L 5 KA 696/00

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 4016/98
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 696/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung zwischen einer Kassenärztlichen Vereinigung und einer gesetzlichen Krankenkasse darf nicht von Bedarfszahlen (hier: höchstens 297.000 Einwohner je Arzt) abhängig gemacht werden.
1.) Der Abschluss einer Schmerztherapie-Vereinbarung fällt in die Zuständigkeit der Partner der Gesamtverträge, weil es sich dabei um eine Maßname der Qualitätssicherung handelt, die der Versorgung der Versicherten dient. 2.) Die vereinbarten Bedarfszahlen sind zur Sicherung der vertragsärztlichen Qualität nicht erforderlich; Qualitätssicherung muss darauf abzielen, dass die ärztlichen Leistungen den fachlichen und organisatorischen Anforderungen entsprechen. 3.) Das Ziel, eine kostenmäßige Begrenzung der zusätzlichen Ausgaben zu erreichen, rechtfertigt die Einführung von Bedarfszahlen dann nicht, wenn damit nur relativ geringe Einsparungen verbunden sind. 4.) Die vereinbarten Bedarfszahlen sind mit Bedarfsplanungsrecht nicht vereinbar, weil das Bedarfsplanungsrecht Bedarfszahlen, die über alle Arztgruppen hinweg reichen, nicht kennt.
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Dezember 1999 und der Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 1998 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die Genehmigung zur Teilnahme an der zwischen der Beklagten und Beigeladenen abgeschlossenen Schmerztherapie-Vereinbarung zu erteilen.

Die Beklagte und die Beigeladene haben als Gesamtschuldner der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung mit der Beigeladenen hat.

Die Klägerin ist seit 01. Januar 1998 als Fachärztin für Anästhesiologie zur vertragsärztlichen Versorgung in W. (R. -N. -Kreis) zugelassen. Sie beantragte bereits am 11. Juli 1997 die Genehmigung zur Durchführung ambulanter Behandlungen bei chronisch schmerzkranken Patienten unter Beifügung verschiedener Nachweise über schmerztherapeutische Weiterbildung (Schmerzkonferenz H. 1996, Schmerzkongress 1996 K. , Refreshkurs B. N. 1997) und Tätigkeit (24 Monate in der Schmerzambulanz des Universitätsklinikums H. ) sowie der Dokumentation über 50 Patienten. Dem Antrag beigefügt war ein Schreiben der Beklagten vom 18. Juli 1995, wonach die Qualifikationsnachweise nach der derzeit gültigen Vereinbarung mit Stand 1. Juli 1994 ausreichen würden.

Mit Bescheid vom 23. Januar 1998 teilte die Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf ein Schreiben vom 19. November 1997 mit, dass sie derzeit eine Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung der (beigeladenen) AOK Baden-Württemberg nicht erteilt bekommen könne. Die ihr bereits vorliegende Genehmigung gelte daher nur für die Ersatzkassen, Innungskrankenkassen sowie die Badische Landwirtschaftliche Krankenkasse. Mit ihrem hiergegen am 29. Januar 1998 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass sie alle Voraussetzungen - außer der nötigen Scheinzahl für die Fälle der Ziff. 8450/8451 EBM - erfülle. Dies lasse sich jedoch durch die späte Praxisgründung erklären. Hierauf wurde ihr mit Schreiben vom 04. Februar 1998 erläutert, die ab 1. Oktober 1997 geltende Schmerztherapie-Vereinbarung mit der AOK Baden-Württemberg habe nur durch eine Begrenzung der zulassungsfähigen Praxen auf ein maximales Maß erreicht werden können. Hierfür seien als Bedarfszahl für Schmerztherapeuten 297.000 Einwohner/Arzt in den jeweiligen Planungsbereichen zugrunde gelegt worden, von einer überwiegend schmerztherapeutischen Tätigkeit (Schwerpunktpraxis) sei nur dann auszugehen, wenn mindestens 100, aber höchstens 300 Fälle (davon von der AOK Baden-Württemberg maximal 150 Fälle), mit chronisch schmerzkranken Patienten im Rahmen der GKV im Quartal durch den Arzt abgerechnet würden, und schließlich dürfe die Gesamtbehandlungszahl einer Praxis 1000 Fälle je Arzt und Quartal nicht überschreiten. Ihr könne eine Genehmigung ausschließlich aus Gründen der festgelegten Bedarfszahlen nicht erteilt werden.

Nachdem die Klägerin ihren Widerspruch dennoch aufrecht erhielt, wies der Vorstand der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 1998 den Widerspruch mit der Begründung zurück, aufgrund der zu berücksichtigenden Voraussetzungen der Schmerztherapie-Vereinbarung mit der AOK Baden-Württemberg seien im R. -N. -Kreis insgesamt drei Praxen als schmerztherapeutische Schwerpunktpraxen genehmigt worden, die in B. , S. und N. lägen. Da die Klägerin erst zum 01. Januar 1998 ihre Praxis eröffnet habe, könne sie aufgrund der vertraglich vereinbarten Beschränkung keine Genehmigung erhalten. In diesem Zusammenhang könne auch nicht zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, dass die genehmigten Praxen relativ weit von ihrem Praxissitz entfernt lägen. Denn nach den vorliegenden Anträgen gebe es in W. eine ihr gegenüber vorrangig zu berücksichtigende Praxis, die ggf. zunächst eine Genehmigung erhalten werde.

Gegen den am 31. August 1998 zum Zwecke der Zustellung mit Übergabe-Einschreiben zur Post aufgegebenen Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 01. Oktober 1998 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG), zu deren Begründung sie ergänzend vortrug, sie führe seit 01. Januar 1998 überwiegend schmerztherapeutische Leistungen durch und sei auch Teilnehmerin der Schmerztherapie-Vereinbarung mit den Ersatzkassen. Derzeit behandle sie ca. 160 Patienten mit steigender Tendenz. Die festgelegten Bedarfszahlen seien willkürlich, die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten außer Acht lassend, festgelegt worden. Auch widerspreche diese Festlegung dem Ziel der Schmerztherapie-Vereinbarung, die ambulante Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten durch besonders dafür qualifizierte Ärzte zu ermöglichen und zu fördern und in der vertragsärztlichen Versorgung dauerhaft sicher zu stellen. Auch die Bedarfsermittlung verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) sowie gegen § 101 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Insoweit müsse nämlich für die Ermittlung des quantitativen Bedarfs grundsätzlich der Bedarfsplan zugrunde gelegt werden, der jedoch für die Gruppe von Ärzten, die überwiegend Schmerztherapie anbiete, nicht bestehe, da diese fachübergreifend durchgeführt werde. Die Bedarfsprüfung müsse daher wie bei Ermächtigungen durch Beiziehung von Anzahlstatistiken und Befragung der für die Durchführung von Schmerztherapie in Frage kommenden niedergelassenen Ärzte vorgenommen werden. Auch sei sie gegenüber den drei Kollegen bei gleichen Voraussetzungen benachteiligt, da sie die Leistungen nach den GNR 8450 und 8451 EBM kostenlos erbringen müsse. Es sei schließlich untauglich, auf den Zeitpunkt der Antragstellung und auf den Prioritätsgrundsatz abzustellen. Wenn nur 150 Fälle pro Teilnehmer vergütet würden, sei auch zu prüfen, ob diese Grenze von den bereits teilnehmenden Ärzten unterschritten werde.

Die Beklagte trat der Klage mit der Begründung entgegen, die Vereinbarung sei mit der durch Beschluss vom 20. September 1999 zum Verfahren Beigeladenen in Vertragsverhandlungen vereinbart worden und unterliege daher nicht den gesetzlichen Bestimmungen über die Bedarfsplanung. Überdies seien die Bedarfszahlen nicht willkürlich festgelegt worden. Eine Parallele zur Ermächtigung könne nicht gezogen werden. Die schmerztherapeutischen Leistungen seien im Rahmen des vertragsärztlichen Sicherstellungsauftrages durch niedergelassene Vertragsärzte gewährleistet. Die Teilnehmer an der Vereinbarung erhielten einen über die EBM-Vergütung hinausgehendes zusätzliches Honorar, das außerhalb der budgetierten Gesamtvergütung bezahlt werde.

Die Beigeladene vertrat die Auffassung, dass kumulativ zu den subjektiven Zulassungsvoraussetzungen auch die Bedarfszahl für Schmerztherapeuten im jeweiligen Planungsbereich zu beachten sei. Hierbei sei eine willkürliche Festsetzung der Bedarfszahlen nicht erfolgt, sondern es handle sich um Erfahrungswerte aus anderen KV-Bezirken, die auch auf Nordbaden übertragen werden könnten. Auch aus Art. 3 GG könne ein Genehmigungsanspruch der Klägerin nicht resultieren, da der Planungsbereich ausreichend versorgt sei. Schließlich sei die kostenmäßige Begrenzung vertragsärztlicher Zusatzregelungen ein legitimes Interesse jeder Kasse.

Mit Urteil vom 15. Dezember 1999 wies das SG die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Vereinbarung einer qualifizierten ambulanten Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten sei zwischen den Beteiligten wirksam zustande gekommen, wobei die Befugnis hierzu auf § 83 SGB V beruhe. Auch gegen den Inhalt des Vertrages bestünden keine Bedenken, welches insbesondere bezüglich Nr. 3 gelte. Hinsichtlich der Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung seien die Vertragsparteien nämlich nicht an die Regelungen der §§ 99 ff. SGB V gebunden, da es sich um ergänzende, über die gesetzlich geregelten Leistungen hinaus gehende Vergünstigungen, die den Vertragspartnern einen nicht den Bedarfsplanungsrichtlinien unterliegenden Gestaltungsspielraum einräumten, handle. Die Vereinbarung verstoße schließlich auch insbesondere nicht gegen die Grundrechte. Die Eingriffsintensität in Art. 12 GG sei gering. Es handle sich nämlich lediglich um Berufsausübungsregelungen, da den Ärzten nur nicht die Vergütung für die Leistung gezahlt werden, die die Vereinbarung vorsehe. Mithin würden die Ärzte nicht an ihrer Berufswahl gehindert, sondern sie erhielten für ihre Berufsausübung im Vergleich zu ihren an der Schmerztherapie-Vereinbarung teilnehmenden Kollegen ein geringeres Honorar. Auch die Zulassungsbeschränkung auf die Bedarfszahl von einem Schmerztherapeuten auf 297.000 Patienten sei sachgerecht und verhältnismäßig, da sich die Beschränkung aus Kostengründen rechtfertige. Es sei nämlich anerkannte Tatsache, dass eine anbieterinduzierte Nachfrage bestehe. Schließlich verstoße die Vereinbarung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Das Kriterium der überwiegend schmerztherapeutischen Tätigkeit bei mindestens 100, höchstens aber 300 Fällen mit chronisch schmerzkranken Patienten trage dem Umstand Rechnung, dass eine bestimmte Mindest-, aber auch eine bestimmte Höchstzahl die Qualität der schmerztherapeutischen Leistungen sichere. Dass die Klägerin in die Auswahlentscheidung nicht hätte einbezogen werden können, sei ebenfalls wie auch der Grundsatz der Priorität rechtmäßig, da sie aufgrund ihrer späten Praxisgründung die Voraussetzungen noch nicht erfüllt habe, und noch keine genauen Feststellungen vorgelegen hätten, die es der Beklagten ermöglicht hätten, sie in den Kreis der Zulassungsbewerber mit einzubeziehen. Schließlich habe die Klägerin, selbst wenn die Vereinbarung nicht wirksam wäre, keinen Anspruch auf Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung, da das Gericht bei Zusatzleistungen zu einer dem Willen der Vertragsparteien Rechnungen tragenden Auslegung verpflichtet sei.

Gegen das ihr am 26. Januar 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24. Februar 2000 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt, die Vertragspartner seien schon allein deswegen an die §§ 99 ff., 104 SGB V gebunden, weil die Nr. 8450 und 8451 erst durch die Vereinbarung zu vertragsärztlichen Leistungen würden. Insoweit hätte daher geprüft werden müssen, ob ein Versorgungsdefizit im ambulanten Bereich vorliege, so dass die Bevölkerungs- und Morbiditätsstruktur sowie Umfang und räumliche Verteilung der Nachfrage aufgrund der vorhandenen Verkehrsbedingungen hätte beachtet werden müssen. Das SG ginge schließlich in seiner Annahme einer nachfrageinduzierten Ausweitung der Leistungen fehl, da die schmerztherapeutischen Leistungen so zeitintensiv seien, so dass das Patientengut nicht auf mehr als 300 Patienten im Quartal ausgeweitet werden könne. Für den Bereich (der Abrechnungsstelle) M. sei ein Bedarf von 30 Schmerztherapeuten nötig. Schließlich verstoße die Vereinbarung nicht nur gegen Art. 3 und 12 GG, sondern auch gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Dezember 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 1998 die Genehmigung zur Teilnahme an der zwischen der Beklagten und Beigeladenen abgeschlossenen Schmerztherapie-Vereinbarung zu erteilen, hilfsweise sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass für die Sonderverträge die gesetzlichen Bestimmungen, die sich mit den Leistungen im Rahmen der GKV befassten, allenfalls eingeschränkt gelten würden. Insoweit habe die Berechtigung bestanden, nähere Kriterien für die Bedarfsdeckung zu vereinbaren. Eine Bezugnahme auf die entsprechende Ersatzkassenvereinbarung sei auch deswegen nicht angezeigt, das dies ureigenes Vertragsrecht mit den Krankenkassen darstelle.

Die Beigeladene nimmt auf das angefochtene Urteil Bezug und hält die Festlegung der Bedarfszahl für nicht willkürlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) liegt nicht vor. Denn streitig ist nicht eine Geld- oder Sachleistung bzw. ein darauf gerichteter Verwaltungsakt.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 31. August 1998 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf die Genehmigung zur Teilnahme an der zwischen der Beklagten und Beigeladenen abgeschlossenen Schmerztherapie-Vereinbarung.

Voraussetzung für die Teilnahme an der seit 1. Oktober 1997 geltenden Schmerztherapie-Vereinbarung, die für den Anspruch der Klägerin maßgebend ist, ist nach Nr. 8.1. ein entsprechender Antrag an die Beklagte, in dem die Nachweise über die Erfüllung der in dieser Vereinbarung genannten Voraussetzungen beizufügen sind. Nach Nr. 3 können an der Vereinbarung Vertragsärzte teilnehmen, die - in freier Praxis niedergelassen sind, - überwiegend Patienten nach Abschnitt zwei behandeln, - die Voraussetzung für die Erteilung der Zusatzbezeichnung Algesiologie erfüllen, - die in dieser Vereinbarung genannten Voraussetzungen vollständig erfüllen, und - die Bedarfszahl für Schmerztherapeuten (297.000 Einwohner/Arzt) in den jeweiligen Planungsbereichen nicht überschritten ist sowie - eine Genehmigung gemäß Abschnitt acht von der Beklagten erteilt wurde.

Rechtsgrundlage für die Schmerztherapie-Vereinbarung sind die Vorschriften der §§ 72 Abs. 2, 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Nach § 72 Abs. 2 SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien der Bundesausschüsse durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Dementsprechend legt neben § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB V für Vereinbarungen auf Bundesebene § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V fest, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen Gesamtverträge mit Wirkung für die beteiligten Krankenkassen über die vertragsärztliche Versorgung schließen. In Ergänzung des zwischen der Beklagten und der Beigeladenen bereits bestehenden Gesamtvertrages ist die ab 1.10.1997 geltende Schmerztherapie-Vereinbarung geschlossen worden.

Ziel der Schmerztherapie-Vereinbarung ist nach Nr. 1, die ambulante Behandlung chronisch schwerkranker Patienten durch besonders dafür qualifizierte Vertragsärzte zu ermöglichen, zu fördern und in der vertragsärztlichen Versorgung dauerhaft sicher zu stellen. Hierzu soll diesen Vertragsärzten die Möglichkeit gegeben werden, intensivierte Behandlungen nach dieser Vereinbarung durchzuführen und damit in geeigneten Fällen stationäre Behandlungen zu vermeiden. Die Schmerztherapie-Vereinbarung strebt damit eine Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen Versorgung an. Allgemeine Maßnahmen der Qualitätssicherung fallen in die Zuständigkeit der Partner der Gesamtverträge, was sich schon daraus ergibt, dass die Versorgung der Versicherten gemäß § 72 Abs. 2 SGB V "unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse" zu gewährleisten ist. Dementsprechend hat das BSG entsprechende bundesmantelvertragliche Vereinbarungen für rechtmäßig angesehen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 72 Nr. 8 betreffend die Beschränkung der Abrechnung neurologischer und psychiatrischer Leistungen). Aus denselben Gründen können auch die Partner der Gesamtverträge auf KV-Ebene grundsätzlich entsprechende Vereinbarungen schließen.

Alle vertraglichen Vereinbarungen, die die Partner der Gesamtverträge auf Landesebene schließen, dürfen nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Es gilt insoweit nichts anderes wie für vertragliche Vereinbarungen der Gesamtverträge auf Bundesebene. Die von der Beklagten behauptete eingeschränkte Geltung gesetzlicher Bestimmungen für solche &8220;Sonderverträge&8220; ist nicht gegeben.

Die Qualifikationsanforderungen begrenzen nicht die stärker geschützte Freiheit der Berufswahl i.S. des Art. 12 Abs. 1 GG, sondern lediglich die Berufsausübung. Zur Legitimation von Berufsausübungsregelungen bedarf es je nach Gewicht des Eingriffs unterschiedlich gewichtiger rechtfertigender Gründe. Dabei sind an sog. berufswahlnahe Ausübungsregelungen erhöhte Anforderungen zu stellen (hierzu s. SozR 3-2500 § 103 Nr. 2) und an statusrelevante höhere als an nicht statusrelevante (zur Frage der Statusrelevanz vgl. zusammenfassend die Beispiele im Senatsurteil vom 1. Juli 1998 - B 6 KA 27/97 R -, MedR 1999, 476, 478). Wird eine Arztgruppe durch neue Regelungen von der Erbringung und Abrechnung bestimmter, zu dem Fachgebiet gehörender Leistungen ausgeschlossen, so liegt eine statusrelevante Ausübungsregelung nur dann vor, wenn diese Leistungen für das Fachgebiet wesentlich sind (vgl. BSG SozR 3-2500 § 72 Nr. 8). Während bei statusrelevanten Berufsausübungsregelungen die für die Grundrechte wesentlichen Entscheidungen im Gesetz selbst zu treffen sind, erfordert die Normierung nicht statusrelevanter Berufsausübungsregelungen keine besonderen Vorgaben im förmlichen Gesetz. Diese sind in weiterem Umfang dem untergesetzlichen Normsetzer überlassen. Diesem ist eine weitgehende Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Dementsprechend ist es nicht zu beanstanden, dass die Partner der Bundesmantelverträge als Normgeber auf der Grundlage der Ermächtigungsregelung der § 72 Abs 2, § 82 Abs 1 SGB V einen Entscheidungsspielraum bei der Einführung qualitätssichernder Maßnahmen haben (BSG SozR 3-2500 § 72 Nr. 8 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Auch nicht statusrelevante Berufsausübungsregelungen untergesetzlicher Normgeber müssen aber wie alle Eingriffe in das Grundrecht des Art 12 Abs. 1 GG durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dabei sind die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beachten. Das gewählte Mittel muss zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet sowie erforderlich sein, und bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe muss die Grenze der Zumutbarkeit für die Betroffenen gewahrt werden. Es ist vorrangig die Aufgabe des Normsetzers, zu entscheiden, ob und welche Maßnahme er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Ihm ist ein Beurteilungsspielraum sowohl bei der Gewichtung widerstreitender Belange als auch bei deren Abwägung eingeräumt. Ein gewisser "Überschuss" an Qualifikationsanforderungen ist hinzunehmen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 9, mit BVerfG-Nachweisen). Daraus folgt, dass die Gerichte erst einschreiten können, wenn die Rechtsnorm bezogen auf das ihr zugrunde liegende Gemeinwohlziel schlechthin ungeeignet, eindeutig nicht erforderlich oder auch bei Anerkennung eines Beurteilungsspielraums unzumutbar ist (vgl BVerfGE 99, 341, 353), so also insbesondere dann, wenn die der Rechtsnorm zugrunde liegenden Einschätzungen und/oder Prognosen so offensichtlich fehlerhaft sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für normative Maßnahmen abgeben können (BSG SozR 3-2500 § 103 Nr. 2; SozR 3-2500 § 135 Nr. 9; SozR 3-2500 § 72 Nr. 8; - jeweils mwN; zum Ganzen siehe auch BSG 3-2500 § 72 Nr. 11).

Ausgehend hiervon verstößt nach Auffassung des Senats die Beschränkung der Genehmigungen auf Grund einer Bedarfszahl gegen Art. 12 Abs. 1 GG.

Die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung ist zwar nicht Voraussetzung für die Berechnung schmerztherapeutischer Leistungen nach Abschnitt D I EBM (Anästhesien zur Schmerztherapie). Die Präambel zu Abschnitt D I EBM enthält keine entsprechenden Vorgaben. Sie ist deshalb keine statusrelevante Berufsausübungsregelung. Die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung hat zum einen zur Folge, dass der Vertragsarzt nach Nr. 9.2 zur Erstattung eines besonderen zusätzlichen Aufwandes Pauschalen je Krankheitsfall (Geb.-Nr. 8450) beziehungsweise je Behandlungsfall (Geb.-Nr. 8451) vergütet erhält. Zum anderen ist die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung Voraussetzung für die Zuerkennung des bedarfsabhängigen Zusatzbudgets &8220;Schmerztherapie&8220; nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.2 i.V.m. Tabelle 7 EBM.

Die Begrenzung der Genehmigungen nach einer Bedarfszahl ist nicht erforderlich. Qualitätssichernde Maßnahmen können nicht darin liegen, dass nur einem begrenzten Teil der Vertragsärzte die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung bestimmter Leistungen erteilt wird. Die Qualitätssicherung muss darauf abzielen, dass die von den Vertragsärzten erbrachten Leistungen den geforderten fachlichen und organisatorischen Anforderungen (Nrn. 5 und 6 der Schmerztherapie-Vereinbarung) entsprechen. Dies lässt sich aber nur dann gewährleisten, wenn konsequent überprüft wird, ob die fachlichen Anforderungen gegeben sind und - nach erteilter Genehmigung - auch weiterhin vorliegen. Mit diesem Instrumentarium ist dafür zu sorgen, dass nur bestimmte, besonders qualifizierte Vertragsärzte entsprechende Leistungen erbringen dürfen, also der Kreis der Leistungserbringer begrenzt wird.

Auch der Gesichtspunkt, durch eine Beschränkung der Teilnehmer eine kostenmäßige Begrenzung der zusätzlichen Ausgaben auf Grund der Schmerztherapie-Vereinbarung zu erreichen, vermag die Bedarfszahl nicht zu rechtfertigen. Zunächst sind die zusätzlichen Ausgaben der Beigeladenen im Vergleich zur Gesamtvergütung, die an die Beklagte zu entrichten ist, relativ gering. Denn es sind nur die nach Nr. 9.2. der Schmerztherapie-Vereinbarung vorgesehenen Pauschalen zu vergüten. Die Pauschale nach Geb.-Nr. 8450 fällt zudem nur einmal je Krankheitsfall, und damit - falls eine Behandlung sich über mehrere Quartale erstreckt - nur einmal pro Versicherter an. Schließlich ist die behauptete kostenmäßige Begrenzung der Ausgaben auch nicht nachvollziehbar. Denn die Schmerztherapie-Vereinbarungen, die die Beklagte mit den anderen Krankenkassen und auch die Beigeladene mit den drei anderen Kassenärztlichen Vereinigungen des Landes Baden-Württemberg geschlossen haben, enthalten eine solche Bedarfszahl nicht.

Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung des Senats vorgetragen hat, ist Grund hierfür, dass sie (die Beklagte) als letzte der vier Kassenärztlichen Vereinigungen des Landes mit der Beigeladenen eine Schmerztherapie-Vereinbarung geschlossen habe und seitens der Beigeladenen die Vorgabe gemacht worden sei, es könne nur noch ein bestimmter Anteil an Genehmigungen zur Teilnahme an der Vereinbarung ausgesprochen werden. Die Vertragspartner haben sich mithin nicht am tatsächlichen Bedarf an schmerztherapeutisch tätigen Vertragsärzten orientiert. Die einheitliche Bedarfszahl hat nämlich zur Folge, dass in einzelnen Planungsbereichen nur Orthopäden die Genehmigung haben (s. die in der Verwaltungsakte enthaltene &8220;Bedarfsplanung Schmerztherapie&8220;, Stand 08. Dezember 1998). Die Versorgung von Schmerzpatienten mit Erkrankungen, die nicht in das Gebiet der Orthopädie fallen, ist damit in diesen Planungsbereichen nicht möglich. Dies zeigt, dass - unabhängig von der Frage der Unzulässigkeit einer Bedarfszahl in der Schmerztherapie-Vereinbarung - die in der Vereinbarung genannte Bedarfszahl auch nicht sachgerecht festgelegt ist und damit auch aus diesem Grund rechtswidrig ist.

Die Regelung, dass die Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung von einer Bedarfszahl abhängig ist, belastet im Übrigen gerade diejenigen Vertragsärzte, die - wie die Klägerin - eine vertragsärztliche Tätigkeit neu aufnehmen. Denn bei entsprechender Versorgung haben sie zunächst keine Möglichkeit, eine Genehmigung zu erhalten, auch wenn sie eine Praxis mit dem Schwerpunkt Schmerztherapie ausüben wollen. Irgendwelche Regelungen, wie neu zugelassenen Vertragsärzten eine Möglichkeit zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung eingeräumt wird, gibt es nicht. Dies kann sich als mittelbare Zulassungsbeschränkung auswirken, auch wenn Zulassungsbeschränkungen durch den Landesausschuss für Ärzte und Krankenkassen nicht angeordnet sind. Denn unter Umständen wird sich der Vertragsarzt überlegen, ob eine Zulassung sinnvoll ist.

Des Weiteren verstößt die in der Schmerztherapie-Vereinbarung enthaltene Bedarfszahl gegen das Bedarfsplanungsrecht.

Nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9, § 101 SGB V sowie § 12 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) regeln die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen die vertragsärztliche Bedarfsplanung, insbesondere den Inhalt der Feststellungen in den Bedarfsplänen und die Abgrenzung der Planungsbereiche; sie haben weiterhin Regelungen über Maßstäbe, Grundlagen und Verfahren zur Feststellung des allgemeinen Versorgungscharakters und von Überversorgung in den einzelnen Arztgruppen zu treffen (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 101 Abs. 2, § 103 Abs. 1 SGB V; § 16b Abs. 1 Satz 3 Ärzte-ZV) sowie Maßstäbe für qualitätsbezogene Sonderbedarfsfeststellungen als Voraussetzungen für die Ausnahmen bei Zulassungsbeschränkung vorzugeben (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V). Nach § 101 Abs. 1 Satz 5 SGB V sollen die regionalen Planungsbereiche den Stadt- und Landkreisen entsprechen (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 101 Nr. 5). Entsprechend bestimmt Nr. 5 der Richtlinien über die Bedarfsplanung sowie der Maßstäbe zur Festsetzung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte, (zuletzt geändert durch Bekanntmachungen vom 11. Dezember 2000, BAnz 2001 Nr. 57 S. 4770 und vom 23. August 2001 BAnz 2001 Nr. 217 S. 23736)), dass räumliche Grundlage für die Ermittlungen zum allgemeinen Stand der vertragsärztlichen Versorgung und zum jeweiligen örtlichen Stand der vertragsärztlichen Versorgung sowie für die Feststellung zur Überversorgung und Unterversorgung die kreisfreie Stadt, der Landkreis oder die Kreisregion in der Zuordnung des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung ist (Planungsbereiche). Nach Nr. 7 der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte werden allgemeine Verhältniszahlen als Grundlage der Bestimmung von Überversorgung u.a. für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Anästhesisten festgesetzt so dass auch für diese Praxen die Vorschriften über Bedarfsermittlung und Überversorgung gelten.

Von diesen Vorgaben weicht die in der Schmerztherapie-Vereinbarung enthaltene Bedarfszahl ab. Sie unterscheidet schon nicht nach den unterschiedlichen Arztgruppen. Sie unterwirft alle Arztgruppen einer einheitlichen Bedarfszahl. Eine solche über alle Arztgruppen hinweg reichende einheitliche Bedarfszahl kennt das Bedarfsplanungsrecht nicht. Sie ist im Übrigen bei den schmerztherapeutischen Behandlungen ungeeignet, weil diese von Ärzten zahlreicher Fachgebiete erbracht werden und die Vertragsärzte, da es nach der Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg kein eigenständiges Gebiet der Schmerztherapie gilt, nicht beanspruchen können, bei der Erbringung schmerztherapeutischer Leistungen von den bestehenden Fachgebietsgrenzen freigestellt zu werden (vgl zu letzterem: BSG SozR 3-2500 § 95 Nrn. 7 und 21).

Da die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht von der in der Vereinbarung genannten Bedarfszahl abhängig gemacht werden kann und die Klägerin die übrigen Voraussetzungen für die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung nach den Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 4.2.1998 erfüllt, hat die Klägerin Anspruch auf die Erteilung der Genehmigung. Dass sich hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen seit dem Schreiben vom 4.2.1998 etwas geändert hat, ist nicht ersichtlich, insbesondere hat die Beklagte im gerichtlichen Verfahren nichts entsprechendes geltend gemacht. Zudem nimmt die Klägerin an den zwischen anderen Krankenkassen und der Beklagten geschlossenen Schmerztherapie-Vereinbarungen teil. Deren fachlich und organisatorische Anforderungen entsprechen denen, die auch die mit der Beigeladenen geschlossene Vereinbarung enthält.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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