L 4 AS 342/18

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AS 1168/16
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 342/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen nach § 16c Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II).

Der am ... 1960 geborene Kläger und Berufungskläger (im Folgenden: Kläger) beantragte nach seit dem 14. Dezember 2014 laufenden Gesprächen zwischen ihm und dem Beklagten und Berufungsbeklagten (im Folgenden: Beklagter) am 16. Juni 2015 unter Verwendung eines Formblattes Eingliederungsleistungen. In dem von ihm unterzeichneten und nach seinen Angaben von einer Mitarbeiterin des Beklagten, Frau W., ausgefüllten Formular gab er an, sich mit einer Zimmervermietung/Pension selbstständig machen zu wollen und beantragte hierfür einen Zuschuss von 5.005,61 EUR. Seinem Kapital- und Finanzierungsplan ist zu entnehmen, dass er insgesamt 15.800 EUR für die Realisierung seines Vorhabens benötigte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Herr N. R. von der T. GmbH im Auftrag des Klägers unter dem 4. April 2015 bereits eine Stellungnahme als fachkundige Stelle zur Tragfähigkeit einer Existenzgründung/-festigung erstellt. Der Auftrag erfolgte in Abstimmung mit dem Beklagten. Herr R. gelangte zu dem Ergebnis, dass die Rentabilität der Vermietung eines Gästezimmers nur unter Berücksichtigung weiterer in Aussicht genommener Schritte der selbstständigen Tätigkeit beurteilt werden könne. Isoliert betrachtet sei die Vermietung nicht geeignet, die Hilfebedürftigkeit zu beseitigen. Außerdem handele es sich hierbei nicht um eine selbstständige Tätigkeit. Die Umsatz- und Rentabilitätsvorschau sowie den Businessplan hätten er und der Kläger gemeinsam erstellt, wobei lediglich die Vermietung des Gästezimmers betrachtet worden sei. In dem Businessplan "Vermietung" heißt es unter Punkt 1. (Geschäftsidee) wörtlich:

"Die Grundidee bestand darin, ein "Musterhaus" zu errichten in welchem erneuerbare Energien und modernste Bauweisen demonstriert und erlebt werden können. Innerhalb dieses Musterhauses soll ein Apartment mit 45 m² Wohnfläche eingerichtet werden. Der Außenbereich besteht aus einer 35 m² Terrasse und einem großzügig angelegten kleinen Park. In der ersten Phase geht es um die Fertigstellung des Appartments und der Terrasse. Das Appartment soll neben ganz normalen Erholungssuchenden auch interessierten zukünftigen Bauherren als Unterkunft dienen. Ebenfalls soll es Herstellern von Energieerzeugern (Strom, Wärme), Baumaterialien u.ä. als Vorzeigeobjekt dienen. Für diese Firmen soll in einem zweiten Schritt eine Vertriebsschiene aufgebaut werden.
Der Nutzen meiner Idee besteht darin, dass man vor Ort den Einsatz erneuerbarer Energien im ländlichen Raum erleben kann und demonstriert bekommt.
Mein Ziel ist es, erfolgreich den Vertrieb aufbauen zu können und um nicht nur mit Prospekten zu arbeiten alles autark am Objekt zeigen kann."

Unter 4. (Standort) heißt es weitergehend:

"Der Standort S. ist sicher nicht der hervorragende Standort für Urlauber mit Familie. Dies ist aber auch nicht meine Zielgruppe. Vielmehr möchte ich denjenigen Gast ansprechen, der etwas abgelegen einfach etwas Ruhe finden will bzw. Vertreter von Firmen die Produkte zur Nutzung erneuerbaren Energien herstellen. Dafür ist der Standort in unmittelbarer Nähe zur A9 und zur Stadt N. mit seinen Kulturschätzen ideal."

Bereits mit Schreiben vom 27. Mai 2015 hatte der Beklagte weitere Unterlagen angefordert, die anlässlich des Termins am 16. Juni 2015 vorgelegt werden sollten. Nachdem der Kläger diese nicht eingereicht hatte, forderte der Beklagte ihn erneut auf, weitere Unterlagen vorzulegen. Daraufhin reichte der Kläger am 29. Juli 2015 unter anderem einen Kapital- und Finanzierungsplan sowie Kostenangebote, die zum Teil aus 2008 stammten, ein. Unter dem 17. September 2015 erließ der Beklagte den hier streitigen Ablehnungsbescheid und gab zur Begründung an, der Kläger habe keine Finanzierung des Differenzbetrages zwischen der beantragten Förderung und den benötigten finanziellen Mitteln von mehr als 15.000 EUR vorgelegt. Außerdem ergebe sich aus den eingereichten Unterlagen, dass die selbstständige Tätigkeit nicht tragfähig sei.

Hiergegen erhob der Kläger am 15. Oktober 2015 Widerspruch und begründete diesen damit, dass es sich nicht um ein Konzept über die Vermietung eines Apartments handele. Diese sei allenfalls ein "Abfallprodukt" seines Konzepts. Mit den in Aussicht genommenen Marketingseminaren (10 bis 20 Teilnehmer pro Seminar) sei der zu erwartende Umsatz viel höher. Außerdem sei die Finanzierung durch Fremdmittel sichergestellt.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2016 zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf einen Zuschuss für die Aufnahme/Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit mit einer Zimmervermietung/Pension. Das Vorhaben sei nicht geeignet, eine tragfähige Existenz aufzubauen. Der Zuschuss solle ausschließlich der Errichtung eines Apartments dienen. Losgelöst vom Businessplan könne die Vermietungstätigkeit die Existenz nicht sichern.

Hiergegen hat der Kläger am 6. April 2016 Klage beim Sozialgericht (SG) Halle erhoben und folgendermaßen vorgetragen: Er wolle ein bereits im Rohbau vorhandenes Gebäude als Seminarort und Musterhaus für erneuerbare Energien um- bzw. ausbauen. Die zu errichtenden Räumlichkeiten sollten primär als Anschauungs- und Schulungsräume für zukünftige Bauherren und Anbieter alternativer Energien im Wohnungsbau vermarktet werden. Die Möglichkeiten des Einsatzes alternativer Energie- und Wärmetechniken sollten – gegebenenfalls über mehrere Tage – vorgestellt und erlebbar gemacht werden.

Sekundär plane er, einen Vertrieb von alternativen Energietechniken im Wohnungsbau aufzubauen sowie das Objekt außerhalb der Schulungszeiten touristisch zu vermarkten. Hierzu habe er erstmals am 16. Dezember 2014 einen Zuschuss beantragt. Daraufhin habe er die Auflage erhalten, sein Projekt durch die T. GmbH auf Tragfähigkeit hin prüfen zu lassen. Deren Geschäftsführer, Herr N. R., verfüge nicht über die Qualifikation, die Tragfähigkeit seines Projekts zu beurteilen. Hierfür sei er als Militärwissenschaftler bzw. als Arbeitsvermittler der Agentur für Arbeit W. nicht qualifiziert. Insbesondere habe er verkannt, dass es nicht um den Ausbau eines Gästezimmers gehe, sondern um den Ausbau und die Vermarktung von Schulungsräumen, die auch für mehrtägige Seminare genutzt werden könnten. Außerdem solle potentiellen Bauherren die Möglichkeit eines "Musterwohnens" in einem Gebäude mit alternativen/erneuerbaren Energien ermöglicht werden.

Der Beklagte ist dem geltend gemachten Anspruch entgegengetreten. Der Kläger habe einen Zuschuss für eine Zimmervermietung/Pension beantragt. Hierbei handele es sich nicht um eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit, sodass die Anspruchsvoraussetzungen des § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II schon deshalb nicht erfüllt seien.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10. April 2018 abgewiesen und zur Begründung angegeben: Der Kläger habe ausweislich des von ihm unterschriebenen Antrages vom 16. Juni 2015 die Gewährung eines Zuschusses für eine selbstständige Tätigkeit in Gestalt einer Zimmervermietung/Pension beantragt. Dem in diesem Zusammenhang vorgelegten Businessplan lasse sich entnehmen, dass das Geschäftsvorhaben in der Errichtung eines Musterhauses bestehe, in dem ein Apartment von 45 m² Wohnfläche eingerichtet werden solle. Darüber hinaus gehöre zum Vorhaben auch eine Terrasse. Das Apartment solle normalen Erholungsuchenden bzw. interessierten potentiellen Bauherren als Unterkunft dienen. Außerdem ergebe sich aus dem Businessplan, dass die auszubauenden Räumlichkeiten zu Wohnzwecken und nicht zur Durchführung von Seminaren bzw. als Geschäftsraum dienen sollen. Auch dem Kapital- und Finanzierungsplan sei nicht zu entnehmen, dass neben dem Apartment weitere Geschäftsräume errichtet werden sollten. Auch die Stellungnahme des Herrn R. vom 4. April 2015 beziehe sich auf dieses Vorhaben. Schließlich sei nicht ersichtlich, dass es sich bei der Vermietung eines Apartments um eine hauptberufliche Tätigkeit handele. Ein Antrag des Klägers mit einem anderen Hauptgegenstand einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit habe dem Beklagten nicht vorgelegen, sodass er hierüber auch nicht habe entscheiden können.

Hiergegen hat der Kläger am 8. Mai 2018 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt und insbesondere sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.

Der Kläger beantragt wörtlich:

Ich beantrage festzustellen, dass ein Beratungsfehler durch Frau W. stattgefunden hat und zwar dadurch, dass sie handschriftlich in den Antrag "Pension/Zimmervermietung" eingetragen hat. Darüber hinaus möchte ich festgestellt wissen, dass die Inanspruchnahme von Herrn R. angesichts seiner Tätigkeit im Jobcenter W. in Verbindung mit seiner selbstständigen Tätigkeit als GmbH-Inhaber und Geschäftsführer derselben rechtlich nicht einwandfrei war.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat sich nicht weitergehend geäußert.

Der Kläger hat in einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 10. Dezember 2019 ausgeführt, dass das von ihm ursprünglich verfolgte Konzept nicht mehr tragfähig sei. Er beabsichtige deshalb nicht mehr, eine selbstständige Tätigkeit in der im Jahr 2015 geplanten Art und Weise aufzunehmen. Außerdem hat er vorgetragen, Frau W. habe ihm den Eindruck vermittelt, sein Antrag werde ohnehin abgelehnt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind und dem Senat bei seiner Beratung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Der maßgebliche Beschwerdewert von 750 EUR ist überschritten, denn der Kläger beanspruchte in der ersten Instanz die Zahlung von ca. 5.000 EUR.

Hat – wie hier – ein Vorverfahren stattgefunden, ist Gegenstand des Klageverfahrens der Bescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, § 95 SGG. Demgemäß hat das SG zu Recht über das Leistungsbegehren des Klägers (vgl. § 54 Abs. 1 und 4 SGG) entschieden.

Das nunmehr im Berufungsverfahren verfolgte Feststellungsbegehren (vgl. § 55 SGG) hat keinen Erfolg, weil die Voraussetzungen für eine Klageänderung gemäß § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 und 2 SGG nicht vorliegen. Einerseits hat sich der Beklagte nicht in der Sache eingelassen, § 153 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 99 Abs. 2 SGG. Andererseits ist eine solche Klageänderung nicht sachdienlich. Insbesondere verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel – Eingliederungsleistungen nach dem SGB II – auch nicht wenigstens teilweise weiter, sondern stützt seine Klage auf andere Lebenssachverhalte – eine mögliche Amtspflichtverletzung einer Mitarbeiterin des Beklagten einerseits und die Tätigkeit des Herrn R. andererseits.

Indes sind die Sozialgerichte für Amtshaftungsansprüche nicht zuständig, sodass eine derartige Klage in diesem Rechtszug unzulässig wäre. Auch die von Herrn R. erarbeitete Stellungnahme bzw. seine Tätigkeit für das Jobcenter/die Bundesagentur für Arbeit W. spielten für den bislang verfolgten Leistungsanspruch keine entscheidende Rolle, sodass die Sachdienlichkeit der Klageänderung ausscheidet und die Berufung schon deshalb zurückzuweisen war. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Feststellungsbegehren scheidet somit aus.

Auch unabhängig von der - trotz richterlicher Hinweise - erfolgten ausdrücklichen Antragstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats führte auch eine denkbare Fortsetzungsfeststellungsklage (nach der im Erörterungstermin vom 10. Dezember 2019 erklärten Aufgabe des streitgegenständlichen Vorhabens) nicht zum Erfolg der Berufung.

Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht, wenn sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder in anderer Weise erledigt hat [vgl. § 39 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X)], auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

Ein berechtigtes Interesse als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung einer solchen Klage vermag der Senat nicht zu erkennen. Zwar könnte dem Vortrag des Klägers zu entnehmen sein, dass er die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gemäß § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erwägt (vgl. zu dieser Variante eines Fortsetzungsfeststellungsintereses Keller, a.a.O., § 131 Rn. 10d). Indes ist dieses Begehren offensichtlich aussichtslos (vgl. hierzu BSG – Urteil vom 21. September 2005 – B 12 KR 6/04 R; BVerwG – Urteile vom 3. Juni 2003 – 5 C 50/02 sowie 16. Mai 2013 – 8 C 14/12 – juris; Schütz in juris-PK zu § 131 SGG, (Stand: 05. April 2018), Rn. 41 und 47; sowie Keller, a.a.O., § 131 Rn. 10f; vgl. auch derselbe, a.a.O. vor § 51, Rn. 16a mit Verweis auf BSG – Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 24/10 R zum allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis).

Denn es unterliegt keinem vernünftigen Zweifel, dass der angefochtene Bescheid vom 17. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2016 rechtmäßig ist. Der Beklagte hat einen Anspruch des Klägers auf Eingliederungsleistungen nach § 16c SGB II zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Eingliederungsleistungen liegen offensichtlich nicht vor.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen ist § 16c SGB II in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13. Mai 2011 (Bundesgesetzblatt I, 850). Nach § 16c Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II können erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die eine selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben Darlehen und Zuschüsse für die Beschaffung von Sachgütern erhalten, die für die Ausübung der selbstständigen Tätigkeit notwendig und angemessen sind. Zuschüsse dürfen einen Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen. Diese Leistungen können nur gewährt werden, wenn zu erwarten ist, dass die selbstständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbstständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert wird. Zur Beurteilung der Tragfähigkeit der selbstständigen Tätigkeit soll die Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle verlangen, § 16 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB II.

Die Voraussetzungen einer Förderung nach § 16c Abs. 1 SGB II sind nicht erfüllt. Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen des SG an und verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die dortigen Entscheidungsgründe. Auch zur Überzeugung des Senats beantragte der Kläger lediglich einen Zuschuss für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit mit einer Zimmervermietung/Pension. Der Kläger hat im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 10. Dezember 2019 ausdrücklich eingeräumt, den Antrag vom 16. Juni 2016 unterschrieben zu haben. Er hat mit seiner Unterschrift die Eintragungen, welche nach seinem Vortrag Frau W. vorgenommen hatte, bestätigt, obwohl er nach seinen Angaben einen völlig anderen Inhalt stellen wollte. Dies ist nicht nachvollziehbar. Hätte er einen Antrag mit einem anderen Inhalt stellen wollen, hätte er dies ausdrücklich erklären und hierzu die Angaben zum Inhalt der beabsichtigten Tätigkeit ändern und oder ergänzen müssen. Damit hat er in der Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalles einen Zuschuss lediglich zur Errichtung eines Apartments mit 45 m² zuzüglich einer Terrasse von 35 m² beantragt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass weitere Räumlichkeiten in dem nach seinem Vortrag im Rohbau befindlichen Haus ausgebaut und für Schulungszwecke genutzt werden sollten. Außerdem handelt es sich bei der Vermietung eines Apartments – worauf das SG zu Recht hinweist – offensichtlich nicht um eine selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit im Sinne von § 16c SGB II.

Eine andere rechtliche Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag im Berufungsverfahren. Entscheidend ist der vom Kläger am 16. Juni 2015 gestellte Antrag. Er allein war die Entscheidungsgrundlage des Beklagten.

Außerdem legte der Kläger keine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle i.S.v. § 16c SGB II vor, die eine positive Prognose zu der von ihm beabsichtigten Tätigkeit – welcher Art auch immer – enthält. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die (negative) Stellungnahme des Herrn R. vom 4. April 2015 sei wegen dessen fehlender Qualifikation oder dessen Tätigkeit für das Jobcenter/ die BA W. nicht verwertbar, folgt hieraus nichts Anderes. Selbst wenn dies zuträfe, wäre der Beklagte nicht verpflichtet gewesen, eine andere Stellungnahme einzuholen. Der Kläger missversteht die gesetzliche Regelung des § 16c Abs. 3 SGB II. In Modifizierung des Amtsermittlungsgrundsatzes oblag es dem Kläger und nicht dem Leistungsträger, die (positive) Stellungnahme einer fachkundigen Stelle einzuholen (Harks, in: jurisPK, zu § 16c SGB II, Stand: 11. Oktober 2019, Rn. 26; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen – Urteil vom 24. Juni 2013 – L 2 AS 2249/12 – Rn. 41 m.w.N.). Diese hat er jedoch nicht vorgelegt.

Selbst wenn die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage zu bejahen wäre, bliebe die Berufung gleichwohl erfolglos, da sie unbegründet wäre. Denn der angefochtene Verwaltungsakt ist – wie dargelegt – rechtmäßig.

Schließlich verhilft der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung des Senats geltend gemachte sozialrechtliche Herstellungsanspruch seiner Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg. Dessen Voraussetzungen liegen – unabhängig von dem Verhältnis zu einer (zulässigen) Feststellungsklage – nicht vor. Rechtsgrundlage für die Beratungspflicht in Form einer Hinweispflicht sind die §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I). Eine umfassende Beratungspflicht des Sozialversicherungsträgers bzw. des Sozialleistungsträgers besteht zunächst regelmäßig bei einem entsprechenden Beratungs- und Auskunftsbegehren des Leistungsberechtigten (vgl. BSG – Urteil vom 17. August 2000 – B 13 RJ 87/98 R – Rn. 38 – juris; BSG – Urteil vom 14. November 2002 – B 13 RJ 39/01 R – Rn. 43 – juris). Ausnahmsweise besteht auch dann eine Hinweis- und Beratungspflicht des Leistungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung in einem Sozialrechtsverhältnis dem jeweiligen Mitarbeiter eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter/Leistungsberechtigter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre (BSG – Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R; vgl. auch BSG – Urteil vom 27. Juli 2004 – B 7 SF 1/03 R mit Anm. Münder, SGb 2005, 239; BSG – Urteil vom 10. Dezember 2003 – B 9 VJ 2/02 R – juris). Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zu Tage liegt, allein nach objektiven Merkmalen zu beurteilen (BSG – Urteil vom 26. Oktober 1994 – 11 RAr 5/94 – juris).

Eine derartige Situation lag hier nicht vor. Für den Beklagten war ein konkreter Beratungsbedarf in dem Sinne des Aufzeigens von Gestaltungsmöglichkeiten nicht zu erkennen. Der Kläger hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, aufgrund welcher Umstände die Sachbearbeiter hätten erkennen können, dass ein solcher Beratungsbedarf bestand. Dies gilt insbesondere für seine Äußerungen im Hinblick auf das Verhalten von Frau W. im Zusammenhang mit der Antragstellung am 16. Juni 2015. Selbst wenn der Kläger seinerzeit aufgrund von Äußerungen der Mitarbeiterin des Beklagten den Eindruck gewonnen hatte, sie stehe seinem Antrag auf Eingliederungsleistungen skeptisch bis ablehnend gegenüber, folgt hieraus kein konkreter Beratungsanlass. Er hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass Mitarbeiter des Beklagten einen anderen Umfang der beabsichtigten selbstständigen Tätigkeit als aus der Akte ersichtlich (Betrieb einer Zimmervermietung/Pension) hätten erkennen müssen. Vielmehr waren dem Kläger zum Zeitpunkt seiner Antragstellung am 16. Juni 2015 sowohl der Inhalt des Antrages als auch der Businessplan bekannt. Gleichwohl stellte er diesen Antrag, wie er sich in der Akte befindet, ohne – nach Lage der Akten – deutlich zu machen, dass dieser die beabsichtigte selbstständige Tätigkeit nicht bzw. zumindest nicht vollständig wiedergab. Insofern bestand für den Beklagten auch unter Berücksichtigung des Businessplanes bzw. der weiteren Unterlagen keine Veranlassung, diesen Antrag zu hinterfragen. Insbesondere bezogen sich die Kostenangebote auf das Apartment. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheidet damit aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Revisionsgründe nicht ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
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