Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3374/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 506/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begeht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1949 geborene Klägerin besitzt sowohl die deutsche wie auch die italienische Staatsangehörigkeit. Die Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie war zuletzt (seit 1998) als Montiererin bei der Firma H. Electronic GmbH beschäftigt (Blatt 140 SG-Akte). Sie hatte hierbei hauptsächlich einfache Tätigkeiten ausgeführt, z. B. Einlegearbeiten bei Automaten, Verlesearbeiten, Sortier- und Verstemmarbeiten, sowie einfache Montagearbeiten. Nach Auskunft des Arbeitgebers (Bl. 58 SG-Akte) handelte es sich vorwiegend um ungelernte Tätigkeiten, kurzzeitig auch um Anlerntätigkeiten. Seit Juli 2002 war die Klägerin arbeitsunfähig krank.
Am 3. November 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, seit 2001 wegen Lendenwirbelsäulen- und Halswirbelsäulenbeschwerden erwerbsgemindert zu sein. In dem daraufhin von der Beklagten eingeholten orthopädischen Gutachten bei Dr. R. vom 14. Januar 2004 stellte dieser folgende Diagnosen (Bl. 133 Verwaltungsakte - VA - ):
- Postnukleotomiesyndrom L 4/5 links bei Peridualfibrose ohne Paresen, ohne maßgebliche Funktionseinschränkung - Pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der HWS und BWS ohne maßgebliche Funktionseinschränkung, ohne radikuläre Ausfälle - Spondylosis deformans L 3/S 1 mit mäßiger Funktionseinschränkung - Cervikobrachialgien links mit diffusen inkonstanten Hypästhesien, ohne Dermatomzuordnung
Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit schätzte Dr. R. diese bezüglich der zuletzt von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Arbeiterin in der Elektronikmontage mit sechs Stunden und mehr ein. Bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt hielt er die Klägerin ebenfalls für noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen und unter Vermeidung von Körperzwangshaltungen, einseitiger Rumpffehlbelastung, anhaltenden Tätigkeiten über Kopf sowie Tragen und Heben von Lasten von mehr als zehn Kilogramm vollschichtig (sechs Stunden und mehr) auszuüben (Bl. 135/215 VA). Die Diplommedizinerin Gohlke, Neurologie und Psychiatrie, stellte unter Bezugnahme auf den Reha-Entlassungsbericht vom 18. November 2002 als weitere Diagnose eine ängstlich-hypochondrische Entwicklung (Stellungnahme vom 19. Januar 2004, Bl. 217 unten VA). Mit Bescheid vom 22. Januar 2004 (Bl. 243 VA) lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Nach Einholung weiterer Auskünfte der behandelnden Ärzte und einer sozialmedizinischen Stellungnahme der Diplommedizinerin G. vom 28. Mai 2004 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2004 den Widerspruch zurück. Zur Begründung machte die Beklagte geltend, auf der Grundlage der vorliegenden Entlassberichte, des MDK-Gutachtens vom 29. September 2003 sowie weiterer medizinischer Unterlagen der behandelnden Ärzte wie auch des orthopädischen Gutachtens sei davon auszugehen, dass die Klägerin sowohl ihre Tätigkeit als Elektronikarbeiterin weiterhin mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Die Klägerin sei daher weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert, auch nicht im Sinne einer Berufsunfähigkeit. Denn die Klägerin habe zuletzt eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt, sie sei auch insoweit in zumutbarer Weise auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Hiergegen hat die Klägerin am 11. August 2004 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, sie sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mehr imstande, einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nachzugehen. Die quantitative Leistungsfähigkeit sei insbesondere durch die auf orthopädisch/neurologischem Fachgebiet vorliegenden Erkrankungen erheblich eingeschränkt. Sie leide unter den Folgen eines Bandscheibenvorfalles links mit Postnukleotomiesyndrom, akuter Lumboischialgie, Rückenschmerzen mit Ausstrahlungen bis ins Gesäß und den Knöchel, starken Kopfschmerzen, HWS- und BWS-Syndrom mit Ausstrahlungen in die Arme. Daneben bestehe eine Herz-Kreislauferkrankung sowie Schlafstörungen. Die seit mehreren Jahren bestehenden Schmerzen hätten auch durch stationäre Behandlungen in Kliniken, drei Reha-Maßnahmen und einer Vielzahl ambulanter Behandlungen nicht wesentlich gelindert werden können.
Das SG hat sachverständige Zeugenauskünfte bei dem behandelnden Orthopäden Dr. D. vom 3. November 2004 (Bl. 46 ff. SG-Akte), dem Facharzt für Neurologie-Psychiatrie Dr. W. vom 18. November 2004 (Bl. 54 ff SG-Akte), dem Internisten Dr. Re. vom 26. November 2004 (Bl. 60 ff. SG-Akte) sowie dem Orthopäden Dr. L. vom 17. Januar 2005 (Bl. 88 ff. SG-Akte) eingeholt. Des Weiteren hat das SG bei dem Orthopäden Dr. Rü. das orthopädische Gutachten vom 30. November 2004 Bl. 69 ff. SG-Akte) eingeholt. Der Gutachter hat folgende Diagnosen erhoben:
&61607; Chonisch-degenerativ/statische Hohlkreuz-/ISG-Syndrom links mit pseudoradikulärer ischialgiformer Symptomatik bei Zustand bei Teilhemilaminektomie wegen Bandscheibenvorfall L 5/4 links 1991. &61607; Überwiegend muskulär/dysfunktionell geprägtes oberes/unteres HWS-Syndrom mit Brachialgie links mehr als rechts (unspezifisch). &61607; Leichtgradiges Fibromyalgie-Syndrom. &61607; Bein-Varikose Grad I-II. &61607; Verdacht initiale Gonarthrose beidseits. &61607; Spreiz-Senk-Füße, links mit leichtergradiger Rückfußkontraktur (siehe auch Neurologie linker Fuß). &61607; Konstitutionelle Bindegewebsschwäche/Hypermobilität.
Die von der LWS ausgehende ischialgiforme Symptomatik könne summarisch als Postnukleotomie-Syndrom bezeichnet werden.
Zur Leistungsfähigkeit führte Dr. Rü. aus, aufgrund der objektivierbaren Störungen des Haltungs-/Bewegungsapparates halte er die Tätigkeiten als Elektronikarbeiterin, Montagearbeiterin und Lackiererin insofern für nicht ausführbar. Die Klägerin könne jedoch noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Arbeiten in wechselnder (überwiegend selbst gewählter) Körperhaltung (stehend/gehend/sitzend) ohne wesentliche Einflüsse von Kälte/Nässe, ohne häufiges Bücken, ohne gleichförmige Körperhaltung, mit Heben/Tragen/Bewegen von Lasten bis maximal (gelegentlich) 10 kg, ohne Zeitdruck/Akkord-Tätigkeit und ohne besondere nervliche Belastungen noch vollschichtig bis acht Stunden pro Tag ausüben. Arbeiten auf Leitern/Gerüsten oder regelmäßiges/häufiges Gehen auf längeren Treppen sei nicht möglich. Zeitdruck und vermehrte psychische Belastungen oder Schichtarbeit würden die Symptomatik verstärken.
In einem weiteren vom SG eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten bei Dr. Sch., Ärztlicher Leiter des Bereiches Psychotherapie, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, der Kliniken Sch. in K. vom 19. Juni 2005 hat dieser folgende Diagnosen auf neurologisch-psychiatrisch-psychotherapeutischem Gebiet erhoben:
- Chronisches Schmerzsyndrom (ICD 10: M 79.19) - Wurzelschädigung L 5 und S 1 links (ICD 10: M 51.1, G 55.1) - Somatoform respektive dissoziativ überlagert (somatoformer Schmerz in Art einer Konversion überformte Bewegungsstörung ICD 10 F 45.4, F 44.4).
Zur Leistungsfähigkeit führte Dr. Sch. aus, für die Tätigkeiten der Klägerin als Elektronikarbeiterin/Montagearbeiterin und Lackiererin gelte, dass sie ihr aufgrund ihrer Beeinträchtigungen nicht mehr möglich seien, sobald sie regelmäßig Belastungen des muskulo-skelettalen Systems erforderten. Grundsätzlich könnten leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen in einem zeitlichen Umfang von acht Stunden pro Tag noch ausgeführt werden. Zu berücksichtigen seien als qualitative Einschränkungen, dass häufiges Bücken, gleichförmige Körperhaltungen, Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über einem Höchstgewicht von 10 kg - wobei diese Tätigkeiten nur gelegentlich ausgeführt werden sollten - Überkopfarbeiten, Tätigkeiten, die Arbeiten auf Leitern-Gerüsten erforderten, nicht mehr möglich seien. Außerordentliche psychische Belastungen sollten ebenfalls vermieden werden, ebenso regelmäßige Tätigkeiten unter Zeitdruck (Akkord).
Mit Urteil vom 22. Dezember 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet die Klägerin noch auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit bestimmten Einschränkungen verweisbar sei. Sie könne zwar ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausüben, es habe sich hierbei jedoch um eine ungelernte Tätigkeit gehandelt, sodass sie ohne Benennung einer konkreten noch zumutbaren Tätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei.
Die Klägerin hat gegen das ihrem damaligen Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 18. Januar 2006 zugestellte Urteil am 1. Februar 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Klägerbevollmächtigte u. a. geltend, dass der Orthopäde Dr. Rü. selbst ausgeführt habe, die Klägerin sei nur unter idealen Bedingungen, wie sie von ihm in seinem Gutachten auf Seite 14 beschrieben worden seien, noch in der Lage bis zu acht Stunden je Tag zu arbeiten. Von Seiten der Klägerin werde jedoch die Auffassung vertreten, dass hier lediglich normale Arbeitsbedingungen, auch solche bei einer Pförtnerin oder Museumswärterin zugrunde zu legen seien. Zu berücksichtigen sei hier jedoch der normale Arbeitsplatz, bei dem eben nicht bei einem gleichförmigen Arbeitsablauf von mehr als zehn Minuten mehrfach stündliche Unterbrechungen zum Durchlockern und Entspannen von Sekunden bis Minuten gewährt werden könnten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Dezember 2003, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat eine Auskunft des behandelnden Internisten Dr. Re. vom 13. Juni 2006 eingeholt. Dieser hat u. a. mitgeteilt, es bestehe ein sich ausbreitendes Fibromyalgie-Syndrom mit zunehmenden schmerzhaften Verspannungen im Bereich des Schultergürtels und im Bereich der HWS. Ferner bestehe ein chronisches Schmerzsyndrom mit Schlafstörungen. Außerdem liege eine hypertrophe Kardiomyopathie vor, bisher ohne wesentliche Einschränkung der Herzfunktion, zeitweise sehr störende Palpitationen. In den bisherigen Kontrolluntersuchungen habe sich kein Hinweis für ein Fortschreiten der Erkrankung gefunden. Aus Sicht von Dr. Rein könne die Klägerin noch leichte Tätigkeiten mit entsprechenden Einschränkungen allerdings maximal drei bis vier Stunden im Wechselrhythmus durchführen.
Die Ärztin für Chirurgie Dr. L. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten hat in ihrer Stellungnahme vom 26. Juli 2006 darauf verwiesen, dass insbesondere die erstmalig im neurologisch-psychiatrischen Gutachten angegebene Herzerkrankung seit 1989 bestehe und nach Angaben des Hausarztes nicht zu einer wesentlichen Einschränkung der Herzfunktionen führe und ein Fortschreiten der Erkrankung auch nicht festzustellen sei, sodass diese Erkrankung auch keine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens begründen könne, da insbesondere ohnehin aufgrund der orthopädischen Erkrankungen bereits schwere und auch dauernd mittelschwere Tätigkeiten ausgeschlossen seien.
In dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch eingeholten Gutachten beim Chefarzt der Neurologie des Klinikums N. Dr. H. vom 10. März 2007 sind folgende Diagnosen erhoben worden:
a) Anhaltend somatoforme Schmerzstörung (ICD 10: F. 45.4) b) Mittelgradige depressive Episode (F 32.1) c) Chronisches Wurzelreizsyndrom L 5 links bei Postnukleotomiesyndrom LWK 4/5 (G 55.1/M 96.1) d) Chronisches Wurzelreizsyndrom S 1 bei linksbetontem Bandscheibenvorfall LWK 5/SWK 1 (G 55.1/M 51.1) e) Chronisches Kopfschmerzsyndrom, vom Migräne-Typ (G 43.0) f) Beginnendes Sulcus-ulnaris-Syndrom links (G 56.2) g) Rezidivierende Cervicobrachialgien bei verkalktem Bandscheibenvorfall HWK 5/6 rechts (M 50.2) h) Verdacht auf Restless-legs-Syndrom (G 25.8)
Im Weiteren hat Dr. H. dazu ausgeführt, dass bezüglich der depressiven Episode festgestellt werden könne, dass diese bislang nicht behandelt worden sei, weder medikamentös noch psychotherapeutisch. Dies sei indiziert und könne mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik innerhalb eines halben Jahres führen. Allerdings werde die Prognose der depressiven Störung durch die Comorbidität mit der Schmerzstörung und der fortbestehenden Belastung durch das Sozialgerichtsverfahren ungünstig beeinflusst. Nicht ausreichend sei u. a. nach Auffassung von Dr. H. die Leistungsminderung durch die anhaltend somatoforme Schmerzstörung und die, allerdings erst im Verlauf aufgetretene, Depression berücksichtigt worden. Beides führe zu einer erheblichen Leistungsminderung. Als Maß für den Grad der Leistungsminderung könne die Belastbarkeit der Klägerin im Haushalt herangezogen werden. Die Klägerin schildere, dass sie bereits nach einer Viertelstunde Stehen Schmerzen bekomme und Haushaltsarbeiten immer wieder unterbrechen müsse, um sich hinzulegen. Insgesamt dürften die an einem Tag verrichteten Haushaltstätigkeiten einen Zeitumfang von drei Stunden nicht überschreiten. Nach Einschätzung des Gutachters bestehe damit hier auch eine entsprechende Leistungsminderung der Erwerbstätigkeit. Die Klägerin sei daher nicht in der Lage, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben, vielmehr müsse die Leistungsfähigkeit mit weniger als drei Stunden pro Tag eingeschätzt werden.
Die Ärztin für Psychiatrie Dr. Ho. des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten hat in ihrer Stellungnahme vom 8. Mai 2007 darauf verwiesen, dass Dr. Sch. im Rahmen seiner Begutachtung keine psychischen Erkrankungen von unmittelbarer sozialmedizinischer Relevanz vorgefunden habe. Der psycho-pathologische Befund sei weitgehend unauffällig, über Symptome psychischer Störungen sei nicht geklagt worden. Dagegen hielten Dr. H. und Dr. G. die Leistungsfähigkeit mit weniger als drei Stunden pro Tag für erheblich eingeschränkt. Diese unterschiedliche Einschätzung sei für ihn hauptsächlich durch die Wertung der Bedeutung der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung begründet worden. Auch Dr. Sch. habe in seinem Gutachten die Diagnose einer "anhaltenden somatoformen Schmerzstörung" gestellt, jedoch ohne wesentliche Einschränkungen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die abweichende Einschätzung von Dr. H. beruhe vor allem auf der von der Klägerin beschriebenen deutlichen Beeinträchtigung bezüglich häuslicher Tätigkeiten und den im Weiteren insgesamt ungünstigen Verlauf der Krankheit mit Ausbreitung und Zunahme der Beschwerden. Insgesamt beruhe die diagnostische Einordnung von Dr. H. nach Auffassung von Dr. Ho. auf den subjektiven Angaben der Klägerin. Jedoch sei die in beiden Gutachten beschriebene Tagesgestaltung (Dr. Sch. als auch Dr. H.) weitgehend identisch. Trotz der beklagten psychischen Beschwerden werde nach wie vor keine konsequente psychiatrische Behandlung mit Antidepressiva in Anspruch genommen. Ergänzend hat Dr. Ho. noch darauf verwiesen, dass im Zusammenhang mit den von Dr. H. erhobenen Testergebnissen anzumerken sei, dass Fragebogentests generell nicht geeignet seien, sozialmedizinische Fragen zu beantworten, da sie an Probanden geeicht worden seien, die sehr motiviert mitarbeiten würden und bemüht seien, ein möglichst gutes Testergebnis zu erreichen. Gerade bei sozialmedizinischen Begutachtungen im Rentenverfahren bestehe deshalb oft eine nur sehr geringe Übereinstimmung zwischen klinischem Befund und Testergebnis, wie dies auch bei der Klägerin festzustellen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (Renten- und Reha-Akte) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Die Klägerin begehrt die dauerhafte Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen (voller bzw. teilweiser) Erwerbsminderung nicht vorliegen.
1. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI (in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl I, 1827) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1).
Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen der Beklagten bei der Klägerin vor, insbesondere hinsichtlich der notwendigen Pflichtbeiträge und der Wartezeit. Die Klägerin ist jedoch nicht im Sinne der obigen gesetzlichen Regelung erwerbsgemindert.
Der wesentliche Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen der Klägerin liegt auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet.
So ist zunächst auf orthopädischem Gebiet festzuhalten, dass Dr. R. in seinem im Rahmen des Verwaltungsverfahrens erstellten orthopädischen Gutachtens - das hier im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden kann - unter Berücksichtigung der von ihm erhobenen Diagnosen auf orthopädischem Gebiet hinsichtlich des bei der Klägerin noch bestehenden Leistungsvermögens die Auffassung vertreten hat, dass sie zum einen noch in ihrer bisherigen Tätigkeit in der Elektronikmontage weiterhin sechs Stunden und mehr tätig sein und im Übrigen bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr mit folgenden qualitativen Einschränkungen ausüben könne, nämlich bei Vermeidung von Körperzwangshaltung, einseitiger Rumpffehlbelastung, anhaltende Tätigkeiten über Kopf sowie Tragen und Heben von Lasten von mehr als 10 kg. Ferner sollte die Tätigkeit im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen ausgeübt werden. Im Unterschied dazu hat zwar Dr. Rü. in dem weiteren auf orthopädischem Gebiet im Rahmen des Klageverfahrens eingeholten Gutachten das Leistungsvermögen der Klägerin insoweit eingeschränkter bewertet. Im Einzelnen hat er hierbei die Auffassung vertreten, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der von ihm erhobenen Diagnosen in ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit in der Elektronikmontage nicht mehr tätig sein könne, da es dort seiner Einschätzung nach zu Belastungen komme, die mit den qualitativen Einschränkungen nicht in Einklang zu bringen seien. So hat er auch die Auffassung vertreten, im Ergebnis allerdings in Übereinstimmung mit Dr. R., dass die Klägerin noch leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung (stehend, gehend, sitzend) ohne wesentliche Einflüsse von Kälte und Nässe, ohne häufiges Bücken, ohne gleichförmige Körperhaltung, mit Heben, Tragen, Bewegen von Lasten bis maximal (gelegentlich) zehn Kilogramm und ohne Zeitdruck sowie ohne besondere nervliche Belastungen bis zu acht Stunden täglich ausüben könne.
Auf nervenärztlichem Gebiet hat des Weiteren Dr. Sch. von den Kliniken Sch. in seinem vom SG eingeholten Gutachten auch unter Berücksichtigung der von ihm erhobenen Befunde die Leistungsfähigkeit der Klägerin nach wie vor dahingehend eingeschätzt, dass sie grundsätzlich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen bis zu acht Stunden täglich unter Berücksichtigung der bereits von den Orthopäden benannten qualitativen Leistungseinschränkungen ausüben könne.
Soweit nun Dr. H. in dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Gutachten in Abweichung dazu der Auffassung ist, dass die Klägerin nur noch in der Lage sei, entsprechende leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als drei Stunden pro Tag erbringen zu können, kann der Senat dem nicht folgen. So hat in dem Zusammenhang Dr. Ho. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 8. Mai 2005 nach Auffassung des Senats zu Recht darauf verwiesen, dass sowohl im Gutachten von Dr. Sch. (Kliniken Sch.) als auch in dem Gutachten von Dr. H. viele subjektive Beschwerden der Klägerin angeführt sind. Es werden vor allem verschiedene Schmerzen beklagt, darüber hinaus auch verschiedene Befindlichkeitsstörungen, die jedoch zum Teil auch auf physiologische Veränderungen im Alter, wie z. B. die altersbedingte allgemeine Verminderung der körperlichen Leistungsfähigkeit zurückzuführen wären. In der Begutachtung von Dr. H. sind zwar auch einige psychische Beschwerden beklagt worden, wie z. B. wechselhafte, manchmal aggressive Stimmung, Weinerlichkeit usw ... Der Tagesablauf, wie er in den Gutachten beschrieben ist, ist jedoch weitgehend identisch. Trotz der von der Klägerin beklagten psychischen Beschwerden wird außerdem nach wie vor keine konsequente psychiatrische Behandlung mit Antidepressiva oder z. B. auch eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch genommen (siehe etwa auch zuletzt im Gutachten von Dr. H. auf Seite 18 des Gutachtens (Bl. 70 der Senatsakte unter c)). Dr. Ho. hat in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme des Weiteren zu Recht darauf hingewiesen, dass Dr. Sch. bei seiner Begutachtung einen weitgehend unauffälligen psychischen Befund beschrieben hat, die Stimmung dort unauffällig erschienen ist, das beklagte Schmerzerleben weder im Verhalten erkennbar noch in der Interaktion nacherlebbar war. Dr. Sch. hat seinerzeit angenommen, dass die Klägerin ihre Schmerzen tatsächlich weitgehend bewältigt hat und sich in einem einigermaßen stabilen und funktionell nicht allzu belastenden Zustand befindet. Dr. Ho. bemängelt in dem Zusammenhang auch, dass in dem von Dr. H. erhobenen psychischen Befund nur wenige objektive Angaben zum Zustand der Klägerin zu entnehmen sind, vielmehr hier ihre subjektiven Klagen in erster Linie wiederholt werden. Auf der anderen Seite ist aber das formale Denken geordnet, die Kognition und Mnestik unauffällig. Abgesehen von den subjektiven Klagen gibt es daher keine Hinweise für eine tiefergehende und leistungsmindernde depressive Verstimmung. Dennoch stellen Dr. H./Dr. G. neben der bereits von Dr. Sch. diagnostizierten anhaltenden somatoformen Schmerzstörung auch eine mittelgradige depressive Episode fest. Allerdings erst im Rahmen der diagnostischen Einordnung wird eine betrübte und hoffnungslose Stimmung mit Grübelneigung beschrieben und darauf verwiesen, die Diagnose werde testpsychologisch durch die Ergebnisse des Beck’schen-Depressionsinventars gestützt. Zutreffend verweist Dr. Ho. in dem Zusammenhang allerdings darauf, dass diese Fragebogentests generell nicht geeignet sind, sozialmedizinische Fragen zu beantworten, da sie an Probanden geeicht sind, die sehr motiviert mitarbeiten und bemüht sind, ein möglichst gutes Testergebnis zu erreichen. Gerade aber bei sozialmedizinischen Begutachtungen im Rentenverfahren bestehe deshalb oft nur eine sehr geringe Übereinstimmung zwischen dem klinischen Befund und dem Testergebnis, wie es auch hier bei der Klägerin festzustellen ist.
Laut ICD 10 werden somatoforme Schmerzstörungen durch unterschiedliche Schweregrade von Depression und Angst begleitet. Diese müssen nicht getrennt davon diagnostiziert werden, es sei denn, sie sind sehr deutlich und anhaltend und rechtfertigen damit eine eigene Diagnose.
Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall. Es bleibt als psychiatrische Hauptdiagnose die bereits festgestellte, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, die jedoch von keiner unmittelbaren sozialmedizinischen Relevanz ist. Letztlich sind auch aus dem Gutachten von Dr. H. keine weiteren objektivierbaren Befunde zu entnehmen, die über das bereits vorliegende Gutachten von Dr. Sch. hinaus gehen. Aus diesem Grund kann auch der von Dr. H. angenommenen quantitativen Leistungseinschränkung nicht gefolgt werden.
Insgesamt kann sich der Senat damit nicht davon überzeugen, dass bei der Klägerin neben den insoweit unstreitigen qualitativen Einschränkungen auch quantitativ eine Beschränkung des Leistungsvermögens dahingehend besteht, dass sie nicht mehr in der Lage ist, sechs Stunden und mehr täglich leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausführen zu können. Damit besteht kein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI). Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person der Klägerin eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 in BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch zuletzt BSG im Urteil vom 5. Oktober 2005 - B 5 RJ 6/05 R - in SozR 4-2600 § 43 Nr.5).
2. Die Klägerin ist auch nicht berufsunfähig.
Gem. § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind gem. § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (Satz 3). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Bei der Klägerin scheitert ein Berufsschutz schon daran, dass sie keinen erlernten Beruf hat und es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit nur um ungelernte, teilweise angelernte Tätigkeiten handelte. Damit ist die Klägerin uneingeschränkt auf alle leichteren Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gemäß dem oben bereits dargestellten Leistungsvermögen verweisbar.
Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begeht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1949 geborene Klägerin besitzt sowohl die deutsche wie auch die italienische Staatsangehörigkeit. Die Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie war zuletzt (seit 1998) als Montiererin bei der Firma H. Electronic GmbH beschäftigt (Blatt 140 SG-Akte). Sie hatte hierbei hauptsächlich einfache Tätigkeiten ausgeführt, z. B. Einlegearbeiten bei Automaten, Verlesearbeiten, Sortier- und Verstemmarbeiten, sowie einfache Montagearbeiten. Nach Auskunft des Arbeitgebers (Bl. 58 SG-Akte) handelte es sich vorwiegend um ungelernte Tätigkeiten, kurzzeitig auch um Anlerntätigkeiten. Seit Juli 2002 war die Klägerin arbeitsunfähig krank.
Am 3. November 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, seit 2001 wegen Lendenwirbelsäulen- und Halswirbelsäulenbeschwerden erwerbsgemindert zu sein. In dem daraufhin von der Beklagten eingeholten orthopädischen Gutachten bei Dr. R. vom 14. Januar 2004 stellte dieser folgende Diagnosen (Bl. 133 Verwaltungsakte - VA - ):
- Postnukleotomiesyndrom L 4/5 links bei Peridualfibrose ohne Paresen, ohne maßgebliche Funktionseinschränkung - Pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der HWS und BWS ohne maßgebliche Funktionseinschränkung, ohne radikuläre Ausfälle - Spondylosis deformans L 3/S 1 mit mäßiger Funktionseinschränkung - Cervikobrachialgien links mit diffusen inkonstanten Hypästhesien, ohne Dermatomzuordnung
Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit schätzte Dr. R. diese bezüglich der zuletzt von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Arbeiterin in der Elektronikmontage mit sechs Stunden und mehr ein. Bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt hielt er die Klägerin ebenfalls für noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen und unter Vermeidung von Körperzwangshaltungen, einseitiger Rumpffehlbelastung, anhaltenden Tätigkeiten über Kopf sowie Tragen und Heben von Lasten von mehr als zehn Kilogramm vollschichtig (sechs Stunden und mehr) auszuüben (Bl. 135/215 VA). Die Diplommedizinerin Gohlke, Neurologie und Psychiatrie, stellte unter Bezugnahme auf den Reha-Entlassungsbericht vom 18. November 2002 als weitere Diagnose eine ängstlich-hypochondrische Entwicklung (Stellungnahme vom 19. Januar 2004, Bl. 217 unten VA). Mit Bescheid vom 22. Januar 2004 (Bl. 243 VA) lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Nach Einholung weiterer Auskünfte der behandelnden Ärzte und einer sozialmedizinischen Stellungnahme der Diplommedizinerin G. vom 28. Mai 2004 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2004 den Widerspruch zurück. Zur Begründung machte die Beklagte geltend, auf der Grundlage der vorliegenden Entlassberichte, des MDK-Gutachtens vom 29. September 2003 sowie weiterer medizinischer Unterlagen der behandelnden Ärzte wie auch des orthopädischen Gutachtens sei davon auszugehen, dass die Klägerin sowohl ihre Tätigkeit als Elektronikarbeiterin weiterhin mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Die Klägerin sei daher weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert, auch nicht im Sinne einer Berufsunfähigkeit. Denn die Klägerin habe zuletzt eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt, sie sei auch insoweit in zumutbarer Weise auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Hiergegen hat die Klägerin am 11. August 2004 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, sie sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mehr imstande, einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nachzugehen. Die quantitative Leistungsfähigkeit sei insbesondere durch die auf orthopädisch/neurologischem Fachgebiet vorliegenden Erkrankungen erheblich eingeschränkt. Sie leide unter den Folgen eines Bandscheibenvorfalles links mit Postnukleotomiesyndrom, akuter Lumboischialgie, Rückenschmerzen mit Ausstrahlungen bis ins Gesäß und den Knöchel, starken Kopfschmerzen, HWS- und BWS-Syndrom mit Ausstrahlungen in die Arme. Daneben bestehe eine Herz-Kreislauferkrankung sowie Schlafstörungen. Die seit mehreren Jahren bestehenden Schmerzen hätten auch durch stationäre Behandlungen in Kliniken, drei Reha-Maßnahmen und einer Vielzahl ambulanter Behandlungen nicht wesentlich gelindert werden können.
Das SG hat sachverständige Zeugenauskünfte bei dem behandelnden Orthopäden Dr. D. vom 3. November 2004 (Bl. 46 ff. SG-Akte), dem Facharzt für Neurologie-Psychiatrie Dr. W. vom 18. November 2004 (Bl. 54 ff SG-Akte), dem Internisten Dr. Re. vom 26. November 2004 (Bl. 60 ff. SG-Akte) sowie dem Orthopäden Dr. L. vom 17. Januar 2005 (Bl. 88 ff. SG-Akte) eingeholt. Des Weiteren hat das SG bei dem Orthopäden Dr. Rü. das orthopädische Gutachten vom 30. November 2004 Bl. 69 ff. SG-Akte) eingeholt. Der Gutachter hat folgende Diagnosen erhoben:
&61607; Chonisch-degenerativ/statische Hohlkreuz-/ISG-Syndrom links mit pseudoradikulärer ischialgiformer Symptomatik bei Zustand bei Teilhemilaminektomie wegen Bandscheibenvorfall L 5/4 links 1991. &61607; Überwiegend muskulär/dysfunktionell geprägtes oberes/unteres HWS-Syndrom mit Brachialgie links mehr als rechts (unspezifisch). &61607; Leichtgradiges Fibromyalgie-Syndrom. &61607; Bein-Varikose Grad I-II. &61607; Verdacht initiale Gonarthrose beidseits. &61607; Spreiz-Senk-Füße, links mit leichtergradiger Rückfußkontraktur (siehe auch Neurologie linker Fuß). &61607; Konstitutionelle Bindegewebsschwäche/Hypermobilität.
Die von der LWS ausgehende ischialgiforme Symptomatik könne summarisch als Postnukleotomie-Syndrom bezeichnet werden.
Zur Leistungsfähigkeit führte Dr. Rü. aus, aufgrund der objektivierbaren Störungen des Haltungs-/Bewegungsapparates halte er die Tätigkeiten als Elektronikarbeiterin, Montagearbeiterin und Lackiererin insofern für nicht ausführbar. Die Klägerin könne jedoch noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Arbeiten in wechselnder (überwiegend selbst gewählter) Körperhaltung (stehend/gehend/sitzend) ohne wesentliche Einflüsse von Kälte/Nässe, ohne häufiges Bücken, ohne gleichförmige Körperhaltung, mit Heben/Tragen/Bewegen von Lasten bis maximal (gelegentlich) 10 kg, ohne Zeitdruck/Akkord-Tätigkeit und ohne besondere nervliche Belastungen noch vollschichtig bis acht Stunden pro Tag ausüben. Arbeiten auf Leitern/Gerüsten oder regelmäßiges/häufiges Gehen auf längeren Treppen sei nicht möglich. Zeitdruck und vermehrte psychische Belastungen oder Schichtarbeit würden die Symptomatik verstärken.
In einem weiteren vom SG eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten bei Dr. Sch., Ärztlicher Leiter des Bereiches Psychotherapie, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, der Kliniken Sch. in K. vom 19. Juni 2005 hat dieser folgende Diagnosen auf neurologisch-psychiatrisch-psychotherapeutischem Gebiet erhoben:
- Chronisches Schmerzsyndrom (ICD 10: M 79.19) - Wurzelschädigung L 5 und S 1 links (ICD 10: M 51.1, G 55.1) - Somatoform respektive dissoziativ überlagert (somatoformer Schmerz in Art einer Konversion überformte Bewegungsstörung ICD 10 F 45.4, F 44.4).
Zur Leistungsfähigkeit führte Dr. Sch. aus, für die Tätigkeiten der Klägerin als Elektronikarbeiterin/Montagearbeiterin und Lackiererin gelte, dass sie ihr aufgrund ihrer Beeinträchtigungen nicht mehr möglich seien, sobald sie regelmäßig Belastungen des muskulo-skelettalen Systems erforderten. Grundsätzlich könnten leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen in einem zeitlichen Umfang von acht Stunden pro Tag noch ausgeführt werden. Zu berücksichtigen seien als qualitative Einschränkungen, dass häufiges Bücken, gleichförmige Körperhaltungen, Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über einem Höchstgewicht von 10 kg - wobei diese Tätigkeiten nur gelegentlich ausgeführt werden sollten - Überkopfarbeiten, Tätigkeiten, die Arbeiten auf Leitern-Gerüsten erforderten, nicht mehr möglich seien. Außerordentliche psychische Belastungen sollten ebenfalls vermieden werden, ebenso regelmäßige Tätigkeiten unter Zeitdruck (Akkord).
Mit Urteil vom 22. Dezember 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet die Klägerin noch auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit bestimmten Einschränkungen verweisbar sei. Sie könne zwar ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausüben, es habe sich hierbei jedoch um eine ungelernte Tätigkeit gehandelt, sodass sie ohne Benennung einer konkreten noch zumutbaren Tätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei.
Die Klägerin hat gegen das ihrem damaligen Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 18. Januar 2006 zugestellte Urteil am 1. Februar 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Klägerbevollmächtigte u. a. geltend, dass der Orthopäde Dr. Rü. selbst ausgeführt habe, die Klägerin sei nur unter idealen Bedingungen, wie sie von ihm in seinem Gutachten auf Seite 14 beschrieben worden seien, noch in der Lage bis zu acht Stunden je Tag zu arbeiten. Von Seiten der Klägerin werde jedoch die Auffassung vertreten, dass hier lediglich normale Arbeitsbedingungen, auch solche bei einer Pförtnerin oder Museumswärterin zugrunde zu legen seien. Zu berücksichtigen sei hier jedoch der normale Arbeitsplatz, bei dem eben nicht bei einem gleichförmigen Arbeitsablauf von mehr als zehn Minuten mehrfach stündliche Unterbrechungen zum Durchlockern und Entspannen von Sekunden bis Minuten gewährt werden könnten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Dezember 2003, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat eine Auskunft des behandelnden Internisten Dr. Re. vom 13. Juni 2006 eingeholt. Dieser hat u. a. mitgeteilt, es bestehe ein sich ausbreitendes Fibromyalgie-Syndrom mit zunehmenden schmerzhaften Verspannungen im Bereich des Schultergürtels und im Bereich der HWS. Ferner bestehe ein chronisches Schmerzsyndrom mit Schlafstörungen. Außerdem liege eine hypertrophe Kardiomyopathie vor, bisher ohne wesentliche Einschränkung der Herzfunktion, zeitweise sehr störende Palpitationen. In den bisherigen Kontrolluntersuchungen habe sich kein Hinweis für ein Fortschreiten der Erkrankung gefunden. Aus Sicht von Dr. Rein könne die Klägerin noch leichte Tätigkeiten mit entsprechenden Einschränkungen allerdings maximal drei bis vier Stunden im Wechselrhythmus durchführen.
Die Ärztin für Chirurgie Dr. L. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten hat in ihrer Stellungnahme vom 26. Juli 2006 darauf verwiesen, dass insbesondere die erstmalig im neurologisch-psychiatrischen Gutachten angegebene Herzerkrankung seit 1989 bestehe und nach Angaben des Hausarztes nicht zu einer wesentlichen Einschränkung der Herzfunktionen führe und ein Fortschreiten der Erkrankung auch nicht festzustellen sei, sodass diese Erkrankung auch keine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens begründen könne, da insbesondere ohnehin aufgrund der orthopädischen Erkrankungen bereits schwere und auch dauernd mittelschwere Tätigkeiten ausgeschlossen seien.
In dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch eingeholten Gutachten beim Chefarzt der Neurologie des Klinikums N. Dr. H. vom 10. März 2007 sind folgende Diagnosen erhoben worden:
a) Anhaltend somatoforme Schmerzstörung (ICD 10: F. 45.4) b) Mittelgradige depressive Episode (F 32.1) c) Chronisches Wurzelreizsyndrom L 5 links bei Postnukleotomiesyndrom LWK 4/5 (G 55.1/M 96.1) d) Chronisches Wurzelreizsyndrom S 1 bei linksbetontem Bandscheibenvorfall LWK 5/SWK 1 (G 55.1/M 51.1) e) Chronisches Kopfschmerzsyndrom, vom Migräne-Typ (G 43.0) f) Beginnendes Sulcus-ulnaris-Syndrom links (G 56.2) g) Rezidivierende Cervicobrachialgien bei verkalktem Bandscheibenvorfall HWK 5/6 rechts (M 50.2) h) Verdacht auf Restless-legs-Syndrom (G 25.8)
Im Weiteren hat Dr. H. dazu ausgeführt, dass bezüglich der depressiven Episode festgestellt werden könne, dass diese bislang nicht behandelt worden sei, weder medikamentös noch psychotherapeutisch. Dies sei indiziert und könne mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik innerhalb eines halben Jahres führen. Allerdings werde die Prognose der depressiven Störung durch die Comorbidität mit der Schmerzstörung und der fortbestehenden Belastung durch das Sozialgerichtsverfahren ungünstig beeinflusst. Nicht ausreichend sei u. a. nach Auffassung von Dr. H. die Leistungsminderung durch die anhaltend somatoforme Schmerzstörung und die, allerdings erst im Verlauf aufgetretene, Depression berücksichtigt worden. Beides führe zu einer erheblichen Leistungsminderung. Als Maß für den Grad der Leistungsminderung könne die Belastbarkeit der Klägerin im Haushalt herangezogen werden. Die Klägerin schildere, dass sie bereits nach einer Viertelstunde Stehen Schmerzen bekomme und Haushaltsarbeiten immer wieder unterbrechen müsse, um sich hinzulegen. Insgesamt dürften die an einem Tag verrichteten Haushaltstätigkeiten einen Zeitumfang von drei Stunden nicht überschreiten. Nach Einschätzung des Gutachters bestehe damit hier auch eine entsprechende Leistungsminderung der Erwerbstätigkeit. Die Klägerin sei daher nicht in der Lage, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben, vielmehr müsse die Leistungsfähigkeit mit weniger als drei Stunden pro Tag eingeschätzt werden.
Die Ärztin für Psychiatrie Dr. Ho. des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten hat in ihrer Stellungnahme vom 8. Mai 2007 darauf verwiesen, dass Dr. Sch. im Rahmen seiner Begutachtung keine psychischen Erkrankungen von unmittelbarer sozialmedizinischer Relevanz vorgefunden habe. Der psycho-pathologische Befund sei weitgehend unauffällig, über Symptome psychischer Störungen sei nicht geklagt worden. Dagegen hielten Dr. H. und Dr. G. die Leistungsfähigkeit mit weniger als drei Stunden pro Tag für erheblich eingeschränkt. Diese unterschiedliche Einschätzung sei für ihn hauptsächlich durch die Wertung der Bedeutung der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung begründet worden. Auch Dr. Sch. habe in seinem Gutachten die Diagnose einer "anhaltenden somatoformen Schmerzstörung" gestellt, jedoch ohne wesentliche Einschränkungen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die abweichende Einschätzung von Dr. H. beruhe vor allem auf der von der Klägerin beschriebenen deutlichen Beeinträchtigung bezüglich häuslicher Tätigkeiten und den im Weiteren insgesamt ungünstigen Verlauf der Krankheit mit Ausbreitung und Zunahme der Beschwerden. Insgesamt beruhe die diagnostische Einordnung von Dr. H. nach Auffassung von Dr. Ho. auf den subjektiven Angaben der Klägerin. Jedoch sei die in beiden Gutachten beschriebene Tagesgestaltung (Dr. Sch. als auch Dr. H.) weitgehend identisch. Trotz der beklagten psychischen Beschwerden werde nach wie vor keine konsequente psychiatrische Behandlung mit Antidepressiva in Anspruch genommen. Ergänzend hat Dr. Ho. noch darauf verwiesen, dass im Zusammenhang mit den von Dr. H. erhobenen Testergebnissen anzumerken sei, dass Fragebogentests generell nicht geeignet seien, sozialmedizinische Fragen zu beantworten, da sie an Probanden geeicht worden seien, die sehr motiviert mitarbeiten würden und bemüht seien, ein möglichst gutes Testergebnis zu erreichen. Gerade bei sozialmedizinischen Begutachtungen im Rentenverfahren bestehe deshalb oft eine nur sehr geringe Übereinstimmung zwischen klinischem Befund und Testergebnis, wie dies auch bei der Klägerin festzustellen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (Renten- und Reha-Akte) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Die Klägerin begehrt die dauerhafte Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen (voller bzw. teilweiser) Erwerbsminderung nicht vorliegen.
1. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI (in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl I, 1827) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1).
Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen der Beklagten bei der Klägerin vor, insbesondere hinsichtlich der notwendigen Pflichtbeiträge und der Wartezeit. Die Klägerin ist jedoch nicht im Sinne der obigen gesetzlichen Regelung erwerbsgemindert.
Der wesentliche Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen der Klägerin liegt auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet.
So ist zunächst auf orthopädischem Gebiet festzuhalten, dass Dr. R. in seinem im Rahmen des Verwaltungsverfahrens erstellten orthopädischen Gutachtens - das hier im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden kann - unter Berücksichtigung der von ihm erhobenen Diagnosen auf orthopädischem Gebiet hinsichtlich des bei der Klägerin noch bestehenden Leistungsvermögens die Auffassung vertreten hat, dass sie zum einen noch in ihrer bisherigen Tätigkeit in der Elektronikmontage weiterhin sechs Stunden und mehr tätig sein und im Übrigen bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr mit folgenden qualitativen Einschränkungen ausüben könne, nämlich bei Vermeidung von Körperzwangshaltung, einseitiger Rumpffehlbelastung, anhaltende Tätigkeiten über Kopf sowie Tragen und Heben von Lasten von mehr als 10 kg. Ferner sollte die Tätigkeit im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen ausgeübt werden. Im Unterschied dazu hat zwar Dr. Rü. in dem weiteren auf orthopädischem Gebiet im Rahmen des Klageverfahrens eingeholten Gutachten das Leistungsvermögen der Klägerin insoweit eingeschränkter bewertet. Im Einzelnen hat er hierbei die Auffassung vertreten, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der von ihm erhobenen Diagnosen in ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit in der Elektronikmontage nicht mehr tätig sein könne, da es dort seiner Einschätzung nach zu Belastungen komme, die mit den qualitativen Einschränkungen nicht in Einklang zu bringen seien. So hat er auch die Auffassung vertreten, im Ergebnis allerdings in Übereinstimmung mit Dr. R., dass die Klägerin noch leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung (stehend, gehend, sitzend) ohne wesentliche Einflüsse von Kälte und Nässe, ohne häufiges Bücken, ohne gleichförmige Körperhaltung, mit Heben, Tragen, Bewegen von Lasten bis maximal (gelegentlich) zehn Kilogramm und ohne Zeitdruck sowie ohne besondere nervliche Belastungen bis zu acht Stunden täglich ausüben könne.
Auf nervenärztlichem Gebiet hat des Weiteren Dr. Sch. von den Kliniken Sch. in seinem vom SG eingeholten Gutachten auch unter Berücksichtigung der von ihm erhobenen Befunde die Leistungsfähigkeit der Klägerin nach wie vor dahingehend eingeschätzt, dass sie grundsätzlich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen bis zu acht Stunden täglich unter Berücksichtigung der bereits von den Orthopäden benannten qualitativen Leistungseinschränkungen ausüben könne.
Soweit nun Dr. H. in dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Gutachten in Abweichung dazu der Auffassung ist, dass die Klägerin nur noch in der Lage sei, entsprechende leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als drei Stunden pro Tag erbringen zu können, kann der Senat dem nicht folgen. So hat in dem Zusammenhang Dr. Ho. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 8. Mai 2005 nach Auffassung des Senats zu Recht darauf verwiesen, dass sowohl im Gutachten von Dr. Sch. (Kliniken Sch.) als auch in dem Gutachten von Dr. H. viele subjektive Beschwerden der Klägerin angeführt sind. Es werden vor allem verschiedene Schmerzen beklagt, darüber hinaus auch verschiedene Befindlichkeitsstörungen, die jedoch zum Teil auch auf physiologische Veränderungen im Alter, wie z. B. die altersbedingte allgemeine Verminderung der körperlichen Leistungsfähigkeit zurückzuführen wären. In der Begutachtung von Dr. H. sind zwar auch einige psychische Beschwerden beklagt worden, wie z. B. wechselhafte, manchmal aggressive Stimmung, Weinerlichkeit usw ... Der Tagesablauf, wie er in den Gutachten beschrieben ist, ist jedoch weitgehend identisch. Trotz der von der Klägerin beklagten psychischen Beschwerden wird außerdem nach wie vor keine konsequente psychiatrische Behandlung mit Antidepressiva oder z. B. auch eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch genommen (siehe etwa auch zuletzt im Gutachten von Dr. H. auf Seite 18 des Gutachtens (Bl. 70 der Senatsakte unter c)). Dr. Ho. hat in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme des Weiteren zu Recht darauf hingewiesen, dass Dr. Sch. bei seiner Begutachtung einen weitgehend unauffälligen psychischen Befund beschrieben hat, die Stimmung dort unauffällig erschienen ist, das beklagte Schmerzerleben weder im Verhalten erkennbar noch in der Interaktion nacherlebbar war. Dr. Sch. hat seinerzeit angenommen, dass die Klägerin ihre Schmerzen tatsächlich weitgehend bewältigt hat und sich in einem einigermaßen stabilen und funktionell nicht allzu belastenden Zustand befindet. Dr. Ho. bemängelt in dem Zusammenhang auch, dass in dem von Dr. H. erhobenen psychischen Befund nur wenige objektive Angaben zum Zustand der Klägerin zu entnehmen sind, vielmehr hier ihre subjektiven Klagen in erster Linie wiederholt werden. Auf der anderen Seite ist aber das formale Denken geordnet, die Kognition und Mnestik unauffällig. Abgesehen von den subjektiven Klagen gibt es daher keine Hinweise für eine tiefergehende und leistungsmindernde depressive Verstimmung. Dennoch stellen Dr. H./Dr. G. neben der bereits von Dr. Sch. diagnostizierten anhaltenden somatoformen Schmerzstörung auch eine mittelgradige depressive Episode fest. Allerdings erst im Rahmen der diagnostischen Einordnung wird eine betrübte und hoffnungslose Stimmung mit Grübelneigung beschrieben und darauf verwiesen, die Diagnose werde testpsychologisch durch die Ergebnisse des Beck’schen-Depressionsinventars gestützt. Zutreffend verweist Dr. Ho. in dem Zusammenhang allerdings darauf, dass diese Fragebogentests generell nicht geeignet sind, sozialmedizinische Fragen zu beantworten, da sie an Probanden geeicht sind, die sehr motiviert mitarbeiten und bemüht sind, ein möglichst gutes Testergebnis zu erreichen. Gerade aber bei sozialmedizinischen Begutachtungen im Rentenverfahren bestehe deshalb oft nur eine sehr geringe Übereinstimmung zwischen dem klinischen Befund und dem Testergebnis, wie es auch hier bei der Klägerin festzustellen ist.
Laut ICD 10 werden somatoforme Schmerzstörungen durch unterschiedliche Schweregrade von Depression und Angst begleitet. Diese müssen nicht getrennt davon diagnostiziert werden, es sei denn, sie sind sehr deutlich und anhaltend und rechtfertigen damit eine eigene Diagnose.
Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall. Es bleibt als psychiatrische Hauptdiagnose die bereits festgestellte, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, die jedoch von keiner unmittelbaren sozialmedizinischen Relevanz ist. Letztlich sind auch aus dem Gutachten von Dr. H. keine weiteren objektivierbaren Befunde zu entnehmen, die über das bereits vorliegende Gutachten von Dr. Sch. hinaus gehen. Aus diesem Grund kann auch der von Dr. H. angenommenen quantitativen Leistungseinschränkung nicht gefolgt werden.
Insgesamt kann sich der Senat damit nicht davon überzeugen, dass bei der Klägerin neben den insoweit unstreitigen qualitativen Einschränkungen auch quantitativ eine Beschränkung des Leistungsvermögens dahingehend besteht, dass sie nicht mehr in der Lage ist, sechs Stunden und mehr täglich leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausführen zu können. Damit besteht kein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI). Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person der Klägerin eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 in BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch zuletzt BSG im Urteil vom 5. Oktober 2005 - B 5 RJ 6/05 R - in SozR 4-2600 § 43 Nr.5).
2. Die Klägerin ist auch nicht berufsunfähig.
Gem. § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind gem. § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (Satz 3). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Bei der Klägerin scheitert ein Berufsschutz schon daran, dass sie keinen erlernten Beruf hat und es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit nur um ungelernte, teilweise angelernte Tätigkeiten handelte. Damit ist die Klägerin uneingeschränkt auf alle leichteren Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gemäß dem oben bereits dargestellten Leistungsvermögen verweisbar.
Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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