L 5 AL 3835/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 1282/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 AL 3835/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
"1.) Ein Arbeitnehmer meldet sich nur dann unverzüglich arbeitssuchend, wenn er unmittelbar nach Kenntnis vom Ende seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Beklagten persönlich vorspricht.
2.) Die verspätete Meldung ist dem Arbeitnehmer nur dann nicht vorzuhalten, wenn er der unverzüglichen Meldung im Hinblick auf objektiv vorliegende Hindernisse zunächst nicht nachkommen kann.
3.) Der Arbeitnehmer hat keine Überlegungsfrist, ob er zunächst ohne Einschaltung der Beklagten versuchen soll, ein anderes Arbeitsverhältnis zu begründen.
4.) Es ist für die Verpflichtung zur unverzüglichen Arbeitssuche unerheblich, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB 3 über die Meldepflicht informiert hat oder nicht.
5.) Aus dem Grundsatz der formellen Publizität folgt, dass es unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer die zum 1. Juli 2003 in Kraft getretenen gesetzlichen Regelungen kannte
6.) Ein Arbeitnehmer, der in einem befristeten Arbeitsverhältnis steht, meldet sich nur dann unverzüglich arbeitssuchend, wenn er sich drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten meldet.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26. Juli 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Minderung ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend.

Die 1982 geborene Klägerin ist jugoslawische Staatsangehörige und meldete sich erstmals am 4. Juli 2001 bei der Beklagten arbeitslos. Sie war zuvor bei der Firma N. GmbH in der Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel vom 1. August 1998 bis 26. Juni 2001 beschäftigt gewesen. Ab 5. Juli 2001 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld (Anspruchsdauer 360 Tage, wöchentliches Bemessungsentgelt 350,00 DM, wöchentlicher Leistungssatz 167,09 DM, Leistungstabelle 2001, 60 v. H., Leistungsgruppe A/0, Bescheid vom 13. August 2001), ab 1. Januar 2002 umgestellt auf Euro nunmehr mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 85,89 ¤ (wöchentliches Bemessungsentgelt 180,00 ¤, Leistungstabelle 2002, im Übrigen unverändert; Bescheid vom 11. Januar 2002) bis zu ihrer Arbeitsaufnahme am 2. April 2002.

Am 18. März 2004 meldete sich die Klägerin mit Wirkung zum 1. April 2004 erneut bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Sie war in der Zeit vom 2. April 2002 bis 31. März 2004 als Hallenarbeiterin bei der U. in U. beschäftigt gewesen. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung der Stadt U. vom 6. April 2004 war das Arbeitsverhältnis befristet gewesen bis 31. März 2004 und der befristete Arbeitsvertrag am 16. Dezember 2003, letzte Verlängerung, abgeschlossen worden. Die Klägerin hatte in der Zeit vom April 2003 bis März 2004 insgesamt ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 22.120,86 ¤ erzielt.

Mit Bescheid vom 21. April 2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab 1. April 2004 (wöchentlicher Leistungssatz 165,62 ¤, davon abzusetzender wöchentlicher Anrechnungsbetrag 82,81 ¤, wöchentliches Bemessungsentgelt 420,00 ¤, Leistungstabelle 2004, 60 v. H., Leistungsgruppe A/0 - Bl. 7 SG-Akte -). Zur Minderung verweist der Bewilligungsbescheid auf ein gesondertes Schreiben. Mit Schreiben vom 19. April 2004 (Bl. 20 Verwaltungsakte) hatte die Beklagte der Klägerin ergänzend zum Bewilligungsbescheid bereits mitgeteilt, sie sei nach § 37 b Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) verpflichtet gewesen, sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden, sobald sie den Zeitpunkt der Beendigung ihres Versicherungspflichtverhältnisses gekannt habe. Dieser Pflicht sei sie nicht rechtzeitig nachgekommen. Nach den vorliegenden Unterlagen hätte sie sich spätestens am 1. Januar 2004 bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden müssen. Tatsächlich habe sie sich erst am 22. März 2004 gemeldet. Die Meldung sei somit um 81 Tage zu spät erfolgt. Nach § 140 SGB III mindere sich ihr Anspruch auf Leistungen um 35,00 ¤ für jeden Tag der verspäteten Meldung (längstens jedoch für 30 Tage). In ihrem Fall errechne sich somit ein Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 1.050,00 ¤. Die Minderung erfolge, indem dieser Minderungsbetrag auf die halbe Leistung angerechnet werde, dies bedeute, ihr werde bis zur vollständigen Minderung des Betrages nur die Hälfte der ohne die Minderung zustehenden Leistung ausgezahlt. Die Höhe des Abzuges von der täglichen Leistung betrage 11,83 ¤. Die Anrechnung beginne am 1. April 2004 und sei voraussichtlich mit Ablauf des 28. Juni 2004 beendet. Für den letzten Tag der Minderung erfolge die Anrechnung ggf. nur noch in Höhe des noch verbleibenden Restbetrages der Minderungssumme. Mit Änderungsbescheid vom 29. Juni 2004 (Blatt 16 SG-Akte) erhielt die Klägerin ab 29. Juni 2004 nunmehr ungemindert Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich 165,26 ¤ (wöchentliches Bemessungsentgelt 420,00 ¤, Leistungstabelle 2004, 60 v. H., Leistungsgruppe A/0).

Gegen das Schreiben vom 19. April 2004 erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie sei seit 2 Jahren befristet beschäftigt gewesen und die Verträge seien immer wieder verlängert worden. Die letzte Verlängerung sei am 16. Dezember 2003 vereinbart worden. Ihr sei gesagt worden, dass sie wahrscheinlich auf Dauer übernommen werde. Ausweislich einer telefonischen Auskunft des Geschäftsführers der U. GmbH, Herrn Sch. wurden mit der Klägerin mehrfach befristete Arbeitsverträge, zuletzt am 16. Dezember 2003 bis 31. März 2004 abgeschlossen. Sie sei jeweils für eine erkrankte Mitarbeiterin, deren Rückkehr nicht absehbar gewesen sei, als &8222;Krankheitsvertretung&8220; eingestellt worden. Für die Klägerin sei für den Fall, dass die erkrankte Mitarbeiterin nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückkehre, ein Dauerarbeitsverhältnis in Aussicht gestellt worden. Eine verbindliche Zusage habe Herr Sch. allerdings nicht gemacht. Das habe er auch nicht machen können, da keine Planstelle frei gewesen sei, solange die erkrankte Mitarbeiterin nicht ausgeschieden sei. Da die Klägerin längstens 2 Jahre habe befristet beschäftigt werden können, sei der letzte Vertrag bis 31. Dezember 2004 (richtigerweise wohl gemeint 31. März 2004) befristet gewesen. Ein Hinweis über die Meldepflicht sei nicht erteilt worden, auch der befristete Vertrag habe keinen entsprechenden Hinweis enthalten (Telefonvermerk vom 26. April 2004 - Blatt 25 Verwaltungsakte - VA -). Mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin gehöre zum Personenkreis, für den diese Meldepflicht nach § 37 b SGB III gelte. Sie habe nämlich nach dem 30. Juni 2003 Kenntnis von der Beendigung ihres Versicherungspflichtverhältnisses erhalten. Das Arbeitsverhältnis sei zuletzt am 16. Dezember 2003 bis zum 31. März 2004 befristet gewesen. Zwischen dem Abschluss des Arbeitsvertrages und dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses liege damit ein Zeitraum von mehr als 3 Monaten. Die Meldepflicht entstehe in diesem Fall spätestens 3 Monate vor dem vereinbarten Ende, also am 31. Dezember 2003 (mit Hinweis auf § 37 b Satz 2 SGB III). Die Klägerin habe sich nicht unverzüglich, sondern erst am 18. März 2004 persönlich bei der Agentur für Arbeit gemeldet, Gründe für die verspätete Meldung seien nicht anzuerkennen. Insbesondere stelle der Einwand der Klägerin, ihr sei von ihrem ehemaligen Arbeitgeber gesagt worden, dass sie wahrscheinlich auf Dauer übernommen werde, keinen Entschuldigungsgrund dar. Ausweislich der telefonischen Auskunft von Herrn Sch. sei ihr zwar für den Fall ein Dauerarbeitsverhältnis in Aussicht gestellt worden, dass die erkrankte Mitarbeiterin, für die sie als Krankheitsvertretung eingestellt worden sei, nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückkehre. Eine verbindliche Zusage über eine Weiterbeschäftigung über den 31. März 2004 hinaus sei jedenfalls nicht erteilt worden. Die Pflicht zur Meldung nach § 37 b SGB III bestehe auch, wenn bereits ein Anschlussarbeitsverhältnis in Aussicht gestanden habe. Daher sei die Klägerin verpflichtet gewesen, sich unverzüglichen persönlich bei der Beklagten zu melden. Für die Anwendung der Bestimmungen zur unverzüglichen Meldung sei es im Übrigen unerheblich, ob diese der Klägerin bekannt gewesen seien oder nicht. Die Meldung sei nach alledem um mehr als 30 Tage zu spät erfolgt, weshalb hier unter Berücksichtigung des Bemessungsentgeltes von wöchentlich 422,16 ¤ je Verspätungstag 35,00 ¤ als Minderungsbetrag, maximal für 30 Tage, insgesamt also 1.050,00 ¤ anzurechnen seien.

Hiergegen hat die Klägerin am 4. Mai 2004 Klage vor dem Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass sie davon ausgegangen sei, dass ihr früheres Beschäftigungsverhältnis nicht beendet, sondern erneut verlängert werde. Sie habe erst am Tag vor der Arbeitslosmeldung erfahren, dass das befristete Beschäftigungsverhältnis nicht verlängert werde. Außerdem habe sie von der Verpflichtung, dass sie sich 3 Monate vor Beendigung bei der Beklagten hätte melden müssen, keine Kenntnis gehabt.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat ausgeführt, der befristete Arbeitsvertrag habe zum 31. März 2004 geendet, weshalb die Meldepflicht gem. § 37 b SGB III 3 Monate vor dem vereinbarten Ende entstanden sei. Auch wenn die Klägerin davon ausgegangen sei, ihr Beschäftigungsverhältnis werde erneut verlängert, könne ihre verspätete Meldung nicht entschuldigt werden. Aus der telefonischen Auskunft wie auch dem Schreiben des Geschäftsführers der U. GmbH (Bl. 30 VA) gehe hervor, dass das befristete Arbeitsverhältnis zum letzten Mal im Dezember 2003 zum 31. März 2004 verlängert worden sei, weil zu diesem Zeitpunkt die 2 Jahresfrist abgelaufen gewesen sei. Die Klägerin habe sich deshalb keinesfalls darauf verlassen dürfen, dass sie über den 31. März 2004 hinaus weiter beschäftigt werde. Ihr Einwand, keine Kenntnis von der frühzeitigen Meldepflicht gehabt zu haben, könne zu keiner anderen Entscheidung führen. Denn bei der Meldepflicht handele es sich um eine allgemeine Obliegenheitspflicht des Versicherten aus dem Versicherungsverhältnis und nicht um eine Rechtspflicht, wie aus dem Wortlaut entnommen werden könnte. Denn die Beklagte könne die &8222;frühzeitige Arbeitssuche&8220; nicht erzwingen. Vielmehr entstünden für den Versicherten &8222;nur&8220; potenzielle Nachteile im Rahmen des § 140 SGB III bei Nichterfüllung der Meldepflicht. Außerdem würden Gesetze mit der Verkündung grundsätzlich allen Betroffenen als bekannt gelten, ohne Rücksicht darauf, ob und wann sie von ihnen tatsächlich Kenntnis erlangt hätten (mit Hinweis auf BSG SozR 3 - 1200 § 13 Nr. 1, m. w. N.; SozR 3 - 1300 § 27 Nr. 3). Schließlich sei das Inkrafttreten der Sanktionsregelung mit dem ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 zum 1. Juli 2003 hinausgeschoben worden. Damit dokumentiere der Gesetzgeber, dass er dem von der Sanktion betroffenen Personenkreis eine angemessene Frist für die Kenntnisnahme der Neuregelung habe einräumen wollen und eingeräumt habe.

Mit Urteil vom 26. Juli 2004 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2004 verpflichtet der Klägerin Arbeitslosengeld ohne Minderung zu gewähren. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, nachdem letztmalig am 16. Dezember 2003 eine Verlängerung der Befristung erfolgt sei, unterfalle die Klägerin grundsätzlich der in § 37 b SGB III normierten Meldepflicht. Wenn allerdings der Gesetzgeber in § 37 b Satz 2 SGB III bestimme, dass sich der Versicherte &8222;frühestens&8220; 3 Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses zu melden habe, so bedeute dies, dass er sich nicht vor 3 Monaten melden solle, eine spätere Meldung aber durchaus möglich und dadurch unschädlich sei. Auch durch die Aufnahme des Wortes &8222;jedoch&8220; in § 37 b Satz 2 SGB III ergebe sich eindeutig, dass eine Abgrenzung zu der in § 37 b Satz 1 SGB III geregelten unverzüglichen Meldung gewollt sei. Zwar werde dazu die Auffassung vertreten, dass nach der Gesetzesbegründung kein plausibler Grund für diese Sonderbehandlung bzw. Bevorzugung befristeter Arbeitsverhältnisse gegenüber den in § 37 b Satz 1 SGB III genannten Personen ersichtlich sei (mit Hinweis auf Spellbrink in Henning, SGB III, Arbeitsförderung, § 37 b Rdnr. 57). Die daraus gezogene Konsequenz, es sei eine gerechte Lösung, § 37 b Satz 2 SGB III deshalb so zu lesen, das vom Gesetzgeber nicht begründete Füllwort &8222;frühestens&8220; schlichtweg zu negieren, halte das SG für nicht haltbar. In der Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 15/25 S. 27) heiße es nämlich: &8222;Bei befristeten Arbeitsverhältnissen soll die Meldung jedoch nicht früher als 3 Monate vor Ablauf des Arbeitsverhältnisses erfolgen&8220;. Somit biete weder der Wortlaut des § 37 b Satz 2 SGB III noch die Gesetzesbegründung Raum für die von der Beklagten vertretene Auslegung, wonach sich der Versicherte &8222;spätestens&8220; 3 Monate vor Ablauf des Arbeitsverhältnisses zu melden habe. Falls der Gesetzgeber eine Meldung spätestens 3 Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses verfolge, so müsse er dies durch einen eindeutigen Gesetzeswortlaut zum Ausdruck bringen. Jedenfalls könne die von Spellbrink unterstellte missglückte Fassung des § 37 b SGB III nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Gerade wenn Versicherten, die unter § 37 b Satz 1 SGB III fielen, von einem Teil der Rechtsprechung vorgehalten werde, ihre Unkenntnis der Rechtslage schütze sie nicht von der scharfen Sanktion einer Minderung ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld, so müsse gerade in den Fällen des § 37 b Satz 2 SGB III der Versicherte vor den Folgen eines möglicherweise fehlerhaften, ihn auf jeden Fall aber irreführenden und nicht von ihm zu vertretenden Gesetzeswortlaut geschützt werden. Dabei komme es nicht an, ob der Klägerin die Vorschrift des § 37 b SGB III überhaupt bekannt gewesen sei. Da die Klägerin somit nicht verpflichtet gewesen sei, sich früher als erfolgt arbeitssuchend zu melden, sei ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gem. § 140 SGB III zu mindern gewesen.

Die Beklagte hat gegen das ihr mit Empfangsbekenntnis am 19. August 2004 zugestellte Urteil am 3. September 2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, entgegen der Auffassung des SG nach dem Wortlaut des § 37b Satz 2 SGB III sei die vom Gesetzgeber geforderte unverzügliche Meldung 3 Monate vor dem Ende der Befristung vorzunehmen. § 37b Satz 2 SGB III sei im Kontext mit Satz 1 dieser Regelung zu lesen. Nach Satz 1 der Regelung habe sich die von Arbeitslosigkeit bedrohte Person unverzüglich arbeitsuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses habe die Meldung (gemeint sei die unverzügliche Meldung) jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen solle mithin die Meldung nicht früher als drei Monate vor Ablauf des Arbeitsverhältnisses vorgenommen werden. Nicht mehr und nicht weniger habe der Gesetzgeber in Satz 2 des § 37b regeln wollen. Da Arbeitsverträge auch für einen Zeitraum von weniger als drei Monate befristet sein könnten, sei Satz 2 so zu verstehen, dass die Meldepflicht bei Arbeitsverträgen, die auf drei oder mehr Monate befristet seien, (genau) drei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses beginne. Bei Arbeitsverträgen, die auf weniger als drei Monate befristet seien, trete die Meldepflicht hingegen mit Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages ein. Also könne abhängig von der Dauer des befristeten Arbeitsvertrages der Beginn der Meldepflicht zwar später, nie aber früher als drei Monate ("frühestens") vor Beendigung des Vertrages eintreten. Die Klägerin habe sich daher gem. § 37b Satz 2 SGB III unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes der befristeten Beschäftigung melden müssen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26. Juli 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von 500,00 ¤ ist überschritten. Denn die Klägerin erhielt gemindertes Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. April 2004 bis 28. Juni 2004, sodass der gesamte Minderungsbetrag in Höhe von 1.050,00 ¤ auch tatsächlich in vollem Umfang zur Anrechnung kam.

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2004 aufgehoben. Die Voraussetzungen für eine Minderung des Anspruches gem. § 37 b und § 140 SGB III sind erfüllt.

Gegenstand des Rechtsstreites ist der Bewilligungsbescheid vom 21. April 2004. Denn die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld verfügte die Beklagte in diesem Bewilligungsbescheid. In diesem Bewilligungsbescheid wurde wegen der Minderung auf ein gesondertes Schreiben verwiesen. Im Falle der Klägerin war dies das Schreiben vom 19. April 2004. In diesem Schreiben erläuterte die Beklagte lediglich Grund und Berechnung der Höhe der Minderung. Das Schreiben enthält damit keine (zusätzliche) Regelung hinsichtlich der Minderung sondern die Begründung. Es ist deswegen kein Verwaltungsakt. Dass die Beklagte dieses Schreiben auch nicht als Verwaltungsakt ansah, zeigt sich darin, dass dem Schreiben keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war.

1. Zunächst ist festzustellen, dass auf Grund des Bewilligungsbescheids über Arbeitslosengeld vom 21. April 2004 der Klägerin ab 1. April 2004 ein Anspruch auf Arbeitslosengeld dem Grunde nach zustand. Zwar hat die Klägerin den Bewilligungsbescheid nur insoweit angefochten, als ihr Arbeitslosengeld für 30 Tage in geminderter Höhe bewilligt worden ist, so dass im Übrigen der Bewilligungsbescheid bestandskräftig ist. Macht ein Leistungsbezieher aber einen Anspruch auf höhere Leistung geltend, so ist im gerichtlichen Verfahren nicht nur die von ihm geltend gemachte Beanstandung, sondern die Rechtmäßigkeit der Leistungsfeststellung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (z.B. BSG Urteil vom 29. Januar 2003 - B 11 AL 47/02 R -).

Die Klägerin war im Sinne von § 117 Abs. 1 SGB III arbeitslos (Nr. 1), hatte sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt (Nr. 3). Die Klägerin war ab 1. April 2004 arbeitslos, denn sie stand ab diesem Zeitpunkt (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis (Beschäftigungslosigkeit) und (Nr. 2) suchte eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung (Beschäftigungssuche). Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf ausdrückliche Nachfrage bestätigt, dass sie selbstverständlich jederzeit eine ihr während dieser Zeit angebotene, auch befristete Beschäftigung aufgenommen und ausgeübt hätte. Auch die Beklagte ging für den hier streitigen Zeitraum von der Verfügbarkeit der Klägerin aus. Die Klägerin hat damit zum Einen gem. § 119 Abs. 1 Nr.1 SGB III alle Möglichkeiten genutzt und nutzen wollen, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden und (Nr. 2) den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden (Verfügbarkeit). Denn sie war arbeitsfähig und ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechend auch arbeitsbereit (§ 119 Abs. 2 SGB III). Der Klägerin stand schließlich aufgrund ihrer vorangegangenen insgesamt zweijährigen die Anwartschaftszeit erfüllenden und anspruchsbegründenden Beschäftigung bei der U. ein Anspruch in Höhe von 360 Kalendertagen zu.

2. Die Beklagte hat mit dem Bewilligungsbescheid vom 21. April 2004 zu Recht den Anspruch der Klägerin gem. §§ 37 b, 140 SGB III um wöchentlich 82,81 ¤ bzw. täglich 11,83 ¤ gemindert.

Gem. § 37 b SGB III (mit Wirkung zum 1. Juli 2003 durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 - Bundesgesetzblatt I S. 4607 - eingefügt) sind Personen, deren Pflichtversicherungsverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich beim Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) arbeitsuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens 3 Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird. Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis.

Hat sich der Arbeitslose entgegen § 37 b SGB III nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet, so mindert sich gem. § 140 SGB III (ebenfalls eingefügt durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 mit Wirkung zum 1. Juli 2003) das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen aufgrund des Anspruchs zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist. Die Minderung beträgt gem. § 140 Satz 2 SGB III

1. bei einem Bemessungsentgelt bis zu 400,00 ¤ 7,00 ¤, 2. bei einem Bemessungsentgelt bis zu 700,00 ¤ 35,00 ¤ und 3. bei einem Bemessungsentgelt über 700,00 ¤ 50,00 ¤

für jeden Tag der verspäteten Meldung. Die Minderung ist gem. Satz 3 auf den Betrag begrenzt, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet. Die Minderung erfolgt, indem der Minderungsbetrag, der sich nach den Sätzen 2 und 3 ergibt, auf das halbe Arbeitslosengeld angerechnet wird (§ 140 Satz 4 SGB III).

Die Klägerin unterfällt der Regelung des § 37 b SGB III, da die letztmalige Verlängerung der Befristung am 16. Dezember 2003 zum 31. März 2004 nach Inkrafttreten der Vorschrift erfolgt ist. Die Voraussetzungen des § 37 b SGB III sind gegeben.

Die Klägerin hatte Kenntnis vom Beendigungszeitpunkt ihres Pflichtversicherungsverhältnisses. Sie wusste, dass ihr (aufgrund der 2-Jahresfrist) letztmalig verlängertes befristetes Arbeitsverhältnis nunmehr zum 31. März 2004 enden werde. Die Klägerin musste also damit rechnen, ab 1. April 2004 arbeitslos zu sein. Zu keinem anderen Ergebnis führt in diesem Zusammenhang auch ihre Einlassung, sie sei davon ausgegangen, dass ihr früheres Beschäftigungsverhältnis nicht beendet werde, sondern erneut verlängert werde. Ob es zutrifft, dass sie bis am Tage vor der Arbeitlosmeldung vom Arbeitgeber in der Hoffnung gelassen wurde, das befristete Arbeitsverhältnis werde noch weiter verlängert, kann offen bleiben. Irgendeine rechtlich verbindliche Zusage war der Klägerin, wie ihr früherer Vorgesetzter, Geschäftsführer Sch., der Beklagten am 26. April 2004 mitgeteilt hatte, nicht gemacht worden. Der Klägerin hätte daher zum Einen im Hinblick auf die gesetzliche Beschränkung von befristeten Arbeitsverhältnissen für eine Dauer von max. 2 Jahren klar sein müssen, dass dies das letztmögliche befristete Arbeitsverhältnis bis zum 31. März 2004 war und eine erneute befristete Verlängerung nicht mehr in Betracht kommt. Auf der anderen Seite war aufgrund der Abläufe in der Vergangenheit auch für die Klägerin klar, dass offensichtlich in diesen gesamten 2 Jahren nicht abzusehen war, ob die betreffende Mitarbeiterin für die sie als &8222;Krankheitsvertretung&8220; immer wieder befristet eingestellt worden war, tatsächlich endgültig ausscheidet und sie in ein Dauerarbeitsverhältnis übernommen werden kann. Sie musste daher auch mit der Möglichkeit rechnen, ab 1. April 2004 arbeitslos zu sein und Leistungen der Beklagten in Anspruch nehmen zu müssen.

Die Klägerin meldete sich auch nicht unverzüglich im Sinne von § 37 b SGB III arbeitsuchend.

Unverzüglich bedeutet, dass die persönliche Meldung ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB) zu erfolgen hat, nachdem die versicherungspflichtige Person vom Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsverhältnisses Kenntnis erlangt hat (vgl. auch Voelzke, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts Rdnr. 492; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom. 9. Juni 2004 - L 3 AL 1267/04 -; Revision beim BSG - B 11 AL 47/04 R -). Unverzüglich ist nicht gleichbedeutend mit sofort. Dem Betreffenden steht eine angemessene Überlegungsfrist zu (Palandt, BGB, 63. Aufl., § 121 Rdnr. 3). Was im Einzelfall als unverzüglich anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung des Zwecks der entsprechenden gesetzlichen Regelung zu beurteilen. Nach Auffassung des Senats muss im Hinblick auf den Zweck der Regelung des § 37 b SGB III der Arbeitnehmer sich unmittelbar nach Kenntnis, dass sein Versicherungspflichtverhältnis endet, bei der Beklagten arbeitsuchend melden. Eine Verletzung der - vom Gesetzgeber als eine allgemeine Obliegenheitspflicht des Versicherten aus dem Versicherungsverhältnis (vgl. BT-Drs. 15/25, S. 31 zu Nr.19 zu § 140 SGB III) angesehenen - Meldung als arbeitsuchend ist dem Arbeitnehmer nur dann nicht vorzuhalten, wenn er der Meldung nach § 37 b Satz 1 SGB III im Hinblick auf objektiv vorliegende Hindernisse zunächst nicht nachkommen kann.

Die Regelung des § 37 b SGB III hat ausweislich der Begründung zum Gesetzesentwurf zum Ziel, die Eingliederung von Arbeitsuchenden zu beschleunigen und damit Arbeitslosigkeit und Entgeltersatzleistungen der Versichertengemeinschaft möglichst zu vermeiden bzw. die Dauer der Arbeitslosigkeit zu verkürzen. Die Betroffenen sollen sich deshalb so früh wie möglich persönlich beim Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) arbeitsuchend melden. Das Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) kann dann sofort mit den in § 35 SGB III vorgesehenen Maßnahmen beginnen. Die Regelung fordert von den Betroffenen, dass sie sich unverzüglich beim Arbeitsamt persönlich melden müssen, wenn sie den Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses kennen. So entsteht die Meldepflicht z.B. bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen unverzüglich nach Zugang der Kündigung durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Die Meldung hat persönlich zu erfolgen, damit sofort mit dem Arbeitsamt eine Vereinbarung über das gemeinsame Vorgehen erfolgen kann (BT-Drs. 15/25 S. 27 zu Nr. 6 zu § 37 b). Daraus wird deutlich, dass mit der frühzeitigen Meldung als arbeitsuchend der Versicherungsfall Arbeitslosigkeit und damit die Zahlung von Arbeitslosengeld vermieden werden soll. Dies kommt auch in § 37 b Satz 3 SGB III zum Ausdruck, wonach die Pflicht zur Meldung unabhängig davon besteht, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird. Gerade also in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer mit Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu erkennen gibt, an dem bisherigen Arbeitsverhältnis festhalten und es fortsetzen zu wollen, soll gleichwohl schon mit der Arbeitsvermittlung begonnen werden und es wird deshalb vom Arbeitnehmer die Meldung als arbeitsuchend verlangt. Dies alles zeigt, dass die Meldung als arbeitsuchend umgehend nach Kenntnis vom Ende des Versicherungspflichtverhältnisses zu erfolgen hat. Der Arbeitnehmer hat somit keine Überlegungsfrist etwa dahin, zunächst ohne Einschaltung der Beklagten zu versuchen, ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen. Vielmehr soll unabhängig von den vom Gesetzgeber vorausgesetzten Eigenbemühungen des Arbeitnehmers (siehe § 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III) die Beklagte unmittelbar nach Ende des Versicherungspflichtverhältnisses in die Arbeitsvermittlung im Sinne des § 35 SGB III eingeschaltet werden. Mit der Minderung des Anspruchs wird ein pauschaler Schadensausgleich der Versichertengemeinschaft wegen der verzögerten Einleitung von Vermittlungs- und Eingliederungsbemühungen auf Grund der verspäteten Arbeitsuchendmeldung vorgenommen (vgl. BT-Drs. 15/25, S. 31 zu Nr.19 zu § 140 SGB III), und zwar in der Weise, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht in voller Höhe besteht. Auch dies zeigt, dass nicht konkret zu prüfen ist, ob möglicherweise durch das Verhalten des Arbeitnehmers sich der Schaden (Leistungen wegen Arbeitslosigkeit) vermindert hätte, wenn der Arbeitnehmer sich pflichtgemäß verhalten hätte.

Der Annahme, die Klägerin habe sich nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet, steht nicht entgegen, dass sie die zum 1. Juli 2003 in Kraft getretene gesetzliche Regelung nicht kannte (ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom. 9. Juni 2004 - L 3 AL 1267/04 -; Revision beim BSG - B 11 AL 47/04 R -). Für die Verletzung der Obliegenheit des § 37 b SGB III ist es unerheblich, ob dem Versicherten die Pflicht zur Meldung als arbeitsuchend bekannt war (vgl. Spellbrink in Hennig, SGB III, § 37 b, Rdnr. 27 der eine unbedingte Verhaltenspflicht annimmt, bei der es nicht auf Kenntnis oder kennen müssen ankomme, weil die Kenntnis typisierend zugerechnet werde). Mit der Verkündung gelten die Gesetze grundsätzlich allen Normadressaten als bekannt, ohne Rücksicht darauf, ob und wann sie von ihnen tatsächlich Kenntnis erlangt haben - Grundsatz der formellen Publizität - (BSG SozR 3-1200 § 13 Nr. 1, mwN; SozR 3-1300 § 27 Nr. 3).

Des Weiteren steht der Annahme, die Klägerin habe sich nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet, nicht entgegen, dass der Arbeitgeber es entgegen § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III unterlassen hat, den Arbeitnehmer über die Meldepflicht zu informieren (ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2004 - L 3 AL 1267/04 -; Revision beim BSG - B 11 AL 47/04 R -). Arbeitnehmer sollen nach dieser Vorschrift vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ihren Arbeitgeber frühzeitig über die Verpflichtung zur unverzüglichen Meldung beim Arbeitsamt informiert werden. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung zum Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zur Neuregelung des § 2 Abs. 2 SGB III ausgeführt, dass die Regelung die Verpflichtung zur Mitwirkung des Arbeitgebers am nahtlosen Übergang des gekündigten Arbeitnehmers in eine neue Beschäftigung konkretisiere und mit dem arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruch korrespondiere. Der Arbeitgeber unterstütze frühzeitige Anstrengungen des Arbeitnehmers bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung. Damit leiste er einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Die Regelung stehe im Kontext mit der Konkretisierung der Meldepflicht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in § 37 b SGB III und der Einführung von Minderungen des Arbeitslosengelds bei verspäteter Meldung in § 140 SGB III ( BT-Drs. 15/25, S. 26 zu Nr.2 zu § 2 SGB III). Mit dem Hinweis in der Gesetzesbegründung, dass die Informationspflicht des Arbeitgebers aus § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III lediglich &8222;im Kontext&8220; der §§ 37 b, 140 SGB III stehe, wird umschrieben, dass die Meldepflicht des Arbeitnehmers aus § 37 b SGB III rechtlich unabhängig von der Wahrnehmung der Verpflichtung des Arbeitgebers besteht (so auch Spellbrink in Hennig, SGB III, § 37 b Rdnr. 30). Selbst wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht aus § 2 Abs. 2 Satz Nr. 3 SGB III nicht nachkommt, kann das den Arbeitnehmer nicht entlasten (andere Ansicht Gagel/Kruse, SGB III, § 37 b Rdnr. 8 und Gagel/Winkler, SGB III, § 140 Rdnr. 3 die dann fehlendes Verschulden des Arbeitnehmers annehmen) und befreit ihn das nicht von seiner eigenen Verpflichtung nach § 37 b SGB III (vgl. GK-SGB III/Rademacher, § 37 b Rdnr. 21). Für die Auffassung des Senats spricht auch, dass der Gesetzgeber die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Information nur als eine Soll-Vorschrift ausgeformt (vgl. GK - SGB III/Rademacher, § 37 b, Rdnr. 21) und diese nicht in § 37 b SGB III oder § 140 SGB III mit dem Verhalten des Arbeitslosen verknüpft, sondern schon mit räumlichem Abstand im Gesetz ohne weitere ausdrückliche Verbindung zu diesen Vorschriften in § 2 SGB III niedergelegt hat. Eine mit Konsequenzen für die Frage des Verschuldens versehene Form der &8222;Rechtsfolgenbelehrung&8220; durch den Arbeitgeber anstelle der Beklagten ist im Arbeitsförderungsrecht systemfremd und würde diesen dann bei Fehlern ggf. zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen aussetzen, die ersichtlich nicht vom Gesetzgeber gewollt waren (vgl. z. B. Arbeitsgericht Verden vom 27. November 2003 - 3 Ca 1567/03 -, welches unter Hinweis auf den Soll-Charakter sowie Wortlaut und Aufbau der Vorschrift des § 2 SGB III keinen Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers bei unterlassener Aufklärung durch den Arbeitgeber zuerkannte; ablehnend zu Schadenersatzansprüchen auch Spellbrink in Hennig, SGB III, § 37 b Rdnr. 31), denn die Vorschrift ist als nicht staatlich durchsetzbar ausgestaltet (vgl. GK SGB III/Rademacher, § 37 b Rdnr. 29). Würde das Verschulden des Arbeitnehmers von der Aufklärung durch den Arbeitgeber abhängig gemacht, so wäre dem kollusiven Zusammenwirken von Arbeitgebern und Arbeitnehmer zum Nachteil der Versichertengemeinschaft bei entsprechendem wirtschaftlichen Interesse beider oder freundschaftlichen bzw. familiären Bindungen Raum gegeben.

Auch weitere Umstände, die die Klägerin an der Meldung als arbeitssuchend bis zum 18. März 2004 hinderten, sind nicht gegeben. Die Klägerin wusste, dass ihr Beschäftigungsverhältnis bis zum 31. März 2004 befristet ist. Sie hatte auch keine verbindliche Zusage über eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses weder als befristetes (was wegen Ablauf der 2 Jahresfrist ohnehin nicht mehr möglich war) noch als unbefristetes Dauerarbeitsverhältnis, da wie die schriftliche Auskunft des Arbeitgebers auch bestätigte, nach wie vor nicht klar war, wie es mit der von der Klägerin vertretenen kranken Mitarbeiterin weiter gehe. Die Klägerin hätte daher begründeten Anlass gehabt, nicht allein auf diese Möglichkeit einer Übernahme in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis zu vertrauen, sondern sich vielmehr um eine neue (wenn möglich unbefristete) Beschäftigung zu bemühen. Die (nach Auffassung des Gesetzgebers) Obliegenheit, an die § 37 b SGB III anknüpft, ist letztlich Ausdruck einer Selbstverständlichkeit für jeden von Arbeitslosigkeit betroffenen bzw. bedrohten Arbeitnehmer, nämlich dafür Sorge zu tragen, so schnell wie möglich wieder in Arbeit zu kommen. Gründe, die dem hätten entgegenstehen können, sind hier weder geltend gemacht noch sonstwie ersichtlich.

Zu keiner anderen Bewertung führt hier insbesondere auch entgegen der Auffassung des SG die &8222;besondere&8220; Regelung in § 37 b Satz 2 SGB III für befristete Arbeitsverhältnisse, wonach im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses die Meldung jedoch frühestens 3 Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen hat. Nach Überzeugung des Senats ist nämlich dieser Regelung gerade auch vor dem Hintergrund der Begründung im Gesetzentwurf, wonach die Meldung persönlich zu erfolgen habe, damit sofort mit dem Arbeitsamt eine Vereinbarung über das gemeinsame Vorgehen erfolgen kann (Bundestagsdrucksache 15/25 S. 27 zu Nr. 6 zu § 37 b), eindeutig zu entnehmen, dass grundsätzlich auch für Arbeitnehmer, die in befristeten Arbeitsverhältnissen stehen, ab Kenntnis vom Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich eine Meldepflicht gegenüber der Beklagten besteht. Da allerdings auch befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Dauer von 6 Monaten, 9 Monaten oder auch 12 Monaten vorkommen können und es offensichtlich nach Auffassung des Gesetzgebers keinen Sinn macht, mögliche Vermittlungsbemühungen schon 6, 9 oder 12 Monate vorher beginnen zu lassen, ist die Regelung getroffen worden, dass in diesem Falle die Meldung eines in einem befristeten Arbeitsverhältnis Beschäftigten &8222;frühestens&8220; 3 Monate vor dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses zu erfolgen hat. Die Formulierung &8222;frühestens&8220; bedeutet jedoch entgegen der Auffassung des SG nach Ansicht des Senats keineswegs, dass es damit letztlich dem betroffenen Arbeitnehmer überlassen bleibt, zu welchem Zeitpunkt er sich nunmehr tatsächlich bei der Beklagten arbeitsuchend meldet, im Extremfall noch 1 Tag vorher ausreichend ist, sondern vielmehr, dass dies vor dem Hintergrund gesehen werden muss, dass es auch Beschäftigungsverhältnisse gibt, die etwa nur auf 1 oder 2 Monate befristet sind, sodass in diesen Fällen die betroffenen Arbeitnehmer sich &8222;frühestens&8220; 1 oder 2 Monate vor dem Beendigungszeitpunkt bei der Beklagten melden können und eben in diesem Sinne diese Regelung auch zu verstehen ist. Denn auch hier gilt die bereits oben angesprochene Selbstverständlichkeit für jeden Arbeitnehmer, dass er spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem er von der Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses Kenntnis hat (jedoch frühestens 3 Monate vorher) sich bei der Beklagten arbeitssuchend meldet.

Die Höhe des Änderungsbetrages errechnete die Beklagte zutreffend (Blatt 19 VA), wobei sie zunächst zu Lasten der Klägerin von einer Meldung erst am 22. März 2003 (so im Schreiben vom 19. April 2004) dann im Widerspruchsbescheid vom 27. April 2004 jedoch zutreffend von einer Arbeitslosmeldung am 18. März 2004 ausging. Dies hat sich allerdings letztlich nicht ausgewirkt, da auch in diesem Falle die "Verspätung" nach wie vor mehr als 30 Tage beträgt. Insoweit werden auch von der Klägerin keine Einwände erhoben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (Auslegung der Begriffe &8222;unverzüglich&8220; sowie &8222;frühestens&8220;) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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