Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 32 AS 3077/16
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Kern über die Frage, ob das Konzept der Beklagten zur Ermittlung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Landkreis Harz den gesetzlichen und höchstrichterlichen Anforderungen entspricht.
Die Klägerin erhielt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Streitgegenständlich ist der Bewilligungszeitraum von Februar 2015 bis Juni 2015.
Die Klägerin wohnte in Wernigerode in einem Zwei-Personen-Haushalt. Die tatsächlichen Aufwendungen für ihre Unterkunft lagen bei 350,71 Euro monatlich. Die tatsächlichen Aufwendungen für die Heizung lagen bei 101,84 Euro monatlich.
Die Klägerin wurde bereits mit dem Umzug in diese Wohnung im Jahr 2008 auf die unangemessenen Unterkunfts- und Heizungskosten hingewiesen.
Mit dem Bescheid vom 30.12.2015 wurden vorherige Bewilligungsbescheide mit Wirkung vom 01.02.2015 bis 30.06.2015 teilweise aufgehoben. Es wurden Unterkunftskosten in Höhe von 308,00 Euro und Heizungskosten in Höhe von 90,85 Euro anerkannt. Die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung lehnte die Beklagte unter Verweis auf ihre Angemessenheitsgrenze ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 30.12.2015 verwiesen (Bl. 6 ff. d. A.).
Der Bescheid wurde der Klägerin am 02.01.2016 bekanntgegeben.
Die Klägerin legte am 01.02.2016 Widerspruch ein.
Mit dem Widerspruchsbescheid vom 27.07.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen (Bl. 4 ff. d. A.).
Am 10.08.2016 hat die Klägerin Klage erhoben.
Im laufenden Klageverfahren hat die Beklagte ihr Konzept nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.01.2019 (B 14 AS 12/18 R, B 14 AS 10/18 R) nachgebessert. Auf Grundlage dieses Konzept ist am 09.04.2020 eine neue Richtlinie zur Feststellung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung in Kraft getreten. Es wird Bezug genommen auf die Richtlinie vom 09.04.2020 sowie das Konzept 2012 und dessen Fortschreibung 2014 nach dem Korrekturbericht vom Februar 2020.
Die Klägerin ist der Auffassung, das Konzept der Beklagten sei nicht schlüssig. Insbesondere sei die Datenerhebung nicht nachvollziehbar; an der Repräsentativität sowie Validität fehle es ebenfalls. Die Heizungskosten seien nicht unangemessen, weil das Wohnhaus nur unzureichend gedämmt wäre und die Klägerin sowie ihr Ehemann aufgrund ihres Lebensalters besonders leicht frieren würden; außerdem verbringe ihr Ehemann als Rentner viel Zeit zu Hause.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheids vom 30.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.07.2016 der Klägerin weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate Februar 2015 bis Juni 2016 zu zahlen in Höhe von monatlich 51,86 Euro;
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Zeitraum Februar 2015 bis Juni 2015 einen Betrag nachzuzahlen in Höhe von 259,30 Euro, abzüglich 12,60 Euro, und damit in Höhe von 246,70 Euro.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, ihr Konzept sei nach seiner Nachbesserung umfassend schlüssig und könne die angemessenen Unterkunfts- sowie Heizungskosten rechtmäßig bestimmen.
Die Verwaltungsakte ist beigezogen worden. Den Beteiligten haben sowohl die Richtlinie zur Angemessenheit von Unterkunfts- und Heizkosten vom 09.04.2020 als auch das nachgebesserte Konzept der Beklagten aus dem Februar 2020 vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Gericht konnte die mündliche Verhandlung am 05.01.2021 trotz der Abwesenheit der Klägervertreterin durchführen und ein Urteil nach § 132 Abs. 1 S. 2 SGG verkünden.
Die Anwesenheit der Beteiligten ist keine Voraussetzung für die Sachentscheidung des Sozialgerichts. Beim Ausbleiben der Beteiligten ist eine Entscheidung nach Aktenlage zulässig, wenn die Beteiligten in der Ladung darauf hingewiesen worden sind (§ 126 i.V.m. § 110 Abs. 1 S. 2 SGG). Das Gericht kann in dieser Lage aber auch eine "einseitige" mündliche Verhandlung nach den allgemeinen Vorschriften (§ 112 SGG) durchführen. Die Regelungen in §§ 110, 126 SGG sprechen zwar nur von einer Entscheidung nach Lage der Akten, dies ermöglicht aber erst recht den Erlass eines Urteils aufgrund einer mündlichen Verhandlung (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.1993 - 13 RJ 37/93 -, juris Rn. 17).
Die Klägervertreterin ist in der Ladung darauf hingewiesen worden, dass ohne sie entschieden werden kann (Bl. 108 d. A.). Die Ladung ist ihr auch zugestellt worden (Bl. 108a d. A.).
II.
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) statthafte und zulässige Klage ist unbegründet.
Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung ihrer tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung nach §§ 19, 22 SGB II.
Die Leistungen nach dem SGB II umfassen den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 S. 3 SGB II). Der Bedarf für Unterkunft und Heizung wird in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II).
Die Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist. Dabei werden die Aufwendungen für die Unterkunft grundsätzlich getrennt von den Aufwendungen für die Heizung geprüft. Der Grundsicherungsträger muss im Einzelfall ermitteln und darlegen, in welcher Höhe die Aufwendungen angemessen sind, wenn er die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft oder Heizung nicht anerkennen will (vgl. zu allem BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 14 ff. m.w.N.).
1. Die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft sind unangemessen.
Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft wird in zwei Schritten geprüft: Zuerst ist die abstrakte Angemessenheit nach der Bruttokaltmiete (Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten) und dann die konkrete Angemessenheit dieser Aufwendungen für den Leistungsempfänger zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 19 m.w.N.).
a) Die Aufwendungen sind abstrakt unangemessen.
Sie übersteigen die abstrakt angemessene Bruttokaltmiete von 306,60 Euro, die von der Beklagten für einen Zwei-Personen-Haushalt im Vergleichsraum Wernigerode rechtmäßig bestimmt wurde.
Die abstrakt angemessenen Aufwendungen werden nach der "Produkttheorie" (Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis) in einem mehrstufigen Verfahren ermittelt (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 20 m.w.N.):
- Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en);
- Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards;
- Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept;
- Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten.
Nach diesem Verfahren hat die Beklagte folgende Berechnung vorgenommen:
- Angemessene Wohnungsgröße: 60 qm;
- multipliziert mit der Bruttokaltmiete: 5,11 Euro;
(Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten)
- ergibt die angemessenen Aufwendungen: 306,60 Euro.
Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Dazu im Einzelnen:
aa) Die von der Beklagten herangezogene Wohnungsgröße von 60 qm ist bei einem Zwei-Personen-Haushalt angemessen.
Die angemessene Wohnungsgröße ist nach den Wohnungsbauförderungsbestimmungen vom 23.02.1993 (MBl. LSA 1993, 1281) und den dazu erlassenen Richtlinien aus den Jahren 1993 und 1995 (MBl. LSA 1993, 1285; 1995, 1133) zu ermitteln (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.10.2018 - L 5 AS 336/16 -, juris Rn. 46 m.w.N.).
bb) Die Beklagte hat bei der Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards beachtet, dass Wohnungen des untersten Standards nicht berücksichtigt werden dürfen.
Solche Wohnungen, die unter dem einfachen Standard auf dem Wohnungsmarkt liegen, dürfen nicht herangezogen werden, weil ein Leistungsempfänger auf einen solchen Ausstattungsgrad bei der Wohnungssuche nicht verwiesen werden darf (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R -, Rn. 29).
In ihrem nachbesserten Konzept hat die Beklagte die "Substandardwohnungen" ohne Bad/WC und Sammelheizung ausgenommen (vgl. S. 12 des Korrekturberichts).
cc) Das Konzept der Beklagten entspricht den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept.
Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum (BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R -, Rn. 28 m.w.N.).
Es dient dem Zweck, alle entscheidungsrelevanten Tatsachen zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten. Dies ist Ausdruck der ureigenen Aufgabe des Grundsicherungsträgers, den Sachverhalt im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu ermitteln (§ 40 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. § 20 Abs. 1 S. 1 SGB X). Bereits das Prinzip der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 und 3 GG) verbietet den Sozialgerichten, den Grundsicherungsträgern konkrete Ermittlungsmethoden vorzuschreiben. Sie sind in der Auswahl der Methode vielmehr frei (§ 20 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 SGB X), müssen ihre Methode und Berechnungsschritte in dem Konzept aber nachvollziehbar offenlegen (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R -, BSGE 104, 192-199, Rn. 18 ff.; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 -, BVerfGE 125, 175-260, Rn. 139 ff.).
Die gerichtliche Kontrolle ist auf die Prüfung dieser Nachvollziehbarkeit ("Schlüssigkeit") beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 26 m.w.N.; vgl. auch Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 91, 103 m.w.N. zur Rechtsprechung).
Diesen Grundsatz einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle der Konzepte hat das Bundessozialgericht in seiner jüngeren Rechtsprechung erneut betont. Die Gerichte sind grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, die Sachverhaltsermittlung der Grundsicherungsträger im Einzelnen zu überprüfen und bestimmte Detailfragen zu klären. Es kann bereits ausreichend sein, die gewählte Methode auf ihre fachliche Umsetzung im Allgemeinen zu überprüfen. Eine weitreichende Prüfung der Konzepte ist erst dann erforderlich, wenn fundierte Einwände erhoben werden, die insbesondere über das Bestreiten der Stimmigkeit bestimmter Daten hinausgehen (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 11/20 R -, Rn. 24).
Bei einem strengeren Maßstab könnten die Gerichte ihre eigenen Vorstellungen von einer vermeintlich "besseren" Methode durch übermäßige und zu konkrete Anforderungen an das Konzept durchsetzen. Dies würde die Methodenfreiheit der Grundsicherungsträger und die grundsätzliche Aufgabenverteilung zwischen Gerichten und Verwaltung aufweichen.
Vor diesem Hintergrund obliegt es allein dem Gesetzgeber, konkretere Vorschriften zur Sachverhaltsermittlung zu schaffen, die über §§ 22 ff. SGB II hinausgehen. Ohne eine solche Gesetzesänderung kann nur innerhalb der Verwaltungsstruktur durch die jeweils zuständige Stelle eine bestimmte Methode verbindlich vorgeschrieben werden.
Der umfassenden Überprüfung des Konzepts auf alle denkbaren und vereinzelten Mängel steht weiterhin entgegen, dass methodische Mängel auch zu einer überhöhten Angemessenheitsgrenze führen können, die den Leistungsempfänger nicht beschweren, sondern vielmehr bevorteilen. Die gerichtliche Kontrolle ist bei einer Anfechtungs- und Leistungsklage aber auf die Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten der Kläger beschränkt. Eine allgemeine Rechtmäßigungs- oder sogar Zweckmäßigkeitskontrolle des Verwaltungshandelns ist den Sozialgerichten verwehrt (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.08.2020 - L 7 AS 287/18 -, juris Rn. 42).
Für eine nur nachvollziehende Prüfung des Konzepts unter besonderer Beachtung der Methodenfreiheit spricht auch, dass der Grundsicherungsträger gerade nicht dazu verpflichtet ist, die für den Leistungsempfänger jeweils bestmögliche Methode mit den höchsten Angemessenheitsgrenzen heranzuziehen. Die Grundsicherungsträger können sich in ihrem Konzept auf eine Methode festlegen, selbst wenn es möglicherweise andere ebenso zweckmäßige Methoden geben könnte.
Zwar dient die Vorschrift des § 22 SGB II vor allem dem Zweck, die Unterkunft und Heizung als Bestandteil eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 GG i.V.m. Art. 20 GG zu gewährleisten (vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 8 f. m.w.N.). Die Begrenzung auf angemessene Aufwendungen soll aber auch die Solidargemeinschaft vor der Finanzierung von zu hohen Unterkunftskosten schützen (vgl. S. Knickrehm in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 6. Aufl. 2019, § 22 SGB II Rn. 3). Dem Begriff der Angemessenheit wohnt der Gedanke der Begrenzung inne (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R -, Rn. 21). Dem Leistungsempfänger muss ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährt werden (§ 1 Abs. 1 SGB II); die Grundsicherungsträger sind aber nicht verpflichtet, die Leistungen auf Kosten der Solidargemeinschaft auf das höchstmögliche Maß anzuheben. Dies steht im Einklang mit der Systematik des SGB II, weil die Pflichten des Leistungsempfängers - unter der Bezeichnung "Fördern und Fordern" - im Mittelpunkt der Leistungsgewährung stehen (§ 1 Abs. 2 S. 1, §§ 2, 56 ff. SGB II).
Das Konzept muss aber - unabhängig von der gewählten Methode - folgende Mindestanforderungen erfüllen (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R -, Rn. 28 m.w.N.):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße;
- Angaben über den Beobachtungszeitraum;
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel);
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten;
- Validität der Datenerhebung;
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung;
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Diese Mindestanforderungen sind verschiedene Gesichtspunkte des (eingeschränkten) Prüfungsmaßstabs der Nachvollziehbarkeit (vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 92). Die Methodenfreiheit der Grundsicherungsträger muss bei jeder einzelnen Anforderung berücksichtigt werden.
Bei der Prüfung der Mindestanforderungen müssen auch die §§ 22a bis 22c SGB II herangezogen werden. Zwar beziehen sich diese Vorschriften unmittelbar nur auf die Angemessenheitsprüfung im Rahmen einer Satzung, jedoch dienen sie dem Zweck, die Kosten der Unterkunft und Heizung transparent und rechtssicher zu regeln. Der Gesetzgeber hat in §§ 22a bis 22c SGB II ausdrücklich an die Regelung des § 22 SGB II sowie die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angeknüpft. In diesem Bewusstsein hat er die bisherige Rechtslage teilweise übernommen, ist von ihr aber auch teilweise abgewichen. Dieser gesetzgeberische Wille begrenzt die Auslegung von § 22 SGB II durch die Verwaltung sowie die Gerichte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.10.2017 - 1 BvL 2/15 -, Rn. 17; vgl. auch BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R -, Rn. 17).
Insbesondere ist kein Grund erkennbar, warum für ein schlüssiges Konzept strengere methodische Anforderungen als für eine Satzung nach §§ 22a bis 22 c SGB II gelten sollten. Soweit der Gesetzgeber eine Regelung zu einzelnen Gesichtspunkten getroffen hat, konkretisieren diese Vorschriften die Mindestanforderungen aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Dem Gericht ist es verwehrt, sich über den Willen des Gesetzgebers hinwegzusetzen und weitreichendere Anforderungen an ein Konzept zu stellen.
Außerdem hat der Gesetzgeber erneut die Methodenfreiheit der Grundsicherungsträger betont ("Vielfalt an Konzepten", BT-Drucksache 17/3404, S. 101). Im Zusammenhang mit dem ausdrücklichen Anliegen, abweichende Regelungen von der bisherigen Rechtslage zuzulassen, kann daraus der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber keine zu konkreten und weitreichenden Anforderungen bei der Angemessenheitsprüfung aufstellen wollte. Diese allgemeine Entscheidung muss nicht nur bei Satzungen, sondern auch bei schlüssigen Konzepten beachtet werden.
Nach diesen rechtlichen Grundsätzen entspricht das Konzept der Beklagten den Mindestanforderungen:
(1) Die Aufteilung des Landkreises Harz in drei Vergleichsräume (Quedlinburg, Wernigerode, Halberstadt) ist nachvollziehbar.
Der Vergleichsraum ist ein ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet gleichartigen ("homogenen") Lebens- und Wohnbereich bildet. Für den Vergleichsraum ist ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 22 m.w.N.).
Der Ausgangspunkt für die Bildung von Vergleichsräumen ist das Zuständigkeitsgebiet des Grundsicherungsträgers. Dieses Gebiet kann in verschiedene Vergleichsräume aufgeteilt werden, um die Verhältnisse auf dem örtlichen Wohnungsmarkt realitätsgerecht abzubilden (§ 22b Abs. 1 S. 4 SGB II). Die Grundsicherungsträger können im Rahmen ihrer Methodenfreiheit bestimmen, ob und wie sie ihr Zuständigkeitsgebiet in Vergleichsräume aufteilen (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 25, 29 m.w.N.).
Die Beklagte hat den Landkreis Harz - ihr Zuständigkeitsgebiet - in die Vergleichsräume Quedlinburg, Wernigerode und Halberstadt aufgeteilt. Die Grundlage dieser Einteilung waren die entsprechenden Mittelbereiche des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBSR).
Diese Aufteilung hält einer nachvollziehenden Prüfung stand.
Denn die Mittelbereiche des BBSR verfolgen ausdrücklich den Zweck, einen "Verflechtungsbereich um ein Mittelzentrum oder einen mittelzentralen Verbund" abzubilden, "in dem eine ausreichende Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des gehobenen Bedarfs erfolgen soll" (vgl. die Internetseite des BBSR, https://t1p.de/r2bc, Abruf am 19.11.2020). Die Einteilung in Mittelbereiche knüpft auf diese Weise an dieselbe Zielsetzung an, die auch der Bildung von Vergleichsräumen zugrunde gelegt werden muss. Durch die Mittelbereiche werden nämlich - wie vom Bundessozialgericht gefordert - die wirtschaftlich-sozialen Verflechtungen in einem größeren Raum in den Blick genommen. Die Mittelbereiche sind auch groß genug, um einen ausreichenden Wohnbestand zu gewährleisten (vgl. auch SG Magdeburg, Urteil vom 09.10.2020 - S 27 AS 2683/19 -, juris Rn. 40 ff.).
Die Ausführungen in dem nachgebesserten Konzept zeigen auf, dass die Beklagte die Anforderungen an einen Vergleichsraum berücksichtigen wollte und auf dieser Grundlage die Mittelbereiche herangezogen hat (vgl. S. 2 ff., insb. S. 10 f. des Korrekturberichts). Sie hat auch selbstständig geprüft, ob die Mittelbereiche in ihrem Zuständigkeitsgebiet sicherstellen, dass insbesondere die verkehrstechnische Verbundenheit in den Vergleichsräumen gewährleistet ist (vgl. Tabelle 2, S. 7 des Korrekturberichts).
Für die Prüfung ist nicht erheblich, ob anders gebildete Vergleichsräume den örtlichen Wohnungsmarkt in einem homogenen Lebens- und Wohnbereich ebenso abgebildet hätten. Die Methode muss nur für sich genommen nachvollziehbar sein. Insbesondere muss der Grundsicherungsträger nicht auf eine andere, möglicherweise zweckmäßigere Vergleichsraumbildung verwiesen werden, wenn er der Einschätzung einer Fachbehörde - dem BBSR - folgt. In seiner fachlich fundierten Einschätzung ist das BBSR zu dem Schluss gekommen, dass die wirtschaftlich-soziale Verflechtung eines Raums durch Mittelbereiche abgebildet werden kann. Selbst wenn diese Fachmeinung nicht uneingeschränkt vertreten werden würde, ist ihre Berücksichtigung durch die Grundsicherungsträger zumindest nachvollziehbar. Sie können insoweit keinen strengeren Anforderungen bei der Sachverhaltsermittlung unterliegen (vgl. auch SG Magdeburg, Urteil vom 09.10.2020 - S 27 AS 2683/19 -, juris Rn. 54 ff.).
(2) Der Gegenstand der Beobachtung sowie der Beobachtungszeitraum werden in dem nachbesserten Konzept der Beklagten nachvollziehbar angegeben.
Die Beklage gibt den Mietwohnungsbestand in den Vergleichsräumen (Tabelle 1, S. 5 des Korrekturberichts) und die erhobenen Mietwerte nach Vergleichsraum und Wohnungsgröße an (Tabelle 5, 6, 7, S. 13 f. des Korrekturberichts). Die Beklagte stellt klar, welcher Wohnungsstandard und welche Wohnungsarten berücksichtigt wurden (vgl. S. 12 des Korrekturberichts). Bei der Berechnung der Angemessenheitswerte wird ein einheitlicher Mietbegriff verwendet und zwischen Brutto- und Nettomiete sowie Wohnungsgröße differenziert (vgl. S. 15 ff. des Korrekturberichts). Letztlich gibt die Beklagte an, auf welchen Zeitraum sich die Beobachtungen im Konzept 2012 und dessen Fortschreibung 2014 beziehen.
(3) Die Beklagte legt die Art und Weise der Datenerhebung in dem nachbesserten Konzept nachvollziehbar fest.
Der Grundsicherungsträger kann die Art und Weise der Datenerhebung selbst festlegen. Insbesondere ist er nicht dazu verpflichtet, auf (qualifizierte) Mietspiegel zurückzugreifen oder mehrere Erkenntnisquellen heranzuziehen. Es ist bereits ausreichend, dass der Grundsicherungsträger nur eigene statistische Datenerhebungen einzeln berücksichtigt (§ 22c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II). Die Datenerhebung soll aber Neuvertrags- und Bestandsmieten umfassen (§ 22c Abs. 1 S. 3 SGB II). Die Methode muss in dem Konzept dargelegt werden (§ 22c Abs. 1 S. 4 SGB II).
In dem nachbesserten Konzept wird festgelegt und beschrieben, dass die Erfassung von Bestandsmieten durch Vermieterabfragen und die Erfassung von "Angebotsmieten" durch Recherchen der Beklagten erfolgt (vgl. S. 16 ff. des Konzepts 2012; S. 12 ff. des Korrekturberichts). Das Konzept berücksichtigt sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten (vgl. S. 15 des Korrekturberichts).
Die Frage, ob diese Datenerhebung sowohl repräsentativ als auch valide ist, bildet einen eigenständigen Prüfungspunkt bei den Mindestanforderungen.
(4) Der Umfang der einbezogenen Daten ist ausreichend repräsentativ.
Eine Datenerhebung ist repräsentativ, wenn aus einer Stichprobe auf die Gesamtheit geschlossen werden kann (vgl. Wübbenhorst in: Gablers Wirtschaftslexikon, Stichwort "Repräsentativität", https://t1p.de/4gbv, Abruf am 21.11.2020).
Für ein schlüssiges Konzept hat dies zur Folge, dass die einbezogenen Daten - wie bei einem qualifizierten Mietspiegel - ein getreues Abbild des Wohnungsmarktes im Vergleichsraum liefern müssen (vgl. S. 23 der Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln des BSSR, 3. Aufl. 2020, https://t1p.de/t6fj, Abruf am 21.11.2020; dazu BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R -, BSGE 104, 192-199, Rn. 24).
Es ist nachvollziehbar, dass der Umfang der Daten im Konzept der Beklagten ein solches getreues Abbild des Wohnungsmarktes in den drei Vergleichsräumen liefern können.
Die Beklagte hat nicht nur Bestands- sondern auch Neuvertragsmieten berücksichtigt (§ 22c Abs. 1 S. 3 SGB II). Das schlüssige Konzept muss nämlich die aktuelle Situation bei den Neuvermietungen - als Bestandteil des Wohnungsmarktes - ebenfalls realitätsgetreu abbilden (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R -, Rn. 22).
Dagegen musste die Beklagte die ausgewerteten Wohnungsinserate (als "Angebotsmieten" bezeichnet) bei der Berechnung der Angemessenheitsgrenzen nicht heranziehen. Das Bundesssozialgericht fordert zwar, dass "Angebotsmieten" einbezogen werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R -, Rn. 22). Jedoch zeigen die Ausführungen des Gerichts, dass mit "Angebotsmieten" die Neuvertragsmieten gemeint sind. Dies wird bereits dadurch ersichtlich, dass sich das Bundessozialgericht auf die Regelung in § 22c Abs. 1 S. 3 SGB II bezieht, die nur Bestands- und Neuvertragsmieten umfasst. Außerdem spricht es in diesem Zusammenhang von den "Mietpreisen bei Neuvermietungen". Insoweit haben die Begriffe "Angebotsmieten" und "Neuvertragsmieten" dieselbe Bedeutung (so ausdrücklich Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 97).
Die Beklagte hat in ihrem nachgebesserten Konzept - anders als im Konzept 2016 - keine eigenen Daten aus der Leistungsgewährung nach dem SGB II einbezogen (vgl. 16 ff. des Konzepts 2012, S. 12 des Korrekturberichts; S. 21 des Konzepts 2016, S. 14 des Korrekturberichts für das Konzept 2016).
Es wäre jedoch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte auch ihre eigenen Daten aus der Leistungsgewährung nach dem SGB II einbezieht. Ein "Zirkelschluss" von den bestehenden Mieten der Leistungsempfänger auf die angemessenen Mieten für Leistungsempfänger droht nicht, da die Beklagte die Angemessenheit nicht allein aufgrund der eigenen Daten aus der Leistungsgewährung ermitteln würde (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R -, BSGE 117, 250-260, Rn. 23).
Im Rahmen der Methodenfreiheit steht es der Beklagten frei, über den Umfang der Einbeziehung der eigenen Bestandsdaten zu entscheiden. Sie muss aber nachvollziehbar den Zweck verfolgen, den Wohnungsmarkt realitätsgetreu abzubilden. Die Ausführungen in dem Konzept zu den einzelnen Erkenntnisquellen knüpfen genau an diesen Zweck an. Zum Beispiel wird angegeben, dass auch kleinere Vermieter befragt worden seien, "um einen möglichst umfassenden Überblick über das örtliche Mietniveau zu erlangen" (S. 18 des Konzepts 2012).
Die Beklagte hat die erhobenen Bestands- und Neuvertragsmieten einer nachvollziehbaren Extremwertkappung unterzogen, da "Ausreißer" unter den erhobenen Daten die Repräsentativität einschränken können (vgl. S. 20 des Konzepts 2012, vgl. auch S. 29 der Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln des BSSR, a.a.O.).
Im Anschluss an diese Extremwertkappung hat die Beklagte ermittelt, welchen Anteil die erhobenen Mietwerte am relevanten Bestand in den drei Vergleichsräumen haben (Wernigerode: 10%; Quedlinburg: 11%; Halberstadt: 13%, S. 13 des Korrekturberichts). Es ist zumindest nachvollziehbar, dass die Beklagte auf dieser Grundlage zu dem Schluss kommt, dass die erhobenen Mietwerte einen Rückschluss auf den gesamten Wohnungsmarkt in den Vergleichsräumen erlauben.
Die schematische Berücksichtigung von mindestens 10% des Wohnungsbestands ist nicht erforderlich, auch wenn das nachgebesserte Konzept der Beklagten diese Anforderung erfüllt. Denn die Stichprobengröße muss im Einzelfall an den Erhebungsgegenstand und das Erhebungsverfahren angepasst werden (vgl. S. 25 der Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln des BSSR, a.a.O.).
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts steht dem nicht entgegen, da das 10%-Kriterium nur als eine Möglichkeit ("unter anderem") angesehen wurde, um die Repräsentativität der Datenerhebung zu gewährleisten (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R -, Rn. 16).
Im Übrigen müsste diese Rechtsprechung als aufgegeben angesehen werden, weil sich das Bundessozialgericht in neueren Entscheidungen auf die Anforderungen an einen qualifizierten Mietspiegel bezieht, welche ein abstraktes 10%-Kriterium nicht kennen (so ausdrücklich Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 101, vgl. auch BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R -, Terminbericht).
(5) Die Datenerhebung ist valide.
Mit dem Fachbegriff der "Validität" wird beschrieben, inwieweit durch eine Messmethode tatsächlich die Umstände gemessen werden, die gemessen werden sollen (vgl. Wübbenhorst in: Gablers Wirtschaftslexikon, Stichwort "Validität", https://t1p.de/4n76, Abruf am 22.11.2020).
Das Konzept soll die aktuellen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt im Vergleichsraum messen und für die Angemessenheitswerte auswerten (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 24). Die Datenerhebung in dem Konzept muss demnach gewährleisten, dass die ermittelten Angemessenheitswerte tatsächlich die Verhältnisse des einfachen Standards auf dem örtlichen Wohnungsmarkt abbilden (§ 22a Abs. 3 S. 1 SGB II).
Diesem Anspruch wird das nachgebesserte Konzept der Beklagten gerecht.
Für die Validität der Datenerhebung spricht mit erheblichem Gewicht, dass die einbezogenen Daten ausreichend repräsentativ sind. Die Repräsentativität erlaubt den Schluss von den ermittelten Mietwerten (der Stichprobe) auf alle Mieten auf dem Wohnungsmarkt (der Gesamtheit). Dieser Schluss liegt nahe, weil die erhobenen Daten mindestens 10% des relevanten Wohnbestands abdecken. Zwar ist die Erhebung von mindestens 10% des Wohnbestands keine zwingende Voraussetzung für die Repräsentativität eines Konzepts (s.o.), jedoch steigert der Umfang des betrachteten Wohnungsmarktes die Überzeugungskraft der daraus gezogenen Schlüsse.
Die repräsentativen Daten wurden nachvollziehbar in einem iterativen Verfahren ausgewertet, um eine Angemessenheitsgrenze zu bilden (zur Zulässigkeit eine solchen Verfahrens vgl. Lauterbach in: Gagel, SGB II / SGB III, Stand: 78. EL Mai 2020, § 22 SGB II Rn. 51 a.E.).
Dabei wurden die erhobenen Neuvertrags- und Bestandsmieten einer Perzentilgrenze angenähert, die in jedem Vergleichsraum für jede angemessene Wohnungsgröße eigenständig ermittelt wurde (vgl. S. 15 ff. des Korrekturberichts). Mit diesem Vorgehen sollte ein Ausgleich zwischen dem Angebot und der Nachfrage erreicht werden. Der Anknüpfungspunkt war - wie gesetzlich gefordert - der Wohnungsmarkt des einfachen Standards (§ 22a Abs. 3 S. 1 SGB).
Auch wird die gesetzliche Vorgabe aufgegriffen, dass die Auswirkungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt berücksichtigt werden müssen (§ 22a Abs. 3 S. 2 SGB II). Insbesondere berücksichtigt die Beklagte, dass eine mieterhöhende Wirkung vermieden (§ 22a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 SGB II) und die tatsächliche Verfügbarkeit von Wohnraum des einfachen Standards gewährleistet werden muss (§ 22a Abs. 3 S. 2 Nr. 2 SGB II).
Ebenfalls hat die Beklagte berücksichtigt, dass die Angemessenheitswerte alle zwei Jahre überprüft und gegebenenfalls angepasst werden müssen (§ 22c Abs. 2 SGB II). Im Rahmen ihrer Methodenfreiheit hat sie die zulässige Fortschreibung anhand des Verbraucherpreisindex gewählt (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R -, BSGE 125, 29-38, Rn. 18 ff.).
Ein weiteres Indiz für die Validität der Datenerhebung liegt darin, dass zu den ermittelten Angemessenheitswerten auch tatsächlich Wohnungen in den Vergleichsräumen angemietet werden können (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.08.2020 - L 7 AS 287/18 -, juris Rn. 41 f.).
Bei den anmietbaren "Angebotsmieten" (zum Begriff s.o.) entsprechen zwischen 77% und 10% der Angebote den Angemessenheitswerten des Konzepts (vgl. Tabelle 13, S. 18 des Korrekturberichts). Bei den anmietbaren Neuvertragsmieten entsprechen zwischen 84% bis 15% aller Neuverträge den Angemessenheitswerten (vgl. Tabelle 14, S. 18 des Korrekturberichts). Diese Werte bestätigen, dass das Konzept der Beklagten zu Ergebnissen führt, die mit den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt in den Vergleichsräumen vereinbar sind. Die Leistungsempfänger werden bei der Wohnungssuche nicht auf einen fiktiven Wohnungsmarkt verwiesen, der in dieser Form nur im Konzept der Beklagten zu finden ist. Die erheblichen Schwankungen der Prozentwerte zwischen den Wohnungsgrößen ist nachvollziehbar darauf zurückzuführen, dass der einfache Standard auf dem Wohnungsmarkt vor allem durch kleinere Wohnungen geprägt wird. Mit der steigenden Wohnungsgröße steigt auch der Anteil an Wohnungen des gehobenen Standards oder Luxuswohnungen. Folgerichtig ist der Anteil der anmietbaren angemessenen Wohnungen in diesem Marktsegment geringer, da die Leistungsempfänger solche Wohnungen nicht beziehen sollen.
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts steht dieser Indizwirkung nicht entgegen.
Zwar hat das Bundessozialgericht mit dem Urteil vom 17.09.2020 (B 4 AS 11/20 R) eine Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen aufgehoben, in der bei der Prüfung des Konzepts berücksichtigt wurde, inwieweit eine Wohnung tatsächlich zu den ermittelten Angemessenheitswerten angemietet werden kann. Die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils beruhte aber darauf, dass das Landessozialgericht einzelne Mindestvoraussetzungen dahinstehen lassen hat, weil angemessene Wohnungen tatsächlich anmietbar waren. Das Bundessozialgericht hat betont, dass die Gerichte zu einer eigenständigen Prüfung aller Mindestanforderungen verpflichtet sind. Das Bundessozialgericht hat aber auch darauf hingewiesen, dass diese Prüfung eine Frage der tatrichterlichen Beweiswürdigung ist, die durch das Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 11/20 R -, Rn. 19 ff.).
Die Beurteilung einzelner Indizien im Gesamtzusammenhang ist Bestandteil der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. S. 1 SGG). Das Gericht kann insbesondere selbst entscheiden, welchen Indizien welcher Wert zugesprochen wird. Auf dieser Grundlage hat das hiesige Gericht die Überzeugung gewonnen, dass der tatsächlichen Anmietbarkeit eine Indizwirkung zukommt. Es hat aber nicht darauf verzichtet, die einzelnen Mindestanforderungen zu prüfen.
(6) Die anerkannten mathematisch-statistischen Grundsätze der Datenauswertung werden eingehalten.
Die erhobenen Daten werden in nachvollziehbaren Berechnungsschritten ausgewertet, um einen mathematisch überprüfbaren Angemessenheitswert zu berechnen. Das Konzept bezieht sich ausdrücklich auf die Veröffentlichung einer Fachbehörde - des BSSR - zur mathematisch-statistischen Auswertung des Wohnungsmarktes (vgl. die Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, a.a.O.).
Das Konzept entspricht auch den allgemeinen Regeln der Logik. Die Beklagte schließt von den allgemeinen Grundsätzen der Ermittlung von angemessenen Mieten auf die im Vergleichsraum zu beobachtenden Mieten (Deduktion). Von den beobachteten Mieten schließt sie dann auf eine allgemeine Aussage zu den Angemessenheitswerten im Vergleichsraum (Induktion). Dabei werden keine als wahr unterstellten Aussagen (Axiome) herangezogen, die erst im Rahmen der Auswertung ermittelt werden sollen.
(7) In dem nachgebesserten Konzept werden die gezogenen Schlüsse nachvollziehbar angegeben.
In dem Konzept wird auf Grundlage der einzelnen Berechnungsschritte angegeben, welche Schlüsse die Beklagte zu den Angemessenheitswerten in den einzelnen Vergleichsräumen gezogen hat (S. 15 ff. des Korrekturberichts). Einem Leistungsempfänger und dem Gericht ist anhand des Konzepts möglich, den Gedankengang der Beklagten - von der Datenerhebung bis zu den konkreten Werten - nachzuvollziehen. Für das Verständnis des Konzepts sind weitere (verwaltungsinterne) Erkenntnisquellen nicht erforderlich.
Diese Nachvollziehbarkeit des Konzepts ist ausreichend. Das Gericht ist nicht befugt, die methodisch fehlerfrei gezogenen Schlüsse mit eigenen Überlegungen zu anderen "näherliegenden" Schlüssen in Frage zu stellen.
dd) Die Beklagte hat die angemessenen kalten Betriebskosten - die ebenfalls nach dem schlüssigen Konzept ermittelt wurden - einbezogen und die daraufhin gebildete Bruttokaltmiete als Angemessenheitsgrenze herangezogen.
b) Die Aufwendungen für die Unterkunft sind konkret unangemessen.
Der Grundsicherungsträger muss die unangemessenen Aufwendungen anerkennen, wenn dem Leistungsempfänger ein Wohnungswechsel nicht möglich oder nicht zumutbar ist (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II).
Sollten die Aufwendungen des Leistungsempfängers den abstrakten Angemessenheitswert überschreiten, ist ihm ein Umzug zur Kostensenkung innerhalb des Vergleichsraums grundsätzlich zumutbar (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 22 m.w.N.).
Denn der Vergleichsraum soll gerade sicherstellen, dass die Lebensumstände auch nach einem Umzug vergleichbar sind und die Leistungsempfänger ihr soziales Umfeld nicht völlig aufgeben müssen. Die konkrete Angemessenheit ist ein Korrektiv und schützt im Einzelfall - unter anderem - das soziale Umfeld des Leistungsempfängers (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R -, Rn. 19).
Die Klägerin hat keine durchgreifenden Gründe vorgebracht, warum ihr der Umzug und das Leben in einer abstrakt angemessenen Wohnung unzumutbar gewesen wäre. Die allgemeinen Einschränkungen, die mit dem Leben in einer Wohnung des einfachen Standards und mit dem Umzug verbunden sind, können eine konkrete Angemessenheit nicht begründen. Der Gesetzgeber hat nämlich im Bewusstsein dieser Umstände in § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II eine Regelung geschaffen, die nur in Ausnahmefällen eine Anerkennung von abstrakt unangemessenen Aufwendungen erlaubt.
Der Klägerin war auch möglich, eine Wohnung zu den abstrakt angemessenen Aufwendungen anzumieten. Das Konzept der Beklagten ist ein Abbild des Wohnungsmarktes im Vergleichsraum und zeigt auf, dass angemessene Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt verfügbar waren. Die Klägerin hat keine konkreten Bemühungen vorgetragen, eine angemessene Wohnung anzumieten.
Ein Kostensenkungsverfahren nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II war nicht erforderlich, weil die Beklagte schon mit dem Umzug auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen hat. Eine Unklarheit über die angemessenen Aufwendungen konnte nicht entstehen (vgl. auch BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R -, BSGE 105, 188-194, Rn. 15 ff.).
2. Die tatsächlichen Aufwendungen für die Heizung sind unangemessen.
a) Die Angemessenheit der Heizkosten wird konkret-individuell geprüft. Es ist eine Einzelfallentscheidung erforderlich, die eine Pauschalisierung nicht erlaubt (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R -, BSGE 104, 41-48). Deshalb sind die Grenzwerte in den Richtlinien der Grundsicherungsträger zu den vermeintlich angemessenen Heizkosten unverbindlich (vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 113).
Das Überschreiten der Grenzwerte ist aber ein Indiz für die fehlende Angemessenheit der Heizkosten und führt zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Leistungsempfängers. Er muss vortragen, warum seine höheren Aufwendungen gleichwohl angemessen sind. Sollte nicht festgestellt werden können, dass die höheren Aufwendungen angemessen sind, führt dies zu einer Entscheidung zu Lasten des Leistungsempfängers, weil er insoweit die materielle Beweislast trägt (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R -, BSGE 114, 1-11, Rn. 23).
Bei der Ableitung der Grenzwerte muss nicht zwingend der "Bundesweite Heizspiegel" berücksichtigt werden. Das Bundessozialgericht hat nur ausgeführt, dass es "möglich" ist, die (unverbindlichen) Grenzwerte nach einem solchen Heizspiegel zu bestimmen. Es wird keine Pflicht ausgesprochen, auf den "Bundesweiten Heizspiegel" oder - soweit vorhanden - auf den "Kommunalen Heizspiegel" zurückzugreifen (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R -, BSGE 104, 41-48, Rn. 21 f.).
Zwar ziehen sowohl der 4. als auch der 14. Senat des Bundessozialgerichts in ständiger Rechtsprechung den "Bundesweiten Heizspiegel" heran (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R -, BSGE 114, 1-11, Rn. 22 m.w.N.), dies steht der Heranziehung einer anderen Erkenntnisquelle aber nicht entgegen. Denn die Prüfung der angemessenen Heizkosten ist eine Frage des Einzelfalls. Es wäre widersprüchlich, einerseits das Erfordernis einer konkret-individuellen Prüfung aufzustellen und andererseits die freie Überzeugungsbildung des Tatrichters (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG) auf eine bestimmte Vorgehensweise einzuschränken.
Der § 20 Abs. 1 SGB X führt nicht nur bei den angemessenen Unterkunfts-, sondern ebenfalls bei den angemessenen Heizkosten zu einer Methodenfreiheit des Grundsicherungsträgers. Es ist kein Grund erkennbar, warum die Sachverhaltsermittlung bei den Heizkosten - trotz der bestehenden Besonderheiten - einer strengeren richterlichen Prüfung unterliegen sollte als bei den Unterkunftskosten.
Die Unterkunft und Heizung sind nämlich Bestandteil eines einheitlichen verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 -, BVerfGE 125, 175-260, Rn. 135). Dieser Anspruch soll durch § 22 SGB II gewährleistet werden. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bemessung von Sozialleistungen unterscheidet auch nicht zwischen Unterkunfts- und Heizungskosten; der Anknüpfungspunkt liegt allein darin, die Methode und Berechnungsschritte bei der Konkretisierung des Anspruchs auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums nachvollziehbar offenzulegen (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 -, BVerfGE 125, 175-260, Rn. 139, 144).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin das Gericht nicht davon überzeugt, dass die über den Grenzwerten liegenden Heizkosten trotzdem angemessen sind.
aa) Die tatsächlichen Aufwendungen übersteigen den Grenzwert (65,40 Euro) in dem nachgebesserten Konzept und der Richtlinie der Beklagten.
Der Grenzwert wird als Median aller erhobenen Heizkosten zuzüglich der Standardabweichung ausgewiesen. Es wird dabei nicht zwischen den einzelnen Heizarten unterschieden (vgl. S. 19 f. des Korrekturberichts). Die ermittelten Richtwerte werden als "Nichtprüfungsgrenze" angesehen. Bei höherer Heizkosten sei eine Einzelfallprüfung erforderlich.
Ein solches Vorgehen der Beklagten ist zumindest nachvollziehbar. Sie war sich bewusst, dass ein Überschreiten der Grenzwerte für sich genommen noch keine Unangemessenheit begründen kann (vgl. S. 5 der Richtlinie). Die Ausführungen in dem Konzept zeigen auf, dass die Beklagte das Ziel verfolgte, einen verwertbaren Wert - trotz der erkennbaren Ungenauigkeiten - zu ermitteln (vgl. S. 19 f. des Korrekturberichts). Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass es keine allgemein anerkannte Methode gibt, um angemessene Heizkosten zu bestimmen. Dies zeigt sich bereits daran, dass die Herausgeberin des "Bundesweiten Heizspiegels" die Verwendung ihres Heizspiegels durch das Bundessozialgericht kritisiert hat. Ihr Heizspiegel eigne sich nicht zur Prüfung eines individuellen Heizverhaltens (vgl. die Stellungnahme der co2online GmbH, https://t1p.de/pyq6, Abruf am 24.11.2020). Das Bundessozialgericht hat auf diese bestehende Kritik an seiner Rechtsprechung selbst verwiesen (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R -, BSGE 114, 1-11, Rn. 22).
bb) Die Klägerin hat im Gerichtsverfahren keine durchgreifenden Gründe vorgebracht, warum ihre Heizkosten über den Grenzwerten der Beklagten lagen.
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihren Ermittlungshorizont im Verwaltungsverfahren an die Grenzwerte anpasste. Sie kann ihre eigenen Erkenntnisse zu den vermeintlich angemessenen Heizungskosten zumindest dann ihrer Entscheidung zugrunde legen, wenn sie keine konkreten Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen zu den Umständen der (hohen) Heizkosten hat.
Die Grundsicherungsträger sind zwar von Amts wegen zur Ermittlung verpflichtet (§ 40 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. § 20 Abs. S. 1 SGB X). Sie sind aber auch berechtigt, die Art und den Umfang der Ermittlungen selbst zu bestimmen (§ 20 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 SGB X). Insbesondere müssen die Ermittlungen möglich und zumutbar sein.
Der Beklagten ist nicht zumutbar, jeden einzelnen Einzelfall vor der Leistungsbewilligung umfassend zu Gunsten des Anspruchstellers zu überprüfen. Die Bewilligung von Leistungen dem SGB II erfolgt im Rahmen einer Massenverwaltung, bei der über eine Vielzahl von gleichartigen Leistungen für eine Vielzahl von Leistungsempfängern zu wiederkehrenden Zeitpunkten entschieden werden muss. Durch den (vorläufigen) Rückgriff auf die Grenzwerte wird die Verwaltung entlastet und ihre Effektivität gesteigert. Dies ist auch im Interesse der Leistungsempfänger, da dadurch die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen, um bei konkreten Sach- und Rechtsfragen die angemessenen Ermittlungen einzuleiten. Ein Nachteil entsteht für den Leistungsempfänger dadurch nicht, weil er die konkreten Umstände zu den Heizkosten darlegen kann. Zu einer solchen Mitwirkung ist er gesetzlich verpflichtet (§ 21 Abs. 2 SGB X). Dies gilt erst recht bei einem Leistungsempfänger nach dem SGB II, da seine Pflichten gegenüber dem Grundsicherungsträger besonders hervorgehoben werden (§ 1 Abs. 2 S. 1 SGB II, §§ 2, 56 ff. SGB II). Außerdem muss erneut auf den Sinn und Zweck des § 22 SGB II verwiesen werden, der - unter anderem - die Solidargemeinschaft vor der Finanzierung von zu hohen Kosten der Unterkunft und Heizung schützen soll.
Bei der gerichtlichen Sachaufklärung kann insoweit kein strengerer Maßstab angelegt werden. Zwar sind die Gerichte verpflichtet, eine einzelfallbezogene und differenzierte Prüfung der Heizungskosten vorzunehmen, welche eine Gesamtbetrachtung der konkreten Lebensumstände und Wohnverhältnisse erfordert (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R -, BSGE 114, 1-11, Rn. 21 ff.). Die Aufklärungspflicht aus § 103 SGG knüpft aber an den Vortrag der Beteiligten an (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 5 RJ 26/94 -, BSGE 77, 140-147, juris Rn. 24). Wenn die Beteiligten keine Anhaltspunkte für eine Sachaufklärung hinsichtlich der angemessenen Heizkosten vorbringen, ist das Gericht nicht zu einer Ermittlung "ins Blaue hinein" verpflichtet.
Der pauschale Verweis auf eine "unzureichende Wärmedämmung" ist zumindest dann unzureichend, wenn die Heizungskosten erheblich über den Grenzwerten der Beklagten liegen (101,84 Euro statt 65,40 Euro) und keine konkreten Gründe für die atypisch hohen Heizungskosten im Wohnhaus vorgetragen werden.
Ob ältere Menschen "leichter frieren", ist dem objektiven Beweis nicht zugänglich, da ein subjektives Empfinden nicht verallgemeinernd gemessen werden kann.
Zwar liegt nahe, dass Rentner mehr Zeit in ihrer Wohnung verbringen als erwerbstätige Personen, jedoch sind in die Berechnung der Grenzwerte auch die Haushalte mit nicht erwerbstätigen Personen eingeflossen.
3. Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung lässt sich auch nicht aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot in § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II ableiten.
Diese Vorschrift gewährt nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers kein subjektiv-öffentliches Recht des Leistungsempfängers auf eine wirtschaftliche Leistungsverwaltung der Grundsicherungsträger (vgl. BT-Drucksache 17/3404, S. 98; vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30.05.2018 - L 2 AS 442/15 -, juris Rn. 107).
Die Vorschrift ist nur eine spezialgesetzliche Ausformung des allgemeinen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. § 7 Abs. 1 LHO LSA). Dieser Grundsatz des Haushaltsrechts wird nicht durch den konkret-individuellen Rechtsschutz für Leistungsempfänger, sondern durch die objektiven Überprüfungsmaßnahmen der Landesrechnungshöfe und der Aufsichtsbehörden gewährleistet (vgl. auch Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 152).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
IV.
Die Berufung bedarf der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 750,00 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG) und keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr streitig sind (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG).
Die Berufung ist nicht zuzulassen.
1. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist bei der Berufungszulassung nicht anders auszulegen als bei der Revisionszulassung nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 144 Rn. 28).
Die grundsätzliche Bedeutung erfordert, dass eine Rechtsfrage klärungsfähig sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Diese Voraussetzungen sind bereits dann nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfenen Rechtsfragen ohne Weiteres aus der vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lassen (vgl. BSG, Beschluss vom 06.02.2013 - B 6 KA 39/12 B -, Rn. 6 m.w.N.).
Die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Angemessenheitsprüfung sind in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bereits geklärt. Der Rechtsstreit erschöpft sich in der Anwendung dieser höchstrichterlichen Rechtssätze auf den Einzelfall. Insbesondere ist die Prüfung des Konzepts eine Frage der tatrichterlichen Beweiswürdigung, da herauszuarbeiten ist, ob die generellen Anforderungen der Rechtsprechung im konkreten Fall erfüllt sind (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 11/20 R -, Rn. 21 m.w.N.).
Das Bundessozialgericht hat auf dieser Grundlage bereits entschieden, dass die Prüfung der Konzepte auch dann eine Rechtsanwendung im Einzelfall bleibt, wenn sich die aufgeworfenen Rechtsfragen in einem Landkreis in einer größeren Zahl von Fällen einheitlich stellen und das von der Beklagten beauftragte Unternehmen weitere Konzepte für andere Grundsicherungsträger erstellt hat (vgl. BSG, Beschluss vom 07.10.2015 - B 14 AS 255/15 B -, Rn. 3).
Dies hat nur zur Folge, dass die bereits geklärte Rechtsfrage von den Gerichten in zahlreichen Einzelfällen herangezogen werden muss - der rechtliche Anknüpfungspunkt ändert sich dadurch aber nicht (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 02.04.2014 - L 4 AS 50/14 NZB -, juris Rn. 8; LSG Sachsen, Beschluss vom 03.06.2014 - L 7 AS 1366/12 NZB -, juris Rn. 22).
Eine andere Beurteilung würde insbesondere auf dem Gebiet des SGB II dazu führen, dass allein die Anzahl der Verfahren vor dem Sozialgericht eine grundsätzliche Bedeutung begründen könnte. Dadurch würde jedoch das Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der Berufungszulassung in sein Gegenteil verkehrt werden.
Vor diesem Hintergrund wird die grundsätzliche Bedeutung der hier aufgeworfenen Rechtsfragen auch von einer Vielzahl der Landessozialgerichte abgelehnt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.12.2018 - L 4 AS 850/15 -, juris Rn. 117; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 02.04.2019 - L 6 AS 467/17 -, juris Rn. 47; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.01.2018 - L 3 AS 100/15 -, juris Rn. 97; LSG Sachsen, Beschluss vom 03.06.2014 - L 7 AS 1366/12 NZB -, juris Rn. 20 ff.; LSG Thüringen, Beschluss vom 02.04.2014 - L 4 AS 50/14 NZB -, juris Rn. 5 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.09.2013 - L 19 AS 1304/13 NZB -, juris Rn. 12 ff.).
2. Das Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG).
Ein Abweichen liegt erst vor, wenn ein aufgestellter abstrakter Rechtssatz nicht mit einem anderen abstrakten Rechtssatz übereinstimmt. Die fehlerhafte Anwendung eines Rechtssatzes im Einzelfall ist dagegen nicht ausreichend (vgl. BSG, Beschluss vom 05.10.2010 - B 8 SO 61/10 B -, Rn. 11 f. m.w.N.). In diesem Urteil werden keine eigenständigen Rechtssätze aufgestellt, sondern die Rechtssätze des Bundessozialgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung auf den Einzelfall übertragen.
Kosten werden nicht erstattet.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Kern über die Frage, ob das Konzept der Beklagten zur Ermittlung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Landkreis Harz den gesetzlichen und höchstrichterlichen Anforderungen entspricht.
Die Klägerin erhielt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Streitgegenständlich ist der Bewilligungszeitraum von Februar 2015 bis Juni 2015.
Die Klägerin wohnte in Wernigerode in einem Zwei-Personen-Haushalt. Die tatsächlichen Aufwendungen für ihre Unterkunft lagen bei 350,71 Euro monatlich. Die tatsächlichen Aufwendungen für die Heizung lagen bei 101,84 Euro monatlich.
Die Klägerin wurde bereits mit dem Umzug in diese Wohnung im Jahr 2008 auf die unangemessenen Unterkunfts- und Heizungskosten hingewiesen.
Mit dem Bescheid vom 30.12.2015 wurden vorherige Bewilligungsbescheide mit Wirkung vom 01.02.2015 bis 30.06.2015 teilweise aufgehoben. Es wurden Unterkunftskosten in Höhe von 308,00 Euro und Heizungskosten in Höhe von 90,85 Euro anerkannt. Die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung lehnte die Beklagte unter Verweis auf ihre Angemessenheitsgrenze ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 30.12.2015 verwiesen (Bl. 6 ff. d. A.).
Der Bescheid wurde der Klägerin am 02.01.2016 bekanntgegeben.
Die Klägerin legte am 01.02.2016 Widerspruch ein.
Mit dem Widerspruchsbescheid vom 27.07.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen (Bl. 4 ff. d. A.).
Am 10.08.2016 hat die Klägerin Klage erhoben.
Im laufenden Klageverfahren hat die Beklagte ihr Konzept nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.01.2019 (B 14 AS 12/18 R, B 14 AS 10/18 R) nachgebessert. Auf Grundlage dieses Konzept ist am 09.04.2020 eine neue Richtlinie zur Feststellung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung in Kraft getreten. Es wird Bezug genommen auf die Richtlinie vom 09.04.2020 sowie das Konzept 2012 und dessen Fortschreibung 2014 nach dem Korrekturbericht vom Februar 2020.
Die Klägerin ist der Auffassung, das Konzept der Beklagten sei nicht schlüssig. Insbesondere sei die Datenerhebung nicht nachvollziehbar; an der Repräsentativität sowie Validität fehle es ebenfalls. Die Heizungskosten seien nicht unangemessen, weil das Wohnhaus nur unzureichend gedämmt wäre und die Klägerin sowie ihr Ehemann aufgrund ihres Lebensalters besonders leicht frieren würden; außerdem verbringe ihr Ehemann als Rentner viel Zeit zu Hause.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheids vom 30.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.07.2016 der Klägerin weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate Februar 2015 bis Juni 2016 zu zahlen in Höhe von monatlich 51,86 Euro;
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Zeitraum Februar 2015 bis Juni 2015 einen Betrag nachzuzahlen in Höhe von 259,30 Euro, abzüglich 12,60 Euro, und damit in Höhe von 246,70 Euro.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, ihr Konzept sei nach seiner Nachbesserung umfassend schlüssig und könne die angemessenen Unterkunfts- sowie Heizungskosten rechtmäßig bestimmen.
Die Verwaltungsakte ist beigezogen worden. Den Beteiligten haben sowohl die Richtlinie zur Angemessenheit von Unterkunfts- und Heizkosten vom 09.04.2020 als auch das nachgebesserte Konzept der Beklagten aus dem Februar 2020 vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Gericht konnte die mündliche Verhandlung am 05.01.2021 trotz der Abwesenheit der Klägervertreterin durchführen und ein Urteil nach § 132 Abs. 1 S. 2 SGG verkünden.
Die Anwesenheit der Beteiligten ist keine Voraussetzung für die Sachentscheidung des Sozialgerichts. Beim Ausbleiben der Beteiligten ist eine Entscheidung nach Aktenlage zulässig, wenn die Beteiligten in der Ladung darauf hingewiesen worden sind (§ 126 i.V.m. § 110 Abs. 1 S. 2 SGG). Das Gericht kann in dieser Lage aber auch eine "einseitige" mündliche Verhandlung nach den allgemeinen Vorschriften (§ 112 SGG) durchführen. Die Regelungen in §§ 110, 126 SGG sprechen zwar nur von einer Entscheidung nach Lage der Akten, dies ermöglicht aber erst recht den Erlass eines Urteils aufgrund einer mündlichen Verhandlung (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.1993 - 13 RJ 37/93 -, juris Rn. 17).
Die Klägervertreterin ist in der Ladung darauf hingewiesen worden, dass ohne sie entschieden werden kann (Bl. 108 d. A.). Die Ladung ist ihr auch zugestellt worden (Bl. 108a d. A.).
II.
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) statthafte und zulässige Klage ist unbegründet.
Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung ihrer tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung nach §§ 19, 22 SGB II.
Die Leistungen nach dem SGB II umfassen den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 S. 3 SGB II). Der Bedarf für Unterkunft und Heizung wird in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II).
Die Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist. Dabei werden die Aufwendungen für die Unterkunft grundsätzlich getrennt von den Aufwendungen für die Heizung geprüft. Der Grundsicherungsträger muss im Einzelfall ermitteln und darlegen, in welcher Höhe die Aufwendungen angemessen sind, wenn er die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft oder Heizung nicht anerkennen will (vgl. zu allem BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 14 ff. m.w.N.).
1. Die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft sind unangemessen.
Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft wird in zwei Schritten geprüft: Zuerst ist die abstrakte Angemessenheit nach der Bruttokaltmiete (Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten) und dann die konkrete Angemessenheit dieser Aufwendungen für den Leistungsempfänger zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 19 m.w.N.).
a) Die Aufwendungen sind abstrakt unangemessen.
Sie übersteigen die abstrakt angemessene Bruttokaltmiete von 306,60 Euro, die von der Beklagten für einen Zwei-Personen-Haushalt im Vergleichsraum Wernigerode rechtmäßig bestimmt wurde.
Die abstrakt angemessenen Aufwendungen werden nach der "Produkttheorie" (Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis) in einem mehrstufigen Verfahren ermittelt (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 20 m.w.N.):
- Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en);
- Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards;
- Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept;
- Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten.
Nach diesem Verfahren hat die Beklagte folgende Berechnung vorgenommen:
- Angemessene Wohnungsgröße: 60 qm;
- multipliziert mit der Bruttokaltmiete: 5,11 Euro;
(Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten)
- ergibt die angemessenen Aufwendungen: 306,60 Euro.
Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Dazu im Einzelnen:
aa) Die von der Beklagten herangezogene Wohnungsgröße von 60 qm ist bei einem Zwei-Personen-Haushalt angemessen.
Die angemessene Wohnungsgröße ist nach den Wohnungsbauförderungsbestimmungen vom 23.02.1993 (MBl. LSA 1993, 1281) und den dazu erlassenen Richtlinien aus den Jahren 1993 und 1995 (MBl. LSA 1993, 1285; 1995, 1133) zu ermitteln (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.10.2018 - L 5 AS 336/16 -, juris Rn. 46 m.w.N.).
bb) Die Beklagte hat bei der Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards beachtet, dass Wohnungen des untersten Standards nicht berücksichtigt werden dürfen.
Solche Wohnungen, die unter dem einfachen Standard auf dem Wohnungsmarkt liegen, dürfen nicht herangezogen werden, weil ein Leistungsempfänger auf einen solchen Ausstattungsgrad bei der Wohnungssuche nicht verwiesen werden darf (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R -, Rn. 29).
In ihrem nachbesserten Konzept hat die Beklagte die "Substandardwohnungen" ohne Bad/WC und Sammelheizung ausgenommen (vgl. S. 12 des Korrekturberichts).
cc) Das Konzept der Beklagten entspricht den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept.
Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum (BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R -, Rn. 28 m.w.N.).
Es dient dem Zweck, alle entscheidungsrelevanten Tatsachen zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten. Dies ist Ausdruck der ureigenen Aufgabe des Grundsicherungsträgers, den Sachverhalt im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu ermitteln (§ 40 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. § 20 Abs. 1 S. 1 SGB X). Bereits das Prinzip der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 und 3 GG) verbietet den Sozialgerichten, den Grundsicherungsträgern konkrete Ermittlungsmethoden vorzuschreiben. Sie sind in der Auswahl der Methode vielmehr frei (§ 20 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 SGB X), müssen ihre Methode und Berechnungsschritte in dem Konzept aber nachvollziehbar offenlegen (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R -, BSGE 104, 192-199, Rn. 18 ff.; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 -, BVerfGE 125, 175-260, Rn. 139 ff.).
Die gerichtliche Kontrolle ist auf die Prüfung dieser Nachvollziehbarkeit ("Schlüssigkeit") beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 26 m.w.N.; vgl. auch Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 91, 103 m.w.N. zur Rechtsprechung).
Diesen Grundsatz einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle der Konzepte hat das Bundessozialgericht in seiner jüngeren Rechtsprechung erneut betont. Die Gerichte sind grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, die Sachverhaltsermittlung der Grundsicherungsträger im Einzelnen zu überprüfen und bestimmte Detailfragen zu klären. Es kann bereits ausreichend sein, die gewählte Methode auf ihre fachliche Umsetzung im Allgemeinen zu überprüfen. Eine weitreichende Prüfung der Konzepte ist erst dann erforderlich, wenn fundierte Einwände erhoben werden, die insbesondere über das Bestreiten der Stimmigkeit bestimmter Daten hinausgehen (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 11/20 R -, Rn. 24).
Bei einem strengeren Maßstab könnten die Gerichte ihre eigenen Vorstellungen von einer vermeintlich "besseren" Methode durch übermäßige und zu konkrete Anforderungen an das Konzept durchsetzen. Dies würde die Methodenfreiheit der Grundsicherungsträger und die grundsätzliche Aufgabenverteilung zwischen Gerichten und Verwaltung aufweichen.
Vor diesem Hintergrund obliegt es allein dem Gesetzgeber, konkretere Vorschriften zur Sachverhaltsermittlung zu schaffen, die über §§ 22 ff. SGB II hinausgehen. Ohne eine solche Gesetzesänderung kann nur innerhalb der Verwaltungsstruktur durch die jeweils zuständige Stelle eine bestimmte Methode verbindlich vorgeschrieben werden.
Der umfassenden Überprüfung des Konzepts auf alle denkbaren und vereinzelten Mängel steht weiterhin entgegen, dass methodische Mängel auch zu einer überhöhten Angemessenheitsgrenze führen können, die den Leistungsempfänger nicht beschweren, sondern vielmehr bevorteilen. Die gerichtliche Kontrolle ist bei einer Anfechtungs- und Leistungsklage aber auf die Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten der Kläger beschränkt. Eine allgemeine Rechtmäßigungs- oder sogar Zweckmäßigkeitskontrolle des Verwaltungshandelns ist den Sozialgerichten verwehrt (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.08.2020 - L 7 AS 287/18 -, juris Rn. 42).
Für eine nur nachvollziehende Prüfung des Konzepts unter besonderer Beachtung der Methodenfreiheit spricht auch, dass der Grundsicherungsträger gerade nicht dazu verpflichtet ist, die für den Leistungsempfänger jeweils bestmögliche Methode mit den höchsten Angemessenheitsgrenzen heranzuziehen. Die Grundsicherungsträger können sich in ihrem Konzept auf eine Methode festlegen, selbst wenn es möglicherweise andere ebenso zweckmäßige Methoden geben könnte.
Zwar dient die Vorschrift des § 22 SGB II vor allem dem Zweck, die Unterkunft und Heizung als Bestandteil eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 GG i.V.m. Art. 20 GG zu gewährleisten (vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 8 f. m.w.N.). Die Begrenzung auf angemessene Aufwendungen soll aber auch die Solidargemeinschaft vor der Finanzierung von zu hohen Unterkunftskosten schützen (vgl. S. Knickrehm in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 6. Aufl. 2019, § 22 SGB II Rn. 3). Dem Begriff der Angemessenheit wohnt der Gedanke der Begrenzung inne (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R -, Rn. 21). Dem Leistungsempfänger muss ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährt werden (§ 1 Abs. 1 SGB II); die Grundsicherungsträger sind aber nicht verpflichtet, die Leistungen auf Kosten der Solidargemeinschaft auf das höchstmögliche Maß anzuheben. Dies steht im Einklang mit der Systematik des SGB II, weil die Pflichten des Leistungsempfängers - unter der Bezeichnung "Fördern und Fordern" - im Mittelpunkt der Leistungsgewährung stehen (§ 1 Abs. 2 S. 1, §§ 2, 56 ff. SGB II).
Das Konzept muss aber - unabhängig von der gewählten Methode - folgende Mindestanforderungen erfüllen (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R -, Rn. 28 m.w.N.):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße;
- Angaben über den Beobachtungszeitraum;
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel);
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten;
- Validität der Datenerhebung;
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung;
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Diese Mindestanforderungen sind verschiedene Gesichtspunkte des (eingeschränkten) Prüfungsmaßstabs der Nachvollziehbarkeit (vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 92). Die Methodenfreiheit der Grundsicherungsträger muss bei jeder einzelnen Anforderung berücksichtigt werden.
Bei der Prüfung der Mindestanforderungen müssen auch die §§ 22a bis 22c SGB II herangezogen werden. Zwar beziehen sich diese Vorschriften unmittelbar nur auf die Angemessenheitsprüfung im Rahmen einer Satzung, jedoch dienen sie dem Zweck, die Kosten der Unterkunft und Heizung transparent und rechtssicher zu regeln. Der Gesetzgeber hat in §§ 22a bis 22c SGB II ausdrücklich an die Regelung des § 22 SGB II sowie die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angeknüpft. In diesem Bewusstsein hat er die bisherige Rechtslage teilweise übernommen, ist von ihr aber auch teilweise abgewichen. Dieser gesetzgeberische Wille begrenzt die Auslegung von § 22 SGB II durch die Verwaltung sowie die Gerichte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.10.2017 - 1 BvL 2/15 -, Rn. 17; vgl. auch BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R -, Rn. 17).
Insbesondere ist kein Grund erkennbar, warum für ein schlüssiges Konzept strengere methodische Anforderungen als für eine Satzung nach §§ 22a bis 22 c SGB II gelten sollten. Soweit der Gesetzgeber eine Regelung zu einzelnen Gesichtspunkten getroffen hat, konkretisieren diese Vorschriften die Mindestanforderungen aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Dem Gericht ist es verwehrt, sich über den Willen des Gesetzgebers hinwegzusetzen und weitreichendere Anforderungen an ein Konzept zu stellen.
Außerdem hat der Gesetzgeber erneut die Methodenfreiheit der Grundsicherungsträger betont ("Vielfalt an Konzepten", BT-Drucksache 17/3404, S. 101). Im Zusammenhang mit dem ausdrücklichen Anliegen, abweichende Regelungen von der bisherigen Rechtslage zuzulassen, kann daraus der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber keine zu konkreten und weitreichenden Anforderungen bei der Angemessenheitsprüfung aufstellen wollte. Diese allgemeine Entscheidung muss nicht nur bei Satzungen, sondern auch bei schlüssigen Konzepten beachtet werden.
Nach diesen rechtlichen Grundsätzen entspricht das Konzept der Beklagten den Mindestanforderungen:
(1) Die Aufteilung des Landkreises Harz in drei Vergleichsräume (Quedlinburg, Wernigerode, Halberstadt) ist nachvollziehbar.
Der Vergleichsraum ist ein ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet gleichartigen ("homogenen") Lebens- und Wohnbereich bildet. Für den Vergleichsraum ist ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 22 m.w.N.).
Der Ausgangspunkt für die Bildung von Vergleichsräumen ist das Zuständigkeitsgebiet des Grundsicherungsträgers. Dieses Gebiet kann in verschiedene Vergleichsräume aufgeteilt werden, um die Verhältnisse auf dem örtlichen Wohnungsmarkt realitätsgerecht abzubilden (§ 22b Abs. 1 S. 4 SGB II). Die Grundsicherungsträger können im Rahmen ihrer Methodenfreiheit bestimmen, ob und wie sie ihr Zuständigkeitsgebiet in Vergleichsräume aufteilen (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 25, 29 m.w.N.).
Die Beklagte hat den Landkreis Harz - ihr Zuständigkeitsgebiet - in die Vergleichsräume Quedlinburg, Wernigerode und Halberstadt aufgeteilt. Die Grundlage dieser Einteilung waren die entsprechenden Mittelbereiche des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBSR).
Diese Aufteilung hält einer nachvollziehenden Prüfung stand.
Denn die Mittelbereiche des BBSR verfolgen ausdrücklich den Zweck, einen "Verflechtungsbereich um ein Mittelzentrum oder einen mittelzentralen Verbund" abzubilden, "in dem eine ausreichende Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des gehobenen Bedarfs erfolgen soll" (vgl. die Internetseite des BBSR, https://t1p.de/r2bc, Abruf am 19.11.2020). Die Einteilung in Mittelbereiche knüpft auf diese Weise an dieselbe Zielsetzung an, die auch der Bildung von Vergleichsräumen zugrunde gelegt werden muss. Durch die Mittelbereiche werden nämlich - wie vom Bundessozialgericht gefordert - die wirtschaftlich-sozialen Verflechtungen in einem größeren Raum in den Blick genommen. Die Mittelbereiche sind auch groß genug, um einen ausreichenden Wohnbestand zu gewährleisten (vgl. auch SG Magdeburg, Urteil vom 09.10.2020 - S 27 AS 2683/19 -, juris Rn. 40 ff.).
Die Ausführungen in dem nachgebesserten Konzept zeigen auf, dass die Beklagte die Anforderungen an einen Vergleichsraum berücksichtigen wollte und auf dieser Grundlage die Mittelbereiche herangezogen hat (vgl. S. 2 ff., insb. S. 10 f. des Korrekturberichts). Sie hat auch selbstständig geprüft, ob die Mittelbereiche in ihrem Zuständigkeitsgebiet sicherstellen, dass insbesondere die verkehrstechnische Verbundenheit in den Vergleichsräumen gewährleistet ist (vgl. Tabelle 2, S. 7 des Korrekturberichts).
Für die Prüfung ist nicht erheblich, ob anders gebildete Vergleichsräume den örtlichen Wohnungsmarkt in einem homogenen Lebens- und Wohnbereich ebenso abgebildet hätten. Die Methode muss nur für sich genommen nachvollziehbar sein. Insbesondere muss der Grundsicherungsträger nicht auf eine andere, möglicherweise zweckmäßigere Vergleichsraumbildung verwiesen werden, wenn er der Einschätzung einer Fachbehörde - dem BBSR - folgt. In seiner fachlich fundierten Einschätzung ist das BBSR zu dem Schluss gekommen, dass die wirtschaftlich-soziale Verflechtung eines Raums durch Mittelbereiche abgebildet werden kann. Selbst wenn diese Fachmeinung nicht uneingeschränkt vertreten werden würde, ist ihre Berücksichtigung durch die Grundsicherungsträger zumindest nachvollziehbar. Sie können insoweit keinen strengeren Anforderungen bei der Sachverhaltsermittlung unterliegen (vgl. auch SG Magdeburg, Urteil vom 09.10.2020 - S 27 AS 2683/19 -, juris Rn. 54 ff.).
(2) Der Gegenstand der Beobachtung sowie der Beobachtungszeitraum werden in dem nachbesserten Konzept der Beklagten nachvollziehbar angegeben.
Die Beklage gibt den Mietwohnungsbestand in den Vergleichsräumen (Tabelle 1, S. 5 des Korrekturberichts) und die erhobenen Mietwerte nach Vergleichsraum und Wohnungsgröße an (Tabelle 5, 6, 7, S. 13 f. des Korrekturberichts). Die Beklagte stellt klar, welcher Wohnungsstandard und welche Wohnungsarten berücksichtigt wurden (vgl. S. 12 des Korrekturberichts). Bei der Berechnung der Angemessenheitswerte wird ein einheitlicher Mietbegriff verwendet und zwischen Brutto- und Nettomiete sowie Wohnungsgröße differenziert (vgl. S. 15 ff. des Korrekturberichts). Letztlich gibt die Beklagte an, auf welchen Zeitraum sich die Beobachtungen im Konzept 2012 und dessen Fortschreibung 2014 beziehen.
(3) Die Beklagte legt die Art und Weise der Datenerhebung in dem nachbesserten Konzept nachvollziehbar fest.
Der Grundsicherungsträger kann die Art und Weise der Datenerhebung selbst festlegen. Insbesondere ist er nicht dazu verpflichtet, auf (qualifizierte) Mietspiegel zurückzugreifen oder mehrere Erkenntnisquellen heranzuziehen. Es ist bereits ausreichend, dass der Grundsicherungsträger nur eigene statistische Datenerhebungen einzeln berücksichtigt (§ 22c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II). Die Datenerhebung soll aber Neuvertrags- und Bestandsmieten umfassen (§ 22c Abs. 1 S. 3 SGB II). Die Methode muss in dem Konzept dargelegt werden (§ 22c Abs. 1 S. 4 SGB II).
In dem nachbesserten Konzept wird festgelegt und beschrieben, dass die Erfassung von Bestandsmieten durch Vermieterabfragen und die Erfassung von "Angebotsmieten" durch Recherchen der Beklagten erfolgt (vgl. S. 16 ff. des Konzepts 2012; S. 12 ff. des Korrekturberichts). Das Konzept berücksichtigt sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten (vgl. S. 15 des Korrekturberichts).
Die Frage, ob diese Datenerhebung sowohl repräsentativ als auch valide ist, bildet einen eigenständigen Prüfungspunkt bei den Mindestanforderungen.
(4) Der Umfang der einbezogenen Daten ist ausreichend repräsentativ.
Eine Datenerhebung ist repräsentativ, wenn aus einer Stichprobe auf die Gesamtheit geschlossen werden kann (vgl. Wübbenhorst in: Gablers Wirtschaftslexikon, Stichwort "Repräsentativität", https://t1p.de/4gbv, Abruf am 21.11.2020).
Für ein schlüssiges Konzept hat dies zur Folge, dass die einbezogenen Daten - wie bei einem qualifizierten Mietspiegel - ein getreues Abbild des Wohnungsmarktes im Vergleichsraum liefern müssen (vgl. S. 23 der Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln des BSSR, 3. Aufl. 2020, https://t1p.de/t6fj, Abruf am 21.11.2020; dazu BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R -, BSGE 104, 192-199, Rn. 24).
Es ist nachvollziehbar, dass der Umfang der Daten im Konzept der Beklagten ein solches getreues Abbild des Wohnungsmarktes in den drei Vergleichsräumen liefern können.
Die Beklagte hat nicht nur Bestands- sondern auch Neuvertragsmieten berücksichtigt (§ 22c Abs. 1 S. 3 SGB II). Das schlüssige Konzept muss nämlich die aktuelle Situation bei den Neuvermietungen - als Bestandteil des Wohnungsmarktes - ebenfalls realitätsgetreu abbilden (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R -, Rn. 22).
Dagegen musste die Beklagte die ausgewerteten Wohnungsinserate (als "Angebotsmieten" bezeichnet) bei der Berechnung der Angemessenheitsgrenzen nicht heranziehen. Das Bundesssozialgericht fordert zwar, dass "Angebotsmieten" einbezogen werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R -, Rn. 22). Jedoch zeigen die Ausführungen des Gerichts, dass mit "Angebotsmieten" die Neuvertragsmieten gemeint sind. Dies wird bereits dadurch ersichtlich, dass sich das Bundessozialgericht auf die Regelung in § 22c Abs. 1 S. 3 SGB II bezieht, die nur Bestands- und Neuvertragsmieten umfasst. Außerdem spricht es in diesem Zusammenhang von den "Mietpreisen bei Neuvermietungen". Insoweit haben die Begriffe "Angebotsmieten" und "Neuvertragsmieten" dieselbe Bedeutung (so ausdrücklich Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 97).
Die Beklagte hat in ihrem nachgebesserten Konzept - anders als im Konzept 2016 - keine eigenen Daten aus der Leistungsgewährung nach dem SGB II einbezogen (vgl. 16 ff. des Konzepts 2012, S. 12 des Korrekturberichts; S. 21 des Konzepts 2016, S. 14 des Korrekturberichts für das Konzept 2016).
Es wäre jedoch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte auch ihre eigenen Daten aus der Leistungsgewährung nach dem SGB II einbezieht. Ein "Zirkelschluss" von den bestehenden Mieten der Leistungsempfänger auf die angemessenen Mieten für Leistungsempfänger droht nicht, da die Beklagte die Angemessenheit nicht allein aufgrund der eigenen Daten aus der Leistungsgewährung ermitteln würde (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R -, BSGE 117, 250-260, Rn. 23).
Im Rahmen der Methodenfreiheit steht es der Beklagten frei, über den Umfang der Einbeziehung der eigenen Bestandsdaten zu entscheiden. Sie muss aber nachvollziehbar den Zweck verfolgen, den Wohnungsmarkt realitätsgetreu abzubilden. Die Ausführungen in dem Konzept zu den einzelnen Erkenntnisquellen knüpfen genau an diesen Zweck an. Zum Beispiel wird angegeben, dass auch kleinere Vermieter befragt worden seien, "um einen möglichst umfassenden Überblick über das örtliche Mietniveau zu erlangen" (S. 18 des Konzepts 2012).
Die Beklagte hat die erhobenen Bestands- und Neuvertragsmieten einer nachvollziehbaren Extremwertkappung unterzogen, da "Ausreißer" unter den erhobenen Daten die Repräsentativität einschränken können (vgl. S. 20 des Konzepts 2012, vgl. auch S. 29 der Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln des BSSR, a.a.O.).
Im Anschluss an diese Extremwertkappung hat die Beklagte ermittelt, welchen Anteil die erhobenen Mietwerte am relevanten Bestand in den drei Vergleichsräumen haben (Wernigerode: 10%; Quedlinburg: 11%; Halberstadt: 13%, S. 13 des Korrekturberichts). Es ist zumindest nachvollziehbar, dass die Beklagte auf dieser Grundlage zu dem Schluss kommt, dass die erhobenen Mietwerte einen Rückschluss auf den gesamten Wohnungsmarkt in den Vergleichsräumen erlauben.
Die schematische Berücksichtigung von mindestens 10% des Wohnungsbestands ist nicht erforderlich, auch wenn das nachgebesserte Konzept der Beklagten diese Anforderung erfüllt. Denn die Stichprobengröße muss im Einzelfall an den Erhebungsgegenstand und das Erhebungsverfahren angepasst werden (vgl. S. 25 der Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln des BSSR, a.a.O.).
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts steht dem nicht entgegen, da das 10%-Kriterium nur als eine Möglichkeit ("unter anderem") angesehen wurde, um die Repräsentativität der Datenerhebung zu gewährleisten (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R -, Rn. 16).
Im Übrigen müsste diese Rechtsprechung als aufgegeben angesehen werden, weil sich das Bundessozialgericht in neueren Entscheidungen auf die Anforderungen an einen qualifizierten Mietspiegel bezieht, welche ein abstraktes 10%-Kriterium nicht kennen (so ausdrücklich Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 101, vgl. auch BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R -, Terminbericht).
(5) Die Datenerhebung ist valide.
Mit dem Fachbegriff der "Validität" wird beschrieben, inwieweit durch eine Messmethode tatsächlich die Umstände gemessen werden, die gemessen werden sollen (vgl. Wübbenhorst in: Gablers Wirtschaftslexikon, Stichwort "Validität", https://t1p.de/4n76, Abruf am 22.11.2020).
Das Konzept soll die aktuellen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt im Vergleichsraum messen und für die Angemessenheitswerte auswerten (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 24). Die Datenerhebung in dem Konzept muss demnach gewährleisten, dass die ermittelten Angemessenheitswerte tatsächlich die Verhältnisse des einfachen Standards auf dem örtlichen Wohnungsmarkt abbilden (§ 22a Abs. 3 S. 1 SGB II).
Diesem Anspruch wird das nachgebesserte Konzept der Beklagten gerecht.
Für die Validität der Datenerhebung spricht mit erheblichem Gewicht, dass die einbezogenen Daten ausreichend repräsentativ sind. Die Repräsentativität erlaubt den Schluss von den ermittelten Mietwerten (der Stichprobe) auf alle Mieten auf dem Wohnungsmarkt (der Gesamtheit). Dieser Schluss liegt nahe, weil die erhobenen Daten mindestens 10% des relevanten Wohnbestands abdecken. Zwar ist die Erhebung von mindestens 10% des Wohnbestands keine zwingende Voraussetzung für die Repräsentativität eines Konzepts (s.o.), jedoch steigert der Umfang des betrachteten Wohnungsmarktes die Überzeugungskraft der daraus gezogenen Schlüsse.
Die repräsentativen Daten wurden nachvollziehbar in einem iterativen Verfahren ausgewertet, um eine Angemessenheitsgrenze zu bilden (zur Zulässigkeit eine solchen Verfahrens vgl. Lauterbach in: Gagel, SGB II / SGB III, Stand: 78. EL Mai 2020, § 22 SGB II Rn. 51 a.E.).
Dabei wurden die erhobenen Neuvertrags- und Bestandsmieten einer Perzentilgrenze angenähert, die in jedem Vergleichsraum für jede angemessene Wohnungsgröße eigenständig ermittelt wurde (vgl. S. 15 ff. des Korrekturberichts). Mit diesem Vorgehen sollte ein Ausgleich zwischen dem Angebot und der Nachfrage erreicht werden. Der Anknüpfungspunkt war - wie gesetzlich gefordert - der Wohnungsmarkt des einfachen Standards (§ 22a Abs. 3 S. 1 SGB).
Auch wird die gesetzliche Vorgabe aufgegriffen, dass die Auswirkungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt berücksichtigt werden müssen (§ 22a Abs. 3 S. 2 SGB II). Insbesondere berücksichtigt die Beklagte, dass eine mieterhöhende Wirkung vermieden (§ 22a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 SGB II) und die tatsächliche Verfügbarkeit von Wohnraum des einfachen Standards gewährleistet werden muss (§ 22a Abs. 3 S. 2 Nr. 2 SGB II).
Ebenfalls hat die Beklagte berücksichtigt, dass die Angemessenheitswerte alle zwei Jahre überprüft und gegebenenfalls angepasst werden müssen (§ 22c Abs. 2 SGB II). Im Rahmen ihrer Methodenfreiheit hat sie die zulässige Fortschreibung anhand des Verbraucherpreisindex gewählt (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R -, BSGE 125, 29-38, Rn. 18 ff.).
Ein weiteres Indiz für die Validität der Datenerhebung liegt darin, dass zu den ermittelten Angemessenheitswerten auch tatsächlich Wohnungen in den Vergleichsräumen angemietet werden können (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.08.2020 - L 7 AS 287/18 -, juris Rn. 41 f.).
Bei den anmietbaren "Angebotsmieten" (zum Begriff s.o.) entsprechen zwischen 77% und 10% der Angebote den Angemessenheitswerten des Konzepts (vgl. Tabelle 13, S. 18 des Korrekturberichts). Bei den anmietbaren Neuvertragsmieten entsprechen zwischen 84% bis 15% aller Neuverträge den Angemessenheitswerten (vgl. Tabelle 14, S. 18 des Korrekturberichts). Diese Werte bestätigen, dass das Konzept der Beklagten zu Ergebnissen führt, die mit den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt in den Vergleichsräumen vereinbar sind. Die Leistungsempfänger werden bei der Wohnungssuche nicht auf einen fiktiven Wohnungsmarkt verwiesen, der in dieser Form nur im Konzept der Beklagten zu finden ist. Die erheblichen Schwankungen der Prozentwerte zwischen den Wohnungsgrößen ist nachvollziehbar darauf zurückzuführen, dass der einfache Standard auf dem Wohnungsmarkt vor allem durch kleinere Wohnungen geprägt wird. Mit der steigenden Wohnungsgröße steigt auch der Anteil an Wohnungen des gehobenen Standards oder Luxuswohnungen. Folgerichtig ist der Anteil der anmietbaren angemessenen Wohnungen in diesem Marktsegment geringer, da die Leistungsempfänger solche Wohnungen nicht beziehen sollen.
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts steht dieser Indizwirkung nicht entgegen.
Zwar hat das Bundessozialgericht mit dem Urteil vom 17.09.2020 (B 4 AS 11/20 R) eine Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen aufgehoben, in der bei der Prüfung des Konzepts berücksichtigt wurde, inwieweit eine Wohnung tatsächlich zu den ermittelten Angemessenheitswerten angemietet werden kann. Die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils beruhte aber darauf, dass das Landessozialgericht einzelne Mindestvoraussetzungen dahinstehen lassen hat, weil angemessene Wohnungen tatsächlich anmietbar waren. Das Bundessozialgericht hat betont, dass die Gerichte zu einer eigenständigen Prüfung aller Mindestanforderungen verpflichtet sind. Das Bundessozialgericht hat aber auch darauf hingewiesen, dass diese Prüfung eine Frage der tatrichterlichen Beweiswürdigung ist, die durch das Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 11/20 R -, Rn. 19 ff.).
Die Beurteilung einzelner Indizien im Gesamtzusammenhang ist Bestandteil der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. S. 1 SGG). Das Gericht kann insbesondere selbst entscheiden, welchen Indizien welcher Wert zugesprochen wird. Auf dieser Grundlage hat das hiesige Gericht die Überzeugung gewonnen, dass der tatsächlichen Anmietbarkeit eine Indizwirkung zukommt. Es hat aber nicht darauf verzichtet, die einzelnen Mindestanforderungen zu prüfen.
(6) Die anerkannten mathematisch-statistischen Grundsätze der Datenauswertung werden eingehalten.
Die erhobenen Daten werden in nachvollziehbaren Berechnungsschritten ausgewertet, um einen mathematisch überprüfbaren Angemessenheitswert zu berechnen. Das Konzept bezieht sich ausdrücklich auf die Veröffentlichung einer Fachbehörde - des BSSR - zur mathematisch-statistischen Auswertung des Wohnungsmarktes (vgl. die Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, a.a.O.).
Das Konzept entspricht auch den allgemeinen Regeln der Logik. Die Beklagte schließt von den allgemeinen Grundsätzen der Ermittlung von angemessenen Mieten auf die im Vergleichsraum zu beobachtenden Mieten (Deduktion). Von den beobachteten Mieten schließt sie dann auf eine allgemeine Aussage zu den Angemessenheitswerten im Vergleichsraum (Induktion). Dabei werden keine als wahr unterstellten Aussagen (Axiome) herangezogen, die erst im Rahmen der Auswertung ermittelt werden sollen.
(7) In dem nachgebesserten Konzept werden die gezogenen Schlüsse nachvollziehbar angegeben.
In dem Konzept wird auf Grundlage der einzelnen Berechnungsschritte angegeben, welche Schlüsse die Beklagte zu den Angemessenheitswerten in den einzelnen Vergleichsräumen gezogen hat (S. 15 ff. des Korrekturberichts). Einem Leistungsempfänger und dem Gericht ist anhand des Konzepts möglich, den Gedankengang der Beklagten - von der Datenerhebung bis zu den konkreten Werten - nachzuvollziehen. Für das Verständnis des Konzepts sind weitere (verwaltungsinterne) Erkenntnisquellen nicht erforderlich.
Diese Nachvollziehbarkeit des Konzepts ist ausreichend. Das Gericht ist nicht befugt, die methodisch fehlerfrei gezogenen Schlüsse mit eigenen Überlegungen zu anderen "näherliegenden" Schlüssen in Frage zu stellen.
dd) Die Beklagte hat die angemessenen kalten Betriebskosten - die ebenfalls nach dem schlüssigen Konzept ermittelt wurden - einbezogen und die daraufhin gebildete Bruttokaltmiete als Angemessenheitsgrenze herangezogen.
b) Die Aufwendungen für die Unterkunft sind konkret unangemessen.
Der Grundsicherungsträger muss die unangemessenen Aufwendungen anerkennen, wenn dem Leistungsempfänger ein Wohnungswechsel nicht möglich oder nicht zumutbar ist (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II).
Sollten die Aufwendungen des Leistungsempfängers den abstrakten Angemessenheitswert überschreiten, ist ihm ein Umzug zur Kostensenkung innerhalb des Vergleichsraums grundsätzlich zumutbar (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, BSGE 127, 214-223, Rn. 22 m.w.N.).
Denn der Vergleichsraum soll gerade sicherstellen, dass die Lebensumstände auch nach einem Umzug vergleichbar sind und die Leistungsempfänger ihr soziales Umfeld nicht völlig aufgeben müssen. Die konkrete Angemessenheit ist ein Korrektiv und schützt im Einzelfall - unter anderem - das soziale Umfeld des Leistungsempfängers (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R -, Rn. 19).
Die Klägerin hat keine durchgreifenden Gründe vorgebracht, warum ihr der Umzug und das Leben in einer abstrakt angemessenen Wohnung unzumutbar gewesen wäre. Die allgemeinen Einschränkungen, die mit dem Leben in einer Wohnung des einfachen Standards und mit dem Umzug verbunden sind, können eine konkrete Angemessenheit nicht begründen. Der Gesetzgeber hat nämlich im Bewusstsein dieser Umstände in § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II eine Regelung geschaffen, die nur in Ausnahmefällen eine Anerkennung von abstrakt unangemessenen Aufwendungen erlaubt.
Der Klägerin war auch möglich, eine Wohnung zu den abstrakt angemessenen Aufwendungen anzumieten. Das Konzept der Beklagten ist ein Abbild des Wohnungsmarktes im Vergleichsraum und zeigt auf, dass angemessene Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt verfügbar waren. Die Klägerin hat keine konkreten Bemühungen vorgetragen, eine angemessene Wohnung anzumieten.
Ein Kostensenkungsverfahren nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II war nicht erforderlich, weil die Beklagte schon mit dem Umzug auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen hat. Eine Unklarheit über die angemessenen Aufwendungen konnte nicht entstehen (vgl. auch BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R -, BSGE 105, 188-194, Rn. 15 ff.).
2. Die tatsächlichen Aufwendungen für die Heizung sind unangemessen.
a) Die Angemessenheit der Heizkosten wird konkret-individuell geprüft. Es ist eine Einzelfallentscheidung erforderlich, die eine Pauschalisierung nicht erlaubt (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R -, BSGE 104, 41-48). Deshalb sind die Grenzwerte in den Richtlinien der Grundsicherungsträger zu den vermeintlich angemessenen Heizkosten unverbindlich (vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 113).
Das Überschreiten der Grenzwerte ist aber ein Indiz für die fehlende Angemessenheit der Heizkosten und führt zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Leistungsempfängers. Er muss vortragen, warum seine höheren Aufwendungen gleichwohl angemessen sind. Sollte nicht festgestellt werden können, dass die höheren Aufwendungen angemessen sind, führt dies zu einer Entscheidung zu Lasten des Leistungsempfängers, weil er insoweit die materielle Beweislast trägt (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R -, BSGE 114, 1-11, Rn. 23).
Bei der Ableitung der Grenzwerte muss nicht zwingend der "Bundesweite Heizspiegel" berücksichtigt werden. Das Bundessozialgericht hat nur ausgeführt, dass es "möglich" ist, die (unverbindlichen) Grenzwerte nach einem solchen Heizspiegel zu bestimmen. Es wird keine Pflicht ausgesprochen, auf den "Bundesweiten Heizspiegel" oder - soweit vorhanden - auf den "Kommunalen Heizspiegel" zurückzugreifen (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R -, BSGE 104, 41-48, Rn. 21 f.).
Zwar ziehen sowohl der 4. als auch der 14. Senat des Bundessozialgerichts in ständiger Rechtsprechung den "Bundesweiten Heizspiegel" heran (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R -, BSGE 114, 1-11, Rn. 22 m.w.N.), dies steht der Heranziehung einer anderen Erkenntnisquelle aber nicht entgegen. Denn die Prüfung der angemessenen Heizkosten ist eine Frage des Einzelfalls. Es wäre widersprüchlich, einerseits das Erfordernis einer konkret-individuellen Prüfung aufzustellen und andererseits die freie Überzeugungsbildung des Tatrichters (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG) auf eine bestimmte Vorgehensweise einzuschränken.
Der § 20 Abs. 1 SGB X führt nicht nur bei den angemessenen Unterkunfts-, sondern ebenfalls bei den angemessenen Heizkosten zu einer Methodenfreiheit des Grundsicherungsträgers. Es ist kein Grund erkennbar, warum die Sachverhaltsermittlung bei den Heizkosten - trotz der bestehenden Besonderheiten - einer strengeren richterlichen Prüfung unterliegen sollte als bei den Unterkunftskosten.
Die Unterkunft und Heizung sind nämlich Bestandteil eines einheitlichen verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 -, BVerfGE 125, 175-260, Rn. 135). Dieser Anspruch soll durch § 22 SGB II gewährleistet werden. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bemessung von Sozialleistungen unterscheidet auch nicht zwischen Unterkunfts- und Heizungskosten; der Anknüpfungspunkt liegt allein darin, die Methode und Berechnungsschritte bei der Konkretisierung des Anspruchs auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums nachvollziehbar offenzulegen (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 -, BVerfGE 125, 175-260, Rn. 139, 144).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin das Gericht nicht davon überzeugt, dass die über den Grenzwerten liegenden Heizkosten trotzdem angemessen sind.
aa) Die tatsächlichen Aufwendungen übersteigen den Grenzwert (65,40 Euro) in dem nachgebesserten Konzept und der Richtlinie der Beklagten.
Der Grenzwert wird als Median aller erhobenen Heizkosten zuzüglich der Standardabweichung ausgewiesen. Es wird dabei nicht zwischen den einzelnen Heizarten unterschieden (vgl. S. 19 f. des Korrekturberichts). Die ermittelten Richtwerte werden als "Nichtprüfungsgrenze" angesehen. Bei höherer Heizkosten sei eine Einzelfallprüfung erforderlich.
Ein solches Vorgehen der Beklagten ist zumindest nachvollziehbar. Sie war sich bewusst, dass ein Überschreiten der Grenzwerte für sich genommen noch keine Unangemessenheit begründen kann (vgl. S. 5 der Richtlinie). Die Ausführungen in dem Konzept zeigen auf, dass die Beklagte das Ziel verfolgte, einen verwertbaren Wert - trotz der erkennbaren Ungenauigkeiten - zu ermitteln (vgl. S. 19 f. des Korrekturberichts). Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass es keine allgemein anerkannte Methode gibt, um angemessene Heizkosten zu bestimmen. Dies zeigt sich bereits daran, dass die Herausgeberin des "Bundesweiten Heizspiegels" die Verwendung ihres Heizspiegels durch das Bundessozialgericht kritisiert hat. Ihr Heizspiegel eigne sich nicht zur Prüfung eines individuellen Heizverhaltens (vgl. die Stellungnahme der co2online GmbH, https://t1p.de/pyq6, Abruf am 24.11.2020). Das Bundessozialgericht hat auf diese bestehende Kritik an seiner Rechtsprechung selbst verwiesen (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R -, BSGE 114, 1-11, Rn. 22).
bb) Die Klägerin hat im Gerichtsverfahren keine durchgreifenden Gründe vorgebracht, warum ihre Heizkosten über den Grenzwerten der Beklagten lagen.
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihren Ermittlungshorizont im Verwaltungsverfahren an die Grenzwerte anpasste. Sie kann ihre eigenen Erkenntnisse zu den vermeintlich angemessenen Heizungskosten zumindest dann ihrer Entscheidung zugrunde legen, wenn sie keine konkreten Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen zu den Umständen der (hohen) Heizkosten hat.
Die Grundsicherungsträger sind zwar von Amts wegen zur Ermittlung verpflichtet (§ 40 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. § 20 Abs. S. 1 SGB X). Sie sind aber auch berechtigt, die Art und den Umfang der Ermittlungen selbst zu bestimmen (§ 20 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 SGB X). Insbesondere müssen die Ermittlungen möglich und zumutbar sein.
Der Beklagten ist nicht zumutbar, jeden einzelnen Einzelfall vor der Leistungsbewilligung umfassend zu Gunsten des Anspruchstellers zu überprüfen. Die Bewilligung von Leistungen dem SGB II erfolgt im Rahmen einer Massenverwaltung, bei der über eine Vielzahl von gleichartigen Leistungen für eine Vielzahl von Leistungsempfängern zu wiederkehrenden Zeitpunkten entschieden werden muss. Durch den (vorläufigen) Rückgriff auf die Grenzwerte wird die Verwaltung entlastet und ihre Effektivität gesteigert. Dies ist auch im Interesse der Leistungsempfänger, da dadurch die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen, um bei konkreten Sach- und Rechtsfragen die angemessenen Ermittlungen einzuleiten. Ein Nachteil entsteht für den Leistungsempfänger dadurch nicht, weil er die konkreten Umstände zu den Heizkosten darlegen kann. Zu einer solchen Mitwirkung ist er gesetzlich verpflichtet (§ 21 Abs. 2 SGB X). Dies gilt erst recht bei einem Leistungsempfänger nach dem SGB II, da seine Pflichten gegenüber dem Grundsicherungsträger besonders hervorgehoben werden (§ 1 Abs. 2 S. 1 SGB II, §§ 2, 56 ff. SGB II). Außerdem muss erneut auf den Sinn und Zweck des § 22 SGB II verwiesen werden, der - unter anderem - die Solidargemeinschaft vor der Finanzierung von zu hohen Kosten der Unterkunft und Heizung schützen soll.
Bei der gerichtlichen Sachaufklärung kann insoweit kein strengerer Maßstab angelegt werden. Zwar sind die Gerichte verpflichtet, eine einzelfallbezogene und differenzierte Prüfung der Heizungskosten vorzunehmen, welche eine Gesamtbetrachtung der konkreten Lebensumstände und Wohnverhältnisse erfordert (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R -, BSGE 114, 1-11, Rn. 21 ff.). Die Aufklärungspflicht aus § 103 SGG knüpft aber an den Vortrag der Beteiligten an (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 5 RJ 26/94 -, BSGE 77, 140-147, juris Rn. 24). Wenn die Beteiligten keine Anhaltspunkte für eine Sachaufklärung hinsichtlich der angemessenen Heizkosten vorbringen, ist das Gericht nicht zu einer Ermittlung "ins Blaue hinein" verpflichtet.
Der pauschale Verweis auf eine "unzureichende Wärmedämmung" ist zumindest dann unzureichend, wenn die Heizungskosten erheblich über den Grenzwerten der Beklagten liegen (101,84 Euro statt 65,40 Euro) und keine konkreten Gründe für die atypisch hohen Heizungskosten im Wohnhaus vorgetragen werden.
Ob ältere Menschen "leichter frieren", ist dem objektiven Beweis nicht zugänglich, da ein subjektives Empfinden nicht verallgemeinernd gemessen werden kann.
Zwar liegt nahe, dass Rentner mehr Zeit in ihrer Wohnung verbringen als erwerbstätige Personen, jedoch sind in die Berechnung der Grenzwerte auch die Haushalte mit nicht erwerbstätigen Personen eingeflossen.
3. Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung lässt sich auch nicht aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot in § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II ableiten.
Diese Vorschrift gewährt nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers kein subjektiv-öffentliches Recht des Leistungsempfängers auf eine wirtschaftliche Leistungsverwaltung der Grundsicherungsträger (vgl. BT-Drucksache 17/3404, S. 98; vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30.05.2018 - L 2 AS 442/15 -, juris Rn. 107).
Die Vorschrift ist nur eine spezialgesetzliche Ausformung des allgemeinen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. § 7 Abs. 1 LHO LSA). Dieser Grundsatz des Haushaltsrechts wird nicht durch den konkret-individuellen Rechtsschutz für Leistungsempfänger, sondern durch die objektiven Überprüfungsmaßnahmen der Landesrechnungshöfe und der Aufsichtsbehörden gewährleistet (vgl. auch Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 152).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
IV.
Die Berufung bedarf der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 750,00 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG) und keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr streitig sind (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG).
Die Berufung ist nicht zuzulassen.
1. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist bei der Berufungszulassung nicht anders auszulegen als bei der Revisionszulassung nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 144 Rn. 28).
Die grundsätzliche Bedeutung erfordert, dass eine Rechtsfrage klärungsfähig sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Diese Voraussetzungen sind bereits dann nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfenen Rechtsfragen ohne Weiteres aus der vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lassen (vgl. BSG, Beschluss vom 06.02.2013 - B 6 KA 39/12 B -, Rn. 6 m.w.N.).
Die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Angemessenheitsprüfung sind in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bereits geklärt. Der Rechtsstreit erschöpft sich in der Anwendung dieser höchstrichterlichen Rechtssätze auf den Einzelfall. Insbesondere ist die Prüfung des Konzepts eine Frage der tatrichterlichen Beweiswürdigung, da herauszuarbeiten ist, ob die generellen Anforderungen der Rechtsprechung im konkreten Fall erfüllt sind (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 11/20 R -, Rn. 21 m.w.N.).
Das Bundessozialgericht hat auf dieser Grundlage bereits entschieden, dass die Prüfung der Konzepte auch dann eine Rechtsanwendung im Einzelfall bleibt, wenn sich die aufgeworfenen Rechtsfragen in einem Landkreis in einer größeren Zahl von Fällen einheitlich stellen und das von der Beklagten beauftragte Unternehmen weitere Konzepte für andere Grundsicherungsträger erstellt hat (vgl. BSG, Beschluss vom 07.10.2015 - B 14 AS 255/15 B -, Rn. 3).
Dies hat nur zur Folge, dass die bereits geklärte Rechtsfrage von den Gerichten in zahlreichen Einzelfällen herangezogen werden muss - der rechtliche Anknüpfungspunkt ändert sich dadurch aber nicht (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 02.04.2014 - L 4 AS 50/14 NZB -, juris Rn. 8; LSG Sachsen, Beschluss vom 03.06.2014 - L 7 AS 1366/12 NZB -, juris Rn. 22).
Eine andere Beurteilung würde insbesondere auf dem Gebiet des SGB II dazu führen, dass allein die Anzahl der Verfahren vor dem Sozialgericht eine grundsätzliche Bedeutung begründen könnte. Dadurch würde jedoch das Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der Berufungszulassung in sein Gegenteil verkehrt werden.
Vor diesem Hintergrund wird die grundsätzliche Bedeutung der hier aufgeworfenen Rechtsfragen auch von einer Vielzahl der Landessozialgerichte abgelehnt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.12.2018 - L 4 AS 850/15 -, juris Rn. 117; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 02.04.2019 - L 6 AS 467/17 -, juris Rn. 47; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.01.2018 - L 3 AS 100/15 -, juris Rn. 97; LSG Sachsen, Beschluss vom 03.06.2014 - L 7 AS 1366/12 NZB -, juris Rn. 20 ff.; LSG Thüringen, Beschluss vom 02.04.2014 - L 4 AS 50/14 NZB -, juris Rn. 5 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.09.2013 - L 19 AS 1304/13 NZB -, juris Rn. 12 ff.).
2. Das Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG).
Ein Abweichen liegt erst vor, wenn ein aufgestellter abstrakter Rechtssatz nicht mit einem anderen abstrakten Rechtssatz übereinstimmt. Die fehlerhafte Anwendung eines Rechtssatzes im Einzelfall ist dagegen nicht ausreichend (vgl. BSG, Beschluss vom 05.10.2010 - B 8 SO 61/10 B -, Rn. 11 f. m.w.N.). In diesem Urteil werden keine eigenständigen Rechtssätze aufgestellt, sondern die Rechtssätze des Bundessozialgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung auf den Einzelfall übertragen.
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