L 11 KR 1417/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 5295/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1417/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. März 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für das Präparat "Pregomin AS" zur Behandlung einer intraktablen Diarrhoe in der Zeit von Mai bis Oktober 2003 in Höhe von 754,- EUR.

Bei dem im Oktober 2002 geborenen, bei der Beklagten familienversicherten Kläger wurde im Mai 2003 eine intraktable Diarrhoe, ein Malabsorbtionssyndrom, eine rotavirusbedingte Darminfektion, Azidose, Essstörung und ein Volumenmangel diagnostiziert (stationärer Aufenthalt vom 16.05. bis 08.06.2003 und vom 20.06. bis 23.06.2003 im Klinikum am S., R.). Ausweislich des Entlassungsberichts von Prof. Dr. T., Dr. H. und Dr. A. konnte der Kläger in gutem Allgemeinzustand wieder nach Hause entlassen werden. Zur Schonung des Darmes wurde eine Weiterführung der Ernährung mit hypoallergener Spezialnahrung (Pregomin AS) und zusätzliche Kalorienanreicherung zur Deckung des Bedarfs (z. B. mit Calogen) empfohlen. Bei ausreichender Gewichtszunahme und weiterhin unauffälligen Stühlen könne frühestens in einer Woche mit der Einführung von allergenarmer Beikost unter Aufsicht der häuslichen Kinderkrankenpflege begonnen werden. Zusammenfassend wurde am ehesten von einer Handlingsproblematik ausgegangen.

Am 15.08.2003 verordnete der Allgemeinarzt Dr. K. P. AS 16 Dosen.

Nach Einholung einer sozialmedizinischen Beratung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B.-W. (MDK) teilte die Beklagte mit Bescheid vom 29.08.2003 der Mutter des Klägers mit, bei dem verordneten "Pregomin AS" handle es sich um kein Arzneimittel nach den gesetzlichen Arzneimittelrichtlinien, sondern um ein Nahrungsergänzungsmittel, welches nicht den Arznei- oder Heilmitteln zugerechnet werden könne. Auch "medikamentenähnliche" Mittel oder Zuschüsse zu den wegen der Verwendung spezieller Lebensmittel oder Diätkost entstehenden Mehraufwendungen bei den Lebenshaltungskosten seien im Leistungsrecht der Krankenversicherung nicht möglich. Dies sei Dr. K. und der Apotheke mitgeteilt worden. Zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung könne Dr. K. keine weiteren Verordnungen von "Pregomin AS" ausstellen.

Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs wurde auf ein ärztliches Attest von Prof. Dr. T. vom 08.09.2003 verwiesen. Prof. Dr. T. legte darin dar, die einzig wirksame Behandlung der beim Kläger vorliegenden "intractable diarrhia" (nicht behandelbare Durchfallserkrankung) bestehe in einer synthetischen Ernährung mit z. B. Pregomin AS, einer Elementarkost. Bereits zwei Versuche der Gewöhnung an eine normale Ernährung seien erfolglos gewesen. Erfahrungen zeigten, dass bei einer solchen Erkrankung unter Umständen über Monate eine Ernährung mit einer Elementarkost notwendig sei. Es bestehe kein Zweifel, dass Pregomin AS in diesem Falle nicht ein Nahrungsmittel, sondern ein Medikament sei.

Hierzu veranlasste die Beklagte ein Gutachten nach Aktenlage durch den MDK. Dr. B. führte aus, Pregomin AS diene in erster Linie zur Ernährung. Die Möglichkeit zu einer Verordnung bestehe lediglich aufgrund der einschlägigen Erweiterung des § 31 durch die Arzneimittelrichtlinie, die dazu das Nähere bestimme. Es handle sich nicht um eine Aminosäuremischung und ein Eiweißhydrolysat. Im Vordergrund stehe die Vermeidung unzuträglicher Nahrung. Pregomin AS werde auch nur als semielementare Nahrung angesehen. Die unstillbaren Durchfälle wären sicherlich eine konsumierende Krankheit, hierfür könnten allenfalls aber regelrechte Elementardiäten im Sinne der Arzneimittelrichtlinie in Betracht gezogen werden.

Unter Hinweis auf die Stellungnahme des Fachgutachters hielt die Beklagte daran fest, dass eine Kostenübernahme für "Pregomin AS" nicht möglich sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen: Versicherte hätten Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 31 Sozialgesetzbuch 5. Buch - SGB V -), soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SBG V oder durch die Arzneimittelrichtlinien ausgeschlossen seien. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe in den Richtlinien festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung ausnahmsweise in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen würden. In den Arzneimittelrichtlinien sei geregelt, dass für Lebensmittel im Sinne des § 1 LMBG, Krankenkost und Diätpräparate eine Verordnung nur bei Aminosäuremischungen und Eiweißhydrolysaten bei angeborenen Ezymmangelkrankheiten zulässig sei. Elementardiäten, d. h. Gemische von Nahrungsgrundbausteinen, Vitaminen und Spurenelementen seien bei Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom, stark Untergewichtigen mit Mukoviszidose verordnungsfähig. Die Verordnung von Ernährungstherapeutika sei gemäß § 31 Abs. 1 SGB V in der Arzneimittelrichtlinie 17.1 m abschließend geregelt. Demzufolge sei eine Verordnung sowohl von der Indikation wie auch von der Art des Präparates her nicht zulässig. Es handle sich nach den derzeitigen Bestimmungen um einen eindeutigen leistungsrechtlichen Ausschluss.

Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) mit der Begründung, mit der ärztlichen Stellungnahme des Prof. Dr. T. sei bereits nachgewiesen worden, dass die Auffassung der Beklagten unrichtig sei und aus ärztlicher Sicht kein Zweifel bestehe, dass "Pregomin AS" in diesem Falle nicht ein Nahrungsmittel, sondern ein Medikament sei.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sowie den Arzneimittelrichtlinien sei die Verordnung von "Pregomin AS" sowohl von der Indikation wie auch von der Art des Präparates her nicht zulässig.

Mit Gerichtsbescheid vom 11.03.2005, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 21.03.2005, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, der Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln bzw. den in § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V genannten Ernährungsmitteln sei unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit des § 12 SGB V zu sehen. Insoweit habe der Bundesausschuss gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln erlassen dürfen. In Ausführung seiner Richtlinienkompetenz seien die Arzneimittelrichtlinien ergangen. Hiernach seien Lebensmittel im Sinne des LMBG (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz) nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Krankenkost und Diätpräparate könnten nur dann zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet und in Anspruch genommen werden, wenn es sich dabei um zulässige Aminosäuremischungen und Eiweißhydrolysate bei angeborenen Enzymmangelkrankheiten, Elementardiäten bei Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom, stark Untergewichtigen mit Mukoviszidose, bei Patienten mit chronisch terminaler Niereninsuffizienz unter eiweißarmer Ernährung und bei Patienten mit konsumierenden Erkrankungen sowie medizinisch indizierter Sondennahrung handle. Um ein derartiges Produkt handle es sich bei dem streitigen Pregomin AS nicht. Es handle sich auch nicht bei der Anwendung im vorliegenden Fall um ein Arzneimittel im Sinne von § 31 Abs. 1 SGB V, sondern um ein Ernährungsmittel. Prof. Dr. T. könne, soweit er Pregomin AS als Medikament bei der Behandlung des Klägers ansehe, nicht gefolgt werden. Er schreibe nämlich im selben Attest, dass Pregomin AS eine Elementarkost sei, wobei alle Nahrungsmittel weitgehend aufgeschlossen würden, so dass eine Entlastung des Darmes erfolge. Damit bringe Prof. Dr. T. selbst zum Ausdruck, dass Pregomin AS insoweit doch ein Nahrungsmittel darstelle. Allein der Umstand, dass der Kläger andere Nahrung nicht vertrage, führe nicht dazu, dass das Präparat Pregomin AS zum Arzneimittel im Sinne des § 31 SGB V werde. Der Einsatz dieses Mittels sei dadurch gekennzeichnet, dass es an die Stelle von für den Kläger unzuträglichen Nahrungsmitteln trete. Ursächlich für die heilende Wirkung sei demnach nicht in erster Linie die Einnahme des Mittels, sondern die Vermeidung der in normaler Nahrung enthaltenen, für den Kläger unverdaulichen bzw. Durchfall fördernden Stoffe. Damit gehöre auch im vorliegenden Fall das Präparat Pregomin AS nicht zu den Arzneimitteln des § 31 Abs. 1 SGB V.

Hiergegen richtet sich die am 08.04.2005 eingelegte Berufung des Klägers. Das SG habe ohne weitere Sachaufklärung nicht entscheiden dürfen, ob es sich beim streitgegenständlichen Präparat im vorliegenden konkreten Falle um ein Medikament handle oder nicht. Dem Gutachten des MDK stehe die Stellungnahme des Prof. Dr. T. entgegen. Das streitgegenständliche Präparat sei als Medikament einzustufen mit der Folge seiner Erstattungsfähigkeit. Die Krankheit Malabsorptionssyndrom gelte seit Anfang 2004 als geheilt, d. h. er könne seit diesem Zeitpunkt komplett durch normale Nahrung ernährt werden. Von Mai bis Oktober 2003 sei die Ernährung ausschließlich mit Pregomin AS erfolgt. Hierzu seien insgesamt 56 Stück 400 g-Dosen notwendig gewesen, wobei teilweise zur Nahrungsergänzung Calogen zugesetzt worden sei, welches von der Krankenkasse bezahlt worden sei. Die ersten 30 Dosen Pregomin AS seien von der Beklagten übernommen worden, diese seien mit einem Stückpreis von 34,51 EUR abgerechnet worden. Die weiteren 26 Dosen hätten selber bezahlt werden müssen. Durch eine gute Beziehung zum Apotheker habe man nur dessen eigenen Einkaufspreis von 29,- EUR pro Dose begleichen müssen. Deshalb seien insofern Kosten in Höhe von 754,- EUR entstanden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. März 2005 sowie den Bescheid vom 29. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Behandlung mit dem Präparat "Pregomin AS" in Höhe von 754,- EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Es sei zwar richtig, dass die ersten 30 Dosen "Pregomin AS" mit der Beklagten abgerechnet worden seien, jedoch sei dies ohne Genehmigung der Beklagten erfolgt. Die Verordnungen mit Kassenrezept seien direkt bei der Apotheke eingelöst worden. Für die Abgabe von Medikamenten sei die Apotheke verantwortlich und trage dabei das Risiko einer späteren Regressforderung durch die Beklagte.

Der Senat hat eine Auskunft des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte eingeholt. Danach verfüge kein Präparat mit der Bezeichnung "Pregomin AS" über eine Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder eine Genehmigung für das Inverkehrbringen durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften oder den Rat der Europäischen Union. Mangels Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung oder Anhängigkeit eines Zulassungsverfahrens sei das Präparat nicht bekannt. Lebensmittel i. S. v. § 1 LMBG dürften, abgesehen von der gegebenenfalls notwendigen Zulassung bestimmter Zusatzstoffe oder neuartiger Lebensmittel i. S. d. Novel-Food-Verordnung grundsätzlich ohne vorheriges Zulassungs- oder Genehmigungsverfahren in Verkehr gebracht werden. Bei einer ganzen Reihe von Präparaten, die als Nahrungsergänzungsmittel, d. h. ohne Zulassung, in Verkehr gebracht würden, dürfte es sich jedoch tatsächlich um Arzneimittel handeln, die an sich nur vertrieben werden dürften, sofern sie von der zuständigen Bundesoberbehörde zugelassen worden wären. Dies gelte insbesondere für solche Präparate, deren Inhaltsstoffe in der empfohlenen Dosierung über eine bekannte pharmakologische Wirkung verfügten und/oder aber mit einem eindeutigen krankheitswertigen Bezug in Verkehr gebracht würden. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Präparat als Arzneimittel anzusehen sei und damit der Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 1 AMG unterliege oder aber einer anderen Produktkategorie angehöre, sei das BfArM jedoch - abgesehen von Anträgen zuständiger Landesbehörden gemäß § 21 Abs. 4 AMG - nicht zuständig. Solange ein Zulassungs- oder Registrierungsantrag nicht gestellt worden sei oder die Zulassungsbehörde einen ihr vorliegenden Antrag und damit über die Frage, ob es sich bei dem in Betracht kommenden Mittel überhaupt um ein Arzneimittel handele, nicht entschieden habe, fielen Fragen der Zulassungs- und Registrierungspflicht ausschließlich in den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer. Der zuständigen Landesbehörde obliege es, im Rahmen ihrer Überwachungstätigkeit zu entscheiden, ob ein bestimmtes Mittel zulassungs- oder registrierungspflichtig sei oder nicht, und gegebenenfalls den pharmazeutischen Unternehmer zu veranlassen, einen Zulassungs- oder Registrierungsantrag bei der zuständigen Bundesoberbehörde zu stellen. Werde die Zulassungspflicht bejaht, so sei damit implizit festgestellt, dass es sich dabei um ein Arzneimittel handle.

Der Kläger hat hierzu vorgetragen, das streitgegenständliche Produkt sei jedenfalls seit 01.10.2005 voll umfänglich erstattungsfähig aufgrund einer Änderung der Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung vom 25.08.2005. Wenn nach dem 01.10.2005 das Produkt als Arzneimittel nach der entsprechenden Arzneimittelrichtlinie eingestuft werde, so habe es sich auch vor diesem Zeitpunkt um ein Arzneimittel gehandelt, wenn es aus hier streitgegenständlichem Anlass eingesetzt und verordnet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Präparat Pregomin AS.

Das SG hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, welche Rechtsvorschriften für das Begehren des Klägers maßgeblich sind und weshalb ihm der geltend gemachte Anspruch nicht zusteht. Nach Auffassung des Senats ist die Berufung bereits aus den vom SG dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit nimmt der Senat auch auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug und verzichtet auf deren erneute Darstellung (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Entscheidung.

Unstreitig hatte der Kläger gemäß § 27 Abs. 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, die neben der ärztlichen Behandlung auch die Versorgung der Versicherten mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB V) umfasst.

Pregomin AS ist kein Heilmittel, da es zum Verzehr und nicht zur äußeren Einwirkung auf den Körper bestimmt ist (vgl. BSG SozR 3 - 2500 § 27 Nr. 9), sodass sich der Anspruch nur nach § 31 Abs.1 SGB V richten kann. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel in der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähig sind. Pregomin AS ist kein solches von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung mit umfasstes Arzneimittel. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) sind unter Arzneimitteln u.a. solche Substanzen zu verstehen, die gerade dazu bestimmt sind, durch ihre Anwendung am oder im menschlichen Körper, Krankheitszustände zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Selbst wenn man das streitige Pregomin AS als (Fertig)-Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG einstufen würde, obwohl es als hypoallergene Trinknahrung auf Aminosäurebasis vertrieben wurde, scheidet eine Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen aus, da eine arzneimittelrechtliche Zulassung nach § 21 Abs.1 AMG unstreitig nicht vorliegt. Ein Arzneimittel, dem die Zulassung fehlt, ist regelmäßig im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verordnungsfähig. Mangels Zulassung käme auch eine die Zulassung überschreitende Verordnung nach Maßgabe der Kriterien zum sogenannten "Off-Label-Use" nicht in Betracht (vgl. BSG SozR 3 - 2500 § 31 Nr. 8). Der Senat kann daher vorliegend offenlassen, ob Pregomin AS bei der Behandlung des Klägers im Jahr 2003 als Medikament/Arzneimittel anzusehen war.

Geht man mit dem MDK und in Übereinstimmung mit dem SG davon aus, dass Pregomin AS in erster Linie der Ernährung des Klägers diente und damit als Nahrungsmittel (Lebensmittel) einzustufen ist, bestand wegen des Ernährungszwecks ebenfalls kein Versorgungsanspruch des Klägers (vgl. BSG SozR 3 - 2500 § 27 Nr. 10 zur Versorgung mit "Pregomin").

Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V i.V.m. den danach vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (seit 01.01.2004: Gemeinsamer Bundesausschuss - GBA) zu erstellenden Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (AMR). Nach Abschnitt F. Nr. 17.1 i AMR vom 31.08.1993 (ab 16.03.2004 Abschnitt G. Nr. 20.1 i AMR) dürfen Lebensmittel von den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten nicht als Arzneimittel verordnet werden und sind damit von der Anwendung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Die auf der Grundlage des § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erlassenen AMR regeln als untergesetzliche Rechtsnormen den Umfang und die Modalitäten der Arzneimittelversorgung mit verbindlicher Wirkung sowohl für die Vertragsärzte und die Krankenkassen als auch die Versicherten. Der Regelung der Nr. 17.1 i AMR bzw. Nr. 20.1 i AMR in der bis September 2005 geltenden Fassung liegt kein vom Gesetz abweichender Arzneimittelbegriff zugrunde. Es wird lediglich die rechtliche Konsequenz gezogen, dass die darin genannten Produkte (Würz- und Süßstoffe, Obstsäfte, Lebensmittel im Sinne des § 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes, Krankenkost- und Diätpräparate) keine Arzneimittel im krankenversicherungsrechtlichen Sinne sind. Als Ausnahmen sind nur zulässig Aminosäuremischungen und Eiweißhydrolysate bei angeborenen Enzymmangelkrankheiten, Elementardiäten (Gemische von Nahrungsgrundbausteinen, Vitaminen und Spurenelementen) bei Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom, stark Untergewichtigen mit Mukoviszidose, bei Patienten mit chronisch terminaler Niereninsuffizienz unter eiweißarmer Ernährung und bei Patienten mit konsumierenden Erkrankungen sowie medizinisch indizierter Sondennahrung. Diese Fallgestaltungen lagen indes beim Kläger im Anschluss an Dr. G. nicht vor.

Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung (BSGE 81, 240 und Urteil vom 05.07.2005, B 1 KR 12/03 R) eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für Mehraufwendungen abgelehnt, die Versicherten dadurch entstehen, dass sie anstelle haushaltsüblicher Lebensmittel aus Krankheitsgründen eine Diät- oder Krankenkost verwenden müssen.

Anhaltspunkte für ein Systemversagen, das zu einem anderen Ergebnis führen könnte, sind vorliegend nicht erkennbar.

Nachdem ein Anspruch nach § 31 SGB V in dem hier streitbefangenen Zeitraum nicht gegeben ist, kommt es auch nicht entscheidend darauf an, dass eine grundsätzlich vorgeschriebene vertragsärztliche Verordnung für das vom Kläger eingesetzte Pregomin AS nur für 16 Dosen vorliegt und für die Folgezeit fehlt.

Ein Leistungsanspruch besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Hilfsmittels gemäß § 33 Abs. 1 SGB V, denn insoweit fehlt bereits eine Ähnlichkeit des Pregomin AS mit den in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V beispielhaft aufgeführten typischen Hilfsmitteln (vgl. BSG vom 05.07.2005 - B 1 KR 12/03 R -).

Schließlich kann der Kläger einen Leistungsanspruch auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 herleiten. Dieser ist nicht einschlägig in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Erkrankung den Versicherten zwar erheblich beeinträchtigt, aber weder lebensbedrohlich ist noch regelmäßig tödlich verläuft noch wertungsmäßig vergleichbar schwer und folgenreich ist.

Dass ab 01.10.2005 Pregomin AS aufgrund der Ersatzvornahme des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherung (BMGS) - BAnz. Nr.165 vom 01.09.2005 S.13241 - gemäß den AMR in Kapitel E. 15.4.3, 2. Spiegelstrich bei den dort genannten Indikationen verordnungsfähig ist, führt hinsichtlich der Leistungspflicht der Beklagten für das im Jahr 2003 vom Kläger selbst beschaffte Mittel zu keinem anderen Ergebnis; denn der Einsatz bislang nicht anerkannter Mittel und Methoden zu Lasten der Krankenkassen erfordert regelmäßig, dass bereits vor der Behandlung eine Anerkennung erfolgt war (BSGE 81, 84, 58 = SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 4 S. 13 f - immunbiologische Therapie; SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 2 S. 56 f - ASI, jeweils für Festlegungen in den RL des Bundesausschusses). Dies gilt auch für zulassungspflichtige Arzneimittel (BSG SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 1). Nichts anderes kann für die in den AMR zugelassenen Ausnahmen bei der Enteralen Ernährung gelten, weil zulassungs- und zulassungsähnliche Akte, die sich auf die Leistungspflicht der Krankenkassen auswirken, regelmäßig nur Wirkung für die Zukunft entfalten können (so zuletzt auch BSG, Urteil vom 27.09.2005 - B 1 KR 6/04 R).

Damit hat der Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die Behandlung mit Pregomin AS, da zum Zeitpunkt der Behandlung eine Verordnung von Pregomin AS zu Lasten der Beklagten grundsätzlich ausgeschlossen war.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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