L 6 U 3796/04 PKH-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 5761/03 PKH-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3796/04 PKH-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Legt das SG die Beschwerde gegen einen die Gewährung von PKH ablehnenden Beschluss gem. § 174 SGG dem LSG vor, ohne die bei der Einlegung der Beschwerde angekündigte Begründung abzuwarten, so verletzt es das Recht des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG). In einem solchen Fall kann das Beschwerdegericht die Nichtabhilfeentscheidung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 159 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGG aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen.
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.08.2004 aufgehoben.

Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin Eggensperger-, Fronackerstr. 8, 71332 Waiblingen, bewilligt.

Tatbestand:

Im Hauptsacheverfahren streiten die Beteiligten um die Bewilligung von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Der 1958 geborene Kläger zog sich im Rahmen seiner Tätigkeit als Zimmermann am 27.05.1993 durch einen Sturz (aus mehren Metern Höhe) Prellungen und Schürfwunden (u.a. am Oberkörper, den Armen, den Beinen und am Becken) zu. Er wurde vom 27.05.-28.05.1993 stationär überwacht und ohne Hinweise auf eine Fraktur oder einen intraabdominellen traumatischen Befund entlassen (vgl. Bericht Dr. B. vom 16.06.1993).

Am 06.09.1995 erlitt der Kläger einen weiteren Arbeitsunfall (Fersenbeinfraktur links). Prof. Dr. Dr. W. beschrieb im ersten Rentengutachten vom 06.02.1996 eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit des oberen und unteren Sprunggelenkes bei Muskelminderung am linken Ober- und Unterschenkel bei knöchern konsolidierter Fersenbeinfraktur links und schätzte die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vom 07.02.1996 bis zum 07.08.1996 auf 20 v. H. und ab dem 08.08.1996 auf Dauer auf 10 v. H. Mit Bescheid vom 15.04.1996 bewilligte die Beklagte eine Gesamtvergütung für die Zeit vom 07.02.1996 bis zum 07.08.1996 nach einer MdE von 20 v. H. und stellte als Unfallfolgen fest: endgradige Bewegungseinschränkung im oberen und unteren Sprunggelenk links nach knöchern fest in achsengerechter Stellung verheiltem Fersenbeinbruch, geringe Muskelminderung am Ober- und Unterschenkel, diskrete Vergröberung der Sprunggelenkskontur sowie des Rückfußes und leichte Kalksalzminderung im Fußbereich. In der Folgezeit machte der mit orthopädischem Schuhwerk versorgte Kläger weiterhin Beschwerden im Bereich des linken Fußes geltend. Im Nachschaubericht (NAB) vom 19.06.1996 beschrieb Prof. Dr. W. u.a. ein diskret links hinkendes Gangbild, Druckschmerz unterhalb des Außenknöchels lateral am Fersenbein und im NAB vom 21.10.1996 u.a. eine leichte Einschränkung im unteren Sprunggelenk mit Fußheben/Senken. Anlässlich einer Vorstellung vom 05.06.1997 klagte der Kläger über intermittierende Schmerzen im Bereich des Außenknöchels und der Ferse links (NAB vom 05.06.1997). Auch in der Folgezeit stellte sich beim Kläger keine Beschwerdefreiheit ein (u.a. NAB vom 13.11.1997, 25.03.1998). Im zweitem Rentengutachten vom 01.06.2000 wurden als Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.09.1995 subjektive Schmerzen im oberen und unteren Sprunggelenk links, endgradige Einschränkung der Beweglichkeit im unteren Sprunggelenk beschrieben und die MdE wurde mit 10 v. H eingeschätzt.

Mit Bescheid vom 11.07.2001 lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Neufeststellung einer Rente wegen der Folgen des Unfalles vom 06.09.1995 ab, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht in rentenberechtigender Höhe gemindert sei und wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2002 zurück.

Zwischenzeitlich hatte der Kläger am 15.06.1998 einen weiteren Arbeitsunfall erlitten. In der Unfallmeldung vom 15.06.1998 gab der Orthopäde Dr. K. eine Ausrißfraktur des rechten Beckenkamms an. Im Zwischenbericht vom 27.05.1999 beschrieb Prof. Dr. W. Restbeschwerden nach Zerrung der rechten Rückenmuskulatur mit knöchernem Ausriss an der Beckenschaufel rechts. Dr. S. beschrieb im Zwischenbericht vom 23.11.1999 (CT-Untersuchung des Beckens und der distalen LWS vom 18.11.1999) eine rechts-lateral betonte Protrusion der Bandscheibe L3/4 und führte u.a. aus: "Da die Beschwerden des Patienten direkt mit dem Unfallereignis einsetzten, wäre eine mittelbare Unfallfolge denkbar." Nach stationären Behandlungen vom 06.12. bis 20.12.1999 und vom 10.01. bis zum 20.01.2000 beschrieb Dr. H. im Bericht vom 03.02.2000 ein Einklemmungssyndrom des Nervus ileoinguinalis am rechten hinteren Beckenkamm bei Z.n. altem knöchernen Abriss (Arbeitsunfall 1998). Im Zwischenbericht vom 24.07.2000 bat Dr. H. um erneute Prüfung des Zusammenhangs der jetzigen Beschwerden des Klägers mit dem Unfall vom 15.06.1998. Die massive Kraftaufwendung beim Hebetrauma mit der Folge eines knöchernen Muskelausrisses am hinteren Beckenkamm rechts habe mit entsprechenden fortgeleiteten Zerrungsmechanismen auf Wirbelgelenke, Bandapparate und Bandscheiben für die jetzt vorliegenden Restbeschwerden zu mehr als 50% ursächlich beigetragen. Prof. Dr. W. führte im unfallchirurgischen Gutachten vom 24.10.2000 u.a. aus, dass die degenerative Wirbelsäulenerkrankung mit Protrusionen von Bandscheiben auf mehreren Ebenen nicht auf das Ereignis vom 15.06.1998 zurückzuführen seien und dass eine MdE wegen der Unfallfolgen nicht eingetreten sei.

Mit Bescheid vom 19.12.2000 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Verletztenrente anlässlich des Arbeitsunfalls vom 15.06.1998 ab und anerkannte als Unfallfolgen: Druckempfindlichkeit im Bereich des rechten hinteren Beckenkammes nach knöchern verheiltem Ausrissbruch am rechten Beckenkamm, Verschattung oberhalb des rechten hinteren Beckenkamms, verheilte Zerrung der LWS und des Beckenkamms. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2002 zurückwies. Die zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage (S 9 U 1347/02) nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 04.09.2002 zurück.

Am 08.01.2003 beantragte der Kläger die Gewährung einer Verletztenrente unter Hinweis auf den Arbeitsunfall vom 06.09.1995, denn es sei weiterhin keine Beschwerdefreiheit eingetreten. Zudem sei die Gewährung einer Rente im Hinblick auf die früheren Versicherungsfälle gerechtfertigt, denn jedenfalls sei eine MdE um 10 v. H. eingetreten. Der Kläger legte den Brief des Dr. S. vom 16.10.2002 vor, welcher aufgrund des Arbeitsunfalls vom 06.09.1995 die MdE auf 20 v. H. einschätzte, und das von Dr. S. für eine private Versicherung erstellte Gutachten vom 19.05.2000.

Auf Veranlassung der Beklagten schätzte Dr. B. im Rentengutachten vom 25.04.2003 die unfallbedingte MdE bzgl. des Unfalles vom 06.09.1995 auf 10 v.H. Hinsichtlich des Arbeitsunfalls vom 15.05.1998 schätzte Dr. B. in einem weiteren Gutachten vom 25.04.2003 die unfallbedingte MdE mit unter 10 v. H. ein.

Mit Bescheid vom 17.06.2003 lehnte die Beklagte die Neufeststellung einer Rente wegen der Folgen des Versicherungsfalles vom 15.06.1998 mangels rentenberechtigender MdE ab. Mit gleicher Begründung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03.07.2003 auch die Neufeststellung einer Rente wegen des Arbeitsunfalls des Jahres 1995 ab.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 15.07.2003 Widerspruch ein. Er habe nach wie vor starke Schmerzen in der linken Ferse und im linken Sprunggelenk. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2003 wies dies Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.07.2003 als unbegründet zurück. Weder sei eine MdE von mindestens 20 v. H. anzuerkennen, noch liege ein sog. Stützrententatbestand vor.

Am 27.10.2003 erhob der Kläger Klage zum SG und beantragte gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt R. Er habe Anspruch auf Verletztenrente ab dem 03.01.2003 nach einer MdE um mindestens 20 v.H. aufgrund des Unfalls vom 08.09.1995; zumindest sei Stützrente zu bewilligen. Auch habe er am 07.08.1997 eine Fersenbeinfraktur links erlitten aufgrund derer die Funktionsbeeinträchtigung seitens der LVA Württemberg mit schwergradig bezeichnet worden sei. Er habe nach wie vor große Schmerzen und sei in dauerhafter Behandlung. Der Kläger legte u.a. die Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 11.08.1997 (bzgl. eines Unfalls vom 07.08.1997) vor, den Brief des Dr. S. vom 16.10.2002 und dessen Gutachten vom 19.05.2000, den Brief der radiologischen Gemeinschaftspraxis W./Dr.H./Dr.S. vom 11.06.2004 (CT OSG links vom 08.06.2004: beginnende Arthrose bei unregelmäßiger posttraumatischer Gelenkflächenkonturierung im unteren Sprunggelenk ..., multiple kleine Ossikel im Bereich der Fußwurzel, deutliche Arthrose im OSG) und den Brief des Dr. R. (C.-Klinik W.) vom 16.06.2004 (u.a. großer Knochendefekt im Bereich des Fersenbeins).

Mit Beschluss vom 06.08.2004 lehnte das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Im Hauptsacheverfahren sei derzeit die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nicht notwendig. Der Sachverhalt sei ausreichend aufgeklärt und die Beklagte habe für den anerkannten Arbeitsunfall vom 06.09.1995 die begehrte Verletztenrente mit zutreffender Begründung abgelehnt. Die MdE-Einschätzung mit 10 v. H. aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. W. vom 01.06.2000 und des Gutachtens des Dr. B. vom 25.04.2003 sei schlüssig und nachvollziehbar. Streitgegenständlich sei nur der Arbeitsunfall vom 06.09.1995, denn andere Arbeitsunfälle seien bisher nicht im Hinblick auf eine Stützrente mit einer MdE um 10 v. H. festgestellt.

Mit Fax-Schreiben vom 27.08.2004 legte der Kläger Beschwerde zum SG ein. Er wies darauf hin, dass die Begründung mit gesondertem Schriftsatz erfolge. Das SG half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Senat am 01.09.2004 zur Entscheidung vor.

Der Kläger hat das unfallchirurgische Gutachten des Dr. R. vom 06.09.2004 vorgelegt und den Zwischenbericht des Dr. R. vom 12.08.2004.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) zulässige Beschwerde ist begründet.

Obwohl das SG eine Nichtabhilfeentscheidung getroffen hat, ohne den Eingang der bereits mit Beschwerdeeinlegung in Aussicht gestellten Beschwerdebegründung abzuwarten, sieht der Senat von einer Zurückverweisung entsprechend § 159 SGG ab.

Zur Abhilfe ist das SG grundsätzlich verpflichtet, wenn die Beschwerde zulässig und begründet ist, wobei neue Tatsachen zu beachten sind (§ 202 SGG i.V.m. § 571 Abs. 2 S.1 ZPO; Meyer-Ladewig, Komm. SGG, 7. Auflage § 174 Rdnr. 2; Peters/Sautter/Wolff, § 174 Rdnr 2). Hat der Beschwerdeführer eine Begründung der Beschwerde in Aussicht gestellt, muss daher der Vorsitzende ggf. Akteneinsicht gewähren und die Begründung abwarten, andernfalls ist ein Verstoß gegen § 62 SGG begründet (LSG Rheinland-Pfalz Breithaupt 91, 879; LSG NRW Beschluss vom 21.02.1997 - L 11 SKa 84/96 = SGB 1998, 165; LSG NRW Urt. vom 24.05.2000 - L 10 SB 4/00; Frehse in Berliner Komm. § 174 Rdnr. 7). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) gilt auch für die Abhilfeentscheidung nach § 174 SGG (LSG Niedersachsen Beschl. vom 03.04.2001 - L 4 KR 14/01 NZB = NZS 2002, 111; LSG NRW Beschl. vom 07.04.1997 - L 11 S 2/97 = Breithaupt 97, 921 - 923). Liegt in diesem Sinne ein wesentlicher Mangel des Verfahrens vor, kann entsprechend dem Rechtsgedanken des § 159 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGG die Nichtabhilfeentscheidung durch das Beschwerdegericht aufgehoben und die Sache an das SG zurückverwiesen werden, so dass das SG erneut entscheiden muss (Peters/Sautter/Wolff, § 174 Rdnr. 2; Frehse in Berliner Komm. aaO; Zeihe, Komm. SGG, § 174 Rdnr. 4f., LSG Niedersachsen in NZS 2000, S. 559; LSG NRW Breithaupt 1997, S. 921; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 09.04.1991 - L 4 Sb 25/91 = Breithaupt 91, 879 - 880). Im Rahmen der entsprechend § 159 SGG zu treffenden Ermessensentscheidung sieht aber der Senat von einer Zurückverweisung ab. Der Senat hat das Vorbringen des Beschwerdeführers selbst geprüft und kann in der Sache selbst entscheiden.

Gem. § 73 a SGG in Verbindung mit § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die hinreichende Erfolgsaussicht (wobei maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist (Meyer-Ladewig aaO § 73 a Randnr. 7 b)) ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und es in tatsächlicher Hinsicht nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zumindest möglich erscheint, dass der Kläger mit seinem Begehren durchdringen wird, wobei eine Beweisantizipation zulässig und geboten ist (Meyer-Ladewig aaO § 73 a Rdnr. 7; Zöller Komm. ZPO, 21. Auflage, § 119, Rdnr. 46). Die Erfolgsaussicht ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Ausgang des Verfahrens zumindest offen ist (LSG Bad. Württ. Beschluss vom 08.12.2003 - L 7 U 3125/03 PKH-B).

Vorliegend ist eine hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung zu bejahen, denn es besteht nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage die Möglichkeit, dass der Kläger in der Hauptsache mit seinem Begehren durchdringen wird. Nach summarischer Auswertung der medizinischen Beweisergebnisse ist nämlich der geltend gemachte Anspruch auf Verletztenrente gemäß § 56 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.09.1995 begründet.

Die Einschätzung der MdE ist eine rechtliche Bewertung von Tatsachen, die das Gericht vorzunehmen hat, wobei zwar schlüssige ärztliche Schätzungen in Gutachten bedeutsame Anhaltspunkte sein können, aber das Gericht an diese Schätzungen nicht gebunden ist. Folglich ist der Verweis des SG im angefochtenen Beschluss auf die Einschätzung der MdE durch Prof. Dr. W. im Gutachten vom 01.06.2000 und auf die Einschätzung des Dr. B. im Gutachten vom 25.04.2003 unzureichend. Vielmehr sind die Befunde im Bereich des linken Fußes und des Unterschenkels unter Berücksichtigung der maßgebenden Rententabellen vom SG selbst zu bewerten.

Nach den für die Einschätzung der MdE maßgebenden Regelsätzen (den sog. MdE-Erfahrungswerten) ist für eine (einseitige) Fersenbeinfraktur eine dauerhafte MdE bis 40 v. H. anzunehmen. So begründet ein Fersenbeinbruch (mit geringer Funktionsstörung verheilt) eine MdE bis 20 v.H.; ein Fersenbeinbruch (mit erheblicher Funktionsstörung verheilt) eine MdE bis 40 v.H. (vgl. Mehrhoff/Muhr Unfallbegutachting, 10.Auflage S. 154; Ricke in Kass. Komm § 56 Rdnr. 78; laut Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7.Auflage S. 739 beträgt die durchschnittliche MdE für eine einseitige Fersenbeinfraktur 25 v.H.).

Darüber hinaus schätzte auch Dr. S. - entgegen Prof. Dr. W. und Dr. B. - die unfallbedingte MdE aufgrund des Arbeitsunfalls vom 06.09.1995 auf 20 v.H. (vgl. den vom Kläger bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Brief des Dr. S. vom 16.10.2002). Zwischenzeitlich gibt es sogar Hinweise für eine weitere Verschlechterung im Bereich des linken Fußes im Vergleich zum Gutachten des Dr. B. Dr. R. beschreibt im Gutachten vom 06.09.2004 eine Zunahme der Umfangsdifferenz zu Ungunsten des linken oberen Unterschenkels und eine wesentliche Verschmälerung des Gelenkspaltes des unteren Sprunggelenks, sowie eine deutliche Zunahme der Minderung des Kalksalzgehaltes im oberen und unteren Sprunggelenk und im Bereich des Fersenbeines. Eine Befundverschlechterung ist auch insoweit dokumentiert, als dass Dr. R. eine 1,5 cm große Osteolyse im Fersenbein sowie Arthrosen im Bereich des oberen und unteren linken Sprunggelenks beschreibt.

Letztendlich sind - entgegen der Auffassung des SG - mögliche Folgen der Arbeitsunfälle der Jahre 1993, 1997 und 1998 im Hinblick auf die Gewährung einer Stützrente durchaus zu berücksichtigen, womit ggf. auch diesbezüglich weiterer Ermittlungsbedarf besteht. Voraussetzung für die Gewährung einer Stützrente ist nämlich nicht, dass die Beklagte Feststellungen zu anderen Arbeitsunfällen getroffen hat. Vielmehr sind etwaige Stützrententatbestände vom Gericht hinsichtlich der eingetretenen MdE zu prüfen, soweit Anhaltspunkte für das Vorliegen einer hierdurch bedingten MdE um wenigstens 10 v.H. bestehen. Die Tatsache, dass die Beklagte bzgl. der Arbeitsunfälle aus 1993 und aus 1998 keine MdE von 10 v.H. festgestellt hat, steht der Prüfung eines Stützrentenanspruchs also gerade nicht entgegen. Die Beklagte hat im übrigen lediglich die Bewilligung einer Verletztenrente aufgrund der Arbeitsunfälle aus 1993 und 1998 abgelehnt und damit (nur) verfügt, dass eine MdE von jeweils 20 v.H. nicht eingetreten ist. Somit liegt auch keine bestandskräftige (§ 77 SGG) Entscheidung hinsichtlich der MdE infolge der Arbeitsunfälle aus 1993 und 1998 vor.

Der Kläger ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung in voller Höhe oder in Raten aufzubringen. Ferner ist auch die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich (§ 121 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 73 a SGG).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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