L 3 BA 76/18

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 8 R 713/16
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 BA 76/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Juni 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Den Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Nachforderung von Beiträgen in Höhe von 8.038,44 EUR für den Zeitraum vom 1. November 2010 bis zum 31. Dezember 2013 streitig.

Die am ... 1976 geborene Beigeladene zu 1. schloss zunächst eine Ausbildung zur Hotelfachfrau ab und nahm später ein Studium an der Hochschule Anhalt/Anhalt University of Applied Sciences, einer Fachhochschule mit mehreren Standorten in Sachsen-Anhalt, auf, das sie während des streitigen Zeitraumes abschloss. Sie meldete am 3. Dezember 2004 ein Gewerbe für die Tätigkeit Promotion und Verleih der eigenen Arbeitskraft im gastronomischen, Dienstleistungs- und kaufmännischen Bereich an. Im streitigen Zeitraum war sie freiwilliges Mitglied bei der zu 2. beigeladenen Krankenkasse. Ausweislich der Einkommensteuerbescheide erzielte sie in den Jahren 2011 bis 2012 steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. nichtselbstständiger Arbeit in folgender Höhe (die jeweilige Einnahme-Überschuss-Rechnung bzw. die Angaben zu Werbungskosten oberhalb des Arbeitnehmer-Pauschbetrages liegen dem Senat nicht vor): 2011: 11.223,00 EUR/1.203,00 EUR, 2012: 12.273,00 EUR/0,00 EUR; 2013: 6.791,00 EUR/8.223,00 EUR. Für das Jahr 2012 wurden von den Einkünften Berufsausbildungskosten in Abzug gebracht. Zu der von ihr im Klageverfahren übersandten Übersicht über ihre "Arbeitgeber" im Zeitraum Oktober 2010 bis September 2013 wird auf Blatt 121 Bd. I und zu den von ihr übersandten Rechnungskopien auf Blatt 122 bis 208 Bd. I der Gerichtsakten verwiesen.

Die Beigeladene zu 1. stellte der Klägerin, die in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ein Restaurant und Café betreibt, folgende Rechnungen für die Jahre 2011 bis 2013, die im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren vorgelegt worden sind:

Tabelle nicht darstellbar

Die Beklagte führte bei der Klägerin - an vier Terminen - im Zeitraum vom 20. Januar bis zum 8. Juli 2015 eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 durch. Die Beigeladene zu 1. teilte im Verwaltungsverfahren unter dem 30. Juni 2015 mit, für die Klägerin von November 2010 bis Dezember 2013 als Servicekraft, im Catering, in der Promotion, der Websitebearbeitung und im Cocktailcatering gearbeitet zu haben. Sie sei Gewerbetreibende und werde im Rahmen der Regelungen für Kleingewerbetreibende nicht zur Umsatzsteuer veranlagt. Eine Anmeldung zur gesetzlichen Rentenversicherung sei weder über die Klägerin noch als Selbstständige erfolgt. Sie arbeite unter ihrer Wohnadresse. Zwischen der Klägerin und ihr sei eine regelmäßige Arbeitszeit nicht vereinbart gewesen. In der Websitegestaltung, nicht aber bei dem Einsatz an der Bar und im Catering, habe sie die Arbeitszeit selbst gestalten können, keinen Weisungen unterlegen und sei nicht in den Betrieb eingegliedert gewesen. Sie habe kein eigenes Kapital eingesetzt und keine Finanzierungshilfen von der Klägerin erhalten. Die Übernahme von Aufträgen habe sie ablehnen können. Sie habe mehrere Auftraggeber und einen eigenen Kundenstamm gehabt und ihren Preis selbst gestalten können. Ein Arbeitszeitnachweis sei für sie von der Klägerin nicht geführt worden. Für Schäden und Schlechtleistungen habe sie persönlich und in voller Höhe gehaftet. Sie sei weder über die Klägerin noch selbst als Unternehmerin bei der Berufsgenossenschaft angemeldet gewesen. Die Vergütung sei pro Auftrag pauschal nach von ihr erstellten Rechnungen mit einer pauschalen Abgeltung von Auslagen erfolgt. Für den Krankheitsfall sei für sie ein Lohnfortzahlungsanspruch oder eine Verpflichtung, eine Ersatzkraft zu stellen, nicht vereinbart bzw. "nicht relevant" gewesen. Sie habe dann unerledigte Aufträge an die Klägerin zurückgegeben, indem sie deren Geschäftsführer informiert habe, soweit ihre Anwesenheit erforderlich gewesen sei. Ein Urlaubsanspruch sei nicht vereinbart gewesen. Zum Zeitpunkt der Abfassung der Rückäußerung an die Beklagte habe sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis gestanden.

Die Beklagte hörte die Klägerin unter dem 13. August 2015 zur beabsichtigten Feststellung einer Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. für die Tätigkeit bei der Klägerin an und stellte hierfür mit Bescheid vom 9. Oktober 2015 gegenüber der Klägerin eine Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung einschließlich der Umlagen U1/U2 für die Beigeladene zu 1. für den Zeitraum vom 1. November 2010 bis zum 31. Dezember 2013 in Höhe von insgesamt 8.038,44 EUR - für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Oktober 2013 in Höhe von 7.827,42 EUR sowie von pauschalen Sozialversicherungsbeiträgen für eine geringfügige Beschäftigung vom 1. November bis zum 31. Dezember 2010 in Höhe von 211,02 EUR - fest. In Bezug auf die Beigeladene zu 1. überwögen die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen. Das in Gastronomiebetrieben tätige Bedienpersonal sei nach dem Gesamtbild der ausgeübten Tätigkeit weder persönlich noch sachlich unabhängig und übe deshalb kein Gewerbe aus (Hinweis auf Hessisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 6. Juni 1991 - L 1 KR 1217/89 -, juris).

Ihren hiergegen am 10. November 2015 eingelegten Widerspruch stützte die Klägerin auf die ihrer Auffassung nach als selbstständige Erwerbstätigkeit anzusehende Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. Diese führe ein Gewerbe und habe ihre Leistungen auftragsabhängig durch Rechnungen, in der Regel monatlich, abgerechnet. Die Beigeladene zu 1. habe in vollkommen unterschiedlichen Bereichen gearbeitet, ohne dass eine regelmäßige Arbeitszeit vereinbart gewesen sei. Bei Promotion- und Websitearbeiten habe die Beigeladene zu 1. Ort und Zeit der Arbeit vollkommen frei wählen können. Ihre betriebliche Eingliederung sei nur im Bereich Catering und Bar erfolgt. Die Beigeladene zu 1. habe auch einzelne Aufträge abgelehnt. Deren Einkünfte hätten auch nicht überwiegend aus der von ihr - der Klägerin - gezahlten Vergütung bestanden. Aus den Einnahme-Überschuss-Rechnungen ergäben sich Einnahmen in Höhe von 14.040,00 EUR für das Jahr 2011, 15.438,00 EUR für das Jahr 2012 und 10.686,00 EUR für das Jahr 2013. Auch schwankten die Vergütungen für die einzelnen Monate deutlich. Der Beklagten wurden nachfolgend neun der insgesamt 36 Rechnungen der Beigeladenen zu 1. und vier Rechnungen übersandt, die von der Beigeladenen zu 1. in den Jahren 2011 und 2012 gegenüber anderen Gaststätten bzw. Auftraggebern jeweils auf der Grundlage einer Stundenvergütung gestellt worden waren. Diesbezüglich wird auf Blatt 89 bis 101 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Unterschied zwischen der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin und einer festangestellten Mitarbeiterin im Servicebereich habe lediglich darin bestanden, dass die Beigeladene zu 1. auf Anfrage tätig geworden sei. Insbesondere sei für diese eine freie Gestaltung der Arbeitszeit während des angenommenen Auftrages nur bedingt möglich gewesen. Auch soweit sie nicht in den Räumlichkeiten der Klägerin tätig gewesen sei, sei sie von Außenstehenden ebenfalls als Betriebszugehörige der Klägerin wahrgenommen worden. Bei Annahme eines Auftrages habe die Beigeladene zu 1. dem Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Art und Weise der auszuübenden Tätigkeit unterlegen und sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen. Für sie habe kein unternehmerisches Risiko bestanden und sie habe lediglich ihre Arbeitskraft im Rahmen einer Vergütung auf Stundenbasis zur Verfügung gestellt. Die Beigeladene zu 1. sei vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2012 sowie vom 1. Februar bis zum 31. Oktober 2013 in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig gewesen. Insoweit sei die Gleitzonenregelung zu beachten gewesen. Vom 1. November bis zum 31. Dezember 2010 habe auf Grund der Höhe des Arbeitsentgeltes eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung mit einer Pflicht zur Abführung pauschaler Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung sowie der Umlagebeträge bestanden.

Hiergegen hat sich die Klägerin mit der am 30. Mai 2016 vor dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage gewandt und nochmals betont, dass die ihr erteilten Aufträge sehr unterschiedlicher Natur gewesen seien, die Beigeladene zu 1. für mehrere Auftraggeber tätig und diese im Wesentlichen in der Gestaltung von Arbeitszeit und Arbeitsort frei gewesen sei. Die Beigeladene zu 1. sei insbesondere keine "einfache Kellnerin" gewesen.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 20. Juni 2017 die Beiladungen zu 1. bis 5. bewirkt und mit Urteil vom 26. Juni 2018 den Bescheid der Beklagten vom 9. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2016 aufgehoben. Im Gesamteindruck und Gesamtergebnis habe die selbstständige Tätigkeit hier weit überwiegend das Gepräge der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. bei der Klägerin gegeben. Von einer abhängigen Beschäftigung sei nicht auszugehen. Letztlich sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte im Aufklärungsschreiben vom 3. März 2016 selbst die selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. nicht mehr bestritten habe. Worin allerdings die selbstständige Tätigkeit, die neben der abhängigen Beschäftigung bestehen solle, liege, sei nicht geklärt. Eine andere selbstständige Tätigkeit sei nicht erkennbar.

Gegen das ihr am 3. Juli 2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31. Juli 2018 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung ihres Rechtsmittels hat sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt und vertieft. Bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin überwögen die Gesichtspunkte einer abhängigen Beschäftigung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Juni 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beigeladene zu 1. habe gegenüber diversen anderen Auftraggebern Leistungen in Rechnung gestellt und habe - anders als die festangestellten Mitarbeiter - Aufträge ablehnen können. Sie hat mit ihrem am 9. September 2019 bei dem Senat eingegangenen Schriftsatz (ohne ihren Prozessbevollmächtigten) mitgeteilt, die verschiedenen Fassungen einzelner Rechnungen beruhten darauf, dass von der Beigeladenen zu 1. jeweils "die Verbesserung der Rechnung" gefordert worden sei. Die Auslagen seien von der Beigeladenen zu 1. auf der Erstfassung der Rechnung jeweils als Arbeitszeit ausgewiesen worden. Nachfolgend sei eine "Auslagenpauschale" angegeben worden, die erfasse, dass die Beigeladene zu 1. "Büromaterialien oder etwaiges" habe zukaufen müssen. Viele Aufträge seien der Beigeladenen zu 1. "im persönlichen Gespräch im Restaurant", einige telefonisch erteilt worden, sodass dem Wunsch des Senats der Übersendung von Verträgen nicht nachgekommen werden könne. Derartige Verträge seien bei der Unternehmens-Beziehung, welche gepflegt worden sei, unüblich. Der ursprüngliche Arbeitsbereich der Beigeladenen zu 1. habe das Erlernen der Arbeitsabläufe im Service betroffen, sodass sie diverse Kellner-Schichten durchlaufen habe, um es später neuen Pauschalkräften und Auszubildenden zu vermitteln und viele Arbeitsabläufe der alten Mitarbeiter zu optimieren. Im Zuge dieser Tätigkeit sei Kenntnis von dem Fachwissen der Beigeladenen zu 1. bezüglich Excel und der Erstellung von Kalkulationen, Inventuren etc. erlangt worden. Für den Service von ihr, der Klägerin, eingeteilte Personen würden immer auf Minijobbasis/pauschal angestellt.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beigeladenen zu 2. und 3. haben sich im Wesentlichen dem Vorbringen der Beklagten angeschlossen.

Auf Nachfrage des Senats mit richterlichem Schreiben vom 15. Januar 2019 hat die Beigeladene zu 1. mit handschriftlich gefertigtem Schriftsatz vom 28. Januar 2019 mitgeteilt, nichts über die steuerliche Behandlung eines häuslichen Arbeitszimmers zu wissen. Zuletzt ist von der Klägerin auf entsprechende Aufforderung des Senats ein Konvolut mit den Rechnungen für den streitigen Zeitraum nebst Anlagen übersandt worden:

Tabelle nicht darstellbar

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16. September 2019 in einer Probeberechnung A die Rechnungen vom 3. März, 4. Juli 2011, 6. Februar, 1. Oktober 2012 sowie vom 1. März und vom 9. August 2013 aus der Beitragsberechnung mit dem Ergebnis einer Beitragsnachforderung von 6.262,38 EUR vollständig und in einer Probeberechnung B nur die in den folgenden Rechnungen enthaltenen Auslagen mit dem Ergebnis einer Beitragsnachforderung von 7.915,74 EUR ausgenommen. Bezüglich der Einzelheiten wird im Übrigen auf Blatt 423 bis 442 Bd. II der Gerichtsakten verwiesen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2019 den Geschäftsführer der Klägerin und die Beigeladene zu 1. befragt. Zu dem Ergebnis wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Das Sozialgericht hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 9. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2016 aufgehoben. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Die Beigeladene zu 1. ist in ihrer Tätigkeit für die Klägerin vom 1. Oktober 2010 bis zum 30. September 2013 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und hat die von der Beigeladenen zu 1. erzielten Entgelte zutreffend als Arbeitsentgelt der Beitragsberechnung bzw. der Berechnung von Pauschalbeiträgen für eine geringfügige Beschäftigung unterworfen.

Im Rahmen der Betriebsprüfung konnte die Beklagte gemäß § 28p Abs. 1 Satz 1 und 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) über die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung, die Umlagebeträge sowie die Pauschalbeiträge für eine geringfügige Beschäftigung durch Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin entscheiden. Diese hat die für die Beitragspflicht maßgebende Arbeitgeberstellung. Dabei ist Arbeitgeber derjenige, dem der Anspruch auf die von einem Beschäftigten nach Maßgabe des Weisungsrechts geschuldete Arbeitsleistung zusteht und der dem Beschäftigten dafür als Gegenleistung zur Entgeltzahlung verpflichtet ist (so Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 27. Juli 2011 - B 12 KR 10/09 R -, juris, RdNr. 18). Soweit rechtsfähige Vereinigungen und Institutionen Träger eigener Rechte und Pflichten sind, kommt regelmäßig diesen selbst auch im juristischen Sinne die Arbeitgebereigenschaft zu. Stand die Beigeladene zu 1. in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin, ist diese damit gleichzeitig Arbeitgeber im Sinne der Beitragspflicht (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2011, ebenda).

Nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände der hier zu beurteilenden Sachverhalte durch den Senat stand die Beigeladene zu 1. in dem hier von der Beklagten ihrer Feststellung zugrunde gelegten Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis zum 30. September 2013 in ihrer gesamten Tätigkeit für die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis, das eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung und eine Beitragspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung bzw., soweit die maßgebenden Entgeltgrenzen bei dem hier von vornherein unbestimmten Umfang der Tätigkeit unterschritten wurden, eine Pflicht zu Leistung der Pauschalbeiträge für eine geringfügige Beschäftigung auslöste.

Versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und beitragspflichtig nach dem Recht der Arbeitsförderung sind insbesondere Arbeiter und Angestellte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB V), § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III)). Die Umlagen U1 und U2 sind nach § 7 des Gesetzes über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (AAG) vom Arbeitgeber zu leisten. Die Pflicht des Arbeitgebers zur Leistung von Pauschalbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und Krankenversicherung ergibt sich aus § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI und § 249b Satz 1 SGB V. Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist eine Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Bei einer Tätigkeit in einem fremden Betrieb muss ein Beschäftigter in den Betrieb eingegliedert sein und einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2011, a.a.O. RdNr. 17 m.w.N.). Eine selbstständige Tätigkeit ist dagegen charakterisiert durch das eigene Unternehmerrisiko, die Unterhaltung einer eigenen Betriebsstätte und die eigene Verfügung über die Arbeitskraft und deren zeitlichen Einsatz (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2011, a.a.O., RdNr. 16 m.w.N.). Ob jemand im Verhältnis zu einem anderen abhängig beschäftigt ist, richtet sich - ausgehend von den genannten Umständen - nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 31. März 2017 - B 12 KR 7/15 R -, juris; BSG, Urteil vom 28. September 2011, ebenda).

Dem Senat haben für seine Entscheidung zu den vertraglichen Abreden der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1. nur die Angaben dieser Verfahrensbeteiligten vorgelegen, die im Wesentlichen dahingehend zusammengefasst werden können, dass die Beigeladene zu 1. zunächst für die übrigen im Servicebereich des Restaurants tätigen Arbeitnehmer eine Ausbildungs- und Einweisungsfunktion wahrnehmen sollte. Zu diesem Zweck sollte die Beigeladene zu 1. auch selbst als Kellnerin fungieren, insbesondere um sich mit den Betriebsabläufen vertraut zu machen. Das spiegelt sich auch in den für die Monate ab Oktober 2010 erstellten Rechnungen wieder. Diese Tätigkeit dokumentiert eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin in untergeordneter Funktion gegenüber der Geschäftsführung und in übergeordneter Funktion gegenüber den im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses tätigen Servicekräften. Die Beigeladene zu 1. war der Klägerin gegenüber insoweit weisungsunterworfen. Der Arbeitsort und die Arbeitszeit waren bereits aus der Natur der Tätigkeit heraus festgelegt. Sie waren nicht frei durch die Beigeladene zu 1. bestimmbar. Eine Befristung oder Kündigung dieses Beschäftigungsverhältnisses ist weder aktenkundig noch vorgetragen worden. Damit stellt sich für die nach Angaben der Klägerin nachfolgend mit der Beigeladenen zu 1. vereinbarten weiteren bzw. anderen Aufgabenfelder bereits die Frage, wie diese von der bloßen Ausübung eines Direktionsrechts der Arbeitgeberin bei einem fortlaufenden Beschäftigungsverhältnis abzugrenzen sind. Die Abrechnungsunterlagen, die als ausschließliches Beweismittel zur Verfügung gestellt worden sind, weisen so deutliche Unklarheiten auf, dass der Senat allein auf dieser Grundlage nicht in der Lage ist, einzelne Tätigkeiten als Aufnahme einer von dem vorbestehenden Beschäftigungsverhältnis abzugrenzenden selbstständigen Tätigkeit festzustellen. Diesbezüglich ist insbesondere die offensichtlich sehr "flexible" Handhabung der Rechnungslegung zu berücksichtigen, welche die sich wiederholende Praxis beinhaltete, für dieselbe Tätigkeit einmal in Stundenberechnungen Auslagen fiktiv zu berechnen und einmal unter Berücksichtigung einer abweichenden Stundenzahl dasselbe Rechnungsergebnis mit der Abgrenzung einer "Auslagenpauschale" zu erzielen. Eine Zeugenvernehmung der Beigeladenen zu 1. kam bereits auf Grund ihrer eigenen Betroffenheit nicht in Betracht (vgl. zur Wirkung der Beiladung: Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 75 RdNr. 17b m.w.N.). In vollem Umfang für die Annahme einer Beendigung der abhängigen Beschäftigung und Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin tragfähige Erkenntnisse hat der Senat auch im Rahmen der Anhörung der Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht gewinnen können. Vielmehr geht der Senat auch für die außerhalb des Restaurants verrichteten Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin von einer vollständigen Eingliederung in den Betrieb aus. Denn es handelte sich insoweit um Dienste höherer Art, die damit eine gewisse Eigeninitiative und Entscheidungsbefugnis der Beigeladenen zu 1. auch mit einer abhängigen Beschäftigung als vereinbar erscheinen lassen, deren prägendes Merkmal aber die Repräsentation der Klägerin und im Einzelfall sogar die Vertretung der Klägerin im Geschäftsverkehr beinhaltete. So ist die Wahrnehmung von Terminen für die Klägerin, z.B. bei einer Sparkasse, außerhalb eines klar definierten Mandats, wie dies z.B. Rechtsanwälte kennzeichnet, stets als abhängige Beschäftigung einzuordnen, da die Beigeladene zu 1. insoweit als Ansprechpartnerin im Namen der Klägerin fungierte. Gleiches gilt für die Auswahl von Kalendermotiven für die Klägerin gegenüber Dritten. Der Senat hat sich insoweit auch nicht davon überzeugen können, dass die Beigeladene zu 1. in der Gestaltung von Ort und Zeit der Tätigkeit frei war. Vielmehr hatte sie regelmäßig für die Klägerin konkrete Termine an von Dritten vorgegebenen Orten wahrzunehmen. Soweit sie die Wahrnehmung dieser Aufgaben im Einzelfall ablehnen konnte, hat dies keinen Einfluss auf die Ausgestaltung der konkret von ihr wahrgenommenen Aufgaben. Der Sachverhalt stellt sich insoweit nicht wesentlich anders dar als bei Mitarbeitern, die eine weitgehende Abstimmung ihrer konkreten Arbeitszeit mit ihrem Arbeitgeber vereinbaren können. Soweit die Beigeladene zu 1. - nach ihren Angaben mit Blick auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Beschäftigung von Studierenden - auch für andere Auftraggeber, insbesondere ihre Eltern, tätig wurde, betrifft dies die Frage einer eigenen Versicherungspflicht als selbstständig Erwerbstätige nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. bestand vorliegend nicht. Ein solches Risiko kann nicht allein auf Grund des fehlenden Kündigungsschutzes und der fehlenden sozialen Absicherung angenommen werden. Denn diese Situation kennzeichnet gerade die Beschäftigung im Rahmen der Scheinselbständigkeit. Unter Berücksichtigung insbesondere des regelmäßig der Abrechnung zugrunde gelegten Stundenlohnes von 7,50 EUR geht der Senat auch nicht von zwischen den Vertragsparteien auf Augenhöhe ausgehandelten vertraglichen Abreden aus (vgl. zu diesem Maßstab z.B. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R -, juris).

Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin auf Grund des Werkstudentenprivilegs in der Kranken- und Pflegeversicherung bzw. der Arbeitsförderung versicherungsfrei war. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V sind Studenten krankenversicherungsfrei, wenn sie während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Entsprechendes gilt für die Soziale Pflegeversicherung (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB XI) und das Recht der Arbeitsförderung (§ 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III). Diesen Regelungen unterfiel die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. nicht bereits unter dem Gesichtspunkt, dass sie während ihrer Tätigkeit an der Hochschule Anhalt immatrikuliert war. Vielmehr ist Voraussetzung dieser Versicherungsfreiheit, dass neben dem förmlichen Status als Student ein Vorrang-/Nachrangverhältnis zwischen Studium und Beschäftigung in qualitativer und zeitlicher Hinsicht feststehen muss (vgl. hierzu die Nachweise in BSG, Urteil vom 11. November 2003 - B 12 KR 24/03 R -, juris, RdNr. 15ff.). Während der Senat zwar deutliche Anhaltspunkte dafür sieht, dass bei der Beigeladenen zu 1. das Ziel des Studienabschlusses im Vordergrund stand, ist der Senat von der zeitlichen Gewichtung her jedoch nicht von einer im Wesentlichen "neben" dem Studium ausgeübten Beschäftigung überzeugt. Das deutet sich bereits daraus an, dass die Beigeladene zu 1. die Tätigkeit für die Klägerin "dann nicht" wahrnahm, wenn dies mit zwingenden Studienaufgaben kollidierte. Für die Tätigkeit während des Semesters ist - soweit wie hier kein inhaltlicher Zusammenhang zwischen Studium und Beschäftigung besteht - im Übrigen ein Maßstab von höchstens 20 Wochenstunden für eine "neben" einem Studium verrichtete Beschäftigung für maßgebend erachtet worden (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003, a.a.O., RdNr. 20). Dem schließt sich der Senat an. Insoweit ist allerdings - neben den von der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin gearbeiteten Stunden - ihre für weitere Arbeitgeber oder Auftraggeber ausgeübte Tätigkeit einzubeziehen. Damit überschreitet die nicht dem Studium dienende Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. die Grenze von 20 Stunden in einzelnen Monaten während des Semesters so deutlich, dass nicht mehr von einer Versicherungsfreiheit auszugehen ist.

Eine Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung unter dem Gesichtspunkt der geringfügigen Beschäftigung hat die Beklagte hier nach Auffassung des Senats vertretbar für den Beginn der Tätigkeit angenommen, in dem die maßgebenden Entgeltgrenzen unterschritten wurden. Nach § 8 Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Neubekanntmachung des SGB IV (BGBl. I 2009, S. 3712) lag eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400,00 EUR nicht übersteigt, nach dieser Regelung in der ab dem 1. Januar 2013 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I, S. 2474), wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450,00 EUR nicht übersteigt. Bei der maßgebenden vorausschauenden Bewertung (vgl. z.B. Schlegel/Knispel in: Juris Praxiskommentar zum SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 8 RdNr. 45) ist hier die von der Beklagten angenommene prognostische Einschätzung der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. aus Sicht des Senats vertretbar. Insoweit dürfte eher von einem Überschreiten der maßgebenden Geringfügigkeitsgrenzen nach den ersten Monaten der Tätigkeit als von einem Unterschreiten eines vorausgehend mit mehr als 400,00 EUR bzw. 450,00 EUR prognostizierten Arbeitsentgeltes auszugehen sein.

Die Höhe der nachgeforderten Beiträge erachtet der Senat nach eigener Prüfung für zutreffend. Insbesondere hat die Beklagte die Regelungen zur Gleitzone berücksichtigt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. August 2018 - B 12 R 4/18 R -, juris). Die in einzelnen Rechnungen (in einer hiervon erstellten Version) berücksichtigten Auslagen sind als "Pauschalen" zu qualifizieren und können sich damit nicht beitragsmindernd auswirken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Den Beigeladenen waren nach § 197a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO Kosten nicht zu erstatten.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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