Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2374/03 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Wird die Bewilligung von Arbeitlosenhilfe mit Wirkung für die Vergangenheit und Zukunft aufgehoben, entfällt die Aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG. 2. Widerspruch und Anfechtungsklage wegen Erstattung der Leistung haben aufschiebende Wirkung; dies gilt auch für die die Erstattung der Leistung voraussetzende Erstattung von Beiträgen nach § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III.
3. Soll nach Anordnung des Sofortvollzug wegen der Erstattung deswegen auf Antrag des die Rechtswidrigkeit der Aufhebung geltendmachenden Belasteten die aufschiebende Wirkung wieder hergestellt werden, erstrebt der Belastete sinngemäß auch, dass die kraft Gesetzes entfallende aufschiebende Wirkung wegen der Aufhebung der Leistungsbewilligung angeordnet wird.
4. Das Gericht der Hauptsache kann, obwohl in § 86b Abs. 1 Satz1 SGG nicht ausdrücklich erwähnt, die aufschiebende Wirkung wieder herstellen.
5. Mit der Erfolglosigkeit des wegen der Aufhebung und der Erstattung angebrachten Rechtsbehelfs lässt sich das besondere öffentliche Vollzugsinteress an der Erstattung allein nicht begründen; das besondere
Interesse an der sofortigen Vollziehung von Geldforderungen ist nur gegeben,
wenn deren Vollstreckung gefährdet ist.
3. Soll nach Anordnung des Sofortvollzug wegen der Erstattung deswegen auf Antrag des die Rechtswidrigkeit der Aufhebung geltendmachenden Belasteten die aufschiebende Wirkung wieder hergestellt werden, erstrebt der Belastete sinngemäß auch, dass die kraft Gesetzes entfallende aufschiebende Wirkung wegen der Aufhebung der Leistungsbewilligung angeordnet wird.
4. Das Gericht der Hauptsache kann, obwohl in § 86b Abs. 1 Satz1 SGG nicht ausdrücklich erwähnt, die aufschiebende Wirkung wieder herstellen.
5. Mit der Erfolglosigkeit des wegen der Aufhebung und der Erstattung angebrachten Rechtsbehelfs lässt sich das besondere öffentliche Vollzugsinteress an der Erstattung allein nicht begründen; das besondere
Interesse an der sofortigen Vollziehung von Geldforderungen ist nur gegeben,
wenn deren Vollstreckung gefährdet ist.
Der Antrag des Klägers, die aufschiebende Wirkung der mit der Berufung weiterverfolgten Anfechtungsklage wegen der die Zeit vom 1. Februar 1999 bis 29. November 2002 betreffenden Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe anzuordnen, wird abgelehnt. Die aufschiebende Wirkung der mit der Berufung weiterverfolgten Anfechtungsklage wegen der Erstattung von Arbeitslosenhilfe und Beiträgen zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 52.428,28 EURO wird wiederhergestellt.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes zu erstatten.
Gründe:
Der Antrag des Klägers auf einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig und teilweise begründet.
Gegenstand der mit der Berufung weiterverfolgten Anfechtungsklage ist der Bescheid des Arbeitsamts K. (ArbA) vom 24. Juli 2002. Darin hat die Beklagte die Bewilligungen von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 1. Februar 1999 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts am 29. November 2002 aufgehoben und den Kläger zur Erstattung der vom 1. Februar 1999 bis 31. Mai 2002 gezahlten Alhi einschließlich der Beiträge zur Krankenversicherung sowie sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 52.428,28 EURO verpflichtet. Widerspruch, Anfechtungsklage und deshalb auch die Berufung (vgl. § 154 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) wegen der für die Vergangenheit und Zukunft verfügten Aufhebung der Leistungsbewilligung hatten und haben keine aufschiebende Wirkung, denn es handelte sich um eine Entziehung laufender Leistungen in Angelegenheiten der Bundesanstalt für Arbeit im Sinn von § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG (vgl. Beschluss des Senats vom 9. Januar 2003 - L 13 AL 4260/02 ER-B, zur Veröffentlichung vorgesehen), auf welchen § 336a Satz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ausdrücklich verweist. Widerspruch, Anfechtungsklage und Berufung wegen der Erstattung hatten und haben hingegen aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. schon Beschluss des Senats a.a.O.); denn diese tritt auch bei einem wie hier feststellenden und schon ein beziffertes Leistungsgebot enthaltenden Verwaltungsakt ein (vgl. § 86a Abs. 1 Satz 2 SGG). Von der aufschiebenden Wirkung erfasst wird auch der die Beiträge zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung betreffende Erstattungsanspruch, denn dabei handelt es sich um einen Ersatzanspruch, der nicht unter die Anforderung von Beiträgen im Sinn des eng auszulegenden § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG fällt; materiell-rechtlich setzt der Ersatzanspruch nach § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht nur die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung, sondern auch die regelmäßig an der aufschiebenden Wirkung teilhabende Rückforderung der Leistung voraus, so dass es wegen dieser Akzessorietät gerechtfertigt ist, auch den Ersatzanspruch demselben rechtlichen Schicksal zu unterwerfen. Diese aufschiebende Wirkung zu beseitigen und die weiteren Voraussetzungen für die Durchsetzung und gegebenenfalls Vollstreckung zu schaffen war Sinn und Zweck der am 5. Mai 2003 getroffenen schriftlichen Anordnung über die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 24. Juli 2002. Sinngemäß hat der Antrag des Klägers auf einstweiligen Rechtsschutz deshalb zum Gegenstand, dass die aufschiebende Wirkung der Berufung wegen der Erstattung von Alhi und der Beiträge wiederhergestellt wird. Daneben aber geht es dem Kläger darum, dass die schon kraft Gesetzes entfallene aufschiebende Wirkung der Berufung wegen der Aufhebung der Leistungsbewilligung angeordnet wird. Da nach § 50 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die Aufhebung der Leistungsbewilligung ohne Weiteres die Erstattung begründet und bei der Aufhebung die wesentlichen verwaltungsverfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Fragen zu entscheiden sind, hat der Kläger wegen der Aufhebung der Leistungsbewilligung auch ein Interesse an Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Hätte ein solcher Antrag Erfolg, dürfte es der Beklagten solange verwehrt sein, wegen der Erstattung die sofortige Vollziehung anzuordnen.
1. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Berufung wegen der Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen.
Bei summarischer Prüfung spricht nach dem bisherigen Ergebnis des Verfahrens alles dafür, dass der Kläger mit der Berufung wegen Anfechtung der die Leistungsbewilligungen aufhebenden Entscheidung nicht durchdringt. Voraussetzung für den Anspruch auf Alhi (vgl. § 198 Satz 2 Nr. 3 SGB III) ist die Arbeitslosigkeit, zu welcher die Beschäftigungssuche und zu letzterer wiederum die Arbeitsfähigkeit gehört (§§ 118 Abs. 1 Nr. 2, 119 SGB III). Arbeitsfähig ist ein Arbeitsloser, der Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann (§ 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III). Aufgrund der Ermächtigung in §§ 152 Nr. 2, 376 Abs. 1 Satz 1 SGB III (vgl. BSGE 88, 172, 177; BSG SozR 3-4300 § 119 Nr. 4) bestimmt hierzu die Erreichbarkeits-Anordnung (EAO) vom 23. Oktober 1997 in § 1 Abs. 1 Satz 1, dass Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, wer in der Lage ist, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen (Nr. 1), das Arbeitsamt aufzusuchen (Nr. 2), mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich mit diesem zusammenzutreffen (Nr. 3) und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen (Nr. 4). Der Arbeitslose hat nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO deshalb sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Ab 1. Februar 1999 war eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X) eingetreten, weil der Kläger die von ihm dem ArbA gegenüber angegebene Wohnung in der Großherzog-Friedrich-Straße 1 in K. am 31. Januar 1999 aufgegeben hatte und damit in K. weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn von § 30 Abs. 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) hatte; ab 1. Februar 1999 war er für die Beklagte unter der von ihm angegebenen Wohn- und Postanschrift nicht erreichbar, wobei der Senat zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass dieser in K., Großherzog-Friedrich-Straße 1 tatsächlich seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der Kläger hatte mit hoher Wahrscheinlichkeit ab 26. April 1999 auch keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Hauptstraße 28 in K. begründet, sodass die danach ergangenen Bewilligungen von Anfang an rechtswidrig (vgl. § 45 Abs. 1 SGB X) waren. Zwar steht fest, dass er mit der Zeugin Sch. um diese Zeit herum ein Untermietverhältnis begründet und hierfür den Mietzins in Höhe von 100,- DM oder 50,- EURO regelmäßig dem Sohn der Zeugin gezahlt hat. Aufgrund der Angaben der Zeugin Sch. in dem gegen den Kläger wegen Betrugs geführten Ermittlungsverfahren und deren Bekundungen vor dem Sozialgericht sowie dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen muss mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Kläger in K., Hauptstraße 28 keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt begründet, er dort also nach den tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keinen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hatte. Das ca. 12 Quadratmeter große angemietete Zimmer ohne Küche und Bad war für einen länger dauernden Aufenthalt nicht geeignet. Die Freundin des Klägers lebte und lebt im nahen St ... Bei dieser hält der Kläger sich den größten Teil der Woche auf. Deshalb ist er vom Gerichtsvollzieher Schr. in der Hauptstraße 28 trotz mehrerer Versuche nicht angetroffen worden; zu einer persönlichen Begegnung kam es nur aufgrund einer in den Briefkasten geworfenen schriftlichen Terminvereinbarung. Befragungen von im Anwesen Hauptstraße 28 tätigen und beschäftigten oder dort wohnenden Personen haben ergeben, dass diese den Kläger noch nie zuvor gesehen haben. Bei dieser Beweislage ist es überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt bei seiner Freundin in St., nicht aber in K., Hauptstraße 28 hatte, so dass er dort für das Arbeitsamt nicht erreichbar war; ob dort den Kläger Briefpost erreicht hat, ist unerheblich, solange er dort keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn von § 30 Abs. 3 SGB I hatte. Durchschlagende Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 oder Nr. 4 SGB X oder des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X jeweils in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 SGB III bestehen ebenfalls nicht. Angesichts dessen, dass derzeit alles für die Rechtmäßigkeit der Aufhebung bzw. Zurücknahme der Leistungsbewilligungen spricht, hat es beim gesetzlichen Regelfall der fehlenden aufschiebenden Wirkung der Berufung zu bleiben.
2. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wegen der Erstattung von Alhi und Beiträgen zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung.
Dass in § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 SGG die nach der Anordnung des Sofortvollzugs vom Belasteten erstrebte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im Gegensatz zu § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht eigens aufgeführt ist, schadet nicht, denn aus der ausdrücklichen Erwähnung einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG ergibt sich, dass der Gesetzgeber auch bei Sofortvollzugsanordnungen einstweiligen Rechtsschutz durch Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat einräumen wollen.
Nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Zwar ist das formelle Erfordernis, dass das ArbA die Vollziehungsanordnung erlassen und das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der im Bescheid vom 24. Juli 2002 verfügten Erstattung schriftlich begründet hat, erfüllt. Denn die Anordnung enthält eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung, weshalb wegen eines besonderen öffentlichen Interesses ausnahmsweise die sofortige Vollziehung der Erstattung notwendig ist und dass hinter dieses öffentliche Interesse das Interesse des Klägers, weiter in den Genuss der aufschiebenden Wirkung zu kommen, zurücktreten muss. Der Senat versteht die Vollziehungsanordnung unter Heranziehung ihrer Begründung dabei dahin, dass sie nur die Erstattung und nicht auch die Aufhebung der Leistungsbewilligungen betrifft, denn andernfalls ginge sie insoweit ins Leere, weil bei einer derartigen Aufhebung schon von Gesetzes wegen die aufschiebende Wirkung entfällt.
Mit den in der Vollziehungsanordnung genannten Gründen lässt sich ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung nicht rechtfertigen. Der Hinweis, dass vernünftige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Erstattungsentscheidung nicht bestehen, vermag ein besonderes öffentliches Vollziehungsinteresse hier noch nicht zu rechtfertigen. Zwar trifft zu, dass das ArbA und auch das Gericht bei der Frage, ob ein besonderes das Aufschubinteresse des Klägers übersteigendes besonderes Vollziehungsinteresse besteht, die Erfolgsaussicht in der Hauptsache in den Blick nehmen kann und muss (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] NVwZ 1996, 58, 59 m.a.N.; Verwaltungsgerichtshof [VGH] Baden-Württemberg VBlBW 1997, 392). Mit der hier möglichen Feststellung, dass die Berufung wegen Anfechtung der Erstattungsverfügung bei summarischer Prüfung kaum Aussicht auf Erfolg hat, lässt sich aber das besondere öffentliche Vollzugsinteresse allein nicht begründen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung stellt eine Ausnahme vom Regelfall des § 86a Abs. 1 SGG dar, wonach auch der Rechtsbehelf gegen eine rechtmäßige Erstattungsentscheidung grundsätzlich solange aufschiebende Wirkung hat, bis abschließend in der Hauptsache entschieden worden ist. Für die Vollziehungsanordnung ist ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (ständige Rechtsprechung des BVerfG a.a.O. m.w.N.). Das besondere öffentliche Interesse muss vielmehr gerade an der sofortigen Vollziehung bestehen. Das ArbA hat sich insoweit darauf berufen, dass ein öffentliches Interesse an der zeitnahen Realisierung von öffentlich-rechtlichen Forderungen bestehe. Damit ist indes noch kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung aufgezeigt. Zwar können auch fiskalische Interessen ein öffentliches Interesse darstellen (allgemeine Meinung vgl. Bundesfinanzhof [BFH] Urteil vom 28. Juni 1967 - VII B 12/66 - in BFHE 89, 82 sowie Juris; Bay VGH NVwZ 1988, 745). Indes ist bei Geldforderungen ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung nur gegeben, wenn deren Vollstreckung gefährdet erscheint (soweit ersichtlich allgemeine Meinung; vgl. Bay VGH Bay Vbl 1990 22; Hess VGH NVwZ - RR 1989, 329 und 1990, 42; VGH Baden-Württemberg NVwZ - RR 1993, 392; VG München VwRR Bayern 2001, 111, Leitsatz in Juris). Auf eine solche Gefährdung hat sich das ArbA in der Anordnung nicht berufen und auch hierfür keine tatsächlichen Anhaltspunkte aufgezeigt. Damit fehlt es an einem besonderen die sofortige Vollziehung des Erstattungsbescheides rechtfertigenden öffentlichen Interesse mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung der Berufung wegen der Anfechtung des Erstattungsbescheides wiederherzustellen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes zu erstatten.
Gründe:
Der Antrag des Klägers auf einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig und teilweise begründet.
Gegenstand der mit der Berufung weiterverfolgten Anfechtungsklage ist der Bescheid des Arbeitsamts K. (ArbA) vom 24. Juli 2002. Darin hat die Beklagte die Bewilligungen von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 1. Februar 1999 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts am 29. November 2002 aufgehoben und den Kläger zur Erstattung der vom 1. Februar 1999 bis 31. Mai 2002 gezahlten Alhi einschließlich der Beiträge zur Krankenversicherung sowie sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 52.428,28 EURO verpflichtet. Widerspruch, Anfechtungsklage und deshalb auch die Berufung (vgl. § 154 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) wegen der für die Vergangenheit und Zukunft verfügten Aufhebung der Leistungsbewilligung hatten und haben keine aufschiebende Wirkung, denn es handelte sich um eine Entziehung laufender Leistungen in Angelegenheiten der Bundesanstalt für Arbeit im Sinn von § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG (vgl. Beschluss des Senats vom 9. Januar 2003 - L 13 AL 4260/02 ER-B, zur Veröffentlichung vorgesehen), auf welchen § 336a Satz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ausdrücklich verweist. Widerspruch, Anfechtungsklage und Berufung wegen der Erstattung hatten und haben hingegen aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. schon Beschluss des Senats a.a.O.); denn diese tritt auch bei einem wie hier feststellenden und schon ein beziffertes Leistungsgebot enthaltenden Verwaltungsakt ein (vgl. § 86a Abs. 1 Satz 2 SGG). Von der aufschiebenden Wirkung erfasst wird auch der die Beiträge zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung betreffende Erstattungsanspruch, denn dabei handelt es sich um einen Ersatzanspruch, der nicht unter die Anforderung von Beiträgen im Sinn des eng auszulegenden § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG fällt; materiell-rechtlich setzt der Ersatzanspruch nach § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht nur die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung, sondern auch die regelmäßig an der aufschiebenden Wirkung teilhabende Rückforderung der Leistung voraus, so dass es wegen dieser Akzessorietät gerechtfertigt ist, auch den Ersatzanspruch demselben rechtlichen Schicksal zu unterwerfen. Diese aufschiebende Wirkung zu beseitigen und die weiteren Voraussetzungen für die Durchsetzung und gegebenenfalls Vollstreckung zu schaffen war Sinn und Zweck der am 5. Mai 2003 getroffenen schriftlichen Anordnung über die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 24. Juli 2002. Sinngemäß hat der Antrag des Klägers auf einstweiligen Rechtsschutz deshalb zum Gegenstand, dass die aufschiebende Wirkung der Berufung wegen der Erstattung von Alhi und der Beiträge wiederhergestellt wird. Daneben aber geht es dem Kläger darum, dass die schon kraft Gesetzes entfallene aufschiebende Wirkung der Berufung wegen der Aufhebung der Leistungsbewilligung angeordnet wird. Da nach § 50 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die Aufhebung der Leistungsbewilligung ohne Weiteres die Erstattung begründet und bei der Aufhebung die wesentlichen verwaltungsverfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Fragen zu entscheiden sind, hat der Kläger wegen der Aufhebung der Leistungsbewilligung auch ein Interesse an Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Hätte ein solcher Antrag Erfolg, dürfte es der Beklagten solange verwehrt sein, wegen der Erstattung die sofortige Vollziehung anzuordnen.
1. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Berufung wegen der Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen.
Bei summarischer Prüfung spricht nach dem bisherigen Ergebnis des Verfahrens alles dafür, dass der Kläger mit der Berufung wegen Anfechtung der die Leistungsbewilligungen aufhebenden Entscheidung nicht durchdringt. Voraussetzung für den Anspruch auf Alhi (vgl. § 198 Satz 2 Nr. 3 SGB III) ist die Arbeitslosigkeit, zu welcher die Beschäftigungssuche und zu letzterer wiederum die Arbeitsfähigkeit gehört (§§ 118 Abs. 1 Nr. 2, 119 SGB III). Arbeitsfähig ist ein Arbeitsloser, der Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann (§ 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III). Aufgrund der Ermächtigung in §§ 152 Nr. 2, 376 Abs. 1 Satz 1 SGB III (vgl. BSGE 88, 172, 177; BSG SozR 3-4300 § 119 Nr. 4) bestimmt hierzu die Erreichbarkeits-Anordnung (EAO) vom 23. Oktober 1997 in § 1 Abs. 1 Satz 1, dass Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, wer in der Lage ist, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen (Nr. 1), das Arbeitsamt aufzusuchen (Nr. 2), mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich mit diesem zusammenzutreffen (Nr. 3) und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen (Nr. 4). Der Arbeitslose hat nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO deshalb sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Ab 1. Februar 1999 war eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X) eingetreten, weil der Kläger die von ihm dem ArbA gegenüber angegebene Wohnung in der Großherzog-Friedrich-Straße 1 in K. am 31. Januar 1999 aufgegeben hatte und damit in K. weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn von § 30 Abs. 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) hatte; ab 1. Februar 1999 war er für die Beklagte unter der von ihm angegebenen Wohn- und Postanschrift nicht erreichbar, wobei der Senat zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass dieser in K., Großherzog-Friedrich-Straße 1 tatsächlich seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der Kläger hatte mit hoher Wahrscheinlichkeit ab 26. April 1999 auch keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Hauptstraße 28 in K. begründet, sodass die danach ergangenen Bewilligungen von Anfang an rechtswidrig (vgl. § 45 Abs. 1 SGB X) waren. Zwar steht fest, dass er mit der Zeugin Sch. um diese Zeit herum ein Untermietverhältnis begründet und hierfür den Mietzins in Höhe von 100,- DM oder 50,- EURO regelmäßig dem Sohn der Zeugin gezahlt hat. Aufgrund der Angaben der Zeugin Sch. in dem gegen den Kläger wegen Betrugs geführten Ermittlungsverfahren und deren Bekundungen vor dem Sozialgericht sowie dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen muss mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Kläger in K., Hauptstraße 28 keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt begründet, er dort also nach den tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keinen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hatte. Das ca. 12 Quadratmeter große angemietete Zimmer ohne Küche und Bad war für einen länger dauernden Aufenthalt nicht geeignet. Die Freundin des Klägers lebte und lebt im nahen St ... Bei dieser hält der Kläger sich den größten Teil der Woche auf. Deshalb ist er vom Gerichtsvollzieher Schr. in der Hauptstraße 28 trotz mehrerer Versuche nicht angetroffen worden; zu einer persönlichen Begegnung kam es nur aufgrund einer in den Briefkasten geworfenen schriftlichen Terminvereinbarung. Befragungen von im Anwesen Hauptstraße 28 tätigen und beschäftigten oder dort wohnenden Personen haben ergeben, dass diese den Kläger noch nie zuvor gesehen haben. Bei dieser Beweislage ist es überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt bei seiner Freundin in St., nicht aber in K., Hauptstraße 28 hatte, so dass er dort für das Arbeitsamt nicht erreichbar war; ob dort den Kläger Briefpost erreicht hat, ist unerheblich, solange er dort keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn von § 30 Abs. 3 SGB I hatte. Durchschlagende Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 oder Nr. 4 SGB X oder des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X jeweils in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 SGB III bestehen ebenfalls nicht. Angesichts dessen, dass derzeit alles für die Rechtmäßigkeit der Aufhebung bzw. Zurücknahme der Leistungsbewilligungen spricht, hat es beim gesetzlichen Regelfall der fehlenden aufschiebenden Wirkung der Berufung zu bleiben.
2. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wegen der Erstattung von Alhi und Beiträgen zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung.
Dass in § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 SGG die nach der Anordnung des Sofortvollzugs vom Belasteten erstrebte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im Gegensatz zu § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht eigens aufgeführt ist, schadet nicht, denn aus der ausdrücklichen Erwähnung einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG ergibt sich, dass der Gesetzgeber auch bei Sofortvollzugsanordnungen einstweiligen Rechtsschutz durch Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat einräumen wollen.
Nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Zwar ist das formelle Erfordernis, dass das ArbA die Vollziehungsanordnung erlassen und das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der im Bescheid vom 24. Juli 2002 verfügten Erstattung schriftlich begründet hat, erfüllt. Denn die Anordnung enthält eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung, weshalb wegen eines besonderen öffentlichen Interesses ausnahmsweise die sofortige Vollziehung der Erstattung notwendig ist und dass hinter dieses öffentliche Interesse das Interesse des Klägers, weiter in den Genuss der aufschiebenden Wirkung zu kommen, zurücktreten muss. Der Senat versteht die Vollziehungsanordnung unter Heranziehung ihrer Begründung dabei dahin, dass sie nur die Erstattung und nicht auch die Aufhebung der Leistungsbewilligungen betrifft, denn andernfalls ginge sie insoweit ins Leere, weil bei einer derartigen Aufhebung schon von Gesetzes wegen die aufschiebende Wirkung entfällt.
Mit den in der Vollziehungsanordnung genannten Gründen lässt sich ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung nicht rechtfertigen. Der Hinweis, dass vernünftige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Erstattungsentscheidung nicht bestehen, vermag ein besonderes öffentliches Vollziehungsinteresse hier noch nicht zu rechtfertigen. Zwar trifft zu, dass das ArbA und auch das Gericht bei der Frage, ob ein besonderes das Aufschubinteresse des Klägers übersteigendes besonderes Vollziehungsinteresse besteht, die Erfolgsaussicht in der Hauptsache in den Blick nehmen kann und muss (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] NVwZ 1996, 58, 59 m.a.N.; Verwaltungsgerichtshof [VGH] Baden-Württemberg VBlBW 1997, 392). Mit der hier möglichen Feststellung, dass die Berufung wegen Anfechtung der Erstattungsverfügung bei summarischer Prüfung kaum Aussicht auf Erfolg hat, lässt sich aber das besondere öffentliche Vollzugsinteresse allein nicht begründen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung stellt eine Ausnahme vom Regelfall des § 86a Abs. 1 SGG dar, wonach auch der Rechtsbehelf gegen eine rechtmäßige Erstattungsentscheidung grundsätzlich solange aufschiebende Wirkung hat, bis abschließend in der Hauptsache entschieden worden ist. Für die Vollziehungsanordnung ist ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (ständige Rechtsprechung des BVerfG a.a.O. m.w.N.). Das besondere öffentliche Interesse muss vielmehr gerade an der sofortigen Vollziehung bestehen. Das ArbA hat sich insoweit darauf berufen, dass ein öffentliches Interesse an der zeitnahen Realisierung von öffentlich-rechtlichen Forderungen bestehe. Damit ist indes noch kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung aufgezeigt. Zwar können auch fiskalische Interessen ein öffentliches Interesse darstellen (allgemeine Meinung vgl. Bundesfinanzhof [BFH] Urteil vom 28. Juni 1967 - VII B 12/66 - in BFHE 89, 82 sowie Juris; Bay VGH NVwZ 1988, 745). Indes ist bei Geldforderungen ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung nur gegeben, wenn deren Vollstreckung gefährdet erscheint (soweit ersichtlich allgemeine Meinung; vgl. Bay VGH Bay Vbl 1990 22; Hess VGH NVwZ - RR 1989, 329 und 1990, 42; VGH Baden-Württemberg NVwZ - RR 1993, 392; VG München VwRR Bayern 2001, 111, Leitsatz in Juris). Auf eine solche Gefährdung hat sich das ArbA in der Anordnung nicht berufen und auch hierfür keine tatsächlichen Anhaltspunkte aufgezeigt. Damit fehlt es an einem besonderen die sofortige Vollziehung des Erstattungsbescheides rechtfertigenden öffentlichen Interesse mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung der Berufung wegen der Anfechtung des Erstattungsbescheides wiederherzustellen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
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