L 5 AS 244/18 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 2 SF 29/17 E
Datum
-
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 244/18 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde werden der Beschluss vom 6. März 2018 und der Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss vom 23. Januar 2017 abgeändert.

Die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung wird auf 329,63 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Erinnerungsführer aus der Landeskasse zu zahlenden Rechtsanwaltsvergütung für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Magdeburg zum Aktenzeichen S ...

Im zu Grunde liegenden Verfahren begehrten die fünf Kläger die Aufhebung von Bescheiden, mit denen der Beklagte die teilweise Erstattung der den Klägern für die Zeit von Januar bis Dezember 2011 gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) verlangt hatte. Der Erinnerungsführer vertrat die Kläger anwaltlich und erhob die Klage am 7. Januar 2013 nach einer vorausgegangenen Vertretung im Widerspruchsverfahren. Zugleich beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung. Am 19. August 2013 begründete er die Klage mit einem zweiseitigen Schriftsatz. Die Erklärung der Kläger über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse reichte er am 1. Februar 2016 ein. Am 26. Juli 2016 führte das Sozialgericht einen Erörterungstermin gemeinsam mit zwei anderen, 2012 erhobenen Klagen der Kläger durch, welcher insgesamt 65 Minuten dauerte. Während des Termins beschloss das Sozialgericht, den Klägern Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Erinnerungsführers zu bewilligen. Im Anschluss nahmen die Kläger die Klage zurück. Der Beklagte erklärte sich bereit, die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu einem Viertel zu tragen. Die beiden anderen Verfahren betrafen die vorläufige und endgültige Leistungsbewilligung für den gleichen Zeitraum zu den Aktenzeichen S ... und S ... Das Sozialgericht hat diese beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Nachdem die Kläger weitere Unterlagen eingereicht haben, hat das Sozialgericht diese Klagen auf eine mündliche Verhandlung vom 1. September 2017, welche 58 Minuten gedauert hat, abgewiesen. Dagegen haben die Kläger Berufung eingelegt, welche noch beim Senat anhängig ist (Aktenzeichen L ...).

Am 6. September 2016 beantragte der Erinnerungsführer, die aus der Landeskasse zu erstattende Vergütung auf insgesamt 484,63 EUR festzusetzen. Dabei legte er eine Verfahrensgebühr nebst Erhöhungsgebühr in Höhe der Mittelgebühr von 323,00 EUR und eine Terminsgebühr von 200,00 EUR zu Grunde. Zuzüglich der Pauschale für Post und Telekommunikation von 20,00 EUR und der Mehrwertsteuer von 103,17 EUR ergaben sich 646,17 EUR. Davon beanspruchte der Erinnerungsführer 75 %, also 484,63 EUR.

Mit Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss vom 23. Januar 2017 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die aus der Landeskasse zu erstattende Vergütung auf 193,97 EUR fest. Die Verfahrensgebühr sei in Höhe der Mindestgebühr von 88,00 EUR angemessen. Denn es seien für die Bestimmung der Gebühr lediglich anwaltliche Tätigkeiten seit dem 1. Februar 2016 berücksichtigungsfähig, weil an diesem Tag die vollständigen Prozesskostenhilfe-Unterlagen bei Gericht eingegangen seien. Davon ausgehend seien der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als weit unterdurchschnittlich anzusehen. Die Terminsgebühr sei in Höhe von einem Drittel der Mittelgebühr, 67,00 EUR, angemessen, da in dem Termin drei Verfahren verhandelt worden seien. Die Auslagenpauschale reduziere sich damit auf 8,00 EUR und die Umsatzsteuer auf 30,97 EUR.

Dagegen hat der Erinnerungsführer am 31. Januar 2017 das Gericht angerufen. Eine entsprechende Einschränkung der Bewilligung habe im Beschluss zu erfolgen. Vorliegend fehle es daran, so dass davon auszugehen sei, dass die Prozesskostenhilfe von Beginn an bewilligt wurde.

Mit Beschluss vom 6. März 2018 hat das Sozialgericht die zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf insgesamt 247,52 EUR festgesetzt und die Erinnerung im Übrigen zurückgewiesen. Die Verfahrensgebühr sei nicht in Höhe der beantragten Mittelgebühr entstanden, sondern nur in Höhe der Mindestgebühr. Maßgeblich seien die Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt des Eingangs des vollständigen PKH-Antrags mit den Unterlagen am 1. Februar 2016; hier ließen sich aber keine anwaltlichen Tätigkeiten feststellen. Grundsätzlich wirke die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht auf den Zeitpunkt vor der Antragstellung zurück, sondern höchstens bis zum Zeitpunkt der Antragstellung. Eine solche sei anzunehmen, sofern zu diesem Zeitpunkt alle vom Antragsteller beizubringenden Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe vorlagen. Für die Zeit nach der Antragstellung werde Prozesskostenhilfe ab dem Zeitpunkt der Bewilligungsreife gewährt. Für einen bewilligungsreifen Prozesskostenhilfeantrag bedürfe es daher der rechtzeitigen und vollständigen Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und der entsprechenden Belege. Denn das Gericht sei erst ab diesem Zeitpunkt in der Lage, über die beantragte Prozesskostenhilfe zu entscheiden. Insoweit hätten es die Antragsteller in der Hand, bereits bei Antragstellung einen bewilligungsreifen Antrag einzureichen. Die Terminsgebühr erscheine allerdings in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr, mithin 100,00 EUR, angemessen. Zuzüglich der Verfahrensgebühr von 88,00 EUR, der Postpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer von 39,52 EUR ergäben sich 247,52 EUR.

Gegen den ihm am 16. März 2018 zugestellten Beschluss hat der Erinnerungsführer am 20. März 2018 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist er darauf, dass der Beschluss des Sozialgerichts gegen § 48 Abs. 4 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) verstoße. Außerdem beruft er sich auf den Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 24. September 2008 – L 19 B 21/08 AS. Da hier die wesentliche Tätigkeit, die Klagebegründung, unter dem 13. August 2013 gefertigt worden sei, müsse er bei dem als maßgeblich angesehenen Zeitpunkt 1. Februar 2016 trotz Bewilligung von Prozesskostenhilfe direkt bei den Klägern abrechnen. Dass das nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sein könne, liege auf der Hand.

Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss vom 6. März 2018 und den Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss vom 23. Januar 2017 zu ändern und die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf insgesamt 484,63 EUR festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verweist auf die angefochtenen Entscheidungen des Sozialgerichts Magdeburg.

Mit Beschluss vom 14. Mai 2020 hat der Berichterstatter das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache dem Senat übertragen.

Die Gerichtsakten zu diesem und zu den Verfahren S ..., S ... und S ... haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten ergänzend verwiesen.

II.

Die Beschwerde, über die der Senat nach der Übertragung gemäß §§ 1 Abs. 3, 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG entscheidet, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes für den Erinnerungsführer 200,00 EUR gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG. Auch hat der Erinnerungsführer die Beschwerde gemäß § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG binnen 2 Wochen nach Zustellung des Beschlusses des Sozialgerichts eingelegt.

Die Beschwerde ist teilweise begründet. Der Erinnerungsführer hat einen Anspruch auf eine höhere Vergütung im tenorierten Umfang.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG).

Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG (VV RVG). Die Höhe der Rahmengebühren bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); außerdem ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht abschließend, so dass weitere (unbenannte) Kriterien mit einbezogen werden können. Sämtliche heranzuziehende Kriterien stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander. Für jede Rahmengebühr ist dabei eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. März 2017 - L 4 AS 141/16 B, zitiert nach juris Rn. 36). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sog. "Toleranzgrenze") von 20 % zusteht (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 21/09, zitiert nach juris Rn. 19; Thüringer LSG, Beschluss vom 27. Oktober 2016 – L 6 SF 1611/15 B, zitiert nach juris Rn. 15). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet hat; in diesem Falle erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren (Thüringer LSG, a. a. O.).

Bei der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG handelt es sich um eine Tätigkeitsgebühr, mit der jede prozessuale Tätigkeit eines Rechtsanwalts abgegolten wird, für die das RVG keine gesonderte Gebühr vorsieht. Sie entsteht für das Betreiben eines Geschäfts einschließlich der Information und gilt u. a. für die Prüfung der Schlüssigkeit der Klage durch den Rechtsanwalt anhand von Rechtsprechung und Literatur, die im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Verfahren notwendigen Besprechungen sowie den Schriftwechsel des Rechtsanwalts mit dem Auftraggeber, Dritten, Gericht oder Sachverständigen, ferner die Mitwirkung bei der Auswahl und Beschaffung von Beweismitteln, die Sammlung und den Vortrag des aus der Sicht des Rechtsanwalts relevanten Stoffs sowie das Anbieten von Beweismitteln (Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 210). Der durchschnittliche Umfang der anwaltlichen Tätigkeit hat sich dabei am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung und dem Ablauf des Verfahrens, hier des sozialgerichtlichen Verfahrens, zu orientieren. Von Bedeutung ist darüber hinaus auch, welchen Einsatz der Rechtsanwalt im Einzelnen erbringen muss. Zu berücksichtigen ist dabei zum Beispiel das Lesen der Verwaltungsentscheidung, die Beratung mit dem Mandanten, das Aktenstudium, das Anfertigen von Notizen, bei Geltendmachung eines Anspruchs die Darlegung, wie sich dieser rechnerisch ermittelt, und zwar unter Eingehung auf die streitigen Rechtsvorschriften sowie die Heranziehung von Kommentarliteratur und einschlägiger Rechtsprechung (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. März 2017 - L 4 AS 141/16 B, zitiert nach juris Rn. 37).

Es entspricht dabei allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen (LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O., Rn. 38). Dabei kann im Übrigen die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden (BSG, a. a. O., Rn. 38).

Nach diesen Grundsätzen erscheint der Ansatz der Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr unbillig. Denn der Erinnerungsführer hat die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG auch unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet.

Billig erscheint vielmehr eine Verfahrensgebühr in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr.

Allerdings ist das Sozialgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass hierfür die Tätigkeit des Erinnerungsführers vor der Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu berücksichtigen sei. Stattdessen ist die gesamte Tätigkeit des Erinnerungsführers im Klageverfahren bei der Bestimmung der Höhe der Verfahrensgebühr mit einzubeziehen.

Das Sozialgericht hat den Klägern im Erörterungstermin am 26. Juli 2016 Prozesskostenhilfe bewilligt, ohne einen Zeitraum der Bewilligung zu bestimmen. Bei dieser Sachlage ist nach Auffassung des Senats der Beschluss dahingehend auszulegen, dass die Prozesskostenhilfe ab der erstmaligen Antragstellung bewilligt worden ist, ohne dass es darauf ankommt, wann die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht worden ist.

Diese Auslegung ergibt sich entgegen der Auffassung des Erinnerungsführers aber nicht bereits aus § 48 Abs. 4 RVG. Die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Abs. 1 RVG Betragsrahmengebühren entstehen, erstreckt sich danach auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist (Satz 1). Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit (Satz 2).

Diese Vorschrift ist im vorliegenden Verfahren aber nicht anwendbar. Denn gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte legt der Senat als Zeitpunkt der Auftragserteilung die Klageerhebung am 7. Januar 2013 zugrunde. Seinen jetzigen Wortlaut erhielt § 48 Abs. 4 RVG aber erst zum 1. August 2013.

Wesentlich ist vielmehr, dass eine zeitlich beschränkte Bewilligung immer auch eine teilweise Ablehnung der Prozesskostenhilfe beinhaltet. Und eine solche teilweise Ablehnung kann nur im Bewilligungs- und Beiordnungsbeschluss vorgenommen werden, nicht dagegen im Beschluss über die Festsetzung der Höhe der Vergütung. Anderenfalls würde dies faktisch eine Korrektur bzw. Aushebelung des Bewilligungsbeschlusses bedeuten. Die Frage, ob die Bewilligung zeitlich beschränkt werden soll, ist daher nach der Systematik des RVG bereits bei Abfassung des Bewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses umzusetzen, nicht aber bei der späteren Kostenfestsetzung. Letzteres würde auf eine inhaltliche Änderung der Bewilligung und Beiordnung hinauslaufen, wofür jedoch keine Zuständigkeit im Rahmen der Kostenfestsetzung gegeben ist (so LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O., Rn. 42, für den Fall einer im Bewilligungsbeschluss vorgenommenen zeitlichen Beschränkung). Entsprechend ist es im Vergütungsfestsetzungsverfahren bindend, wenn das Gericht im Bewilligungsbeschluss eine zeitliche Beschränkung vorgenommen hat. Gleiches muss dann aber auch im umgekehrten Fall gelten, wenn das Gericht im Bewilligungsbeschluss gerade keine zeitliche Beschränkung vorgenommen hat. Der Beschluss ist dann dahingehend auszulegen, dass die Prozesskostenhilfe ab Antragstellung bewilligt wurde, weil für die Zeit zwischen Antragstellung und Beschlussfassung keine Ablehnungsentscheidung erfolgt ist (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. Oktober 2005 – L 3 B 9/05 RJ, Seite 6). Dann kann im Festsetzungsverfahren keine Reduzierung der Gebühr mit der Begründung erfolgen, dass das Gericht die Prozesskostenhilfe erst ab einem bestimmten Zeitpunkt hätte bewilligen dürfen. Vielmehr wurde die Prozesskostenhilfe dann mit der erstmaligen Antragstellung bewilligt, und, wenn die Antragstellung bereits mit der Klageerhebung erfolgt ist, für das gesamte erstinstanzliche Verfahren (so wohl auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. April 2017 – L 3 R 136/17 B, zitiert nach juris Rn. 8).

Für eine wirksame Antragstellung in diesem Sinne bedarf es auch nicht der Einreichung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst entsprechenden Nachweisen. Das folgt bereits aus dem Wortlaut von § 117 Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Danach ist dem Antrag eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen. Das lässt den Rückschluss zu, dass ein Antrag auch vorliegt, wenn die Erklärung noch nicht eingereicht worden ist. Mit der Einreichung der vollständig ausgefüllten Erklärung nebst entsprechenden Belegen liegt vielmehr die so genannte Bewilligungsreife vor, welche über die bloße Antragstellung hinausgeht. Für eine einschränkende Auslegung dahingehend, dass eine vollständige Antragstellung erst mit der Bewilligungsreife vorliegt, besteht auch kein praktisches Bedürfnis. Denn wenn die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst entsprechenden Nachweisen nicht zeitnah vorgelegt werden sollte, hat das Gericht nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO die Möglichkeit, hierfür eine Frist zu setzen und die Prozesskostenhilfe nach fruchtlosem Fristablauf abzulehnen.

Danach lag hier die Antragstellung bereits mit der Klageerhebung am 7. Januar 2013 vor. Darauf kommt es auch an, nachdem das Sozialgericht im Beschluss vom 26. Juli 2016 keine zeitliche Beschränkung der Bewilligung vorgenommen hat.

Gleichwohl hat der Erinnerungsführer nur Anspruch auf eine Verfahrensgebühr in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr.

Denn auch unter Berücksichtigung der Klageschrift und der Klagebegründung waren Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im vorliegenden Fall unterdurchschnittlich. Die Abfassung von 2 Schriftsätzen, welche insgesamt 3 Seiten umfassen, entspricht nicht dem durchschnittlichen Umfang anwaltlicher Tätigkeit in sozialgerichtlichen Verfahren, sondern ist unterdurchschnittlich. Eine ausführliche Klagebegründung nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe hatte der Erinnerungsführer am 19. August 2013 auch angekündigt. Dazu kam es dann aber nicht mehr, offenbar deshalb, weil die Kläger im Erörterungstermin am 26. Juli 2016 erkannt haben, dass der im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Zeitraum auch Gegenstand der weiteren dort verhandelten Verfahren war und die vorliegende Klage damit unzulässig. Angesichts dieser Problematik geht der Senat von einer allenfalls durchschnittlichen Schwierigkeit des vorliegenden Verfahrens aus. Denn es ist für einen Anwalt nicht schwierig zu erkennen, welche Bewilligungszeiträume Gegenstand der angefochtenen Bescheide sind. Dementsprechend ist es ebenfalls nicht schwierig zu erkennen, dass eine Klage unzulässig ist, wenn die gleichen Zeiträume bereits Gegenstand von zuvor erhobenen Klagen sind.

Die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger war zwar deutlich überdurchschnittlich, weil es um die Erstattung von Leistungen nach dem SGB II ging. Allerdings waren ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse wegen des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II deutlich unterdurchschnittlich, so dass die überdurchschnittliche Bedeutung hierdurch kompensiert wird.

Ein besonderes Haftungsrisiko für den Erinnerungsführer oder weitere zu berücksichtigende Kriterien sind nicht ersichtlich.

Angesichts dessen erscheint eine Verfahrensgebühr in Höhe von mehr als 2/3 der Mittelgebühr nicht billig.

Anzuwenden ist gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG das Vergütungsverzeichnis in der zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 7. Januar 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: alte Fassung [aF]). Zusätzlich ist zu beachten, dass die Verfahrensgebühr in der nach Nr. 3103 VV RVG aF reduzierten Höhe zu berücksichtigen ist, weil eine Tätigkeit des Erinnerungsführers im Widerspruchsverfahren vorausgegangen ist. Bei dem danach maßgebenden Rahmen von 20,00 EUR bis 320,00 EUR beträgt die Mittelgebühr folglich 170,00 EUR. 2/3 davon ergeben 113,33 EUR. Die Verfahrensgebühr ist allerdings wegen der

Tätigkeit für insgesamt 5 Kläger nach Nr. 1008 VV RVG um 120 %, also 136,00 EUR, zu erhöhen. So errechnen sich 249,33 EUR.

Hinsichtlich der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG aF beträgt die Mittelgebühr bei dem vorgesehenen Rahmen von 20,00 EUR bis 380,00 EUR folglich 200,00 EUR. Hier ist das Sozialgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Mittelgebühr unbillig ist, weil in dem Erörterungstermin 3 Verfahren verhandelt worden sind, welche zumindest ähnlich gelagerte Sachverhalte betrafen. Da der Termin insgesamt mit 65 Minuten überdurchschnittlich lang dauerte, erscheint eine Reduzierung auf 1/3 der Mittelgebühr, wie noch mit dem Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss vom 23. Januar 2017 erfolgt, allerdings zu gering. Sachgerecht erscheint dem Senat vielmehr eine Terminsgebühr in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr mit 100,00 EUR wie im Beschluss des Sozialgerichts vom 6. März 2018 berücksichtigt.

Hinzu kommt die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG i.H.v. 20,00 EUR.

Auf die sich so ergebende Vergütung von 369,33 EUR ist nach Nr. 7008 VV RVG die Umsatzsteuer in voller Höhe (19 %) zu berücksichtigen, also weitere 70,17 EUR.

Damit errechnet sich eine gesamte Vergütung von 439,50 EUR. Allerdings hat der Erinnerungsführer im vorliegenden Verfahren nur 75 % der Vergütung geltend gemacht. Das führt zu einem Anspruch von 329,63 EUR. Entsprechend waren die Beschlüsse des Sozialgerichts zu ändern.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2, 3 RVG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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