L 4 P 608/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 P 1855/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 608/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Gewährung von Leistungen nach Pflegestufe I im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) zu Recht wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse zum 30. Mai 2003 eingestellt hat.

Der am 1978 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Er leidet an einem Kleinwuchs bei Hypochondrodysplasie, einer Fehlstellung der Wirbelsäule bei mehrmaligen Aufrichtungsoperationen wegen Deformitäten sowie an einer Blasen-Mastdarm-Störung durch Rückenmarksschädigung. Bei ihm ist nach dem früheren Schwerbehindertengesetz (SchwbG) ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 sowie die Merkzeichen G und RF anerkannt. Der Kläger ist mit einer Strumpfanziehhilfe, einem Hilfsmittel zur Intimreinigung nach Stuhlgang sowie mit Einmalkathetern zum Selbstkatheterisieren der Harnblase versorgt. Er bewohnt zusammen mit seinen Eltern eine Zweizimmerwohnung im zweiten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses. Die Pflege wird überwiegend von der Mutter übernommen. Bis 31. Oktober 2003 absolvierte er eine mehrjährige Ausbildung zum Industriefachhelfer im Berufsbildungswerks (BBW) W. R. in S.; seinerzeit war er in dem dem BBW angeschlossenen Internat untergebracht und kehrte lediglich alle vierzehn Tage am Wochenende sowie in den Ferien in den Haushalt der Eltern zurück. Seit dem Ende der Ausbildung hält er sich wieder dauerhaft im elterlichen Haushalt auf.

Mit Bescheid vom 19. Mai 1995 hatte die Beklagte dem Kläger ab 01. April 1995 Pflegegeld nach Pflegestufe I bewilligt. Dieser Entscheidung lag das Gutachten des Arztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. S. vom 10. Mai 1995 zugrunde, der beim Kläger aufgrund einer Untersuchung vom selben Tag im häuslichen Bereich einen Hilfebedarf beim Duschen/Baden (zwei- bis dreimal wöchentlich), bei der Darm-/Blasenentleerung (drei- bis viermal täglich Blasenentleerung mittels Einmalkatheter), beim An-/Auskleiden (zweimal täglich) sowie beim Aufstehen/Zu-Bett-Gehen, Gehen, Treppensteigen und Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung (jeweils fallweise) festgestellt hatte.

Im Hinblick auf die festgestellte Rentenversicherungspflicht der Pflegeperson und die geänderte Pflegesituation während der Ausbildung des Klägers veranlasste die Beklagte eine gutachtliche Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), die Dr. Q. vom MDK in W. am 16. Mai 2003 im häuslichen Bereich durchführte. In ihrem Gutachten vom 19. Mai 2003 führte sie aus, der Kläger wiege bei einer Größe von 125 cm 56 kg und könne sich trotz seines Minderwuchses in der Wohnung frei bewegen. Seine verkürzten oberen Extremitäten habe der Kläger, soweit sie reichten, aktiv und uneingeschränkt einsetzen können. Nacken- und Schürzengriff seien möglich gewesen, während er sich zu den Zehen nur mühsam habe strecken können und dabei über Gleichgewichtsstörungen geklagt habe. Der Kläger habe sich auch selbstständig absetzen und aufstehen können, ebenso sei der Lagewechsel im Bett aktiv möglich gewesen. Im Bereich der Körperpflege verneinte Dr. Q. einen Hilfebedarf, weil der Kläger sich mit Einmalkathetern selbst katheterisiere und die Darmlähmung so trainiert sei, dass sich der Darm beim Aufsuchen der Toilette je nach Füllungszustand selbst entleere. Zur Säuberung des Darmausgangs sei er mit einem Hilfsmittel versorgt, das er selbstständig handhabe. Da er das Rücken und Füße waschen durch eine Badebürste mit langem Stiel selbst erledige, sei im Bereich der Körperpflege keine Hilfe notwendig. Auch bei der Ernährung bestehe kein Hilfebedarf. Im Bereich der Mobilität sah Dr. Q. einmal täglich einen Hilfebedarf im Umfang von einer Minute beim Ankleiden, und zwar für das Zuschnüren der Schuhe. Die Schwierigkeit, mit den kurzen Armen die Füße zu erreichen, sei durch eine Strumpfanziehhilfe kompensiert, mit der der Kläger Schuhe und Strümpfe anziehen könne. Zusammenfassend führte Dr. Q. aus, dass der Kläger eigenständig Auto fahre und seit der letzten Begutachtung so selbstständig geworden sei, dass er sein Leben mit entsprechender Hilfsmittelunterstützung und wohnumbauverändernden Maßnahmen durchaus auch alleine führen könne. Der tägliche Hilfebedarf bei den grundpflegerischen Verrichtungen sei minimal, werde jedoch zu Hause durch die Mutter aus Gewohnheit in größerem Umfang fortgeführt als dies notwendig sei (beispielsweise Waschen von Füßen und Rücken). Im Internat sei der Kläger diesbezüglich selbstständig. Mit Bescheid vom 28. Mai 2003 führte die Beklagte dem Kläger gegenüber aus, er sei im Vergleich zum letzten Besuch weitgehend selbstständig geworden, wodurch der tägliche Hilfebedarf nicht mehr die geforderten 45 Minuten täglich erreiche. Ab 01. Juni 2003 würden daher keine Leistungen der Pflegeversicherung mehr erbracht. Im Widerspruchsverfahren verwies der Kläger auf den bei ihm festgestellten GdB von 90 sowie darauf, dass er nicht selber baden, sich nicht selber anziehen, nichts selber tragen (Gewichte von mehr als drei kg) und sich die Socken nicht selber anziehen könne, da das Bücken ein Problem sei. Die Beklagte holte die Stellungnahme des Allgemeinarztes H. vom 22. Oktober 2003 ein und veranlasste das Gutachten nach Aktenlage der Pflegefachkraft E. vom 12. November 2003, die im Hinblick auf die Stellungnahme des Arztes H., der wegen der barrierefreien Bedingungen im BBW Hilfestellungen lediglich beim An- und Ausziehen der Schuhe und Socken sowie beim Duschen für erforderlich erachtete, den Grundpflegebedarf mit täglich vierzehn Minuten beurteilte. Da der angegebene Hilfebedarf beim An- und Auskleiden von Schuhen und Socken sowie beim Duschen auf das Waschen der Füße und des Rückens übertragen werden müsse, sei neben dem Hilfebedarf beim An- und Ausziehen von Schuhen und Socken im Umfang von sechs Minuten auch ein Hilfebedarf beim Waschen von Rücken und Füßen von täglich acht Minuten zu bejahen. Der Kläger hielt nach Mitteilung des Ergebnisses dieses Gutachtens an seinem Widerspruch fest und legte das vom 03. bis 10. Dezember 2003 von seinen Eltern geführte Pflegetagebuch vor. Die daraufhin nochmals hinzugezogene Pflegefachkraft E. erachtete in ihrer Stellungnahme vom 17. Dezember 2003 ihre bisherige Einschätzung als zutreffend und verwies im Hinblick auf die angegebenen Hilfeleistungen beim Waschen und Ausscheiden auf die entsprechende Hilfsmittelausstattung und die dadurch erlangte Selbstständigkeit; eventuell liege eine überprotektive Hilfe vor. Mit Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 04. März 2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Dagegen erhob der Kläger am 22. März 2004 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart Klage und machte geltend, seit 01. November 2003 wieder im elterlichen Haushalt zu leben. Er benötige Hilfe beim An- und Ausziehen von Unterwäsche, Socken, Hosen und Schuhen, bei der Körperreinigung von Kopf und Unterleib, bis zu sechsmal täglich beim Katheterisieren, bis zu dreimal täglich bei der Körperreinigung nach Dickdarmentleerung, beim Ein- und Ausstieg in die bzw. aus der Badewanne, beim Auf- und Absetzen beim Toilettengang sowie ferner beim Einkaufen, Kochen, Treppensteigen, der Wohnungsreinigung sowie dem Reinigen und Richten der Wäsche. Diese Hilfen habe er gleichermaßen auch während der Ausbildungszeit benötigt. Der im Klageverfahren von der Sachverständigen K. ermittelte Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege von zwölf Minuten werde seiner Situation nicht gerecht. Zum einen sei seine Mutter als Pflegeperson fachlich nicht ausgebildet und zum anderen sei es objektiv unmöglich, in nur acht Minuten Hilfestellung beim Waschen, Duschen und Eincremen des Unterleibs in dem erforderlichen Umfang zu geben. Unberücksichtigt geblieben sei bei den Verrichtungen der Mobilität im Übrigen das Schneiden der Fußnägel sowie im Bereich der Ernährung das Auftragen der Nahrung. Auch im Bereich der Mobilität reichten die angenommenen vier Minuten nicht aus, da er nicht allein Treppen steigen und die Wohnung, um notwendige Dinge zu erledigen, nicht allein verlassen könne. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunktes mit dem Hinweis entgegen, die Tätigkeiten Einkaufen, Kochen, Wohnungsreinigung sowie Reinigen und Richten der Wäsche seien der hauswirtschaftlichen Versorgung, nicht aber der Grundpflege zuzurechnen. Das SG erhob das nach Untersuchung im häuslichen Bereich erstattete Gutachten der examinierten Altenpflegerin K. vom 01. September 2004 und wies die Klage mit Urteil vom 14. Dezember 2004 im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Hilfebedarf des Klägers erreiche nicht mehr den erforderlichen Mindestaufwand, weshalb die Beklagte die Zahlung von Pflegegeld zu Recht eingestellt habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des den Bevollmächtigten des Klägers am 20. Januar 2005 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.

Dagegen richtet sich die am 15. Februar 2005 schriftlich durch Fernkopie beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Klägers, mit der er im Wesentlichen geltend macht, er benötige für das Haare waschen, das Waschen von Unterkörper, Rücken, Beinen und Füßen sowie das entsprechende Abtrocknen Unterstützung. Aus prophylaktischen Gründen bedürfe seine Haut der besonderen Pflege, um eine Verschlechterung durch Irritationen und Mykosen zu vermeiden. Hilfe benötige er insoweit bei den genannten Körperpartien. Zudem sei Hilfe beim Schneiden der Fußnägel sowie bei der Hygiene nach der Miktion und Defäkation erforderlich, wobei die Katheterisierung sechsmal täglich durchgeführt werde. Insgesamt belaufe sich der Hilfebedarf bei der Körperpflege auf 50 Minuten täglich. Im Bereich der Mobilität sei unberücksichtigt geblieben, dass er Hilfe auch für die Entnahme der Kleidung aus dem Schrank benötige. Unrealistisch seien die für das An- und Ausziehen zugrunde gelegten vier Minuten; er benötige mindestens jeweils weitere vier Minuten. Hinzu komme, dass er sich nicht nur einmal täglich an- und auskleide; so habe er beispielsweise Arzttermine wahrzunehmen, bei denen zusätzliches An- und Auskleiden anfalle. Nicht berücksichtigt habe das SG ferner, dass er keine Treppen bewältigen könne; diese Verrichtung falle an, da er beispielsweise in ständiger ärztlicher Behandlung stehe. Er könne auch nicht alleine spazieren gehen; um eine Verschlechterung seines Zustandes zu vermeiden, sei dies erforderlich. Damit bestehe im Bereich der Grundpflege ein Hilfebedarf von deutlich mehr als 45 Minuten täglich.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Dezember 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. März 2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat den Bewilligungsbescheid vom 19. Mai 1995 sowie das Gutachten des MDK vom 10. Mai 1995 vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2003 in unveränderter Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. März 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Pflegegeldzahlung zum 31. Mai 2003 eingestellt hat. Denn der Unterstützungsbedarf des Klägers im Bereich der grundpflegerischen Verrichtungen hat sich seit der Bewilligung von Leistungen nach Pflegestufe I mit Bescheid vom 19. Mai 1995 wesentlich verringert und erreichte ab 01. Juni 2003 nicht mehr den insoweit erforderlichen Mindestaufwand von mehr als 45 Minuten täglich im Bereich der Grundpflege.

Das SG hat die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden rechtlichen Grundlagen zutreffend dargestellt, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verweist. Zutreffend ist das SG im Ergebnis auch davon ausgegangen, dass sich der Hilfebedarf des Klägers im Vergleich zu dem Zustand, wie er noch dem Bescheid vom 19. Mai 1995 zugrunde gelegen hat, im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) wesentlich verringert hat und jedenfalls ab 01. Juni 2003 nicht mehr den Umfang erreicht hat, wie er für eine Zuordnung zu Pflegestufe I erforderlich ist. Dies ergibt sich aus einem Vergleich der Feststellungen in dem Gutachten des Dr. S. vom 10. Mai 1995 einerseits und den Ausführungen in den im Jahr 2003 erstatteten Gutachten des Dr. Q. und der Pflegefachkraft E., den eigenen Angaben des Klägers im Widerspruchsverfahren sowie den Ausführungen des Arztes H. in seiner Stellungnahme zum Hilfebedarf vom 22. Oktober 2003 andererseits. Danach ist eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne der dargestellten Regelung insbesondere dadurch eingetreten, dass der noch im Mai 1995 beschriebene Hilfebedarf bei der Darm- und Blasenentleerung im Zeitpunkt der nunmehr angefochtenen Entscheidung nicht mehr bestand, der Kläger insoweit selbstständig geworden war und daher diesbezüglich keine Unterstützung mehr benötigte. So hat Dr. Q. in ihrem Gutachten vom 19. Mai 2003 schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass sich der Kläger, der zwischenzeitlich eine Ausbildung absolvierte und internatsmäßig untergebracht war, mit Einmalkathetern selbstständig katheterisiert und auch im Bereich der Darmentleerung Unterstützung nicht mehr benötigt habe, nachdem der Darm so trainiert sei, dass er sich beim Aufsuchen der Toilette je nach Füllungszustand selbst entleere und auch die anschließende Säuberung mit einem Hilfsmittel vom Kläger selbstständig vorgenommen werden könne. Die Richtigkeit dieser Angaben sieht der Senat zum einen durch die zeitnahen Ausführungen des Arztes H. in seiner Stellungnahme vom 22. Oktober 2003 bestätigt, der insoweit ebenfalls keinen Unterstützungsbedarf angegeben, einen solchen vielmehr lediglich für das An- und Ausziehen von Schuhen und Socken sowie beim Duschen beschrieben hatte. Zum anderen hat im Widerspruchsverfahren auch der Kläger selbst bezogen auf die Darm- und Blasenentleerung keinen Hilfebedarf angegeben. So beschrieb er im Rahmen seiner am 13. Juni 2003 bei der Beklagten eingegangenen Ausführungen lediglich einen Hilfebedarf beim Baden, Anziehen, Tragen von Gewichten über drei kg sowie beim Anziehen von Socken wegen Schwierigkeiten beim Bücken. Auch in dem dann am 12. Dezember 2003 eingegangenen weiteren Schreiben machte der Kläger keinen Hilfebedarf bei der Darm- und Blasenentleerung geltend. Damit steht im Hinblick auf die Ausführungen der Dr. Q., der Pflegefachkraft E., die eigenen Angaben des Klägers sowie die Stellungnahme des Arztes H. fest, dass der Kläger zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt Mai/Juni 2003 lediglich noch beim An- und Ausziehen von Socken und Schuhen sowie beim Waschen bzw. Duschen von Füßen und Beinen der Hilfe Dritter bedurfte. Da diese Unterstützungsleistungen jedoch nur einen geringfügigen Zeitaufwand erforderten, der mit den von der Pflegefachkraft E. beschriebenen vierzehn Minuten täglich ausreichend bewertet ist, ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagten die Erfüllung der Voraussetzungen für die Zuordnung zu Pflegestufe I ab 01. Juni 2003 nicht mehr als erfüllt angesehen und die Leistungen zu diesem Zeitpunkt eingestellt hat.

Der Senat kann offen lassen, ob mit dem im Gutachten des Dr. S. vom 10. Mai 1995 beschriebenen Hilfebedarf, dem keine konkreten Zeitangaben zugeordnet worden waren, der für eine Zuordnung zu Pflegestufe I erforderliche Mindestaufwand von mehr als 45 Minuten täglich im Bereich der Grundpflege überhaupt erreicht wurde. Denn selbst wenn dies tatsächlich nicht der Fall gewesen wäre und sich die seinerzeitige Bewilligungsentscheidung vom 19. Mai 1995 daher als rechtswidrig darstellen würde, stünde dies einer Rückstufung in die so genannte Pflegestufe 0 nicht entgegen. Denn im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist unabhängig vom konkreten Umfang des seinerzeit bestehenden Hilfebedarfs eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten, nämlich einer Verringerung des Unterstützungsbedarfs im Bereich der Körperpflege, die eine Rückstufung in die niedrigere Pflegestufe rechtfertigt.

Dem kann im Hinblick auf das Gutachten der Sachverständigen K., die auf Veranlassung des SG unter dem 01. September 2004 aufgrund eines am selben Tag durchgeführten Hausbesuchs ein Gutachten erstattet und im Bereich der Blasen- und Darmentleerung einen Hilfebedarf von vier Minuten täglich ermittelt hat, auch nicht entgegen gehalten werden, bei diesen Verrichtungen lasse sich eine wesentliche Änderung nicht feststellen, weil der Kläger insoweit selbst im Jahr 2004 noch einen Unterstützungsbedarf hatte. Denn dem erwähnten Sachverständigengutachten ist schon nicht zu entnehmen, ob die insoweit angegebenen und von der Pflegeperson erbrachten Unterstützungsleistungen auch tatsächlich erbracht werden mussten oder ob demgegenüber eine überprotektive Hilfe vorlag. Weiter hat die Sachverständige für ihre Zeitangaben offenbar auch den Untersuchungszeitpunkt am 01. September 2004 zugrunde gelegt, nicht aber berücksichtigt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides der Zustand ist, wie er im Mai 2003 bestanden hat. Damit können aus dem Sachverständigengutachten der Altenpflegerin K. für den für die Anfechtungsklage hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt keine dem Kläger günstigen Gesichtspunkte hergeleitet werden, zumal dem Gutachten gerade auch der ausdrückliche Hinweis des Klägers zu entnehmen ist, dass sich sein Hilfebedarf in den letzten Wochen und Monaten verschlechtert habe und eine selbstständige Lebensführung nicht mehr zulasse. Im Hinblick darauf ist auch auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren nicht weiter einzugehen, da auch diese Darlegungen offenbar lediglich den aktuellen Zustand beschreiben, nicht jedoch den Zustand, der im Mai 2003 objektiv vorgelegen hat.

Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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