L 1 U 2247/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 2133/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 2247/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kein Anspruch auf Entschädigung wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII wegen einer Coxarthrose, weil sich noch keine herrschende medizinische Meinung über eine hüftgelenksbelastende Tätigkeit mit signifikanter Risikoerhöhung für eine Hüftgelenksarthrose ausgebildet hat.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 26. Mai 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine beidseitige Hüftgelenkserkrankung des Klägers wie eine Berufskrankheit (BK) zu entschädigen ist.

Der Kläger absolvierte nach seiner Schulausbildung eine Lehre als Werkzeugmacher von 1959 bis 1963 und war im Anschluss daran bei verschiedenen Arbeitgebern als Werkzeugmacher und Fräser beschäftigt. Ab 23.03.2001 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Im Dezember 2001 wurde ihm im Universitätsklinikum Ulm in die linke Hüfte eine zementfreie Hüftgelenks-Totalendoprothese implantiert. Seit Februar 2002 bezieht er Erwerbsunfähigkeitsrente.

Im Juli 2001 erstattete Dr. S. bei der Beklagten die ärztliche Anzeige über eine BK wegen eines Wirbelsäulensyndroms und Tinnitus, wobei die Rückenbeschwerden auf ständiges Stehen und schweres Heben, Tragen und Bücken zurückgeführt wurden (BK-Anzeige vom 10.7.2001). Die Beklagte holte Auskünfte der behandelnde Ärzte, Angaben des letzten Arbeitgebers und ein Vorerkrankungsverzeichnis der AOK vom 03.09. bzw. 28.09.2001 ein. In dem von der Beklagten veranlassten Bericht des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 21.11.2001 wurde eine außergewöhnliche oder einseitige Belastung der Hüftgelenke bei den Tätigkeiten als Werkzeugmacher bzw. Fräser wie auch eine wirbelsäulenbelastende Tätigkeit nach der Berechnung des Mainz-Dortmund-Dosismodells verneint. Der Staatliche Gewerbearzt Dr. J. verwies in seiner Stellungnahme vom 10.04.2002 darauf, dass eine Hüftgelenkserkrankung nicht in der Berufskrankheitenliste aufgeführt sei und auch nicht über § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII anerkannt werden könne. Die Beklagte holte vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) die Auskunft vom 20.05.2002 ein zu der Frage, ob in der dort geführten Dokumentation Hüftgelenkserkrankungen enthalten seien, die als Quasi-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII anerkannt wurden. Der HVBG verneinte eine bisherige Anerkennung, wies aber darauf hin, dass der Ärztliche Sachverständigenbeirat, Sektion Berufskrankheiten, beim Verordnungsgeber, dem Bundesministerium für Gesundheit und sozialer Sicherung (BMG), sich derzeit mit der Thematik "Extremitäten-Gelenksarthrosen" befasse. Im Hinblick auf Hüftgelenksarthrosen werde aber nur das Heben und Tragen schwerer Lasten als krankheitsursächlich diskutiert. Die Beklagte lehnte in jeweils gesondert geführten Feststellungsverfahren die Feststellung einer Lärmschwerhörigkeit (Bescheid vom 27.11.2001) und bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule (Bescheid vom 27.03.2002) als BK ab.

Mit Bescheid vom 11.06.2002 lehnte sie im vorliegenden Verfahren die Gewährung von Entschädigungsleistungen für die beidseitige Hüftgelenksarthrose ab. Eine Hüftgelenkserkrankung sei in der Berufskrankheitenliste nicht angeführt, eine Entschädigung als BK sei daher nicht möglich. Eine Entschädigung wie eine BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII scheitere daran, dass keine neuen medizinischen Erkenntnisse seit der letzten Ergänzung der Berufskrankheitenliste vorlägen. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 31.07.2002).

Der Kläger erhob am 23.08.2002 Klage beim Sozialgericht Ulm mit dem Begehren, eine Quasi-BK gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII festzustellen und zu entschädigen. Die Beklagte verwies auf das vorgelegte Schreiben des BMG vom 19.12.2002, das an das Sozialgericht Leipzig gerichtet war. Darin erteilte das BMG die Auskunft, dass der Ärztliche Sachverständigenbeirat zu der Fragestellung "Arthrosen der großen Gelenke" die Beratungen aufgenommen habe. Die Thematik sei aber gerade im Hinblick auf außerberufliche Einflussfaktoren sehr komplex, weshalb im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen sei, wann mit einem Ergebnis gerechnet werden könne.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.05.2003 wies das SG die Klage ab. Gem. § 9 Abs. 2 SGB VII seien Krankheiten, die nicht in der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) bezeichnet seien, wie eine Berufskrankheit anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung in der Berufskrankheiten-Liste erfüllt seien. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Ausführungen des TAD im Bericht vom 21.11.2001 seien nachvollziehbar. Aus dem Schreiben des BMG vom 19.12.2002 ergebe sich, dass keine neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse i. S. des § 9 Abs. 2 SGB VII vorlägen.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27.05.2003 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 06.06.2003 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 26. Mai 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beidseitige Hüftgelenksarthrose als Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII festzustellen und Entschädigungsleistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Privatdozent (PD) Dr. B., Facharzt für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin - Landesgewerbe-arzt beim Regierungspräsidium D. -, das Gutachten vom 10.08.2004 eingeholt, das sich auf das orthopädische Zusatzgutachten von Dr. S., stützt. PD Dr. B. bejaht die Voraussetzungen einer Quasi-BK beim Kläger. Der Kläger habe nach der bei seiner Untersuchung erhobenen Arbeitsanamnese zu der Berufsgruppe gehört, die in wesentlich höherem Maße als die übrige Bevölkerung Einwirkungen durch Heben schwerer Lasten ausgesetzt gewesen sei. Das vom TAD der Beklagten zur Ermittlung der Belastung herangezogene Mainz-Dortmunder Dosismodell sei nicht geeignet zur Bewertung der Hüftgelenksbelastung. PD Dr. B. erläutert in seinem Gutachten neun tabellarisch dargestellte Studien aus dem Zeitraum von 1987 bis 2000. Bei der beim Kläger vorhandenen beruflichen Hüftgelenksbelastung bestehe nach den vorliegenden Studien ein positiver Zusammenhang zwischen Belastung und Hüftgelenksarthrosen. In sieben bislang zu diesem Thema durchgeführten Studien fände sich ein erhöhtes Coxarthroserisiko durch Heben schwerer Lasten, das in fünf von sieben Studien signifikant gewesen sei. Beim Kläger seien auch keine außerberuflichen Ursachen für die Entwicklung einer Hüftgelenksarthrose zu ermitteln gewesen. Umstritten sei hier aber der Zusammenhang zwischen Übergewicht und der Entwicklung einer Hüftgelenksarthrose, wobei mehreren positiven Studien mehrere negative Studien gegenüberstünden. Das beim Kläger vorliegende Übergewicht sei daher nicht als außerberuflich konkurrierende Ursache für seine Hüftgelenksarthrose anzusehen. Die durch die Hüftgelenksarthrose bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 40 v.H.

Auf Anfrage des Senats hat das BMG unter dem 08.11.2004 die Auskunft erteilt, dass die Beratungen des Ärztlichen Sachverständigenbeirats zur Fragestellung der Arthrose großer Gelenke noch andauerten. Im Einzelnen sei die Verursachung der Gonarthrose durch Tätigkeiten im Knien noch aktueller Beratungsgegenstand, dagegen ruhten die Beratungen zur Verursachung von Gonarthrose sowie Coxarthrose durch Einwirkungen von Heben und Tragen schwerer Lasten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen. Hierauf und auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze wird im Übrigen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können, ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts und die Bescheide der Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Das SG hat die Rechtsgrundsätze und Rechtsgrundlagen für die Feststellung einer Quasi-BK nach § 9 Abs.2 SGB VII und für den Anspruch auf Gewährung von Entschädigungsleistungen zutreffend dargelegt. Der Senat nimmt deshalb nach eigener Überprüfung auf diese Ausführungen Bezug (§ 153 Abs. 4 SGG). Ergänzend verweist der Senat noch auf die vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung hervorgehobenen Bewertungsgrundsätze. Hierzu gehören der ursächliche Zusammenhang der Krankheit mit der versicherten Tätigkeit und die Zugehörigkeit des Versicherten zu einer bestimmten Personengruppe, die durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt ist, die nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft Krankheiten der betreffenden Art verursachen. Mit dieser Regelung soll nicht in der Art einer "Generalklausel" erreicht werden, dass jede Krankheit, deren ursächlicher Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit im Einzelfall zumindest hinreichend wahrscheinlich ist, wie eine BK zu entschädigen ist. Vielmehr sollen dadurch Krankheiten zur Entschädigung gelangen, die nur deshalb nicht in die BK-Liste aufgenommen wurden, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen durch ihre Arbeit bei der letzten Fassung der Anlage zur BKV noch nicht vorhanden waren oder trotz Nachprüfung noch nicht ausreichten (BSG, Urt. vom 04.06.2002 - B 2 U 16/01 R - m. w. N.). Nicht ausreichend ist, dass überhaupt neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, sondern es muss sich hinsichtlich der neuen Erkenntnisse eine herrschende Meinung im einschlägigen medizinischen Fachgebiet bereits gebildet haben (BSG a. a. O.). Solche Erkenntnisse liegen in der Regel dann vor, wenn die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen, die auf den jeweils in Betracht kommenden Gebieten über besondere Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt ist. Es muss sich um gesicherte Erkenntnisse handeln; nicht erforderlich ist, dass diese Erkenntnisse die einhellige Meinung aller Mediziner sind. Andererseits reichen vereinzelte Meinungen einiger Sachverständiger grundsätzlich nicht aus (BSG Urteil vom 04.06.2002 - B 2 U 20/01 R – m. w. N.). Neu in diesem Sinne sind die Erkenntnisse, wenn sie in der letzten Änderung der BKV noch nicht berücksichtigt sind. Das ist der Fall, wenn die Erkenntnisse erst nach dem Erlass der letzten Änderung der BKV gewonnen wurden oder zu diesem Zeitpunkt im Ansatz vorhanden waren, sich aber erst danach zur BK-Reife verdichtet haben bzw. wenn die Erkenntnisse dem Verordnungsgeber entgangen sind und er deshalb eine Änderung der BKV überhaupt nicht erwogen hat. Hat der Verordnungsgeber auf der Grundlage medizinischer Erkenntnisse bereits eine BK in die Liste aufgenommen oder die Bezeichnung einer Erkrankung richtiggestellt oder erweitert oder gar ausdrücklich die Erweiterung des listenmäßigen Versicherungsschutzes abgelehnt, sind diese Erkenntnisse nicht mehr neu i. S. der Vorschrift (BSG, Urt. vom 21.1.1997 - 2 RU 7/96 - = SGb 1997, 111).

Nach diesen Grundsätzen ist auch nach dem Ergebnis der Ermittlungen im Berufungsverfahren der vom Kläger geltend gemachte Feststellungs- und Leistungsanspruch nicht begründet.

Das Gutachten von PD Dr. B. überzeugt den Senat nicht. Der Sachverständige hat seiner Beurteilung der individuellen Belastung des Klägers dessen Angaben zu Grunde gelegt, die er bei seiner Untersuchung ihm gegenüber gemacht hat. Diese stehen aber im Widerspruch zu den Gewichtsangaben, die der Kläger anlässlich des Hausbesuchs des TAD der Beklagten am 07.11.2001 gemacht hat. Sie stehen auch im Widerspruch zu den ergänzten Angaben, die der Kläger in einem Telefonat mit TAD nach dem Hausbesuch auf eigene Initiative und nochmaliger Überlegung gemacht hatte. Auch diese sind vom TAD berücksichtigt worden. Danach hatte der Kläger Lastgewichte von durchschnittlich 20/25/26 Kilogramm im Zeitraum vom 1964 bis 1981, durchschnittlich 15 Kilogramm von 1981 bis 1990 und durchschnittlich 35 Kilogramm von 1992 bis 1997 bewegt. Die höheren Gewichtsangaben und die Häufigkeit der Hebe- und Tragevorgänge, die PD Dr. B. in seinem Gutachten darlegt, stehen hierzu in eklatantem Widerspruch. Außerdem ist fraglich, ob es sich bei den von PD Dr. B. angeführten Studien zum Zusammenhang zwischen Tragen schwerer Lasten und Ausbildung einer Coxarthrose um "neue" Erkenntnisse handelt. Bei der letzten Änderung der Anlage zur BKV vom 05.09.2002 mit Wirkung ab 01.10.2002, bei der die Berufskrankheiten nach Nr. 2106 und 4112 neu eingeführt wurden, lagen die Erkenntnisse dieser Studien bereits vor, da die neueste Studie von Yoshimura et alii aus dem Jahre 2000 stammt und nach den Darlegungen des Sachverständigen Übersichtsarbeiten von ihm selbst 2000 und von Lievense et alii 2001 veröffentlicht worden waren. Im Dezember 2002 war jedenfalls der Sachverständigenbeirat nach der Auskunft des BMG mit der Frage bereits befasst.

Diese Bedenken lässt der Senat jedoch dahinstehen, denn die Feststellung einer Quasi-BK scheitert bereits daran, dass eine herrschende Meinung im einschlägigen medizinischen Fachgebiet zu einem arbeitsmedizinischen Zusammenhang zwischen Heben und Tragen schwerer Lasten und der Entstehung von Coxarthrose noch nicht besteht. Nach der Auskunft des BMG vom 19.12.2002 sind vom Sachverständigenbeirat in diesem Zusammenhang Beratungen aufgenommen worden, die wegen der Komplexität der Thematik zu keinem Ergebnis geführt haben. Wäre den von PD Dr. B. zitierten Studien ein eindeutiger Zusammenhang zu entnehmen, wäre in der vom Senat eingeholten Auskunft des BMG vom 08.11.2004, nach nahezu zweijährige Beratungsdauer, auf der Grundlage dieser Studien die Mitteilung des positiven Beratungsergebnisses zu erwarten gewesen und nicht, wie geschehen, die vorübergehende Einstellung der Beratungen zu diesem Themenkomplex. Insofern ist eine hinreichend gesicherte, von der Mehrheit der Wissenschaftler im einschlägigen Fachgebiet vertretene arbeitsmedizinische Auffassung nicht erkennbar.

Auch aus dem Gutachten von PD Dr. B. ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom Sachverständigen selbst vertretene Auffassung bereits von den meisten Vertretern des Fachgebiets geteilt wird. Vielmehr weist PD Dr. B. bei sieben der von ihm in der Tabelle 3 angeführten neun Studien auf eine eingeschränkte Aussagekraft wegen methodisch zu kritisierender Vorgehensweise oder des nicht oder nur schwer miteinander vergleichbaren Untersuchungsgegenstands hin. Die Studien von Elsner (1995) und Jacobsson (1987) konkretisierten die Dosis-Wirkungs-Beziehung hinsichtlich Dauer und Intensität nicht hinreichend, wobei in der Studie von Elsner eine signifikante Risikoerhöhung nur für Frauen, nicht aber für Männer beschrieben wurde, was gegen die Anerkennung einer BK bei Männern sprechen würde. Auch in der Studie von Evanoff (1996) und von Vingard (1997) werden fehlende Angaben eines konkreten Maßes der Lastgewichte vom Sachverständigen kritisiert. Vingard untersuchte nach seiner Studie von 1997 nur Frauen, fand entgegen der Studie von Elsner aber keine signifikante Risikoerhöhung. An der Studie von Lau (2000) kritisiert der Sachverständige die Untersuchung einer Korrelation von Hebevorgänge von unter 10 pro Woche. Die Studien von Vingard (1991 und 1997) ergaben außerdem eine signifikante Risikoerhöhung erst bei mehr als 25.000 Hebevorgängen von Lasten mit mehr als 40 Kilogramm, was mit der Studie von Coggon (1998) in der Kategorie von 25 bis 49 kg Lastgewicht mit einer Exposition von mindestens zehn Jahren mit einer Risikoerhöhung um 1,9 nicht ohne weiteres vereinbar ist, ebenso wenig das Ergebnis von Yoshimura (2000), der bereits bei Lastgewichten ab 25 Kilogramm eine signifikante Risikoerhöhung beschreibt. Die Studie von Yoshimura bezieht sich zudem auf ein erhöhtes Risiko in Bezug auf eine hoch selektive Gruppe, die durch die endoprothetische Versorgung infolge einer Coxarthrose beschrieben wurde.

Nach Auffassung des Sachverständigen belegten danach vier Studien eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Heben schwerer Lasten und Coxarthroserisiko, wobei die oben dargelegten Einschränkungen beziehungsweise gegenteiligen Ergebnisse keiner näheren kritischen Würdigung unterzogen werden. Letztlich stehe noch eine positive Interventionsstudie aus, die eine Reduzierung des Risikos bei Minderung der Belastung nachweise. Diesen Ausführungen des Sachverständigen ist zu entnehmen, dass sich noch keine herrschende wissenschaftliche Meinung ausgebildet hat, denn es ist nicht erkennbar, welches einheitliche Bild und welche übereinstimmende medizinische Auffassung zur Einschätzung einer signifikanten Risikoerhöhung zu welchen angenommenen hüftgelenksbelastenden Tätigkeiten vorherrscht. Dies zeigt sich auch in der Einschätzung der für relevant gehaltenen außerberuflichen Ursachefaktoren. Nach den Ausführungen von PD Dr. B. ergibt sich bei der Abgrenzung der Bedeutung des Übergewichts noch kein einheitliches Bild. Für die abstrakte Umschreibung der gefährdeten Gruppen bzw. der Kontrollgruppen ist auch insoweit eine übereinstimmende medizinische Überzeugung erforderlich, da ansonsten eine signifikante Risikoerhöhung für eine bestimmte Gruppe die Differenzierung nach beruflichen oder außerberuflichen Faktoren nicht zulässt. Insoweit hat der Sachverständige verkannt, dass diese medizinisch streitige Frage bei der Abgrenzung der Gruppenzugehörigkeit auf der Ebene der haftungsbegründenden Kausalität bereits eine Rolle spielt und nicht, wie er angenommen hat, allein eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, d. h. der wahrscheinlichen Zuordnung einer bestimmten Erkrankung zu der bejahten gesundheitsgefährdenden versicherten Tätigkeit, ist.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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