L 6 U 1365/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 3314/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 1365/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 01. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer Rentenentziehung wegen wesentlicher Besserung streitig.

Der 1939 geborene Kläger erlitt am 19. August 1999 einen Arbeitsunfall, indem er auf einer Leiter stand, abrutschte, aus einer Höhe von 2,50 m stürzte und sich u.a. eine Schulterprellung rechts zuzog. Trotz den in der Folgezeit angewandten physiotherapeutischen Behandlungsmaßnahmen, die sowohl ambulant als auch in intensiver Form stationär in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 28. September bis 21. Oktober 1999 und 11. bis 21. Januar 2000 durchgeführt wurden, verblieb beim Kläger eine erhebliche Bewegungseinschränkung im Bereich der rechten Schulter. In seinem Abschlussbericht vom 15. Februar 2000 führte Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der genannten Klinik, aus, trotz der zuletzt durchgeführten stationären Behandlung habe sich eine wesentliche Besserung der Beweglichkeit nicht ergeben; auch unter der zuletzt ambulant durchgeführten Physiotherapie sei eine erhebliche Einsteifung der rechten Schulter verblieben. Angesichts dieser Situation, bei der physiotherapeutische Behandlung zur Zeit weiterhin zu Schmerzverstärkung führe, sei die Fortführung weiterer medizinischer Maßnahmen nicht angezeigt. Es sei ein medizinischer Endzustand anzunehmen. Das medizinische Heilverfahren werde daher ohne Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit abgeschlossen. Weiter führte er aus, aufgrund der erheblichen Einsteifung der rechten Schulter rechne er mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in einem rentenberechtigenden Ausmaß. Die Beklagte gewährte wegen der Unfallfolgen Verletztengeld bis zum Ablauf des Höchstbezugszeitraums am 14. Februar 2001.

Zur Prüfung des Anspruchs auf Verletztenrente erstattete Prof. Dr. W. das Erste Rentengutachten vom 08. März 2001. Im Bereich der Schultergelenke erhob er nach der Neutral-0-Methode rechtsseitig die folgenden Bewegungsmaße: Arm seitwärts/körperwärts 80-0-30 (links: 170-0-40), Arm rückwärts/vorwärts 20-0-90 (links: 40-0-170), Arm auswärts/einwärtsdrehen (Oberarm anliegend) 40-0-80 (links: 60-0-80), Arm auswärts/einwärts (Oberarm 90° seitlich angehoben) 60-0-60 (links: 70-0-70). Rechtsseitig ermittelte er in cm folgende Umfangmaße: 15 cm oberhalb des äußeren Oberarmknorrens 29 (links: 28), Ellenbogengelenk 26 (links: 26), zehn cm unterhalb des äußeren Oberarmknorrens 23 (links: 23). Als wesentliche Unfallfolgen beschrieb er eine Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk sowie eine Minderung der groben Kraft rechts, was bis auf Weiteres eine MdE um 20 vom Hundert (v. H.) bedinge. Mit Bescheid vom 26. April 2004 anerkannte die Beklagte als Folgen des Arbeitsunfalls im Bereich des rechten Arms "Bewegungseinschränkung im Schultergelenk, Kraftminderung, Belastungsbeschwerden nach Schulterprellung mit Rotatorenmanschettenbeteiligung" und gewährte dem Kläger eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v.H.

Zur Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit veranlasste die Beklagte das Zweite Rentengutachten durch Prof. Dr. W., der ausweislich seiner Ausführungen vom 25. Februar 2002 wiederum die bereits im Vorgutachten beschriebenen Bewegungsmaße erhob. An Umfangmaßen gab er rechtsseitig in cm folgende Werte an: 15 cm oberhalb des äußeren Oberarmknorrens 31 (links: 28), Ellenbogengelenk 26 (links: 26), zehn cm unterhalb des äußeren Oberarmknorrens 25 (links: 24). Er legte erneut dar, als Unfallfolgen bestünden eine Bewegungseinschränkung am rechten Schultergelenk in allen Richtungen sowie eine Minderung der groben Kraft rechts. Die MdE schätzte er auf 20 v.H. Weiter führte er aus, es handele sich um einen Endzustand.

Mit Bescheid vom 27. März 2002 anerkannte die Beklagte als Folgen des Arbeitsunfalls am rechten Arm "Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes, Kraftminderung, Belastungsbeschwerden nach Schulterprellung mit Rotatorenmanschettenbeteiligung" und gewährte die bisher als vorläufige Entschädigung gezahlte Rente nach einer MdE um 20 v. H ab 01. April 2002 als Rente auf unbestimmte Zeit.

Im Rahmen einer Überprüfung der verbliebenen Unfallfolgen erstattete der Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. K. das Gutachten vom 05. Mai 2004, in dem er zu dem Ergebnis gelangte, dass eine wesentliche Änderung insoweit eingetreten sei, als sich die Beweglichkeit des rechten Schultergelenkes etwas verbessert habe, nur ein Teil der Bewegungseinschränkung als Folge des Ereignisses vom 19. August 1999 angesehen werden könne und eine Minderung der groben Kraft nicht mehr vorliege. Die MdE betrage jetzt noch 10 v.H. Im Messblatt für Obere Gliedmaßen nach der Neutral-Null-Methode gab der Gutachter folgende Bewegungsmaße an: Arm seitwärts/körperwärts 90-0-30 (links: 165-0-30), Arm rückwärts/vorwärts 30-0-120 (links: 30-0-165), Arm auswärts/einwärtsdrehen 50-0-90 (links: 50-0-90), Arm auswärts/einwärts 60-0-60 (links: 60-0-60). An Umfangmaßen ermittelte er in cm rechtsseitig folgende Werte: 15 cm oberhalb des äußeren Oberarmknorrens 29 (links: 27,5), Ellenbogengelenk 26 (links: 25,5), zehn cm unterhalb des äußeren Oberarmknorrens 25,5 (links: 24). Auf das Anhörungsschreiben der Beklagten, wonach beabsichtigt sei, die bisher gewährte Rente zu entziehen, weil die Beweglichkeit des Schultergelenks sich gebessert und die Belastungsfähigkeit des Armes zugenommen habe, legte der Kläger den Bericht der Ärztin für Orthopädie Dr. M. (ohne Datum) vor, in dem diese über die Vorstellung des Klägers vom 19. Mai 2004 berichtete und darauf hinwies, dass sie über die Besserung der Beweglichkeit keine Aussagen treffen könne, da sich der Kläger seit vier Jahren in ihrer Praxis nicht mehr vorgestellt habe.

Mit Bescheid vom 09. Juni 2004 entzog die Beklagte die Rente mit Wirkung ab 01. Juli 2004 und führte zur Begründung aus, die MdE betrage zur Zeit lediglich noch 10 v.H., wie die Auswertung des Gutachtens des Dr. K. ergeben habe. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch ohne diesen zu begründen. Unter dem 22. Juni 2004 äußerte sich Dr. M. in dem als Zwischenbericht bezeichneten Schreiben gegenüber der Beklagten dahingehend, dass ihr mangels Patientenkontakt von August 2000 bis Mai 2004 eine Verlaufsbeschreibung schwerfalle, sie dem Gutachten des Dr. K. im Hinblick auf eine deutliche Befundbesserung inhaltlich jedoch nicht ganz folgen könne und eine weitere Begutachtung empfehle. Die Beklagte holte daraufhin die Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. M., Chirurg und Unfallchirurg, vom 27. September 2004 ein, der den Nachweis einer wesentlichen Besserung darin sah, dass sich die Funktion um insgesamt 70° über alle Bewegungssegmente verbessert habe, was mit einer rechtshändig kräftigeren Muskulatur als links im Ober- und Unterarmbereich korreliere und eine MdE um 10 v.H. rechtfertige. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Dagegen erhob der Kläger am 02. November 2004 beim Sozialgericht Mannheim (SG) mit der Begründung Klage, eine wesentliche Änderung in den Unfallfolgen sei nicht eingetreten. Ein maßgeblicher Unterschied lasse sich in den objektivierbaren Ergebnissen der Untersuchungen bei Prof. Dr. W. und Dr. K. nicht feststellen. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunktes entgegen. Ein Vergleich der maßgeblichen Messblätter belege, dass sich die Beweglichkeit des rechten Schultergelenks gebessert habe. Dabei könne vernachlässigt werden, ob - wie von Dr. K. beschrieben - am rechten Arm auch unfallunabhängige Beschwerden vorliegen. Dr. K. habe diesen Gesichtspunkt in seiner weiteren Stellungnahme vom 11. Januar 2004, die vorgelegt wurde, nochmals zum Ausdruck gebracht. Sie legte darüber hinaus die weitere Stellungnahme des Dr. M. vom 18. Juli 2005 zu dem seitens des SG von Amts wegen erhobenen Gutachtens des Dr. M. vor. Darin vertrat Dr. M. die Auffassung, dass auch aus den von Dr. M. dokumentierten Messwerten keine MdE um 20 v.H. abzuleiten sei. Das SG hörte Dr. M. unter dem 13. Dezember 2004 schriftlich als sachverständige Zeugin und erhob das Gutachten des Orthopäden Dr. M. vom 03. Mai 2005, der zusammenfassend ausführte, seine Untersuchung habe keine wesentliche Änderung insbesondere der Bewegungsmaße für das Vorwärtsbewegen, das Seitwärtsbewegen und die Außenrotation im Vergleich zum maßgeblichen Vorgutachten des Prof. Dr. W. ergeben. Mit Urteil vom 01. Dezember 2005 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 09. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2004 auf. Zur Begründung führte es aus, durch das Gutachten des Dr. K. sei nicht der Nachweis erbracht, dass die als Folge des Arbeitsunfalls anerkannte Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes und die Kraftminderung sich wesentlich gebessert habe. Dr. K. habe eine aktiv deutlich eingeschränkte Beweglichkeit beschrieben, jedoch die genauen Messwerte nicht angegeben. Bei den im Messblatt für die oberen Gliedmaßen angegebenen Werten handle es sich um "geführte" Bewegungsmaße, die vom Kläger aktiv nicht erreichbar gewesen seien. Soweit Dr. K. nur eine "anteilige" Bewegungseinschränkung als Unfallfolge beschrieben und im Übrigen degenerative Veränderungen und einen Bizepssehnenriss als Teilursache der Bewegungseinschränkung angenommen habe, weiche dies von den bindenden Feststellungen im Bescheid vom 27. März 2002 ab, weshalb die Ausführungen nicht geeignet seien, eine wesentliche Besserung zu dokumentieren. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des der Beklagten am 06. März 2006 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.

Dagegen wandte sich die Beklagte mit ihrer am 17. März 2006 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung, mit der sie geltend macht, beim Kläger habe sich die Beweglichkeit des Schultergelenkes gegenüber dem maßgeblichen Vorbefund gebessert, obwohl seither nach Auffassung des Dr. K. eine Ruptur der langen Bizepssehne mit dadurch bedingter anteiliger Bewegungseinschränkung eingetreten sei. Dr. K. habe deutlich gemacht, dass die Bewegungseinschränkung der rechten Schulter zum Zeitpunkt seiner Begutachtung zum Teil auch durch diese hinzugetretene, jedoch unfallunabhängige Gesundheitseinschränkung mitbedingt werde. Trotz der neu hinzugetretenen Schädigung hätten sich die Messwerte gegenüber dem Vorgutachten jedoch verbessert. Nicht entscheidungserheblich sei der von Dr. M. vorgelegte Bericht vom 13. Dezember 2004, da der Kläger sich dort erst unmittelbar nach der Begutachtung bei Dr. K., und zwar deshalb vorgestellt habe, weil er mit dessen Begutachtung nicht einverstanden gewesen sei. Im Übrigen habe Dr. M. auch keine genauen Messwerte angegeben. Den Ausführungen des Dr. T. in seinem vom Senat erhobenen Gutachten vom 26. Juni 2006, wonach ausgehend von einer verbesserten Beweglichkeit im Jahr 2004 ab April 2005 wiederum eine Verschlechterung eingetreten sei, die mit einer MdE um 20 v.H. zu bewerten sei, könne nicht gefolgt werden, da die wiederum eingetretene Verschlechterung der Beweglichkeit des rechten Schultergelenks zwanglos durch die von Dr. K. beschriebenen unfallunabhängig bestehenden degenerativen Veränderungen erklärbar sei. Diese degenerativen Veränderungen seien jedoch keine Unfallfolgen und daher bei der Bewertung der MdE nicht zu berücksichtigen. Hierzu legte sie die Stellungnahme des Arztes für Chirurgie Dr. T. vom 31. Juli 2006 vor.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 01. Dezember 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig und verweist darauf, dass bereits Prof. Dr. W. in seinem Gutachten vom 25. Februar 2002 den mit einer MdE um 20 v. H. bewerteten Zustand als Endzustand betrachtet habe. Bei identischen Bewegungsausmaßen sei dann auch der Sachverständige Dr. M. zu dem Ergebnis gelangt, dass die MdE mit 20 v.H. zu bewerten sei. Auch die behandelnde Ärztin Dr. M. habe nachvollziehbar dargelegt, dass sie im Laufe der Behandlung keine wesentliche Änderung der Bewegungseinschränkungen im Bereich der rechten Schulter erhoben habe. Mit den von Dr. K. mitgeteilten Messdaten, die lediglich eine geführte Beweglichkeit dokumentierten, sei keine wesentliche Besserung der Unfallfolgen nachzuweisen. Auch der gerichtliche Sachverständige Dr. T. sei zu dem Ergebnis gelangt, dass weiterhin eine MdE in einem rentenberechtigenden Grad vorliege.

Die frühere Berichterstatterin des Verfahrens hat das orthopädische Gutachten des Dr. T., Facharzt für Orthopädie, Rheumatologie, physikalische Medizin, vom 26. Juni 2006 einschließlich seiner ergänzenden Stellungnahme vom 07. September 2006 erhoben. Dieser gelangte im Hinblick auf die Begutachtung durch Dr. K. zu der Einschätzung, dass nur eine vorübergehende Besserung der Beweglichkeit zum Zeitpunkt jener Begutachtung eingetreten sei, wobei es im Jahr 2005 wiederum zu einer schlechteren Beweglichkeit bei einer Abduktionsfähigkeit von 90° gekommen sei, so dass die MdE ab April 2005 wieder mit 20 v.H. zu bewerten sei. Es sei zu einer weiteren degenerativen Aufbraucherscheinung im Bereich der beiden Schultergelenke mit Eintritt einer Bizepssehnenruptur rechts gekommen, die entsprechend den pathoanatomischen Gegebenheiten nicht auf den Unfall aus dem Jahr 1999 zurückzuführen sei.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 09. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2004 aufgehoben. Dieser Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn es ist nicht festzustellen, dass in den anerkannten Folgen des Arbeitsunfalls vom 19. August 1999 eine wesentliche Besserung eingetreten ist, durch die ab 01. Juli 2004 eine MdE von 20 v.H. nicht mehr erreicht wird.

Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Rentenentziehung ist § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Bei der Feststellung der MdE ist eine Änderung in diesem Sinne nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt. Darüber hinaus muss die Veränderung der MdE bei Renten auf unbestimmte Zeit länger als drei Monate andauern (§ 73 Abs. 3 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB VII]). Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, ist durch einen Vergleich des Zustandes zu ermitteln, wie er bei der bindenden Feststellung einerseits und der angefochtenen Neufeststellung andererseits zugrunde gelegen hat. Demnach ist vorliegend zu prüfen, ob sich die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers im Bereich des rechten Schultergelenks, wie sie dem Bescheid vom 27. März 2002 zugrunde gelegen haben, im Vergleich zu dem Zustand, wie er zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung am 09. Juni 2004 bestanden hat, wesentliche gebessert haben und es daher gerechtfertigt ist, die MdE statt wie bisher mit 20 v.H. lediglich noch mit 10 v.H. zu bewerten.

Eine derartige wesentliche Besserung vermag der Senat bei einem Vergleich der Befundsituation, wie sie dem Bescheid vom 27. März 2003 einerseits und dem Bescheid vom 09. Juni 2004 andererseits zugrunde gelegen hat, jedoch nicht festzustellen. Als maßgebliche Vergleichsgutachten sind insoweit das Gutachten des Prof. Dr. W. vom 25. Februar 2002 einerseits und das Gutachten des Dr. K. andererseits, der den Kläger am 04. Mai 2004 untersucht hat, zugrunde zu legen. Anlässlich seiner Untersuchung ermittelte Prof. Dr. W. im rechten Schultergelenk gegenüber links eine eingeschränkte Beweglichkeit, wobei vom Kläger der Nacken- und Schürzengriff nur eingeschränkt demonstriert werden konnte. Bei der Bewegungsprüfung ermittelte der Gutachter bei der Seitwärtshebung des Armes eine Beweglichkeit von 80° und bei der Vorwärtshebung von 90°, während er linksseitig jeweils 170° beschrieb. Bei 70° bestand rechtzeitig im Übrigen eine Impingementsymptomatik. Der Gutachter beschrieb weiterhin die Muskulatur an beiden Ober- und Unterarmen mit rechtsseitiger Betonung als regelrecht ausgebildet, wobei er 15 cm oberhalb des äußeren Oberarmknorrens Umfangmaße von rechtsseitig 31 cm und linksseitig 28 cm sowie zehn cm unterhalb des äußeren Oberarmknorrens rechtsseitig 25 cm und linksseitig 24 cm ermittelte. Weiterhin war der Faustschluss beidseits komplett möglich, die grobe Kraft rechtsseitig gegenüber links jedoch gemindert. Angesichts dieser Befundsituation teilt der Senat die Einschätzung des Dr. K., wonach sich die "Beweglichkeit des rechten Schultergelenks etwas gebessert" habe. Denn im Gegensatz zur der Voruntersuchung bei Prof. Dr. W. war dem Kläger nunmehr der Schürzengriff möglich. Im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X lässt sich allein hieraus jedoch keine wesentliche Besserung der Funktionseinschränkungen herleiten, die eine Entziehung der Verletztenrente rechtfertigt. Denn für den Senat ist nicht ersichtlich, dass der Kläger mit der dargelegten verbesserten Beweglichkeit im Erwerbsleben in beachtenswertem Umfang weniger eingeschränkt ist als zuvor.

Darüber hinausgehende Verbesserungen der Beweglichkeit gerade auch im Sinne der Darlegungen des Beratungsarztes der Beklagten Dr. M. vom 27. September 2004, wonach sich die Funktion um insgesamt 70° über alle Bewegungssegmente verbessert habe, vermochte der Senat demgegenüber nicht festzustellen. Soweit Dr. K. im Messblatt die Bewegungsmaße nach der Neutral-0-Methode mit 90° für die Seitneigung und 120° für die Anhebung niedergelegt hat, konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass es sich hierbei um die Bewegungsmaße handelt, die für den Kläger bei der seinerzeitigen Untersuchung aktiv erreichbar waren. Im Hinblick auf seine Darlegungen in dem Gutachten vom 05. Mai 2004, wonach der Bewegungsausschlag bei der geführten Bewegungsüberprüfung "sowohl nach vorne als auch zur Seite um gut 20 Grad" habe verbessert werden können, ist nämlich durchaus denkbar, dass Dr. K. die aktiv vom Kläger demonstrierte Beweglichkeit nicht für hinreichend nachvollziehbar erachtet hat und deshalb die bei der "geführten Bewegungsüberprüfung" ermittelten Werte als die Maße seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat, die vom Kläger bei hinreichender Mitarbeit auch aktiv hätten erreicht werden können. Damit kann jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich die Beweglichkeit im Bereich der rechten Schulter im Mai 2004 so dargestellt hat, dass der Kläger tatsächlich bei der Vorhebung aktiv wieder 120° und in der Seithebung 90° erreicht hat. Die von der Beklagten angenommene verbesserte Beweglichkeit lässt sich im Sinne der Auffassung des im Widerspruchsverfahren gehörten Chirurgen Dr. M. insbesondere auch nicht mit einer rechtsseitig im Vergleich zu links kräftigeren Muskulatur im Ober- und Unterarmbereich begründen. Denn eine rechtsseitig kräftiger ausgebildete Muskulatur ist auch bereits in dem Vorgutachten des Prof. Dr. W. belegt, der rechtsseitig 15 cm oberhalb des Oberarmknorrens 31 cm und zehn cm unterhalb des äußeren Oberarmknorrens einen Umfang von 25 cm ermittelt hat, im Vergleich zu entsprechenden Maßen linksseitig von 28 cm und 24 cm. Da Dr. K. anlässlich seiner Untersuchung bezüglich der angegebenen Messstellen dann einerseits rechts lediglich noch 29 cm und links 27,5 cm sowie 25,5 cm rechts und 24 cm links ermittelt hat, kann im Vergleich zu dem früheren Zustand auch nicht von einer besseren Einsatzfähigkeit und damit verbesserten Beweglichkeit im Bereich des rechten Armes ausgegangen werden, da entgegen den erhobenen Messwerten dann gerade keine Verringerung des Oberarmumfangs zu erwarten gewesen wäre. Angesichts dessen belegt der Umstand, dass sich die Differenz des Oberarmumfangs rechts im Vergleich zu links seit dem maßgeblichen Vergleichsgutachten des Prof. Dr. W. von drei cm auf 1,5 cm verringert hat, auch nicht zwangsläufig, dass sich die Beweglichkeit des rechten Armes tatsächlich in einem beachtlichen Ausmaß gebessert hat.

Die angesichts der dargelegten Gesichtspunkte beim Senat geweckten Zweifel an der Richtigkeit der im Gutachten von Dr. K. zugrunde gelegten wesentlichen Besserung der Beweglichkeit des rechten Armes werden im Übrigen auch dadurch gestützt, dass Prof. Dr. W. in Kenntnis des frustranen Behandlungsverlaufs sowohl in seinem Abschlussbericht vom 15. Februar 2000 als auch im Rahmen seiner beiden Rentengutachten den beim Kläger jeweils dokumentierten Zustand als Endzustand angesehen hat, seines Erachtens also schon von vornherein auch nicht mehr mit einer Besserung zu rechnen gewesen ist.

Insgesamt lässt sich unter Zugrundelegung der Ausführungen in den maßgeblichen Vergleichsgutachten somit nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass sich die Bewegungsfähigkeit des Klägers im Bereich des rechten Schultergelenkes im Vergleich zu dem Zustand wie er Anfang des Jahres 2002 vorgelegen hat, tatsächlich in einem nennenswerten Umfang verbessert hat und die Bemessung mit einer MdE um 20 v.H. nicht mehr gerechtfertigt ist. Da die Voraussetzungen für eine Entziehung der Verletztenrente damit nicht nachgewiesen sind, ist nicht zu beanstanden, dass das SG mit dem angefochtenen Urteil die entsprechenden Bescheide aufgehoben hat.

Da für die Beurteilung der Frage einer wesentlichen Besserung der Funktionsstörungen im Bereich der rechten Schulter zu dem maßgeblichen Entziehungszeitpunkt die weitere Entwicklung der Beeinträchtigungen im Schulterbereich nicht von maßgeblicher Bedeutung ist, konnte der Senat offen lassen ob und ggf. durch welche Umstände es beim Kläger möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt zu einer von dem Sachverständigen Dr. T. und der Beklagten angenommenen unfallunabhängigen Verschlechterung der Funktionsstörungen gekommen ist.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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