Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 16 AS 2076/15
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 154/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 26. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten für eine Projektfahrt nach London.
Die am ... 1998 geborene Klägerin nahm als Schülerin der 10. Klasse des Gymnasiums Q. vom 6. bis 11. Juli 2015 (Montag bis Samstag) an einer Studienreise nach London teil. Die Reise fand im Rahmen der Projektwoche der Schule statt. 44 Plätze waren für die Schüler der Klassen 10 bis 12 vorhanden. Die Kosten für die Fahrt beliefen sich auf 388,00 EUR. Nach einem Aushang der Fachlehrerin J. waren die einzigen Voraussetzungen für die Teilnahme an dem Projekt "Londonfahrt" die Eintragung auf einer Liste sowie eine unterzeichnete Teilnahmeerklärung der Eltern. Wer hiernach zuerst in der Liste stand, konnte teilnehmen ("first come, first served"). Die Bezahlung durch den Vater der Klägerin erfolgte als Anzahlung am 29. Oktober 2014 (48,00 Euro) und als Restzahlung am 4. Mai 2015.
Die Klägerin befand sich im Juli 2015 aufgrund des Bescheides vom 24. Februar 2015 im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der Vater beantragte als ihr gesetzlicher Vertreter unter dem 24. Oktober 2014 die Übernahme der Kosten i.H.v. ca. 400,00 EUR. Der Antrag ging bei der Beklagten am 12. November 2014 ein. Nach Einholung einer telefonischen Auskunft bei der für die Londonfahrt verantwortlichen Fachlehrerin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 26. November 2014 eine Kostenübernahme ab. Die Fahrt falle nicht unter die schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Sachsen-Anhalt. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, es sei nicht maßgebend, dass die gesamte Klasse teilnehme, sondern dass es sich – wie hier – um eine von der Schule organisierte Fahrt gehandelt habe, die üblicherweise am Ort der Schule angeboten werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück, da die Studienreise für die Klägerin nicht verpflichtend gewesen sei. Es habe sich gerade nicht um eine Klassenfahrt gehandelt. Eine Ausgrenzung der Klägerin bei Nichtteilnahme sei nicht zu befürchten gewesen, da ein Großteil der Schüler gar nicht teilgenommen habe.
Die Klägerin hat am 8. Juni 2015 Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Es sei zur Vermeidung einer Diskriminierung an der Schule erforderlich, dass sie auch an nicht verpflichtenden Veranstaltungen teilnehmen könne. Es komme einer Kennzeichnung der SGB II–leistungsberechtigten Schüler gleich, wenn sie von derartigen Angeboten ausgeschlossen seien. Bei der Projektfahrt habe es sich um eine im Rahmen der Projektwoche durchgeführte Reise und damit um einen Teil der schulischen Ausbildung gehandelt. Der Beklagte hat erwidert, nach den schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Sachsen-Anhalt sei die Studienreise gerade keine verpflichtende Klassenfahrt gewesen. Die Teilnahme an der Reise sei freigestellt gewesen. Das SG hat auf der Internetseite des Gymnasiums festgestellt, dass im Schuljahr 2014/15 vier 10. und jeweils drei 11. und 12. Klassen mit insgesamt mehr als 200 Schülern beschult wurden.
Mit Urteil vom 26. Januar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II i.H.v. 388,00 EUR für die Teilnahme an der Studienreise nach London. Bei dieser handele es sich nicht um eine mehrtägige Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Sachsen-Anhalt. Insoweit sei auf die Richtlinien für Schulwanderungen und Schulfahrten (Runderlass des Ministeriums für Kultur vom 6. April 2013 – 22-82021, SVBl. LSA 2013, Seite 59 ff., im Folgenden: MK-RdErl.) abzustellen. Der Begriff Klassenfahrt finde sich hier zwar nicht. Nach Nr. 4 der Richtlinien würden Schulfahrten aber als schulische Veranstaltung in der Regel im Klassen- und Kursverband durchgeführt, soweit nicht Besonderheiten der Veranstaltung einen hiervon abweichenden Kreis der Teilnehmenden erforderlich machten. Kennzeichnend für Schulausflüge und Klassenfahrten sei es daher, dass sie in schulischer Verantwortung organisiert und durchgeführt würden und verpflichtend seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Die Studienreise sei von der Schule zwar angeordnet und durchgeführt worden. Es habe jedoch nicht in der Besonderheit der Veranstaltung gelegen, dass die Fahrt einen vom Klassenverband abweichenden Kreis der Teilnehmenden erforderlich gemacht habe. Vielmehr sei die Besonderheit der Veranstaltung die Gestaltung der Reise als Angebot. Es habe sich um ein klassen- und jahrgangsübergreifendes schulisches Angebot gehandelt, das sich an interessierte Schüler gerichtet habe, die sich freiwillig entscheiden konnten. Dies ergebe sich schon aus der Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze. Für ca. 200 Schüler habe es 44 Plätze gegeben. Daraus folge, dass eine Ausgrenzung oder Diskriminierung der nicht teilnehmenden Schüler nicht zu erwarten gewesen sei.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 1. Februar 2017 zugestellte Urteil am 1. März 2017 zunächst Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Hierzu hat sie unter Vorlage eines Anwaltsschreiben, welches der Schulleiter des Gymnasiums am 26. Januar 2018 unterzeichnet hat, vorgetragen: Es habe sich bei der Fahrt um eine solche im Rahmen der Projektwoche der Schule gehandelt, womit sich das SG nicht hinreichend auseinandergesetzt habe. Die Schüler seien verpflichtet gewesen, die Unterrichtszeiten im Rahmen der jeweiligen Projekte zu besuchen, um ihrer Schulpflicht nachzukommen. Freiwillig sei es für jeden Schüler nur gewesen, sich für ein ihn interessierendes Projekt zu bewerben. Die Teilnahme an mindestens einem Projekt sei für jeden Schüler aber verpflichtend gewesen. Eine Nichtteilnahme wäre einem unentschuldigten Fernbleiben vom Unterricht gleichgekommen. Die Studienfahrt habe innerhalb der Projektwoche stattgefunden. Dabei seien die teilnehmenden Schüler so zu behandeln, als hätten sie während der Projektwoche an einem Projekt in der Schule teilgenommen. Insofern sei die Studienreise nach London den Projekten innerhalb der Projektwoche vollkommen gleichgestellt gewesen. Bei der Studienfahrt habe es sich um eine Schulfahrt gehandelt. Die teilnehmenden Lehrer hätten diese als Dienstreise ordnungsgemäß angemeldet und abgerechnet. Selbst wenn aufgrund der Kapazitätsgrenzen nicht die gesamte Klassen- oder Jahrgangstufe die Möglichkeit zur Teilnahme gehabt habe, stelle der Ausschluss von der Teilnahme auch eine Ausgrenzung aus finanziellen Gründen dar. In einem vergleichbaren Fall habe das Bundessozialgericht (BSG) bei einer Klassenfahrt zugunsten des Schülers entschieden, bei der es ebenfalls freigestanden habe, an der Fahrt teilzunehmen. Dies gelte auch dann, wenn nicht die gesamte Klassen- oder Jahrgangsstufe teilnehme könne. Die Teilnahme an einer mehrtägigen Schulfahrt, die neben anderen Schulveranstaltungen gleichberechtigt zur Auswahl gestellt worden sei, entspreche der Teilnahme an einer verbindlichen Schulveranstaltung.
Der Senat hat mit Beschluss vom 25. Februar 2019 die Berufung zugelassen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 26. Januar 2017 sowie den Bescheid des Beklagten vom 26. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 6. bis 11. Juli 2015 ihr 388,00 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat erwidert, die Klägerin sei weder verpflichtet gewesen, sich für die Studienreise nach London anzumelden, noch an der Fahrt teilzunehmen. Eine Verpflichtung zur Teilnahme aus der zuvor erfolgten - freiwilligen - Anmeldung zu dem Projekt zu konstruieren, erscheine nicht zielführend. Ebenso sei das Argument, die Klägerin habe mit der Teilnahme ihre Schulpflicht erfüllt, nicht überzeugend. Denn ihre Schulpflicht hätte sie auch mit der Teilnahme an anderen Angeboten erfüllen können. Vorliegend habe es keine Ausgrenzung gegeben, weil auch andere Schüler sich nicht für die Fahrt angemeldet hätten. Es hätten auch Kinder nicht teilgenommen, die keine Leistungen beziehen. In dem vom BSG entschiedenen Fall habe es bei einer Klassenfahrt mehr freie Plätze als Teilnehmer gegeben. Im vorliegenden Fall habe es sich dagegen um ein Angebot für mehrere Klassen/Jahrgangstufen mit begrenzten Plätzen gehandelt.
Der Senat hat Auskünfte des Schulleiters des Gymnasiums Q. W. vom 5. September 2019 und der Fachlehrerin J. vom 28. August 2019 eingeholt. Die Klägerin hat dazu weitere Ausführungen gemacht, wegen der auf den Schriftsatz vom 11. November 2019 verwiesen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der sich anschließenden Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Senat zugelassene und damit statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 145 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz – SGG), aber nicht begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein der Anspruch der Klägerin nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 SGB II auf Erstattung der Kosten, die ihr durch die vom 6. bis 11. Juli 2015 im Rahmen einer Projektwoche durchgeführten Studienreise nach London entstanden sind. Bei diesem Anspruch handelt es sich um einen Individualanspruch desjenigen, der den entsprechenden Bedarf geltend macht, der isoliert gerichtlich durchgesetzt werden kann (BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 14 AS 6/09 R - juris). Der Beklagte hat mit Bescheid vom 26. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2015 einen Anspruch auf Leistungen verneint. Die Klägerin hat sich mit ihrer Klage allein auf diese Leistungen bezogen und verfolgt ihr Begehren im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage weiter (BSG, Urteil vom 22. November 2011 - B 4 AS 204/10 R - juris sowie SozR 4-4200 § 23 Nr. 15, Rn. 10).
2.
Das SG hat mit seinem Urteil vom 26. Januar 2017 zutreffend entschieden, dass die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der ihr für die Studienreise nach London entstandenen Kosten i.H.v. 388,00 EUR hat.
Die Klägerin war zwar leistungsberechtigt i.S. d. § 7 Abs. 1 SGB II. Sie hatte zum Zeitpunkt der Entstehung des Bedarfs, also während der Durchführung der Studienreise, aufgrund einer bestandskräftigen Bewilligung des Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten war die Klägerin auch tatsächlich hilfebedürftig.
Jedoch handelte es sich bei der Studienreise nicht um eine mehrtägige Klassenfahrt i.S.v. § 28 Abs. 2 Nr. 2 SGB II. Hiernach werden bei Schülerinnen und Schülern die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Dies folgt aus den landesschulrechtlichen Bestimmungen, mit denen die bundesrechtliche Regelung des § 28 Abs. 2 Nr. 2 SGB II, deren Rahmen nicht überschritten worden ist, auszufüllen ist (unter a). Die Studienreise nach London ist keine Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Sachsen-Anhalt (unter b – h). Auch andere Anspruchsgrundlagen für die begehrte Erstattung sind nicht gegeben (unter i).
a)
Die bundesrechtliche Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II bestimmt den abstrakten Rahmen dafür, wann Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt zu erbringen sind. Gleichwohl ist der Rechtsbegriff der "Klassenfahrt" innerhalb dieses Rahmens durch die landesschulrechtlichen Vorschriften auszufüllen. Auch wenn der Begriff der "Klassenfahrt" im Landesrecht nicht verwendet oder ausdrücklich definiert wird, bestimmt sich nach den schulrechtlichen Bestimmungen, ob die Veranstaltung wie eine mehrtägige Klassenfahrt im Leistungsrecht des SGB II zu behandeln ist. Die Leistung wird durch den bundesrechtlichen Rahmen begrenzt und durch das Landesschulrecht ausgefüllt (BSG, Urteil vom 22. November 2011 - B 4 AS 204/10 R -, juris). Der bundesrechtliche Rahmen darf zwar nicht überschritten werden, das Landesrecht regelt jedoch, welche Veranstaltungen dem Grunde nach üblich sind und in welcher Höhe Aufwendungen hierfür regional übernommen werden (BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., Rn. 14). Die Leistung ist durch die verfassungsrechtlich ausschließliche Zuständigkeit der Länder für die Schulgesetzgebung regional determiniert (BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., Rn. 17).
Die Studienreise nach London hat den bundesrechtlichen Rahmen nicht überschritten. Die Fahrt war eine mehrtägige von der Schule organisierte und durchgeführte Veranstaltung gewesen, an der mehrere Schüler teilgenommen hatten. Unter Berücksichtigung des Teilhabeziels der Regelung des § 28 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB II könnte ein Ausschluss von der Teilnahme an einer solchen Fahrt, selbst wenn nicht die gesamte Klassen- oder Jahrgangsstufe die Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hatte, auch eine Ausgrenzung aus finanziellen Gründen darstellen. Die Ausgrenzung würde innerhalb der Gruppe der zur Teilnahme berechtigten Schüler erfolgen und soll von ihren Wirkungen her ebenso vermieden werden, wie bei der Betroffenheit der Gesamtheit der Schüler einer Klasse oder Jahrgangsstufe (BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., Rn. 19).
Auch die Höhe der erforderlichen Aufwendungen für die Studienreise nach London – hier kostete die Reise 388,00 EUR während alle anderen Projekte mit keinen oder unerheblichen Kosten verbunden waren – führt nicht dazu, dass eine Überschreitung des bundesrechtlichen Rahmens anzunehmen wäre. Wie der 14. Senat des BSG bereits entschieden hat, hat der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die tatsächlichen Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt ohne Beschränkung auf einen Höchstbetrag zu übernehmen, wenn die Veranstaltung im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen stattfindet und das Schulrecht selbst keine Kostenobergrenze vorsieht (BSG, Urteil vom 13. November 2008 - B 14 AS 36/07 R -; BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., jeweils juris). Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass das Gesetz selbst keine bundesrechtliche Begrenzung der zu übernehmenden Aufwendungen vornimmt, weder durch eine Umschreibung etwa mit dem Begriff der "Angemessenheit", noch mittels einer Pauschalierung. Zudem ist die Übernahme der tatsächlichen Kosten - soweit rechtlich zulässig durch die Schule veranlasst - die materielle Seite des "Teilhabegedankens". In der Gesetzesbegründung zu § 28 SGB II wird insoweit betont, dass die Regelung dazu diene, die reale und gleichberechtigte Teilnahme durch Übernahme der Kosten in tatsächlicher Höhe zu gewährleisten. Die Vorschrift soll die gleichberechtigte Teilnahme aller Schülerinnen und Schüler an diesen Veranstaltungen ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation ihrer Eltern sicherstellen. Weil das Fernbleiben von schulischen Gemeinschaftsveranstaltungen Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklungsphase besonders nachhaltig negativ prägen kann, dient die Vorschrift in besonderem Maße der Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (BT-Drucks. 17/3404 S. 104). Auch das Landesrecht von Sachsen-Anhalt und hier insbesondere der MK-RdErl. enthalten keine Kostengrenze.
b)
Damit ist zu entscheiden, ob die Veranstaltung im schulrechtlichen Rahmen des Landes Sachsen-Anhalt einer mehrtägigen Klassenfahrt entspricht. Das ist hier nicht der Fall.
Im Schulgesetz für das Land Sachsen-Anhalt (SchulG LSA) ist der Begriff "Klassenfahrt" nicht definiert. Es findet sich lediglich eine Verpflichtung der Lehrer zur Übernahme von Klassenfahrten nach § 30 Abs. 3 Satz 4 i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr. 8 SchulG LSA (vgl. Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3. August 2010 - 2 Sa 437/09 -, juris).
Systematisch differenziert das sachsen-anhaltinische Schulrecht, soweit es mehrtägige schulische Veranstaltungen als pädagogisch sinnvoll erkennt, nicht zwischen "Klassenfahrten" und sonstigen Veranstaltungen. Auf Grundlage des die Rechte und Pflichten der Gesamtkonferenzen regelnden § 27 SchulG LSA gestalten und koordinieren diese die Erziehungs- und Unterrichtsarbeit im Rahmen der gesamten Schule. Sie beraten und beschließen über alle wesentlichen Angelegenheiten der Schule, die ein Zusammenwirken von Lehrerinnen und Lehrern, Erziehungsberechtigten sowie Schülerinnen und Schülern erfordern. Dazu gehören insbesondere grundsätzliche Fragen der Erziehungs- und Unterrichtsarbeit der Schule, pädagogische Konzepte und Grundsätze (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 SchulG LSA), die Regelung schulischer Veranstaltungen (§ 27 Abs. 1 Nr. 5 SchulG LSA) und wichtige Fragen der Zusammenarbeit mit außerschulischen Einrichtungen (§ 27 Abs. 1 Nr. 16 SchulG LSA). Damit delegiert das sachsen-anhaltinische Schulrecht die Frage, ob und welche schulischen - auch außerunterrichtlichen - Veranstaltungen durchgeführt werden, an die einzelne Schule. Die Durchführung einer Schulfahrt erfordert die Genehmigung der Gesamtlehrer- und Schulkonferenz sowie des Schulleiters (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 7. Dezember 2016 – L 5 AS 461/14 –, Rn. 28, juris).
Dies folgt auch aus den hier anwendbaren Richtlinien für Schulwanderungen und Schulfahrten des MK-RdErl. Da die Schulen gem. Ziffer 2 des MK-RdErl. über die Durchführung von Schulfahrten in eigener Verantwortung und unter Beachtung der dort genannten Gesichtspunkte in eigener Verantwortung entscheiden, ist als Maßstab auch auf die Wahrnehmung der Entscheidungsbefugnis am Gymnasium Q. selbst abzustellen. Allein die durch die schulrechtlichen Bestimmungen geprägte Realität des Schulalltags rechtfertigt daher die Übernahme der tatsächlichen Kosten durch staatliche Transferleistungen, also derjenigen, die nach den jeweiligen pädagogischen Vorstellungen in den einzelnen Bundesländern "üblich" sind (BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., Rn. 18).
c)
Bei der Studienreise nach London handelte es sich nicht um eine Schulfahrt im Klassenverband der Schulklasse oder Kursstufe der Klägerin. Die schulrechtlichen Bestimmungen sehen insoweit die Schulfahrt im Klassen- oder Kursverband als Regelfall vor (Ziffer 4.1 des MK-RdErl.). Denn die Schulfahrten sollen insbesondere die Festigung des Klassenverbandes fördern (Ziffer 1 des MK-RdErl.). Dies war hier nicht das Ziel. Denn es konnte nicht die gesamte Klasse teilnehmen, sondern nur diejenigen Schüler der Klassen 10 bis 12, die sich als erste in die ausgehängte Liste eingetragen und hiernach rechtzeitig eine Kostenübernahme-Erklärung der Eltern beigebracht hatten. Von den ca. 25 Schülern der Klasse der Klägerin waren 10 und insgesamt 44 Schüler der Klassen 10 bis 12 nach London gefahren. Nicht alle Schüler der Klasse der Klägerin konnten mit nach London fahren, selbst wenn sie hätten teilnehmen wollen. Auch die Klägerin konnte nur deshalb teilnehmen, weil sie sich schnell genug eingetragen und ihr Vater zugesagt hatte, die entstehenden Kosten zu tragen. Soweit die Klägerin in ihrem letzten Schriftsatz vom 11. November 2019 bemängelt, das Gymnasium könne die Erklärung des Vaters aufgrund einer unzureichenden Aktenführung nicht mehr vorlegen, ist dies für die Entscheidung des Senats nicht erheblich. Auch die exakten damaligen Schülerzahlen der Schule und ihrer Jahrgangsstufen 10 bis12 sowie die genauen Teilnehmerzahlen an den einzelnen Projekten waren für die Entscheidung des Senats nicht erheblich, so dass eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht erforderlich war.
d)
Allerdings kann auch ein Ausschluss von der Teilnahme an einem Schüleraustausch, selbst wenn nicht die gesamte Klassen- oder Jahrgangsstufe die Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, eine Ausgrenzung aus finanziellen Gründen darstellen (BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., Rn. 18 - 19). Insoweit muss dem Sinn und Zweck des § 28 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB II Rechnung getragen werden. Die Ausgrenzung innerhalb der Gruppe der zur Teilnahme ausgewählten Schüler soll von ihren Wirkungen her ebenso vermieden werden, wie bei der Betroffenheit der Gesamtheit der Schüler einer Klasse oder Jahrgangsstufe (BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., Rn. 18 - 19).
Das Regelungsziel, eine Ausgrenzung aus finanziellen Gründen zu verhindern, spiegelt sich als Ziel in Ziffer 4.1 des MK-RdErl. wider, wenn ausnahmsweise eine Schulfahrt ermöglicht wird, die nicht im Klassenverband stattfindet. Denn dies setzt begrenzend eine Besonderheit der Veranstaltung voraus, die einen hiervon abweichenden Kreis der Teilnehmenden erforderlich macht. Als Beispiele werden genannt: klassen- und jahrgangsübergreifende schulische Veranstaltungen, Proben- und Trainingslager, Fahrten im Rahmen schulischer Projekte und anderes.
Eine solche Ausgrenzung ist hier jedoch nicht zu befürchten gewesen.
Eine Besonderheit der Veranstaltung, die eine klassen- und jahrgangsübergreifende Reise erforderlich gemacht hätte, ist nicht ersichtlich. Als solche kommen aus Sicht des Senats in Betracht z. B. Chorfahrten, wenn die Kinder Mitglied im Schulchor sind, oder Theaterbesuche, wenn die Kinder an einer Theater-AG teilnehmen. Ebenso könnten in der Schule gemeinsam sportlich aktive Kinder als eine klassenübergreifende Schulgruppe anerkannt werden. Vorliegend ging es aber nicht um eine hiermit vergleichbare Projektfahrt eines klassenübergreifenden Englischunterrichts oder einer Englisch-AG, sondern es wurde allein auf das Interesse an einer Studienreise nach London abgestellt. Vor diesem Hintergrund hatte die Fahrt auch keinerlei Bezug zum Englischunterricht der Klägerin. Eine solche Verknüpfung dürfte auch problematisch sein, da allein aus Kapazitätsgründen nicht alle Schüler an dieser Fahrt teilnehmen konnten. Die einzige Besonderheit der Studienreise nach London war es, dass sie – bei Erfüllung bestimmten Bedingungen: schneller Eintrag auf der Liste und Kostenübernahme durch die Eltern – als Projekt im Rahmen einer Projektwoche zur Auswahl gestellt wurde. Dies ergibt sich aus der Auskunft der Fachlehrerin J. vom 28. August 2019.
Die Studienreise nach London ließe sich damit auch dann nicht unter den Begriff der Klassenfahrt subsumieren, wenn man es für hinreichend hielte, dass die Schülergruppe durch einen gemeinsamen wöchentlichen Unterricht seit einiger Zeit miteinander verbunden ist (so Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22. Februar 2017 – L 13 AS 74/17 B ER –, Rn. 4, juris). Dies könnte einen besonderen Grund für die Teilnahme der Klägerin darstellen. Eine solche gemeinsame Unterrichtszeit fand hier jedoch ebenfalls ausweislich der Auskunft der Fachlehrerin J. vom 28. August 2019 im Vorlauf der Projektwoche gerade nicht statt. Danach wurden die Schüler durch bloße Eintragung auf der Liste aus mehreren Klassen und Stufen "zusammengewürfelt" worden, ohne dass eine vorherige gemeinsame Verbundenheit festzustellen gewesen wäre. Insoweit greift hier das Teilhabeziel der Regelung des § 28 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB II auch unter diesem Gesichtspunkt nicht.
e)
Selbst wenn man eine hinreichende Besonderheit der Veranstaltung darin erkennen würde, dass es sich bei der Studienreise nach London um ein – bei Erfüllung der Voraussetzungen – frei wählbares Projekt der Projektwoche gehandelt hatte, machte es diese Besonderheit nicht erforderlich i.S. von Ziffer 4.1 des MK-RdErl., dass eine klassen- und jahrgangsübergreifende Reise ermöglicht wird. Zwar konnten die Schüler mit der Studienreise nach London die Teilnahme an der Projektwoche sicherstellen und das Lernziel der Projektwoche erreichen. Jedoch stellte die Reise nicht die einzige zumutbare Möglichkeit zur Erreichung dieses Ziels dar. Vielmehr gab es mehrere andere Projekte, über die ebenso das Lernziel der Projektwoche ohne Weiteres erreicht werden konnte. Insoweit ist auf die Auskunft des Schulleiters des Gymnasiums Q. vom 5. September 2019 hinzuweisen. Soweit die Klägerin diese Auskunft dahingehend kritisiert, die Antwort sei zu indifferent, führt dies nicht zu einer anderen Wertung. Der Senat hält die eingeholte Einschätzung des Schulleiters aufgrund seiner fachlichen Kompetenz für überzeugend, ohne dass eine detaillierte Erläuterung erforderlich wäre. Es ist ohne weitere Anhaltspunkte auch nicht davon auszugehen, dass die Schule ihren Schülern ungeeignete Projekte angeboten hat. Eine weitere diesbezügliche Sachaufklärung war daher auch insoweit von Amts wegen nicht geboten.
Auch vor diesem Hintergrund sind keine Besonderheiten der Veranstaltung erkennbar, die einen vom Klassenverband abweichenden Kreis der Teilnehmenden erforderlich machen würden. Nur dann wäre unter Berücksichtigung der schulrechtlichen Bestimmungen von einer Schulfahrt i.S.d. MK-RdErl. auszugehen.
Zudem fehlt es schon für die Annahme einer Schulfahrt an der verpflichtenden Teilnahme der Schüler. Gem. Ziffer 4.2 des MK-RdErl. sind die Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme an Schulfahrten verpflichtet. Nur in begründeten Ausnahmefällen ist eine Befreiung von der Pflicht zur Teilnahme möglich. Hier ist bereits keine Verpflichtung zur Teilnahme feststellbar, so dass seitens der Schule auch keine Befreiungsregelungen getroffen werden mussten. Ausweislich der Aufforderung zur Anmeldung bis zum 1. Oktober 2014 bei der Fachlehrerin J. handelte es sich um ein freiwilliges Angebot für die Schüler. Es wurde in der Aufforderung zur Anmeldung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nur 44 Plätze vorhanden seien und dass nur die Schüler zum Zuge kämen, die sich zuerst melden ("First come, first served."). In dieser Aufforderung wurde die Reise auch nicht als Projekt bezeichnet, sondern es wurde mitgeteilt, dass die Reise in der Projektwoche des Schuljahres 2014/2015 stattfinde. Aus der Formulierung, dass sich mehr als 44 Teilnehmer in die Liste eintragen könnten, da regelmäßig unzuverlässige Schüler wieder absagen würden, ist zu entnehmen, dass gerade keine Verpflichtung zur Teilnahme bestand, selbst wenn sich ein Schüler in die Liste eintragen sollte. In diesem Fall konnte er ohne Weiteres auch an einem anderen Projekt der Projektwoche teilnehmen. Dies dürfte jedenfalls dann der Fall gewesen sein, wenn die Erziehungsberechtigten die Anmeldung nicht unterschreiben und damit auch den Reisepreis, der mit 388,00 EUR in der Aufforderung zur Anmeldung angegeben wird, nicht bezahlen wollten. Eine Absage der Reise durch den Schüler war dann noch möglich. Daraus wird klar ersichtlich, dass es sich um eine Fahrt handelte, an der nicht alle Schüler teilnehmen sollten. Auf die genauen Schülerzahlen kam es in diesem Zusammenhang nicht an.
Es gab nach den obigen Erwägungen keinen besonderen Grund für die Teilnahme der Klägerin, so dass es auch aus Gründen der Gleichbehandlung nicht geboten war, dass ihre Kosten durch den Beklagten finanziert werden. Eine Kostenübernahme durch den Beklagten würde vor diesem Hintergrund ohne sachlichen Grund zur Bevorzugung gegenüber anderen Schülern führen, deren Eltern die Kosten nicht aufbringen wollten oder konnten, die sich aber ebenfalls für die Londonfahrt entschieden hätten.
f)
Offen bleiben kann, ob der für die Annahme einer Klassenfahrt erforderliche Beschluss der Gesamtkonferenz der Schule existierte. Nach Nr. 2 des MK-RdErl. legt die Gesamtkonferenz unter Berücksichtigung der allgemeinen Zielstellungen und der finanziellen Möglichkeiten die Kostenobergrenze und auf Vorschlag der Schulleitung die jeweilige Dauer fest. Die Kostenobergrenze ist so zu bestimmen, dass die Erziehungsberechtigten nicht unzumutbar belastet werden. Ein solches Verfahren habe hier ausweislich der Äußerungen des Schulleiters des Gymnasiums Q. vom 5. September 2019 sowie der Fachlehrerin J. vom 28. August 2019 nicht stattgefunden. Vielmehr habe die Fachlehrerin die Studienreise nach London in Eigenregie angeboten und eine Teilnahme von der Übernahme eines von ihr angegebenen Kostenbetrags abhängig gemacht.
Der Senat musste dieser Frage aber nicht weiter nachgehen. Selbst wenn man einen vorliegenden Beschluss der Gesamtkonferenz unterstellte, würde es sich allerdings auch aufgrund der obigen Erwägungen nicht um eine Klassenfahrt i.S.d. § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II handeln.
g)
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Bestätigung des Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 26. Januar 2018 durch den Schulleiter. Es ist zwar zutreffend, dass ein Fernbleiben von der Projektwoche mit der Schulpflicht nicht vereinbar gewesen wäre. Deutlich ersichtlich ist aber, dass die Schulpflicht auch erfüllt würde, wenn sich die Schüler für eines der anderen Projekte angemeldet hätten. Die Klägerin hat weder substantiiert vorgetragen noch ist es erkennbar, dass die anderen Projekte für sie unzumutbar gewesen wären. Davon ist auch unter Berücksichtigung der Äußerungen des Schulleiters des Gymnasiums Q. vom 5. September 2019 nicht auszugehen. Dieser hat mitgeteilt, es habe "auf jeden Fall andere geeignete Projekte" gegeben. Insoweit kann es jedoch nicht der Wahlfreiheit der Klägerin überlassen bleiben, wie sie ihre Schulpflicht erfüllt. Denn dann würde sie gegenüber anderen Kindern, deren Eltern die Fahrt nicht finanzieren, bevorteilt. Diese Kinder hätten keinen Anspruch auf Finanzierung der Ausübung ihrer Wahlfreiheit i. S. einer Studienreise nach London durch Transferleistungen. Unerheblich ist, dass der Schulleiter gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schreiben vom 26. Januar 2018 bestätigt hat, dass die teilnehmenden Lehrer die Fahrt als Dienstreise unternommen haben.
h)
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus Nr. 7 des MK-RdErl. Hiernach werden Unterricht und unterrichtsergänzende Schulveranstaltungen an einem anderen Lernort, z.B. Auslandsaufenthalte im Rahmen von Schulpartnerschaften und von bi- und multinationalen Programmen sowie Ski-Kompaktkursen, von den Regelungen des MK-RdErl ausgenommen. Um eine solche Unterrichtsveranstaltung handelte es sich bei der Londonfahrt nicht.
i)
Auch ein Anspruch aus § 28 Abs. 5 SGB II auf Übernahme der Kosten ist nicht gegeben. Hiernach wird bei Schülerinnen und Schülern eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgestellten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Dies ist hier ausgeschlossen, da bereits nicht ersichtlich ist, welche konkreten Lernziele für die Klägerin damit verbunden gewesen wären. Insofern ist auch darauf hinzuweisen, dass andere Kinder aus ihrem Klassenverband gerade nicht an der Fahrt teilnehmen konnten oder teilnahmen. Damit wären diese Kinder von den wesentlichen Lernzielen ausgeschlossen gewesen, was weder behauptet noch ersichtlich ist. Ausnahmsweise könnte eine solche Lernförderung der Klägerin im Sinne einer Nachhilfe im Fach Englisch gegeben sein, wenn sie angemessen gewesen wäre, um die Klägerin wieder an den Klassenverband heranzuführen. Auch dies ist jedoch nicht der Fall gewesen. Nach Auskunft der Fachlehrerin J. vom 28. August 2019 gab es gerade keine besonderen unterrichtsbezogenen Gründe für eine Teilnahme der Klägerin.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten für eine Projektfahrt nach London.
Die am ... 1998 geborene Klägerin nahm als Schülerin der 10. Klasse des Gymnasiums Q. vom 6. bis 11. Juli 2015 (Montag bis Samstag) an einer Studienreise nach London teil. Die Reise fand im Rahmen der Projektwoche der Schule statt. 44 Plätze waren für die Schüler der Klassen 10 bis 12 vorhanden. Die Kosten für die Fahrt beliefen sich auf 388,00 EUR. Nach einem Aushang der Fachlehrerin J. waren die einzigen Voraussetzungen für die Teilnahme an dem Projekt "Londonfahrt" die Eintragung auf einer Liste sowie eine unterzeichnete Teilnahmeerklärung der Eltern. Wer hiernach zuerst in der Liste stand, konnte teilnehmen ("first come, first served"). Die Bezahlung durch den Vater der Klägerin erfolgte als Anzahlung am 29. Oktober 2014 (48,00 Euro) und als Restzahlung am 4. Mai 2015.
Die Klägerin befand sich im Juli 2015 aufgrund des Bescheides vom 24. Februar 2015 im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der Vater beantragte als ihr gesetzlicher Vertreter unter dem 24. Oktober 2014 die Übernahme der Kosten i.H.v. ca. 400,00 EUR. Der Antrag ging bei der Beklagten am 12. November 2014 ein. Nach Einholung einer telefonischen Auskunft bei der für die Londonfahrt verantwortlichen Fachlehrerin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 26. November 2014 eine Kostenübernahme ab. Die Fahrt falle nicht unter die schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Sachsen-Anhalt. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, es sei nicht maßgebend, dass die gesamte Klasse teilnehme, sondern dass es sich – wie hier – um eine von der Schule organisierte Fahrt gehandelt habe, die üblicherweise am Ort der Schule angeboten werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück, da die Studienreise für die Klägerin nicht verpflichtend gewesen sei. Es habe sich gerade nicht um eine Klassenfahrt gehandelt. Eine Ausgrenzung der Klägerin bei Nichtteilnahme sei nicht zu befürchten gewesen, da ein Großteil der Schüler gar nicht teilgenommen habe.
Die Klägerin hat am 8. Juni 2015 Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Es sei zur Vermeidung einer Diskriminierung an der Schule erforderlich, dass sie auch an nicht verpflichtenden Veranstaltungen teilnehmen könne. Es komme einer Kennzeichnung der SGB II–leistungsberechtigten Schüler gleich, wenn sie von derartigen Angeboten ausgeschlossen seien. Bei der Projektfahrt habe es sich um eine im Rahmen der Projektwoche durchgeführte Reise und damit um einen Teil der schulischen Ausbildung gehandelt. Der Beklagte hat erwidert, nach den schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Sachsen-Anhalt sei die Studienreise gerade keine verpflichtende Klassenfahrt gewesen. Die Teilnahme an der Reise sei freigestellt gewesen. Das SG hat auf der Internetseite des Gymnasiums festgestellt, dass im Schuljahr 2014/15 vier 10. und jeweils drei 11. und 12. Klassen mit insgesamt mehr als 200 Schülern beschult wurden.
Mit Urteil vom 26. Januar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II i.H.v. 388,00 EUR für die Teilnahme an der Studienreise nach London. Bei dieser handele es sich nicht um eine mehrtägige Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Sachsen-Anhalt. Insoweit sei auf die Richtlinien für Schulwanderungen und Schulfahrten (Runderlass des Ministeriums für Kultur vom 6. April 2013 – 22-82021, SVBl. LSA 2013, Seite 59 ff., im Folgenden: MK-RdErl.) abzustellen. Der Begriff Klassenfahrt finde sich hier zwar nicht. Nach Nr. 4 der Richtlinien würden Schulfahrten aber als schulische Veranstaltung in der Regel im Klassen- und Kursverband durchgeführt, soweit nicht Besonderheiten der Veranstaltung einen hiervon abweichenden Kreis der Teilnehmenden erforderlich machten. Kennzeichnend für Schulausflüge und Klassenfahrten sei es daher, dass sie in schulischer Verantwortung organisiert und durchgeführt würden und verpflichtend seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Die Studienreise sei von der Schule zwar angeordnet und durchgeführt worden. Es habe jedoch nicht in der Besonderheit der Veranstaltung gelegen, dass die Fahrt einen vom Klassenverband abweichenden Kreis der Teilnehmenden erforderlich gemacht habe. Vielmehr sei die Besonderheit der Veranstaltung die Gestaltung der Reise als Angebot. Es habe sich um ein klassen- und jahrgangsübergreifendes schulisches Angebot gehandelt, das sich an interessierte Schüler gerichtet habe, die sich freiwillig entscheiden konnten. Dies ergebe sich schon aus der Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze. Für ca. 200 Schüler habe es 44 Plätze gegeben. Daraus folge, dass eine Ausgrenzung oder Diskriminierung der nicht teilnehmenden Schüler nicht zu erwarten gewesen sei.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 1. Februar 2017 zugestellte Urteil am 1. März 2017 zunächst Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Hierzu hat sie unter Vorlage eines Anwaltsschreiben, welches der Schulleiter des Gymnasiums am 26. Januar 2018 unterzeichnet hat, vorgetragen: Es habe sich bei der Fahrt um eine solche im Rahmen der Projektwoche der Schule gehandelt, womit sich das SG nicht hinreichend auseinandergesetzt habe. Die Schüler seien verpflichtet gewesen, die Unterrichtszeiten im Rahmen der jeweiligen Projekte zu besuchen, um ihrer Schulpflicht nachzukommen. Freiwillig sei es für jeden Schüler nur gewesen, sich für ein ihn interessierendes Projekt zu bewerben. Die Teilnahme an mindestens einem Projekt sei für jeden Schüler aber verpflichtend gewesen. Eine Nichtteilnahme wäre einem unentschuldigten Fernbleiben vom Unterricht gleichgekommen. Die Studienfahrt habe innerhalb der Projektwoche stattgefunden. Dabei seien die teilnehmenden Schüler so zu behandeln, als hätten sie während der Projektwoche an einem Projekt in der Schule teilgenommen. Insofern sei die Studienreise nach London den Projekten innerhalb der Projektwoche vollkommen gleichgestellt gewesen. Bei der Studienfahrt habe es sich um eine Schulfahrt gehandelt. Die teilnehmenden Lehrer hätten diese als Dienstreise ordnungsgemäß angemeldet und abgerechnet. Selbst wenn aufgrund der Kapazitätsgrenzen nicht die gesamte Klassen- oder Jahrgangstufe die Möglichkeit zur Teilnahme gehabt habe, stelle der Ausschluss von der Teilnahme auch eine Ausgrenzung aus finanziellen Gründen dar. In einem vergleichbaren Fall habe das Bundessozialgericht (BSG) bei einer Klassenfahrt zugunsten des Schülers entschieden, bei der es ebenfalls freigestanden habe, an der Fahrt teilzunehmen. Dies gelte auch dann, wenn nicht die gesamte Klassen- oder Jahrgangsstufe teilnehme könne. Die Teilnahme an einer mehrtägigen Schulfahrt, die neben anderen Schulveranstaltungen gleichberechtigt zur Auswahl gestellt worden sei, entspreche der Teilnahme an einer verbindlichen Schulveranstaltung.
Der Senat hat mit Beschluss vom 25. Februar 2019 die Berufung zugelassen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 26. Januar 2017 sowie den Bescheid des Beklagten vom 26. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 6. bis 11. Juli 2015 ihr 388,00 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat erwidert, die Klägerin sei weder verpflichtet gewesen, sich für die Studienreise nach London anzumelden, noch an der Fahrt teilzunehmen. Eine Verpflichtung zur Teilnahme aus der zuvor erfolgten - freiwilligen - Anmeldung zu dem Projekt zu konstruieren, erscheine nicht zielführend. Ebenso sei das Argument, die Klägerin habe mit der Teilnahme ihre Schulpflicht erfüllt, nicht überzeugend. Denn ihre Schulpflicht hätte sie auch mit der Teilnahme an anderen Angeboten erfüllen können. Vorliegend habe es keine Ausgrenzung gegeben, weil auch andere Schüler sich nicht für die Fahrt angemeldet hätten. Es hätten auch Kinder nicht teilgenommen, die keine Leistungen beziehen. In dem vom BSG entschiedenen Fall habe es bei einer Klassenfahrt mehr freie Plätze als Teilnehmer gegeben. Im vorliegenden Fall habe es sich dagegen um ein Angebot für mehrere Klassen/Jahrgangstufen mit begrenzten Plätzen gehandelt.
Der Senat hat Auskünfte des Schulleiters des Gymnasiums Q. W. vom 5. September 2019 und der Fachlehrerin J. vom 28. August 2019 eingeholt. Die Klägerin hat dazu weitere Ausführungen gemacht, wegen der auf den Schriftsatz vom 11. November 2019 verwiesen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der sich anschließenden Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Senat zugelassene und damit statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 145 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz – SGG), aber nicht begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein der Anspruch der Klägerin nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 SGB II auf Erstattung der Kosten, die ihr durch die vom 6. bis 11. Juli 2015 im Rahmen einer Projektwoche durchgeführten Studienreise nach London entstanden sind. Bei diesem Anspruch handelt es sich um einen Individualanspruch desjenigen, der den entsprechenden Bedarf geltend macht, der isoliert gerichtlich durchgesetzt werden kann (BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 14 AS 6/09 R - juris). Der Beklagte hat mit Bescheid vom 26. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2015 einen Anspruch auf Leistungen verneint. Die Klägerin hat sich mit ihrer Klage allein auf diese Leistungen bezogen und verfolgt ihr Begehren im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage weiter (BSG, Urteil vom 22. November 2011 - B 4 AS 204/10 R - juris sowie SozR 4-4200 § 23 Nr. 15, Rn. 10).
2.
Das SG hat mit seinem Urteil vom 26. Januar 2017 zutreffend entschieden, dass die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der ihr für die Studienreise nach London entstandenen Kosten i.H.v. 388,00 EUR hat.
Die Klägerin war zwar leistungsberechtigt i.S. d. § 7 Abs. 1 SGB II. Sie hatte zum Zeitpunkt der Entstehung des Bedarfs, also während der Durchführung der Studienreise, aufgrund einer bestandskräftigen Bewilligung des Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten war die Klägerin auch tatsächlich hilfebedürftig.
Jedoch handelte es sich bei der Studienreise nicht um eine mehrtägige Klassenfahrt i.S.v. § 28 Abs. 2 Nr. 2 SGB II. Hiernach werden bei Schülerinnen und Schülern die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Dies folgt aus den landesschulrechtlichen Bestimmungen, mit denen die bundesrechtliche Regelung des § 28 Abs. 2 Nr. 2 SGB II, deren Rahmen nicht überschritten worden ist, auszufüllen ist (unter a). Die Studienreise nach London ist keine Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Sachsen-Anhalt (unter b – h). Auch andere Anspruchsgrundlagen für die begehrte Erstattung sind nicht gegeben (unter i).
a)
Die bundesrechtliche Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II bestimmt den abstrakten Rahmen dafür, wann Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt zu erbringen sind. Gleichwohl ist der Rechtsbegriff der "Klassenfahrt" innerhalb dieses Rahmens durch die landesschulrechtlichen Vorschriften auszufüllen. Auch wenn der Begriff der "Klassenfahrt" im Landesrecht nicht verwendet oder ausdrücklich definiert wird, bestimmt sich nach den schulrechtlichen Bestimmungen, ob die Veranstaltung wie eine mehrtägige Klassenfahrt im Leistungsrecht des SGB II zu behandeln ist. Die Leistung wird durch den bundesrechtlichen Rahmen begrenzt und durch das Landesschulrecht ausgefüllt (BSG, Urteil vom 22. November 2011 - B 4 AS 204/10 R -, juris). Der bundesrechtliche Rahmen darf zwar nicht überschritten werden, das Landesrecht regelt jedoch, welche Veranstaltungen dem Grunde nach üblich sind und in welcher Höhe Aufwendungen hierfür regional übernommen werden (BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., Rn. 14). Die Leistung ist durch die verfassungsrechtlich ausschließliche Zuständigkeit der Länder für die Schulgesetzgebung regional determiniert (BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., Rn. 17).
Die Studienreise nach London hat den bundesrechtlichen Rahmen nicht überschritten. Die Fahrt war eine mehrtägige von der Schule organisierte und durchgeführte Veranstaltung gewesen, an der mehrere Schüler teilgenommen hatten. Unter Berücksichtigung des Teilhabeziels der Regelung des § 28 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB II könnte ein Ausschluss von der Teilnahme an einer solchen Fahrt, selbst wenn nicht die gesamte Klassen- oder Jahrgangsstufe die Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hatte, auch eine Ausgrenzung aus finanziellen Gründen darstellen. Die Ausgrenzung würde innerhalb der Gruppe der zur Teilnahme berechtigten Schüler erfolgen und soll von ihren Wirkungen her ebenso vermieden werden, wie bei der Betroffenheit der Gesamtheit der Schüler einer Klasse oder Jahrgangsstufe (BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., Rn. 19).
Auch die Höhe der erforderlichen Aufwendungen für die Studienreise nach London – hier kostete die Reise 388,00 EUR während alle anderen Projekte mit keinen oder unerheblichen Kosten verbunden waren – führt nicht dazu, dass eine Überschreitung des bundesrechtlichen Rahmens anzunehmen wäre. Wie der 14. Senat des BSG bereits entschieden hat, hat der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die tatsächlichen Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt ohne Beschränkung auf einen Höchstbetrag zu übernehmen, wenn die Veranstaltung im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen stattfindet und das Schulrecht selbst keine Kostenobergrenze vorsieht (BSG, Urteil vom 13. November 2008 - B 14 AS 36/07 R -; BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., jeweils juris). Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass das Gesetz selbst keine bundesrechtliche Begrenzung der zu übernehmenden Aufwendungen vornimmt, weder durch eine Umschreibung etwa mit dem Begriff der "Angemessenheit", noch mittels einer Pauschalierung. Zudem ist die Übernahme der tatsächlichen Kosten - soweit rechtlich zulässig durch die Schule veranlasst - die materielle Seite des "Teilhabegedankens". In der Gesetzesbegründung zu § 28 SGB II wird insoweit betont, dass die Regelung dazu diene, die reale und gleichberechtigte Teilnahme durch Übernahme der Kosten in tatsächlicher Höhe zu gewährleisten. Die Vorschrift soll die gleichberechtigte Teilnahme aller Schülerinnen und Schüler an diesen Veranstaltungen ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation ihrer Eltern sicherstellen. Weil das Fernbleiben von schulischen Gemeinschaftsveranstaltungen Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklungsphase besonders nachhaltig negativ prägen kann, dient die Vorschrift in besonderem Maße der Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (BT-Drucks. 17/3404 S. 104). Auch das Landesrecht von Sachsen-Anhalt und hier insbesondere der MK-RdErl. enthalten keine Kostengrenze.
b)
Damit ist zu entscheiden, ob die Veranstaltung im schulrechtlichen Rahmen des Landes Sachsen-Anhalt einer mehrtägigen Klassenfahrt entspricht. Das ist hier nicht der Fall.
Im Schulgesetz für das Land Sachsen-Anhalt (SchulG LSA) ist der Begriff "Klassenfahrt" nicht definiert. Es findet sich lediglich eine Verpflichtung der Lehrer zur Übernahme von Klassenfahrten nach § 30 Abs. 3 Satz 4 i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr. 8 SchulG LSA (vgl. Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3. August 2010 - 2 Sa 437/09 -, juris).
Systematisch differenziert das sachsen-anhaltinische Schulrecht, soweit es mehrtägige schulische Veranstaltungen als pädagogisch sinnvoll erkennt, nicht zwischen "Klassenfahrten" und sonstigen Veranstaltungen. Auf Grundlage des die Rechte und Pflichten der Gesamtkonferenzen regelnden § 27 SchulG LSA gestalten und koordinieren diese die Erziehungs- und Unterrichtsarbeit im Rahmen der gesamten Schule. Sie beraten und beschließen über alle wesentlichen Angelegenheiten der Schule, die ein Zusammenwirken von Lehrerinnen und Lehrern, Erziehungsberechtigten sowie Schülerinnen und Schülern erfordern. Dazu gehören insbesondere grundsätzliche Fragen der Erziehungs- und Unterrichtsarbeit der Schule, pädagogische Konzepte und Grundsätze (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 SchulG LSA), die Regelung schulischer Veranstaltungen (§ 27 Abs. 1 Nr. 5 SchulG LSA) und wichtige Fragen der Zusammenarbeit mit außerschulischen Einrichtungen (§ 27 Abs. 1 Nr. 16 SchulG LSA). Damit delegiert das sachsen-anhaltinische Schulrecht die Frage, ob und welche schulischen - auch außerunterrichtlichen - Veranstaltungen durchgeführt werden, an die einzelne Schule. Die Durchführung einer Schulfahrt erfordert die Genehmigung der Gesamtlehrer- und Schulkonferenz sowie des Schulleiters (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 7. Dezember 2016 – L 5 AS 461/14 –, Rn. 28, juris).
Dies folgt auch aus den hier anwendbaren Richtlinien für Schulwanderungen und Schulfahrten des MK-RdErl. Da die Schulen gem. Ziffer 2 des MK-RdErl. über die Durchführung von Schulfahrten in eigener Verantwortung und unter Beachtung der dort genannten Gesichtspunkte in eigener Verantwortung entscheiden, ist als Maßstab auch auf die Wahrnehmung der Entscheidungsbefugnis am Gymnasium Q. selbst abzustellen. Allein die durch die schulrechtlichen Bestimmungen geprägte Realität des Schulalltags rechtfertigt daher die Übernahme der tatsächlichen Kosten durch staatliche Transferleistungen, also derjenigen, die nach den jeweiligen pädagogischen Vorstellungen in den einzelnen Bundesländern "üblich" sind (BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., Rn. 18).
c)
Bei der Studienreise nach London handelte es sich nicht um eine Schulfahrt im Klassenverband der Schulklasse oder Kursstufe der Klägerin. Die schulrechtlichen Bestimmungen sehen insoweit die Schulfahrt im Klassen- oder Kursverband als Regelfall vor (Ziffer 4.1 des MK-RdErl.). Denn die Schulfahrten sollen insbesondere die Festigung des Klassenverbandes fördern (Ziffer 1 des MK-RdErl.). Dies war hier nicht das Ziel. Denn es konnte nicht die gesamte Klasse teilnehmen, sondern nur diejenigen Schüler der Klassen 10 bis 12, die sich als erste in die ausgehängte Liste eingetragen und hiernach rechtzeitig eine Kostenübernahme-Erklärung der Eltern beigebracht hatten. Von den ca. 25 Schülern der Klasse der Klägerin waren 10 und insgesamt 44 Schüler der Klassen 10 bis 12 nach London gefahren. Nicht alle Schüler der Klasse der Klägerin konnten mit nach London fahren, selbst wenn sie hätten teilnehmen wollen. Auch die Klägerin konnte nur deshalb teilnehmen, weil sie sich schnell genug eingetragen und ihr Vater zugesagt hatte, die entstehenden Kosten zu tragen. Soweit die Klägerin in ihrem letzten Schriftsatz vom 11. November 2019 bemängelt, das Gymnasium könne die Erklärung des Vaters aufgrund einer unzureichenden Aktenführung nicht mehr vorlegen, ist dies für die Entscheidung des Senats nicht erheblich. Auch die exakten damaligen Schülerzahlen der Schule und ihrer Jahrgangsstufen 10 bis12 sowie die genauen Teilnehmerzahlen an den einzelnen Projekten waren für die Entscheidung des Senats nicht erheblich, so dass eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht erforderlich war.
d)
Allerdings kann auch ein Ausschluss von der Teilnahme an einem Schüleraustausch, selbst wenn nicht die gesamte Klassen- oder Jahrgangsstufe die Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, eine Ausgrenzung aus finanziellen Gründen darstellen (BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., Rn. 18 - 19). Insoweit muss dem Sinn und Zweck des § 28 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB II Rechnung getragen werden. Die Ausgrenzung innerhalb der Gruppe der zur Teilnahme ausgewählten Schüler soll von ihren Wirkungen her ebenso vermieden werden, wie bei der Betroffenheit der Gesamtheit der Schüler einer Klasse oder Jahrgangsstufe (BSG, Urteil vom 22. November 2011, a.a.O., Rn. 18 - 19).
Das Regelungsziel, eine Ausgrenzung aus finanziellen Gründen zu verhindern, spiegelt sich als Ziel in Ziffer 4.1 des MK-RdErl. wider, wenn ausnahmsweise eine Schulfahrt ermöglicht wird, die nicht im Klassenverband stattfindet. Denn dies setzt begrenzend eine Besonderheit der Veranstaltung voraus, die einen hiervon abweichenden Kreis der Teilnehmenden erforderlich macht. Als Beispiele werden genannt: klassen- und jahrgangsübergreifende schulische Veranstaltungen, Proben- und Trainingslager, Fahrten im Rahmen schulischer Projekte und anderes.
Eine solche Ausgrenzung ist hier jedoch nicht zu befürchten gewesen.
Eine Besonderheit der Veranstaltung, die eine klassen- und jahrgangsübergreifende Reise erforderlich gemacht hätte, ist nicht ersichtlich. Als solche kommen aus Sicht des Senats in Betracht z. B. Chorfahrten, wenn die Kinder Mitglied im Schulchor sind, oder Theaterbesuche, wenn die Kinder an einer Theater-AG teilnehmen. Ebenso könnten in der Schule gemeinsam sportlich aktive Kinder als eine klassenübergreifende Schulgruppe anerkannt werden. Vorliegend ging es aber nicht um eine hiermit vergleichbare Projektfahrt eines klassenübergreifenden Englischunterrichts oder einer Englisch-AG, sondern es wurde allein auf das Interesse an einer Studienreise nach London abgestellt. Vor diesem Hintergrund hatte die Fahrt auch keinerlei Bezug zum Englischunterricht der Klägerin. Eine solche Verknüpfung dürfte auch problematisch sein, da allein aus Kapazitätsgründen nicht alle Schüler an dieser Fahrt teilnehmen konnten. Die einzige Besonderheit der Studienreise nach London war es, dass sie – bei Erfüllung bestimmten Bedingungen: schneller Eintrag auf der Liste und Kostenübernahme durch die Eltern – als Projekt im Rahmen einer Projektwoche zur Auswahl gestellt wurde. Dies ergibt sich aus der Auskunft der Fachlehrerin J. vom 28. August 2019.
Die Studienreise nach London ließe sich damit auch dann nicht unter den Begriff der Klassenfahrt subsumieren, wenn man es für hinreichend hielte, dass die Schülergruppe durch einen gemeinsamen wöchentlichen Unterricht seit einiger Zeit miteinander verbunden ist (so Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22. Februar 2017 – L 13 AS 74/17 B ER –, Rn. 4, juris). Dies könnte einen besonderen Grund für die Teilnahme der Klägerin darstellen. Eine solche gemeinsame Unterrichtszeit fand hier jedoch ebenfalls ausweislich der Auskunft der Fachlehrerin J. vom 28. August 2019 im Vorlauf der Projektwoche gerade nicht statt. Danach wurden die Schüler durch bloße Eintragung auf der Liste aus mehreren Klassen und Stufen "zusammengewürfelt" worden, ohne dass eine vorherige gemeinsame Verbundenheit festzustellen gewesen wäre. Insoweit greift hier das Teilhabeziel der Regelung des § 28 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB II auch unter diesem Gesichtspunkt nicht.
e)
Selbst wenn man eine hinreichende Besonderheit der Veranstaltung darin erkennen würde, dass es sich bei der Studienreise nach London um ein – bei Erfüllung der Voraussetzungen – frei wählbares Projekt der Projektwoche gehandelt hatte, machte es diese Besonderheit nicht erforderlich i.S. von Ziffer 4.1 des MK-RdErl., dass eine klassen- und jahrgangsübergreifende Reise ermöglicht wird. Zwar konnten die Schüler mit der Studienreise nach London die Teilnahme an der Projektwoche sicherstellen und das Lernziel der Projektwoche erreichen. Jedoch stellte die Reise nicht die einzige zumutbare Möglichkeit zur Erreichung dieses Ziels dar. Vielmehr gab es mehrere andere Projekte, über die ebenso das Lernziel der Projektwoche ohne Weiteres erreicht werden konnte. Insoweit ist auf die Auskunft des Schulleiters des Gymnasiums Q. vom 5. September 2019 hinzuweisen. Soweit die Klägerin diese Auskunft dahingehend kritisiert, die Antwort sei zu indifferent, führt dies nicht zu einer anderen Wertung. Der Senat hält die eingeholte Einschätzung des Schulleiters aufgrund seiner fachlichen Kompetenz für überzeugend, ohne dass eine detaillierte Erläuterung erforderlich wäre. Es ist ohne weitere Anhaltspunkte auch nicht davon auszugehen, dass die Schule ihren Schülern ungeeignete Projekte angeboten hat. Eine weitere diesbezügliche Sachaufklärung war daher auch insoweit von Amts wegen nicht geboten.
Auch vor diesem Hintergrund sind keine Besonderheiten der Veranstaltung erkennbar, die einen vom Klassenverband abweichenden Kreis der Teilnehmenden erforderlich machen würden. Nur dann wäre unter Berücksichtigung der schulrechtlichen Bestimmungen von einer Schulfahrt i.S.d. MK-RdErl. auszugehen.
Zudem fehlt es schon für die Annahme einer Schulfahrt an der verpflichtenden Teilnahme der Schüler. Gem. Ziffer 4.2 des MK-RdErl. sind die Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme an Schulfahrten verpflichtet. Nur in begründeten Ausnahmefällen ist eine Befreiung von der Pflicht zur Teilnahme möglich. Hier ist bereits keine Verpflichtung zur Teilnahme feststellbar, so dass seitens der Schule auch keine Befreiungsregelungen getroffen werden mussten. Ausweislich der Aufforderung zur Anmeldung bis zum 1. Oktober 2014 bei der Fachlehrerin J. handelte es sich um ein freiwilliges Angebot für die Schüler. Es wurde in der Aufforderung zur Anmeldung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nur 44 Plätze vorhanden seien und dass nur die Schüler zum Zuge kämen, die sich zuerst melden ("First come, first served."). In dieser Aufforderung wurde die Reise auch nicht als Projekt bezeichnet, sondern es wurde mitgeteilt, dass die Reise in der Projektwoche des Schuljahres 2014/2015 stattfinde. Aus der Formulierung, dass sich mehr als 44 Teilnehmer in die Liste eintragen könnten, da regelmäßig unzuverlässige Schüler wieder absagen würden, ist zu entnehmen, dass gerade keine Verpflichtung zur Teilnahme bestand, selbst wenn sich ein Schüler in die Liste eintragen sollte. In diesem Fall konnte er ohne Weiteres auch an einem anderen Projekt der Projektwoche teilnehmen. Dies dürfte jedenfalls dann der Fall gewesen sein, wenn die Erziehungsberechtigten die Anmeldung nicht unterschreiben und damit auch den Reisepreis, der mit 388,00 EUR in der Aufforderung zur Anmeldung angegeben wird, nicht bezahlen wollten. Eine Absage der Reise durch den Schüler war dann noch möglich. Daraus wird klar ersichtlich, dass es sich um eine Fahrt handelte, an der nicht alle Schüler teilnehmen sollten. Auf die genauen Schülerzahlen kam es in diesem Zusammenhang nicht an.
Es gab nach den obigen Erwägungen keinen besonderen Grund für die Teilnahme der Klägerin, so dass es auch aus Gründen der Gleichbehandlung nicht geboten war, dass ihre Kosten durch den Beklagten finanziert werden. Eine Kostenübernahme durch den Beklagten würde vor diesem Hintergrund ohne sachlichen Grund zur Bevorzugung gegenüber anderen Schülern führen, deren Eltern die Kosten nicht aufbringen wollten oder konnten, die sich aber ebenfalls für die Londonfahrt entschieden hätten.
f)
Offen bleiben kann, ob der für die Annahme einer Klassenfahrt erforderliche Beschluss der Gesamtkonferenz der Schule existierte. Nach Nr. 2 des MK-RdErl. legt die Gesamtkonferenz unter Berücksichtigung der allgemeinen Zielstellungen und der finanziellen Möglichkeiten die Kostenobergrenze und auf Vorschlag der Schulleitung die jeweilige Dauer fest. Die Kostenobergrenze ist so zu bestimmen, dass die Erziehungsberechtigten nicht unzumutbar belastet werden. Ein solches Verfahren habe hier ausweislich der Äußerungen des Schulleiters des Gymnasiums Q. vom 5. September 2019 sowie der Fachlehrerin J. vom 28. August 2019 nicht stattgefunden. Vielmehr habe die Fachlehrerin die Studienreise nach London in Eigenregie angeboten und eine Teilnahme von der Übernahme eines von ihr angegebenen Kostenbetrags abhängig gemacht.
Der Senat musste dieser Frage aber nicht weiter nachgehen. Selbst wenn man einen vorliegenden Beschluss der Gesamtkonferenz unterstellte, würde es sich allerdings auch aufgrund der obigen Erwägungen nicht um eine Klassenfahrt i.S.d. § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II handeln.
g)
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Bestätigung des Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 26. Januar 2018 durch den Schulleiter. Es ist zwar zutreffend, dass ein Fernbleiben von der Projektwoche mit der Schulpflicht nicht vereinbar gewesen wäre. Deutlich ersichtlich ist aber, dass die Schulpflicht auch erfüllt würde, wenn sich die Schüler für eines der anderen Projekte angemeldet hätten. Die Klägerin hat weder substantiiert vorgetragen noch ist es erkennbar, dass die anderen Projekte für sie unzumutbar gewesen wären. Davon ist auch unter Berücksichtigung der Äußerungen des Schulleiters des Gymnasiums Q. vom 5. September 2019 nicht auszugehen. Dieser hat mitgeteilt, es habe "auf jeden Fall andere geeignete Projekte" gegeben. Insoweit kann es jedoch nicht der Wahlfreiheit der Klägerin überlassen bleiben, wie sie ihre Schulpflicht erfüllt. Denn dann würde sie gegenüber anderen Kindern, deren Eltern die Fahrt nicht finanzieren, bevorteilt. Diese Kinder hätten keinen Anspruch auf Finanzierung der Ausübung ihrer Wahlfreiheit i. S. einer Studienreise nach London durch Transferleistungen. Unerheblich ist, dass der Schulleiter gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schreiben vom 26. Januar 2018 bestätigt hat, dass die teilnehmenden Lehrer die Fahrt als Dienstreise unternommen haben.
h)
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus Nr. 7 des MK-RdErl. Hiernach werden Unterricht und unterrichtsergänzende Schulveranstaltungen an einem anderen Lernort, z.B. Auslandsaufenthalte im Rahmen von Schulpartnerschaften und von bi- und multinationalen Programmen sowie Ski-Kompaktkursen, von den Regelungen des MK-RdErl ausgenommen. Um eine solche Unterrichtsveranstaltung handelte es sich bei der Londonfahrt nicht.
i)
Auch ein Anspruch aus § 28 Abs. 5 SGB II auf Übernahme der Kosten ist nicht gegeben. Hiernach wird bei Schülerinnen und Schülern eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgestellten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Dies ist hier ausgeschlossen, da bereits nicht ersichtlich ist, welche konkreten Lernziele für die Klägerin damit verbunden gewesen wären. Insofern ist auch darauf hinzuweisen, dass andere Kinder aus ihrem Klassenverband gerade nicht an der Fahrt teilnehmen konnten oder teilnahmen. Damit wären diese Kinder von den wesentlichen Lernzielen ausgeschlossen gewesen, was weder behauptet noch ersichtlich ist. Ausnahmsweise könnte eine solche Lernförderung der Klägerin im Sinne einer Nachhilfe im Fach Englisch gegeben sein, wenn sie angemessen gewesen wäre, um die Klägerin wieder an den Klassenverband heranzuführen. Auch dies ist jedoch nicht der Fall gewesen. Nach Auskunft der Fachlehrerin J. vom 28. August 2019 gab es gerade keine besonderen unterrichtsbezogenen Gründe für eine Teilnahme der Klägerin.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved