapie gestanden. Erst in den späteren Abschnitten sei es auch zu Fortschritten in der Gleichgewichtsregulation und Verbesserungen in den kognitiven Leistungen gekommen. Daraus sei ersichtlich, dass durch die Behandlung der cerebralparetischen Klägerin nach der Tomatis-Methode die krankheitsbedingte Behinderung selbst habe gebessert werden sollen und es nicht nur darum gegangen sei, lediglich die Auswirkungen der Behinderung auf die Lebensgestaltung aufzufangen oder abzumildern. Vor diesem Hintergrund trete zurück, dass es sich bei der Maßnahme um einen ganzheitlichen Ansatz handele, der auch pädagogische und psychologische Zielsetzungen verfolge, für die Behandlung auch pädagogische Mittel eingesetzt würden und das Berufsbild des Behandlers nicht dem eines klassischen Heilberufes ähnele.

Die Klägerin hat am 26. November 2008 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt gegen die ihr am 11. November 2008 zugestellten Urteile des SG eingelegt. Der Senat hat die Verfahren L 8 SO 15/08, L 8 SO 16/08 und L 8 SO 17/08 mit Beschluss vom 4. März 2010 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung - mit dem Verfahren L 8 SO 15/08 als führendem Verfahren - verbunden und die Beiladung der Central aufgehoben.

In Addition der Einzelbeträge hat die Klägerin zunächst eine Erstattung in Höhe von 27.918,15 EUR verfolgt und dann noch eine Erstattung in Höhe von 14.770,27 EUR (nebst Zinsen) geltend gemacht. Sie ist der Auffassung, ihr stehe eine Kostenerstattung für die sämtliche bereits in Anspruch genommene Leistungen zu. Im Rahmen der Einkommensteuer habe sie die Kosten nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht. Die Unaufschiebbarkeit der Leistungsinanspruchnahme ergebe sich aus der ärztlichen Behandlungsempfehlung. Auch sei nach dem Wortlaut eines Schreibens des Beigeladenen vom 21. September 2004 bestätigt worden, dass es sich bei dem Antrag vom 14. September 2004 um einen Verlängerungsantrag gehandelt habe, sodass auf einen bereits bekannten Bedarf im Sinne des § 18 Satz 2 SGB XII und nicht auf eine Unaufschiebbarkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX abzustellen sei. Die Absprachen mit dem Beigeladenen für die Leistungen vor ihrer Einschulung seien auch den hier streitigen Leistungen zugrunde zu legen, sodass es keiner erneuten Antragstellung bedurft habe. Es sei zu berücksichtigen, dass sie jeweils täglich nach Vojta turne, ein 60- bis 70-minütiges Hörtraining, ein visuelles Training und eine 60-minütige "Pulsierende Energie-Resonanz-Therapie" (PERTH) auf sich nehme sowie jeweils einmal wöchentlich zum Arzt nach L. fahre, den Reitunterricht besuche, Manualtherapie und die blockweise wahrgenommenen Therapieaufenthalte absolviere. Sie erhalte einen wöchentlichen 60-minütigen sonderpädagogischen Förderbedarf. Sie sei gezwungen, am Tag 14 verschiedene Medikamente einzunehmen, und nicht in der Lage, ihren Schulranzen zu tragen, und benötige beim Kämmen, Waschen, Toilettengang, bei der Nahrungsaufnahme und der Überwachung des Tragens der Orthesen sowie dem Orthesenwechsel ständig der Hilfe ihrer Mutter oder einer Betreuungsperson. Für ihren Anspruch auf Eingliederungshilfe im Rahmen der Sozialhilfe komme es nicht auf ihre körperlichen Behinderungen oder darauf an, ob ihre Behinderung "wesentlich" sei, sondern auf die durch den GdB von 70 dokumentierte Behinderung. Maßgebend sei, ob mit der Maßnahme zu erreichen sei, dass ein Behinderter integriert werde bzw. bleibe, um zu verhindern, dass er aus der Gesellschaft ausgeschlossen werde. Sie sei erst durch die streitgegenständlichen Therapien in der Lage, die Schule zu besuchen und den Schulalltag zu bewältigen. Die täglichen Interventionen seien auch erforderlich, um ihre Pflegebedürftigkeit zu minimieren. Sie könne nicht in ihrer Freizeit wie ein "normales" Kind spielen und irgendwelchen Freizeitaktivitäten nachgehen, sondern müsse die verschiedenen Therapien absolvieren. Aus allen Gutachten gehe hervor, dass sämtliche Maßnahmen, die sie absolviere, begrüßenswert und auf jeden Fall fortzusetzen seien und sie durch die wahrgenommenen Maßnahmen Fortschritte erzielt habe. Die Tomatis-Therapie sei eine heilpädagogische Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ohne primäre medizinische Zielsetzung. Es gehe vorrangig darum, über die Musik verschiedene, jedoch nicht festgelegte Emotionen (wieder) zugänglich zu machen bzw. gleichwertig neben die aktuell vorherrschenden zu stellen und um die Qualitätsschärfung, die soziale Nutzung dieser Fähigkeiten und somit eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung. Die behandelte Person könne die einfließenden Sinneseindrücke wieder unvoreingenommen mit Wert füllen und werde geistig beweglicher. Die Arbeit mit den unterschiedlichen Frequenzen erwecke Lust auf das Leben; es erwache die Kreativität und der Wille zur Kommunikation. Aus der Gesetzesbegründung zu § 55 SGB IX (Bundestags-Drucksache 14/5074) sei zu erkennen, dass der Gesetzgeber die Entwicklung geistiger, körperlicher und praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) als Maßnahmen der sozialen Rehabilitation und die Verbesserung solcher Fähigkeitsstörungen von der sozialen Rehabilitation umfasst angesehen habe und sie nicht als Ausschlussfaktor habe normieren wollen. Es habe ein lückenloses Netz an Förderung für die Betroffenen geschaffen werden sollen. Der Beklagte habe durch die im Vergleich vom 26. Mai 2005 erklärte Kostenübernahme für frühere Maßnahmen der Tomatis-Therapie den Vertrauenstatbestand geschaffen, dass diese Kosten im Rahmen des SGB XII erstattet würden. Hätte sich der Beklagte schnell, klar und eindeutig positioniert, hätte sie ggf. Ansprüche bei ihrer Krankenversicherung prüfen können, sodass sich die Frage von Schadensersatzansprüchen aus Amtspflichtverletzung stelle.

Die Klägerin beantragt ausdrücklich,

die Beklagte zu verurteilen, an sie

Fahrtkosten für den Zeitraum vom 23.08.2004 bis 10.10.2006 in Höhe von 5.402,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.10.2006 zu zahlen,

Kosten für therapeutisches Reiten für den Zeitraum vom 23.08.2004 bis 10.10.2006 in Höhe von 620 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.10.2006 zu zahlen,

Kosten für die Feldenkrais-/Hypnotherapie für den Zeitraum bis 18.10.2006 in Höhe von 3.124,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.10.2006 zu zahlen,

Kosten für Tomatis für den Zeitraum vom 23.08.2004 bis 29.10.2006 in Höhe von 5.503,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2006 zu zahlen,

Rechtsbeschaffungskosten für den Zeitraum vom 23.08.2004 bis zum 10.10.2006 in Höhe von 119,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.10.2006 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Urteile des SG für zutreffend. Die Klägerin gehöre nicht zum berechtigten Personenkreis des § 39 BSHG bzw. § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Eine wesentliche Behinderung im Sinne dieser Vorschrift werde allein durch einen GdB von 70 (ab 2007 40) nicht belegt. Ein Nachweis der zwingenden Erforderlichkeit einer Reihe von täglichen und wöchentlichen Therapien, damit die Klägerin die Schule besuchen und den normalen Schulalltag bewältigen könne, sei nicht erbracht. Den im Verwaltungs- bzw. Vorverfahren eingeholten Gutachten sei nicht zu entnehmen, dass die Maßnahmen als notwendig und erforderlich eingestuft worden seien. Die Argumentation, dass durch die Therapien selbst ein Eingliederungshilfebedarf entstehe, sei nicht zu verstehen. Ein Vertrauenstatbestand sei durch die Übernahme der Kosten der Tomatis-Therapie in der Vergangenheit nicht geschaffen worden, da eine solche Kostenübernahme tatsächlich nicht erfolgt sei. Auch wegen der Vorrangigkeit der medizinischen Rehabilitation, zu denen das therapeutische Schwimmen bzw. Reiten gehöre, komme eine Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe ebenso wenig wie für Fahrten zu behinderungsbedingten Arzt- und Therapieterminen in Betracht. Welche Kosten der Rechtsbeschaffung angefallen seien, werde nicht näher ausgeführt oder nachgewiesen. Abrechnungsunterlagen seien auch im Übrigen nicht vorgelegt worden.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Auf die vom Berichterstatter angeforderte Konkretisierung des Antrags der Klägerin in Bezug auf die begehrte Kostenerstattung für die sämtlich in der Vergangenheit in Anspruch genommenen Leistungen (Schreiben vom 15. Februar, 16. März 2010, Erinnerungsschreiben vom 25. Mai 2010, telefonische Sachstandsanfrage vom 2. September 2010, Schreiben vom 4. und 7. April 2011) ist am 19. August 2011 in dem die Klägerin betreffenden erledigten Verfahren L 8 SO 16/08 eine Bezifferung der begehrten Kostenerstattung erfolgt. Am 22. August 2011 sind bei dem Senat diverse Kopien von Rechnungen/Quittungen/Zahlungsbelege eingegangen. Die Klägerin hat einen Bescheid vom 21. September 2010 über die Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII in Form eines Persönlichen Budgets in Höhe von 1.280 EUR für die Mutter der Klägerin und ihrer Schwester als Integrationshelfer vorgelegt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung sind die Originale für die vorgelegten Kopien und Kontoauszüge damit abgeglichen worden. Die gesetzliche Vertreterin der Klägerin ist vom Senat zu den in Anspruch genommenen Leistungen und der steuerrechtlichen Behandlung ihres Kfz befragt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2011 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten Bd. A bis Q verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Die Klagen sind im Wesentlichen zulässig.

In der Auslegung des Klageantrags im Sinne eines Begehrens der Klägerin, die Urteile des SG vom 1. Oktober 2008 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr 5.402,96 EUR für Fahrtkosten, 620 EUR für Kosten des Reitens, 3.124,11 EUR für Kosten der Therapieaufenthalte in Dunningen-Lackendorf (11. bis 15. Januar, 26. bis 30. Mai, 19. bis 23. September, 9. bis 13. Dezember 2005/ 10. bis 14. Juni, 13. bis 17. September 2006) und 12.037,15 EUR für Kosten der Therapieaufenthalte in H. (14. bis 23. Oktober 2004, 17. bis 26. Juli, 14. bis 23. Oktober 2005, 1. bis 10. Februar, 24. Juli bis 2. August, 20. bis 29. Oktober 2006) und in E. (am 29., 30., 31. Januar, 1., 2., 3., 4., 5., 6., 7. Februar 2005) zu erstatten, ist das Klagebegehren hinreichend konkretisiert im Sinne des § 153 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG in der mit Wirkung zum 1. April 2008 in Kraft getretenen Fassung des Art. 1 Nr. 15 des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444).

Der Senat hat hier die angefochtenen Bescheide vom 14. und 21. November 2007 nach § 96 Abs. 1 SGG in der am 1. April 2008 in Kraft getretenen Fassung des Art. 1 Nr. 16 SGGArbGGÄndG und nicht über die durch den Klageabweisungsantrag des Beklagten erfolgte einvernehmliche Klageänderung (§ 99 Abs. 1 und 2 SGG) in das Verfahren einbezogen. Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Diese Voraussetzungen erfüllen die Bescheide vom 14. und 21. November 2007 zumindest insoweit, als diese Regelungen zu den Anträgen der Klägerin vom 31. Januar und 20. Oktober 2006 enthalten, die nicht eindeutig von dem Regelungsgehalt der Widerspruchsbescheide vom 10. und 20. Oktober 2006 abgegrenzt werden können.

Die Klagen sind nicht zulässig, soweit die Klägerin die Erstattung von "Rechtsbeschaffungskosten" und Zinsen verlangt.

Die Klägerin hat ihr Begehren in Bezug auf die ihrer gesetzlichen Vertreterin entstandenen Kosten der "Rechtsbeschaffung" nur durch Vorlage von Belegen über den Erwerb der 135. Ergänzungslieferung des Loseblattwerks "Praktische Sozialhilfe" (24 EUR) sowie für im Justizzentrum Halle am 12. Oktober 2004, 7. und 25. November 2005, 3. Februar und 14. Dezember 2006 erstellte Fotokopien (insgesamt 95,70 EUR) konkretisiert. Eine konkrete Zuordnung zu einem Verfahren oder sonstigen rechtlichen Zusammenhang, welche die Prüfung eines Anspruchs auf Kostenerstattung ermöglichen würde, ist für den Senat nicht erkennbar geworden. Soweit das Gesetz eine Kostenerstattung für im Vorverfahren entstandene Kosten vorsieht (§ 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X)) ist eine Kostenfestsetzung bei der Behörde zu betreiben. Eine Erstattung von Kosten des Verwaltungsverfahrens erfolgt grundsätzlich nicht (vgl. z.B. Roos in: von Wulffen u.a., SGB X Kommentar, § 63 RdNr. 6 m.w.N.).

Soweit die Klägerin Zinsen verlangt, unterlag die Modifizierung des Begehrens im Berufungsverfahren nicht den Voraussetzungen der Klageänderung (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG). Es fehlt insoweit aber an einer vorausgegangenen Verwaltungsentscheidung. Auf sozialrechtliche Ansprüche findet die Reglung in § 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu den Prozesszinsen allenfalls Anwendung, soweit die Ansprüche auf einen öffentlich-rechtlichen Vertrag gestützt werden (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23. Juli 1992 - 7 RAr 98/90 - BSGE 71, 72, 73 f. m.w.N.; BSG, Urteil vom 23. März 2006 - B 3 KR 6/05 R - BSGE 96, 133, 136 ff. m.w.N.) Im Übrigen können Zinsen auf Sozialleistungen nur nach Maßgabe der den allgemeinen Verzugsvorschriften vorgehenden bereichsspezifischen Regelungen in § 44 SGB I verlangt werden. Dabei kann offen bleiben, ob die hier zunächst geltend gemachte Kostenübernahme für Therapieaufenthalte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Geldleistungen im Sinne dieser Vorschrift erfüllt (vgl. zu selbst beschafften Leistungen: Lilge, SGB I Kommentar, § 44 RdNr. 21). Da die abstrakte Verzinsungspflicht sich hier bereits aus der die Verwaltung bindenden Vorschrift ergibt, besteht die Notwendigkeit einer gerichtlichen Entscheidung erst dann, wenn der tatsächliche Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages endgültig feststeht und damit die Voraussetzungen für die Berechnung des Zinsanspruches geschaffen sind. In diesem Zusammenhang wären dann hier auch Wertungen u.a. zur Frage der Fälligkeit und des Leistungsantrags im Sinne des § 44 Abs. 1 bzw. 2 SGB I erforderlich, die durch den Senat nicht ohne Vorbefassung der Behörde getroffen werden können.

Die Klagen sind, soweit diese zulässig sind, unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von insgesamt 14.650,57 EUR für von ihr selbst beschaffte Leistungen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen sie deshalb nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Der Senat hatte dabei allein einkommens- und vermögensunabhängige Leistungen der Eingliederungshilfe zu prüfen, da die Klägerin, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, zumindest im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ihr Begehren dahingehend beschränkt hat.

Die Prüfung des Senats erstreckt sich hier auf Ansprüche gegen den Sozialhilfeträger nach dem SGB XII mit den hierzu ergangenen Verordnungen, ergänzt durch die Regelungen des SGB IX und des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V).

Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB VIII hat der Senat als Rechtsmittelinstanz trotz der nicht gegebenen Rechtswegzuständigkeit festzustellen (§ 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)). Die Leistungen nach dem SGB VIII werden indes grundsätzlich nur auf Antrag erbracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2008 - 5 B 130/07 - juris), der hier nicht dargelegt worden ist. Im Übrigen erbringt bei am ehesten der körperlichen Behinderung zuzuordnenden Beeinträchtigungen von jungen Menschen der - hier angegangene - Sozialhilfeträger vorrangige Hilfen zur Eingliederung (vgl. Scheider in: Schellhorn, SGB XII - Sozialhilfe Kommentar, 18. Aufl. 2010, § 53 SGB XII, RdNr. 72).

Für die vom SG vorgenommene Prüfung nach dem BSHG in Bezug auf die geltend gemachten Ansprüche, die sich auf Leistungen ab August 2004 beziehen, ist kein Raum. Denn hier ist einem Sozialhilfeträger vor In-Kraft-Treten des SGB XII am 1. Januar 2005 (Art. 70 Abs. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch, zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Dezember 2004, BGBl. I 3305) ein vor diesem Zeitpunkt entstandener und durch eine Leistungsgewährung zu befriedigender Bedarf nicht zur Kenntnis gegeben worden. Für die vor dem 1. Januar 2005 dem Sozialhilfeträger zur Kenntnis gebrachte Therapieaufenthalte in H. und Dunningen-Lackendorf ab Januar 2005 wäre von vornherein nur eine Bewilligung auf der Grundlage des SGB XII in Betracht gekommen. Auch nach allgemeinen Grundsätzen ist eine Änderung der Rechtslage zumindest für den Zeitraum bis zur Entscheidung über den Widerspruch zu berücksichtigen, wenn - wie hier - keine einschlägigen Übergangsvorschriften Abweichendes regeln und das neue Recht sich nach seinem zeitlichen Geltungswillen auf den Sachverhalt erstreckt (vgl. §§ 130 ff. SGB XII; allgemein zu Rechtsänderungen: BSG, Urteil vom 11. März 1987 - 10 RAr 5/85 - BSGE 61, 203, 205 f.; für das SGB XII: SG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 14. November 2006 - S 56 SO 187/06 - juris). Etwas anderes gilt z.B. dann, wenn unter Geltung des neuen Rechts über die Änderung einer bereits erfolgten Bewilligung gestritten wird. Das ist vorliegend nicht der Fall, weil eine Bewilligung der hier streitigen Leistungen zu keinem Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2005 erfolgt war. Auch die im Rahmen des Vergleichs vom 26. Mai 2005 zur Beendigung des Verfahrens vor dem OVG Sachsen-Anhalt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht übernommene Zahlungsverpflichtung stellt keine Bewilligung dar, an die die Klägerin für spätere Ansprüche hätte anknüpfen können.

Grundsätzlich prüft der Sozialhilfeträger unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten, welche einzelnen Hilfen zur Beseitigung einer gegebenen Notlage in Betracht kommen, ohne dabei an bestimmte Anträge gebunden zu sein (vgl. für das BSHG: BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1972 - V C 10.71 - BVerwGE 39, 261, 265).

Eine Eingrenzung auf bestimmte Rechtsnormen kann von dem Berechtigten im Regelfall nicht vorgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 12. November 2003 - B 3 KR 39/02 R - SozR 4-5425 § 24 Nr. 1, RdNr. 4). Anders verhält es sich aber bei materiell voneinander abgrenzbaren Rechtspositionen (vgl. für die Erstausstattung einer Wohnung: BSG, Urteil vom 13. April 2011 - B 14 AS 53/10 R - juris). Im vorliegenden Fall ergibt sich die Möglichkeit der Abgrenzung insbesondere unter Berücksichtigung des Verfassungsrechts. Einerseits ergibt sich ein möglichst weitgehender Anspruch auf Teilhabe insbesondere für Kinder auch aus dem staatlichen Schutzauftrag in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz (GG), andererseits beschränkt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, vgl. hierzu grundlegend Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 15. Dezember 1983 - u.a. 1 BvR 209/83 - BVerfGE 65, 1 ff.) die Verpflichtung zur Offenlegung von Einkommens- und Vermögensverhältnissen.

Es ist daher auszuschließen, dass nicht einkommens- und vermögensabhängige Leistungen der Eingliederungshilfe vom Berechtigten nicht in Anspruch genommen werden, um einer Offenlegung der Einkommens- und Vermögenssituation zu entgehen. Daraus ergibt sich auch, dass nicht vom Einkommen und Vermögen abhängende Leistungen vom Sozialhilfeträger nicht unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Mitwirkung versagt werden können, weil die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die für entsprechende Leistungen nach auch in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen zu prüfen wären, nicht glaubhaft gemacht worden sind. Hier ergibt sich damit ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse der Klägerin auf Eingrenzung des Prüfungsumfangs auf solche Leistungen, die eine Offenlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse und derjenigen ihrer Eltern nicht erfordern. Ihre gesetzliche Vertreterin hat die Offenlegung während des Verwaltungs- und Vorverfahrens endgültig abgelehnt. Daran ändert es nichts, dass sie sich vorbehalten hat, nach gerichtlicher Prüfung von nicht einkommens- und vermögensabhängigen Leistungen später auch nicht diesen Beschränkungen unterliegende Leistungen geltend zu machen.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungen war hier nur ein Anspruch der Klägerin auf Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII) und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 54 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB XII und § 26 SGB IX) zu prüfen.

Eingliederungshilfe wird nach § 19 Abs. 3 SGB XII nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII geleistet, soweit dem minderjährigen und unverheirateten Leistungsberechtigten und seinen Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist. Dabei ergeben sich auf den Einzelfall beziehende Beschränkungen der Einkommensanrechung bzw. der Berücksichtigung von Vermögen aus §§ 85 ff. SGB XII bzw. § 90 SGB XII. Demgegenüber ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII eine an der Leistungsart ansetzende Beschränkung der Aufbringung der Mittel durch den Leistungsberechtigten bzw. seine Eltern nur für die Kosten des Lebensunterhalts bei heilpädagogischen Maßnahmen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind (Nr. 1), bei der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung hierzu (Nr. 2), bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen soll (Nr. 3), bei der Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit, wenn die hierzu erforderlichen Leistungen in besonderen Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden (Nr. 4), bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 26 SGB IX) (Nr. 5), bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 SGB IX) (Nr. 6), bei Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen nach § 41 SGB IX und in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsfällen - § 56 SGB XII - (Nr. 7) und bei Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Arbeitsplatz zu ermöglichen, soweit diese Hilfen in besonderen teilstationären Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden (Nr. 8).

Für die hier begehrte Erstattung für Leistungen ab August 2004 sind die vorgenannten Regelungen in Nr. 1 und Nr. 3 nicht einschlägig, weil die Klägerin im August 2004 in einer Grundschule eingeschult wurde. Die hier streitigen Leistungen wurden auch nicht in einer Werkstatt für behinderte Menschen (Nr. 7) oder einer besonderen (teilstationären) Einrichtungen für behinderte Menschen (Nr. 4, Nr. 8) erbracht. Besondere Einrichtungen für behinderte Menschen sind nur solche, die ausschließlich diesem Personenkreis offen stehen; das ist für die hier geltend gemachten Leistungen in Tomatis-Instituten nicht erkennbar. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Nr. 6) im Sinne des § 33 SGB IX sind nur solche mit einem konkreten beruflichen Bezug (BSG, Urteil vom 15. Juni 1976 - 7 RAr 143/74 - BSGE 42, 70, 71), der bei den hier streitigen Leistungen nicht erkennbar ist.

Einem Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung für die von ihr selbst beschafften Leistungen als Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung oder zur medizinischen Rehabilitation steht bereits entgegen, dass die hierfür nach § 15 Abs. 1 SGB IX erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Nach § 53 Abs. 4 Satz 1 SGB XII gelten für die Leistungen der Teilhabe die Vorschriften des SGB IX, soweit sich aus dem SGB XII und den auf Grund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts anderes ergibt. Leistungen der Teilhabe in diesem Sinne sind nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b SGB I auch die zu den "Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft" gehörenden Hilfen zur angemessenen Schulbildung. Damit gilt für diese Hilfen wie für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation jeweils u.a. § 15 SGB IX.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX besteht eine Erstattungspflicht des Sozialhilfeträgers, wenn er eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Regelung ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V nachgebildet, sodass die hierzu von der Rechtsprechung konkretisierten Grundsätze im Wesentlichen übertragbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R - SozR 4-3250 § 14 Nr. 8 , RdNr. 22). Eine abstrakte Klärung bestimmter Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs durch einen Sozialhilfeträger findet nicht statt (vgl. BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 - B 1 KR 18/03 R - BSGE 94, 161 ff., RdNr. 9; BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 24/05 R - BSGE 97, 6 ff., RdNr. 22). Vielmehr kommt es insbesondere auf die zivilrechtliche Durchsetzbarkeit der Ansprüche an. Voraussetzung für die Kostenerstattung sind damit auch ordnungsgemäße Rechnungen und Zahlungsnachweise, sodass z.B. auch die mögliche Verjährung von Forderungen ausgeschlossen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 a.a.O., RdNr. 24; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. März 2009 - L 1 KR 1170/05 - juris).

Nur in Bezug auf die Kosten allein der Behandlungen an den Tomatis-Instituten in H. und E. in Höhe von 5.503,50 EUR ist für den Senat hinreichend erkennbar, dass die Klägerin von Kosten, zu deren Erstattung der Beklagte hier hat verurteilt werden sollen, finanziell betroffen ist. Für die Therapieaufenthalte in H. ergibt sich das wie folgt: Rechnungen des Tomatis-Instituts vom 23. Oktober 2004 für Leistungen vom 14. bis zum 23. Oktober 2004 in Höhe von 858 EUR, vom 26. Juli 2005 für Leistungen vom 17. bis zum 26. Juli 2005 in Höhe von 813 EUR, vom 18. Oktober 2005 für Leistungen vom 14. bis zum 23. Oktober 2005 in Höhe von 723 EUR, vom 10. Februar 2006 für Leistungen vom 1. bis zum 10. Februar 2006 in Höhe von 813 EUR, vom 2. August 2006 für Leistungen vom 24. Juli bis zum 2. August 2006 in Höhe von 813 EUR sowie vom 10. November 2006 für Leistungen vom 20. bis zum 29. Oktober 2006 in Höhe von 703,50 EUR. Für die Therapietermine in E. am 29., 30., 31. Januar und 1., 2., 3., 4., 5., 6. und 7. Februar 2005 sind mit Rechnung vom 24. Februar 2005 im Rahmen von "Sonderkonditionen" 1.599 EUR, davon für das zweite Kind 780 EUR, gefordert worden. Der Senat hat sich in der mündlichen Verhandlung von Zahlungen, welche die vorgenannten Rechnungsforderungen abdecken (überwiegend durch Abbuchung von dem Oder-Konto der gesetzlichen Vertreterin und des Vaters der Klägerin) überzeugt.

Die von Herrn B. erstellten Rechnungen genügen sämtlich den vorgenannten Anforderungen nicht. Es kann offen bleiben, ob hier eine Abrechnung entsprechend den Anforderungen der Gebührenordnung für Psychotherapeuten bei Privatbehandlung (GOP) zu fordern ist. Im Vergleich mit der GOP wird aber deutlich, welche Rechnungsangaben üblicherweise für eine psychotherapeutische Behandlung von dem Behandler gemacht werden können. Die Rechnungen von Herrn B. führen nur einen Tagesbetrag unter ausschließlicher Wiedergabe des Behandlungsdatums zu der Überschrift "M.-B. E. hat bei mir folgende Termine wahrgenommen" auf. Es fehlen jegliche Angaben zu Diagnosen sowie Art und zeitlichem Umfang der jeweiligen Behandlung. Es ist nicht feststellbar, dass überhaupt - entsprechend dem Antrag der Klägerin - Leistungen der "Feldenkrais-/Hypnotherapie" erbracht wurden.

Auch die Quittungen über die von der Klägerin wahrgenommenen Reitstunden genügen den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Abrechnung nicht, die Grundlage einer Verurteilung des Beklagten zu einer Kostenerstattung sein könnte. Die jeweils quittierten Beträge in Höhe von 10 EUR entsprechen dem üblichen Satz für eine "normale" Reitstunde. Durch die Ergänzung der Angabe "Reiten" auf der Quittung durch den Zusatz "therap." wird insoweit keine weitere Klarheit in Bezug auf besondere therapeutische Maßnahmen geschaffen. Insoweit ist auch zu berücksichtigen gewesen, dass die Reitlehrerin Frau M. in ihrem Bericht vom 13. Dezember 2005 - Bl. 67 ff. Bd. P der Verwaltungsakten - im Wesentlichen bekundet hat, das Reiten auf einem Pferd grundsätzlich für therapeutisch zu halten.

Für die weiteren im Verfahren geltend gemachten Erstattungsforderungen sind von ersparten Kosten des häuslichen Lebensunterhalts im Sinne des § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII abgrenzbare Belastungen der Klägerin nicht dargetan worden.

Die Verpflegungs- und Unterkunftskosten ("Miete") können hier bereits nicht bestimmten Personen zugeordnet werden. Da z.B. im Rahmen von Geschäftsessen solche Zuordnungen üblich sind und die Klägerin von vornherein wusste, dass sie sich die Aufwendungen erstatten lassen wollte, sind insoweit auch keine geringeren Anforderungen zu stellen.

Auch in Bezug auf die geltend gemachten Fahrtkosten vermag der Senat der Klägerin zuzuordnende Kosten nicht festzustellen. Bei dem Pkw, mit dem die Fahrten hier unternommen wurden, handelt es sich nach den Ausführungen ihrer gesetzlichen Vertreterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat um ein Fahrzeug, dessen Kosten nach der "1%-Regelung" den Privatentnahmen zugeordnet werden. Die Tankquittungen seien bereits dem Finanzamt vorgelegt worden. Vor dem Hintergrund der Erklärung der gesetzlichen Vertreterin der Klägerin im Erörterungstermin am 23. Februar 2010 kann diese Vorlage nur zum Nachweis von betrieblichen Ausgaben im Rahmen der selbstständigen Erwerbstätigkeit erfolgt sein.

Nach den insoweit maßgebenden Regelungen zur Gewinnermittlung in den §§ 4 ff. Einkommensteuergesetz (EStG) zur Feststellung von Einkünften bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit (§ 2 Abs. 2 Satz 1 EStG) ist als Entnahme des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder betriebsfremde Zwecke die private Nutzung eines Kfz, das zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit einem Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 und 2 EStG). Unter bestimmten Voraussetzungen wird darüber hinaus ein nach der Entfernung zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie für Familienheimfahrten festgelegter Pauschalbetrag berücksichtigt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 EStG). Da der als Entnahme der gesetzlichen Vertreterin zu berücksichtigende Betrag nicht durch ihrem Haushalt (der Familie) dienende Fahrten im Einzelnen beeinflusst werden kann und kein Bezug der Klägerin selbst zur Gewinnermittlung nach den §§ 4 ff. EStG besteht, ist nicht erkennbar, dass die Klägerin hier durch Fahrtkosten für die Therapieaufenthalte in H. und die Therapien in E. belastet ist. Soweit nach der Regelung in § 22 Eingliederungshilfe-VO auch die Fahrtkosten einer Begleitperson dem Bedarf des behinderten Menschen zugerechnet werden, ist ebenfalls nicht erkennbar, dass für die jeweils die Klägerin und ihre Schwester betreffenden Fahrten über den Wert der Entnahme im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 und 2 EStG hinausgehende besondere Kosten entstanden sind, die ggf. dann durch eine pauschalierende Regelung abgegolten werden könnten.

Von dem Therapieaufenthalt in H. vom 14. bis zum 23. Oktober 2004 hatte kein Sozialhilfeträger vor dessen Beginn am 14. Oktober 2004 Kenntnis, sodass es insoweit bereits an der erforderlichen Befassung der Behörde vor Inanspruchnahme der Leistung fehlt (vgl. zu § 13 SGB V: Noftz in: Hauck/Noftz, § 13 SGB V RdNr. 50 und 54 m.w.N.). Die Sozialhilfe ist zwar keine von einem Antrag abhängige Sozialleistung. Eine Bewilligung von Amts wegen erfolgt aber nur ab Kenntnis von einem Bedarf des örtlich und sachlich zuständigen Trägers oder einer von ihm beauftragten Stelle (vgl. für so schon für das BSHG: BVerwG, Urteil vom 9. Februar 1984 - 5 C 22.83 - BVerwGE 69, 5 ff.; für das SGB XII: Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII Kommentar, 3. Aufl. 2010, Einl. RdNr. 77 m.w.N.). Auch Anhaltspunkte für einen dem Sozialhilfeträger erkennbar gewordenen Bedarf im Oktober 2004 sind hier nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin ausgeführt hat, aus dem Verhalten des Beigeladenen in dem ersten Verfahren vor dem VG abgeleitet zu haben, zukünftig Anträge für einzelne Therapieaufenthalte nicht mehr stellen zu müssen, hätte dies eine ihr Anliegen stützende rechtliche Bedeutung nur im Zusammenhang mit einer Zusicherung der künftigen Leistungsbewilligung. Umstände, die eine - schriftlich zu erteilende - Zusicherung nahe legen könnten, sind indes hier nicht erkennbar. Vielmehr musste der Klägerin, die auch im Verfahren vor dem VG durch eine Juristin gesetzlich und anwaltlich vertreten war, klar sein, dass mit der Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem OVG das klageabweisende erstinstanzliche Urteil des VG vom 16. Juni 2004 in dem Verfahren 4 A 346/HAL rechtskräftig wurde. Auch eine die Rechtslage nach Einschulung betreffende Erklärung des Beigeladenen oder des Beklagten, aus der die Klägerin eine Zusicherung hätte ableiten können, ist nicht erkennbar. Dass sie selbst ihre Anträge als "Verlängerungsanträge" bezeichnet hat, hat keine Auswirkungen auf die Anspruchsvoraussetzungen.

Für die ab Januar 2005 wahrgenommenen Therapieaufenthalte ist eine telefonische oder schriftliche Information des Beigeladenen kurz vor Beginn des jeweiligen Aufenthaltes aktenkundig geworden. Eine Verbescheidung fand jedoch jeweils vor Beginn der Leistung nicht statt, sodass es auch insoweit bereits nach dem zeitlichen Ablauf an einer zu Unrecht erfolgten Ablehnung vor der Leistung fehlt. Die besonderen Regelungen zum Anspruch auf Erstattung von "erforderlichen Leistungen" bei nicht fristgerechter Entscheidung des Rehabilitationsträgers, § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX, gelten nicht für die Träger der Sozialhilfe (§ 15 Abs. 1 Satz 5 SGB IX).

Auch die Anspruchsvoraussetzungen für die konkreten Leistungen ("Tomatis-Therapie") liegen nicht vor.

Sachlich und örtlich zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ist hier der Beklagte (§ 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des SGB XII - Sozialhilfe - AG SGB XII - vom 11. Januar 2005, GVBl. LSA 2005, S. 8; § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).

Die Klägerin gehört nicht zu dem anspruchsberechtigten Personenkreis für die Eingliederungshilfe nach dem SGB XII.

Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Personen, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist. Insbesondere die körperliche Funktion des Stehens wich auch im hier maßgebenden Zeitraum nach ihrer Einschulung bei der Klägerin auf Grund der Innenrotationsstellung der Beine von dem typischen Zustand eines Schulkindes zumindest bis zu einer operativen Intervention dauerhaft ab. Nach § 1 Nr. 1 der auf der Grundlage von § 60 SGB XII erlassenen Eingliederungshilfe-VO sind Personen im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auch wesentlich in ihrer Teilhabefähigkeit eingeschränkt, deren Bewegungsfähigkeit durch eine Beeinträchtigung des Stütz- oder Bewegungssystems eingeschränkt ist.

Der Nachweis des GdB von 70 und der Merkzeichen "G" und "B" für den hier maßgebenden Zeitraum 2004 bis 2006 bildet insoweit nur ein Indiz, das aber insbesondere nicht von einer Feststellung der über die Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hinausgehende erhebliche Beeinträchtigung der Teilhabefähigkeit entbindet (vgl. Meusinger in: Fichtner/Wenzel, SGB XII Kommentar, 4. Aufl. 2009, § 53 SGB XII, RdNr. 4).

Die Klägerin erfüllt nach den Feststellungen von Dipl.-Med. F. in ihren ärztlichen Zeugnissen für das Gesundheitsamt vom 4. November 2004, 15. März und 13. Mai 2005, 10. Februar und 12. Juni 2006 nicht die Voraussetzungen der besonders geregelten Beispiele der körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behinderten Menschen im Sinne der §§ 1 bis 3 der auf der Grundlage von § 60 SGB XII erlassenen Eingliederungshilfe-VO. Nach § 59 SGB XII gehört diese beratende Tätigkeit zu den Aufgaben des Gesundheitsamtes.

Von den dort geregelten Beispielen kommt nur die körperlich wesentliche Behinderung im Sinne der Nr. 1 in Betracht, nach der Personen im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII wesentlich in ihrer Teilhabefähigkeit eingeschränkt sind, deren Bewegungsfähigkeit durch eine Beeinträchtigung des Stütz- oder Bewegungssystems eingeschränkt ist. Eine leichte Spitzfußstellung bei Anstrengung, die bei der Klägerin im hier maßgebenden Zeitraum weiterhin festgestellt wurde, erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Nicht jede Gehbehinderung ist mit einer Beeinträchtigung des Stütz- und Bewegungssystems gleichzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1971 - V C 59.70 - BVerwGE 39, 87). Die Klägerin hat insbesondere zunächst auch am Sportunterricht in der Schule uneingeschränkt teilnehmen können. Die vorgetragene Befreiung von der Benotung ab der 3. Schulklasse muss nicht zwingend einer fehlenden Teilnahmefähigkeit, sondern kann auch dem Wunsch der als sehr ehrgeizig und leistungsstark beschriebenen Klägerin, eine möglichst gute Gesamtbenotung auf dem Zeugnis zu erhalten, zuzurechnen sein.

Eine drohende wesentliche Behinderung (§ 53 Abs. 2 SGB XII) ist hier fernliegend, da es sich bei der Infantilen Cerebralparese nicht um eine progrediente Erkrankung handelt, die eine Verschlechterung von Beeinträchtigungen als wahrscheinlich erwarten lässt.

Soweit nach § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB XII auch Leistungen der Eingliederungshilfe an Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung gewährt werden können, steht insoweit auch die Leistungsgewährung dem Grunde nach im Ermessen des Sozialhilfeträgers (vgl. Meusinger, a.a.O. § 53 SGB XII RdNr. 22). Auch diesbezüglich ist aber eine Einschränkung der Teilhabefähigkeit - gegenüber den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 in abgeschwächter Form - erforderlich (vgl. Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 13. November 1996 - 6 S 1350/94 - juris). Diese lässt sich weder in Bezug auf die Gehbeeinträchtigung unter Anspannung noch den von der Mutter und der Schule angesprochen Verhaltensauffälligkeiten entnehmen. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die dem psychischen Bereich zuzuordnenden Diagnosen, wie Dipl.-Med. F. hervorgehoben hat, während des hier maßgebenden Zeitraums nicht fachpsychiatrisch festgestellt worden sind.

Auch die Voraussetzungen für eine Erstattung von Kosten einer "Tomatis-Therapie" im Sinne der im Rahmen der Eingliederungshilfe zu erbringenden Leistungen liegen nicht vor.

Leistungen der Eingliederungshilfe sind nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII u.a. die in § 26 SGB IX geregelten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Diese Leistungen umfassen u.a. Heilmittel einschließlich physikalischer, Sprach- und Beschäftigungstherapie (Absatz 2 Nr. 4) einschließlich medizinischer, psychologischer und pädagogischer Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, insbesondere um im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 der Vorschrift Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen oder eine Verschlimmerung zu verhüten, diese Ziele zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten (Absatz 3). Die Leistungen der medizinischen Rehabilitation entsprechen nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII dabei den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Leistungsvoraussetzungen der gesetzlichen Krankenversicherung für die medizinische Rehabilitation sind hier nicht erfüllt.

Maßgebend sind dabei die Bedingungen der durchgeführten Therapie im Einzelfall. Hierzu lässt sich weder dem Kostenplan und der Stellungnahme von Herrn K. für das Tomatis-Institut in H. von September 2007 noch den Ausführungen der Klägerin mit hinreichender Klarheit der Leistungsinhalt entnehmen. Ausweislich des Verlaufsberichts von Herrn K. vom 2. September 2007 sollten mittels eines Hörtrainings über den akustischen Kanal Steuerungsfunktionen des Ohres für die Organisation von Bewegungsabläufen angesprochen, dadurch der Weg für eine größere Sicherheit in der Raum-Zeitorientierung gebahnt und durch Förderung der akustischen Differenzierungsfähigkeit die Vernetzung und Reifung kortikaler Teilleistungen angeregt werden. Durch diese Ausführungen wird die vorgenommene Therapie nicht verständlicher.

Für den Senat steht fest, dass es sich bei den Tomatis-Instituten nicht um zugelassene Leistungserbringer der Rehabilitation handelt. Reicht eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen, werden nach § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V in der vom 1. Januar 2004 bis 31. März 2007 geltenden Fassung aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, oder soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich ist, in wohnortnahen Einrichtungen erbracht. Reicht die Rehabilitation im Sinne des § 40 Abs. 1 SGB V nicht aus, werden Leistungen der stationären Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbracht, mit der ein Vertrag nach 111 SGB V besteht, § 40 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V. Die Tomatis-Institute sind keine Vertragseinrichtungen im Sinne des § 111 SGB V.

Leistungen nach § 40 Abs. 1 und 2 SGB V können im Übrigen nach § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen und bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Die Klägerin hat mehrfach seit dem Jahr 2002 zumindest der Rehabilitation ähnliche Leistungen zu Lasten der Sozialhilfe in Anspruch genommen, sodass eine erneute Bewilligung die dringende Erforderlichkeit aus medizinischen Gründen vorausgesetzt hätte. Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte. Von Seiten der Amtsärztin sind hier stets ambulante Leistungen durch anerkannte Leistungserbringer empfohlen worden.

Durch die Verweisung von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII auf § 26 SGB IX sind auch solche Leistungen als medizinische Rehabilitation erfasst, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht als solche bezeichnet sind, insbesondere Heilmittel (vgl. z.B. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 54 RdNr. 9). Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB V entsprechen aber auch insoweit diese Leistungen denen des SGB V. Damit scheitert ein Anspruch der Klägerin hier sowohl an der fehlenden Qualitätssicherung nach § 124 Abs. 1 SGB V in Bezug auf das Tomatis-Institut als Leistungserbringer als auch an einer nicht vorhandenen Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses im Sinne des § 138 SGB V, wie es das SG - ausgehend von der "Tomatis-Methode" - zutreffend festgestellt hat.

Leistungen der Eingliederungshilfe sind nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulpflicht bleiben unberührt. Nach § 12 Eingliederungshilfe-VO umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern (Nr. 1), Maßnahmen der Schulbildung zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (Nr. 2) und Hilfe zum Besuch bestimmter weiterführender Schulen (Nr. 3).

Der Senat folgt der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass für Leistungen mit einem Krankheitsbezug als solchen für eine angemessene Schulbildung nicht grundsätzlich die (hohen) abstrakten Qualitätskriterien der Anerkennung der maßgebenden Ausschüsse des SGB V zugrunde zu legen sind. Der Rechtsprechung des BVerwG (vgl. Urteil vom 30. Mai 2002 - 5 C 36.01 - NVwZ 2003, 43, 44) ist für die heilpädagogischen Maßnahmen zu entnehmen, dass die hohen Hürden der wissenschaftlichen Anerkennung einer Maßnahme nicht ohne Einzelfallprüfung auf die Prüfung der Eingliederungshilfe für eine angemessene Schulbildung übertragen werden können. Die Regelungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung sind auch dem Umstand geschuldet, dass der Leistungserbringer für anerkannte Maßnahmen den Kostenträger belasten kann, ohne dass dieser im Regelfall die Möglichkeit einer Einzelfallprüfung hat. Das BVerwG hat inzwischen klargestellt, dass mit der vorgenannten Entscheidung keine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers festgelegt, sondern der Maßstab der Einzelfallprüfung konkretisiert werden sollte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2010 - 5 B 23/09 - juris). Das BSG hat für die Sozialhilfe unter Geltung des SGB XII keine hiervon abweichenden Anforderungen formuliert (vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 Nr. 6, RdNr. 18 ff.).

Selbst im Rahmen der insoweit möglichen Auffangfunktion der Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zur angemessenen Schulbildung kann aber nicht außer Acht gelassen werden, ob eine Maßnahme überhaupt einen Bezug zu Defiziten in der Schulfähigkeit aufweist, zu deren Beseitigung oder Abmilderung die zu prüfenden Maßnahmen dann geeignet und erforderlich sein müssen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Wunsch- und Wahlrechten des Leistungsberechtigten nach § 9 SGB IX, da bei der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe nur berechtigten Wünschen zu entsprechen ist (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Wird von vornherein eine Kostenerstattung angestrebt, müssen die Leistungen in diesem Rahmen auch nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB IX voraussichtlich bei gleicher Wirksamkeit mindestens gleichwertig ausgeführt werden. Für die Beurteilung der Wirksamkeit stellen die Leistungsberechtigten dem Rehabilitationsträger geeignete Unterlagen zur Verfügung (§ 9 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). Aus dem Verwaltungs- bzw. Vorverfahren liegen nur Veröffentlichungen zur "Tomatis-Methode" vor, die keinen Bezug zu der konkret bei der Klägerin durchzuführenden Therapie haben.

Es kann offen bleiben, ob die im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens im September 2007 erstellten Unterlagen von Herrn K. für eine Beurteilung der Wirksamkeit der am Tomatis-Institut erbrachten Leistungen geeignet sind. Für die in E. durchgeführte Therapie dürften diese Unterlagen in Bezug genommen werden können, da die Therapie dort in Verantwortung von Herrn K. erfolgte. Es ist nicht erkennbar, dass die am Tomatis-Institut in H. bzw. E. durchgeführten Therapien geeignet waren, die Aufnahme von bestimmten schulischen Lerninhalten durch die Klägerin zu fördern oder zu erleichtern. Dabei ergeben sich hier Bedenken im Hinblick sowohl auf die abstrakte Therapie als auch auf die hinreichend nachgewiesene Qualifizierung des Leistungserbringers.

Ein Indiz für die Wirksamkeit wäre insbesondere die Anerkennung einer Maßnahme nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, die hier für die Tomatis-Therapie fehlt.

Die positiven Bewertungen für die "Tomatis-Methode" sind dem Bereich der Werbung des Tomatis-Instituts in H. als Anbieter der Therapien bzw. dem Begründer der Methode oder dessen Schülern bzw. Schülerinnen zuzuordnen: "Das Ohr des Kindes als auditiv-integratives Organ" von Prof. Dr. Alfred Tomatis, übersetzt durch Joachim Kunze, Tomatis-Institut in H., Sonderdruck aus Sozialpädiatrie Heft 11/12 1997, Bl. 389 ff. Bd. D der Verwaltungsakten, Prof. Dr. Alfred Tomatis, Kalnwelt im Mutterleib, Bl. 376 ff. Bd. B der Verwaltungsakten und Dr. I. Flehmig, Zentrum für Kindesentwicklung in H., "Grundsatzgutachten" vom 31. Januar 1997, Bl. 228 ff. Bd. A der Verwaltungsakten. Die Abhandlung von Chukow, Gérard Depardieu, Vom Straßenkind zum Superstar, Bl. 383 ff. Bd. B der Verwaltungsakten, ist im Wesentlichen eine Biografie des Schauspielers.

Nach den nicht dem Leistungsanbieterbereich zuzuordnenden Veröffentlichungen von Dr. S., Tomatis-Therapie - Was ist dran an dieser Hörkur, Pädiatrie Hautnah 2000, 408 ff. (S. 410), Bl. 469 ff. der Verwaltungsakte, handelt es sich bei der Tomatis-Methode um eine wissenschaftlich nicht nachvollziehbare Methode, für die auch der Versuch eines Nachweises der Wirksamkeit durch die Verfechter nicht unternommen worden sei. Nach dem Konsensus-Papier der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e.V. zum "Hörtraining" nach Tomatis und zur "Klangtherapie" (S. 2 und 4), Bl. 471 ff. Bd. B der Verwaltungsakten, sind die Vorstellungen von Tomatis über die Wirkmechanismen des Kosmos und die Gleichstellung von Energie und Klang ebenso wenig nachvollziehbar wie die behauptete einzigartige Bedeutung des - insbesondere rechten - Ohres für die kindliche Sprachentwicklung. Auch die Annahme, dass bei Vertikalisierung des kindlichen Körpers Klangenergien besser wirksam sein könnten, erscheine eher mystisch. Die postulierten Auswirkungen auf die motorische und sprachliche Entwicklung seien eher spekulativ. Akustische Stimulationen mit einem "elektronischen Ohr" entbehrten jeglicher Hinweise auf mögliche positive Effekte und seien daher nicht zielführend und nutzlos. Das Hörtraining sei daher in seiner Gesamtheit nicht zu empfehlen.

Eine Auswertung sämtlicher auch außerhalb Deutschlands erschienener Veröffentlichungen, insbesondere unter Berücksichtigung der Zugehörigigkeit des jeweiligen Verfassers zu einer bestimmten Interessengruppe, kann im vorliegenden Zusammenhang nicht erfolgen. Anhaltspunkte dafür, dass der Schulerfolg regelmäßig durch die in H. bzw. E. durchgeführten Therapien gefördert würde, sind nach den verfügbaren Informationsquellen nicht erkennbar. In Bezug auf die Stellungnahmen der Lehrer der im September 2006 als staatlich Ersatzschule anerkannten Grundschule "M. L." wird so überdeutlich ein kausaler Zusammenhang zwischen den Therapieaufenthalten der Klägerin und ihren Leistungsfortschritten dargestellt, dass die Angaben in den Fortschreibungsgutachten nicht verwertbar sind. Die dort bezeichneten Fortschritte fallen jeweils mit der Rückkehr der Klägerin aus den Schulferien zusammen und können damit ebensogut in zeitlicher Hinsicht zugeordnet werden. Schon Dr. W. hat hervorgehoben, dass die Klägerin nicht überfordert werden solle. Die nach den Schulferien beschriebenen Verbesserungen lassen sich damit auch im Sinne eines Zustands der Enspannung und Erholung interpretieren.

Auch eine Unaufschiebbarkeit der hier selbst beschafften Leistungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX scheidet bereits nach den vorgenannten Erwägungen aus. Eine unaufschiebbare Leistung setzt im Übrigen darüber hinausgehend eine dringliche Bedarfslage voraus (vgl. zu § 13 SGB V: Wagner in: Krauskopf (Hrsg.), Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung Kommentar, § 13 RdNr. 26).

Für die Kosten der Begleitperson (§ 22 Eingliederungshilfe-VO), die Fahrt- und Verpflegungskosten fehlt es damit im Übrigen auch an einer in die Erstattungspflicht des Beklagten fallenden Hauptleistung.

Eine Selbstbindung der Verwaltung kann hier bereits deshalb nicht angenommen werden, weil zunächst der Beigeladene und später der Beklagte eine Übernahme der hier streitigen Kosten für die Klägerin stets vor dem Hintergrund der im Vergleich zu ihrer Zwillingsschwester geringer ausgeprägten Beeinträchtigung ablehnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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