L 10 U 3775/06 AK-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 6629/05 AK-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3775/06 AK-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Strittig ist die Erstattung außergerichtlicher Kosten eines abgeschlossenen Klageverfahrens.

Der Kläger erlitt am 2. November 1999 einen Arbeitsunfall. Unklar war zunächst, ob die Beklagte oder die Berufsgenossenschaft für G. und W. (BGW) zuständig ist.

Die Beklagte erlangte durch ein Schreiben der AOK vom 7. September 2000 von dem Unfall Kenntnis. Sie erbat nähere Angaben des Klägers, die dieser mit Schreiben vom 14. November 2000 machte. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 22. März 2001 auf, bis 30. März 2001 eine Sachstandsmitteilung zu geben sowie ihre Eintrittspflicht anzuerkennen. Mit Verfügung vom 12. April 2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es sei gegenwärtig nicht möglich, über die Entschädigungsleistungen zu entscheiden, weil die Zuständigkeit noch nicht geklärt sei, doch behandle man die Unfallsache vorerst als erstangegangener Unfallversicherungsträger.

Am 17. April 2001 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben, mit dem Begehren, die Beklagte zu verurteilen, den Vorfall vom 2. November 1999 als Unfall anzuerkennen und hierfür Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen. Auf Hinweis des SG hat der Kläger mit Schreiben vom 26. Juli 2001, am 30. Juli 2001 beim SG eingegangen, erklärt, die Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig. Mit Schreiben vom 8. August 2001 hat die BGW dem Kläger erklärt, sie sei der für den Unfall zuständige Unfallversicherungsträger, und eigene Ermittlungen eingeleitet. Der Anregung des SG vom 17. Juli 2001, die Untätigkeitsklage zurückzunehmen, u. a. mit Hinweis auf diese Erklärung, ist der Kläger nicht gefolgt. Im Erörterungstermin vom 16. April 2002 hat das SG auf Antrag des Klägers und der Beklagten das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Nachdem die BGW die Gewährung von Verletztenrente abgelehnt und der Kläger seine deswegen erhobene weitere Klage, S 9 U 4805/04, mit Schriftsatz vom 11. Januar 2005 zurückgenommen hatte, hat er am 19. August 2005 das ruhende Verfahren wieder angerufen und den Rechtsstreit für "erledigt" erklärt sowie beantragt, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Das SG hat mit Beschluss vom 9. Mai 2006 entschieden, außergerichtliche Kosten seien nicht zu erstatten.

Gegen den ihm am 15. Mai 2006 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 14. Juni 2006 Beschwerde eingelegt, der das SG mit Beschluss vom 26. Juli 2006 nicht abgeholfen hat.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des SG habe die Untätigkeitsklage zum Zeitpunkt des 17. Juli 2001 Aussicht auf Erfolg gehabt und am 16. April 2002 seien die Voraussetzungen der Untätigkeitsklage ohne Zweifel gegeben gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. Mai 2006 aufzuheben und zu entscheiden, dass die Beklagte seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Kläger habe erstmals am 26. März 2001 einen Antrag gestellt. Er habe eine Zwischennachricht erhalten und am 27. Juli 2001 habe sich die BGW für zuständig erklärt und den Kläger darüber im August 2001 informiert.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Akten des SG sowie der Beklagten und der BGW Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach Abs. 1 Satz 3 dieser Bestimmung entscheidet das Gericht auf - den hier vom Kläger gestellten - Antrag durch Beschluss, ob in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren - wie hier - anders als durch Urteil beendet wird. Die Entscheidung hat unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu erfolgen.

Der Kläger hat zunächst eine Leistungsklage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 2. November 1999 als (Arbeits-) Unfall anzuerkennen und ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Diese Leistungsklage ist schon deswegen unzulässig gewesen, weil es an der erforderlichen vorausgegangenen Verwaltungsentscheidung gefehlt hat.

Soweit der Kläger mit Schreiben vom 26. Juli 2001 erklärt hat, die Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig und werde "auch nicht als Leistungsklage verstanden", ist dies als Klageänderung zu werten. Die Untätigkeitsklage ist damit erst mit Eingang dieses Schriftsatzes am 30. Juli 2001 erhoben gewesen. Zu diesem Zeitpunkt haben die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Untätigkeitsklage nicht vorgelegen, denn die Untätigkeitsklage ist nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes zulässig (§ 88 Abs. 1 Satz 1 SGG). Ein Antrag auf Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall hat aber frühestens auf Grund des Schreibens vom 22. März 2001 vorgelegen. Er ist als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Untätigkeitsklage auch dann erforderlich, wenn die Behörde von Amts wegen entscheiden muss (Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 8. Auflage 2005, § 88 Rdnr. 3).

Es kann offen bleiben, ob die Untätigkeitsklage zu einem späteren Zeitpunkt zulässig geworden ist. Sie ist dann jedenfalls unbegründet gewesen. Denn die Beklagte hat mit zureichendem Grund den Antrag des Klägers nicht beschieden. Der Antrag des Klägers vom 22. März 2001 zielte zum einen auf eine Sachstandmitteilung - diese wurde dem Kläger im April 2001 gegeben - und zum anderen auf Klarheit über die Eintrittspflicht (Zuständigkeit) der Beklagten und Anerkennung als Arbeitsunfall, wobei letzteres gegenüber der Frage der Zuständigkeit logisch nachrangig war. Nachdem aber die BGW bereits im August 2001 ihre Zuständigkeit anerkannt hatte, hat für den Kläger kein unmittelbares Interesse mehr daran bestanden, eine zeitnahe Entscheidung der Beklagten über seinen Antrag zu erhalten. Dies hat offenbar auch der Kläger so gesehen, weil er in der mündlichen Verhandlung vom 16. April 2002 das Ruhen des Verfahrens beantragt und damit sein Begehren auf Bescheidung seines Antrages vom März 2001 zurückgestellt hat. Wie die Beklagte, die ebenfalls das Ruhen des Verfahrens beantragt hat, ist also auch der Kläger inhaltlich davon ausgegangen, dass eine Entscheidung der Beklagten derzeit nicht erforderlich gewesen ist. Dies kann nur dahin interpretiert werden, dass die Beteiligten übereinstimmend und völlig zutreffend einen zureichenden Grund für die Zurückstellung einer Entscheidung über den Antrag vom März 2001 bejaht haben.

Die Beschwerde ist deswegen zurückzuweisen. Hierauf und auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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