Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 RA 2712/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 429/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. Dezember 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 22.09.1954 geborene Klägerin erlernte den Beruf der Groß- und Außenhandelskauffrau. Anschließend war sie in verschiedenen Unternehmen, zeitweise auch in Frankreich und der Schweiz, zuletzt als Sachbearbeiterin in der Finanzbuchhaltung einer Klinik beschäftigt. Ab September 2001 bezog sie Krankengeld und danach ab Februar 2002 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit.
Am 18.02.2002 beantragte sie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, nachdem sie zuvor vom 08.01.2002 bis 05.02.2002 eine stationäre Heilmaßnahme in der H. I, Bad Z., absolviert hatte. In dem Entlassungsbericht diagnostizierten die Ärzte ein chronisches HWS-Syndrom mit Bandscheibenprotusion HWK 5/6 und Streckhaltung, eine cervikale Dystonie, Verdacht auf somatoforme Störung bei histrionischer Persönlichkeit, eine Hypercholesterinämie sowie einen Nikotinabusus und hielten sie für fähig, weiterhin als kaufmännische Angestellte tätig zu sein. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch Neurologe und Psychiater Dr. K ... In seinem Gutachten vom 08.05.2003 konnte dieser eine cervikale Dystonie nicht feststellen, es sei von einer Somatisierungsstörung und einem Cervikalsyndrom ohne neurologische Ausfallsymp-tomatik auszugehen. Eine leichte Arbeit ohne Zeitdruck sei vollschichtig möglich. Auf orthopädischem Fachgebiet erstattete Orthopäde Dr. S. das Gutachten vom 17.07.2002. Dieser diagnostizierte ein muskuläres Hals-, Brust - und Lendenwirbelsäulensyndrom, jedoch keine wesentlichen Funktionseinschränkungen und hielt die Klägerin weiterhin in der Lage, vollschichtige Arbeiten, auch den zuletzt ausgeübten Beruf, zu verrichten. Mit Bescheid vom 15.08.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Im Widerspruchsverfahren wurden weitere Arztberichte zu den Akten genommen. Der zwischenzeitlich die Klägerin behandelnde Dr. K. bezog sich einerseits auf seine gutachtliche Bewertung, andererseits teilte er mit, die Krankheitswertigkeit der somatoformen Störung sei zwischenzeitlich so tiefgreifend, dass die Klägerin nur noch stundenweise arbeiten könne. Daraufhin veranlasste die Beklagte das nervenärztliche Gutachten von Dr. B. vom 09.04.2002; dieser diagnostizierte ein chronisches Cervikalsyndrom mit Bandscheibenprotusion, somatoforme Störungen, fraglicher Torticollis und histrionische Persönlichkeit. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten, auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, mehr als 6 Stunden täglich auszuüben. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 16.09.2003 hat die Klägerin zum Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Hierzu hat sie u.a. einen Arztbericht des Neurologen und Psychiaters G. vom 26.06.2003 vorgelegt, der eine cervikale Dystonie diagnostiziert hatte. Weiter hat sie den Bericht des Priv.-Doz. Dr. R. vom 10.10.2003 zu den Akten gereicht, der auf Grund eines stationären Aufenthalts in der R.-Klinik vom 30.09. bis 10.10.2003 (u.a.) einen Torticollis spasmodicus mit phasischer Kopfwendung nach rechts (ICD-10: G24.3) diagnostiziert hatte. Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Orthopäde Dr. S. teilte unter dem 19.02.2004 mit, die Klägerin leide an einem Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, hauptsächlich der Halswirbelsäule. Nach den vorliegenden Untersuchungsbefunden (letzter vom 27.03.2003) seien keine objektiven Fakten bekannt, die die Klägerin daran hinderten, Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Nervenarzt G. hat in seiner Auskunft vom 09.01.2004 angegeben, er habe die hirnversorgenden Gefäße untersucht und keine pathologischen Befunde festgestellt. Dr. K. hat in seiner Auskunft vom 19.01.2004 ausgeführt, bei der Klägerin liege eine fortschreitende Bewegungsstörung des Kopfes im Sinne einer phasischen Kopfwendung nach rechts vor. Dieses Krankheitsbild werde als cervikale Dystonie/Torticollis spasmodicus bezeichnet. Die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, auch leichte Tätigkeiten mindestens noch 6 Stunden täglich zu verrichten. Ärztin für Allgemeinmedizin S. hat - unter Vorlage weiterer Arztberichte - im Bericht vom 11.02.2004 ebenfalls diese Diagnosen mitgeteilt, jedoch ausgeführt, eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit sei ihr nicht möglich. Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Neurologe und Psychiater Dr. S ... In seinem Gutachten vom 15.06.2004 hat der Sachverständige eine Somatisierungsstörung sowie einen Verdacht auf unwillkürliche Kopfdrehungen festgestellt. Die Beschwerden seien zu einem deutlichen Teil aggraviert, ein echter Beschwerdekern bestehe jedoch zweifelsfrei. Die Klägerin sei noch in der Lage, 4 bis 6 Stunden täglich einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen. In seiner ergänzenden Stellungnahme präzisierte der Sachverständige seine Leistungseinschätzung dahingehend, dass die Klägerin aus seiner Sicht 4 bis unter 6 Stunden täglich arbeiten könne. Mit Urteil vom 17.12.2004 hat das SG unter Abänderung des angefochtenen Bescheids die Beklagte verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.12.2004 bis 30.11.2007 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, die Diagnose einer cervikalen Dystonie sei zwar nicht nachgewiesen, die Leistungsfähigkeit der Klägerin aber auf Grund der von Dr. S. beschriebenen Somatisierungsstörung auf unter 6 Stunden täglich eingeschränkt.
Gegen das am 05.01.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 02.02.2005 eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie geltend macht, das SG habe sich zu Unrecht auf das Gutachten des Dr. S. gestützt. Die von ihm beschriebene Leistungseinschränkung sei nicht nachvollziehbar, insbesondere seien die vom Gutachter selbst beschriebenen Aggravationstendenzen nur unzureichend berücksichtigt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. Dezember 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat weitere Arztberichte vorgelegt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H ... In seinem Gutachten vom 05.06.2005 hat der Sachverständige ausgeführt, im Vordergrund stehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Hierbei sei eine deutliche Diskrepanz zwischen den von der Klägerin angegebenen Beschwerden bzw. den fassbaren schmerzbedingten Einschränkungen festzustellen. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Nach weiteren, von der Klägerin vorgelegten Arztberichten (Bl. 59-64, 66-69, 74, 77-83), hat Dr. H. auf Anforderung des Senats die ergänzende Stellungnahme vom 13.01.2006 abgegeben, wonach sich hieraus keine Gründe ergäben, die eine Abweichung von der im Gutachten getroffenen Leistungsbeurteilung rechtfertigten. Nachdem die Klägerin zusätzlich den Bericht von Prof. Dr. G. vom 04.01.2006 vorgelegt hat, in dem dieser eine funktionelle Einschränkungen bei bestimmten Bewegungen des Kopfes auf Grund einer cervikalen Dystonie beschrieben hat, hat Dr. H. ergänzend unter dem 06.02.2006 ausgeführt, die von Prof. Dr. G. erwähnten zeitweiligen funktionellen Einschränkungen bei Bewegungen des Kopfes erschienen nachvollziehbar, gravierende Leistungseinschränkungen ließen sich jedoch daraus nicht ableiten. Die Klägerin hat weitere Arztberichte (Bl: 97, 99-101, 103,104) vorgelegt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gem. § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft. (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 15.08.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.08.2003, mit dem die Beklagte die Gewährung der beantragten Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hat.
Anspruchsgrundlage für den zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruch ist im Hinblick auf den im Februar 2002 gestellten Rentenantrag § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung. Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (s. § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 SGB VI). Demnach besteht bei einer 6-stündigen Leistungsfähigkeit täglich keine Erwerbsminderung (s. nur Kreikebohm § 43 SGB VI Rdnr. 1, 4; Kasseler-Kommentar § 43 SGB VI Rdnr. 61, 62).
Die Klägerin hat zwar ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 27.11.2001 die allgemeine Wartezeit und - bezogen auf den Zeitpunkt der Rentenantragstellung - die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Nach dem Gesamtergebnis der Beweisermittlungen des SG ist die Klägerin - entgegen der Auffassung - jedoch weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Die Klägerin ist in ihrer Leistungsfähigkeit in erster Linie durch Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet eingeschränkt. Orthopädischerseits besteht - wie Dr. S. am 17.07.2002 festgestellt hat - ein muskuläres Hals-, Brust- und Lendenwirbelsyndrom, wobei sich im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule, aber auch im Bereich der Halswirbelsäule - abgesehen von spontanen Rechtsrotationen - eine im Wesentlichen freie Funktion gefunden hat; auch haben die bestehenden degenerativen Veränderungen keine neurologischen Ausfallerscheinungen nach sich gezogen. Auf nervenfachärztlichem Gebiet ist die Klägerin durch eine somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F 45.4) und eine cervikale Dystonie beeinträchtigt. Die cervikale Dystonie, die zuletzt von Prof. Dr. G. diagnostiziert worden ist, führt zu zeitweiligen funktionellen Einschränkungen bei bestimmten Bewegungen des Kopfes, insbesondere bei einer Linksdrehung. Die von Dr. H. diagnostizierte somatoforme Schmerzstörung (ICD 10 F45.4) ist dadurch gekennzeichnet, dass ein andauernder, schwerer und quälender Schmerz durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung nicht (vollständig) erklärt werden kann. So hat sich im Rahmen der Untersuchung durch Dr. H. eine deutliche Diskrepanz zwischen den von der Klägerin angegebenen Beschwerden und Schmerzen und den fassbaren schmerzbedingten Einschränkungen, insbesondere im Hinblick auf die Beweglichkeit, gezeigt.
Die von den Sachverständigen festgestellten Gesundheitsstörungen führen nicht zu einer rentenrechtlich relevanten zeitlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Der Senat stützt seine Entscheidung auf das Rentengutachten von Dr. S., die sachverständige Zeugenaussage des die Klägerin bis März 2003 behandelnden Orthopäden Dr. Schwarz sowie die nervenärztlichen Gutachten des Dr. B. und des Dr. H., einschließlich seiner ergänzenden Stellungnahmen. Die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen führen lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen der Art, dass Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken und Treppensteigen, gleichförmige Körperhaltungen (Überkopfarbeiten), Arbeiten unter Kälteeinfluss oder im Freien zu vermeiden sind. Die von Prof. Dr. G. im Arztbrief vom 29.11.2006 beschriebene cervicale Dystonie (intermittierender Torticollis nach rechts von ca. 5-15 Grad, Laterocollis nach links von ca. 5 Grad) hat nach seiner Darstellung bei bestimmten Bewegungen des Kopfes, insbesondere bei Linksdrehung, funktionelle Einschränkungen zur Folge, wodurch die Klägerin in der Ausübung von Alltagstätigkeiten teilweise eingeschränkt ist. Durch die somatoforme Schmerzstörung ergeben sich ebenfalls nur qualitative Leistungseinschränkungen, nämlich der Art, dass Akkordarbeiten, Arbeiten in Wechsel- oder Nachtschicht, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck und solche, die mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden Verantwortung oder geistigen Beanspruchung einhergehen, zu vermeiden sind. Eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der qualitativen Kriterien ist daher in Übereinstimmung mit den zuvor genannten Ärzten nicht (auch nicht aus den von der Klägerin vorgelegten Arztberichten) zu begründen. Der im Widerspruchsverfahren eingeholten Beurteilung von Prof. Dr. K. (Ärztlicher Befundbericht vom 21.10.2002), wonach die somatoforme Störung so tiefgreifend sei, dass die Klägerin nur noch stundenweise arbeiten könne, vermag der Senat nicht zu folgen, weil er hierin gleichzeitig unter Bezugnahme auf sein Rentengutachten ausgeführt hat, dass er den Widerspruch im Hinblick auf seine Feststellungen im Rentengutachten nicht näher begründen könne. Diese Beurteilung ist in sich und auch im Hinblick auf seinen Arztbrief vom 07.11.2002 (an Dres. S./de J.) widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Ebenso nicht nachvollziehbar ist das von Prof. Dr. K. in seinem Bericht vom 19.01 2004 konstatierte untervollschichtige Leistungsvermögen. Zur Begründung hat er lediglich auf - nicht beigelegte - Berichte der R.-Klinik und des Bürgerhospitals S. hingewiesen. Der im SG-Verfahren vorliegende Bericht der R.-Klinik rechtfertigt jedoch ebenso wie der des Bürgerhospitals keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin, denn Prof. Dr. W., Bürgerhospital, hat im Mai 2003 klinisch-neurologisch nur eine "phasenhaft auftretende, mäßige Rotationsfehlstellung des Kopfes nach rechts mit leichter Anterokomponente" und Dr. R. im Oktober 2003 die Torticollis-Symptomatik insgesamt als "milde, willkürlich korrigierbar" beschrieben; damit lässt sich eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht plausibel begründen. Entgegen der Auffassung des SG vermag auch das Gutachten des Dr. S., der auf Grund der von ihm diagnostizierten Somatisierungsstörung eine zeitliche Leistungseinschränkung bejaht hat, nicht zu überzeugen. Der von ihm erhobene psychische Befund (bewusstseinsklar, orientiert, energievoll, keinesfalls antriebsarm, unauffällige Mimik, freudlos und missgelaunt, aber auflockerbar, affektive Schwingungsfähigkeit nicht aufgehoben, aber deutlich eingeschränkt, Konzentrationsfähigkeit klinisch unauffällig, intellektuelle Leistungsbreite unauffällig, Hinweise für tendenziell sozialen Rückzug und angeblich verminderte Alltagsaktivitäten bei erhaltener Alltagsstruktur, aggravierte Beschwerdedarstellung bei echtem Beschwerdekern) rechtfertigt keine zeitliche Leistungseinschränkung. Daher begründet auch Dr. S. nicht, aus welchen Befunden er eine zeitliche Leistungseinschränkung ableitet. Hierauf hat auch Dr. H. nach Auffassung des Senats zutreffend hingewiesen.
Der Senat würdigt daher das positive und negative Leistungsbild der Klägerin dahingehend, dass sie mehr als 6 Stunden täglich leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichten kann; zu vermeiden sind häufiges Bücken und Treppensteigen, einseitige Körperhaltungen (Überkopfarbeiten), Tätigkeiten auf Leitern, Akkord-, Wechsel-, Nachtschichtarbeit, sowie Arbeiten in Kälte, unter Kälteinfluss oder im Freien sowie Tätigkeiten mit besonders hohen Anforderungen an Konzentration, Verantwortung und geistige Beanspruchung. Mit diesem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert.
Im Hinblick auf diese qualitativen Leistungseinschränkungen braucht ihr auch keine konkrete Berufstätigkeit benannt zu werden, was nach der Rechtsprechung erforderlich ist, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 - § 1246 Nrn. 117, 136) oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, etwa weil der Versicherte nicht mehr in der Lage ist, unter betriebsüblichen Bedingungen zu arbeiten oder seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist (BSG SozR 2200 - § 1246 Nrn. 137, 139). Keiner dieser Umstände ist hier gegeben. Die Einschränkung ohne häufiges Bücken und Treppensteigen, ohne einseitige Körperhaltungen (Überkopfarbeiten), ohne Tätigkeiten auf Leitern werden bereits vom Begriff "leichte körperliche Arbeiten" umfasst; die verbleibenden Einschränkungen führen nicht zu einer zusätzlichen wesentlichen Einengung des für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsfeldes, weil ungelernte leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht typischerweise unter derartigen Bedingungen ausgeübt werden.
Die Klägerin hat aber auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die - wie die Klägerin - vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Dieser Anspruch scheitert schon daran, dass die Klägerin aufgrund des verbliebenen Leistungsvermögens auch in der Lage ist, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Sachbearbeiterin in der Finanzbuchhaltung in vollem Umfang auszuüben. Insoweit stützt sich der Senat unmittelbar auf die Beurteilungen der Dres. S., B., Schwarz und mittelbar auch die des Dr. H., der nach seinen Ausführungen mit der Leistungsbeurteilung von Dr. B. übereinstimmt. Es handelt sich um eine körperliche leichte, überwiegend im Sitzen in Büroräumen an Bildschirmarbeitsplätzen ausgeübte Tätigkeit, die mit großer Eigenverantwortung verbunden ist. Im Rahmen von Terminarbeiten können Überstunden anfallen. (vgl. Berufenet, Berufsinformationen - Finanzbuchhalter/in). Auf Grund des beschriebenen Leistungsvermögens ist die Klägerin in der Lage, diese von ihr bisher ausgeübte Tätigkeit weiterhin zu verrichten. Lediglich eine deutlich über das normale Maß hinausgehende Verantwortung kann von ihr nicht übernommen werden. Eine solche deutlich über das normale Maß hinausgehende Verantwortung wird jedoch auch beim Berufsbild der Sachbearbeiterin in der Finanzbuchhaltung nicht erwartet. Im Übrigen ist sie in der Lage, alle anderen kaufmännische Berufe im Rahmen ihres erlernten Berufes zeitlich unbeschränkt auszuüben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 22.09.1954 geborene Klägerin erlernte den Beruf der Groß- und Außenhandelskauffrau. Anschließend war sie in verschiedenen Unternehmen, zeitweise auch in Frankreich und der Schweiz, zuletzt als Sachbearbeiterin in der Finanzbuchhaltung einer Klinik beschäftigt. Ab September 2001 bezog sie Krankengeld und danach ab Februar 2002 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit.
Am 18.02.2002 beantragte sie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, nachdem sie zuvor vom 08.01.2002 bis 05.02.2002 eine stationäre Heilmaßnahme in der H. I, Bad Z., absolviert hatte. In dem Entlassungsbericht diagnostizierten die Ärzte ein chronisches HWS-Syndrom mit Bandscheibenprotusion HWK 5/6 und Streckhaltung, eine cervikale Dystonie, Verdacht auf somatoforme Störung bei histrionischer Persönlichkeit, eine Hypercholesterinämie sowie einen Nikotinabusus und hielten sie für fähig, weiterhin als kaufmännische Angestellte tätig zu sein. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch Neurologe und Psychiater Dr. K ... In seinem Gutachten vom 08.05.2003 konnte dieser eine cervikale Dystonie nicht feststellen, es sei von einer Somatisierungsstörung und einem Cervikalsyndrom ohne neurologische Ausfallsymp-tomatik auszugehen. Eine leichte Arbeit ohne Zeitdruck sei vollschichtig möglich. Auf orthopädischem Fachgebiet erstattete Orthopäde Dr. S. das Gutachten vom 17.07.2002. Dieser diagnostizierte ein muskuläres Hals-, Brust - und Lendenwirbelsäulensyndrom, jedoch keine wesentlichen Funktionseinschränkungen und hielt die Klägerin weiterhin in der Lage, vollschichtige Arbeiten, auch den zuletzt ausgeübten Beruf, zu verrichten. Mit Bescheid vom 15.08.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Im Widerspruchsverfahren wurden weitere Arztberichte zu den Akten genommen. Der zwischenzeitlich die Klägerin behandelnde Dr. K. bezog sich einerseits auf seine gutachtliche Bewertung, andererseits teilte er mit, die Krankheitswertigkeit der somatoformen Störung sei zwischenzeitlich so tiefgreifend, dass die Klägerin nur noch stundenweise arbeiten könne. Daraufhin veranlasste die Beklagte das nervenärztliche Gutachten von Dr. B. vom 09.04.2002; dieser diagnostizierte ein chronisches Cervikalsyndrom mit Bandscheibenprotusion, somatoforme Störungen, fraglicher Torticollis und histrionische Persönlichkeit. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten, auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, mehr als 6 Stunden täglich auszuüben. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 16.09.2003 hat die Klägerin zum Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Hierzu hat sie u.a. einen Arztbericht des Neurologen und Psychiaters G. vom 26.06.2003 vorgelegt, der eine cervikale Dystonie diagnostiziert hatte. Weiter hat sie den Bericht des Priv.-Doz. Dr. R. vom 10.10.2003 zu den Akten gereicht, der auf Grund eines stationären Aufenthalts in der R.-Klinik vom 30.09. bis 10.10.2003 (u.a.) einen Torticollis spasmodicus mit phasischer Kopfwendung nach rechts (ICD-10: G24.3) diagnostiziert hatte. Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Orthopäde Dr. S. teilte unter dem 19.02.2004 mit, die Klägerin leide an einem Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, hauptsächlich der Halswirbelsäule. Nach den vorliegenden Untersuchungsbefunden (letzter vom 27.03.2003) seien keine objektiven Fakten bekannt, die die Klägerin daran hinderten, Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Nervenarzt G. hat in seiner Auskunft vom 09.01.2004 angegeben, er habe die hirnversorgenden Gefäße untersucht und keine pathologischen Befunde festgestellt. Dr. K. hat in seiner Auskunft vom 19.01.2004 ausgeführt, bei der Klägerin liege eine fortschreitende Bewegungsstörung des Kopfes im Sinne einer phasischen Kopfwendung nach rechts vor. Dieses Krankheitsbild werde als cervikale Dystonie/Torticollis spasmodicus bezeichnet. Die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, auch leichte Tätigkeiten mindestens noch 6 Stunden täglich zu verrichten. Ärztin für Allgemeinmedizin S. hat - unter Vorlage weiterer Arztberichte - im Bericht vom 11.02.2004 ebenfalls diese Diagnosen mitgeteilt, jedoch ausgeführt, eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit sei ihr nicht möglich. Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Neurologe und Psychiater Dr. S ... In seinem Gutachten vom 15.06.2004 hat der Sachverständige eine Somatisierungsstörung sowie einen Verdacht auf unwillkürliche Kopfdrehungen festgestellt. Die Beschwerden seien zu einem deutlichen Teil aggraviert, ein echter Beschwerdekern bestehe jedoch zweifelsfrei. Die Klägerin sei noch in der Lage, 4 bis 6 Stunden täglich einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen. In seiner ergänzenden Stellungnahme präzisierte der Sachverständige seine Leistungseinschätzung dahingehend, dass die Klägerin aus seiner Sicht 4 bis unter 6 Stunden täglich arbeiten könne. Mit Urteil vom 17.12.2004 hat das SG unter Abänderung des angefochtenen Bescheids die Beklagte verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.12.2004 bis 30.11.2007 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, die Diagnose einer cervikalen Dystonie sei zwar nicht nachgewiesen, die Leistungsfähigkeit der Klägerin aber auf Grund der von Dr. S. beschriebenen Somatisierungsstörung auf unter 6 Stunden täglich eingeschränkt.
Gegen das am 05.01.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 02.02.2005 eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie geltend macht, das SG habe sich zu Unrecht auf das Gutachten des Dr. S. gestützt. Die von ihm beschriebene Leistungseinschränkung sei nicht nachvollziehbar, insbesondere seien die vom Gutachter selbst beschriebenen Aggravationstendenzen nur unzureichend berücksichtigt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. Dezember 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat weitere Arztberichte vorgelegt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H ... In seinem Gutachten vom 05.06.2005 hat der Sachverständige ausgeführt, im Vordergrund stehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Hierbei sei eine deutliche Diskrepanz zwischen den von der Klägerin angegebenen Beschwerden bzw. den fassbaren schmerzbedingten Einschränkungen festzustellen. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Nach weiteren, von der Klägerin vorgelegten Arztberichten (Bl. 59-64, 66-69, 74, 77-83), hat Dr. H. auf Anforderung des Senats die ergänzende Stellungnahme vom 13.01.2006 abgegeben, wonach sich hieraus keine Gründe ergäben, die eine Abweichung von der im Gutachten getroffenen Leistungsbeurteilung rechtfertigten. Nachdem die Klägerin zusätzlich den Bericht von Prof. Dr. G. vom 04.01.2006 vorgelegt hat, in dem dieser eine funktionelle Einschränkungen bei bestimmten Bewegungen des Kopfes auf Grund einer cervikalen Dystonie beschrieben hat, hat Dr. H. ergänzend unter dem 06.02.2006 ausgeführt, die von Prof. Dr. G. erwähnten zeitweiligen funktionellen Einschränkungen bei Bewegungen des Kopfes erschienen nachvollziehbar, gravierende Leistungseinschränkungen ließen sich jedoch daraus nicht ableiten. Die Klägerin hat weitere Arztberichte (Bl: 97, 99-101, 103,104) vorgelegt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gem. § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft. (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 15.08.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.08.2003, mit dem die Beklagte die Gewährung der beantragten Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hat.
Anspruchsgrundlage für den zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruch ist im Hinblick auf den im Februar 2002 gestellten Rentenantrag § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung. Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (s. § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 SGB VI). Demnach besteht bei einer 6-stündigen Leistungsfähigkeit täglich keine Erwerbsminderung (s. nur Kreikebohm § 43 SGB VI Rdnr. 1, 4; Kasseler-Kommentar § 43 SGB VI Rdnr. 61, 62).
Die Klägerin hat zwar ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 27.11.2001 die allgemeine Wartezeit und - bezogen auf den Zeitpunkt der Rentenantragstellung - die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Nach dem Gesamtergebnis der Beweisermittlungen des SG ist die Klägerin - entgegen der Auffassung - jedoch weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Die Klägerin ist in ihrer Leistungsfähigkeit in erster Linie durch Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet eingeschränkt. Orthopädischerseits besteht - wie Dr. S. am 17.07.2002 festgestellt hat - ein muskuläres Hals-, Brust- und Lendenwirbelsyndrom, wobei sich im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule, aber auch im Bereich der Halswirbelsäule - abgesehen von spontanen Rechtsrotationen - eine im Wesentlichen freie Funktion gefunden hat; auch haben die bestehenden degenerativen Veränderungen keine neurologischen Ausfallerscheinungen nach sich gezogen. Auf nervenfachärztlichem Gebiet ist die Klägerin durch eine somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F 45.4) und eine cervikale Dystonie beeinträchtigt. Die cervikale Dystonie, die zuletzt von Prof. Dr. G. diagnostiziert worden ist, führt zu zeitweiligen funktionellen Einschränkungen bei bestimmten Bewegungen des Kopfes, insbesondere bei einer Linksdrehung. Die von Dr. H. diagnostizierte somatoforme Schmerzstörung (ICD 10 F45.4) ist dadurch gekennzeichnet, dass ein andauernder, schwerer und quälender Schmerz durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung nicht (vollständig) erklärt werden kann. So hat sich im Rahmen der Untersuchung durch Dr. H. eine deutliche Diskrepanz zwischen den von der Klägerin angegebenen Beschwerden und Schmerzen und den fassbaren schmerzbedingten Einschränkungen, insbesondere im Hinblick auf die Beweglichkeit, gezeigt.
Die von den Sachverständigen festgestellten Gesundheitsstörungen führen nicht zu einer rentenrechtlich relevanten zeitlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Der Senat stützt seine Entscheidung auf das Rentengutachten von Dr. S., die sachverständige Zeugenaussage des die Klägerin bis März 2003 behandelnden Orthopäden Dr. Schwarz sowie die nervenärztlichen Gutachten des Dr. B. und des Dr. H., einschließlich seiner ergänzenden Stellungnahmen. Die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen führen lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen der Art, dass Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken und Treppensteigen, gleichförmige Körperhaltungen (Überkopfarbeiten), Arbeiten unter Kälteeinfluss oder im Freien zu vermeiden sind. Die von Prof. Dr. G. im Arztbrief vom 29.11.2006 beschriebene cervicale Dystonie (intermittierender Torticollis nach rechts von ca. 5-15 Grad, Laterocollis nach links von ca. 5 Grad) hat nach seiner Darstellung bei bestimmten Bewegungen des Kopfes, insbesondere bei Linksdrehung, funktionelle Einschränkungen zur Folge, wodurch die Klägerin in der Ausübung von Alltagstätigkeiten teilweise eingeschränkt ist. Durch die somatoforme Schmerzstörung ergeben sich ebenfalls nur qualitative Leistungseinschränkungen, nämlich der Art, dass Akkordarbeiten, Arbeiten in Wechsel- oder Nachtschicht, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck und solche, die mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden Verantwortung oder geistigen Beanspruchung einhergehen, zu vermeiden sind. Eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der qualitativen Kriterien ist daher in Übereinstimmung mit den zuvor genannten Ärzten nicht (auch nicht aus den von der Klägerin vorgelegten Arztberichten) zu begründen. Der im Widerspruchsverfahren eingeholten Beurteilung von Prof. Dr. K. (Ärztlicher Befundbericht vom 21.10.2002), wonach die somatoforme Störung so tiefgreifend sei, dass die Klägerin nur noch stundenweise arbeiten könne, vermag der Senat nicht zu folgen, weil er hierin gleichzeitig unter Bezugnahme auf sein Rentengutachten ausgeführt hat, dass er den Widerspruch im Hinblick auf seine Feststellungen im Rentengutachten nicht näher begründen könne. Diese Beurteilung ist in sich und auch im Hinblick auf seinen Arztbrief vom 07.11.2002 (an Dres. S./de J.) widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Ebenso nicht nachvollziehbar ist das von Prof. Dr. K. in seinem Bericht vom 19.01 2004 konstatierte untervollschichtige Leistungsvermögen. Zur Begründung hat er lediglich auf - nicht beigelegte - Berichte der R.-Klinik und des Bürgerhospitals S. hingewiesen. Der im SG-Verfahren vorliegende Bericht der R.-Klinik rechtfertigt jedoch ebenso wie der des Bürgerhospitals keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin, denn Prof. Dr. W., Bürgerhospital, hat im Mai 2003 klinisch-neurologisch nur eine "phasenhaft auftretende, mäßige Rotationsfehlstellung des Kopfes nach rechts mit leichter Anterokomponente" und Dr. R. im Oktober 2003 die Torticollis-Symptomatik insgesamt als "milde, willkürlich korrigierbar" beschrieben; damit lässt sich eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht plausibel begründen. Entgegen der Auffassung des SG vermag auch das Gutachten des Dr. S., der auf Grund der von ihm diagnostizierten Somatisierungsstörung eine zeitliche Leistungseinschränkung bejaht hat, nicht zu überzeugen. Der von ihm erhobene psychische Befund (bewusstseinsklar, orientiert, energievoll, keinesfalls antriebsarm, unauffällige Mimik, freudlos und missgelaunt, aber auflockerbar, affektive Schwingungsfähigkeit nicht aufgehoben, aber deutlich eingeschränkt, Konzentrationsfähigkeit klinisch unauffällig, intellektuelle Leistungsbreite unauffällig, Hinweise für tendenziell sozialen Rückzug und angeblich verminderte Alltagsaktivitäten bei erhaltener Alltagsstruktur, aggravierte Beschwerdedarstellung bei echtem Beschwerdekern) rechtfertigt keine zeitliche Leistungseinschränkung. Daher begründet auch Dr. S. nicht, aus welchen Befunden er eine zeitliche Leistungseinschränkung ableitet. Hierauf hat auch Dr. H. nach Auffassung des Senats zutreffend hingewiesen.
Der Senat würdigt daher das positive und negative Leistungsbild der Klägerin dahingehend, dass sie mehr als 6 Stunden täglich leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichten kann; zu vermeiden sind häufiges Bücken und Treppensteigen, einseitige Körperhaltungen (Überkopfarbeiten), Tätigkeiten auf Leitern, Akkord-, Wechsel-, Nachtschichtarbeit, sowie Arbeiten in Kälte, unter Kälteinfluss oder im Freien sowie Tätigkeiten mit besonders hohen Anforderungen an Konzentration, Verantwortung und geistige Beanspruchung. Mit diesem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert.
Im Hinblick auf diese qualitativen Leistungseinschränkungen braucht ihr auch keine konkrete Berufstätigkeit benannt zu werden, was nach der Rechtsprechung erforderlich ist, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 - § 1246 Nrn. 117, 136) oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, etwa weil der Versicherte nicht mehr in der Lage ist, unter betriebsüblichen Bedingungen zu arbeiten oder seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist (BSG SozR 2200 - § 1246 Nrn. 137, 139). Keiner dieser Umstände ist hier gegeben. Die Einschränkung ohne häufiges Bücken und Treppensteigen, ohne einseitige Körperhaltungen (Überkopfarbeiten), ohne Tätigkeiten auf Leitern werden bereits vom Begriff "leichte körperliche Arbeiten" umfasst; die verbleibenden Einschränkungen führen nicht zu einer zusätzlichen wesentlichen Einengung des für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsfeldes, weil ungelernte leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht typischerweise unter derartigen Bedingungen ausgeübt werden.
Die Klägerin hat aber auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die - wie die Klägerin - vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Dieser Anspruch scheitert schon daran, dass die Klägerin aufgrund des verbliebenen Leistungsvermögens auch in der Lage ist, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Sachbearbeiterin in der Finanzbuchhaltung in vollem Umfang auszuüben. Insoweit stützt sich der Senat unmittelbar auf die Beurteilungen der Dres. S., B., Schwarz und mittelbar auch die des Dr. H., der nach seinen Ausführungen mit der Leistungsbeurteilung von Dr. B. übereinstimmt. Es handelt sich um eine körperliche leichte, überwiegend im Sitzen in Büroräumen an Bildschirmarbeitsplätzen ausgeübte Tätigkeit, die mit großer Eigenverantwortung verbunden ist. Im Rahmen von Terminarbeiten können Überstunden anfallen. (vgl. Berufenet, Berufsinformationen - Finanzbuchhalter/in). Auf Grund des beschriebenen Leistungsvermögens ist die Klägerin in der Lage, diese von ihr bisher ausgeübte Tätigkeit weiterhin zu verrichten. Lediglich eine deutlich über das normale Maß hinausgehende Verantwortung kann von ihr nicht übernommen werden. Eine solche deutlich über das normale Maß hinausgehende Verantwortung wird jedoch auch beim Berufsbild der Sachbearbeiterin in der Finanzbuchhaltung nicht erwartet. Im Übrigen ist sie in der Lage, alle anderen kaufmännische Berufe im Rahmen ihres erlernten Berufes zeitlich unbeschränkt auszuüben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
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