L 1 R 407/12

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 15 R 442/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 407/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 06. September 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).

Die am ... 1966 geborene Klägerin absolvierte von 1983 bis 1985 eine Ausbildung zur Maschinenbauzeichnerin. Bis 1998 arbeitete sie als Fakturistin bzw. als Bürokraft. Anschließend wurde sie arbeitslos. Sie stellte bereits am 06. November 2002 einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Dieser Antrag wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 12. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids am 04. August 2003 abgelehnt.

Am 28. Mai 2009 stellte sie einen erneuten Antrag bei der Beklagten. Diese gab daraufhin ein orthopädisches Gutachten in Auftrag. Der Facharzt für Orthopädie Dr. M. führte in seinem Gutachten vom 18. August 2009 aus, dass die Klägerin Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, besonders lumbal, angebe. Des Weiteren bestünden Schmerzen im rechten Ellenbogen und im Bereich des rechten Kniegelenkes. Die Klägerin leide an:

chronisch rezidivierender Epicondylitis humeri radialis (Tennisarm) rechts,

chronisch rezidivierendem Lumbalsyndrom mit teilweiser lumboischialgiformer Komponente links bei Rumpfmuskeldysbalance,

Gonalgie rechts bei Verdacht auf Miniskus-Hinterhornläsion medial und femoropatellarem Schmerzsyndrom,

Senk-Spreizfüßen beidseits,

Zustand nach mehrfachen Operationen im linken Vorfußbereich mit geringgradigen funktionellen Defiziten.

Klinisch seien bei der Klägerin bei einer Körpergröße von 170 cm und einem Gewicht von 100 kg das Übergewicht und die muskulären Dysbalancen sowohl im Bereich der oberen als auch der unteren Extremitäten und des Rumpfes aufgefallen. Durch die muskulären Dysbalancen sei auch eine Fehlstellung im Wirbelsäulenbereich bedingt. Die Klägerin sei in ihrer letzten Tätigkeit als Bürokraft und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für alle leichten bis mittelschweren Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen ohne schweres Heben und Tragen unter Vermeidung von Kälte, Nässe und Zugluft für sechs Stunden und mehr leistungsfähig. Mit Bescheid vom
21. September 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung ab. Die Klägerin könne noch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche tätig werden. Am 29. September 2009 legte die Klägerin Widerspruch gegen die Entscheidung der Beklagten ein. Die Einschätzung des Gutachters auf orthopädischem Gebiet könne sie nicht als abgeschlossen ansehen, da zwischenzeitlich auch eine Arthroskopie des rechten Kniegelenkes durchgeführt worden sei. Darüber hinaus sei der Schaden am Lendenwirbelkörper 4/5 nicht abschließend geklärt worden. Sie legte den Bericht über die Magnetresonanztomographie der Lendenwirbelsäule vom 20. August 2009 vor, in deren Ergebnis eine Spinalkanalstenose LWK 4/5 diagnostiziert wurde. Die Klägerin reichte noch den Operationsbericht über die Arthroskopie vom 04. August 2009 ein und den Entlassungsbericht über eine stationäre Behandlung vom 22. Oktober bis 27. Oktober 2009 der Praxis für Neurochirurgie S. A.-M. über die Durchführung einer Dekompression LWK 4/5 beidseitig und Implantation eines interspinösen Spreizers bei einer Lumbalkanalstenose beidseitig. Die Beklagte gab daraufhin ein weiteres orthopädisches Gutachten in Auftrag. Der Facharzt für Orthopädie S. gab in seinem Gutachten vom 02. März 2010 an, dass die Klägerin an einem pseudoradikulären Lumbalsyndrom bei deutlicher myostatischer Insuffizienz, Dekompression L 4/5 und Implantation eines interspinösen Spreizers am 23. Oktober 2009, Fibromyalgie-Syndrom, Cervicobrachialsyndrom, retropatellarer Chondropathie, Coxalgie links und Adipositas per magna leide. Des Weiteren bestehe der Verdacht auf eine Schmerzstörung. Aufgrund des klinischen und radiologischen Befundes sei die Leistungsfähigkeit der Klägerin stark gefährdet. Wegen des noch nicht abgeschlossenen Heilungsprozesses erscheine sie derzeit noch nicht leistungsfähig. Zur Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit sollte dringend eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt werden. Nach Abschluss der Maßnahme sei von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne länger andauernde Zwangshaltungen und mit wechselnder Körperhaltung auszugehen. Ihre letzte berufliche Tätigkeit als Büroangestellte könne sie damit weiterhin ausüben.

Die Klägerin nahm vom 01. Juni bis zum 22. Juni 2010 an einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation teil. In dem ärztlichen Entlassungsbericht hierzu vom 05. Juli 2010 wird angegeben, dass die Klägerin an einem chronisch pseudoradiklulären Lumbalsyndrom, Gonalgie rechts mehr als links bei Meniskopathie, einer chronisch rezidivierenden Epicondylitis radialis humeri beidseits und Adipositas per magna leide. Sie könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt körperlich leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus in Tagschicht sowie in Nachtschicht sechs Stunden und mehr verrichten. Häufiges schweres Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, Zwangshaltungen, Tätigkeiten in Vorbeuge und Tätigkeiten, die zu einer Reizung der Ellenbogengelenke führen, seien zu vermeiden. Mit Widerspruchsbescheid vom 01. Oktober 2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

Die Klägerin hat am 08. Oktober 2010 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben. Nach ihrer Operation an der Wirbelsäule leide sie ständig unter Schmerzen und müsse Schmerzmittel einnehmen. Sie hat die Stellungnahme ihres behandelnden Neurochirurgen A.-M. vom 12. November 2010 eingereicht, wonach keine erneute Operationsindikation bestehe. Aufgrund des vorliegenden Beschwerdebildes sei die Klägerin nur drei bis sechs Stunden belastbar bei Tätigkeiten ohne einseitige Körperhaltung und ohne Zwangshaltung. Schweres Heben und Tragen, Nässe und Zugluft seien zu vermeiden. Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt. Dipl.-Med. A. hat in seinem Befundbericht vom 14. Juni 2011 angegeben, dass die Klägerin immer noch erhebliche Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Belastungsschmerzen und ausstrahlenden Beschwerden im Bereich des rechten Oberschenkels und Hyp- und Dysästhesien in beiden Beinen lateral bis in alle Zehen ausstrahlend habe. Es trete eine Beschwerdezunahme durch eine Sitzdauer von 15 Minuten oder eine Stehdauer von über 30 Minuten ein. Schweres Heben und Tragen seien nicht mehr möglich. Außerdem klage sie über Schmerzen in beiden Kniegelenken rechts mehr als links, verstärkt durch Hocken oder Treppensteigen. Die Berufsausübungsgemeinschaft Dr. F.,
Dr. W. und Dr. D. haben dem SG mit Befundbericht vom 15. Juni 2011 den Operationsbericht mit Datum vom 15. Juni 2011 übersandt, welcher allerdings mit dem Bericht zur Arthroskopie vom 04. August 2009 identisch ist. Der Facharzt für Neurologie Dr. O. hat in seinem Befundbericht vom 12. Juni 2011 angegeben, dass die Klägerin aufgrund fortbestehender, bislang therapeutisch nicht ausreichend beeinflussbarer Dysästhesien und chronischer Schmerzen bei diagnostizierter mittelgradiger sensomotorischer Polyneuropathie und Zustand nach Lendenwirbeloperation mit Implantation eines interspinösen Spreizers L 4/5 im Oktober 2009 körperlich leichte Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr verrichten könne. Der Neurochirurg A-M. hat in seinem Befundbericht vom 20. Juni 2011 ausgeführt, dass sie ca. noch 3 bis 6 Stunden täglich Arbeiten verrichten könne. Am 28. September 2010 wurde die Klägerin am Gesundheitszentrum für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an der A.-Klinik B. W. untersucht. In dem Befund hierzu wird angegeben, dass sich an den unteren Extremitäten keine Paresen gezeigt hätten. Die Klägerin habe Missempfindungen an den unteren Extremitäten beschrieben. Es bestehe kein Hinweis auf eine Polyneuropathie. Es liege ein neuropathisches Schmerzsyndrom der unteren Extremitäten unklarer Genese vor.

Das SG hat daraufhin die Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Fachgutachtens in Auftrag gegeben. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. hat in ihrem Gutachten vom 12. Februar 2012 ausgeführt, dass die Klägerin an Hypopathie und Hyperpathie stumpfförmig an beiden Füßen ohne Einschränkungen der Motorik leide. Es bestehe der Verdacht auf dissoziative Störungen. Die Diagnose einer Polyneuropathie habe sich nicht bestätigt. Man müsse vielmehr von einer dissoziativen Sensibilitäts- und Empfindungsstörung ausgehen. Die Klägerin sei motorisch nicht eingeschränkt und könne sich durchaus frei bewegen. Die subjektiven Beschwerden seien nicht zu objektivieren und schränkten sie funktionell nicht ein. Sie könne körperlich leichte Arbeiten täglich sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Arbeiten in allgemeiner Sitzhaltung seien möglich. Eine überwiegende Arbeitshaltung im Gehen und Stehen sei zu vermeiden. Zu vermeiden seien auch Arbeiten mit einseitiger körperlicher Belastung, Zwangshaltungen, Knien, Hocken, Bücken und Heben. Arbeiten im Freien seien nur unter Witterungsschutz möglich. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 21. Juni 2012 teilte die Sachverständige mit, dass sie die überwiegend formale Kritik der Klägerin im Schriftsatz vom 05. Juni 2012 nicht teile und dass sie an ihrer Einschätzung festhalte. Mit Urteil vom 06. September 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein.

Gegen das am 24. September 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Oktober 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie zweifele an der Fachkompetenz der Sachverständigen Dr. P. Diese sei lediglich Fachärztin für Neurologie und Psychologie. Es lägen allerdings auch Erkrankungen vor, die mit diesen Fachbereichen nichts zu tun hätten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 06. September 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 21. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Oktober 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01. Mai 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 06. September 2012 zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf die Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung, den Akteninhalt und das bisherige Vorbringen.

Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt. Der Neurochirurg A.-M. hat in seinem Befundbericht vom 15. Januar 2013 angegeben, dass die Klägerin an massiven Beschwerden, Missempfindungen und Unruhe in Beinen und Füßen leide. Es bestehe eine sensomotorische Polyneuropathie, eine Ataxia, ein Restless Legs Sydrom und eine lumbale Stenose LWK 4/5. Der Facharzt für Neurologie Dr. O. hat in seinem Befundbericht vom 20. Januar 2013 angegeben, dass er bei der Klägerin am 12. September 2012 ein ENG durchgeführt habe. Es hätten sich abermals Zeichen einer mittelgradigen, symmetrischen distal betonten Polyneuropathie vom axonalen Schädigungsmuster gezeigt. Im Vergleich zur Voruntersuchung am 22. November 2011 habe sich keine Befundprogredienz ergeben. Sie leide an einer mittelgradigen sensomotorischen Polyneuropathie unklarer Genese, an einem sekundären Restless Legs Syndrom und an einem chronisch lumbalen Schmerzsyndrom. Es bestehe kein Anhalt für einen chronischen entzündlichen Prozess des zentralen Nervensystems. Eine signifikante Befundänderung sei im Verlauf nicht feststellbar. Der Hausarzt Dipl.-Med. A. hat in seinem Befundbericht vom 28. Januar 2013 angegeben, dass seit 2006 eine Progredienz der Beschwerden bestehe. Frau Dipl.-Med. A., Internistin und Rheumatologin, hat in ihrem Befundbericht vom 10. März 2013 ausgeführt, dass eine Entzündung in den Gelenken nicht nachweisbar gewesen sei. Im Erörterungstermin am 16. Mai 2013 hat die Klägerin ausgeführt, dass sie sich nunmehr im medizinischen Versorgungszentrum in D.-R. in Behandlung von Dr. S. befinde. Hinsichtlich ihrer Polyneuropathie sei bislang keine Ursache gefunden worden. Der Schwerpunkt ihrer Beschwerden läge in ihren Beinen. Der Senat hat daraufhin den Facharzt für Neuchirurgie S. um eine Einschätzung gebeten. Dieser hat im Befundbericht vom 05. Juni 2013 mitgeteilt, dass die Klägerin über chronische Rückschmerzen mit Ausstrahlung in beide Beine vor allem im Sitzen mit Kribbelparästhesien beider Füße geklagt habe. Ein Bandscheibenvorfall habe sich im MRT nicht gezeigt. Eine Spinalkanalstenose habe ebenfalls nicht vorgelegen. Bei der Klägerin seien chronische Rückenschmerzen zu diagnostizieren. Die Klägerin sei durchaus in der Lage, sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu werden. Überwiegendes Sitzen, Bücken und Tragen seien zu vermeiden.

Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 21. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Oktober 2010 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Das SG hat die dagegen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, dann einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift ist derjenige teilweise erwerbsgemindert, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3, Zweiter Halbsatz SGB VI).

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin seit Mai 2009 bis heute noch in der Lage war und ist, mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Nicht möglich sind dabei Arbeiten mit einseitiger körperlicher Belastung, Zwangshaltungen, Arbeiten im Knien, Hocken, Bücken und schweres Heben. Arbeiten im Freien sind der Klägerin nur unter Witterungsschutz möglich. Sie kann Arbeiten in überwiegend sitzender Arbeitshaltung verrichten. Eine überwiegende Arbeitshaltung im Gehen bzw. im Stehen ist zu vermeiden.

Insoweit folgt der Senat auf Grund eigener Urteilsbildung den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen Dr. P. in ihrem Gutachten vom 12. Februar 2012. Diese hat bei der Klägerin folgende Diagnosen gestellt:

Zustand nach mehrfacher Hammerzehoperation zweiter Digiti links 1980, 1989 und 1991 ohne wesentliche Funktionseinschränkungen,

Zustand nach einer Operation über dem rechten Handgelenk 1983, Diagnose unklar,

Zustand nach Arthroskopie rechtes Knie 1994 und 2009,

Zustand nach Lebersonographie 2002, Feststellung von Rundherden mit Leberenzymerhöhung, ohne Kontrolluntersuchung,

Zustand nach Dekompression LWK 4/5 beiderseits und Implantation eines interspinösen Spreizers 2009,

Hypertonus I,

Adipositas,

Verdacht auf dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörung.

Aus dem dargestellten Erkrankungsbild ergeben sich keine Funktionseinschränkungen, die die Klägerin außerstande setzen, sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu werden. Hinsichtlich der Sensibilitätsstörung an den Füßen hat die Sachverständige überzeugend dargestellt, dass sich hieraus keine motorischen Einschränkungen ergeben. Die Klägerin kann sich frei bewegen, bringt ihre Tochter zum Schulbus und macht ihren Haushalt. Die Klägerin konnte sich bei der Untersuchung ankleiden, auskleiden, hinlegen und ohne Probleme aufrichten. Die Muskulatur war seitengleich in ihrer Spannkraft. Die Koordination war ungestört und das Gangbild unauffällig. Die Sensibilitätsstörungen schränken die Motorik nicht ein. Insoweit ist nicht den Einschätzungen der behandelnden Ärzte A.-M. und Dr. O. zu folgen, die die Klägerin nur für drei bis sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeitsfähig halten. Dies wird auch durch den Befundbericht des behandelnden Neurochirurgen S. vom 05. Juni 2013 gestützt. Dieser hat angegeben, dass er die Klägerin in der Lage sehe, körperlich leichte Arbeiten sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Die von Dr. O. angeführte Diagnose Polyneuropathie wurde durch ihn nicht bestätigt. Er hat bei der Klägerin lediglich chronische Rückenschmerzen diagnostiziert. Aus dem Erkrankungsbild der Klägerin ergibt sich demnach keine zeitliche Leistungseinschränkung. Nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. P. bedingen die Rückenschmerzen und die Sensibilitätsstörungen in den Füßen der Klägerin lediglich eine überwiegend sitzende Arbeitshaltung. Überwiegendes Gehen und Stehen seien zu vermeiden. Soweit bei der Klägerin in früheren medizinischen Befunden eine chronische rezidivierende Epicondylitis humeri radialis rechts diagnostiziert worden ist, ergibt sich hieraus nach den Ausführungen der Sachverständigen keine Einschränkung, da der Ellenbogen der Klägerin bei körperlichen Untersuchungen ausreichend streckbar war. Für die von der Klägerin gerügte mangelnde Fachkompetenz der Sachverständigen finden sich keine Anhaltspunkte. Aus den im Berufungsverfahren beigezogenen medizinischen Befunden ergibt sich auch keine Verschlechterung des Erkrankungsbildes der Klägerin. Insbesondere Dr. O. hat ausgeführt, dass eine Befundprogredienz nicht feststellbar sei. Lediglich der Hausarzt hat in seinem Befundbericht vom 28. Januar 2013 ausgeführt, dass eine Progredienz bereits seit 2006 bestehe. Aktuelle Änderungen sind in den medizinischen Befunden aber nicht dargelegt worden. Eine rheumatische Erkrankung ist durch die behandelnde Internistin im Befundbericht vom 10. März 2013 ausgeschlossen worden.

Ist die Klägerin danach schon nicht teilweise erwerbsgemindert, so ist sie erst recht nicht voll erwerbsgemindert. Denn dies erfordert gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, dass eine Versicherte wegen Krankheit oder wegen Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Da die Klägerin, wie dargelegt, noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, erfüllt sie dieses Kriterium nicht. Die Klägerin ist auch nicht deshalb voll erwerbsgemindert, weil sie wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könnte. Ihr Restleistungsvermögen reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z. B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählung in dem Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 –, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.; in der Anwendbarkeit auf die aktuelle Rechtslage bestätigt in BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R – juris, Rdnr. 14 ff.). Schließlich ist sie auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen (sog. Wegefähigkeit, vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris). Insbesondere die Sachverständige

Dr. P. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die Wegefähigkeit der Klägerin nicht eingeschränkt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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