Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 852/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3623/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Akupunktur gehört nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Ausnahmen sind vorgesehen für die Behandlung chronischer Kopf-, LWS- und Osteoarthroseschmerzen. Eine Ausnahme kommt nicht in Betracht bei allergischer asthmoider Bronchitis, Conjunctivitis und Rhinitis.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten besteht Streit darüber, ob die Beklagte dem Kläger EUR 1.326,54 an Kosten zu erstatten hat, die diesem durch Akupunkturbehandlungen entstanden sind, und ob sie ihm weiterhin Akupunkturbehandlungen als Sachleistung zu gewähren hat.
Der am 1959 geborene Kläger ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Er leidet neben einer HIV-Erkrankung seit Ende der 70er Jahre an einer allergischen asthmoiden Bronchitis, Conjunctivitis und Rhinitis. Die Behandlung bestand zunächst in der Einnahme von Corticoiden, Betamimetika und verschiedenen Antihistaminika mit entsprechenden Nebenwirkungen. Eine versuchte Hyposensibilisierung war erfolglos. Seit 17. April 1996 wird er von seinem Hausarzt Dr. I., Hautarzt, mit Akupunktur behandelt. Bereits nach vier Sitzungen stellte sich eine Besserung ein, so dass der Kläger nur noch gelegentlich ein Antihistaminikum benötigte. Er war zwar nicht beschwerdefrei, konnte aber mit den Krankheitserscheinungen ordentlich leben. Die Behandlung wurde dann im Wesentlichen in 14tägigem Abstand durchgeführt. Bei Unterbrechungen dieses Rhythmus infolge Urlaub oder aus sonstigen Gründen verschlimmert sich das Leiden jedes Mal, so dass auch wieder stärkere Medikamente benötigt wurden. Dies war auch im Hinblick auf die HIV-Erkrankung an sich kontraindiziert. Wegen dieser Erkrankung sah Dr. H. vom erneuten Versuch einer Hyposensibilisierung ab. Die Beklagte beteiligte sich seit 1995 an insgesamt 95 Behandlungen, für die sie jeweils DM 50,- vergütete. Auf den von Dr. H. im März 1998 gestellten Verlängerungsantrag holte die Beklagte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in H. vom 19. März 1998 ein, in der weitere zehn Akupunkturbehandlungen befürwortet wurden. Auch ein weiterer im September 1998 gestellter Verlängerungsantrag für zehn weitere Behandlungen hatte Erfolg. In den an den Kläger gerichteten Mitteilungen wies die Beklagte immer darauf hin, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne Rechtsanspruch für künftige oder ähnliche Fälle handle. Auf den am 16. November 1998 bei der Beklagten eingegangenen erneuten Verlängerungsantrag veranlasste diese mit dem Hinweis darauf, dass die Akupunkturbehandlung seit 1996 andauere und seitdem 95 Akupunkturbehandlungen befürwortet und bewilligt worden seien, eine erneute Begutachtung durch den MDK. Medizinaldirektor B. vom MDK gelangte in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 23. November 1998 zu dem Ergebnis, dass bei der jetzt angegebenen stabilen Lage zu erwägen sei, ob nicht eine spezifische Immuntherapie, d.h. subcutane Hyposensibilisierung, als Kausaltherapie durchgeführt werden solle. Nachdem schon seit der fünften Akupunkturbehandlung laufende Besserungen angegeben worden seien, müsse jetzt von einem stabilen Therapieerfolg ausgegangen werden. Eine Weiterführung der Akupunkturbehandlung als prophylaktische Dauerbehandlung könne nicht befürwortet werden. Mit diesem ihm telefonisch bekannt gegebenen Begutachtungsergebnis erklärte sich der Kläger nicht einverstanden und legte die Bescheinigung des Dr. H. vom 28. November 1998 vor, der dringlich die Weiterführung der Akupunkturtherapie in 14tägigen Abstand empfahl. Dr. L. vom erneut eingeschalteten MDK kam in dem Gutachten nach Aktenlage vom 04. Dezember 1998 zu dem Ergebnis, es handle sich bei der nicht schulmedizinischen Untersuchungs- und Behandlungsmethode um eine Leistung, für die es im EBM keine Abrechnungsziffer gebe. Dementsprechend könne diese Leistung gar nicht abgerechnet werden. Es bleibe nur die Prüfung, ob es sich um eine weitere Leistung im Sinne des § 56 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) handle. In dem ergänzenden Gutachten vom 16. Dezember 1998 blieb Dr. L. bei dieser Beurteilung, da die Akupunkturbehandlung in ihrer Wirksamkeit nicht belegt sei und somit als unzweckmäßig und unwirtschaftlich im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V anzusehen sei. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Dezember 1998 die Kostenübernahme für die bereits durchgeführten weiteren Behandlungen, soweit diese nicht genehmigt worden waren, da es sich bei der Akupunkturbehandlung um eine außerhalb des vertragsärztlichen Versorgungssystems auf der Basis von Privatbehandlungen erbrachte Leistung handle, ab. Sie dürfe deshalb keine Kosten hierfür übernehmen, wobei es auf den Erfolg im Einzelfall nicht ankomme. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, die Entscheidung der Beklagten sei widersprüchlich, da sich die Rechtslage seit der ersten Genehmigung im Jahre 1997 nicht geändert haben könne; die Beklagte berufe sich auf ein Urteil aus dem Jahr 1995. Es wundere ihn, dass die DAK nun auf einmal nicht mehr positiv dieser Behandlung gegenüber stehe und der MDK ein Gutachten erstelle, ohne ihn persönlich vorgeladen zu haben. Die Beklagte habe in ihrer Entscheidung nur die chronische Bronchitis erwähnt. Daneben bestünden aber noch ausgeprägte Symptome im Bereich der Nebenhöhlen, Augen, Nase und ein Asthma bronchiale. Eine erneute Hyposensibilisierungsbehandlung komme deswegen nicht mehr in Betracht, da er eine solche schon zweimal erfolglos hinter sich habe und seine Aidserkrankung eine Kontraindikation darstelle. Mit einer medikamentösen Behandlung habe bisher kein gleichwertiger Erfolg erzielt werden können. Während der Allergiezeiten könne er mit Hilfe der Akupunktur auf Antihistaminika und orale Cortisongaben verzichten, was bei der vorhandenen Aidstherapie eine entscheidende Rolle spiele. Dass Cortison das Immunsystem schwäche, sei allgemein bekannt. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses bei der Beklagten vom 14. April 1999). Dieser Bescheid wurde am 21. Mai 1999 zur Post gegeben.
Mit der am 18. Juni 1999 schriftlich beim Sozialgericht (SG) Mannheim eingegangenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren auf Kostenübernahme für die Akupunkturbehandlungen weiter. Er wiederholte im Wesentlichen seine im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente. Er legte die Atteste des Dr. G. vom 25. April 1996 und des Dr. S. vom 14. Mai 1999 vor. Die Beklagte trat der Klage entgegen. Das SG holte die Auskünfte des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (BA) vom 16. August 1999, vom 10. Mai 2000 und 18. Dezember 2000 ein. Das SG holte auch die Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vom 16. Juli 2001 ein. Danach hat der BA am 16. Oktober 2000 seine Beratungen über die Akupunktur abgeschlossen und diese aus dem Leistungskatalog der ambulanten gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Als Ausnahmen hiervon sind vorgesehen die Behandlung chronischer Kopf-, LWS- und Osteoarthroseschmerzen, wofür die Kassen Modellversuche anbieten könnten. Demgegenüber verblieb der Kläger bei seiner Auffassung, dass in einem Einzelfall wie seinem weiterhin die Akupunkturbehandlung zu Lasten der Krankenkassen gewährt werden könne. Dies gelte für Fälle, in denen allgemein anerkannte Behandlungsmethoden nicht zur Verfügung stünden oder bei einer bestimmten Gruppe von Patienten nicht eingesetzt werden könnten. Zu einer solchen Gruppe gehöre er. Auch im Hinblick auf das therapeutische Gesamtkonzept des Dr. H. sei die Kostenübernahme weiterhin geboten. In der mündlichen Verhandlung hörte das SG den Kläger an, der dabei noch weitere Unterlagen vorlegte. Mit Urteil vom 17. Juli 2001 wies das SG die Klage ab, da nach der Entscheidung des BA die Akupunktur nicht zur Krankenversorgung gehöre, auf die die Versicherten Anspruch hätten. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das den Bevollmächtigten des Klägers am 31. August 2001 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil verwiesen.
Die am 03. September 2001 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung begründete der Kläger vor allem damit, dass ihm keine anderweitigen Behandlungsmöglichkeiten aus der Schulmedizin zur Verfügung stünden, da sowohl eine herkömmliche Cortisonbehandlung als auch eine erneute Hyposensibilisierung ausschieden. Beide Behandlungsmöglichkeiten seien aufgrund der HIV-Infektion nicht möglich. Sowohl Antihistaminika als auch Proteasehemmer, die gegen das Aidsvirus eingesetzt würden, würden in der Leber mit Hilfe des Enzyms Cytochrom 450 abgebaut. Das habe zur Folge, dass bei täglicher Einnahme von Antiallergika der Wirkspiegel der Proteasehemmer verfälscht werde. Dadurch könnten die hochwertigen Aidsmedikamente ihre Wirksamkeit nicht mehr voll entfalten. Es komme zu Resistenzen und anderen Nebenwirkungen, wodurch die Medikamente abgeschwächt würden. Wegen der begrenzten Anzahl derzeit zur Verfügung stehender Proteasehemmer würde dieser Effekt das Fortschreiten der Aidserkrankung beschleunigen. Da andererseits aus der Gruppe der Transkripasehemmer keine Medikamente mehr als Therapieoption zur Verfügung stünden, steige bereits jetzt unter der angewendeten Medikation seine Viruslast. Deswegen sei derzeit seine Überlebensprognose ohnehin sehr ungünstig. Er könne deswegen nicht auf "herkömmliche" Behandlungsmethoden verwiesen werden. Im Ergebnis bliebe er dann ohne jede medizinische Hilfe. Selbst wenn die Akupunkturbehandlung der herkömmlichen Behandlung unterlegen sei, sei sie für ihn doch die einzige Möglichkeit des Überlebens. Gegenüber der medikamentösen Behandlung, die für ihn nicht in Frage komme, betrügen die Kosten sogar erheblich weniger. Deshalb könne ihm die Kostenübernahme nicht versagt werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Juli 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Dezember 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 1999 zu verurteilen, ihm EUR 1.326,54 zu erstatten und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm weitere Akupunkturbehandlungen über den 3. April 2002 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die getroffene Entscheidung für richtig und verweist auf ihr Vorbringen in erster Instanz und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, die Akten des SG Mannheim S 5 KR 1544/99 und S 5 KR 852/00 sowie die Senatsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die entsprechend den Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 1998 in der durch den Widerspruchsbescheid vom 14. April 1999 unveränderten Gestalt den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, sondern dem geltenden Recht entspricht. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte weitere als die bereits genehmigten Akupunkturbehandlungen nachträglich erstattet oder in Zukunft weiterhin gewährt.
Das SG hat in den Gründen der angefochtenen Entscheidung zutreffend die rechtlichen Voraussetzungen aufgezeigt, unter denen der Kläger mit Erfolg die von ihm erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ebenso wie die Feststellungsklage weiterverfolgen kann. Insbesondere hat das SG zutreffend auf die maßgeblichen Vorschriften der §§ 27, 13 SGB V hingewiesen und die Bedeutung dargestellt, die den Entscheidungen des BA für den hier streitgegenständlichen Anspruch zukommt. Das SG hat auch zutreffend erkannt, dass insbesondere durch die Entscheidung des BA vom 16. Oktober 2000 beim Krankheitsbild des Klägers keine Therapie durch Akupunktur zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen werden kann. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie.
Lediglich im Hinblick auf die vom Kläger im Berufungsverfahren besonders hervorgehobenen Gesichtspunkte ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass auch seine besondere gesundheitliche Lage kein Grund dafür sein kann, zu Lasten der GKV eine Behandlungsmethode zu gewähren, die keine hinreichend sichere Wirksamkeit besitzt, ganz abgesehen davon, dass die vom Kläger angegebene Heilwirkung der Akupunkturbehandlungen jedenfalls subjektiv geprägt ist und es bei der gegenwärtigen Rechtslage auf eine im Einzelfall erkennbare positive Wirkung einer Heilmethode nicht ankommt, worauf das SG bereits zutreffend hingewiesen hat. Aus diesem Grund war auch den vom Kläger gestellten Beweisanträgen keine Folge zu leisten. Darf sonach aber die vom Kläger verlangte Behandlung nicht zu Lasten der GKV bewilligt werden, können ihm auch die dafür aufgewandten Kosten nicht erstattet werden. Schließlich scheitert seine Feststellungsklage, sollte sie angesichts der besonderen Verhältnisse, die beim Kläger vorliegen, für zulässig erachtet werden, schon aus diesem Grund. Die Zulässigkeit einer solchen Klage ist allerdings deshalb fraglich, weil es sich um eine einzelne Elementenfeststellung eines noch ungewissen möglicherweise künftigen Anspruchs handelt, über den erst entschieden werden kann, wenn alle Elemente vorliegen. Derzeit ist jedenfalls keine Konstellation vorstellbar, die es der Beklagten ermöglichen könnte, die Kosten der Akupunkturbehandlungen wie früher zu übernehmen; ganz ausgeschlossen erscheint dies jedoch deshalb nicht, weil nicht auszuschließen ist, dass der BA nach Vorliegen weiterer Forschungsergebnisse in Zukunft zu einer anderen Entscheidung gelangen kann. Dabei ist auch zu bedenken, dass der Fortschritt in der medizinischen Wissenschaft unter Umständen in kurzer Zeit heutige Erkenntnisse obsolet machen kann. Dies könnte auch zur Folge haben, dass Erfolg versprechende neue Methoden entwickelt werden, die schon deswegen eine Akupunkturbehandlung selbst für deren heutige Verfechter überflüssig werden lassen. Auch die vom Kläger geltend gemachten Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte vermögen hieran nichts zu ändern. Eine in ihrer Wirksamkeit unsichere Therapiemethode kann auch nicht mit solchen Erwägungen zugestanden werden, mag sie auch noch so preisgünstig und wenig belastend erscheinen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch ist der Senat von der derzeit gültigen Rechtsprechung eines der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abgewichen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten besteht Streit darüber, ob die Beklagte dem Kläger EUR 1.326,54 an Kosten zu erstatten hat, die diesem durch Akupunkturbehandlungen entstanden sind, und ob sie ihm weiterhin Akupunkturbehandlungen als Sachleistung zu gewähren hat.
Der am 1959 geborene Kläger ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Er leidet neben einer HIV-Erkrankung seit Ende der 70er Jahre an einer allergischen asthmoiden Bronchitis, Conjunctivitis und Rhinitis. Die Behandlung bestand zunächst in der Einnahme von Corticoiden, Betamimetika und verschiedenen Antihistaminika mit entsprechenden Nebenwirkungen. Eine versuchte Hyposensibilisierung war erfolglos. Seit 17. April 1996 wird er von seinem Hausarzt Dr. I., Hautarzt, mit Akupunktur behandelt. Bereits nach vier Sitzungen stellte sich eine Besserung ein, so dass der Kläger nur noch gelegentlich ein Antihistaminikum benötigte. Er war zwar nicht beschwerdefrei, konnte aber mit den Krankheitserscheinungen ordentlich leben. Die Behandlung wurde dann im Wesentlichen in 14tägigem Abstand durchgeführt. Bei Unterbrechungen dieses Rhythmus infolge Urlaub oder aus sonstigen Gründen verschlimmert sich das Leiden jedes Mal, so dass auch wieder stärkere Medikamente benötigt wurden. Dies war auch im Hinblick auf die HIV-Erkrankung an sich kontraindiziert. Wegen dieser Erkrankung sah Dr. H. vom erneuten Versuch einer Hyposensibilisierung ab. Die Beklagte beteiligte sich seit 1995 an insgesamt 95 Behandlungen, für die sie jeweils DM 50,- vergütete. Auf den von Dr. H. im März 1998 gestellten Verlängerungsantrag holte die Beklagte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in H. vom 19. März 1998 ein, in der weitere zehn Akupunkturbehandlungen befürwortet wurden. Auch ein weiterer im September 1998 gestellter Verlängerungsantrag für zehn weitere Behandlungen hatte Erfolg. In den an den Kläger gerichteten Mitteilungen wies die Beklagte immer darauf hin, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne Rechtsanspruch für künftige oder ähnliche Fälle handle. Auf den am 16. November 1998 bei der Beklagten eingegangenen erneuten Verlängerungsantrag veranlasste diese mit dem Hinweis darauf, dass die Akupunkturbehandlung seit 1996 andauere und seitdem 95 Akupunkturbehandlungen befürwortet und bewilligt worden seien, eine erneute Begutachtung durch den MDK. Medizinaldirektor B. vom MDK gelangte in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 23. November 1998 zu dem Ergebnis, dass bei der jetzt angegebenen stabilen Lage zu erwägen sei, ob nicht eine spezifische Immuntherapie, d.h. subcutane Hyposensibilisierung, als Kausaltherapie durchgeführt werden solle. Nachdem schon seit der fünften Akupunkturbehandlung laufende Besserungen angegeben worden seien, müsse jetzt von einem stabilen Therapieerfolg ausgegangen werden. Eine Weiterführung der Akupunkturbehandlung als prophylaktische Dauerbehandlung könne nicht befürwortet werden. Mit diesem ihm telefonisch bekannt gegebenen Begutachtungsergebnis erklärte sich der Kläger nicht einverstanden und legte die Bescheinigung des Dr. H. vom 28. November 1998 vor, der dringlich die Weiterführung der Akupunkturtherapie in 14tägigen Abstand empfahl. Dr. L. vom erneut eingeschalteten MDK kam in dem Gutachten nach Aktenlage vom 04. Dezember 1998 zu dem Ergebnis, es handle sich bei der nicht schulmedizinischen Untersuchungs- und Behandlungsmethode um eine Leistung, für die es im EBM keine Abrechnungsziffer gebe. Dementsprechend könne diese Leistung gar nicht abgerechnet werden. Es bleibe nur die Prüfung, ob es sich um eine weitere Leistung im Sinne des § 56 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) handle. In dem ergänzenden Gutachten vom 16. Dezember 1998 blieb Dr. L. bei dieser Beurteilung, da die Akupunkturbehandlung in ihrer Wirksamkeit nicht belegt sei und somit als unzweckmäßig und unwirtschaftlich im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V anzusehen sei. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Dezember 1998 die Kostenübernahme für die bereits durchgeführten weiteren Behandlungen, soweit diese nicht genehmigt worden waren, da es sich bei der Akupunkturbehandlung um eine außerhalb des vertragsärztlichen Versorgungssystems auf der Basis von Privatbehandlungen erbrachte Leistung handle, ab. Sie dürfe deshalb keine Kosten hierfür übernehmen, wobei es auf den Erfolg im Einzelfall nicht ankomme. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, die Entscheidung der Beklagten sei widersprüchlich, da sich die Rechtslage seit der ersten Genehmigung im Jahre 1997 nicht geändert haben könne; die Beklagte berufe sich auf ein Urteil aus dem Jahr 1995. Es wundere ihn, dass die DAK nun auf einmal nicht mehr positiv dieser Behandlung gegenüber stehe und der MDK ein Gutachten erstelle, ohne ihn persönlich vorgeladen zu haben. Die Beklagte habe in ihrer Entscheidung nur die chronische Bronchitis erwähnt. Daneben bestünden aber noch ausgeprägte Symptome im Bereich der Nebenhöhlen, Augen, Nase und ein Asthma bronchiale. Eine erneute Hyposensibilisierungsbehandlung komme deswegen nicht mehr in Betracht, da er eine solche schon zweimal erfolglos hinter sich habe und seine Aidserkrankung eine Kontraindikation darstelle. Mit einer medikamentösen Behandlung habe bisher kein gleichwertiger Erfolg erzielt werden können. Während der Allergiezeiten könne er mit Hilfe der Akupunktur auf Antihistaminika und orale Cortisongaben verzichten, was bei der vorhandenen Aidstherapie eine entscheidende Rolle spiele. Dass Cortison das Immunsystem schwäche, sei allgemein bekannt. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses bei der Beklagten vom 14. April 1999). Dieser Bescheid wurde am 21. Mai 1999 zur Post gegeben.
Mit der am 18. Juni 1999 schriftlich beim Sozialgericht (SG) Mannheim eingegangenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren auf Kostenübernahme für die Akupunkturbehandlungen weiter. Er wiederholte im Wesentlichen seine im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente. Er legte die Atteste des Dr. G. vom 25. April 1996 und des Dr. S. vom 14. Mai 1999 vor. Die Beklagte trat der Klage entgegen. Das SG holte die Auskünfte des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (BA) vom 16. August 1999, vom 10. Mai 2000 und 18. Dezember 2000 ein. Das SG holte auch die Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vom 16. Juli 2001 ein. Danach hat der BA am 16. Oktober 2000 seine Beratungen über die Akupunktur abgeschlossen und diese aus dem Leistungskatalog der ambulanten gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Als Ausnahmen hiervon sind vorgesehen die Behandlung chronischer Kopf-, LWS- und Osteoarthroseschmerzen, wofür die Kassen Modellversuche anbieten könnten. Demgegenüber verblieb der Kläger bei seiner Auffassung, dass in einem Einzelfall wie seinem weiterhin die Akupunkturbehandlung zu Lasten der Krankenkassen gewährt werden könne. Dies gelte für Fälle, in denen allgemein anerkannte Behandlungsmethoden nicht zur Verfügung stünden oder bei einer bestimmten Gruppe von Patienten nicht eingesetzt werden könnten. Zu einer solchen Gruppe gehöre er. Auch im Hinblick auf das therapeutische Gesamtkonzept des Dr. H. sei die Kostenübernahme weiterhin geboten. In der mündlichen Verhandlung hörte das SG den Kläger an, der dabei noch weitere Unterlagen vorlegte. Mit Urteil vom 17. Juli 2001 wies das SG die Klage ab, da nach der Entscheidung des BA die Akupunktur nicht zur Krankenversorgung gehöre, auf die die Versicherten Anspruch hätten. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das den Bevollmächtigten des Klägers am 31. August 2001 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil verwiesen.
Die am 03. September 2001 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung begründete der Kläger vor allem damit, dass ihm keine anderweitigen Behandlungsmöglichkeiten aus der Schulmedizin zur Verfügung stünden, da sowohl eine herkömmliche Cortisonbehandlung als auch eine erneute Hyposensibilisierung ausschieden. Beide Behandlungsmöglichkeiten seien aufgrund der HIV-Infektion nicht möglich. Sowohl Antihistaminika als auch Proteasehemmer, die gegen das Aidsvirus eingesetzt würden, würden in der Leber mit Hilfe des Enzyms Cytochrom 450 abgebaut. Das habe zur Folge, dass bei täglicher Einnahme von Antiallergika der Wirkspiegel der Proteasehemmer verfälscht werde. Dadurch könnten die hochwertigen Aidsmedikamente ihre Wirksamkeit nicht mehr voll entfalten. Es komme zu Resistenzen und anderen Nebenwirkungen, wodurch die Medikamente abgeschwächt würden. Wegen der begrenzten Anzahl derzeit zur Verfügung stehender Proteasehemmer würde dieser Effekt das Fortschreiten der Aidserkrankung beschleunigen. Da andererseits aus der Gruppe der Transkripasehemmer keine Medikamente mehr als Therapieoption zur Verfügung stünden, steige bereits jetzt unter der angewendeten Medikation seine Viruslast. Deswegen sei derzeit seine Überlebensprognose ohnehin sehr ungünstig. Er könne deswegen nicht auf "herkömmliche" Behandlungsmethoden verwiesen werden. Im Ergebnis bliebe er dann ohne jede medizinische Hilfe. Selbst wenn die Akupunkturbehandlung der herkömmlichen Behandlung unterlegen sei, sei sie für ihn doch die einzige Möglichkeit des Überlebens. Gegenüber der medikamentösen Behandlung, die für ihn nicht in Frage komme, betrügen die Kosten sogar erheblich weniger. Deshalb könne ihm die Kostenübernahme nicht versagt werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Juli 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Dezember 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 1999 zu verurteilen, ihm EUR 1.326,54 zu erstatten und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm weitere Akupunkturbehandlungen über den 3. April 2002 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die getroffene Entscheidung für richtig und verweist auf ihr Vorbringen in erster Instanz und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, die Akten des SG Mannheim S 5 KR 1544/99 und S 5 KR 852/00 sowie die Senatsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die entsprechend den Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 1998 in der durch den Widerspruchsbescheid vom 14. April 1999 unveränderten Gestalt den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, sondern dem geltenden Recht entspricht. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte weitere als die bereits genehmigten Akupunkturbehandlungen nachträglich erstattet oder in Zukunft weiterhin gewährt.
Das SG hat in den Gründen der angefochtenen Entscheidung zutreffend die rechtlichen Voraussetzungen aufgezeigt, unter denen der Kläger mit Erfolg die von ihm erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ebenso wie die Feststellungsklage weiterverfolgen kann. Insbesondere hat das SG zutreffend auf die maßgeblichen Vorschriften der §§ 27, 13 SGB V hingewiesen und die Bedeutung dargestellt, die den Entscheidungen des BA für den hier streitgegenständlichen Anspruch zukommt. Das SG hat auch zutreffend erkannt, dass insbesondere durch die Entscheidung des BA vom 16. Oktober 2000 beim Krankheitsbild des Klägers keine Therapie durch Akupunktur zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen werden kann. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie.
Lediglich im Hinblick auf die vom Kläger im Berufungsverfahren besonders hervorgehobenen Gesichtspunkte ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass auch seine besondere gesundheitliche Lage kein Grund dafür sein kann, zu Lasten der GKV eine Behandlungsmethode zu gewähren, die keine hinreichend sichere Wirksamkeit besitzt, ganz abgesehen davon, dass die vom Kläger angegebene Heilwirkung der Akupunkturbehandlungen jedenfalls subjektiv geprägt ist und es bei der gegenwärtigen Rechtslage auf eine im Einzelfall erkennbare positive Wirkung einer Heilmethode nicht ankommt, worauf das SG bereits zutreffend hingewiesen hat. Aus diesem Grund war auch den vom Kläger gestellten Beweisanträgen keine Folge zu leisten. Darf sonach aber die vom Kläger verlangte Behandlung nicht zu Lasten der GKV bewilligt werden, können ihm auch die dafür aufgewandten Kosten nicht erstattet werden. Schließlich scheitert seine Feststellungsklage, sollte sie angesichts der besonderen Verhältnisse, die beim Kläger vorliegen, für zulässig erachtet werden, schon aus diesem Grund. Die Zulässigkeit einer solchen Klage ist allerdings deshalb fraglich, weil es sich um eine einzelne Elementenfeststellung eines noch ungewissen möglicherweise künftigen Anspruchs handelt, über den erst entschieden werden kann, wenn alle Elemente vorliegen. Derzeit ist jedenfalls keine Konstellation vorstellbar, die es der Beklagten ermöglichen könnte, die Kosten der Akupunkturbehandlungen wie früher zu übernehmen; ganz ausgeschlossen erscheint dies jedoch deshalb nicht, weil nicht auszuschließen ist, dass der BA nach Vorliegen weiterer Forschungsergebnisse in Zukunft zu einer anderen Entscheidung gelangen kann. Dabei ist auch zu bedenken, dass der Fortschritt in der medizinischen Wissenschaft unter Umständen in kurzer Zeit heutige Erkenntnisse obsolet machen kann. Dies könnte auch zur Folge haben, dass Erfolg versprechende neue Methoden entwickelt werden, die schon deswegen eine Akupunkturbehandlung selbst für deren heutige Verfechter überflüssig werden lassen. Auch die vom Kläger geltend gemachten Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte vermögen hieran nichts zu ändern. Eine in ihrer Wirksamkeit unsichere Therapiemethode kann auch nicht mit solchen Erwägungen zugestanden werden, mag sie auch noch so preisgünstig und wenig belastend erscheinen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch ist der Senat von der derzeit gültigen Rechtsprechung eines der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abgewichen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved