Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 13 AS 508/13
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 168/15 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG) und die Durchführung des Berufungsverfahrens sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Rechtsmittelverfahren. In der Sache wendet sie sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten im Rahmen der Leistungsgewährung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1962 geborene Klägerin bezog nach Trennung von ihrem Ehemann ab August 2010 von dem Beklagten SGB II-Leistungen. Zuletzt bewilligte er mit Bescheid vom 20. Januar 2012 für den Bewilligungszeitraum von Februar bis Juli 2012 monatliche Leistungen iHv 680,46 EUR.
Im Juni 2012 wurde die Ehe der Klägerin geschieden. In einem Vergleich verpflichtete sich der Ehemann, zur Abgeltung des Zugewinnausgleichsanspruchs der Klägerin einen Betrag iHv insgesamt 3.000 EUR, zahlbar in monatlichen Raten von 100 EUR ab Juli 2012, zu zahlen.
In der Folge hob der Beklagte mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 3. August 2012 die Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2012 teilweise iHv 70 EUR auf und forderte diesen Betrag von der Klägerin zurück. Zur Begründung verwies er auf das anzurechnende Einkommen aus dem Vergleich über den Zugewinnausgleich. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin am 28. Februar 2013 Klage beim SG erhoben und zur Begründung ausgeführt, der Zugewinnausgleich stelle eine Mehrung ihres Vermögens dar. Die Zahlungen dürften nicht als Einkommen angerechnet werden.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 27. Januar 2015, in dem die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichteten, hat das SG mit Urteil vom 17. Februar 2015 die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Die monatlichen Zahlungen von 100 EUR aus dem Vergleich seien als Einkommen und nicht als Vermögen zu qualifizieren. Maßgeblich sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der tatsächliche Zufluss. Es handele sich auch nicht um eine zweckbestimmte Einnahme iSv § 11a SGB II. Die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung beruhe auf § 40 Abs. 1 SGB II iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) und § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Die Erstattungsforderung sei auf § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X zu stützen. Gründe für die Zulassung der Berufung lägen nicht vor.
Gegen das ihr am 23. Februar 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. März 2015 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt und PKH beantragt. Sie hat ausgeführt, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung iSv § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn die bisherige Rechtsprechung des BSG zum SGB II, nach der alles, was nach Antragstellung zufließe, als Einkommen zu werten sei, könne auf den vorliegenden Fall des Zugewinnausgleiches keine Anwendung finden. Insbesondere dürfe bei Zahlungen zum Zugewinnausgleich die Qualifikation als Einkommen oder Vermögen nicht von der Leistungsfähigkeit des Ehegatten abhängen. Wenn dieser den Zugewinnausgleich nicht in Raten, sondern vollständig in einem Betrag gezahlt hätte, wäre keine Einkommensanrechnung erfolgt. Auch aus der historischen Betrachtung der Rechtsprechung zum Arbeitslosenhilferecht ergebe sich, dass der Zugewinnausgleich als Vermögensverschiebung anzusehen sei. Insoweit habe der nichtvermögende Ehegatte im Lauf der Ehe eine Anwartschaft erworben, im Fall der Scheidung am höheren Zugewinn des anderen Ehegatten beteiligt zu werden. Zudem sei vorliegend zu berücksichtigen, dass der ehemalige Ehemann gegenüber der Klägerin handgreiflich geworden sei, sodass diese schnell den gemeinsamen Haushalt habe verlassen müssen.
Die Klägerin beantragt schriftlich sinngemäß,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Februar 2015 zuzulassen, das Berufungsverfahren durchzuführen und ihr PKH zu bewilligen.
Der Beklagte hat sich zum Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Berufung gegen das Urteil vom 17. Februar 2015 zu Recht nicht zugelassen. Gemäß § 144 Abs. 1 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG, wenn der Wert des Streitgegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Mit dem angegriffenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wurden die der Klägerin für den Monat Juli 2012 bewilligten Leistungen teilweise in Höhe eines Betrags von 70 EUR aufgehoben. Mithin ist die Beschwerdewertgrenze nicht erreicht.
Die Berufung ist auch nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn
Die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Einen Verfahrensmangel iSv 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Es besteht auch keine Divergenz iSv § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG. Ein Abweichen des Urteils von einer Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt oder des BSG ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Es liegt insbesondere keine Divergenz zu dem von der Klägerin im sozialgerichtlichen Verfahren zitierten Urteil des BSG vom 8. Juni 1989 (AZ: 7 RAr 34/88, juris) vor. Das Urteil ist zum Arbeitslosenhilferecht nach dem Arbeitsförderungsgesetz ergangen. In ihm wird der Erwerb einer Forderung zum Zugewinnausgleich als "einmalige Einkunft" charakterisiert. Diese einmaligen Einkünfte galten jedoch nach den damals geltenden Vorschriften dann nicht als Einkommen, wenn sie nach Entstehungsgrund, Zweckbestimmung und Übung nicht dem allgemeinen Lebensunterhalt dienten.
Eine vergleichbare Bestimmung gibt es im SGB II nicht. Nach § 11a Abs. 3 SGB II sind als zweckbestimmte Leistungen nur solche Zuflüsse nicht als Einkommen anzurechnen, die nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten abweichenden Zweck erbracht werden. Die zitierte Rechtsprechung des BSG betrifft damit andere Rechtsgrundlagen, die mit den hier maßgeblichen Regelungen des SGB II zur Abgrenzung von Vermögen und Einkommen nicht vergleichbar sind.
Auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie wirft keine bislang ungeklärten Rechtsfragen auf, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und -fähig sein. Klärungsbedürftigkeit besteht dann nicht, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich entschieden ist, oder wenn zur Auslegung vergleichbarer Regelungen schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte dafür geben, wie die konkret aufgeworfene Frage zu beantworten ist (vgl. Leitherer in: Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 160 RN 8). Dem entsprechend ist eine Rechtsfrage dann nicht als klärungsbedürftig anzusehen, wenn sich ihre Beantwortung ohne weiteres aus dem Gesetz und der dazu bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lässt.
Letzteres trifft auf die hier streitige Frage, ob Zugewinnausgleichszahlungen grundsicherungsrechtlich als Einkommen oder als Vermögen zu beurteilen sind, zu. Auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung des BSG, nach der Einkommen grundsätzlich alles das ist, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen alles das, was er vor Antragstellung bereits hatte (Urteil vom 30. Juli 2008, Az.: B 14 AS 26/07 R, juris; Urteil vom 16. Mai 2012, Az.: B 4 AS 132/11 R, juris), kommt es maßgeblich auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses an.
Dieser erfolgte vorliegend unbestritten im Juli 2012 und damit zu einer Zeit, da die Klägerin bereits laufende SGB II-Leistungen bezog. Erst mit Gutschrift der ersten Zahlungsrate auf dem Konto der Klägerin stand ihr ein Zufluss iHv 100 EUR als bereites Mittel zur Bedarfsdeckung zur Verfügung.
Insoweit ist es nicht von Bedeutung, zu welchem Zeitpunkt die konkrete Forderung der Klägerin entstanden ist. Dazu hat das BSG erläuternd ausgeführt, dass Einnahmen in aller Regel aus bereits zuvor bestehenden Rechtspositionen erzielt werden. Im Fall der Erfüllung einer Forderung sei daher bei wertender Betrachtung allein auf die in Geldeswert erzielten Einkünfte abzustellen und nicht auf das Schicksal der Forderung. Entsprechend hat es in einem Fall, in dem es um im Wege der Zwangsvollstreckung erzwungene Teilzahlungen auf einen titulierten Abfindungsanspruch ging, ausgeführt (Urteil vom 3. März 2009, Az.: B 4 AS 47/08 R, juris): Der Umstand, dass es sich um einen Anspruch handele, der in einem Vergleich vereinbart wurde und der bereits vor Stellung des SGB II-Leistungsantrags mit Wirksamwerden des gerichtlichen Vergleichs fällig geworden war, rechtfertige – in Ansehung der Differenzierung zwischen Einkommen und Vermögen – keine andere Beurteilung. Die zugeflossenen Teilzahlungen seien nicht als bereits erlangte Einkünfte anzusehen, mit denen Vermögen angespart worden sei. Dieser Maßstab ist auch auf den Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1378 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anwendbar.
Wird bei einer Ehescheidung das eheliche Güterrecht in Form der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB) beendet, ist zwischen den früheren Ehegatten der Zugewinn nach den Vorschriften der §§ 1372 ff. BGB auszugleichen. Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu (§ 1378 Abs. 1 BGB). Auf diese Weise wird ein Ausgleich in Ansehung derjenigen vermögenswerten Positionen hergestellt, die bereits vorher im Vermögen des ausgleichsverpflichteten Ehegatten vorhanden waren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die – erst mit der Ehescheidung – entstehende Ausgleichsforderung grundsicherungsrechtlich als Vermögen des ausgleichsberechtigten Ehegatten anzusehen ist.
Zum einen entsteht der Ausgleichsanspruch für den Zugewinn kraft Gesetzes mit der Beendigung der Zugewinngemeinschaft (§ 1378 Abs. 3 BGB); im Fall der Ehescheidung mit deren Rechtskraft, bzw. wie hier mit Abschluss des Vergleichs über den Zugewinnausgleich. Bei fortbestehender Zugewinngemeinschaft entsteht kein Zugewinnausgleichsanspruch, sodass vor der Beendigung des Scheidungsverfahrens kein der Klägerin als eigenes Vermögen zuzuordnender Wert (einer zukünftigen Forderung) vorhanden war (vgl. z. Vorst.: Hessisches LSG, Beschluss vom 6. April 2010, Az.: L 4 AS 90/10 B ER, juris, RN 31).
Auf die erst am 21. Juni 2012 entstandene Forderung sind faktische Zahlungen ab Juli 2012 erfolgt. Bei den Zuflüssen in Geldeswert handelt es sich um Einkommen, das Maßgabe der Bereinigung gemäß § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II anzurechnen ist. Im Übrigen wäre – entgegen den Ausführungen der Klägerin – eine Anrechnung auch erfolgt, wenn der Ehemann die Ausgleichzahlung nicht in Raten, sondern als Einmalzahlung erbracht hätte. Gemäß § 11 Abs. 3 SGB II wäre sie als einmalige Einnahme verteilt auf einen Anrechnungszeitraum von sechs Monaten auf den SGB II-Leistungsanspruch anzurechnen gewesen.
Mangels hinreichender Erfolgsaussicht kam die Bewilligung von PKH für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht in Betracht (§ 73a SGG iVm den §§ 114 ff. Zivilprozessordnung.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG) und die Durchführung des Berufungsverfahrens sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Rechtsmittelverfahren. In der Sache wendet sie sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten im Rahmen der Leistungsgewährung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1962 geborene Klägerin bezog nach Trennung von ihrem Ehemann ab August 2010 von dem Beklagten SGB II-Leistungen. Zuletzt bewilligte er mit Bescheid vom 20. Januar 2012 für den Bewilligungszeitraum von Februar bis Juli 2012 monatliche Leistungen iHv 680,46 EUR.
Im Juni 2012 wurde die Ehe der Klägerin geschieden. In einem Vergleich verpflichtete sich der Ehemann, zur Abgeltung des Zugewinnausgleichsanspruchs der Klägerin einen Betrag iHv insgesamt 3.000 EUR, zahlbar in monatlichen Raten von 100 EUR ab Juli 2012, zu zahlen.
In der Folge hob der Beklagte mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 3. August 2012 die Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2012 teilweise iHv 70 EUR auf und forderte diesen Betrag von der Klägerin zurück. Zur Begründung verwies er auf das anzurechnende Einkommen aus dem Vergleich über den Zugewinnausgleich. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin am 28. Februar 2013 Klage beim SG erhoben und zur Begründung ausgeführt, der Zugewinnausgleich stelle eine Mehrung ihres Vermögens dar. Die Zahlungen dürften nicht als Einkommen angerechnet werden.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 27. Januar 2015, in dem die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichteten, hat das SG mit Urteil vom 17. Februar 2015 die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Die monatlichen Zahlungen von 100 EUR aus dem Vergleich seien als Einkommen und nicht als Vermögen zu qualifizieren. Maßgeblich sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der tatsächliche Zufluss. Es handele sich auch nicht um eine zweckbestimmte Einnahme iSv § 11a SGB II. Die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung beruhe auf § 40 Abs. 1 SGB II iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) und § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Die Erstattungsforderung sei auf § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X zu stützen. Gründe für die Zulassung der Berufung lägen nicht vor.
Gegen das ihr am 23. Februar 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. März 2015 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt und PKH beantragt. Sie hat ausgeführt, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung iSv § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn die bisherige Rechtsprechung des BSG zum SGB II, nach der alles, was nach Antragstellung zufließe, als Einkommen zu werten sei, könne auf den vorliegenden Fall des Zugewinnausgleiches keine Anwendung finden. Insbesondere dürfe bei Zahlungen zum Zugewinnausgleich die Qualifikation als Einkommen oder Vermögen nicht von der Leistungsfähigkeit des Ehegatten abhängen. Wenn dieser den Zugewinnausgleich nicht in Raten, sondern vollständig in einem Betrag gezahlt hätte, wäre keine Einkommensanrechnung erfolgt. Auch aus der historischen Betrachtung der Rechtsprechung zum Arbeitslosenhilferecht ergebe sich, dass der Zugewinnausgleich als Vermögensverschiebung anzusehen sei. Insoweit habe der nichtvermögende Ehegatte im Lauf der Ehe eine Anwartschaft erworben, im Fall der Scheidung am höheren Zugewinn des anderen Ehegatten beteiligt zu werden. Zudem sei vorliegend zu berücksichtigen, dass der ehemalige Ehemann gegenüber der Klägerin handgreiflich geworden sei, sodass diese schnell den gemeinsamen Haushalt habe verlassen müssen.
Die Klägerin beantragt schriftlich sinngemäß,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Februar 2015 zuzulassen, das Berufungsverfahren durchzuführen und ihr PKH zu bewilligen.
Der Beklagte hat sich zum Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Berufung gegen das Urteil vom 17. Februar 2015 zu Recht nicht zugelassen. Gemäß § 144 Abs. 1 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG, wenn der Wert des Streitgegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Mit dem angegriffenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wurden die der Klägerin für den Monat Juli 2012 bewilligten Leistungen teilweise in Höhe eines Betrags von 70 EUR aufgehoben. Mithin ist die Beschwerdewertgrenze nicht erreicht.
Die Berufung ist auch nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn
Die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Einen Verfahrensmangel iSv 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Es besteht auch keine Divergenz iSv § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG. Ein Abweichen des Urteils von einer Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt oder des BSG ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Es liegt insbesondere keine Divergenz zu dem von der Klägerin im sozialgerichtlichen Verfahren zitierten Urteil des BSG vom 8. Juni 1989 (AZ: 7 RAr 34/88, juris) vor. Das Urteil ist zum Arbeitslosenhilferecht nach dem Arbeitsförderungsgesetz ergangen. In ihm wird der Erwerb einer Forderung zum Zugewinnausgleich als "einmalige Einkunft" charakterisiert. Diese einmaligen Einkünfte galten jedoch nach den damals geltenden Vorschriften dann nicht als Einkommen, wenn sie nach Entstehungsgrund, Zweckbestimmung und Übung nicht dem allgemeinen Lebensunterhalt dienten.
Eine vergleichbare Bestimmung gibt es im SGB II nicht. Nach § 11a Abs. 3 SGB II sind als zweckbestimmte Leistungen nur solche Zuflüsse nicht als Einkommen anzurechnen, die nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten abweichenden Zweck erbracht werden. Die zitierte Rechtsprechung des BSG betrifft damit andere Rechtsgrundlagen, die mit den hier maßgeblichen Regelungen des SGB II zur Abgrenzung von Vermögen und Einkommen nicht vergleichbar sind.
Auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie wirft keine bislang ungeklärten Rechtsfragen auf, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und -fähig sein. Klärungsbedürftigkeit besteht dann nicht, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich entschieden ist, oder wenn zur Auslegung vergleichbarer Regelungen schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte dafür geben, wie die konkret aufgeworfene Frage zu beantworten ist (vgl. Leitherer in: Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 160 RN 8). Dem entsprechend ist eine Rechtsfrage dann nicht als klärungsbedürftig anzusehen, wenn sich ihre Beantwortung ohne weiteres aus dem Gesetz und der dazu bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lässt.
Letzteres trifft auf die hier streitige Frage, ob Zugewinnausgleichszahlungen grundsicherungsrechtlich als Einkommen oder als Vermögen zu beurteilen sind, zu. Auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung des BSG, nach der Einkommen grundsätzlich alles das ist, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen alles das, was er vor Antragstellung bereits hatte (Urteil vom 30. Juli 2008, Az.: B 14 AS 26/07 R, juris; Urteil vom 16. Mai 2012, Az.: B 4 AS 132/11 R, juris), kommt es maßgeblich auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses an.
Dieser erfolgte vorliegend unbestritten im Juli 2012 und damit zu einer Zeit, da die Klägerin bereits laufende SGB II-Leistungen bezog. Erst mit Gutschrift der ersten Zahlungsrate auf dem Konto der Klägerin stand ihr ein Zufluss iHv 100 EUR als bereites Mittel zur Bedarfsdeckung zur Verfügung.
Insoweit ist es nicht von Bedeutung, zu welchem Zeitpunkt die konkrete Forderung der Klägerin entstanden ist. Dazu hat das BSG erläuternd ausgeführt, dass Einnahmen in aller Regel aus bereits zuvor bestehenden Rechtspositionen erzielt werden. Im Fall der Erfüllung einer Forderung sei daher bei wertender Betrachtung allein auf die in Geldeswert erzielten Einkünfte abzustellen und nicht auf das Schicksal der Forderung. Entsprechend hat es in einem Fall, in dem es um im Wege der Zwangsvollstreckung erzwungene Teilzahlungen auf einen titulierten Abfindungsanspruch ging, ausgeführt (Urteil vom 3. März 2009, Az.: B 4 AS 47/08 R, juris): Der Umstand, dass es sich um einen Anspruch handele, der in einem Vergleich vereinbart wurde und der bereits vor Stellung des SGB II-Leistungsantrags mit Wirksamwerden des gerichtlichen Vergleichs fällig geworden war, rechtfertige – in Ansehung der Differenzierung zwischen Einkommen und Vermögen – keine andere Beurteilung. Die zugeflossenen Teilzahlungen seien nicht als bereits erlangte Einkünfte anzusehen, mit denen Vermögen angespart worden sei. Dieser Maßstab ist auch auf den Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1378 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anwendbar.
Wird bei einer Ehescheidung das eheliche Güterrecht in Form der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB) beendet, ist zwischen den früheren Ehegatten der Zugewinn nach den Vorschriften der §§ 1372 ff. BGB auszugleichen. Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu (§ 1378 Abs. 1 BGB). Auf diese Weise wird ein Ausgleich in Ansehung derjenigen vermögenswerten Positionen hergestellt, die bereits vorher im Vermögen des ausgleichsverpflichteten Ehegatten vorhanden waren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die – erst mit der Ehescheidung – entstehende Ausgleichsforderung grundsicherungsrechtlich als Vermögen des ausgleichsberechtigten Ehegatten anzusehen ist.
Zum einen entsteht der Ausgleichsanspruch für den Zugewinn kraft Gesetzes mit der Beendigung der Zugewinngemeinschaft (§ 1378 Abs. 3 BGB); im Fall der Ehescheidung mit deren Rechtskraft, bzw. wie hier mit Abschluss des Vergleichs über den Zugewinnausgleich. Bei fortbestehender Zugewinngemeinschaft entsteht kein Zugewinnausgleichsanspruch, sodass vor der Beendigung des Scheidungsverfahrens kein der Klägerin als eigenes Vermögen zuzuordnender Wert (einer zukünftigen Forderung) vorhanden war (vgl. z. Vorst.: Hessisches LSG, Beschluss vom 6. April 2010, Az.: L 4 AS 90/10 B ER, juris, RN 31).
Auf die erst am 21. Juni 2012 entstandene Forderung sind faktische Zahlungen ab Juli 2012 erfolgt. Bei den Zuflüssen in Geldeswert handelt es sich um Einkommen, das Maßgabe der Bereinigung gemäß § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II anzurechnen ist. Im Übrigen wäre – entgegen den Ausführungen der Klägerin – eine Anrechnung auch erfolgt, wenn der Ehemann die Ausgleichzahlung nicht in Raten, sondern als Einmalzahlung erbracht hätte. Gemäß § 11 Abs. 3 SGB II wäre sie als einmalige Einnahme verteilt auf einen Anrechnungszeitraum von sechs Monaten auf den SGB II-Leistungsanspruch anzurechnen gewesen.
Mangels hinreichender Erfolgsaussicht kam die Bewilligung von PKH für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht in Betracht (§ 73a SGG iVm den §§ 114 ff. Zivilprozessordnung.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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