L 3 R 22/19

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 46 RS 40/13
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 22/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Feststellung weiterer Entgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) hat.

Die am ... 1942 geborene Klägerin erwarb ausweislich des Zeugnisses der Fachschule für Gesundheits- und Sozialwesen P. vom 1. März 1982 die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Medizinpädagoge (Lehrkraft für den berufspraktischen Unterricht)" zu führen. Vom 1. Dezember 1981 bis zum 30. Juni 1990 war sie als Fachschullehrerin an der Medizinischen Akademie M. bzw. der Medizinischen Fakultät der O. U. M. beschäftigt. Die Klägerin wurde ausweislich der Urkunde der Staatlichen Versicherung der DDR vom 3. November 1982 mit Wirkung ab dem 1. September 1982 in die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (im Folgenden: AVI) einbezogen. Vom 1. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 zahlte die Klägerin Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).

Mit Bescheid vom 8. August 2001 stellte die Beklagte den Zeitraum vom 1. Oktober 1981 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVI mit den entsprechenden Entgelten fest. Dabei stellte sie als sonstige Tatsachen die Arbeitsausfalltage fest, insbesondere für die Jahre 1987 43, für 1988 67 und für 1990 28.

Am 7. März 2011 beantragte die Klägerin die Feststellung zusätzlicher Entgelte. Das U. Klinikum M. bescheinigte der Klägerin unter dem 11. August 2011 zunächst von 1983 bis zum 30. Juni 1990 die Gewährung einer jährlichen zusätzlichen Vergütung im Rahmen des Tages für Mitarbeiter des Gesundheits- und Sozialwesens (bis 1985: 450,00 M, danach bis zum 30. Juni 1990: 600,00 M), die nicht sozialversicherungs- und/oder steuerpflichtig gewesen sei. Mit Schreiben vom 8. September 2011 zog das U. Klinikum diese Bescheinigung zurück. Die Entgeltbescheinigung sei auf der Grundlage einer falschen Rechtsgrundlage ausgestellt worden und somit nicht verwertbar. Für Fachschullehrer an Medizinischen Fachschulen habe kein Anspruch auf Zahlung einer Prämie oder jährlichen zusätzlichen Vergütung bestanden. Daraufhin lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag der Klägerin mit Bescheid vom 13. September 2011 mit der Begründung ab, der ursprüngliche Bescheid vom 8. August 2001 könne nicht nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) zurückgenommen bzw. geändert werden, weil die von der Klägerin begehrten zusätzlichen Arbeitsverdienste weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien. Im Rahmen des nachfolgenden Widerspruchsverfahrens half die Beklagte dem Widerspruch insofern teilweise ab, als sie für das Jahr 1983 weitere 200,00 M als erzieltes Arbeitsentgelt feststellte (Bescheid vom 6. November 2012). Grundlage hierfür war ein Schreiben der Medizinischen Akademie M. vom 20. Dezember 1983, ausweislich dessen der Klägerin in Anerkennung ihrer guten Leistungen eine Prämie in Höhe von 200,00 M überreicht worden war. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. April 2013 zurück. Zur Begründung führte sie aus, aufgrund der vom Bundessozialgericht (BSG) vorgegebenen objektiven Beweislast könnten zusätzliche Geldleistungen nur festgestellt werden, wenn nachgewiesen sei, dass der Versicherte die Zahlungen erhalten habe und in welcher Höhe diese erfolgt seien (Hinweis auf Urteil des BSG vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R -). Einen derartigen Nachweis habe die Klägerin nicht erbracht. Insbesondere sei aus den von ihr eingesandten Kontoauszügen und Gehaltsstreifen der Zufluss höherer Arbeitsentgelte (Prämien) nicht ersichtlich. Aus den Unterlagen gehe nicht hervor, um welche Art Zahlungen es sich bei den ausgewiesenen Beträgen gehandelt habe. Insbesondere komme eine Berücksichtigung der sogenannten jährlichen zusätzlichen Vergütung für Mitarbeiter des Gesundheitswesens für die Klägerin nicht in Betracht. Als Fachschullehrerin an der Medizinischen Akademie M. sei sie als pädagogische Mitarbeiterin nach dem Rahmenkollektivvertrag des Fachschulwesens entlohnt worden. Mithin habe sie nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis im Sinne der Vereinbarung zur Zahlung der jährlichen zusätzlichen Vergütung vom 15. November 1979 (Mitarbeiter des Gesundheits- und Sozialwesens) gehört. Eine Bestimmung der jährlichen zusätzlichen Vergütung habe insoweit nicht erfolgen können.

Dagegen hat die Klägerin am 25. April 2013 Klage beim Sozialgericht M. erhoben und zur Begründung vorgetragen, sie habe einen Anspruch auf Anerkennung höherer Arbeitsverdienste nach dem AAÜG wegen der ihr gewährten Prämienzahlungen in der Zeit als Fachschullehrerin im Rahmen ihrer Beschäftigung an der Medizinischen Fachschule der Medizinischen Akademie M ... Die Medizinische Schule der Medizinischen Akademie M. sei 1974 in die Medizinische Fachschule umbenannt worden. Diese Medizinische Fachschule sei von einem Direktor geleitet worden, der dem Rektor der Medizinischen Akademie als eigenständige Struktureinheit unterstellt gewesen sei. Diese Struktureinheit sei mit einer Klinik oder einem Institut vergleichbar. Entsprechend der Festlegungen der §§ 5 und 6 der Zweiten Durchführungsbestimmung vom 20. Mai 1974 zur Verordnung über die Aufgaben der Ingenieur- und Fachschulen der DDR sei vom Minister für Hoch- und Fachschulwesen der Direktor berufen worden. Die Medizinische Fachschule an der Medizinischen Akademie M. habe wie alle anderen Struktureinheiten der Akademie jährlich einen Lohn- und Prämienfonds zur Verfügung gestellt erhalten. Hiervon seien 50 % für zentrale Feierlichkeiten verwendet worden und die weiteren 50 % hätten der jeweiligen Struktureinheit zur Verfügung gestanden. Auch in der Medizinischen Fachschule sei eine jährliche Zusatzvergütung an die Fachschullehrer ausgezahlt worden. Diese seien zu unterschiedlichen Feierlichkeiten (Tag des Lehrers, Schuljubiläum oder Dienstjubiläum) zur Auszahlung gekommen. Diese Prämien seien kein Bestandteil des normalen Bruttoverdienstes gewesen, sondern seien extra ausgezahlt worden. Hierfür hätten die Empfänger jeweils quittieren müssen. Originalprämienbelege seien zwar nicht mehr vorhanden. Sie - die Klägerin - könne die Prämienzahlungen jedoch durch die eidesstattliche Erklärung des ehemaligen Direktors der Medizinischen Fachschule der Medizinischen Akademie M., W. G., nachweisen. Die genaue Prämienzahlung sei durch den Leiter individuell festgelegt worden. Ein fester Termin habe nicht existiert. Mögliche Termine seien der Lehrertag, der Tag des Gesundheitswesens, der Frauentag oder das Jahresende gewesen. Die Prämie sei in bar ausgezahlt worden. Die Klägerin hat eine weitere eidesstattliche Erklärung der ehemaligen Verwaltungsleiterin der Medizinischen Fachschule der Medizinischen Akademie M., I. R., vorgelegt. Wegen der eidesstattlichen Erklärungen wird auf Blatt 18 f. der Gerichtsakten verwiesen.

Die eidesstattliche Erklärung von W. G. vom 2. Juli 2013 hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

"Hiermit bekunde ich, W. G., als ehemaliger Direktor der Medizinischen Fachschule der Med. Akademie M., dass
1. die Zusätzliche Versorgung der Pädagogen in Einrichtungen der Volks- und Berufsbildung, eingeführt mit Wirkung vom 1. September 1976, auch für die Lehrkräfte dieser Schule Gesetzeskraft hatte,
2. mit dem Erhalt der Urkunde für die Altersversorgung der Intelligenz die Gleichstellung mit den Lehrern der Berufsbildung in der DDR vollzogen wurde.
3. in meiner Funktion als Leiter dieser Einrichtung gewährte ich in Übereinstimmung mit der zuständigen Gewerkschaftsleitung eine Jahresleistungsprämie der Mitarbeiterin,
4. die Zahlungen der Jahresleistungsprämien wurden für besondere Leistungen auf der Grundlage des Prämienfonds der Medizinischen Fachschule der Med. Akademie M. gezahlt aus Anlass zu verschiedenen Feiertagen, wie zum internationalen Frauentag, Lehrertag, Tag des Gesundheitswesens oder als Jahresleistungsprämien.
5. die Zahlungen der Jahresleistungsprämien für die ehemalige Kollegin M. S. wurden als Bargeld in den folgenden Jahren ausgezahlt, welche nicht SV- und steuerpflichtig waren."
In der Folge bestätigte W. G. für 1983 bis 1985 jährliche Zulagen in Höhe von 450,00 M und für 1986 bis zum 30. Juni 1990 jährliche Zulagen in Höhe von 600,00 M.

Die eidesstattliche Erklärung von I. R. vom 16. Juli 2013 hat - auszugsweise -folgenden Wortlaut:

"Hiermit bekunde ich, I. R., als ehemalige Verwaltungsleiterin der Medizinischen Fachschule der Med. Akademie M. in den Jahren 1974 bis 1991 das
1. die Zusätzliche Versorgung der Pädagogen in Einrichtungen der Volks- und Berufsbildung, eingeführt mit Wirkung vom 1. September 1976, auch für die Lehrkräfte dieser Schule Gesetzeskraft hatte,
2. mit dem Erhalt der Urkunde für die Altersversorgung der Intelligenz die Gleichstellung mit den Lehrern der Berufsbildung in der DDR vollzogen wurde,
3. in meiner Funktion als Verwaltungsleiterin dieser Einrichtung bestätige ich, dass die Mitarbeiterin in Übereinstimmung mit der zuständigen Schulleitung, unter den Leitungen von Herrn W. G. und Frau I. M., der Gewerkschaftsleitung und der Parteileitung eine Jahresleistungsprämie erhielt,
4. die Zahlungen der Jahresleistungsprämien wurden für besondere Leistungen auf der Grundlage des Prämienfonds der Medizinischen Fachschule der Med. Akademie M. gezahlt aus Anlass zu verschiedenen Feiertagen, wie zum internationalen Frauentag, 1. Mai, Lehrertag, Tag der Republik, Tag des Gesundheitswesens oder als Jahresleistungsprämien.
5. die Zahlungen wurden persönlich in meinem Büro auf einer Liste quittiert, die dann der Finanzbuchhaltung der Med. Akademie M. zugesandt wurde,
6. die Zahlungen der Jahresleistungsprämien für die ehemalige Kollegin M. Sc. wurden als Bargeld in den folgenden Jahren ausgezahlt, welche nicht SV- und steuerpflichtig waren."
In der Folge hat I. R. Zulagen in Höhe von 450,00 M jährlich für 1983 bis 1985 sowie in Höhe von 600,00 M jährlich für die Zeit von 1986 bis zum 30. Juni 1990 bestätigt.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. September 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es habe gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden können, da der Sachverhalt geklärt sei und auch in rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweise. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte weitere Arbeitsentgelte "in Form der Bergmannsprämie" feststelle. Das Sozialgericht sei zum einen der Ansicht, dass die Bergmannsprämie wie auch die Jahresendprämie nicht zu den zu berücksichtigenden Entgelten gehöre. In der weiteren Begründung hat das Sozialgericht aus einem Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 28. Juli 2010 (S 24 R 1318/08) zitiert und sich diesen Ausführungen angeschlossen. Die von der Klägerin geltend gemachten zusätzlichen Prämien seien steuer- und sozialversicherungsfrei gewesen und insoweit nicht zu berücksichtigen.

Gegen den ihr am 23. September 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18. Oktober 2013 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie gehe weiter davon aus, dass die einmal jährlich gezahlte Prämie, welche mit zwei Dienstjahren max. 450 M, nach fünf Dienstjahren max. 600 M und nach zehn Dienstjahren max. 750 M betragen habe, als tatsächlich gezahltes Arbeitsentgelt zu berücksichtigen sei. Sie habe spätestens im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren die behaupteten Zahlungen der Prämie nachgewiesen bzw. aber zumindest glaubhaft gemacht. Mit der Vorlage der von ihr benannten Beweismittel und insbesondere auch mit den Erklärungen von W. G. und I. R. könne bei entsprechender lebensnaher Beweiswürdigung davon ausgegangen werden, dass ihr die behaupteten Zahlungen zumindest überwiegend wahrscheinlich tatsächlich zugeflossen seien. Für die geltend gemachten Jahre 1981 und 1982 könne unter Bezugnahme auf das Urteil des Sächsischen LSG vom 4. Februar 2014 (L 5 RS 462/13) der Betrag der gezahlten Prämie ebenfalls auf 450,00 M geschätzt werden, also die niedrigste Stufe der möglichen Prämienzahlung. Die Klägerin hat einen "Bestätigungsschreiben" von W. G. vom 7. Dezember 2011 eingereicht, derentwegen auf Blatt 94 der Gerichtsakten verwiesen wird. Darin ist ausgeführt, die Auszahlung der Prämien für besondere Leistungen sei entsprechend der verwaltungsseitigen bzw. gesetzlichen Vorgaben erfolgt. Darüber hinaus hat die Klägerin eine Verfügung der Direktorin Dr. Mu. vom 29. Mai 1989 über "Jahresleistungsprämien für Fachschullehrer" übersandt. Diesbezüglich wird auf Blatt 97 der Gerichtsakten verwiesen. Aus dieser Mitteilung sei zu entnehmen, wie die Jahresleistungsprämie für Fachschullehrer geregelt worden sei. Abhängig von der Anzahl der Jahre der pädagogischen Tätigkeit sowie der Zugehörigkeit zum Hoch- und Fachschulwesen sei eine gestaffelte Jahresprämie zum Tag des Lehrers ausgezahlt worden. Es habe sich hierbei nicht um eine Jahresendprämie gehandelt, sondern um eine zusätzliche Vergütung gemäß der Verordnung über eine jährliche zusätzliche Vergütung für Mitarbeiter in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens vom 15. November 1973. Die Zahlung der jährlichen Vergütung sei in bar erfolgt. Die Zahlungsempfänger hätten lediglich auf einer Liste für den Empfang der Barbeträge unterschrieben. Sie - die Klägerin - könne nach Rücksprache mit W. G. ergänzend Folgendes mitteilen: Es habe den zentralen Prämienfonds der Medizinischen Akademie M. gegeben. Ein Teil dieses zentralen Prämienfonds sei nach Absprache zwischen dem Rektor der Einrichtung und den Gewerkschaften unter der Verfügungshoheit des Rektors verblieben. Der zweite Teil sei nach Absprache zwischen dem Rektor, der Gewerkschaft und den Direktoren auf die Kliniken, Institute und medizinischen Fachschulen aufgeteilt worden. Dieser Teil des zentralen Prämienfonds habe sich dezentraler Prämienfonds genannt. Aus diesem anteiligen dezentralen Prämienfonds sei für die jeweiligen Einrichtungen der Sozialfonds, der Kulturfonds und der Prämienfonds gebildet worden. Die aus diesem Prämienfonds gezahlten Prämien seien als Ziel- oder Leistungsprämien gezahlt worden. Wenn noch Gelder vorhanden gewesen seien, seien Jahresleistungsprämien gezahlt worden. Die gezahlte Jahresleistungsprämie sei aber nicht gleichzusetzen mit der zusätzlichen Vergütung für Pädagogen. Die zusätzliche Vergütung der Pädagogen in Einrichtungen der Volks- und Berufsbildung sei mit Wirkung vom 1. September 1976 eingeführt worden. Danach hätten auch die Lehrer dieser Schulen kraft Gesetzes einen Anspruch auf Jahresendprämien gehabt. Dieser Anspruch sei mit Erhalt der Urkunde für die Altersversorgung der Intelligenz entstanden. Grundlage für die Höhe der gezahlten Gelder im Rahmen der zusätzlichen Vergütung für Pädagogen habe die Qualifikation und die Betriebszugehörigkeit der Kollegen, nicht die Leistung, gebildet. Die Gelder hierfür hätten nicht aus den zugeführten Fonds, also weder aus dem Sozial-, Kultur- noch aus dem Prämienfonds, gestammt. Die zu leistende Zahlung an den Mitarbeiter hätten diese Fonds auch nicht hergegeben. Auch deshalb nicht, weil die Schule nur einen Teil des Jahresleistungsfonds erhalten habe. Die gezahlten Gelder für die zusätzliche Vergütung der Pädagogen habe aus den Haushaltsunterlagen der Medizinischen Akademie zu entnehmen sein sollen. Es seien planmäßig zu zahlende und gezahlte Gelder gewesen, auf die der jeweilige Mitarbeiter einen Rechtsanspruch gehabt habe, wenn er den Beruf ausgeübt, die entsprechende Qualifikation gehabt und entsprechend lange dem Betrieb angehört habe. Insoweit sei davon auszugehen, dass es sich bei den Zahlungen um ein regelmäßiges Einkommen gehandelt habe, auch wenn dieses Einkommen teilweise fälschlich als Prämie bezeichnet werde, was zu Irritationen bezüglich der Zuordnung als Einkommen führe.

In der "Übersicht über anspruchsberechtigte Kollegen - Höhe Jahresleistungsprämie" (ohne Datum) sei sie - die Klägerin - auf Seite 2 namentlich unter 14. für die Abteilung MTA aufgeführt. Danach habe sie aufgrund der pädagogischen Tätigkeit im Hoch- und Fachschulwesen ab dem elften Jahr der Zugehörigkeit eine Prämienzahlung in Höhe von 650,00 M erhalten. Aus der von der Zeugin B. Z. (im Weiteren: Zeugin Z.) handschriftlich erstellten Liste (vom 29. August 1989) sei erkennbar, dass sie - die Klägerin - unter 14. mit einem Prämienbetrag von 650,00 M bedacht worden sei. Hinsichtlich einer weiteren, von der Zeugin Z. erstellten tabellarischen Aufstellung, in der der Name der Klägerin enthalten ist, wird auf Blatt 127 der Gerichtsakten verwiesen. Die Fachrichtungsleiter, in ihrem Falle die Zeugin Z., hätten schriftliche Zuarbeit an die Direktorin Dr. Mu. zu leisten gehabt, inwieweit der einzelne Kollege die vorgegebenen Leistungskriterien erfüllt habe (u.a. qualitäts- und termingerechte Erfüllung der Arbeitsaufgaben, Bereitschaft zur Übernahme zusätzlicher Aufgaben). Die Haken am Rande der Liste stammten von der Zeugin Z ... Sie seien eine persönliche Orientierung und gäben Auskunft über den Stand der anzufertigenden bzw. angefertigten Einschätzungen zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dabei bedeute "Haken" "Einschätzung fertig" und "minus" "Einschätzung zum Teil angefertigt". Wenn kein Zeichen vorhanden sei, habe die Einschätzung noch geschrieben werden müssen. Es sei zudem darauf hinzuweisen, dass sie - die Klägerin - im Zeitraum von 1981 bis 1991 neben der Lehrtätigkeit an der Schule mit Erfolg zwei Fernstudiengänge absolviert habe. Die weiteren Auszeichnungen, wegen derer auf Blatt 128 der Gerichtsakten verwiesen wird, wiesen auf eine kontinuierliche, gute Arbeit von ihr - der Klägerin - hin. Es werde deshalb davon ausgegangen, dass die Zugehörigkeit nach Dienstjahren, die Erfüllung der vorgegebenen Leistungskriterien, die Arbeit bei voller Stundenzahl und das durchgeführte Fernstudium ihren Anspruch auf den möglichen Höchstsatz rechtfertige. Schließlich hat die Klägerin noch eine "Einschätzung zur Jahresleistungsprämie 1989 Kolln. S." durch die Zeugin Z. vom 28. August 1989 zur Gerichtsakte gereicht. Diesbezüglich wird auf Blatt 139 f. der Gerichtsakten verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. September 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 13. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 8. August 2001 in der Gestalt des Bescheides vom 6. November 2012 teilweise zurückzunehmen und zusätzliche Arbeitsentgelte in Form der Prämie in Höhe von 450,00 Mark für die Jahre 1981 bis 1986 sowie in Höhe von 650,00 Mark für die Jahre 1987 bis 1990 zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin habe weder nachweisen noch glaubhaft machen können, in den streitgegenständlichen Jahren eine jährliche zusätzliche Prämie erhalten zu haben. Entgeltunterlagen darüber hätten nicht ermittelt werden können und lägen der Klägerin auch nicht vor. Zum Beweis lege sie zwei fast gleichlautende eidesstattliche Erklärungen des ehemaligen Direktors und der ehemaligen Verwaltungsleiterin vor, die den Erhalt der Prämienzahlungen an die Klägerin bestätigen sollen. Derartige pauschale Behauptungen halte sie - die Beklagte - für fragwürdig. Aus den Aussagen ergebe sich nicht, warum die Zeugen sich an die Auszahlung des konkreten Betrages an die Klägerin erinnern und warum sogar noch der konkrete Jahreszeitraum mit den wechselnden Zahlbeträgen erinnerlich sei. Die erste Zahlung solle vor über 30 Jahren erfolgt sein. Es erscheine unwahrscheinlich, sich an ein so lange zurückliegendes Ereignis genau zu erinnern. Im Übrigen verkenne die Klägerin, dass es sich bei den geltend gemachten zusätzlichen jährlichen Entgelten für die Jahre 1981 bis 1990 gerade nicht um die jährliche zusätzliche Vergütung für Pädagogen mit fest vorgeschriebenen Prämiensätzen handele, sondern um Jahresleistungsprämien, welche in der Höhe von der Erfüllung der individuellen Zielsetzungen abhängig gewesen seien. Diese auf individuelle Leistungskriterien beruhende Prämie sei eine "Kann"-Leistung und keinesfalls einem Automatismus unterworfen gewesen. Sie - die Beklagte - verweise auf die §§ 6 bis 8 der Anordnung vom 20. August 1969 i. V. m. der Anweisung Nr. 24/1969 (zu den §§ 6 bis 8 der Anordnung). Die dortigen Kriterien der Bewilligung von Jahresendprämien stünden im Widerspruch zu den Angaben der Verfasser der eidesstattlichen Erklärungen, wonach in den Jahren 1983 bis 1985 jeweils 450,00 Mark der DDR und in den Jahren 1986 bis 1990 jeweils 600,00 M der DDR gezahlt worden seien. Auch eine Orientierung der Leistungsprämien am Bruttoverdienst entspreche nicht obiger Anordnung, denn die Jahresendprämie sei aus dem Prämienfonds der Medizinischen Fachschule M. ausgekehrt worden.

Die von der Klägerin eingereichte Mitteilung zur Gewährung von Jahresleistungsprämien datiere erst vom 29. Mai 1989, sodass für den Zeitraum von 1981 bis 1988 keine Aussage getroffen werden könne. Außerdem sei auch darin geregelt, dass die Zahlung von Jahresleistungsprämien keinesfalls automatisch erfolgt sei, sondern von den dort aufgezählten Leistungskriterien abhängig gewesen sei. Ob die Klägerin diese erfüllt habe, sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Es sei unklar geblieben, ob die notwendigen Leistungskriterien (qualitäts- und termingerechte Erfüllung der Arbeitsaufgaben, Bereitschaft zur Übernahme zusätzlicher Aufgaben) auch in der Person der Klägerin erfüllt gewesen seien. Ebenso ungeklärt sei, ob in der Abteilung, in der die Klägerin beschäftigt gewesen sei, die entsprechenden Mittel auch tatsächlich zur Verfügung gestanden hätten. Nur wenn diese Voraussetzungen kumulativ erfüllt gewesen seien, hätten die jeweiligen Höchstbeträge nach den von der Klägerin eingereichten Unterlagen gezahlt werden können. Bei der von der Klägerin eingereichten handschriftlichen "Übersicht über beantragte Jahresleistungsprämie Abteilung MTA 1989" handele es sich um eine Liste der beantragten Jahresleistungsprämien und nicht um eine Auszahlungsliste. Ob es sich bei der von der Klägerin eingereichten tabellarischen Übersicht tatsächlich um eine Auszahlungsliste handele, sei dem Papier nicht zu entnehmen. Weder der Urheber der handschriftlichen Aufzeichnungen sei ersichtlich noch gehe aus der Liste hervor, welchen Zweck sie erfüllt habe. Auf der von der Klägerin mit "Seite 3" gekennzeichneten Übersicht fehle - anders als bei der Mehrzahl der sonstigen geschwärzten Namen - hinter dem Namen der Klägerin ein Häkchen. Es sei unklar, welche Information damit verbunden sei. Es sei fraglich, inwieweit den Kreuzen und Haken beweisrechtliche Bedeutung zukommen solle. Dass die Fernstudienabschlüsse der Klägerin unmittelbar bzw. mittelbar Rückschlüsse auf die Leistungskriterien (s.o.: qualitäts- und termingerechte Erfüllung der Arbeitsaufgaben; Bereitschaft zur Übernahme zusätzlicher Aufgaben) zuließen, dürfe bezweifelt werden. Die von der Klägerin immer wieder erwähnten Prämien seien vom Charakter her Treueprämien gewesen, mit denen die Treue zum Betrieb honoriert worden sei, die aber nicht unmittelbar leistungsbezogen gewesen seien und damit kein Arbeitsentgelt nach § 14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) darstellten. Rückschlüsse auf die Erfüllung von Leistungskriterien für die begehrten Jahresleistungsprämien seien daraus nicht ziehen.

Das Berufungsverfahren hat von November 2016 bis Januar 2019 aufgrund des Beschlusses des Senats vom 1. November 2016 geruht, um Rechtsprechung des BSG abzuwarten.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist B. Z., die den gleichen beruflichen Werdegang wie die Klägerin hat, als Zeugin zu den behaupteten Prämienzahlungen an die Klägerin ab 1981 vernommen worden. Wegen der Zeugenvernehmung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (zwei Bände) sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Akten haben bei der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung des Senats vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist § 44 SGB X. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X, der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, ist ein nicht begünstigender Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit er (anfänglich) rechtswidrig ist. Der Verwaltungsakt ist immer mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Abs. 2 Satz 1 a.a.O.), soweit er noch Rechtswirkungen hat, also noch nicht im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X erledigt ist. Die Rücknahme hat (gebundene Entscheidung) für die Vergangenheit zu erfolgen, wenn wegen der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes "Sozialleistungen" zu Unrecht nicht erbracht oder "Beiträge" zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Das Gebot zur rückwirkenden Rücknahme gilt nicht in bestimmten Fällen der Bösgläubigkeit (Abs. 1 Satz 2 a.a.O.). Im Übrigen "kann" (Ermessen) der anfänglich rechtswidrige Verwaltungsakt auch in sonstigen Fällen, also über die Fälle des Abs. 1 Satz 1 hinaus, für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Da sich § 44 Abs. 1 SGB X nur auf solche bindenden Verwaltungsakte bezieht, die - anders als die feststellenden Verwaltungsakte der Beklagten als Zusatzversorgungsträger - unmittelbar Ansprüche auf nachträglich erbringbare "Sozialleistungen" (§ 11 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - SGB I) im Sinne der §§ 3 ff. und 18 ff. SGB I betreffen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R -, juris, Rdnr. 12), kann sich der Rücknahmeanspruch der Klägerin nur aus § 44 Abs. 2 SGB X ergeben. Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, weil die Feststellungen der Beklagten in der Gestalt des Bescheides vom 6. November 2012 nicht rechtswidrig sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - Rdnr. 24 ff.; Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - Rdnr. 15, 16; Urteil vom 23. Juli 2015 - B 5 RS 9/14 R - Rdnr. 13, 14, sämtlich juris) bestimmt sich der Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nach § 14 SGB IV. Bei einem Vorliegen von Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV ist im zweiten Prüfungsschritt festzustellen, ob sich insbesondere auf der Grundlage von § 17 SGB IV i. V. m. § 1 Arbeitsentgeltverordnung ausnahmsweise ein Ausschluss ergibt. Dieser kommt dann in Betracht, wenn u.a. "Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen" sowohl "zusätzlich" zu Löhnen oder Gehältern gezahlt werden als auch lohnsteuerfrei sind. Soweit es im letztgenannten Zusammenhang auf Vorschriften des Steuerrechts ankommt, ist das am 1. August 1991 - dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG - geltende Steuerrecht maßgeblich.

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit gehören nicht solche Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der für die Zuwendung maßgebenden Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. Ist aber neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers und führt zur Bewertung als Lohnzuwendung (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2013 - L 22 R 449/11 -, juris, Rdnr. 89 unter Hinweis auf Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 21. Januar 2010 - VI R 51/08 -, juris).

Die geltend gemachten Jahresleistungsprämien sind wohl als Arbeitsentgelt zu qualifizieren. Denn seit dem Urteil des BSG vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R, juris) ist höchstrichterlich geklärt, dass jedenfalls Jahresendprämien Bestandteil der von den Arbeitnehmern erzielten Arbeitsentgelte sind. Für Jahresleistungsprämien dürfte nichts Anderes gelten. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin klargestellt, dass sie nicht die Feststellung der Gewährung einer jährlichen zusätzlichen Vergütung für Mitarbeiter in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens begehrt. Auf diese hatte sie als Fachschullehrerin ohnehin keinen Anspruch. Denn nach § 1 Abs. 2 der Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über eine jährliche zusätzliche Vergütung für Mitarbeiter in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens vom 15. November 1973 (GBl. DDR S. 524) erfolgte die Zahlung einer jährlichen zusätzlichen Vergütung im Sinne der Verordnung nicht an die pädagogischen Mitarbeiter, die nach der Vereinbarung über die Vergütung und die Arbeitszeit der Lehrkräfte an den Ingenieur- und Fachschulen vom 15. Juli 1971 vergütet wurden. Dies wird bestätigt durch § 71 Abs. 2 des Rahmenkollektivvertrages über die Arbeits- und Lohnbedingungen für die Beschäftigten der Ingenieur- und Fachschulen. Danach galt die Regelung nicht für Fachschullehrer. Damit scheidet ein Anspruch der Klägerin insoweit von vornherein aus. Aus diesem Grund hat das U. Klinikum wohl auch seine Bescheinigung vom 11. August 2011 mit Schreiben vom 8. September 2011 zurückgezogen.

Die von der Klägerin geltend gemachte Zahlung von Prämien auf der Grundlage der Anordnung über die Bildung und Verwendung des Prämien-, Kultur- und Sozialfonds an den Universitäten, Hochschulen, Ingenieurhochschulen und Fachschulen sowie für die Medizinischen Akademien, wissenschaftlichen Bibliotheken, wissenschaftlichen Museen und sonstigen wissenschaftlichen Einrichtungen des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen vom 20. August 1969 (GBl. der DDR S. 461) ist weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Von einem Vollbeweis kann nicht ausgegangen werden, da keine Unterlagen über die tatsächliche Zahlung der Jahresleistungsprämien, wie Quittungen, Eintragungen in Auszahlungsbüchern oder Lohnmarken o.Ä., vorliegen. Die Klägerin hat die Zahlungen von Jahresleistungsprämien auch nicht glaubhaft gemacht. Dafür, dass im Rahmen der Feststellungen nach dem AAÜG eine Glaubhaftmachung möglich ist, spricht, dass § 6 Abs. 6 AAÜG diesen Beweismaßstab ausdrücklich zulässt, wenn nur Teile des Verdienstes nachgewiesen sind (so auch: Sächsisches LSG, Urteil vom 7. August 2012 - L 5 RS 45/10 -, juris Rdnr. 22). Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Damit ist zwar eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit im Sinne von § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG in diesem Zusammenhang nicht erforderlich. Das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit reicht aber nicht aus.

Der Senat hält die Zahlung von Jahresleistungsprämien hier zwar für möglich. Angesichts der Beweislage einschließlich der Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung ist der tatsächliche Zufluss der geltend gemachten Prämien für jedes einzelne umstrittene Jahr in einer bestimmten Höhe aber nicht überwiegend wahrscheinlich. Selbst wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dahingehend angenommen werden kann, dass im vorliegenden Einzelfall immer mal wieder Jahresleistungsprämien gezahlt wurden, kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bestimmt werden, ob dies in sämtlichen umstrittenen Jahren der Fall war und welche Summe jeweils zur Auszahlung gelangte. Auf eine derartige Bestimmbarkeit lässt sich aber auch im Rahmen der Glaubhaftmachung nicht verzichten. Denn die Jahresleistungsprämie war abhängig von der individuellen Leistung des Mitarbeiters und ließ sich nicht schematisch berechnen (vgl. §§ 6 bis 8 der o.g. Anordnung vom 20. August 1969). Darüber hinaus mussten die vorhandenen Finanzmittel für die Prämie ausreichen. Gemäß Nr. 3 der Anweisung Nr. 24/1969 des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen vom 1. November 1969 zu den §§ 6 bis 8 der Anordnung vom 20. August 1969 (Anweisung Prämienfonds) waren die Prämien als materieller Stimulus zielgerichtet einzusetzen. Grundlage für die Zahlung von Jahresleistungsprämien war die Gesamtleistung des Beschäftigten, sein Anteil an der erfolgreichen Lösung der vom jeweiligen Kollektiv im beendeten Studienjahr erfüllten Aufgaben die inhaltliche Grundlage für die Zahlung von Jahresleistungsprämien. Eine Jahresleistungsprämie konnte außerdem nur gezahlt werden, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel des Teilfonds für materielle Anerkennung nach Abzug der für Ziel- und Sofortprämien vorgesehenen Mittel dies zuließen. Die individuelle Begünstigung wird auch in der Verfügung der Direktorin Dr. Mu. vom 29. Mai 1989 (Jahresleistungsprämien für Fachschullehrer) deutlich. Dort ist festgelegt, dass die qualitäts- und termingerechte Erfüllung der Arbeitsaufgaben sowie die Bereitschaft zur Übernahme zusätzlicher Aufgaben die Leistungskriterien waren und bei überdurchschnittlichen Leistungen eine höhere Prämie aus dem dezentralen Prämienfonds der Medizinischen Fachschule gewährt werden konnte.

Angesichts dieser vagen Voraussetzungen sind Aussagen zur konkreten Höhe der an die Klägerin gezahlten Jahresleistungsprämien besonders wichtig. Solche sind den aktenkundigen Erklärungen und Unterlagen sowie der Zeugenvernehmung jedoch nicht zu entnehmen. Keine der eingereichten Erklärungen enthält eine eigene konkrete Wahrnehmung, dass der Klägerin tatsächlich in einer bestimmten Höhe in einem bestimmten Jahr Jahresleistungsprämien zugeflossen sind. Eine solche konkrete Wahrnehmung konnte auch die Zeugin Z. nicht schildern. Sie konnte weder positiv noch negativ sagen, dass sie dabei war, als die Klägerin ihre Prämie erhalten habe. Die zuständige Person für die Auszahlung der Prämie sei die Verwaltungsleiterin R. gewesen. Bei der Ausgabe der Umschläge mit den Prämien war die Zeugin zwar persönlich dabei, konnte aber nicht mehr im Einzelnen sagen, welche Personen wann welchen Umschlag bekommen hätten. Sie - die selber auch Umschläge bekommen habe - wisse auch nicht, wer dabei gewesen sei, als Umschläge ausgegeben worden waren.

Selbst die Glaubhaftmachung oder gar der Nachweis, dass die Klägerin dem Grunde nach die Anspruchsvoraussetzungen erfüllte, wäre noch kein Beleg für die tatsächliche Zahlung der Jahresleistungsprämien. Die Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und die Schilderung einer allgemeinen Verfahrensweise genügen jedenfalls nicht, um den konkreten Zufluss eines Geldbetrages für einen bestimmten Zeitraum glaubhaft zu machen. Es kann vor diesem Hintergrund dahinstehen, dass die Zeugin Z. bestätigt hat, dass einzelfallbezogene Gesichtspunkte auch den Anspruch auf eine Jahresleistungsprämie ausschließen konnten, wie eine längere Abwesenheit, für die der Senat nicht abschließend beurteilen kann, ob insoweit auch Arbeitsausfallzeiten hätten berücksichtigt werden können.

Der Senat hält auch eine Schätzung der Höhe der behaupteten Jahresleistungsprämien (vgl. z.B. Sächsisches LSG, Urteile vom 4. Februar 2014 - L 5 RS 462/13 -, vom 21. Juli 2015 - L 5 RS 668/14 - und vom 1. März 2016 - L 5 RS 578/15 -, alle juris) für nicht möglich. Diese käme selbst dann nicht in Betracht, wenn die Zahlung dieser Prämien - anders als hier - zumindest glaubhaft gemacht worden wäre (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 -, juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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