Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 SO 2292/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 5536/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Gemischte Bedarfsgemeinschaft; Mischregelsatz
Bei einer Bedarfsgemeinschaft zwischen einem Leistungsberechtigten nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und einer (volljährigen) Bezieherin von Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ist bei beiden ein Mischregelsatz von 90 vom Hundert der Regelleistung zugrunde zu legen, unabhängig davon, wer Haushaltsvorstand ist. Dadurch ist gewährleistet, dass dieser Bedarfsgemeinschaft insgesamt 180 vom Hundert des Eckregelsatzes zur Verfügung stehen, wie es sowohl im System des SGB II als auch dem des SGB XII vorgesehen ist.
Bei einer Bedarfsgemeinschaft zwischen einem Leistungsberechtigten nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und einer (volljährigen) Bezieherin von Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ist bei beiden ein Mischregelsatz von 90 vom Hundert der Regelleistung zugrunde zu legen, unabhängig davon, wer Haushaltsvorstand ist. Dadurch ist gewährleistet, dass dieser Bedarfsgemeinschaft insgesamt 180 vom Hundert des Eckregelsatzes zur Verfügung stehen, wie es sowohl im System des SGB II als auch dem des SGB XII vorgesehen ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der am 1933 geborene Kläger, der seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für über 65-Jährige nach dem 4. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) bezieht, begehrt die Gewährung eines höheren monatlichen Regelsatzes, eines höheren Mehrbedarfs sowie von Leistungen für die Fußpflege.
Der Kläger und seine am 1949 geborene Ehefrau bezogen bis 31. Dezember 2004 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Mit Bescheid vom 25. Januar 2005 setzte das Landratsamt R die dem Kläger zustehenden Leistung ab Januar 2005 neu fest und legte der Berechnung dabei einen Regelsatz gemäß § 42 Satz 1 Nr. 1, § 28 SGB XII in Höhe von 310,50 Euro zugrunde. Der Mehrbedarf wegen Alters gemäß § 42 Satz 1 Nr. 3, § 30 Satz 1 SGB XII wurde auf 52,79 Euro festgesetzt. Aufgrund dessen bezog der Kläger im Zeitraum Januar/Februar 2005 neben dem Altersruhegeld in Höhe von 597,26 Euro monatlich ergänzende Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von insgesamt 190,16 Euro (115,16 Euro Grundsicherung + 75,00 Euro Pflegegeld). Durch Bescheid vom 14. März 2005 wurden die laufenden Leistungen nach dem SGB XII geändert; die bewilligten Leistungen belaufen sich auf insgesamt 228,66 Euro (190,16 Euro Grundsicherung + 75,- Euro Pflegegeld). Die Ehefrau des Klägers bezog von Januar 2005 bis Mai 2006 Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Nach Feststellung ihrer Erwerbsunfähigkeit bezieht sie seit Juni 2006 ebenfalls Leistungen nach dem SGB XII.
Gegen den Bescheid vom 25. Januar 2005 erhob der Kläger am 1. Februar 2005 Widerspruch und machte geltend, ihm stehe der volle Regelsatz in Höhe von 345,- Euro zu sowie ein daraus zu berechnender Mehrbedarf wegen Alters in Höhe von 59,40 Euro. Für die Fußpflege habe er bisher 16,87 Euro erhalten, was bei der Neufestsetzung nicht berücksichtigt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2005 wies das Landratsamt R den Widerspruch zurück mit der Begründung, der Träger der Leistungen nach dem SGB II erbringe für die Ehefrau des Klägers Alg II unter Zugrundelegung eines Regelsatzes nach § 20 Abs. 3 Satz l SGB II in Höhe von 90 v. H. des sogenannten Eckregelsatzes (311,- Euro). Damit stehe dem Kläger der Eckregelsatz nicht in voller Höhe zu. Dieser könne sozialhilferechtlich nur einmal vergeben werden und betrage beim Alg II und bei der Sozialhilfe einheitlich 345,- Euro. Für über 14 Jahre alte Haushaltsangehörige betrage der Regelsatz 276,00 Euro und wäre für den Kläger zu gering angesichts der Tatsache, dass auch seine Ehefrau nicht den vollen Eckregelsatz erhalte. Sozialhilferechtlich sei somit ein sogenannter Mischregelsatz zu bilden nach dem Durchschnitt aus dem Eckregelsatz und dem Regelsatz für über 14 Jahre alte Haushaltsangehörige, der 310,50 Euro betrage. Hieraus errechne sich auch der Mehrbedarf mit 17 v. H. für über 65-jährige Personen, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen G besitzen. Der Mehrbedarf betrage daher nicht 59,40 Euro, sondern nur 52,79 Euro. Auch in Bezug auf die Kosten für die Fußpflege sei der Widerspruch unbegründet, denn dieser Bedarf sei mit dem Regelsatz abgedeckt, wie sich aus § 28 Abs. l Satz l SGB XII ergebe. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII (Regelsatzverordnung -RSV-) umfasse der Regelsatz auch die Gesundheitspflege und damit die Fußpflege.
Am 20. April 2005 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und seine Auffassung wiederholt, wonach er als Haushaltsvorstand einen Regelsatz in Höhe von 345,- Euro verlangen könne sowie daraus resultierend einen Mehrbedarf in Höhe von 59,40 Euro. Aufgrund der Besitzstandsklausel stehe ihm auch weiterhin ein monatlicher Mehrbedarf für Fußpflege in Höhe von 16,87 Euro zu.
Mit Urteil vom 19. Oktober 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, streitbefangener Zeitraum sei der vom 1. Januar bis 28. Februar 2005; der anschließende Zeitraum sei Gegenstand des Urteils vom gleichen Tag im Verfahren S 11 SO 2290/05. Der Kläger habe in diesem streitbefangenen Zeitraum keinen Anspruch auf Zugrundelegung eines Regelsatzes in Höhe von 345,- Euro, eines entsprechend hieraus berechneten Mehrbedarfs in Höhe von 59,40 Euro sowie eines weiteren zusätzlichen Bedarfs in Höhe von 16,87 Euro für Fußpflege. Der Kläger gehöre zum Kreis der Leistungsberechtigten nach § 41 Abs. l SGB XII. Der Umfang der Grundsicherungsleistungen umfasse nach § 42 Satz l Nr. l SGB XII den für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28 XII. Hiernach werde der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts anhand von Regelsätzen bestimmt. Die Regelsätze würden nach § 28 Abs. 2 SGB XII durch Rechtsverordnung festgelegt. Nach § 3 der Verordnung zur Durchführung von § 28 SGB XII betrage der Regelsatz für den Haushaltsvorstand 100 % des Eckregelsatzes und für alle sonstigen Haushaltsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, 80 % des Eckregelsatzes. Der Eckregelsatz sei in der Verordnung der Landesregierung über die Festsetzung der Regelsätze in der Sozialhilfe vom 14. Dezember 2004 auf 345,- Euro festgesetzt worden. Einem Ehepaar, das Leistungen nach dem SGB XII beziehe, stehe demnach zusammen ein Regelbedarf von 180 % des Eckregelsatzes zu. Vorliegend beziehe die Ehefrau des Klägers Leistungen nach dem SGB II. Nach § 20 Abs. 2 SGB II betrage die monatliche Regelleistung für einen Alleinstehenden ebenfalls 345,- Euro. Nach § 20 Abs. 3 SGB II betrage bei Ehepaaren die Regelleistung für jeden Ehepartner 90 %, insgesamt also 180 % für die Bedarfsgemeinschaft. Die Ehefrau des Klägers erhalte bereits eine Regelleistung in Höhe von 90 % von 345,- Euro. Würde man dem Kläger in dieser Situation Leistungen nach § 28 SGB XII i.V.m. § 3 der Durchführungsverordnung gewähren, so würden er und seine Ehefrau insgesamt entweder 190 % des Eckregelsatzes - als Haushaltsvorstand - oder nur 170 % des Eckregelsatzes - als sonstiger Haushaltsangehöriger - erhalten. Gesetzlich vorgesehen sei jedoch sowohl nach dem SGB II als auch nach dem SGB XII, dass ein Ehepaar einen Regelbedarf von zusammen 180 % des Eckregelsatzes erhalten solle. Für den Kläger verbleibe daher ein Regelbedarf in Höhe von 90 % des Regelsatzes, also 310,50 Euro im Monat. Aus diesem Regelsatz errechne sich auch der nach §§ 42 Satz l Nr. 3, 30 Abs. l Nr. l SGB XII zu gewährende Mehrbedarf wegen Alters, der nach § 30 Abs. l SGB XII 17 % des maßgeblichen Regelsatzes betrage. Hieraus errechne sich demgemäß ein Mehrbedarfszuschlag in Höhe von 52,79 Euro. Mehrbedarfszuschläge, z. B. für Fußpflege, sehe das Gesetz nicht vor. Der notwendige Lebensunterhalt umfasse Haut- und Körperpflegeartikel, Haarpflegemittel sowie entsprechende Dienstleistungen, wie Friseurleistungen oder Fußpflege. Ein entsprechender Bedarf sei daher aus der Regelleistung zu bestreiten. Unabhängig von der Frage, ob dem Kläger dieser Bedarf unter Geltung des BSHG zu Recht gewährt wurde, sei der Sozialhilfeträger dem Beklagten jedenfalls mit Inkrafttreten des SGB XII nicht mehr an frühere Bewilligungen gebunden, die den neuen Bestimmungen widersprächen. Hierauf könne - auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes - kein Anspruch bestehen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das dem Kläger am 23. November 2005 zugestellte Urteil verwiesen.
Hiergegen richtet sich die am 23. Dezember 2005 zum Landessozialgericht eingelegte Berufung, mit welcher der Kläger sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Oktober 2005 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 2005 Grundsicherungsleistungen unter Zugrundelegung eines monatlichen Regelsatzes in Höhe von 345,- Euro, eines Mehrbedarfs in Höhe von 59,40 Euro sowie eines weiteren zusätzlichen Bedarfs in Höhe von 16,87 Euro für Fußpflege zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das ergangene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung ist zulässig; insbesondere ist sie wegen der bindenden Zulassung durch das SG statthaft (§ 144 Abs. 3 SGG). Die Berufung ist aber unbegründet.
Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass streitbefangener Zeitraum nur der von Januar bis Februar 2005 ist; über den nachfolgenden Leistungszeitraum ab März 2005 ist durch rechtskräftiges Urteil des SG vom 19. Oktober 2005 (S 11 SO 2290/05) entschieden worden. Die Berechnung der dem Kläger in diesem Zeitraum zustehenden Grundsicherungsleistungen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Hierbei ist zunächst von den Einkommensverhältnissen der Ehefrau des Klägers auszugehen, die damals Leistungsbezieherin nach §§ 19 ff. SGB II war und neben den hälftigen Kosten der Unterkunft Regelleistungen in Höhe von monatlich 311,00 Euro gemäß § 20 Abs. 3 SGB II erhielt. Hiervon ausgehend begegnet die Entscheidung des Landratsamts, bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen des Klägers ebenfalls (nur) einen Bedarf in Höhe von 90 % des - nach SGB II wie nach SGB XII gleich hohen - Eckregelsatzes anzusetzen, keinen rechtlichen Bedenken.
Der Senat teilt den vom SG vertretenen Ansatz, dass bei einer Bedarfsgemeinschaft eines volljährigen Grundsicherungsberechtigten nach dem 4. Kapitel des SGB XII mit einem volljährigen Bezieher von Arbeitslosengeld II für beide ein Mischregelsatz von 90 % des aktuellen Eckregelsatzes zugrunde zu legen ist. Die Reduzierung der Regelleistungen auf diesen Wert im Leistungssystem des SGB II (vgl. § 20 Abs. 3 SGB II) entspricht dem von der Rechtsprechung zum bis zum 31. Dezember 2004 geltenden BSHG entwickelten sogenannten Mischregelsatz (dazu VGH Baden-Württemberg, B. v. 30. August 2004 - 12 S 1588/00 - ZFSH/SGB 2005, 41 m.w.N.). Zwar hat sich der Gesetzgeber des SGB XII diese Judikatur, die nun im Rahmen des § 20 Abs. 3 SGB II normativ umgesetzt worden ist, nicht zu eigen gemacht. Er hat vielmehr in § 28 Abs. 1 und 2 SGB XII i.V.m. § 3 der Regelsatzverordnung (RSV) an dem (überkommenen) System festgehalten, wonach bei der Festsetzung der Regelsätze zwischen einem Haushaltsvorstand und sonstigen Haushaltsangehörigen differenziert wird. Allerdings ergibt sich auch unter Anwendung dieser Bestimmungen im Falle einer "reinen" SGB XII-Bedarfsgemeinschaft mit zwei Angehörigen - wie hier - eine Gesamtregelsatz von nicht mehr als 180 % des Eckregelsatzes, wenngleich zusammengesetzt aus 100 % für den Haushaltsvorstand und 80 % für den sonstigen Haushaltsangehörigen ab Vollendung des 14. Lebensjahres.
Diese gesetzliche Konzeption hindert indessen nicht, in einer Bedarfsgemeinschaft, die sich aus einem Leistungsberechtigten nach dem SGB II und einem nach dem SGB XII zusammensetzt, entsprechend der vorgenannten Judikatur zum BSHG bei beiden Berechtigten einen Mischregelsatz in Höhe von 90 % des Eckregelsatzes anzusetzen. Dies erscheint schon deshalb angebracht, weil der Gesetzgeber, wenngleich über unterschiedliche dogmatische Ansätze, sowohl bei der Grundsicherung für Erwerbsfähige nach dem SGB II als auch bei der für Erwerbsunfähige nach dem SGB XII, eine Obergrenze von 180 % des Eckregelsatzes für Bedarfsgemeinschaften mit zwei Angehörigen festgelegt hat. Eine abweichende Behandlung der - vom Gesetzgeber offenbar übersehenen bzw. jedenfalls nicht normierten - Konstellation einer "gemischten" Bedarfsgemeinschaft eines Leistungsberechtigten nach SGB XII mit einer Berechtigten nach SGB II wäre nicht nur unter Gleichheitsgesichtspunkten unvereinbar mit dem Wertungssystem des § 20 Abs. 3 SGB II und § 28 Abs. 1 und 2 SGB XII i.V.m. § 3 RSV. Eine Gleichstellung einer solchen Bedarfsgemeinschaft erscheint auch mit Blick auf § 28 SGB II gerechtfertigt, der nicht erwerbsfähigen Angehörigen eines erwerbsfähigen Leistungsbeziehers nach dem SGB II dem Grunde nach einen Anspruch auf Sozialgeld gewährt, soweit diesen kein Anspruch auf - die hier in Rede stehenden - Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII zusteht.
Ein Mischregelsatz von 90 % des Eckregelsatzes für beide Angehörige einer "gemischten" Haushaltsgemeinschaft ist nicht nur dann angemessen, wenn nicht festgestellt werden kann, wer tatsächlich Haushaltsvorstand i.S.v. § 3 Abs. 1 RSV ist, etwa weil beide Personen in vollem Umfang auf staatliche Unterstützungsleistungen - womöglich in gleicher Höhe - angewiesen sind (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Dezember 2005 - L 15 B 1095/05 SO - (juris)). Er ist auch dann anzusetzen, wenn - wie vorliegend der Kläger - ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft im maßgeblichen Zeitraum zusätzlich zu den (ergänzenden) Leistungen nach dem SGB XII eine Altersrente bezog - die er sich allerdings auf die SGB XII-Leistungen anrechnen lassen musste - und daher potentiell in größerem Umfang als der andere für die "Generalunkosten" des Haushalts aufkam. Denn für die Höhe der individuellen Regelleistungen der Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft ist es nach der Intention des § 20 Abs. 3 SGB II rechtlich unbeachtlich, wer innerhalb dieser Gemeinschaft Haushaltsvorstand ist. Diese Zweckrichtung des § 20 Abs. 3 SGB II würde im Falle einer "gemischten" Bedarfsgemeinschaft konterkariert, wenn im Rahmen der Bemessung des Regelsatzes des nach SGB XII Berechtigten geprüft werden müsste, ob dieser Haushaltsvorstand ist oder nicht mit der Folge, dass - je nachdem - für die Bedarfsgemeinschaft ein Eckregelsatz von zusammen (nur) 170 % oder aber von 190 % anzusetzen wäre.
Die Höhe der Regelleistungen als solche - 311,00 Euro je Mitglied der Bedarfsgemeinschaft - begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken und garantiert den Betreffenden (noch) das sozio-kulturelle Existenzminimum, also die Möglichkeit, in der Umgebung von Nichthilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben (vgl. BVerwGE 97, 376; 94, 336; 92, 6 m.w.N.). Die gerichtliche Überprüfung hat sich insoweit darauf zu beschränken, ob der gesetzliche Rahmen eingehalten wurde, sich die Regelsatzfestsetzung auf ausreichende Erfahrungswerte stützen kann und die der Festsetzung zugrunde liegenden Wertungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben vertretbar sind. Hiervon ist vorliegend auszugehen (ebenso Bayerisches LSG, Urteil vom 18.05.2006 - L 11 AS 111/05 -, juris). Substantiierte Darlegungen seitens des Klägers, dass dieses soziokulturelle Existenzminimum in seinem bzw. im Falle seiner Ehefrau nicht gewährleistet wäre, sind nicht erfolgt.
Sind nach den obigen Ausführungen beim Kläger monatliche Regelleistungen in Höhe von 311,00 Euro anzusetzen, so ergibt sich hinsichtlich des Mehrbedarfszuschlages nach § 42 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 30 Abs. 1 Nr.1 SGB XII der vom Beklagten angesetzte Betrag von 52,79 Euro, der 17 % des maßgebenden Regelsatzes beträgt; maßgebend in diesem Sinne ist der Regelsatz, der für die Person, die die Voraussetzungen der Mehrbedarfszuschläge erfüllt, einschlägig ist (W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl. § 30 Rdnr. 3), beim Kläger also 90 % des Eckregelsatzes. Durchgreifende Bedenken gegen diese pauschalierende Bemessung des Mehrbedarfs bestehen im Hinblick darauf, dass dadurch nicht nur eine für die Verwaltung aufwändige, sondern auch die Leistungsberechtigten belastende Bedarfsfeststellung im Einzelfall vermieden wird, nicht (vgl. Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, § 30 Rdnr. 1).
Schließlich ist die Entscheidung des SG auch insoweit nicht zu beanstanden, als die Bewilligung eines Mehrbedarfs für Fußpflege bzw. einer hierauf bezogenen (einmaligen) Beihilfe unter Hinweis auf den Katalog des § 2 Abs. 2 RSV nicht in Betracht kommt; ein dahin gehender Bedarf ist aus dem Regelsatz zu bestreiten. Dass diese Leistungen (möglicherweise) unter Geltung des BSHG erbracht wurden, vermag hieran nichts zu ändern. Denn unabhängig von der Frage, ob dem Kläger der entsprechende Mehrbedarf zu Recht bis Ende 2004 anerkannt worden ist, ist der Beklagte jedenfalls mit der Rechtsänderung des Sozialhilfe- und Grundsicherungsrechts zum 1. Januar 2005 nicht mehr an frühere Bewilligungen gebunden. Eine über die Bestimmungen des SGB XII hinaus gehende Leistungsgewährung verstieße gegen die zwingenden Regelungen des Gesetzes. Darauf kann - auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes - kein Anspruch bestehen. Die grundlegenden Reformen des Sozialhilferechts durch die genannte Rechtsänderung haben die Grundlagen für die Gewährung der Leistungen im bisherigen Umfang und des darauf möglicherweise aufbauenden Vertrauens beseitigt (vgl. Beschluss des Senats vom 23. März 2005 - L 7 SO 674/05 ER-B -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der am 1933 geborene Kläger, der seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für über 65-Jährige nach dem 4. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) bezieht, begehrt die Gewährung eines höheren monatlichen Regelsatzes, eines höheren Mehrbedarfs sowie von Leistungen für die Fußpflege.
Der Kläger und seine am 1949 geborene Ehefrau bezogen bis 31. Dezember 2004 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Mit Bescheid vom 25. Januar 2005 setzte das Landratsamt R die dem Kläger zustehenden Leistung ab Januar 2005 neu fest und legte der Berechnung dabei einen Regelsatz gemäß § 42 Satz 1 Nr. 1, § 28 SGB XII in Höhe von 310,50 Euro zugrunde. Der Mehrbedarf wegen Alters gemäß § 42 Satz 1 Nr. 3, § 30 Satz 1 SGB XII wurde auf 52,79 Euro festgesetzt. Aufgrund dessen bezog der Kläger im Zeitraum Januar/Februar 2005 neben dem Altersruhegeld in Höhe von 597,26 Euro monatlich ergänzende Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von insgesamt 190,16 Euro (115,16 Euro Grundsicherung + 75,00 Euro Pflegegeld). Durch Bescheid vom 14. März 2005 wurden die laufenden Leistungen nach dem SGB XII geändert; die bewilligten Leistungen belaufen sich auf insgesamt 228,66 Euro (190,16 Euro Grundsicherung + 75,- Euro Pflegegeld). Die Ehefrau des Klägers bezog von Januar 2005 bis Mai 2006 Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Nach Feststellung ihrer Erwerbsunfähigkeit bezieht sie seit Juni 2006 ebenfalls Leistungen nach dem SGB XII.
Gegen den Bescheid vom 25. Januar 2005 erhob der Kläger am 1. Februar 2005 Widerspruch und machte geltend, ihm stehe der volle Regelsatz in Höhe von 345,- Euro zu sowie ein daraus zu berechnender Mehrbedarf wegen Alters in Höhe von 59,40 Euro. Für die Fußpflege habe er bisher 16,87 Euro erhalten, was bei der Neufestsetzung nicht berücksichtigt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2005 wies das Landratsamt R den Widerspruch zurück mit der Begründung, der Träger der Leistungen nach dem SGB II erbringe für die Ehefrau des Klägers Alg II unter Zugrundelegung eines Regelsatzes nach § 20 Abs. 3 Satz l SGB II in Höhe von 90 v. H. des sogenannten Eckregelsatzes (311,- Euro). Damit stehe dem Kläger der Eckregelsatz nicht in voller Höhe zu. Dieser könne sozialhilferechtlich nur einmal vergeben werden und betrage beim Alg II und bei der Sozialhilfe einheitlich 345,- Euro. Für über 14 Jahre alte Haushaltsangehörige betrage der Regelsatz 276,00 Euro und wäre für den Kläger zu gering angesichts der Tatsache, dass auch seine Ehefrau nicht den vollen Eckregelsatz erhalte. Sozialhilferechtlich sei somit ein sogenannter Mischregelsatz zu bilden nach dem Durchschnitt aus dem Eckregelsatz und dem Regelsatz für über 14 Jahre alte Haushaltsangehörige, der 310,50 Euro betrage. Hieraus errechne sich auch der Mehrbedarf mit 17 v. H. für über 65-jährige Personen, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen G besitzen. Der Mehrbedarf betrage daher nicht 59,40 Euro, sondern nur 52,79 Euro. Auch in Bezug auf die Kosten für die Fußpflege sei der Widerspruch unbegründet, denn dieser Bedarf sei mit dem Regelsatz abgedeckt, wie sich aus § 28 Abs. l Satz l SGB XII ergebe. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII (Regelsatzverordnung -RSV-) umfasse der Regelsatz auch die Gesundheitspflege und damit die Fußpflege.
Am 20. April 2005 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und seine Auffassung wiederholt, wonach er als Haushaltsvorstand einen Regelsatz in Höhe von 345,- Euro verlangen könne sowie daraus resultierend einen Mehrbedarf in Höhe von 59,40 Euro. Aufgrund der Besitzstandsklausel stehe ihm auch weiterhin ein monatlicher Mehrbedarf für Fußpflege in Höhe von 16,87 Euro zu.
Mit Urteil vom 19. Oktober 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, streitbefangener Zeitraum sei der vom 1. Januar bis 28. Februar 2005; der anschließende Zeitraum sei Gegenstand des Urteils vom gleichen Tag im Verfahren S 11 SO 2290/05. Der Kläger habe in diesem streitbefangenen Zeitraum keinen Anspruch auf Zugrundelegung eines Regelsatzes in Höhe von 345,- Euro, eines entsprechend hieraus berechneten Mehrbedarfs in Höhe von 59,40 Euro sowie eines weiteren zusätzlichen Bedarfs in Höhe von 16,87 Euro für Fußpflege. Der Kläger gehöre zum Kreis der Leistungsberechtigten nach § 41 Abs. l SGB XII. Der Umfang der Grundsicherungsleistungen umfasse nach § 42 Satz l Nr. l SGB XII den für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28 XII. Hiernach werde der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts anhand von Regelsätzen bestimmt. Die Regelsätze würden nach § 28 Abs. 2 SGB XII durch Rechtsverordnung festgelegt. Nach § 3 der Verordnung zur Durchführung von § 28 SGB XII betrage der Regelsatz für den Haushaltsvorstand 100 % des Eckregelsatzes und für alle sonstigen Haushaltsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, 80 % des Eckregelsatzes. Der Eckregelsatz sei in der Verordnung der Landesregierung über die Festsetzung der Regelsätze in der Sozialhilfe vom 14. Dezember 2004 auf 345,- Euro festgesetzt worden. Einem Ehepaar, das Leistungen nach dem SGB XII beziehe, stehe demnach zusammen ein Regelbedarf von 180 % des Eckregelsatzes zu. Vorliegend beziehe die Ehefrau des Klägers Leistungen nach dem SGB II. Nach § 20 Abs. 2 SGB II betrage die monatliche Regelleistung für einen Alleinstehenden ebenfalls 345,- Euro. Nach § 20 Abs. 3 SGB II betrage bei Ehepaaren die Regelleistung für jeden Ehepartner 90 %, insgesamt also 180 % für die Bedarfsgemeinschaft. Die Ehefrau des Klägers erhalte bereits eine Regelleistung in Höhe von 90 % von 345,- Euro. Würde man dem Kläger in dieser Situation Leistungen nach § 28 SGB XII i.V.m. § 3 der Durchführungsverordnung gewähren, so würden er und seine Ehefrau insgesamt entweder 190 % des Eckregelsatzes - als Haushaltsvorstand - oder nur 170 % des Eckregelsatzes - als sonstiger Haushaltsangehöriger - erhalten. Gesetzlich vorgesehen sei jedoch sowohl nach dem SGB II als auch nach dem SGB XII, dass ein Ehepaar einen Regelbedarf von zusammen 180 % des Eckregelsatzes erhalten solle. Für den Kläger verbleibe daher ein Regelbedarf in Höhe von 90 % des Regelsatzes, also 310,50 Euro im Monat. Aus diesem Regelsatz errechne sich auch der nach §§ 42 Satz l Nr. 3, 30 Abs. l Nr. l SGB XII zu gewährende Mehrbedarf wegen Alters, der nach § 30 Abs. l SGB XII 17 % des maßgeblichen Regelsatzes betrage. Hieraus errechne sich demgemäß ein Mehrbedarfszuschlag in Höhe von 52,79 Euro. Mehrbedarfszuschläge, z. B. für Fußpflege, sehe das Gesetz nicht vor. Der notwendige Lebensunterhalt umfasse Haut- und Körperpflegeartikel, Haarpflegemittel sowie entsprechende Dienstleistungen, wie Friseurleistungen oder Fußpflege. Ein entsprechender Bedarf sei daher aus der Regelleistung zu bestreiten. Unabhängig von der Frage, ob dem Kläger dieser Bedarf unter Geltung des BSHG zu Recht gewährt wurde, sei der Sozialhilfeträger dem Beklagten jedenfalls mit Inkrafttreten des SGB XII nicht mehr an frühere Bewilligungen gebunden, die den neuen Bestimmungen widersprächen. Hierauf könne - auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes - kein Anspruch bestehen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das dem Kläger am 23. November 2005 zugestellte Urteil verwiesen.
Hiergegen richtet sich die am 23. Dezember 2005 zum Landessozialgericht eingelegte Berufung, mit welcher der Kläger sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Oktober 2005 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 2005 Grundsicherungsleistungen unter Zugrundelegung eines monatlichen Regelsatzes in Höhe von 345,- Euro, eines Mehrbedarfs in Höhe von 59,40 Euro sowie eines weiteren zusätzlichen Bedarfs in Höhe von 16,87 Euro für Fußpflege zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das ergangene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung ist zulässig; insbesondere ist sie wegen der bindenden Zulassung durch das SG statthaft (§ 144 Abs. 3 SGG). Die Berufung ist aber unbegründet.
Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass streitbefangener Zeitraum nur der von Januar bis Februar 2005 ist; über den nachfolgenden Leistungszeitraum ab März 2005 ist durch rechtskräftiges Urteil des SG vom 19. Oktober 2005 (S 11 SO 2290/05) entschieden worden. Die Berechnung der dem Kläger in diesem Zeitraum zustehenden Grundsicherungsleistungen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Hierbei ist zunächst von den Einkommensverhältnissen der Ehefrau des Klägers auszugehen, die damals Leistungsbezieherin nach §§ 19 ff. SGB II war und neben den hälftigen Kosten der Unterkunft Regelleistungen in Höhe von monatlich 311,00 Euro gemäß § 20 Abs. 3 SGB II erhielt. Hiervon ausgehend begegnet die Entscheidung des Landratsamts, bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen des Klägers ebenfalls (nur) einen Bedarf in Höhe von 90 % des - nach SGB II wie nach SGB XII gleich hohen - Eckregelsatzes anzusetzen, keinen rechtlichen Bedenken.
Der Senat teilt den vom SG vertretenen Ansatz, dass bei einer Bedarfsgemeinschaft eines volljährigen Grundsicherungsberechtigten nach dem 4. Kapitel des SGB XII mit einem volljährigen Bezieher von Arbeitslosengeld II für beide ein Mischregelsatz von 90 % des aktuellen Eckregelsatzes zugrunde zu legen ist. Die Reduzierung der Regelleistungen auf diesen Wert im Leistungssystem des SGB II (vgl. § 20 Abs. 3 SGB II) entspricht dem von der Rechtsprechung zum bis zum 31. Dezember 2004 geltenden BSHG entwickelten sogenannten Mischregelsatz (dazu VGH Baden-Württemberg, B. v. 30. August 2004 - 12 S 1588/00 - ZFSH/SGB 2005, 41 m.w.N.). Zwar hat sich der Gesetzgeber des SGB XII diese Judikatur, die nun im Rahmen des § 20 Abs. 3 SGB II normativ umgesetzt worden ist, nicht zu eigen gemacht. Er hat vielmehr in § 28 Abs. 1 und 2 SGB XII i.V.m. § 3 der Regelsatzverordnung (RSV) an dem (überkommenen) System festgehalten, wonach bei der Festsetzung der Regelsätze zwischen einem Haushaltsvorstand und sonstigen Haushaltsangehörigen differenziert wird. Allerdings ergibt sich auch unter Anwendung dieser Bestimmungen im Falle einer "reinen" SGB XII-Bedarfsgemeinschaft mit zwei Angehörigen - wie hier - eine Gesamtregelsatz von nicht mehr als 180 % des Eckregelsatzes, wenngleich zusammengesetzt aus 100 % für den Haushaltsvorstand und 80 % für den sonstigen Haushaltsangehörigen ab Vollendung des 14. Lebensjahres.
Diese gesetzliche Konzeption hindert indessen nicht, in einer Bedarfsgemeinschaft, die sich aus einem Leistungsberechtigten nach dem SGB II und einem nach dem SGB XII zusammensetzt, entsprechend der vorgenannten Judikatur zum BSHG bei beiden Berechtigten einen Mischregelsatz in Höhe von 90 % des Eckregelsatzes anzusetzen. Dies erscheint schon deshalb angebracht, weil der Gesetzgeber, wenngleich über unterschiedliche dogmatische Ansätze, sowohl bei der Grundsicherung für Erwerbsfähige nach dem SGB II als auch bei der für Erwerbsunfähige nach dem SGB XII, eine Obergrenze von 180 % des Eckregelsatzes für Bedarfsgemeinschaften mit zwei Angehörigen festgelegt hat. Eine abweichende Behandlung der - vom Gesetzgeber offenbar übersehenen bzw. jedenfalls nicht normierten - Konstellation einer "gemischten" Bedarfsgemeinschaft eines Leistungsberechtigten nach SGB XII mit einer Berechtigten nach SGB II wäre nicht nur unter Gleichheitsgesichtspunkten unvereinbar mit dem Wertungssystem des § 20 Abs. 3 SGB II und § 28 Abs. 1 und 2 SGB XII i.V.m. § 3 RSV. Eine Gleichstellung einer solchen Bedarfsgemeinschaft erscheint auch mit Blick auf § 28 SGB II gerechtfertigt, der nicht erwerbsfähigen Angehörigen eines erwerbsfähigen Leistungsbeziehers nach dem SGB II dem Grunde nach einen Anspruch auf Sozialgeld gewährt, soweit diesen kein Anspruch auf - die hier in Rede stehenden - Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII zusteht.
Ein Mischregelsatz von 90 % des Eckregelsatzes für beide Angehörige einer "gemischten" Haushaltsgemeinschaft ist nicht nur dann angemessen, wenn nicht festgestellt werden kann, wer tatsächlich Haushaltsvorstand i.S.v. § 3 Abs. 1 RSV ist, etwa weil beide Personen in vollem Umfang auf staatliche Unterstützungsleistungen - womöglich in gleicher Höhe - angewiesen sind (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Dezember 2005 - L 15 B 1095/05 SO - (juris)). Er ist auch dann anzusetzen, wenn - wie vorliegend der Kläger - ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft im maßgeblichen Zeitraum zusätzlich zu den (ergänzenden) Leistungen nach dem SGB XII eine Altersrente bezog - die er sich allerdings auf die SGB XII-Leistungen anrechnen lassen musste - und daher potentiell in größerem Umfang als der andere für die "Generalunkosten" des Haushalts aufkam. Denn für die Höhe der individuellen Regelleistungen der Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft ist es nach der Intention des § 20 Abs. 3 SGB II rechtlich unbeachtlich, wer innerhalb dieser Gemeinschaft Haushaltsvorstand ist. Diese Zweckrichtung des § 20 Abs. 3 SGB II würde im Falle einer "gemischten" Bedarfsgemeinschaft konterkariert, wenn im Rahmen der Bemessung des Regelsatzes des nach SGB XII Berechtigten geprüft werden müsste, ob dieser Haushaltsvorstand ist oder nicht mit der Folge, dass - je nachdem - für die Bedarfsgemeinschaft ein Eckregelsatz von zusammen (nur) 170 % oder aber von 190 % anzusetzen wäre.
Die Höhe der Regelleistungen als solche - 311,00 Euro je Mitglied der Bedarfsgemeinschaft - begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken und garantiert den Betreffenden (noch) das sozio-kulturelle Existenzminimum, also die Möglichkeit, in der Umgebung von Nichthilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben (vgl. BVerwGE 97, 376; 94, 336; 92, 6 m.w.N.). Die gerichtliche Überprüfung hat sich insoweit darauf zu beschränken, ob der gesetzliche Rahmen eingehalten wurde, sich die Regelsatzfestsetzung auf ausreichende Erfahrungswerte stützen kann und die der Festsetzung zugrunde liegenden Wertungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben vertretbar sind. Hiervon ist vorliegend auszugehen (ebenso Bayerisches LSG, Urteil vom 18.05.2006 - L 11 AS 111/05 -, juris). Substantiierte Darlegungen seitens des Klägers, dass dieses soziokulturelle Existenzminimum in seinem bzw. im Falle seiner Ehefrau nicht gewährleistet wäre, sind nicht erfolgt.
Sind nach den obigen Ausführungen beim Kläger monatliche Regelleistungen in Höhe von 311,00 Euro anzusetzen, so ergibt sich hinsichtlich des Mehrbedarfszuschlages nach § 42 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 30 Abs. 1 Nr.1 SGB XII der vom Beklagten angesetzte Betrag von 52,79 Euro, der 17 % des maßgebenden Regelsatzes beträgt; maßgebend in diesem Sinne ist der Regelsatz, der für die Person, die die Voraussetzungen der Mehrbedarfszuschläge erfüllt, einschlägig ist (W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl. § 30 Rdnr. 3), beim Kläger also 90 % des Eckregelsatzes. Durchgreifende Bedenken gegen diese pauschalierende Bemessung des Mehrbedarfs bestehen im Hinblick darauf, dass dadurch nicht nur eine für die Verwaltung aufwändige, sondern auch die Leistungsberechtigten belastende Bedarfsfeststellung im Einzelfall vermieden wird, nicht (vgl. Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, § 30 Rdnr. 1).
Schließlich ist die Entscheidung des SG auch insoweit nicht zu beanstanden, als die Bewilligung eines Mehrbedarfs für Fußpflege bzw. einer hierauf bezogenen (einmaligen) Beihilfe unter Hinweis auf den Katalog des § 2 Abs. 2 RSV nicht in Betracht kommt; ein dahin gehender Bedarf ist aus dem Regelsatz zu bestreiten. Dass diese Leistungen (möglicherweise) unter Geltung des BSHG erbracht wurden, vermag hieran nichts zu ändern. Denn unabhängig von der Frage, ob dem Kläger der entsprechende Mehrbedarf zu Recht bis Ende 2004 anerkannt worden ist, ist der Beklagte jedenfalls mit der Rechtsänderung des Sozialhilfe- und Grundsicherungsrechts zum 1. Januar 2005 nicht mehr an frühere Bewilligungen gebunden. Eine über die Bestimmungen des SGB XII hinaus gehende Leistungsgewährung verstieße gegen die zwingenden Regelungen des Gesetzes. Darauf kann - auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes - kein Anspruch bestehen. Die grundlegenden Reformen des Sozialhilferechts durch die genannte Rechtsänderung haben die Grundlagen für die Gewährung der Leistungen im bisherigen Umfang und des darauf möglicherweise aufbauenden Vertrauens beseitigt (vgl. Beschluss des Senats vom 23. März 2005 - L 7 SO 674/05 ER-B -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
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