Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 15 AS 4349/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 178/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. April 2012 wird aufgehoben und der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern – nach Vorlage der Rechnung des Elektroinstallateurs über die Erneuerung der Elektroanlage – vorläufig Leistungen in Höhe des Rechnungsbetrages, höchstens jedoch 2.499,95 EUR, zu gewähren.
Der Antragsgegner hat den Antragstellern die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die vorläufige Übernahme der Kosten für die Erneuerung der Elektroanlage des Eigenheims der Antragsteller im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1967 und 1983 geborenen Antragsteller beziehen seit dem 1. Juni 2011 SGB II-Leistungen vom Antragsgegner. Sie bewohnen seit ihrem Zuzug aus B., wo sie ebenfalls SGB II-Leistungen bezogen hatten, ein Eigenheim mit einer Wohnfläche von 70 m². Dieses steht auf einem 460 m² großen Grundstück, das sie mit notariellem Kaufvertrag vom 2. November 2010 zum Preis von 2.500,00 EUR erworben haben. Im Haus gibt es keine Zentralheizung. Wohn- und Schlafzimmer werden mit Kachelöfen und der Flur mit einem Dauerbrandofen beheizt. In Kinderzimmer, Küche und Bad gibt es keine installierte Heizmöglichkeit. Diese Räume werden mit zwei Elektroheizkörpern beheizt. Im Bad befindet sich eine sog. transportable Dusche, deren Wassererwärmung und Pumpe elektrisch betrieben werden.
Der Antragsgegner bewilligte den Antragstellern im Bewilligungszeitraum von Juni bis November 2011 monatlich 81,54 EUR, insgesamt 489,24 EUR für die Betriebskosten als Bestandteil der Leistungen für die Kosten der Unterkunft. Für die Beschaffung von Heizmaterial bewilligte der Antragsgegner im Oktober 2011 705,84 EUR. An Betriebskosten wurden 111,29 EUR für Dezember 2011, 78,63 EUR für Januar, 123,47 EUR für Februar, 14,82 EUR für März, 105,00 EUR für April und 12,75 EUR für Mai 2012, insgesamt: 445,96 EUR, bewilligt. Mit Bescheid vom 29. Mai 2012 gewährte der Antragsgegner Betriebskosten iHv 126,72 EUR für Juni, 0,00 EUR für Juli, 117,75 EUR für August und 21,72 EUR für September 2012 (insgesamt 266,19 EUR).
Am 4. Oktober 2011 beantragten die Antragsteller die Übernahme der Kosten für eine Reparatur bzw. Erneuerung der Elektroanlage ihres Eigenheims. Durch einen Kabelbrand in zwei Verteilerdosen sei die Elektroversorgung in Küche und Bad gestört. Die Elektroanlage sei alt und marode, weitere Kabelbrände bzw. Stromausfälle seien zu befürchten. Sie müsse auf Anraten der Elektriker dringend erneuert werden, da sie ein erhebliches Gefahrenpotential berge. Die Gebäudeversicherung komme für den Schaden nicht auf. Die Antragsteller legten drei Kostenvoranschläge mit Beträgen über 2.568,76 EUR (Fa. S. M. Elektro), 2.780,78 (Fa. W. GbR) und 5.434,00 EUR (Fa. Sch. u.a.) vor. Nach dem Hausbesuchsbericht des Antragsgegners vom 14. November 2011 waren der Strom angeschlossen und die elektrischen Geräte funktionsfähig. Im Objekt befinde sich ein alter Sicherungskasten. Neuere Kabel seien in den Querschnittverbindungen zwischen Küche und Wohnzimmer vorhanden. Eine Abdeckung sei auf der Innenseite verschmort. Die elektrischen Geräte im Bad (Waschmaschine, Duschboiler und Elektroheizkörper) würden mittels Verlängerungskabel von einer Küchensteckdose aus abwechselnd betrieben, da die Antragsteller befürchteten, dass die Stromleitungen im Badezimmer nicht ausreichten.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2011 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der Kosten für die Elektroinstallation ab. Zwar sei die Elektroanlage alt und erneuerungsbedürftig. Notwendige Instandhaltungsmaßnahmen seien jedoch nur periodisch anfallende, notwendige Kleinreparaturen wie Wartungs- oder Ausbesserungsarbeiten. Großreparaturen, Erneuerungs- und Modernisierungsarbeiten seien nicht von § 22 Abs. 1 und 2 SGB II umfasst. Zudem seien nur solche Aufwendungen für eine Instandsetzung zu berücksichtigen, die nicht zu einer Verbesserung des Standards des Eigenheims führten. Die Erneuerung der Elektroinstallation sei eine wertsteigernde Modernisierungsmaßnahme.
Dagegen legten die Antragsteller am 27. Dezember 2011 Widerspruch ein und führten aus, der Austausch der Elektroanlage wegen Brandgefährdung stelle keine Wertsteigerung dar. Es gehe um die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Elektroanlage. Nach Erhalt des zurückweisenden Widerspruchsbescheids vom 4. April 2012 haben sie fristgerecht Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 15 AS 1284/12 anhängig ist.
Ebenfalls am 27. Dezember 2011 haben die Antragsteller beim SG um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und zunächst die vorläufige Übernahme der Kosten gemäß dem Angebot der Fa. S. M. Elektro begehrt. Nachdem diese erklärt hatte, aktuell den Auftrag nicht ausführen zu können und wegen Zeitablaufs nicht mehr an das Angebot gebunden zu sein, haben die Antragsteller am 13. April 2012 ein überarbeitetes Angebot der Fa. W. GbR mit einem Gesamtbetrag von 2.499,95 EUR vorgelegt und die Kostenübernahme insoweit beantragt. Wegen des Inhalts des Angebots wird auf Blatt 129 bis 132 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Zur Begründung haben sie vorgetragen, es gebe im Haus drei Stromkreise, einer für den Elektroherd, einer für den Geschirrspüler und einer für das gesamte übrige Haus. Letzterer sei vom Defekt betroffen. Aus Angst vor weiteren Kabelbränden könnten sie ihn nur noch für die Beleuchtung nutzen. Alle übrigen Elektrogeräte (die Elektroheizkörper für Kinderzimmer und Bad, die Dusche, die Waschmaschine und der Geschirrspüler) würden über den für den Geschirrspüler vorgesehenen Stromkreis abwechselnd betrieben. Das gleichzeitige Betreiben mehrerer Elektrogeräte sei nicht möglich. Das im Hausbesuchsbericht aufgeführte neuere Kabel habe der Antragsteller zu 2., der gelernter Dachdecker sei, provisorisch selbst gezogen, um die Schadensstelle zu überbücken und zumindest vorübergehend die Beleuchtung zu gewährleisten. Dies könne aber auf Dauer nicht so bleiben. Die angefragten Elektriker weigerten sich, die vorhandenen Leitungen, die aus DDR-Zeiten stammten, zu reparieren. Die im Haus bei der Elektroinstallation verwandten Aluminiumleitungen seien wegen des bekannten Materialverhaltens unter Sicherheitsaspekten als höchst problematisch einzustufen. Zwar hätten bestehende Installationen Bestandsschutz, jedoch könnten diese nicht repariert oder erweitert werden, da die nach heutigem Stand der Technik zu verlegenden Kupferleitungen und Klemmen nicht für Aluminiumleitungen geeignet seien und nicht kombiniert werden könnten. Zum Beleg haben die Antragsteller ein Schreiben der Handwerkskammer M. vom 29. Februar 2012 sowie einen Ausdruck zum Stichwort "Elektroinstallation" aus Wikipedia (www.wikipedia.org) vorgelegt.
Mit Beschluss vom 19. April 2012 hat das SG den Antrag abgelehnt. Die geplante Erneuerung der Elektroanlage sei weder Instandhaltung noch Reparatur. Die Maßnahme stelle eine wertsteigernde Erneuerungsmaßnahme dar. Dafür spreche bereits das Verhältnis der Kosten zum Kaufpreis. Zudem werde die Anlage in einen neuen, verbesserten Zustand versetzt. Der schlechte sicherheitstechnische Zustand sei nicht erst durch den Kabelbrand verursacht worden, sondern habe bereits bei Einzug bestanden. Auch wenn eine Reparatur der Anlage aufgrund der sicherheitstechnischen Probleme nicht möglich sei, könne die hier erforderliche komplette Erneuerung der Elektroanlage nicht als Erhaltungsaufwendung gewertet werden. Denn dann würden steuerfinanzierte Leistungen eingesetzt, um teure Verbesserungen zu finanzieren. Im Übrigen stünden weitere Sanierungsmaßnahmen am Wohnhaus bevor. Es verfüge abgesehen vom Elektroboiler der Dusche über keine Möglichkeit der Warmwasserbereitung. Das Bewohnen einer Unterkunft ohne Warmwasserversorgung sei jedoch nicht zumutbar.
Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller am 24. April 2012 Beschwerde eingelegt. Der geplante Austausch vorhandener Bauteile sei keine Modernisierung, sondern eine akut notwendige Reparatur und damit eine Instandhaltungsmaßnahme, die zudem gesetzlich vorgeschrieben sei. Die Elektroaltanlage genieße solange Bestandsschutz, wie kein Defekt auftrete. Im Schadensfall sei jedoch eine Reparatur nicht zulässig.
Die Antragsteller beantragen,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. April 2012 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Instandsetzung der Elektroanlage iHv 2.499,95 EUR zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Ausführungen des SG im angegriffenen Beschluss seien zutreffend. Die Elektroanlage habe sich bereits beim Erwerb des Anwesens in einem schlechten sicherheitstechnischen Zustand befunden. Aus dem Umstand, dass die Verkäuferin das Wohnhaus bis zuletzt zu Wohnzwecken genutzt habe, sei nicht auf einen guten Zustand der Elektroanlage zu schließen. Die Antragsteller hätten das Alter der Immobilie und ihren Sanierungsbedarf vor dem Erwerb wirtschaftlich betrachten müssen. Aufgrund ihrer geringen finanziellen Möglichkeiten sei ein Erwerb ausgeschlossen gewesen, da erkennbar gewesen sei, dass kostenintensive Maßnahmen notwendig werden würden.
Auf Nachfrage der Berichterstatterin haben die Antragsteller ausgeführt, in naher Zukunft stünden keine weiteren Instandsetzungsarbeiten an. Der Antragsgegner hat ausgeführt, über die Hausbesuchsberichte hinaus habe er keine Erkenntnisse zu anstehenden Instandhaltungs- oder Sanierungsarbeiten. Ggf. sei im Hauptsacheverfahren ein Sachverständigengutachten einzuholen. Der Antragsgegner hat auf Anforderung seine derzeit gültige Handlungsanweisung zur Angemessenheit der Leistungen für Unterkunft und Heizung vorgelegt. Danach beträgt die angemessene Gesamtmiete (Kaltmiete einschließlich Betriebskosten ohne Heizung und Warmwasser) für einen Zweipersonenhaushalt 306,00 EUR monatlich.
Im Erörterungstermin am 3. Juli 2012 haben die Antragsteller ausgeführt, derzeit – solange die Elektroanlage nicht fachmännisch instandgesetzt und abgenommen worden sei – hätten sie keinen Versicherungsschutz für ihr Eigenheim.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht gemäß § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden und auch statthaft im Sinne von § 172 Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die begehrte Kostenübernahme iHv 2.499,95 EUR überschreitet den Beschwerdewert von 750,00 EUR.
Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat im angefochtenen Beschluss vom 19. April 2012 zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Übernahme der Kosten für die Sanierung der Elektroanlage verneint. Die Antragsteller haben gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf vorläufige Bewilligung der begehrten Leistungen.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b RN 16b).
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschlüsse vom 22. November 2002, Az.: 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236, und vom 12. Mai 2005, Az.: 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005 S. 803).
Hinsichtlich der begehrten Sanierung der Elektroanlage in ihrem Eigenheim haben die Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Eine akute Notlage ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass derzeit – seit dem Kabelbrand im August 2011 – eine sichere Stromversorgung des Hauses nur noch über eine einzige (gesondert gesicherte) Steckdose in der Küche erfolgen kann. Über diese müssen mittels Verlängerungskabel alle Elektrogeräte des Haushalts, darunter u.a. zwei für die Beheizung des Eigenheims erforderliche Elektroheizkörper, nach Bedarf abwechselnd angeschlossen werden. Diese Situation wird nicht dadurch entschärft, dass die Antragsteller nach dem Kabelbrand die Defektstelle provisorisch und nicht fachmännisch überbrückt haben, um zumindest die Beleuchtung im Haus notdürftig zu gewährleisten. Diese Selbsthilfemaßnahme verstößt gegen Sicherheitsbestimmungen (Veränderungen an Elektroinstallationen darf nur ein Fachmann vornehmen) und birgt nach den übereinstimmenden sachkundigen Bewertungen und im Verfahren vorgelegten Unterlagen die erhebliche Gefahr des Eintritts weiterer Schäden. Dieser Zustand bedarf dringend der Abhilfe und ist auf Dauer – auch für die eines Hauptsacheverfahrens – unzumutbar. Hinzu kommt, dass mangels fachgerechter Reparatur des Schadens derzeit kein Versicherungsschutz für das Eigenheim der Antragsteller besteht.
Die Antragsteller haben auch einen Anordnungsanspruch für die Übernahme der Kosten der Instandsetzungsmaßnahme gemäß Kostenvorschlag der Fa. W. GbR vom 10. April 2012 iHv 2.499,95 EUR durch den Antragsgegner glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller haben als erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach § 7 Abs. 1 Satz 1 iVm § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II unstreitig Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Diese umfassen nach § 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II u.a. den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Zum Bedarf für die Unterkunft gehören nach § 22 Abs. 2 SGB II in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur von selbst bewohntem Wohneigentum iSv § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie in den darauf folgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind.
Die gesetzliche Neuregelung zu den Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur knüpft konkretisierend an die bisherige Rechtsprechung an und modifiziert diese durch die Begrenzung auf "unabweisbare Aufwendungen" und deren Angemessenheit. Damit soll auch sichergestellt werden, dass Eigentümer und Mieter bei der Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft nach denselben Grundsätzen behandelt werden. Unabweisbare und angemessene Aufwendungen müssen darüber hinaus geeignet und erforderlich sein, um das Wohneigentum zu Wohnzwecken zu erhalten (vgl. z. Vorst.: Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 22 RN 101 ff).
Die Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur umfassen wie bisher Erhaltungsaufwendungen und Instandhaltungsmaßnahmen, nicht aber wertsteigernde Erneuerungsmaßnahmen. Ob es sich bei einer beabsichtigten Maßnahme um eine erhaltende Reparatur oder eine wertsteigernde Renovierung handelt, ist nicht nach der Höhe der Aufwendungen, sondern nach dem Ziel der Maßnahme danach zu unterscheiden, ob sie der Erhaltung oder Wiederherstellung der Wohnung in ihrer bisherigen Substanz oder aber der Schaffung eines neuen, verbesserten Zustands dient. Größere Erneuerungsarbeiten sind – entgegen der Auffassung des Antragsgegners – nicht ausgeschlossen (vgl. Beschluss des Senats vom 11. Januar 2010, Az.: L 5 AS 216/09 B ER, juris RN 41). Bei der Beurteilung ist zu beachten, dass mit der Ersetzung einer defekten, vormals dem Stand der Technik entsprechenden Anlage durch eine neue, die dem aktuellen Stand der Technik entspricht, zwangsläufig eine gewisse Verbesserung und auch Wertsteigerung verbunden ist. Diese ist dann unbeachtlich, wenn es keine (kostengünstigere) Alternative gibt, um die vormals funktionierende Anlage wiederherzustellen.
Als Unterkunftsbedarf anzuerkennen sind nur unabweisbare Aufwendungen, die notwendig sind, um die Bewohnbarkeit der selbst genutzten Immobilie sicherzustellen. Damit sind Maßnahmen erfasst, die unmittelbar drohende oder bereits eingetretene Schäden an der selbst genutzten Immobilie mit daraus folgenden unzumutbaren Beeinträchtigungen der Wohnqualität verhindern oder beseitigen sollen (vgl. Beschluss des Senats vom 3. Januar 2011, Az.: L 5 AS 423/09 B ER, juris RN 41).
Schließlich muss der Erhaltungsaufwand angemessen sein. Hierbei sind – neben den Kosten der Unterkunft im Übrigen – je nach Einzelfall weitere Faktoren zu berücksichtigen (wie etwa: ein sicher bevorstehendes Ende des Leistungsbezugs, der Umfang der Bedürftigkeit, das Ausmaß der Beeinträchtigung der Wohnqualität, der Gesamtwert und -zustand des Hauses, die Höhe der künftig zu erwartenden Sanierungskosten).
Vorliegend gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass das von den Antragstellern bewohnte Eigenheim nicht vermögensgeschützt iSv § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ist. Das Haus mit einer Wohnfläche von 70 m² und das Grundstück mit einer Größe von 460 m² sind angemessen.
Unter Anlegung der vorgenannten Maßstäbe ist nach Auffassung des Senats die Übernahme der Kosten für die Erneuerung der Elektroanlage des Eigenheims unabweisbar, geeignet und angemessen. Der derzeitige Zustand der Elektroanlage ist – wie oben ausgeführt – seit dem Schadensfall im August 2011 unzumutbar. Eine funktionierende Stromversorgung gehört zu den Mindestanforderungen, die an die Bewohnbarkeit einer Unterkunft zu stellen sind (vgl. Berlit, a.a.O., RN 104). Dazu reicht das Vorhandensein einer einzigen (hinreichend gesicherten) Steckdose im Haus für den Betrieb aller Elektrogeräte nicht aus. Bereits die elektrische Beleuchtung der Wohnräume ist nicht sicher gewährleistet. Durch den aktuellen Zustand der Elektroinstallation ist die Wohnqualität erheblich beeinträchtigt. Zudem bestehen aufgrund der nicht fachgerechten Reparatur durch Überbrückung der Schadensstelle erhebliche Gefahren für den Eintritt weiterer Schäden oder eines Brands.
Da vorliegend eine fachgerechte Reparatur des auf Grund des Kabelbrands unbrauchbar gewordenen Stromkreises nicht möglich ist, ist dieser zu ersetzen. Insoweit haben die Antragsteller durch die von ihnen vorgelegten Stellungnahmen der Elektriker und die weiteren Unterlagen zu den sicherheitstechnischen Anforderungen an Elektroinstallationen bzw. die Problematik der DDR-Elektroanlagen hinreichend glaubhaft gemacht, dass eine Reparaturmöglichkeit nicht besteht. Insoweit ist daher die Erneuerung der Elektroinstallation erforderlich.
Dieser Bewertung des Senats steht auch nicht entgegen, dass die Antragsteller das Haus in Kenntnis des schlechten sicherheitstechnischen Zustands der Elektroanlage erworben und bezogen haben. Nach ihren – unwiderlegten – Angaben funktionierte die vorhandene Elektroinstallation bei ihrem Einzug. Die Elektroanlage mit DDR-Standard entsprach zwar aktuellen Sicherheitsstandards nicht, genoss jedoch Bestandsschutz. Erst durch Eintreten des Schadensfalls ist eine Instandsetzung akut notwendig geworden.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners führt auch der Umstand, dass die Antragsteller sehenden Auges eine Unterkunft mit einem geringen Ausstattungsstandard und ggf. Instandhaltungsstau bezogen haben, nicht dazu, das sie auch weitere Verschlechterungen, die insgesamt zu unzumutbaren Wohnverhältnissen führen, hinzunehmen haben (vgl. Beschluss des Senats vom 31. März 2011, Az.: L 5 AS 359/10 B ER, juris RN 46, 52 – zur Notwendigkeit eines Umzugs) und eine Finanzierung von Instandsetzungsmaßnahmen aus SGB II-Mitteln ausscheidet. Eine substantielle Vermögensmehrung durch den Einsatz von SGB II-Leistungen ist bereits durch die Beschränkung der zuschussweise zu gewährenden Unterkunftskostenleistungen auf das angemessene Maß (des jährlichen Aufwands) gewährleistet.
Der Senat verkennt nicht, dass mit der geplanten Maßnahme – insbesondere in Ansehung des Kaufpreises des Anwesens – eine Wertsteigerung einhergeht. Diese ist jedoch nach den obigen Ausführungen im Hinblick auf das Ziel der Maßnahme, der Wiederherstellung der Stromversorgung in ihrem bisherigen funktionsfähigen Zustand, nicht relevant.
Der Senat verfügt nicht über hinreichende Sachkunde, um beurteilen zu können, ob alle Einzelpositionen des Kostenvoranschlags der Fa. W. GbR vom 19. April 2012 unabweisbar erforderlich sind (beispielsweise, ob auch eine Erneuerung des Stromkreises zur Absicherung des Elektroherds erforderlich ist, oder ob die veranschlagten 17 neuen Steckdosen dem bisherigen Ausstattungsstandard des Hauses entsprechen). Er hat jedoch angesichts der bisherigen Dauer des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und der Dringlichkeit der Maßnahme davon abgesehen, dies durch einen Sachverständigen begutachten zu lassen. Insoweit war einstweilig im Wege der Folgenabwägung zu entscheiden, die aufgrund der obigen Ausführungen zugunsten der Antragsteller ausgeht ...
Dasselbe gilt, soweit dem Senat aktuell keine belastbaren Erkenntnisse über den baulichen Zustand des Hauses und die anstehenden Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Auf Befragen haben die Antragsteller mitgeteilt, aktuell stünden keine weiteren Reparaturen an. Sie haben im Erörterungstermin insbesondere plausibel erklärt, dass der sichtbare Schaden am Dach (vgl. Hausbesuchsbericht vom 29. September 2011) dessen Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigt. Der ebenfalls befragte Antragsgegner hat keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen gesehen und erklärt, keine weiteren Erkenntnisse zu haben. Er hat auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens in der Hauptsache verwiesen. Jedenfalls gibt es im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats keine Hinweise auf das Bevorstehen kostenaufwändiger Sanierungsmaßnahmen in näherer Zukunft, die die Maßnahme insgesamt unwirtschaftlich und damit unangemessen erscheinen lassen könnten.
Insoweit mögen im Hauptsacheverfahren auch die Einzelposten des Kostenvoranschlags auf ihre Erforderlichkeit hin überprüft werden und ggf. – soweit ein unabweisbarer Instandsetzungsbedarf nicht festgestellt werden kann – die vorläufig bewilligten Leistungen zum Teil als Darlehen gewährt werden.
Für die Berechnung der übernahmefähigen Aufwendungen iSv § 22 Abs. 2 SGB II sind die für das Eigenheim innerhalb von zwölf Monaten voraussichtlich anfallenden laufenden und einmaligen Aufwendungen zu ermitteln. Es ist zu prüfen, inwieweit diese die (noch) angemessenen Unterkunftsaufwendungen bereits "ausschöpfen"; ein Zuschuss kommt nur in Betracht, soweit dies in einem Jahreszeitraum ab Antragstellung nicht der Fall ist (vgl. Berlit, a.a.O., RN 107).
Seit dem Antrag auf Übernahme der Kosten für die Erneuerung der Elektroanlagen wurden den Antragstellern Leistungen für die Betriebskosten ihres Eigenheims (ohne Heizung) iHv insgesamt 735,76 EUR bewilligt (Oktober und November 2011 je 81,54 EUR; Bewilligungsabschnitt Dezember 2011 bis Mai 2012 insgesamt 445,96 EUR; Juni 2012 126,72 EUR; Juli 2012 0,00 EUR). Berücksichtigt man zudem die bereits bewilligten (Bescheid vom 29. Mai 2012), aber noch nicht ausgezahlten Leistungen für August (117,75 EUR) und September 2012 (21,72 EUR), ergeben sich im Gesamtzeitraum von zwölf Monaten seit Antragstellung gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 Leistungen iHv 875,23 EUR. Zusammen mit den Kosten der beantragten Maßnahme ergibt sich ein Gesamtaufwand iHv 3.375,18 EUR.
Selbst wenn man die vom Antragsgegner angewendeten Angemessenheitswerte seiner Handlungsanweisung heranzieht, die für einen Zweipersonenhaushalt eine Gesamtmiete einschließlich Betriebskosten von 306,00 EUR/Monat vorsieht, gelangt man zu einem angemessenen Jahresaufwand iHv 3.672,00 EUR. Der Gesamtaufwand unterschreitet diesen Betrag, sodass dahinstehen kann, ob die vom Antragsgegner seit dem Jahr 2010 angewendeten Angemessenheitswerte den Anforderungen des Bundessozialgerichts an ein "schlüssiges Konzept" entsprechen (vgl. insoweit zur Handlungsanweisung 2005: Urteile des Senats vom 3. März 2011, Az.: L 5 AS 74/08, und vom 9. Mai 2012, Az.: L 5 AS 2/09; beide nachzulesen bei www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Der Beschluss des SG war daher aufzuheben und der Antragsgegner zur vorläufigen Gewährung der beantragten Instandsetzungskosten zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar. (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner hat den Antragstellern die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die vorläufige Übernahme der Kosten für die Erneuerung der Elektroanlage des Eigenheims der Antragsteller im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1967 und 1983 geborenen Antragsteller beziehen seit dem 1. Juni 2011 SGB II-Leistungen vom Antragsgegner. Sie bewohnen seit ihrem Zuzug aus B., wo sie ebenfalls SGB II-Leistungen bezogen hatten, ein Eigenheim mit einer Wohnfläche von 70 m². Dieses steht auf einem 460 m² großen Grundstück, das sie mit notariellem Kaufvertrag vom 2. November 2010 zum Preis von 2.500,00 EUR erworben haben. Im Haus gibt es keine Zentralheizung. Wohn- und Schlafzimmer werden mit Kachelöfen und der Flur mit einem Dauerbrandofen beheizt. In Kinderzimmer, Küche und Bad gibt es keine installierte Heizmöglichkeit. Diese Räume werden mit zwei Elektroheizkörpern beheizt. Im Bad befindet sich eine sog. transportable Dusche, deren Wassererwärmung und Pumpe elektrisch betrieben werden.
Der Antragsgegner bewilligte den Antragstellern im Bewilligungszeitraum von Juni bis November 2011 monatlich 81,54 EUR, insgesamt 489,24 EUR für die Betriebskosten als Bestandteil der Leistungen für die Kosten der Unterkunft. Für die Beschaffung von Heizmaterial bewilligte der Antragsgegner im Oktober 2011 705,84 EUR. An Betriebskosten wurden 111,29 EUR für Dezember 2011, 78,63 EUR für Januar, 123,47 EUR für Februar, 14,82 EUR für März, 105,00 EUR für April und 12,75 EUR für Mai 2012, insgesamt: 445,96 EUR, bewilligt. Mit Bescheid vom 29. Mai 2012 gewährte der Antragsgegner Betriebskosten iHv 126,72 EUR für Juni, 0,00 EUR für Juli, 117,75 EUR für August und 21,72 EUR für September 2012 (insgesamt 266,19 EUR).
Am 4. Oktober 2011 beantragten die Antragsteller die Übernahme der Kosten für eine Reparatur bzw. Erneuerung der Elektroanlage ihres Eigenheims. Durch einen Kabelbrand in zwei Verteilerdosen sei die Elektroversorgung in Küche und Bad gestört. Die Elektroanlage sei alt und marode, weitere Kabelbrände bzw. Stromausfälle seien zu befürchten. Sie müsse auf Anraten der Elektriker dringend erneuert werden, da sie ein erhebliches Gefahrenpotential berge. Die Gebäudeversicherung komme für den Schaden nicht auf. Die Antragsteller legten drei Kostenvoranschläge mit Beträgen über 2.568,76 EUR (Fa. S. M. Elektro), 2.780,78 (Fa. W. GbR) und 5.434,00 EUR (Fa. Sch. u.a.) vor. Nach dem Hausbesuchsbericht des Antragsgegners vom 14. November 2011 waren der Strom angeschlossen und die elektrischen Geräte funktionsfähig. Im Objekt befinde sich ein alter Sicherungskasten. Neuere Kabel seien in den Querschnittverbindungen zwischen Küche und Wohnzimmer vorhanden. Eine Abdeckung sei auf der Innenseite verschmort. Die elektrischen Geräte im Bad (Waschmaschine, Duschboiler und Elektroheizkörper) würden mittels Verlängerungskabel von einer Küchensteckdose aus abwechselnd betrieben, da die Antragsteller befürchteten, dass die Stromleitungen im Badezimmer nicht ausreichten.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2011 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der Kosten für die Elektroinstallation ab. Zwar sei die Elektroanlage alt und erneuerungsbedürftig. Notwendige Instandhaltungsmaßnahmen seien jedoch nur periodisch anfallende, notwendige Kleinreparaturen wie Wartungs- oder Ausbesserungsarbeiten. Großreparaturen, Erneuerungs- und Modernisierungsarbeiten seien nicht von § 22 Abs. 1 und 2 SGB II umfasst. Zudem seien nur solche Aufwendungen für eine Instandsetzung zu berücksichtigen, die nicht zu einer Verbesserung des Standards des Eigenheims führten. Die Erneuerung der Elektroinstallation sei eine wertsteigernde Modernisierungsmaßnahme.
Dagegen legten die Antragsteller am 27. Dezember 2011 Widerspruch ein und führten aus, der Austausch der Elektroanlage wegen Brandgefährdung stelle keine Wertsteigerung dar. Es gehe um die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Elektroanlage. Nach Erhalt des zurückweisenden Widerspruchsbescheids vom 4. April 2012 haben sie fristgerecht Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 15 AS 1284/12 anhängig ist.
Ebenfalls am 27. Dezember 2011 haben die Antragsteller beim SG um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und zunächst die vorläufige Übernahme der Kosten gemäß dem Angebot der Fa. S. M. Elektro begehrt. Nachdem diese erklärt hatte, aktuell den Auftrag nicht ausführen zu können und wegen Zeitablaufs nicht mehr an das Angebot gebunden zu sein, haben die Antragsteller am 13. April 2012 ein überarbeitetes Angebot der Fa. W. GbR mit einem Gesamtbetrag von 2.499,95 EUR vorgelegt und die Kostenübernahme insoweit beantragt. Wegen des Inhalts des Angebots wird auf Blatt 129 bis 132 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Zur Begründung haben sie vorgetragen, es gebe im Haus drei Stromkreise, einer für den Elektroherd, einer für den Geschirrspüler und einer für das gesamte übrige Haus. Letzterer sei vom Defekt betroffen. Aus Angst vor weiteren Kabelbränden könnten sie ihn nur noch für die Beleuchtung nutzen. Alle übrigen Elektrogeräte (die Elektroheizkörper für Kinderzimmer und Bad, die Dusche, die Waschmaschine und der Geschirrspüler) würden über den für den Geschirrspüler vorgesehenen Stromkreis abwechselnd betrieben. Das gleichzeitige Betreiben mehrerer Elektrogeräte sei nicht möglich. Das im Hausbesuchsbericht aufgeführte neuere Kabel habe der Antragsteller zu 2., der gelernter Dachdecker sei, provisorisch selbst gezogen, um die Schadensstelle zu überbücken und zumindest vorübergehend die Beleuchtung zu gewährleisten. Dies könne aber auf Dauer nicht so bleiben. Die angefragten Elektriker weigerten sich, die vorhandenen Leitungen, die aus DDR-Zeiten stammten, zu reparieren. Die im Haus bei der Elektroinstallation verwandten Aluminiumleitungen seien wegen des bekannten Materialverhaltens unter Sicherheitsaspekten als höchst problematisch einzustufen. Zwar hätten bestehende Installationen Bestandsschutz, jedoch könnten diese nicht repariert oder erweitert werden, da die nach heutigem Stand der Technik zu verlegenden Kupferleitungen und Klemmen nicht für Aluminiumleitungen geeignet seien und nicht kombiniert werden könnten. Zum Beleg haben die Antragsteller ein Schreiben der Handwerkskammer M. vom 29. Februar 2012 sowie einen Ausdruck zum Stichwort "Elektroinstallation" aus Wikipedia (www.wikipedia.org) vorgelegt.
Mit Beschluss vom 19. April 2012 hat das SG den Antrag abgelehnt. Die geplante Erneuerung der Elektroanlage sei weder Instandhaltung noch Reparatur. Die Maßnahme stelle eine wertsteigernde Erneuerungsmaßnahme dar. Dafür spreche bereits das Verhältnis der Kosten zum Kaufpreis. Zudem werde die Anlage in einen neuen, verbesserten Zustand versetzt. Der schlechte sicherheitstechnische Zustand sei nicht erst durch den Kabelbrand verursacht worden, sondern habe bereits bei Einzug bestanden. Auch wenn eine Reparatur der Anlage aufgrund der sicherheitstechnischen Probleme nicht möglich sei, könne die hier erforderliche komplette Erneuerung der Elektroanlage nicht als Erhaltungsaufwendung gewertet werden. Denn dann würden steuerfinanzierte Leistungen eingesetzt, um teure Verbesserungen zu finanzieren. Im Übrigen stünden weitere Sanierungsmaßnahmen am Wohnhaus bevor. Es verfüge abgesehen vom Elektroboiler der Dusche über keine Möglichkeit der Warmwasserbereitung. Das Bewohnen einer Unterkunft ohne Warmwasserversorgung sei jedoch nicht zumutbar.
Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller am 24. April 2012 Beschwerde eingelegt. Der geplante Austausch vorhandener Bauteile sei keine Modernisierung, sondern eine akut notwendige Reparatur und damit eine Instandhaltungsmaßnahme, die zudem gesetzlich vorgeschrieben sei. Die Elektroaltanlage genieße solange Bestandsschutz, wie kein Defekt auftrete. Im Schadensfall sei jedoch eine Reparatur nicht zulässig.
Die Antragsteller beantragen,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. April 2012 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Instandsetzung der Elektroanlage iHv 2.499,95 EUR zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Ausführungen des SG im angegriffenen Beschluss seien zutreffend. Die Elektroanlage habe sich bereits beim Erwerb des Anwesens in einem schlechten sicherheitstechnischen Zustand befunden. Aus dem Umstand, dass die Verkäuferin das Wohnhaus bis zuletzt zu Wohnzwecken genutzt habe, sei nicht auf einen guten Zustand der Elektroanlage zu schließen. Die Antragsteller hätten das Alter der Immobilie und ihren Sanierungsbedarf vor dem Erwerb wirtschaftlich betrachten müssen. Aufgrund ihrer geringen finanziellen Möglichkeiten sei ein Erwerb ausgeschlossen gewesen, da erkennbar gewesen sei, dass kostenintensive Maßnahmen notwendig werden würden.
Auf Nachfrage der Berichterstatterin haben die Antragsteller ausgeführt, in naher Zukunft stünden keine weiteren Instandsetzungsarbeiten an. Der Antragsgegner hat ausgeführt, über die Hausbesuchsberichte hinaus habe er keine Erkenntnisse zu anstehenden Instandhaltungs- oder Sanierungsarbeiten. Ggf. sei im Hauptsacheverfahren ein Sachverständigengutachten einzuholen. Der Antragsgegner hat auf Anforderung seine derzeit gültige Handlungsanweisung zur Angemessenheit der Leistungen für Unterkunft und Heizung vorgelegt. Danach beträgt die angemessene Gesamtmiete (Kaltmiete einschließlich Betriebskosten ohne Heizung und Warmwasser) für einen Zweipersonenhaushalt 306,00 EUR monatlich.
Im Erörterungstermin am 3. Juli 2012 haben die Antragsteller ausgeführt, derzeit – solange die Elektroanlage nicht fachmännisch instandgesetzt und abgenommen worden sei – hätten sie keinen Versicherungsschutz für ihr Eigenheim.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht gemäß § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden und auch statthaft im Sinne von § 172 Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die begehrte Kostenübernahme iHv 2.499,95 EUR überschreitet den Beschwerdewert von 750,00 EUR.
Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat im angefochtenen Beschluss vom 19. April 2012 zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Übernahme der Kosten für die Sanierung der Elektroanlage verneint. Die Antragsteller haben gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf vorläufige Bewilligung der begehrten Leistungen.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b RN 16b).
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschlüsse vom 22. November 2002, Az.: 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236, und vom 12. Mai 2005, Az.: 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005 S. 803).
Hinsichtlich der begehrten Sanierung der Elektroanlage in ihrem Eigenheim haben die Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Eine akute Notlage ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass derzeit – seit dem Kabelbrand im August 2011 – eine sichere Stromversorgung des Hauses nur noch über eine einzige (gesondert gesicherte) Steckdose in der Küche erfolgen kann. Über diese müssen mittels Verlängerungskabel alle Elektrogeräte des Haushalts, darunter u.a. zwei für die Beheizung des Eigenheims erforderliche Elektroheizkörper, nach Bedarf abwechselnd angeschlossen werden. Diese Situation wird nicht dadurch entschärft, dass die Antragsteller nach dem Kabelbrand die Defektstelle provisorisch und nicht fachmännisch überbrückt haben, um zumindest die Beleuchtung im Haus notdürftig zu gewährleisten. Diese Selbsthilfemaßnahme verstößt gegen Sicherheitsbestimmungen (Veränderungen an Elektroinstallationen darf nur ein Fachmann vornehmen) und birgt nach den übereinstimmenden sachkundigen Bewertungen und im Verfahren vorgelegten Unterlagen die erhebliche Gefahr des Eintritts weiterer Schäden. Dieser Zustand bedarf dringend der Abhilfe und ist auf Dauer – auch für die eines Hauptsacheverfahrens – unzumutbar. Hinzu kommt, dass mangels fachgerechter Reparatur des Schadens derzeit kein Versicherungsschutz für das Eigenheim der Antragsteller besteht.
Die Antragsteller haben auch einen Anordnungsanspruch für die Übernahme der Kosten der Instandsetzungsmaßnahme gemäß Kostenvorschlag der Fa. W. GbR vom 10. April 2012 iHv 2.499,95 EUR durch den Antragsgegner glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller haben als erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach § 7 Abs. 1 Satz 1 iVm § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II unstreitig Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Diese umfassen nach § 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II u.a. den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Zum Bedarf für die Unterkunft gehören nach § 22 Abs. 2 SGB II in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur von selbst bewohntem Wohneigentum iSv § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie in den darauf folgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind.
Die gesetzliche Neuregelung zu den Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur knüpft konkretisierend an die bisherige Rechtsprechung an und modifiziert diese durch die Begrenzung auf "unabweisbare Aufwendungen" und deren Angemessenheit. Damit soll auch sichergestellt werden, dass Eigentümer und Mieter bei der Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft nach denselben Grundsätzen behandelt werden. Unabweisbare und angemessene Aufwendungen müssen darüber hinaus geeignet und erforderlich sein, um das Wohneigentum zu Wohnzwecken zu erhalten (vgl. z. Vorst.: Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 22 RN 101 ff).
Die Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur umfassen wie bisher Erhaltungsaufwendungen und Instandhaltungsmaßnahmen, nicht aber wertsteigernde Erneuerungsmaßnahmen. Ob es sich bei einer beabsichtigten Maßnahme um eine erhaltende Reparatur oder eine wertsteigernde Renovierung handelt, ist nicht nach der Höhe der Aufwendungen, sondern nach dem Ziel der Maßnahme danach zu unterscheiden, ob sie der Erhaltung oder Wiederherstellung der Wohnung in ihrer bisherigen Substanz oder aber der Schaffung eines neuen, verbesserten Zustands dient. Größere Erneuerungsarbeiten sind – entgegen der Auffassung des Antragsgegners – nicht ausgeschlossen (vgl. Beschluss des Senats vom 11. Januar 2010, Az.: L 5 AS 216/09 B ER, juris RN 41). Bei der Beurteilung ist zu beachten, dass mit der Ersetzung einer defekten, vormals dem Stand der Technik entsprechenden Anlage durch eine neue, die dem aktuellen Stand der Technik entspricht, zwangsläufig eine gewisse Verbesserung und auch Wertsteigerung verbunden ist. Diese ist dann unbeachtlich, wenn es keine (kostengünstigere) Alternative gibt, um die vormals funktionierende Anlage wiederherzustellen.
Als Unterkunftsbedarf anzuerkennen sind nur unabweisbare Aufwendungen, die notwendig sind, um die Bewohnbarkeit der selbst genutzten Immobilie sicherzustellen. Damit sind Maßnahmen erfasst, die unmittelbar drohende oder bereits eingetretene Schäden an der selbst genutzten Immobilie mit daraus folgenden unzumutbaren Beeinträchtigungen der Wohnqualität verhindern oder beseitigen sollen (vgl. Beschluss des Senats vom 3. Januar 2011, Az.: L 5 AS 423/09 B ER, juris RN 41).
Schließlich muss der Erhaltungsaufwand angemessen sein. Hierbei sind – neben den Kosten der Unterkunft im Übrigen – je nach Einzelfall weitere Faktoren zu berücksichtigen (wie etwa: ein sicher bevorstehendes Ende des Leistungsbezugs, der Umfang der Bedürftigkeit, das Ausmaß der Beeinträchtigung der Wohnqualität, der Gesamtwert und -zustand des Hauses, die Höhe der künftig zu erwartenden Sanierungskosten).
Vorliegend gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass das von den Antragstellern bewohnte Eigenheim nicht vermögensgeschützt iSv § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ist. Das Haus mit einer Wohnfläche von 70 m² und das Grundstück mit einer Größe von 460 m² sind angemessen.
Unter Anlegung der vorgenannten Maßstäbe ist nach Auffassung des Senats die Übernahme der Kosten für die Erneuerung der Elektroanlage des Eigenheims unabweisbar, geeignet und angemessen. Der derzeitige Zustand der Elektroanlage ist – wie oben ausgeführt – seit dem Schadensfall im August 2011 unzumutbar. Eine funktionierende Stromversorgung gehört zu den Mindestanforderungen, die an die Bewohnbarkeit einer Unterkunft zu stellen sind (vgl. Berlit, a.a.O., RN 104). Dazu reicht das Vorhandensein einer einzigen (hinreichend gesicherten) Steckdose im Haus für den Betrieb aller Elektrogeräte nicht aus. Bereits die elektrische Beleuchtung der Wohnräume ist nicht sicher gewährleistet. Durch den aktuellen Zustand der Elektroinstallation ist die Wohnqualität erheblich beeinträchtigt. Zudem bestehen aufgrund der nicht fachgerechten Reparatur durch Überbrückung der Schadensstelle erhebliche Gefahren für den Eintritt weiterer Schäden oder eines Brands.
Da vorliegend eine fachgerechte Reparatur des auf Grund des Kabelbrands unbrauchbar gewordenen Stromkreises nicht möglich ist, ist dieser zu ersetzen. Insoweit haben die Antragsteller durch die von ihnen vorgelegten Stellungnahmen der Elektriker und die weiteren Unterlagen zu den sicherheitstechnischen Anforderungen an Elektroinstallationen bzw. die Problematik der DDR-Elektroanlagen hinreichend glaubhaft gemacht, dass eine Reparaturmöglichkeit nicht besteht. Insoweit ist daher die Erneuerung der Elektroinstallation erforderlich.
Dieser Bewertung des Senats steht auch nicht entgegen, dass die Antragsteller das Haus in Kenntnis des schlechten sicherheitstechnischen Zustands der Elektroanlage erworben und bezogen haben. Nach ihren – unwiderlegten – Angaben funktionierte die vorhandene Elektroinstallation bei ihrem Einzug. Die Elektroanlage mit DDR-Standard entsprach zwar aktuellen Sicherheitsstandards nicht, genoss jedoch Bestandsschutz. Erst durch Eintreten des Schadensfalls ist eine Instandsetzung akut notwendig geworden.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners führt auch der Umstand, dass die Antragsteller sehenden Auges eine Unterkunft mit einem geringen Ausstattungsstandard und ggf. Instandhaltungsstau bezogen haben, nicht dazu, das sie auch weitere Verschlechterungen, die insgesamt zu unzumutbaren Wohnverhältnissen führen, hinzunehmen haben (vgl. Beschluss des Senats vom 31. März 2011, Az.: L 5 AS 359/10 B ER, juris RN 46, 52 – zur Notwendigkeit eines Umzugs) und eine Finanzierung von Instandsetzungsmaßnahmen aus SGB II-Mitteln ausscheidet. Eine substantielle Vermögensmehrung durch den Einsatz von SGB II-Leistungen ist bereits durch die Beschränkung der zuschussweise zu gewährenden Unterkunftskostenleistungen auf das angemessene Maß (des jährlichen Aufwands) gewährleistet.
Der Senat verkennt nicht, dass mit der geplanten Maßnahme – insbesondere in Ansehung des Kaufpreises des Anwesens – eine Wertsteigerung einhergeht. Diese ist jedoch nach den obigen Ausführungen im Hinblick auf das Ziel der Maßnahme, der Wiederherstellung der Stromversorgung in ihrem bisherigen funktionsfähigen Zustand, nicht relevant.
Der Senat verfügt nicht über hinreichende Sachkunde, um beurteilen zu können, ob alle Einzelpositionen des Kostenvoranschlags der Fa. W. GbR vom 19. April 2012 unabweisbar erforderlich sind (beispielsweise, ob auch eine Erneuerung des Stromkreises zur Absicherung des Elektroherds erforderlich ist, oder ob die veranschlagten 17 neuen Steckdosen dem bisherigen Ausstattungsstandard des Hauses entsprechen). Er hat jedoch angesichts der bisherigen Dauer des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und der Dringlichkeit der Maßnahme davon abgesehen, dies durch einen Sachverständigen begutachten zu lassen. Insoweit war einstweilig im Wege der Folgenabwägung zu entscheiden, die aufgrund der obigen Ausführungen zugunsten der Antragsteller ausgeht ...
Dasselbe gilt, soweit dem Senat aktuell keine belastbaren Erkenntnisse über den baulichen Zustand des Hauses und die anstehenden Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Auf Befragen haben die Antragsteller mitgeteilt, aktuell stünden keine weiteren Reparaturen an. Sie haben im Erörterungstermin insbesondere plausibel erklärt, dass der sichtbare Schaden am Dach (vgl. Hausbesuchsbericht vom 29. September 2011) dessen Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigt. Der ebenfalls befragte Antragsgegner hat keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen gesehen und erklärt, keine weiteren Erkenntnisse zu haben. Er hat auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens in der Hauptsache verwiesen. Jedenfalls gibt es im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats keine Hinweise auf das Bevorstehen kostenaufwändiger Sanierungsmaßnahmen in näherer Zukunft, die die Maßnahme insgesamt unwirtschaftlich und damit unangemessen erscheinen lassen könnten.
Insoweit mögen im Hauptsacheverfahren auch die Einzelposten des Kostenvoranschlags auf ihre Erforderlichkeit hin überprüft werden und ggf. – soweit ein unabweisbarer Instandsetzungsbedarf nicht festgestellt werden kann – die vorläufig bewilligten Leistungen zum Teil als Darlehen gewährt werden.
Für die Berechnung der übernahmefähigen Aufwendungen iSv § 22 Abs. 2 SGB II sind die für das Eigenheim innerhalb von zwölf Monaten voraussichtlich anfallenden laufenden und einmaligen Aufwendungen zu ermitteln. Es ist zu prüfen, inwieweit diese die (noch) angemessenen Unterkunftsaufwendungen bereits "ausschöpfen"; ein Zuschuss kommt nur in Betracht, soweit dies in einem Jahreszeitraum ab Antragstellung nicht der Fall ist (vgl. Berlit, a.a.O., RN 107).
Seit dem Antrag auf Übernahme der Kosten für die Erneuerung der Elektroanlagen wurden den Antragstellern Leistungen für die Betriebskosten ihres Eigenheims (ohne Heizung) iHv insgesamt 735,76 EUR bewilligt (Oktober und November 2011 je 81,54 EUR; Bewilligungsabschnitt Dezember 2011 bis Mai 2012 insgesamt 445,96 EUR; Juni 2012 126,72 EUR; Juli 2012 0,00 EUR). Berücksichtigt man zudem die bereits bewilligten (Bescheid vom 29. Mai 2012), aber noch nicht ausgezahlten Leistungen für August (117,75 EUR) und September 2012 (21,72 EUR), ergeben sich im Gesamtzeitraum von zwölf Monaten seit Antragstellung gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 Leistungen iHv 875,23 EUR. Zusammen mit den Kosten der beantragten Maßnahme ergibt sich ein Gesamtaufwand iHv 3.375,18 EUR.
Selbst wenn man die vom Antragsgegner angewendeten Angemessenheitswerte seiner Handlungsanweisung heranzieht, die für einen Zweipersonenhaushalt eine Gesamtmiete einschließlich Betriebskosten von 306,00 EUR/Monat vorsieht, gelangt man zu einem angemessenen Jahresaufwand iHv 3.672,00 EUR. Der Gesamtaufwand unterschreitet diesen Betrag, sodass dahinstehen kann, ob die vom Antragsgegner seit dem Jahr 2010 angewendeten Angemessenheitswerte den Anforderungen des Bundessozialgerichts an ein "schlüssiges Konzept" entsprechen (vgl. insoweit zur Handlungsanweisung 2005: Urteile des Senats vom 3. März 2011, Az.: L 5 AS 74/08, und vom 9. Mai 2012, Az.: L 5 AS 2/09; beide nachzulesen bei www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Der Beschluss des SG war daher aufzuheben und der Antragsgegner zur vorläufigen Gewährung der beantragten Instandsetzungskosten zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar. (§ 177 SGG).
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