L 3 R 217/19

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 R 216/16
Datum
-
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 217/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 121/20 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) streitig.

Die am ... 1967 geborene Klägerin absolvierte von 1984 bis 1987 erfolgreich eine Ausbildung zur Datenerfasserin und war bis Dezember 1993 bei der ... versicherungspflichtig beschäftigt. Von Februar 1995 bis Juli 2001 arbeitete sie als Verkäuferin. Seitdem ist sie als Retourenbearbeiterin sieben Stunden täglich/35 Stunden wöchentlich versicherungspflichtig beschäftigt.

Das Landesverwaltungsamt ... hat bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 30 wegen einer Funktionsbehinderung der Lendenwirbelsäule (LWS) mit leichter Fußheberschwäche nach zweimaliger Bandscheibenoperation ab dem 1. Oktober 2009 anerkannt. Seit 2015 ist sie einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Ihren am 13. Mai 2015 bei der Beklagten gestellten Rentenantrag begründete die Klägerin mit starken Rückenschmerzen und häufigen krankheitsbedingten Ausfällen. Nach ihrer Auffassung könne sie nur noch leichte körperliche Arbeiten in geschützten Räumen vier Stunden täglich verrichten. Die Beklagte zog die Angaben der B. über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bei und ließ die von der Klägerin mit dem Rentenantrag vorgelegten ärztlichen Unterlagen, u.a. die Kernspintomografie der LWS vom 11. Dezember 2014 sowie die Epikrisen des Klinikums ... vom 27. Januar/9. Februar 2015 über die Behandlung des Radikulärsyndroms L5 bei der Klägerin und den Bericht des Sport- und Rehacentrums ... vom 7. April 2015 über die ganztägig ambulant durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme vom 4. bis zum 31. März 2015 von ihrem Sozialmedizinischen Dienst (Dipl.-Med. L.) unter dem 3. August 2015 auswerten.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab. Unter Berücksichtigung aller ausgewerteten Befunde sei ärztlicherseits noch ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen der Klägerin für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen festgestellt worden. Zu vermeiden seien häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie häufiges Bücken und Hocken. Anhaltspunkte dafür, dass eine Erwerbstätigkeit nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeübt werden könne, seien nicht ersichtlich (Bescheid vom 7. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2016).

Mit der am 11. April 2016 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat die Klägerin ihren Rentenanspruch weiterverfolgt und ihre Begründung aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt.

Das Sozialgericht hat Behandlungs- und Befundberichte von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. D. vom 12. Juli 2018 und von den Fachärzten für Neurochirurgie Dres. M., P. u. J. - ohne Datum - (eingegangen am 2. November 2018) eingeholt. Dr. D. hat angegeben, die Klägerin sei zuletzt am 8. März 2018 bei ihm in Behandlung gewesen. Seit Dezember 2018 (es hätte 2017 heißen müssen) seien bei den Konsultationen vermehrte Kopfschmerzen mit erheblicher Intensität, Dauer- und Therapieresistenz angegeben worden. In den Jahren zuvor hätten die LWS-Beschwerden mit Radikulopathie deutlich im Vordergrund gestanden. Einschränkungen bestünden beim Heben und Tragen von Lasten über fünf kg, beim langen Stehen, bei Arbeiten in Kälte und Nässe, unter erheblichem Zeitdruck (allgemeinem Stress) und langem Sitzen. Der vereinbarte Termin am 4. Mai 2018 sei nicht wahrgenommen worden. Die Klägerin arbeite zurzeit in der Retourenbearbeitung und klage beim Sitzen über vier Stunden über Schmerzen und Parästhesien lumbal im linken Bein (Fußheberschwäche). Die Beschwerden seien medikamentös behandelt worden. Dres. M., P. u. J. haben mitgeteilt, die Klägerin letztmalig im Januar 2018 behandelt zu haben. Schließlich hat sich das Sozialgericht von der B. Zeiten die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab Mai 2015 übermitteln lassen. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 73 bis 96, 112 bis 118 und 125 bis132 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Mit Urteil vom 16. Mai 2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine rentenbegründende Minderung der Erwerbsfähigkeit habe bei der Klägerin nicht festgestellt werden können. Ausweislich der ärztlichen Dokumentationen leide die Klägerin wesentlich unter Gesundheitsstörungen der LWS. Aufgrund der damit einhergehenden Funktionsstörungen sei die Erwerbsfähigkeit auf leichte körperliche Arbeit im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen ohne häufiges Bücken, Hocken und Überkopfarbeiten ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen und besonderen Zeitdruck sowie ohne Einfluss von Kälte und Nässe vermindert. Tätigkeiten mit diesem Anforderungsprofil könne die Klägerin unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Insoweit folge die Kammer dem sozialmedizinischen Leistungsvotum im Rehabilitationsabschlussbericht vom 7. April 2015 sowie den Einschätzungen des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten. Eine andere Sicht der Dinge ergebe sich auch nicht aus den Befundberichten der die Klägerin behandelnden Ärzte. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die LWS-Erkrankung seit Juli 2015 keine Arbeitsunfähigkeit mehr begründet habe und dies, obwohl die Klägerin seit Rentenantragstellung weiterhin als Retourenbearbeiterin für täglich sieben Stunden erwerbstätig sei.

Gegen das ihr am 7. Juni 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. Juli 2019 (einem Montag) Berufung beim Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt eingelegt. Soweit das Sozialgericht dem sozialmedizinischen Leistungsvotum im Rehabilitationsabschlussbericht und den Einschätzungen des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten gefolgt sei, sei nicht auszuschließen, dass sich die Gesundheitsstörungen der LWS verschlechtert hätten. Außerdem sei unberücksichtigt geblieben, dass sie inzwischen unter migräneartigen Kopfschmerzen, Gefühlsstörungen in der rechten Hand sowie Schwindel leide. Rückenschmerzen könnten verschiedene Ursachen haben, sodass als Facharzt ein Orthopäde, Neurologe, Chiropraktiker oder auch Internist infrage kämen. Behandelt worden sei sie jedoch nur durch eine Fachärztin für Neurochirurgie. Zur Einschätzung ihrer Leistungsfähigkeit sei eine fachärztliche Begutachtung sowohl durch einen Orthopäden, einen Chiropraktiker und durch einen Internisten erforderlich, um ihr gerecht zu werden.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. Mai 2019 und den Bescheid der Beklagten vom 7. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat den Versicherungsverlauf für die Klägerin vom 7. Februar 2020 beigezogen. Darin sind weiterhin fortlaufend Pflichtbeitragszeiten aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung gespeichert, zuletzt für das Jahr 2019 für ein versichertes Entgelt in Höhe von 43.737,00 EUR.

Mit dem der Klägerin am 13. März 2020 zugestellten gerichtlichen Schreiben vom 5. März 2020 ist darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt sei, über die Berufung durch Beschluss zu entscheiden, da die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hielten (Hinweis auf § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Die Beklagte hat eine Abschrift des Schreibens vom 5. März 2020 erhalten. Die Beteiligten haben sich hierzu nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Ihr steht ein Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht zu.

Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, die er sich nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Auch das Vorbringen im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Die Klägerin ist offenkundig auch weiterhin in der Lage, sieben Stunden täglich und 35 Stunden wöchentlich vollwertig als Retourenbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt zu sein. Länger andauernde Arbeitsunfähigkeitszeiten sind ab Rentenantragstellung nicht aufgetreten. Soweit die Klägerin auch gegenüber ihrem Hausarzt Dr. D. angegeben hat, nach vier Stunden sitzender Tätigkeit unter starken Rückenschmerzen und einer Fußheberschwäche zu leiden, ist sie bereits im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme vom Sport- und Rehacentrum ... im April 2015 darauf hingewiesen worden, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form eines höhenverstellbaren Schreibtisches in Betracht kämen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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