Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 1499/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5525/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. August 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstfeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX).
Der 1964 geborene Kläger beantragte am 18.06.2003 beim Versorgungsamt H. (VA) wegen toxischer Schäden, einer Enzephalopathie und Polyneuropathie die Feststellung des GdB. Das VA hörte Dr. K.-N., die sich am 03.07.2003 durch Vorlage von medizinischen Befundunterlagen (Berichte Dr. K. vom 27.02.2003, 25.09.2002 und 04.12.2001, Dr. C. vom 27.09.2000, 04.03.2000 und 10.02.1997, Laborbericht vom 05.09.l996, Bericht Dr. H. vom 27.12.1996, Lymphozytenstimulationstest Dr. Da. vom 27.07.1993 und Bericht Rehabilitationsklinik H. vom 23.11.1992) äußerte. Nach versorgungsärztlicher Auswertung der zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen durch Dr. G. vom 10.08.2003 stellte das VA beim Kläger mit Bescheid vom 18.08.2003 wegen Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Ohrgeräuschen (Tinnitus) den GdB mit 20 seit 18.06.2003 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 02.09.2003 Widerspruch ein und reichte zur Begründung weitere Unterlagen zu den Akten (Rechnung Dr. D. vom 11.12.1995, einen Aufsatz des Wilhelm Krahn-Zembol aus "umwelt-medizin-gesellschaft" 2/2002 im Auszug, "Kieler Amalgam-Gutachten" von Prof. Dr. W./Dr. A-H vom November 1995 an die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Frankfurt am Main, Verfügung der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main vom 31.05.1996). Das VA holte außerdem - auf Anregung des Klägers - die Stellungnahme des Dr. B. vom 13.11.2003 ein, der sich unter Vorlage weiterer medizinischer Unterlagen äußerte (Befundbericht vom 18.01.2000, Testpsychologischer Untersuchungsbericht vom 30.08.1999 und Stellungnahme vom 12.06.1999). Nach versorgungsärztlicher Auswertung durch Dr. Benz vom 14.12.2003, der in seiner gutachtlichen Stellungnahme wegen Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Ohrgeräuschen (Tinnitus) und toxischer Schädigung die Feststellung des GdB mit 30 vorschlug, stellte das VA entsprechend der versorgungsärztlichen Empfehlung beim Kläger mit Teil-Abhilfebescheid vom 16.01.2004 den GdB mit 30 seit 18.06.2003 fest. Eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz sowie gesundheitliche Merkmale (Merkzeichen) wurden nicht festgestellt.
Der Kläger äußerte sich zum Abhilfebescheid mit Schreiben vom 07.03.2004 und durch Vorlage einer Stellungnahme des Dr. B. vom 25.02.2004. Der Kläger machte unter Bezug auf Befundberichte einen bei einer chronischen Quecksilbervergiftung durch Amalgam-Intoxitation typischen zellulären Immundefekt, eine hirnorganische Persönlichkeitsveränderung, multisensorische und neuroorthologische Funktionsstörungen geltend und erachtete eine Bewertung des MCS-Syndroms mit einem GdB von 70 für angemessen.
Nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Lapsanky vom 18.03.2004 wurde der Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes Baden-Württemberg vom 06.05.2004 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Auswertung der ärztlichen Unterlagen hätten ergeben, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigen in vollem Umfang erfasst und mit einem GdB von 30 angemessen bewertet worden seien.
Hiergegen erhob der Kläger am 01.06.2004 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Der Kläger führte zur Begründung aus, Dr. D. und Dr. B. hätten bei ihm eine toxische Enzephalopathie festgestellt, bei der Konzentrations- und Merkschwächen, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstörungen, anhaltende Erschöpfungszustände, rasche Ermüdbarkeit, allgemeine Antriebsminderung, Persönlichkeitsveränderungen, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen mit depressivem Einschlag im Vordergrund stünden. Er leide an diesen typischen Beschwerden. Nach den AHP liege zumindest ein mittelgradig einzustufender Hirnschaden mit einem GdB von 50 bis 60 vor. Weiter sei die bei ihm bestehende Chemikaliensensibilität nicht berücksichtigt worden. Er reagiere auf alle möglichen Gerüche extrem überempfindlich, wie sich aus dem Befundbericht des Dr. B. vom 13.11.2003 ergebe. Dies löse bei ihm gesundheitliche Störungen aus bzw. führe zu einer Verschlimmerung der bestehenden Beschwerden und damit zu einer weiteren Verschlechterung seines ohnehin bestehenden reduzierten Gesundheitszustandes. Ihm bliebe somit nur die Wahl, entweder einen erheblich verschlechterten Gesundheitszustand in Kauf zu nehmen oder sich unter Vermeidung duftbehafteter Lebensbereiche vom sozialen Leben auszuschließen. Für die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen sei ein Gesamt-GdB von 70 in Ansatz zu bringen.
Das SG hört den Nervenarzt Dr. B. und die Ärztin für Homöopathie-Naturheilverfahren Dr. K.-N. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. B. teilte in seiner Stellungnahme vom 08.09.2004 unter Vorlage von Arztbriefen mit, eine Leistungsminderung des Klägers und eine Wesensänderung seien jeweils mit einem Teil-GdB von 60 zu bewerten. Der Gesamt-GdB betrage mindestens 70. Hinsichtlich der Diagnosen und der Funktionsbeeinträchtigungen nahm er auf die vorgelegten Arztbriefe Bezug. Dr. K.-N. teilte in ihrer Stellungnahme vom 05.12.2004 unter Vorlage von Befundberichten die vom Kläger geklagten Beschwerden und die Diagnosen mit. Vom VA sei eine toxische Enzephalopathie nicht ausreichend gewürdigt worden. Zusätzlich seien starke chronische Körperschmerzen sowie ein Defekt des Immunsystems mit vermehrter Infektanfälligkeit anzuerkennen. Der GdB sei durch ein toxisches Fachgutachten zu ermitteln.
Das SG holte außerdem von Amts wegen das Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E., H., vom 09.05.2005 ein. Die Sachverständige diagnostizierte nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 17.03.2005 eine chronisch somatoforme Schmerzstörung und eine diskrete Polyneuropathie ungeklärter Ätiologie. Für die allenfalls blande Polyneuropathie sei ein Teil-GdB von 10 und für die somatoforme Schmerzstörung ein Teil-GdB von 30 anzusetzen. Der Gesamt-GdB betrage 30. Der Kläger erhob gegen dieses Gutachten unter Verweis auf die entgegenstehenden Befunde von Dr. B. und Dr. K.-N. Einwendungen.
Das SG holte außerdem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Prof. Dr. D. / Prof. Dr. E., Institut für Rechtsmedizin der Universität München, vom 13.12.2005 ein, die das Gutachten mit Zustimmung des Klägers nach Aktenlage erstatteten. Sie gelangten zu dem Ergebnis, dass sich nach Aktenlage kein Hinweis dafür ergebe, dass beim Kläger eine erhöhte Quecksilberbelastung, insbesondere durch Zahnamalgam, vorgelegen hat. Unabhängig davon erscheine der vom Kläger bei der Begutachtung durch Dr. E. selbst angegebene Krankheitsverlauf in keiner Weise typisch für eine chronische Quecksilberbelastung zu sein. Der Kläger führte zu diesem Gutachten aus, das Gutachten bestätige lediglich, dass seine bestehenden Gesundheitsstörungen nicht auf eine erhöhte Quecksilberbelastung zurückgeführt werden könnten. Seine tatsächlich bestehenden Gesundheitsstörungen rechtfertigten einen GdB von mindestens 70.
Mit Urteil vom 17.08.2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vorliegenden medizinischen Erkenntnisse rechtfertigten keine höhere Bewertung des GdB als 30. Nach dem Gutachten von Dr. E. sei eine Hirnschädigung des Klägers nicht nachgewiesen. Die Untersuchungsergebnisse von Dr. E. hätten die von Dr. B. angenommenen Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne einer organischen und schweren Hirnschädigung nicht bestätigt. Die blande Polyneuropathie sei allenfalls mit einem nicht als Behinderung zu berücksichtigenden GdB von 10 zu bewerten. Die von Dr. K. beschriebenen Gleichgewichtsstörungen seien ebenfalls nicht bestätigt worden. Die Interpretation der Bedeutung des radiologischen Befundes von Dr. H., dem funktionale Auswirkungen nicht zu entnehmen seien, habe sich durch die Untersuchung von Dr. E. nicht objektivieren lassen. Der vom Kläger angegebene Ganzkörperschmerz sei von Dr. E. diagnostisch als somatoforme Schmerzstörung eingeordnet worden, für deren Auswirkungen nach den AHP ein GdB von 30 angemessen sei.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 04.10.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.11.2006 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, dem Gutachten von Dr. E. könne nicht gefolgt werden. Das Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. D. bedeute nicht, dass er nicht an den beschriebenen vielfältigen und schwerwiegenden Beschwerden leide. Sein Krankheitsbild könne am besten seine Hausärztin Dr. K.-N. beurteilen, bei der er sich seit über zwölf Jahren in Dauerbehandlung befunden habe. Der langjährige Behandlungsverlauf spreche in besonderem Maße für das tatsächliche Vorliegen der genannten Gesundheitsstörungen. Auch der Abbruch des bis dahin erfolgreichen Studiums kurz vor dem Diplom, das er krankheitsbedingt bis heute nicht wieder habe aufnehmen können, sei nicht wegen ein paar Befindlichkeitsstörungen erfolgt. Diese Umstände bestätigten das Vorliegen der beschriebenen Gesundheitsstörungen und einen hierdurch bedingten hohen Leidensdruck. Weiter habe sich Dr. E. mit dem Immundefekt in ihrem Gutachten nicht auseinander gesetzt. Das gelte auch für die ebenfalls objektiv nachgewiesene multisensorische neurootologische Störung, die zentrale cerebello-pontobulbäre Gleichgewichtsstörung, eine pontomedulläre Hörbahnstörung, den Tinnitus cranii sive crebrie, eine Sehbahnstörung sowie die im SPECT nachgewiesenen Perfussionsstörungen. Sowohl im Hinblick auf die im Gutachten von Dr. E. erfolgte fehlerhafte Bewertung der Schwere und des Ausmaßes der vorhandenen gesundheitlichen Störungen sowie auch der fehlenden Berücksichtigung der vorgenannten objektiven Befunde könne der Bewertung des GdB durch das SG mit 30 nicht gefolgt werden. Im Übrigen seien bei ihm zwischenzeitlich ein Gen-Defekt sowie eine Fibromyalgie diagnostiziert worden. Er habe sich bei Dr. R. kurzzeitig in einer Schmerztherapie mit Opiaten befunden, die wegen heftiger Nebenwirkungen habe abgebrochen werden müssen. Der Kläger hat den Befundbericht des Prof. Dr. K. vom 07.03.2008 vorgelegt.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. August 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides des Beklagten vom 18. August 2003 in der Fassung des Bescheides vom 16. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2004 zu verpflichten, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 70 seit dem 18. Juni 2003 festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat den Facharzt für Allgemeinmedizin und Umweltmedizin Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dr. B. hat in seiner Stellungnahme vom 07.01.2008 unter Vorlage von Befundberichten über den Behandlungsverlauf, die vom Kläger geklagten Beschwerden, die Befunde und Diagnosen berichtet. Wegen einer Polyneuropathie peripherer Natur, systemischen Entzündungsreaktionen und einer fehlenden Entgiftungskapazität zur Ausscheidung von Schwermetallen wie Quecksilber durch eine genetisch komplette Fehlanlage von GST M1 hat er den GdB auf 90 eingeschätzt.
Der Beklagte ist der Berufung unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Köhler vom 08.05.2008 weiter entgegengetreten. Der Kläger hat hierzu ausgeführt, die Ergebnisse der von Dr. B. veranlassten Untersuchungen seien die Erklärung der bestehenden Gesundheitsstörungen. Allein aus den vorliegenden Befundberichten könnten keine negativen Rückschlüsse für die Bemessung des GdB gezogen werden.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 18.08.2003 in der Fassung des Bescheides vom 16.01.2004 ist rechtmäßig. Der Beklagte hat mit dem angegriffenen Bescheid zu Recht den GdB auf 30 festgesetzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30.
Der Beklagte wird seit 01.01.2005 wirksam durch das Regierungspräsidium Stuttgart vertreten. Nach § 71 Abs. 5 SGG wird in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts das Land durch das Landesversorgungsamt oder durch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, vertreten. In Baden-Württemberg sind die Aufgaben des Landesversorgungsamts durch Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums (Verwaltungsstruktur-Reformgesetz - VRG -) vom 01.07.2004 (GBl S. 469) mit Wirkung ab 01.01.2005 (Art 187 VRG) auf das Regierungspräsidium Stuttgart übergegangen.
Auf Antrag des Behinderten stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den daraus resultierenden GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB IX). Die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX), so dass auch hier die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" 2004 (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen sind.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5).
Nach dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Ermittlungen sowie unter Berücksichtigung der in der Verwaltungsakte des Beklagten enthaltenen medizinischen Unterlagen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass beim Kläger der GdB mit 30 vom Beklagten zutreffend festgestellt wurde. Ein GdB von 40 (oder mehr) liegt beim Kläger nicht vor.
Nach dem vom SG eingeholten überzeugenden Gutachten der Dr. E. vom 09.05.2005, dem der Senat folgt, besteht bei dem Kläger eine Polyneuropathie ohne funktionelle Auswirkungen die allenfalls mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten ist, die nach den oben dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB nicht zu berücksichtigen ist. Weiter besteht beim Kläger eine somatoforme Schmerzstörung, unter die auch die übrigen körperlichen Beschwerden des Klägers zu subsumieren sind, für die auch der Senat in Übereinstimmung mit dem SG und der Sachverständigen einen Teil-GdB von 30 angemessen hält. Nach den AHP (Nr. 26.18, Seite 113) sind die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungs-Syndrome (z.B. CFS/MCS) jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. Dabei erscheint es nach der Rechtsprechung des Senates sinnvoll, den GdB für die funktionellen Auswirkungen einer somatoformen Schmerzstörung entsprechend der Bewertung von Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen nach den AHP (Nr. 26.3, Seite 48) zu bewerten (Senatsurteil vom 23.11.2007 - L 8 SB 4995/04 -). Aufgrund der Schilderungen des Klägers bei der Begutachtung durch Dr. E. zum Tagesablauf (Seite 3 des Gutachtens) und des erhobenen neurologischen sowie psychopathologischen Befunde ist beim Kläger davon auszugehen, dass die somatoforme Schmerzstörung Beeinträchtigungen hervorruft, die als stärker behindernde psychische Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit i.S. des Kapitels 26.3 der AHP (S. 48) anzusehen sind, für die eine GdB-Bewertung von 30 bis 40 vorgesehen ist. Dem entspricht die Bewertung durch Dr. E ... Gründe, den GdB-Rahmen entgegen der Bewertung der Sachverständigen nach oben auszuschöpfen (GdB 40), sieht auch der Senat nicht.
Die vom Kläger gegen das Gutachten von Dr. E. erhobenen Einwände sind nicht berechtigt. Der Kläger macht geltend, Dr. E. stelle sich in Widerspruch zu den eingeholten Ausführungen in den Befundberichten von Dr. K.-N. und Dr. B. und lasse Gesundheitsstörungen unberücksichtigt. Dem kann nicht gefolgt werden. Dr. E. hat sich in der Zusammenfassung und Beurteilung in ihrem Gutachten (Seite 10 ff.) unter Berücksichtigung der von ihr bei der Untersuchung des Klägers festgestellten neurologischen und psychopathologische Befunden sowie den Ergebnissen einer neuropsychologischen Testuntersuchung mit den zu den Akten gelangten Befundberichten (auch des Dr. B.) und den schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. K.- N. und Dr. B. eingehend auseinander gesetzt und nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass sich die in den Befundberichten und sachverständigen Zeugenaussagen beschriebenen Auffälligkeiten (insbesondere Dr. B.) beim Kläger nicht haben feststellen oder nachvollziehen lassen. Weiter lässt sich ein von Dr. K.-N. in ihrer Stellungnahme an das SG vom 05.12.2004 mitgeteilter Immundefekt aus den von ihr hierzu vorgelegten Unterlagen des Immunologischen Instituts der Universität H. nicht entnehmen. Eine solche Diagnose hat das Institut in seinem Befundbericht vom 21.05.2004 nicht gestellt. Nach den Ausführungen des Instituts im Befundbericht zum durchgeführten Lymphozystenstimulationstest (Befunddatum 24.03.2004) besteht ein Hinweis auf einen zellulären Immundefekt, wenn wenigstens zwei Testergebnisse kleiner als 0,50 sind, was beim Kläger nur bei einem Testergebnis der Fall war (Con 1:4 = 0,27) während weitere drei Testergebnisse (PHA 1:50 = 0,80, T3 1:50 = 10.02 und MLC = 2,36) im normalen Stimulationsbereich lagen. Dr. E. hat auch für eine Hirnschädigung des Klägers keine Bestätigung gefunden. Zudem waren nach den von Dr. E. erhobenen Befunden, die somatosensorisch und akustisch evozierten Potentiale, VEP, EEG sowie eine Dopplersonographie des Gehirns beim Kläger regelgerecht bzw. völlig normal. Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen von Dr. E. war die neuropsychologische Testung des Klägers bei einer durchschnittlichen Intelligenz ebenfalls regelgerecht. Weiter ließen sich in psychiatrischer Hinsicht beschriebene Einschränkungen nicht nachvollziehen. Insbesondere zeigte der Kläger in der mehrstündigen Untersuchung zu keinem Zeitpunkt eine depressive Verstimmung, Antriebsstörung, Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen. Der Umstand, dass der Kläger sein Studium abgebrochen und bis heute nicht wieder aufgenommen hat, lässt keinen Rückschluss auf die Höhe des GdB zu. Im Hinblick auf die von Dr. E. festgestellten Befunde kann den entgegenstehenden Auffassungen von Dr. K.-N. und Dr. B. in ihren Stellungnahmen an das SG nicht gefolgt werden, zumal sie keine eigenen Untersuchungsbefunde nennen, die geeignet sind, die Ansicht von Dr. E. in Zweifel zu ziehen.
Schließlich rechtfertigt die vom Senat eingeholte schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. B. vom 07.01.2008 keine andere Bewertung des Gesamt-GdB. Seiner Bewertung kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Zusätzliche Funktionsbeeinträchtigungen, die eine wesentliche Änderung der Beurteilung rechtfertigen können, lassen sich seiner Stellungnahme nicht entnehmen, wie Dr. Köhler in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 08.05.2008, die der Senat als sachverständiges Parteivorbringen verwertet, überzeugend dargelegt hat und der sich der Senat anschließt. Soweit Dr. B. dem Gutachten von Prof. Dr. D. widerspricht, gründet er diesen Widerspruch auf nicht näher festgestellte Verdachtsmomente, die nicht geeignet sind, abweichend von dem Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. D. den Nachweis einer Quecksilbervergiftung des Klägers zu erbringen. Unabhängig davon sind für die Bewertung des GdB nicht die Diagnostik, sondern die aus Gesundheitsstörungen resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen maßgeblich, wie sie von Dr. E. festgestellt und in ihrem Gutachten nachvollziehbar dargestellt worden sind. Entsprechendes gilt für den vom Kläger vorgelegten Befundbericht des Prof. Dr. K. vom 07.03.2008, sowie den sonst zu den Akten gelangten Befundberichten, denen sich ebenfalls keine GdB-relevanten Funktionsbeeinträchtigen des Klägers entnehmen lassen.
Sonstige Gesichtspunkte, die beim Kläger einen GdB von 30 oder mehr als angemessen erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt ist durch die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen und die in erster und zweiter Instanz durchgeführten Ermittlungen geklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstfeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX).
Der 1964 geborene Kläger beantragte am 18.06.2003 beim Versorgungsamt H. (VA) wegen toxischer Schäden, einer Enzephalopathie und Polyneuropathie die Feststellung des GdB. Das VA hörte Dr. K.-N., die sich am 03.07.2003 durch Vorlage von medizinischen Befundunterlagen (Berichte Dr. K. vom 27.02.2003, 25.09.2002 und 04.12.2001, Dr. C. vom 27.09.2000, 04.03.2000 und 10.02.1997, Laborbericht vom 05.09.l996, Bericht Dr. H. vom 27.12.1996, Lymphozytenstimulationstest Dr. Da. vom 27.07.1993 und Bericht Rehabilitationsklinik H. vom 23.11.1992) äußerte. Nach versorgungsärztlicher Auswertung der zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen durch Dr. G. vom 10.08.2003 stellte das VA beim Kläger mit Bescheid vom 18.08.2003 wegen Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Ohrgeräuschen (Tinnitus) den GdB mit 20 seit 18.06.2003 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 02.09.2003 Widerspruch ein und reichte zur Begründung weitere Unterlagen zu den Akten (Rechnung Dr. D. vom 11.12.1995, einen Aufsatz des Wilhelm Krahn-Zembol aus "umwelt-medizin-gesellschaft" 2/2002 im Auszug, "Kieler Amalgam-Gutachten" von Prof. Dr. W./Dr. A-H vom November 1995 an die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Frankfurt am Main, Verfügung der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main vom 31.05.1996). Das VA holte außerdem - auf Anregung des Klägers - die Stellungnahme des Dr. B. vom 13.11.2003 ein, der sich unter Vorlage weiterer medizinischer Unterlagen äußerte (Befundbericht vom 18.01.2000, Testpsychologischer Untersuchungsbericht vom 30.08.1999 und Stellungnahme vom 12.06.1999). Nach versorgungsärztlicher Auswertung durch Dr. Benz vom 14.12.2003, der in seiner gutachtlichen Stellungnahme wegen Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Ohrgeräuschen (Tinnitus) und toxischer Schädigung die Feststellung des GdB mit 30 vorschlug, stellte das VA entsprechend der versorgungsärztlichen Empfehlung beim Kläger mit Teil-Abhilfebescheid vom 16.01.2004 den GdB mit 30 seit 18.06.2003 fest. Eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz sowie gesundheitliche Merkmale (Merkzeichen) wurden nicht festgestellt.
Der Kläger äußerte sich zum Abhilfebescheid mit Schreiben vom 07.03.2004 und durch Vorlage einer Stellungnahme des Dr. B. vom 25.02.2004. Der Kläger machte unter Bezug auf Befundberichte einen bei einer chronischen Quecksilbervergiftung durch Amalgam-Intoxitation typischen zellulären Immundefekt, eine hirnorganische Persönlichkeitsveränderung, multisensorische und neuroorthologische Funktionsstörungen geltend und erachtete eine Bewertung des MCS-Syndroms mit einem GdB von 70 für angemessen.
Nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Lapsanky vom 18.03.2004 wurde der Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes Baden-Württemberg vom 06.05.2004 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Auswertung der ärztlichen Unterlagen hätten ergeben, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigen in vollem Umfang erfasst und mit einem GdB von 30 angemessen bewertet worden seien.
Hiergegen erhob der Kläger am 01.06.2004 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Der Kläger führte zur Begründung aus, Dr. D. und Dr. B. hätten bei ihm eine toxische Enzephalopathie festgestellt, bei der Konzentrations- und Merkschwächen, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstörungen, anhaltende Erschöpfungszustände, rasche Ermüdbarkeit, allgemeine Antriebsminderung, Persönlichkeitsveränderungen, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen mit depressivem Einschlag im Vordergrund stünden. Er leide an diesen typischen Beschwerden. Nach den AHP liege zumindest ein mittelgradig einzustufender Hirnschaden mit einem GdB von 50 bis 60 vor. Weiter sei die bei ihm bestehende Chemikaliensensibilität nicht berücksichtigt worden. Er reagiere auf alle möglichen Gerüche extrem überempfindlich, wie sich aus dem Befundbericht des Dr. B. vom 13.11.2003 ergebe. Dies löse bei ihm gesundheitliche Störungen aus bzw. führe zu einer Verschlimmerung der bestehenden Beschwerden und damit zu einer weiteren Verschlechterung seines ohnehin bestehenden reduzierten Gesundheitszustandes. Ihm bliebe somit nur die Wahl, entweder einen erheblich verschlechterten Gesundheitszustand in Kauf zu nehmen oder sich unter Vermeidung duftbehafteter Lebensbereiche vom sozialen Leben auszuschließen. Für die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen sei ein Gesamt-GdB von 70 in Ansatz zu bringen.
Das SG hört den Nervenarzt Dr. B. und die Ärztin für Homöopathie-Naturheilverfahren Dr. K.-N. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. B. teilte in seiner Stellungnahme vom 08.09.2004 unter Vorlage von Arztbriefen mit, eine Leistungsminderung des Klägers und eine Wesensänderung seien jeweils mit einem Teil-GdB von 60 zu bewerten. Der Gesamt-GdB betrage mindestens 70. Hinsichtlich der Diagnosen und der Funktionsbeeinträchtigungen nahm er auf die vorgelegten Arztbriefe Bezug. Dr. K.-N. teilte in ihrer Stellungnahme vom 05.12.2004 unter Vorlage von Befundberichten die vom Kläger geklagten Beschwerden und die Diagnosen mit. Vom VA sei eine toxische Enzephalopathie nicht ausreichend gewürdigt worden. Zusätzlich seien starke chronische Körperschmerzen sowie ein Defekt des Immunsystems mit vermehrter Infektanfälligkeit anzuerkennen. Der GdB sei durch ein toxisches Fachgutachten zu ermitteln.
Das SG holte außerdem von Amts wegen das Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E., H., vom 09.05.2005 ein. Die Sachverständige diagnostizierte nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 17.03.2005 eine chronisch somatoforme Schmerzstörung und eine diskrete Polyneuropathie ungeklärter Ätiologie. Für die allenfalls blande Polyneuropathie sei ein Teil-GdB von 10 und für die somatoforme Schmerzstörung ein Teil-GdB von 30 anzusetzen. Der Gesamt-GdB betrage 30. Der Kläger erhob gegen dieses Gutachten unter Verweis auf die entgegenstehenden Befunde von Dr. B. und Dr. K.-N. Einwendungen.
Das SG holte außerdem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Prof. Dr. D. / Prof. Dr. E., Institut für Rechtsmedizin der Universität München, vom 13.12.2005 ein, die das Gutachten mit Zustimmung des Klägers nach Aktenlage erstatteten. Sie gelangten zu dem Ergebnis, dass sich nach Aktenlage kein Hinweis dafür ergebe, dass beim Kläger eine erhöhte Quecksilberbelastung, insbesondere durch Zahnamalgam, vorgelegen hat. Unabhängig davon erscheine der vom Kläger bei der Begutachtung durch Dr. E. selbst angegebene Krankheitsverlauf in keiner Weise typisch für eine chronische Quecksilberbelastung zu sein. Der Kläger führte zu diesem Gutachten aus, das Gutachten bestätige lediglich, dass seine bestehenden Gesundheitsstörungen nicht auf eine erhöhte Quecksilberbelastung zurückgeführt werden könnten. Seine tatsächlich bestehenden Gesundheitsstörungen rechtfertigten einen GdB von mindestens 70.
Mit Urteil vom 17.08.2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vorliegenden medizinischen Erkenntnisse rechtfertigten keine höhere Bewertung des GdB als 30. Nach dem Gutachten von Dr. E. sei eine Hirnschädigung des Klägers nicht nachgewiesen. Die Untersuchungsergebnisse von Dr. E. hätten die von Dr. B. angenommenen Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne einer organischen und schweren Hirnschädigung nicht bestätigt. Die blande Polyneuropathie sei allenfalls mit einem nicht als Behinderung zu berücksichtigenden GdB von 10 zu bewerten. Die von Dr. K. beschriebenen Gleichgewichtsstörungen seien ebenfalls nicht bestätigt worden. Die Interpretation der Bedeutung des radiologischen Befundes von Dr. H., dem funktionale Auswirkungen nicht zu entnehmen seien, habe sich durch die Untersuchung von Dr. E. nicht objektivieren lassen. Der vom Kläger angegebene Ganzkörperschmerz sei von Dr. E. diagnostisch als somatoforme Schmerzstörung eingeordnet worden, für deren Auswirkungen nach den AHP ein GdB von 30 angemessen sei.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 04.10.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.11.2006 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, dem Gutachten von Dr. E. könne nicht gefolgt werden. Das Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. D. bedeute nicht, dass er nicht an den beschriebenen vielfältigen und schwerwiegenden Beschwerden leide. Sein Krankheitsbild könne am besten seine Hausärztin Dr. K.-N. beurteilen, bei der er sich seit über zwölf Jahren in Dauerbehandlung befunden habe. Der langjährige Behandlungsverlauf spreche in besonderem Maße für das tatsächliche Vorliegen der genannten Gesundheitsstörungen. Auch der Abbruch des bis dahin erfolgreichen Studiums kurz vor dem Diplom, das er krankheitsbedingt bis heute nicht wieder habe aufnehmen können, sei nicht wegen ein paar Befindlichkeitsstörungen erfolgt. Diese Umstände bestätigten das Vorliegen der beschriebenen Gesundheitsstörungen und einen hierdurch bedingten hohen Leidensdruck. Weiter habe sich Dr. E. mit dem Immundefekt in ihrem Gutachten nicht auseinander gesetzt. Das gelte auch für die ebenfalls objektiv nachgewiesene multisensorische neurootologische Störung, die zentrale cerebello-pontobulbäre Gleichgewichtsstörung, eine pontomedulläre Hörbahnstörung, den Tinnitus cranii sive crebrie, eine Sehbahnstörung sowie die im SPECT nachgewiesenen Perfussionsstörungen. Sowohl im Hinblick auf die im Gutachten von Dr. E. erfolgte fehlerhafte Bewertung der Schwere und des Ausmaßes der vorhandenen gesundheitlichen Störungen sowie auch der fehlenden Berücksichtigung der vorgenannten objektiven Befunde könne der Bewertung des GdB durch das SG mit 30 nicht gefolgt werden. Im Übrigen seien bei ihm zwischenzeitlich ein Gen-Defekt sowie eine Fibromyalgie diagnostiziert worden. Er habe sich bei Dr. R. kurzzeitig in einer Schmerztherapie mit Opiaten befunden, die wegen heftiger Nebenwirkungen habe abgebrochen werden müssen. Der Kläger hat den Befundbericht des Prof. Dr. K. vom 07.03.2008 vorgelegt.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. August 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides des Beklagten vom 18. August 2003 in der Fassung des Bescheides vom 16. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2004 zu verpflichten, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 70 seit dem 18. Juni 2003 festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat den Facharzt für Allgemeinmedizin und Umweltmedizin Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dr. B. hat in seiner Stellungnahme vom 07.01.2008 unter Vorlage von Befundberichten über den Behandlungsverlauf, die vom Kläger geklagten Beschwerden, die Befunde und Diagnosen berichtet. Wegen einer Polyneuropathie peripherer Natur, systemischen Entzündungsreaktionen und einer fehlenden Entgiftungskapazität zur Ausscheidung von Schwermetallen wie Quecksilber durch eine genetisch komplette Fehlanlage von GST M1 hat er den GdB auf 90 eingeschätzt.
Der Beklagte ist der Berufung unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Köhler vom 08.05.2008 weiter entgegengetreten. Der Kläger hat hierzu ausgeführt, die Ergebnisse der von Dr. B. veranlassten Untersuchungen seien die Erklärung der bestehenden Gesundheitsstörungen. Allein aus den vorliegenden Befundberichten könnten keine negativen Rückschlüsse für die Bemessung des GdB gezogen werden.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 18.08.2003 in der Fassung des Bescheides vom 16.01.2004 ist rechtmäßig. Der Beklagte hat mit dem angegriffenen Bescheid zu Recht den GdB auf 30 festgesetzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30.
Der Beklagte wird seit 01.01.2005 wirksam durch das Regierungspräsidium Stuttgart vertreten. Nach § 71 Abs. 5 SGG wird in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts das Land durch das Landesversorgungsamt oder durch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, vertreten. In Baden-Württemberg sind die Aufgaben des Landesversorgungsamts durch Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums (Verwaltungsstruktur-Reformgesetz - VRG -) vom 01.07.2004 (GBl S. 469) mit Wirkung ab 01.01.2005 (Art 187 VRG) auf das Regierungspräsidium Stuttgart übergegangen.
Auf Antrag des Behinderten stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den daraus resultierenden GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB IX). Die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX), so dass auch hier die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" 2004 (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen sind.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5).
Nach dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Ermittlungen sowie unter Berücksichtigung der in der Verwaltungsakte des Beklagten enthaltenen medizinischen Unterlagen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass beim Kläger der GdB mit 30 vom Beklagten zutreffend festgestellt wurde. Ein GdB von 40 (oder mehr) liegt beim Kläger nicht vor.
Nach dem vom SG eingeholten überzeugenden Gutachten der Dr. E. vom 09.05.2005, dem der Senat folgt, besteht bei dem Kläger eine Polyneuropathie ohne funktionelle Auswirkungen die allenfalls mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten ist, die nach den oben dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB nicht zu berücksichtigen ist. Weiter besteht beim Kläger eine somatoforme Schmerzstörung, unter die auch die übrigen körperlichen Beschwerden des Klägers zu subsumieren sind, für die auch der Senat in Übereinstimmung mit dem SG und der Sachverständigen einen Teil-GdB von 30 angemessen hält. Nach den AHP (Nr. 26.18, Seite 113) sind die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungs-Syndrome (z.B. CFS/MCS) jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. Dabei erscheint es nach der Rechtsprechung des Senates sinnvoll, den GdB für die funktionellen Auswirkungen einer somatoformen Schmerzstörung entsprechend der Bewertung von Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen nach den AHP (Nr. 26.3, Seite 48) zu bewerten (Senatsurteil vom 23.11.2007 - L 8 SB 4995/04 -). Aufgrund der Schilderungen des Klägers bei der Begutachtung durch Dr. E. zum Tagesablauf (Seite 3 des Gutachtens) und des erhobenen neurologischen sowie psychopathologischen Befunde ist beim Kläger davon auszugehen, dass die somatoforme Schmerzstörung Beeinträchtigungen hervorruft, die als stärker behindernde psychische Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit i.S. des Kapitels 26.3 der AHP (S. 48) anzusehen sind, für die eine GdB-Bewertung von 30 bis 40 vorgesehen ist. Dem entspricht die Bewertung durch Dr. E ... Gründe, den GdB-Rahmen entgegen der Bewertung der Sachverständigen nach oben auszuschöpfen (GdB 40), sieht auch der Senat nicht.
Die vom Kläger gegen das Gutachten von Dr. E. erhobenen Einwände sind nicht berechtigt. Der Kläger macht geltend, Dr. E. stelle sich in Widerspruch zu den eingeholten Ausführungen in den Befundberichten von Dr. K.-N. und Dr. B. und lasse Gesundheitsstörungen unberücksichtigt. Dem kann nicht gefolgt werden. Dr. E. hat sich in der Zusammenfassung und Beurteilung in ihrem Gutachten (Seite 10 ff.) unter Berücksichtigung der von ihr bei der Untersuchung des Klägers festgestellten neurologischen und psychopathologische Befunden sowie den Ergebnissen einer neuropsychologischen Testuntersuchung mit den zu den Akten gelangten Befundberichten (auch des Dr. B.) und den schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. K.- N. und Dr. B. eingehend auseinander gesetzt und nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass sich die in den Befundberichten und sachverständigen Zeugenaussagen beschriebenen Auffälligkeiten (insbesondere Dr. B.) beim Kläger nicht haben feststellen oder nachvollziehen lassen. Weiter lässt sich ein von Dr. K.-N. in ihrer Stellungnahme an das SG vom 05.12.2004 mitgeteilter Immundefekt aus den von ihr hierzu vorgelegten Unterlagen des Immunologischen Instituts der Universität H. nicht entnehmen. Eine solche Diagnose hat das Institut in seinem Befundbericht vom 21.05.2004 nicht gestellt. Nach den Ausführungen des Instituts im Befundbericht zum durchgeführten Lymphozystenstimulationstest (Befunddatum 24.03.2004) besteht ein Hinweis auf einen zellulären Immundefekt, wenn wenigstens zwei Testergebnisse kleiner als 0,50 sind, was beim Kläger nur bei einem Testergebnis der Fall war (Con 1:4 = 0,27) während weitere drei Testergebnisse (PHA 1:50 = 0,80, T3 1:50 = 10.02 und MLC = 2,36) im normalen Stimulationsbereich lagen. Dr. E. hat auch für eine Hirnschädigung des Klägers keine Bestätigung gefunden. Zudem waren nach den von Dr. E. erhobenen Befunden, die somatosensorisch und akustisch evozierten Potentiale, VEP, EEG sowie eine Dopplersonographie des Gehirns beim Kläger regelgerecht bzw. völlig normal. Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen von Dr. E. war die neuropsychologische Testung des Klägers bei einer durchschnittlichen Intelligenz ebenfalls regelgerecht. Weiter ließen sich in psychiatrischer Hinsicht beschriebene Einschränkungen nicht nachvollziehen. Insbesondere zeigte der Kläger in der mehrstündigen Untersuchung zu keinem Zeitpunkt eine depressive Verstimmung, Antriebsstörung, Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen. Der Umstand, dass der Kläger sein Studium abgebrochen und bis heute nicht wieder aufgenommen hat, lässt keinen Rückschluss auf die Höhe des GdB zu. Im Hinblick auf die von Dr. E. festgestellten Befunde kann den entgegenstehenden Auffassungen von Dr. K.-N. und Dr. B. in ihren Stellungnahmen an das SG nicht gefolgt werden, zumal sie keine eigenen Untersuchungsbefunde nennen, die geeignet sind, die Ansicht von Dr. E. in Zweifel zu ziehen.
Schließlich rechtfertigt die vom Senat eingeholte schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. B. vom 07.01.2008 keine andere Bewertung des Gesamt-GdB. Seiner Bewertung kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Zusätzliche Funktionsbeeinträchtigungen, die eine wesentliche Änderung der Beurteilung rechtfertigen können, lassen sich seiner Stellungnahme nicht entnehmen, wie Dr. Köhler in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 08.05.2008, die der Senat als sachverständiges Parteivorbringen verwertet, überzeugend dargelegt hat und der sich der Senat anschließt. Soweit Dr. B. dem Gutachten von Prof. Dr. D. widerspricht, gründet er diesen Widerspruch auf nicht näher festgestellte Verdachtsmomente, die nicht geeignet sind, abweichend von dem Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. D. den Nachweis einer Quecksilbervergiftung des Klägers zu erbringen. Unabhängig davon sind für die Bewertung des GdB nicht die Diagnostik, sondern die aus Gesundheitsstörungen resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen maßgeblich, wie sie von Dr. E. festgestellt und in ihrem Gutachten nachvollziehbar dargestellt worden sind. Entsprechendes gilt für den vom Kläger vorgelegten Befundbericht des Prof. Dr. K. vom 07.03.2008, sowie den sonst zu den Akten gelangten Befundberichten, denen sich ebenfalls keine GdB-relevanten Funktionsbeeinträchtigen des Klägers entnehmen lassen.
Sonstige Gesichtspunkte, die beim Kläger einen GdB von 30 oder mehr als angemessen erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt ist durch die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen und die in erster und zweiter Instanz durchgeführten Ermittlungen geklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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