L 11 KR 1634/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 1806/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1634/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Vojta-Liege stellt kein Hilfmittel dar. Sie dient der Ergänzung der Heilbehandlung.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. März 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung einer Vojta-Liege in Höhe von 2921,95 Euro streitig.

Der am 9. April 2002 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet an Spina bifida (angeborene Erkrankung des Rückenmarkskanals), wodurch nicht nur die Motorik der Beine und Füße, sondern auch die neurologische Funktion, beispielsweise der Blase und Produktion und der Ablauf des Nervenwassers, nachhaltig gestört sind. Er erhält deswegen seit dem 2. Lebensmonat zweimal wöchentlich Vojta-Therapie bei einem Physiotherapeuten. Zusätzlich führt seine Mutter die Übungen 2 bis 5-mal täglich mit dem Kläger durch.

Am 11. November 2002 verordnete deswegen der behandelnde Kinderarzt Dr. M. einen Vojta - Behandlungstisch, elektrisch höhenverstellbar mit abklappbarem Kopf- und Fußteil. Unter Vorlage eines Kostenvoranschlages des Sanitätshauses Storch und Beller beantragte der Kläger am 2. Dezember 2002, die Kosten für die Therapieliege zu übernehmen.

Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung nach Aktenlage durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Dr. S. kam zu dem Ergebnis, dass die höhenverstellbare Vojta-Therapieliege nicht als Hilfsmittel zur Abgabe in den häuslichen Bereich geeignet sei, sondern vielmehr als Einrichtungsgegenstand einer Physiotherapeutenpraxis gelte, in der über 8 Stunden Patienten aller Körpergrößen, unterschiedlichen Gewichtes und mit verschiedenen Störungsbildern behandelt würden. Für die Sicherstellung der Vojta-Beturnung im häuslichen Bereich werde im allgemeinen das Vorhandensein einer ausreichend dicken Gymnastikmatte für die Beturnung am Boden, aber auch auf einem Tisch mit entsprechend angepassten Tischbeinen, als ausreichend erachtet. Der Tisch bleibe dann aber ein angepasster Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Vor diesem Hintergrund könne eine Kostenübernahme nicht begründet werden.

Mit Bescheid vom 8. Januar 2003 lehnte die Beklagte darauf den Antrag mit der Begründung ab, die Vojta-Therapie könne auf einem Tisch durchgeführt werden, der als angepasster Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens nicht als Hilfsmittel angesehen werden könne.

Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass die Vojta-Übungen auf einer Bodenmatte nicht durchführbar seien, auf einem angepasstem Tisch nur bedingt. Um einen bestmöglichen Erfolg zu gewährleisten, sei eine optimale Position bei den Übungen erforderlich, die man nur mit einer höhenverstellbaren Therapieliege erreichen könne. Andere Familien mit Kindern gleicher Behinderung sei die Therapieliege als Hilfsmittel zur Verfügung gestellt worden. Beigefügt waren Befundberichte des O.-H. S. sowie eine Bescheinigung des Kinderarztes Dr. M., die beide die Notwendigkeit der Fortführung der krankengymnastischen Übungsbehandlung bestätigten.

Der nochmals befragte MDK (Dr. S.) führte aus, dass nur bei Kindern höheren Alters und größeren Körpergewichts die Bezuschussung einer höhenverstellbare Therapieliege zur Sicherstellung der regelmäßigen häuslichen Vojta-Beturnung im Rahmen der Satzungsmöglichkeiten nach § 43 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) als ergänzende Leistung zur Rehabilitation denkbar wäre. Ein erst 10 Monate alten Säugling könne aber noch auf einer ausreichend dicken Schaumstoffmatte, aufgelegt auf einem Tisch definierter Höhe, turnen. Die regelmäßige Vojta-Therapie im häuslichen Bereich sei allerdings unabdingbar und könne auch durch eine mehrfache Physiotherapeutenintervention pro Woche nicht ersetzt werden. Denn eine solche könne maximal an 3 bis 5 Tagen in der Woche, nicht aber mehrmals täglich stattfinden.

Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2003 den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Therapieliege nach Vojta sei nicht im Hilfsmittelverzeichnis gelistet, so dass eine Kostenübernahme grundsätzlich nicht erfolgen könne. Auch habe die Begutachtung durch den MDK ergeben, dass eine Kostenübernahme nicht empfohlen werden könne. Die notwendigen Übungsmaßnahmen könnten nämlich bei einem ca. 1-jährigen Kind auf einen geeigneten handelsüblichen Tisch mit aufgelegter dicker Schaumstoffmatte ausreichend durchgeführt werden. Insoweit sei auch unerheblich, ob Versicherte anderer Kassen mit dem begehrten Gerät versorgt wurden. Hierbei handele es sich um Einzelfallentscheidungen, auf die man sich nicht berufen könne.

Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, die erforderlichen 3 bis 5-mal täglichen krankengymnastischen Behandlungen könnten auf einer Bodenmatte nicht optimal durchgeführt werden, denn er müsse möglichst entspannt gelagert werden.

Am 1. Oktober 2003 wurde die Vojta-Liege geliefert und den Eltern des Klägers in Rechnung gestellt.

Mit Urteil vom 19. März 2004, der Beklagten zugestellt am 2. April 2004, gab das SG der Klage statt und verurteilte die Beklagte, dem Kläger die entstandenen Kosten durch die Vojta-Liege zu erstatten. Zur Begründung wurde ausgeführt, der beantragten Versorgung stehe nicht entgegen, dass die Vojta-Therapieliege vertragsärztlich nicht verordnet worden sei. Ein Anspruch auf Versorgung mit einem im Hilfsmittelverzeichnis nicht aufgeführten Hilfsmittel bestehe nämlich unabhängig vom Fehlen einer vertragsärztlichen Verordnung, wenn es im Einzelfall geeignet, notwendig und wirtschaftlich sei. Das sei bei dem Kläger der Fall. Bei der Therapieliege handele es sich zwar nicht um ein Hilfsmittel zum Ausgleich einer Behinderung und es sei auch nicht unmittelbar gegen die Behinderung gerichtet, solle aber - was ausreichend sei - im Einzelfall den Erfolg der Krankenbehandlung sichern. Der Einordnung eines Hilfsmittels stehe auch nicht entgegen, dass die Sicherstellung des Erfolgs der Krankenbehandlung durch Anwendungen durch die Mutter des Versicherten erfolgen solle. Nach dem Hilfsmittelverzeichnis sei insoweit vorgesehen, dass in Einzelfällen Lagerungshilfen auch bei anderen Krankheitsbildern als der Cystischen Fibrose eingesetzt werden könnten. Die Mutter des Klägers habe überzeugend im Termin zur mündlichen Verhandlung dargelegt, aus welchen Gründen zwischenzeitlich die erforderlichen Maßnahmen nicht mehr auf dem Boden oder auf einem handelsüblichen Tisch durchgeführt werden könnten. Dies werde auch durch die Darlegungen des Ergotherapeuten bestätigt.

Zur Begründung ihrer dagegen am 26. April 2004 eingelegten Berufung trägt die Beklagte vor, die Therapie nach Vojta könne nicht von medizinischen Laien durchgeführt werden. Diese würden lediglich angeleitet, bestimmte Elemente der Technik nach Vojta mit zu übernehmen, um den Behandlungserfolg durch Hilfestellungen und Anleitungen zu eigenen Übungen zu gewährleisten. Bei den Behandlungstechniken nach Vojta sei eine Therapieliege nicht zwingend erforderlich. Bei der Vojta-Liege handele es sich auch nicht um ein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern um Praxisausstattung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. März 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und lässt ergänzend vortragen, dass die Tatsache, dass das Hilfsmittel nicht im Hilfsmittelkatalog gelistet sei, die Hilfsmitteleigenschaften nicht ausschließe. Denn bei dem Hilfsmittelverzeichnis handele es sich nur um eine unverbindliche Auslegungshilfe, die nicht dazu diene, den Anspruch des Versicherten einzuschränken. Er hat hierzu die ärztliche Verordnung sowie die Rechnung vom 1. Oktober 2003 vorlegen lassen.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat eine Auskunft bei dem IKK-Bundesverband sowie dem Medizinischen Dienst des Spitzenverbände der Krankenkassen IV - Fachbereich Hilfsmittel - (MDS) eingeholt.

Der IKK Bundesverband teilte mit, dass es sich nach Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen bei der Vojta-Behandlungsliege nicht um ein Hilfsmittel im Sinne des § 32 SGB V handle. Denn die Hilfsmitteleigenschaft setzte voraus, dass ein Produkt zur Selbstanwendung durch den Betroffenen im häuslichen Bereich geeignet sei. Die Vojta-Behandlungsliege stelle jedoch ausschließlich eine Erleichterung für denjenigen da, der die gymnastischen Übungen mit dem Betroffenen durchführe. Die anwenderfreundliche Gestaltung eines Produktes begründe aber keine Hilfsmitteleigenschaft. Ein therapeutischer Nutzen für den Betroffenen gehe nämlich von dem Produkt nicht aus. Auch sei die Vojta-Behandlungsliege vornehmlich zum Einsatz in Arztpraxen, physiotherapeutischen und anderen Einrichtungen geeignet. Auch deswegen könne das Produkt grundsätzlich nicht als Hilfsmittel angesehen werden.

Der Chirurg und Sozialmediziner Dr. K. vom MDS hat ausgeführt, dass es sich bei der Vojta-Therapie um ein neurophysiologisch orientiertes Bahnungssystem zur Wiederherstellung physiologischer Bewegungsmuster, die durch angeborene oder erworbene Läsionen des zentralen Nervensystems blockiert seien, handele. Diese Behandlung dürfe deswegen nur von speziell ausgebildeten Physiotherapeuten erbracht werden und zwar in deren Praxis. Die Vojta-Therapieliege sei daher insbesondere für die professionelle Behandlung in der physiotherapeutischen Praxis konzipiert worden. Lediglich ergänzend würden zuhause Übungen durchgeführt. Hierzu würden medizinische Laien angeleitet, bestimmte Elemente der Technik nach Vojta mit zu übernehmen, um den Behandlungserfolg durch Hilfestellungen und Anleitungen zu Eigenübungen zu gewährleisten. Demgegenüber würden bei Mukoviszidose die Patienten - insbesondere bei Atemstörungen - Eigenübungsprogramme (autogene Lagerungsdrainage) selbständig durchführen. Das Hilfsmittelverzeichnis sehe zwar eine Produktart für Therapieliegen zu Mukoviszidosebehandlung vor, in der Praxis verhalte es sich jedoch so, dass bei den Spitzenverbänden der Krankenkassen bisher von Hilfsmittelherstellern keine Anträge zur Aufnahme von Mukosviszidose-Therapieliegen in das Hilfsmittelverzeichnis gestellt worden wären. Es existierten zwar Produktarten, in der solche Therapieliegen gelistet werden könnten, jedoch seien keine Einzelprodukte verzeichnet. Er hat hierzu Produktbeschreibungen beigefügt.

Am 24. März 2005 wurde ein Erörterungstermin durchgeführt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und statthaft, da die erforderliche Berufungssumme von 500,- Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten wird.

Der Senat hat vorliegend von einer Beiladung anderer Rehabilitationsträger abgesehen, da die beklagte Krankenkasse den Antrag des Klägers nach § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) nicht weitergeleitet, sondern den Anspruch in eigener Zuständigkeit geprüft hat, so dass eine der Entscheidung des BSG (Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R) vergleichbare Konstellation nicht besteht. Vielmehr muss in einem solchen Fall die sich für zuständig für den Leistungsanspruch erachtende Beklagte das Begehren des Klägers unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten prüfen und ggfs. in eigener Zuständigkeit die Leistung erbringen (Gagel, Träger- übergreifende Fallbehandlung statt Antragsabwicklung als Grundprinzip des SGB IX, SGb 2004, 464, 466). Auch im Hinblick auf mögliche Erstattungsansprüche scheidet dann eine Beiladung aus, da mangels Weiterleitung des Antrags nach § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX ein Erstattungsanspruch gegen einen anderen Rehabilitationsträger ohnehin weitgehend ausgeschlossen ist und mögliche Erstattungsansprüche die Notwendigkeit einer Beiladung im Leistungsstreit nicht begründen können (BSGE 61, 66, 68). Dass hier eine Beiladung ausscheidet, gilt weiter umso mehr, als eine Verurteilung derselben nach § 75 Abs. 5 SGG ausscheidet, weil andere Rehabilitationsträger nicht leistungspflichtig sind (BSG SozR 1500 § 75 Nr. 74). Denn einem Leistungsanspruch nach § 31 SGB IX steht die fehlende Hilfsmitteleigenschaft entgegen (dazu siehe unten). Deswegen ist hier auch ein Anspruch nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ausgeschlossen, weil eine Besserstellung von Empfängern von Eingliederungshilfe gegenüber Rehabilitationsleistungen aus anderen Leistungssystemen zu vermeiden ist (Voelzke in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB XII, § 44 Rdnr. 56).

Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid vom 8. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Erstattung der ihm durch die Beschaffung der Vojta-Liege entstandenen Kosten.

Rechtsgrundlage hierfür ist § 13 Abs. 3 zweite Alternative SGB V. Nach dieser Vorschrift sind, wenn eine Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

Insofern fehlt es nicht bereits an dem erforderlichen Kausalzusammenhang. Die Kosten dürfen zwar grundsätzlich erst nach Ablehnung durch die Krankenkasse entstanden sein (BSG SozR 3 - 2500 § 13 Nr. 15). D. h. der Versicherte muss sich vor jeder Therapieentscheidung in zumutbarem Umfang um die Gewährung des Hilfsmittels als Sachleistung bemühen, also zuvor mit der Krankenkasse Kontakt aufgenommen und deren Entscheidung abgewartet haben. Diesen vorgesehenen Beschaffungsweg hat der Kläger eingehalten. Es lag sowohl eine ärztliche Verordnung der Vojta-Liege vor, nämlich die von Dr. M. vom 11. November 2002. Auch wurde das Hilfsmittel ausweislich der Rechnung vom 1. Oktober 2003 erst nach dem ablehnenden Bescheid vom 8. Januar 2003 bestellt.

Dessen ungeachtet hat die Beklagte den Leistungsanspruch des Klägers nicht zu Unrecht abgelehnt. Der Senat ist nach den überzeugenden und in sich schlüssigen Auskünften des IKK Bundesverbandes wie auch der Stellungnahme von Dr. K. von MDS zu der Überzeugung gelangt, dass es der Vojta-Liege bereits an der erforderlichen Hilfsmitteleigenschaft fehlt.

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (erste Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (zweite Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Hiernach kommen als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung auch Geräte in Betracht, die den Erfolg einer Heilbehandlung bei einer Anwendung durch den Versicherten selbst sicher stellen sollen (BSG Urteil vom 30. Januar 2001, B 3 KR 6/00 R, SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 39).

Dies ist bei der Vojta-Liege nicht der Fall. Hier fehlt es nach den überzeugenden Darlegungen von Dr. K. an dem erforderlichen therapeutischen Nutzen für den Kläger selbst. Die anwenderfreundliche Gestaltung eines Produkts begründet, wie der IKK Bundesverband zu Recht hervorgehoben hat, keine Hilfsmitteleigenschaft. Im Unterschied zu der Lagerungshilfe bei Mukoviszidose, mit deren Hilfe Körperabschnitte in therapeutisch sinnvolle Stellungen, nämlich zum Abfluss des Bronchialsekrets, gebracht und dort gehalten werden können (vgl. Definition und Indikation der Produktgruppe 20 "Lagerungshilfen"), ist die Vojta-Liege nämlich lediglich höhenverstellbar. Sie dient damit allein einer erleichterten Behandlung. Der Therapeut wird dadurch in die Lage versetzt, entsprechend seiner eigenen Körpergröße die Höhe der Therapieliege einzustellen und so für ihn bequem die Therapie durchzuführen. Es fehlt daher daran, dass die Lagerungshilfe Körperabschnitte in therapeutisch sinnvolle Stellungen bringt und dort hält (so aber die Produktbeschreibung der Produktgruppe 20 Lagerungshilfen). Aus diesem Grunde wird die Vojta-Liege zu Recht als Praxiseinrichtung für Physiotherapeuten und andere Einrichtungen eingeordnet.

Gegen die Hilfsmitteleigenschaft und für eine Einordnung der Vojta-Liege als Praxisausstattung spricht weiter, dass nur die Physiotherapeuten die Vojta-Therapie in vollem Umfang durchführen, die häuslichen Übungen hingegen, für deren Durchführung die Vojta-Liege vorliegend gedacht ist, lediglich eine (tägliche) Ergänzung der Heilbehandlung darstellen. Die Vojta-Behandlung muss daher insgesamt als Heilmittel nach § 32 SGB V eingeordnet werden. Dies rechtfertigt auch, dass für die Anwendung eine qualifizierte Ausbildung erforderlich ist, deren Qualitätsanforderungen in Rahmenempfehlungen nach § 125 SGB V niedergelegt sind. Auch aus diesem Grunde fehlt es an einer Vergleichbarkeit mit der Mukoviszidose-Klopftherapie, bei der die Eigenübungen nicht bloß eine Ergänzung der krankengymnastischen Behandlung darstellen und auch von medizinischen Laien durchgeführt werden können.

Einem Anspruch steht schließlich entgegen, dass es an jeglicher Listung der Vojta-Liege im Hilfsmittelverzeichnis fehlt. Nach Nr. 8 der Heil- und Hilfsmittelrichtlinien, die nach § 91 Abs. 9 SGB V für den Leistungsanspruch des Versicherten im Einzelfall verbindlich sind, dürfen Hilfsmittel zu Lasten der Krankenkassen nämlich nur verordnet werden, sofern sie von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung erfasst und im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sind. Nr. 8 der Heil- und Hilfsmittelrichtlinien enthält demnach eine Übernahme des Hilfsmittelverzeichnisses im Sinne einer dynamischen Verweisung (BSG SozR 3-2500 § 139 Nr 1).

Nach alledem war die Berufung der Beklagten stattzugeben und das angefochtene Urteil des SG Karlsruhe aufzuheben, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved