L 11 KR 2015/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 1632/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2015/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kein Rechtsschutzbedürfnis für Feststellung der Nichtversicherung in der Vergangenheit, wenn sich hieraus keine Rechtsfolgen, insbes. Keine Beitragserstattungen, ableiten lassen. Bestätigung der Entscheidung v. 28.07.2004 -L 11 KR 3165/03.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. Februar 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 1. April 1971 bis 31. Dezember 1976 versicherungspflichtig beschäftigt war.

Der am 12. Dezember 1949 geborene Kläger absolvierte im elterlichen Betrieb, der Einzelfirma Foto L., deren alleiniger Inhaber sein Vater bis zu seinem Tode im Jahre 1971 war, seine Ausbildung. Nach Abschluss seiner Fotographenlehre war er seit Januar 1968 in dem elterlichen Betrieb versicherungspflichtig beschäftigt. Sein Vater bezog ab 1. Juli 1968 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 31. Juli 1979). Nach dem Tode seines Vaters führte seine Mutter das Unternehmen weiter. Der Kläger wurde unter Abführung der entsprechenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge weiterhin als abhängig Beschäftigter geführt. Am 4. Juli 1972 legte er die Meisterprüfung ab. Seit dem 1. Januar 1975 war der Kläger freiwillig versichert. Im Januar 1977 übertrug seine Mutter die Firma auf den Kläger, die dieser zusammen mit seiner Ehefrau als GmbH weiter führte.

Im Januar 2002 beantragte er bei der Beklagten die Feststellung, dass er vom 1. April 1971 bis 31. Dezember 1977 nicht versicherungspflichtig beschäftigt, sondern selbstständig tätig gewesen sei. Er machte geltend, er habe die Firma völlig alleine geleitet, da sich seine Mutter als Branchenfremde mit dem Fotogewerbe nicht ausgekannt habe. Seine Tätigkeiten habe er weisungsfrei ausüben und allein über die Geschäftsabläufe der Einzelfirma Foto L. entscheiden können. Dies ergebe sich auch aus der Tatsache, dass er später den väterlichen Betrieb übernommen und in eine GmbH umgewandelt habe, welches bereits die ganze Zeit geplant gewesen sei. Es handle sich um den typischen Übergang eines Geschäfts auf die jüngere Generation. Er habe ca. 65 Stunden pro Woche gegen eine Bezahlung in Höhe von DM 1.500,- gearbeitet, wobei sein Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht und von diesem Lohnsteuer entrichtet worden wäre. Zusätzlich zu seinem nicht ortsüblichen, niedrigen monatlichen Arbeitsentgelt sei noch eine gewinnabhängige Sonderzahlung vereinbart worden, die aber in den Jahren nicht zum Tragen gekommen wäre, da die vereinbarten Tantiemen in die Firma reinvestiert worden wären. Diese Bezüge habe er dem Fotogeschäft als Darlehen in Höhe von 70.000,- DM gewährt. Er hat hierzu einen Beratungsbericht der B.-Unternehmensberatung vom 14.10.1976 vorgelegt, wonach er die Geschicke des Betriebes weitgehend selbstständig leite und auch über eine entsprechende Ausbildung die notwendige Erfahrung verfüge, ein solches Geschäft zu führen. Er sei für die betriebliche Nachfolge vorgesehen und beabsichtige, den Betrieb zu übernehmen. Die beiden anderen Söhne seien nicht für die Nachfolge vorgesehen. Des weiteren wurde eine Bescheinigung seiner Mutter, die Gewerbeanmeldung, der notarielle Vertrag über die GmbH-Gründung und der Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen zu den Akten der Beklagten gegeben.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2002 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, auch im Interesse der Rechtssicherheit bestünde kein Anlass, die versicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers anzuzweifeln, nachdem Betriebsinhaber zunächst der Vater, nach dessen Ableben die Mutter des Klägers gewesen wäre und die Versicherungspflicht unbeanstandet durchgeführt worden sei.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe nach dem Tod seines Vaters den Betrieb gänzlich alleine geführt, wobei eine arbeitsvertragliche Vereinbarung zu keiner Zeit bestanden habe. Sein Aufgabenbereich habe sich von der fototechnischen wie produktionsrelevanten Leitung des Unternehmen bis hin zur Personalplanung ("Ein- und Ausstellung") erstreckt. Er habe seinen Urlaub selbstständig einrichten können und ihn nicht genehmigen lassen müssen. Ein Urlaubsanspruch sei nicht vereinbart worden. Er habe die Firma nach außen hin vertreten und sei von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2002 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, als Arbeitgeberin sei die Alleininhaberin der Firma anzusehen. Ob er tatsächlich nicht einem Weisungsrecht seiner Mutter unterlegen hätte, müsse angesichts der Tatsache, dass er einziger Arbeitnehmer der Firma gewesen sei, angezweifelt werden. Im maßgeblichen Zeitraum sei er gerade einmal 20 Jahre alt gewesen, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass die Inhaberin sicherlich in gewisser Weise ein Direktionsrecht ausgeübt habe. Außerdem habe er kein eigenes Unternehmerrisiko getragen, sondern die volle Haftung für die Firma habe der Alleininhaberin obliegen. Durch die Übernahme des Fotogeschäftes habe seine Mutter auch nicht nur mit dem Nachlass, sondern grundsätzlich auch mit ihrem Privatvermögen gehaftet. Wenn ein Einzelunternehmer diese Rechtsfolge nicht wolle, müsse er deswegen die Unternehmensform ändern. Eine solche GmbH sei aber erst im Januar 1977 gegründet worden. Auch die Tatsache, dass er gegen Arbeitsentgelt beschäftigt worden wäre, von dem Lohnsteuer entrichtet worden sei und welches als Betriebsausgabe gebucht worden wäre, lege das Vorliegen einer Beschäftigung habe. Nach Abwägen aller Kriterien überwögen deswegen die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung.

Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er habe in der Firma eine Stellung inne gehabt, die der eines Firmeninhabers gleich gekommen sei. Durch die familiäre Bindung und wegen seines Fachwissens habe er nämlich überhaupt keinem Weisungsrecht unterlegen. Nach dem Tod seines Vaters habe er diesen ersetzt. Das sei deswegen absolut notwendig gewesen, da seine Mutter als Branchenfremde mit der Leitung des Betriebes völlig überfordert gewesen wäre. Insofern würde die Formalstellung als Inhaberin überbewertet werden. Es sei auch nicht seine Aufgabe, bei Betriebsprüfungen die Richtigkeit der Beitragszahlungen zu beanstanden. Dass die Beklagte Betriebsprüfungen nicht mit der erforderlichen Intensität durchführe, könne bei ihm insofern belegt werden, als die Beklagte ausgeführt habe, dass er seit Januar 1977 wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze nicht mehr sozialversicherungspflichtig sei, in der Rentenversicherung jedoch noch bis Dezember 1977 Pflichtbeiträge verbucht habe.

In der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2004 erklärte er Kläger, dass sein jüngerer Bruder im Jahr 1977 18 Jahre geworden sei und sich zu diesem Zeitpunkt entschlossen habe, nicht in die elterliche Firma einzutreten.

Mit Urteil vom gleichen Tag, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 29. April 2004, wies das SG die Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid mit der Begründung ab, für die abhängige Beschäftigung des Klägers im streitigen Zeitraum spreche insbesondere, dass die Übergabe des Fotogeschäfts im Jahr 1977 erfolgt sei, als abzusehen gewesen wäre, dass der jüngere Bruder nicht in die Firma eintreten werde. Bis dahin sei es für die Mutter des Klägers vernünftig gewesen, die Geschicke der Firma selbst zu leiten, auch wenn sie weitgehend Aufgaben an den Kläger delegiert haben möge und dieser aufgrund seiner Fachkenntnisse dazu prädestiniert gewesen sei. Wenn die Mutter des Klägers die Zügel hätte aus der Hand geben wollen, wäre auch die Geschäftsübergabe mit Sicherheit zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt. Des weiteren müsse sich der Kläger entgegen halten lassen, dass er seinerzeit die Feststellung der Versicherungspflicht und die Beitragsabführung unwidersprochen hingenommen habe.

Mit seiner hiergegen am 26. Mai 2004 eingelegten Berufung trägt der Kläger ergänzend vor, das erstinstanzliche Gericht habe sich nicht ausreichend mit dem Beratungsbericht der Unternehmensberatung, aus dem sich eindeutig seine sozialversicherungsfreie Stellung ergebe, auseinander gesetzt. Seine Mutter habe vor 1977 die Geschicke der Firma weder leiten wollen noch können. Die Firmenübergabe sei allein darauf zurückzuführen, dass die Unternehmensberater die Empfehlung gegeben hätten, aus Fairnessgründen solle man eine Betriebsübergabe erst dann einleiten, wenn der jüngere Bruder seine Berufswahl getroffen habe. Auch könne man ihm seine Unkenntnis bezüglich der Sozialversicherungspflichtigkeit nicht anlasten. Aus den Betriebsbilanzen werde ersichtlich, dass in den Jahren 1971 bis 1974 ein erheblicher Betriebszuwachs erfolgt sei, der lediglich seinem Engagement zu verdanken gewesen wäre. Die von ihm als Kredit an die Firma weitergeleiteten erfolgsabhängigen Tantiemenzahlungen hätten nach dem Beraterbericht der Funktion nach Eigenkapital dargestellt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. Februar 2004 sowie den Bescheid vom 8. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2002 aufzuheben und festzustellen, dass er im Zeitraum vom 1. April 1971 bis 31. Dezember 1976 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend.

Mit Beschluss vom 26. Januar 2005 bzw. 16. Februar 2005 wurden der Rentenversicherungsträger (Beigeladene Ziffer1) sowie die A. f. A. (Beigeladene Ziffer 2) beigeladen. Die Beigeladenen haben sich im Verfahren nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, denn sie ist auch darauf gerichtet, die für den streitbefangenen Zeitraum vom 1. April 1971 bis 31. Dezember 1976 entrichteten Gesamtsozialversicherungsbeiträge erstattet zu erhalten und erstreckt sich daher über einen größeren Zeitraum als 1 Jahr.

Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger in der Zeit vom 1. April 1971 bis 31. Dezember 1976 abhängig beschäftigt war und deswegen Beiträge zur Sozialversicherung nicht zu erstatten sind.

Allerdings fehlt nach Auffassung des Senats der Klage bereits das Rechtsschutzbedürfnis, so dass sie als unzulässig abzuweisen gewesen wäre.

Das ist darin begründet, dass jede Rechtsverfolgung ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt, welches aber in der Regel fehlt, wenn das begehrte Urteil die rechtliche oder wirtschaftliche Situation eines Klägers nicht verbessern würde (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 7. Auflage 2002, vor § 51 Rdnr. 16 ff.). Aus der Feststellung, ob der Kläger in der streitbefangenen Zeit abhängig beschäftigt war oder nicht, lassen sich aber keine Rechtsfolgen ableiten, d. h. der Kläger hat insbesondere keinen Anspruch auf Beitragserstattung.

Das folgt daraus, dass die Erstattung der Beiträge verjährt ist und andere Rechtsfolgen aus der Feststellung, ob der Kläger in der streitbefangenen Zeit abhängig beschäftigt war oder nicht, nicht erwachsen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 27 Abs. 2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Nach dieser Vorschrift verjährt ein Erstattungsanspruch in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Das ist vorliegend der Fall, da der Kläger erst im Januar 2002 die Feststellung, dass er nicht versichert sei, begehrt hat, während die Beiträge bereits mehr als 4 Jahre zuvor entrichtet worden sind. Daher ist eine Rückerstattung der Beiträge ausgeschlossen. Für die Rentenversicherung ist das gesondert in § 26 Abs. 1 Satz 2 SGB IV geregelt, wonach Beiträge, die - wie vorliegend - nach einer Betriebsprüfung nicht mehr beanstandet werden dürfen, als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten. Die 30-jährige Verjährungsfrist gilt hingegen im Falle des Klägers nicht, denn dies setzt voraus, dass ein Beitragserstattungsanspruch durch die Feststellung in der Konkurstabelle vollstreckbar geworden ist (BSG SozR 2200 § 29 Nr. 14) oder Anhaltspunkte für eine Verwirkung der Verjährungseinrede (BSGE 80, 41) vorliegen.

In Betracht kommt vorliegend lediglich, dass den Versicherungsträgern die Berufung auf die Verjährungseinrede verwehrt ist, so dass sie verwirkt wäre (vgl. zum folgenden Krauskopf, Kommentar zur Sozialen Kranken- und Pflegeversicherung, § 45 SGB 1 Rdnr. 22 ff.). Solche, die Verwirkung auslösenden Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich in Folge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, Urteil vom 1. April 1993, 1 RK 16/92). Diese zur Verwirkung führenden Voraussetzungen liegen bei dem Kläger aber nicht vor. Er wurde nicht in dem Glauben gelassen, dass irrtümlich geleistete Beiträge ihm wieder erstattet werden und er deswegen nicht davon abgehalten, rechtzeitig die Überprüfung seines Versicherungsverhältnisses bzw. die Beitragserstattung zu beantragen. Vielmehr hat der Kläger selber ausgeführt, dass er mit Personalangelegenheiten befasst war und deswegen hätte er auch wissen müssen, dass seine Tätigkeit der Beklagten als der für ihn zuständigen Einzugstelle als versicherungspflichtig gemeldet war, davon Lohnsteuer abgeführt und der Lohn wiederum als Betriebsausgabe steuerrechtlich verbucht wurde. Die Beklagte hat auch zu keinem Zeitpunkt dem Kläger signalisiert, dass sie von einer selbstständigen Beschäftigung ausgehe oder ihm gar die Beiträge erstatten werde. Nach alledem konnte sich daher bei ihm aufgrund fehlender Vertrauensgrundlage und fehlendem Vertrauenstatbestand kein entsprechendes Vertrauen begründen, so dass den Versicherungsträgern die Verjährungseinrede nicht verwehrt ist. Da der Kläger folglich aus der Feststellung, er sei nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen, keine Rechte herleiten kann, fehlt der Klage bereits das Rechtschutzbedürfnis, so dass sie unzulässig ist.

Die Klage ist aber auch unbegründet, denn auch zur Überzeugung des Senats steht aufgrund der vorgelegten Unterlagen fest, dass er in der streitbefangenen Zeit versicherungspflichtig beschäftigt war.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist das der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einen Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist die selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist dabei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSGE 45, 199, 200 ff. = SozR 2200 § 1227 Nr. 8; SozR 3 - 2490 § 7 Nr. 13 S. 31; SozR 3 - 3400 § 7 Nr. 15, jeweils m. w. N.).

Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen muss ausgeschlossen werden, dass der Arbeitsvertrag nur zum Schein abgeschlossen wurde (§ 117 BGB), der Familienangehörige Mitunternehmer oder Mitgesellschafter ist oder seine Tätigkeit lediglich eine familienhafte Mithilfe darstellt. Hierzu ist die Feststellung erforderlich, dass es sich um ein ernsthaft gewolltes und vereinbarungsgemäß durchgeführtes entgeltliches Beschäftigungsverhältnis handelt, das insbesondere die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten voraussetzt. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht dabei grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSGE 34, 207, 210; SozR 3 - 3400 § 7 Nr. 1; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11).

Nach der Rechtsprechung hängt die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und familienhafter Mithilfe (BSGE 12, 153) neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem gegebenenfalls abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitsgebers voraus, dass der Beschäftigte ein Entgelt enthält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinaus geht. Weitere Abgrenzungskriterien sind nach dieser Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist (BSG SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 17).

Ausgehend hiervon ist die Beschäftigung des Klägers in der streitbefangenen Zeit als abhängige einzustufen. Das Unternehmen wurde zum einen als Einzelfirma von der Mutter des Klägers geführt, die aufgrund ihrer unternehmerischen Stellung die volle Haftung für die Firma trug und somit auch allein das unternehmerische Risiko. Der Kläger erhielt weiter für seine Tätigkeit einen zu versteuernden und als sozialversicherungspflichtig geführten Lohn, der über die gesamte Dauer seines Beschäftigungsverhältnisses als Betriebsausgabe verbucht wurde. Dass der Lohn untertariflicher Art war, steht dem nicht entgegen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002, B 7 AL 34/02 R NZA 2003, 548). Denn der Höhe des Entgelts kommt lediglich Indizwirkung zu, es gilt aber nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich untertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt.

Ausgehend hiervon hatten die Bezüge des Klägers eindeutig Entgeltfunktion. Die Lohnzahlung des Klägers war zwar gering, hat ihn aber zumindest in die Lage versetzt, seinen Lebensunterhalt davon eigenständig zu bestreiten, so dass er sogar auf die Auszahlung der Sondertantieme verzichten und diese in den Betrieb reinvestieren konnte. Somit stellte sein Entgelt kein bloßes Taschengeld, sondern die Entlohnung einer Arbeit dar.

Dass das Arbeitsverhältnis im Innenbereich weiter durch familienhafte Rücksichtnahme gekennzeichnet war, wie dies der Kläger vorgetragen hat, und daher das Weisungsrecht möglicherweise verfeinert ausgeübt wurde, was aber nach diesem Zeitablauf nicht mehr festgestellt werden kann, steht dieser Feststellung nicht entgegen, sondern ist bei familienhafter Mitarbeit in Beschäftigungsverhältnissen geradezu symptomatisch. Das folgt letztlich auch aus dem von dem Kläger vorgelegten Beratungsbericht, denn dieser geht davon aus, dass der Kläger "weitgehend"- und damit nicht ausschließlich die Geschicke des Betriebes selbstständig geleitet hat. Daraus ist zu folgern, dass sich die Mutter des Klägers letztlich die Entscheidung im Einzelfall vorbehalten konnte und hat. Betriebsführer war der Kläger damit nicht, auch wenn es seiner Mutter an den erforderlichen Branchenkenntnissen gefehlt haben mag.

Dass die Tätigkeit in der streitbefangenen Zeit wie dargelegt zu bewerten ist, wird weiterhin insbesondere dadurch belegt, dass eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen erst dann eintrat, als sein Bruder das 18. Lebensjahr vollendete und sich sicher dazu entschlossen hatte, nicht in den elterlichen Betrieb einzutreten. Erst danach wurde das Unternehmen auf den Kläger übertragen und er hat es dann von einer Einzelfirma in eine GmbH umgewandelt. Das zeigt, dass die Verhältnisse vorher anders gelagert gewesen sein müssen, d. h. die unternehmerische Verantwortung bei der Mutter des Klägers lag. Hierfür spricht weiter, dass weder die Erwerbsunfähigkeit seines Vaters noch der Erwerb der Qualifikation eines Meisters zu einer Änderung der unternehmerischen Verhältnisse geführt haben. Deswegen konnte der Kläger auch nicht Arbeitgeber in der streitbefangenen Zeit sein, sondern war abhängig beschäftigt.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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