Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 229/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 5/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 9/19 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Bildung der zu großen Beitragsklassen nach den Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der KV Hessen (GEHV) verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 05.11.2014 - S 12 KA 420/14 - juris). Dies benachteiligt u.a. Fachärzte für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, die unterdurchschnittliche Honorarumsätze erzielen.
1. Unter Aufhebung des Bescheids vom 31.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.03.2013 wird die Beklagte verpflichtet, über die Eingruppierung der Klägerin und die Festsetzung des Quartalsbeitrags zur EHV unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Klägerin und die Beklagte haben jeweils zu ½ die Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Festsetzung der EHV-Beitragsklasse 2 und des EHV-Beitrags in Höhe von 1.254,00 EUR je Quartal für das Beitragsjahr 2012/2013, was einem Jahresbetrag von 5.016,00 EUR entspricht, nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten (GEHV).
Die Klägerin ist als Fachärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie seit dem 02.05.2001 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Die Beklagte stufte die Klägerin mit Bescheid vom 31.08.2012 in die Beitragsklasse 2 der EHV für den Zeitraum 01.07.2012 bis 30.06.2013 ein. Den Beitrag setzte sie je Quartal (III/12 bis II/13) auf 1.254,00 EUR fest. Zur Begründung verwies sie auf die Neufassung der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung GEHV). Danach sei die Höhe des zu leistenden Betrages abhängig von dem erzielten Honorar aus ärztlicher Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Für das hier strittige Beitragsjahr würden die erzielten Honorare aus dem Jahr 2010 herangezogen werden. Insgesamt würden 9 Beitragsklassen festgelegt werden. Die konkrete Zuordnung zur Beitragsklasse erfolge über das prozentuale Verhältnis des arztindividuellen Honorars zum Durchschnittshonorar. Im Jahr 2010 habe das Gesamthonorar der Klägerin 56.591,14 EUR betragen, das Durchschnittshonorar 205.398,02 EUR. Der Anteil des klägerischen Honorars am Durchschnittshonorar betrage 27,55 %, woraus sich die ermittelte Beitragsklasse 2 ergebe.
Hiergegen legte die Klägerin am 26.09.2012 Widerspruch ein. Sie trug unter Datum vom 26.02.2013 vor, bei einer Gesamtvergütung von 9.746,75 EUR im Quartal III/12 stelle die Höhe des EHV-Beitrags von 1.254,00 EUR (12,86 %) eine besondere Härte dar. Da gleichzeitig die Beiträge an das Versorgungswerk (1.850,25 EUR) und die Krankenkasse (1.660,23 EUR) von ihr abgeführt würden, verblieben vor Abzug von Steuern und anderen Kosten lediglich 4.991,27 EUR Quartalseinkommen. Dies als Generationengerechtigkeit zu propagieren empfinde sie als Mutter zweier schulpflichtiger Kinder als zynisch und ungerecht. Sie liege knapp über der Schwelle zur Beitragsklasse 1 und bitte deshalb für das Quartal III/12 um Umgruppierung in die Beitragsklasse 1.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine Reform der EHV sei angesichts einer wachsenden Anzahl von EHV-Empfängern und einer gleichzeitig abnehmenden Anzahl von Einzahlern erforderlich geworden. Mit der aktuellen Neufassung habe sie u.a. ein Beitragsklassenmodell eingeführt. Jeder aktive Vertragsarzt werde danach in eine der neun Beitragsklassen eingestuft. Grundlage für die Einstufungen in die jeweilige Beitragsklasse bilde das prozentuale Verhältnis des arztindividuellen Honorars zum Durchschnittshonorar aller aktiven Vertragsärzte (Beitragszahler). Das für den Beitrag maßgebliche Honorar der Klägerin im Jahr 2010 stelle sich wie folgt dar:
Quartal Honoraranteile 2010
Bruttohonorar PK+EK Korrekturen Almax EHV befreit Gesamt
1/2010 15.150,01 EUR 0 EUR 0 EUR 0 EUR 15.150,01 EUR
2/2010 14.081,91 EUR 0 EUR 0 EUR 0 EUR 14.081,91 EUR
3/2010 13.807,68 EUR 0 EUR 0 EUR 0 EUR 13.807,68 EUR
4/2010 13.551,54 EUR 0 EUR 0 EUR 0 EUR 13.551,54 EUR
Gesamt 56.591,14 EUR
Sie habe daher den quartalsmäßigen Betrag korrekt festgesetzt. Die EHV sei als Umlagesystem organisiert. Der Vertragsarzt müsse daher in der aktiven Phase hinnehmen, dass seine Vergütung gemindert werde, um aus dem nicht verteilten Betrag die Versorgung von invaliden und alten Ärzten sowie Hinterbliebenen zu finanzieren. Dafür erwerbe er Teilhabeansprüche an dem zukünftig erwirtschafteten Honorar der Vertragsärzte in Form von Punkten, die grundsätzlich wiederspiegelten, wie sich sein für die EHV relevantes Honorar zum Durchschnittshonorar verhalte. Es folge kein Anspruch auf eine bestimmte Höhe des Zahlbetrages, sondern lediglich ein Teilhabeanspruch im Rahmen der Aufteilung der Gesamtvergütung. Den Mitgliedern eines im Umlageverfahren betriebenen Pflichtversicherungssystems seien in einem gewissen Umfang auch höhere Beiträge zuzumuten, wenn dies zur Finanzierung der erworbenen Rentenansprüche erforderlich sei. Auf der anderen Seite fordere das verfassungsrechtliche Übermaßverbot auch die Beteiligung der EHV-Empfänger, um die Funktionsfähigkeit der EHV zu erhalten. Dementsprechend sei mit der GEHV 2012 u.a. eine schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze, ab der ein Eintritt in die EHV ohne Abzüge erfolge, auf 67 Jahre beschlossen wurden.
Hiergegen hat die Klägerin am 16.04.2013 die Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, die Satzungsgrundlage sei bereits rechtswidrig. Das Beitragsklassenmodell verpflichte diejenigen Ärzte stärker zur Zahlung von EHV-Beiträgen, die eher geringe Einkommen erzielten. Im Einzelnen stelle sich dies wie folgt dar:
Beitragsklasse % Anteil am Durchschnittshonorar Beitrag je Quartal (in Prozent der jährlichen Bezugsgröße i.S. § 18 Abs. 1 SGB IV) Beitrag je Quartal (in EUR) Punktzahl pro Jahr
1 0 bis 25 2,0450 % 627 100
2 )25 bis 50 4,0900 % 1.254 200
3 )50 bis 75 6,1350 % 1.881 300
4 )75 bis 100 8,1800 % 2.508 400
5 )100 bis 125 10,2250 % 3.135 475
6 )125 bis 150 12,2701 % 3.762 540
7 )150 bis 175 14,3151 % 4.389 595
8 )175 bis 200 16,3601 % 5.016 640
9 )200 18,4051 % 5.643 675
Im rechnerischen Bezug zum durchschnittlichen Honorar aller aktiven Ärzte seien 25 %-Schritte je Beitragsklasse eingeführt worden. Auf der Grundlage der Bezugsgröße im Sinne des § 18 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 30.660,14 EUR, die etwas unterhalb der von der Bundesregierung festgelegten Bezugsgröße für die Sozialversicherungen für das Jahr 2010 liege, seien in 2,045 %-Schritten je Beitragsklasse Prozentsätze festgelegt worden. Über das prozentuale Verhältnis von EHV-Quoten zur Bezugsgröße seien die aufgeführten Eurobeträge ermittelt worden, die an die EHV abzuführen seien. Den Beiträgen seien Punktzahlen zur Bildung der Anwartschaft zugeordnet worden, wobei in den weiteren Beitragsklassen 1 bis 4 die Bewertungsprozentsätze mit 0,15948 konstant seien, die ab der 5. Beitragsklasse (0,1515) bis zur 9. Beitragsklasse (0,1196) leicht absänken. Der für sie festgesetzte Beitrag sei unangemessen hoch. Nach dem Äquivalenzprinzip dürfe die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil stehen, den sie abgelten sollten. Einzelne Mitglieder dürften nicht im Verhältnis zu anderen übermäßig hoch belastet werden. Gemäß dem Gleichheitssatz dürften die durch die Beiträge resultierenden Belastungen nicht unverhältnismäßig verteilt sein in dem Sinne, dass definierte Einkommensgruppen im mathematisch-rechnerischen Verhältnis zueinander geringer/höher belastet seien als andere Einkommensgruppen. Die für die Erhebung der Beiträge erforderlichen Grundsätze müssten in Gestalt der Beitragshöhen und der Zuordnung zu einer Beitragsklasse erfüllt sein. Zu berücksichtigen sei, dass insbesondere bei den unteren Beitragsklassen auf Grund der Stufen und der Festlegung der absolut in Euro ermittelten Beitragssätze es zu erheblichen Differenzen kommen könne. Bei geringfügiger Überschreitung der Durchschnittsumsätze der Beitragsklasse 1 in entsprechender Eingruppierung in die Beitragsklasse 2 sei letztlich der Belastungsgrad nahezu doppelt so hoch wie die maximale Belastungsquote in der Beitragsklasse 2 bis 8. Dies werde aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich, in der zu erkennen sei, wie stark die Belastung in % vom Jahresumsatz divergieren könne:
Beitragsklasse absolute Anteile am Durchschnittshonorar Jahresbeitrag zur EHV (in EUR) Steigerung der absoluten Jahresbeiträge in % Belastung in % vom Jahresumsatz Unterschied in % zwischen den Beitragsklassen
1 0 - 51.347,25 EUR 2.508 0,0 % - 4,8 % 0,0 %
2 51.347,26 EUR - 102.694,51 EUR 5.016 100,00 % 9,7 % – 4,8 % 100,0 %
3 102.694,52 EUR - 154.041,76 EUR 7.524 50 % 7,3 % - 4,8 % - 32,8 %
4 154.041,77 EUR - 205.389,02 EUR 10.032 33,3 % 6,5 % - 4,8 % - 12,3 %
5 205.389,03 EUR - 256.736,27 EUR 12.540 25 % 6,1 % - 4,8 % - 6,5 %
6 256.736,28 EUR - 308.083,53 EUR 15.048 20 % 5,8 % - 4,8 % - 5,1 %
7 308.083,54 EUR - 359.430,78 EUR 17.556 16 % 5,7 % - 4,8 % - 1,7 %
8 359.430,79 EUR - 410.778,04 EUR 20.064 14,2 % 5,6 % - 4,8 % - 1,7 %
9 )410.778,05 EUR 22.536 12,3 % 5,4 % - 3,7 %
Selbst wenn in dem Quartal, in dem die Zahlungen zur EHV erfolgten, die Einkünfte niedriger als im Ausgangsjahr seien, würden die Beitragszahlungen davon nicht mehr tangiert werden. Die tatsächliche Leistungsfähigkeit im betreffenden Quartal sei nicht für die Höhe der Beiträge zur EHV maßgebend. Da die inhomogene Verteilung in den höheren Beitragsstufen deutlich geringer sei, was auf den Umstand beruhe, dass die Beitragssätze in Euro definiert würden, wirke diese fehlender Korrektur anhand der tatsächlichen Leistungsfähigkeit im betreffenden Quartal sich besonders stark in den unteren Beitragsstufen aus. Dieser Effekt werde noch dadurch verstärkt, dass die einkommensschwächeren Gruppen der niedrigen Beitragsklassen im Verhältnis höhere Beiträge als die einkommensstarken Beitragsklassen zahlen müssten. Diese Verteilung verstoße im ganz erheblichen Maß gegen das Prinzip, dass leistungsfähige Ärzte eher im Stande seien, entsprechende Beiträge zu leisten, als einkommensschwache Ärzte. Bei geringen Umsätzen sei auch üblicherweise der Gewinn geringer. Die höheren Einkommensgruppen profitierten von der Neuregelung der EHV deutlich überproportional. Die neuen Belastungsquoten für schwächere Einkommensbezieher lägen deutlich über 5 %. Dies verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das solidarisch geprägte Vertragsarztsystem. Eine weitere Benachteiligung ergebe sich durch die Beitragsbegrenzung für die oberen Beitragsklassen. Vergleiche man das System der EHV mit den Beitragsregelungen des hessischen Ärzteversorgungswerkes, so werde deutlich, dass es durchaus Möglichkeiten gegeben hätte, diese Verwerfungen durch eine differenzierte Gestaltung zu vermeiden. Mit Schriftsatz vom 26.11.2013 ihres Prozessbevollmächtigten führt die Klägerin weiter aus, die vergleichsweise günstige Rendite von Beitragszahlungen der Bezieher niedriger Einkommen in Form höherer EHV-Punktzahlen bei der Bildung von Anwartschaften gegenüber Beziehern höherer Einkommen, die einen Punktabschlag hinnehmen müssten, könne zwar höhere Beitragsleistungen für einen späteren EHV-Bezug bewirken. Dies müsse jedoch mit den höheren Belastungsquoten verrechnet werden, sodass unter dem Strich letztlich ein rechnerischer Nachteil für die unteren Einkommensbezieher resultiere. Es finde kein sozialer Ausgleich zwischen Beziehern niedriger und höherer Einkommen statt. Es seien zumindest gleiche Belastungsquoten bei den Beitragszahlungen zu fordern. Es bestehe das Erfordernis der engeren Spreizung von Beitragsklassen und weiteren Beitragsklassen jenseits der Beitragsklasse 9. Durch die Änderung der Systematik sei es zu negativen Konsequenzen durch den Wegfall des EHV-Beitragsprozentsatzes von 5 % insbesondere für schwächere Einkommensbezieher gekommen. Sie habe eine Mehrbelastung von ca. 76 % an Beitragszahlungen zur EHV zu tragen. Ihre Abzüge zur EHV und zum ärztlichen Versorgungswerk betrügen insgesamt ca. 22 % oder 12.417,00 EUR zur Basis des in 2010 erzielten Jahreshonorars in Höhe von 56.591,14 EUR und überstiegen damit die für 2012 geltende Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 18,9 % zur Absicherung der Vorsorge bei Altersinvalidität im Ärzteversorgungswerk Hessen und in der Deutschen Rentenversicherung.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 31.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2013 aufzuheben,
hilfsweise
unter Aufhebung des Bescheids vom 31.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2013 sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, mit jeder Beitragsklasse sei ein fester EHV-Anspruch in Punkten verknüpft. Für den Regelbetrag erhalte der Beitragszahler pro Jahr 400 Punkte. Davon abweichend erhalte der Beitragszahler in den Beitragsklassen 1 bis 3 und 5 bis 9 Punkte anhand einer in der Vorschrift angeführten Tabelle. Die Beitragsklasse 2 entspreche einer Punktzahl von 200 Punkten pro Jahr. Aus der Multiplikation der Punktezahl, maximal 14.000 Punkte, mit einem festen Punktwert in Euro, ergebe sich die Höhe des monatlichen EHV-Bezugs. Die Veränderung des Punktwerts zwischen den Beitragsjahren hänge von der Änderung der Bezugsgröße und dem Mengenfaktor ab. Der Mengenfaktor stelle die Entwicklung der EHV-Ansprüche im Verhältnis zur Entwicklung der aktiven Ärzte (Beitragszahler) dar. Sofern die Beiträge der aktiven Ärzte nicht ausreichten, um den Finanzbedarf zu decken, würde der zusätzliche Anteil von beiden Gruppen getragen. Dieser "paritätische Defizitausgleich" führe dazu, dass sich die Beiträge je Stufe der aktiven Ärzte erhöhen könnten. Auf der Seite der EHV-Empfänger sinke dann der Punktwert im Vergleich zum vorherigen Beitragsjahr, mit dem die EHV-Ansprüche bewertet würden. Dies gelte allerdings nicht für EHV-Empfänger, die schon einmal einen höheren Punktwert bekommen hätten, Stichwort "Rentengarantie". Ihr komme als Satzungsgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die Zahl der Leistungsempfänger steige schneller als die der aktiven Ärzte, sofern diese überhaupt steigen würden. So hätte die Zahl der Leistungsempfänger in etwa 14 Jahren die der aktiven Ärzte überschritten. Durch die steigende Lebenserwartung werde die Bezugszeit von Leistungen aus der EHV verlängert. Sie habe auch weniger Möglichkeiten zum Ausgleich bestimmter Sonderbelastungen als Gebietskörperschaften zur Sanierung ihrer Haushalte. Die Äquivalenz zwischen Beitrag und späterer Leistung werde gewährleistet. Die Rendite der Beiträge bleibe positiv. Die neuen Beitragsklassen vermieden eine individuelle Überforderung. Das neue System biete zudem für alle Ärzte eine Planungs- und Kalkulationsmöglichkeit für vier Quartale. Die Honorarhöhe entscheide über die Einordnung in die neuen Beitragsklassen. In einer Beitragsklasse zahlten alle Ärzte den gleichen Beitrag und würden die gleiche Höhe des EHV-Anspruchs im Jahr erwerben. Es bestehe auch eine Verzahnung zwischen der EHV und dem Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen. Für niedergelassene Ärzte ermäßige sich der Beitrag zum Versorgungswerk nach Vorlage einer Kopie der Zulassung um 50 %. Dadurch werde eine finanzielle Überforderung ausgeschlossen. Nach § 3 Abs. 2 S. 7 GEHV könne der Vorstand auf Antrag die Eingruppierung in eine andere Beitragsklasse vornehmen. Die Bemessung anhand des Bezirksjahres sei nicht zu beanstanden. Nach der Satzung würden die Punkte für die einzelnen Beitragsklassen wie folgt gutgeschrieben werden:
Beitragsklasse Punktzahl pro Jahr
1 100
2 200
3 300
4 400
5 475
6 540
7 595
8 640
9 675
In den ersten vier Beitragsklassen erfolge jeweils eine Steigerung um 100 Punkte, ab der Beitragsklasse 5 erfolge jedoch eine Abstaffelung, die in den höheren Beitragsklassen noch stärker ausgeprägt sei, sodass in der höchsten Beitragsklasse 9.675 Punkte pro Jahr gutgeschrieben würden. Auch in anderen Altersversorgungssystemen gebe es eine Beitragsbemessungsgrenze. Außerdem sei nicht nur der Beitrag der Ärzte, die im Vergleich zum Durchschnittseinkommen mehr als 201 % erwirtschafteten, begrenzt, sondern auch die zu erreichende Punktzahl pro Jahr. Weiterhin könnten maximal 14.000 Punkte berücksichtigt werden. Bereits in der Vorgängerregelung sei ein Höchstanspruchssatz von 18 % vorgesehen gewesen. Bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen könne das Äquivalenzprinzip eine Modifikation durch den Gedanken der Solidarität erfahren. Der Beitragssatz im Versorgungswerk entspreche dem zur Deutschen Rentenversicherung, seit Januar 2012 seien 18,9 % des Einkommens zu entrichten. Es würden nur Einkommen bis zur jährlichen Grenze von 69.600 EUR berücksichtigt werden. Daraus errechne sich ein monatlicher Höchstbetrag von 1.096,20 EUR. Die Hälfte des Beitrags betrage bei dieser Berechnung 548,10 EUR monatlich bzw. 1.644,30 EUR pro Quartal. In der Beitragsklasse 2 im System der EHV betrage der Beitrag 1.052 EUR pro Quartal, liege also unter dem hälftigen Beitrag der Landesärztekammer für Vertragsärzte. Durch die Zahlung des Beitrags für die EHV könne nicht von einer finanziellen Überforderung der Klägerin ausgegangen werden. Im Übrigen verweise sie auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist auch z. T. begründet. Der Bescheid vom 31.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.03.2013 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben. Die Beklagte ist verpflichtet, über die Eingruppierung der Klägerin und die Festsetzung des Quartalsbeitrags zur EHV unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Der Klage war daher im Hilfsantrag stattzugeben. Im Übrigen war die Klage aber im Hauptantrag abzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf ersatzlose Aufhebung der Heranziehung zur EHV.
Die Klage war im Hauptantrag abzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf grundsätzliche Nichtheranziehung zur EHV. Insoweit bestehen eine Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung der EHV und hierfür eine grundsätzlich ausreichende Rechtsgrundlage. Im Hilfsantrag war der Klage stattzugeben. Die grobe Beitragsklasseneinteilung verstößt gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG).
Mit dem Hauptantrag würde die Klägerin erreichen, grundsätzlich nicht zur EHV herangezogen zu werden. Hierauf hat sie keinen Anspruch. Vielmehr besteht eine grundsätzliche Ermächtigung der Beklagten, alle Vertragsärzte und somit auch die Klägerin zur EHV heranzuziehen.
Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zur EHV ist § 3 Abs. 1 Satz 1 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung, die die Beklagte durch Beschluss ihrer Vertreterversammlung in den Sitzungen vom 10.03.2012 und 12.05.2012 mit Wirkung zum 01.07.2012 neu gefasst hat (im Folgenden: GEHV). Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der GEHV ist § 8 des hessischen Landesgesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen i. d. F. d. Änderungsgesetzes vom 14.12.2009, GVBl. 2009, Teil I, 662, in Kraft getreten am 23.12.2009 (KVHG) i. V. m. Art. 4 § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Kassenarztrecht (GKAR) vom 17.08.1955 (BGBl I 513). Nach Art. 4 § 1 Abs. 2 GKAR bleiben landesrechtliche Regelungen über die Altersversorgung der Kassenärzte unberührt. Diese Vorschrift schützt die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehenden Versorgungseinrichtungen von Kassen-(heute: Vertrags-)Ärzten. Diese Vorschrift ist ebenfalls verfassungsgemäß (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 10/13 R - juris Rdnr. 22 ff.; ausführlich BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65, juris Rdnr. 20 bis 64; die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil wurde von BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Beschl. v. 15.06.2009 - 1 BvR 3289/08 - nicht zur Entscheidung angenommen; s. a. die Verfassungsbeschwerde gegen die Parallelentscheidung BSG, Urt. v. 16.07.2008 B 6 KA 39/07 R - juris, die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde von BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Beschl. v. 15.06.2009 - 1 BvR 3290/08 - ebf. nicht zur Entscheidung angenommen, zitiert nach den Angaben zu den BSG-Entscheidungen in juris). Das Bundessozialgericht hat jüngst nochmals für diese Vorläuferfassung entschieden, dass § 8 KVHG i. V. m. Art. 4 § 1 Abs. 2 GKAR verfassungsgemäß ist, insbesondere eine hinreichend präzise Ermächtigungsgrundlage für den Satzungsgeber enthält, im Rahmen der betroffenen grundrechtlichen Gewährleistungen von Art 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG einerseits und Art. 14 Abs. 1 GG andererseits Regelungen zu treffen. Die Vorschriften bilden nicht nur mit hinreichender Bestimmtheit eine Grundlage für ein umlagefinanziertes Versorgungssystem, sondern auch für die Anpassung der EHV an sich ändernde Verhältnisse im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung. Nach Auffassung des Senats hat sich gezeigt, dass die Beklagte auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigungen auf (auch) grundlegende Änderungen in der Versorgungsstruktur in Bezug auf die EHV sachgerecht zu reagieren imstande ist. Das betrifft sowohl die 1991 erfolgte Erweiterung der EHV auf Honorare, die für die Behandlung von Versicherten der Ersatzkassen über die KÄV verteilt worden sind, als auch die Entscheidung, die Psychologischen Psychotherapeuten nicht in die EHV einzubeziehen (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 8/13 R - juris Rdnr. 30 ff.).
Auch die Neufassung des § 8 KVHG ist eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. Die Neufassung war erforderlich geworden, um die Einbeziehung der Honorare aus Selektivverträgen, die hier nicht in Streit steht, zu gewährleisten.
Nach der Neufassung des § 8 KVHG sorgt die Kassenärztliche Vereinigung Hessen im Rahmen ihrer Satzung für eine wirtschaftliche Sicherung der invaliden und alten Vertragsärztinnen oder Vertragsärzte und der Hinterbliebenen von Vertragsärztinnen oder Vertragsärzten. Diese Sicherung kann auch durch besondere Honorarverteilungsgrundsätze geregelt werden (Abs. 1). Zur Sicherung der nach Abs. 1 errichteten Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen werden neben der Gesamtvergütung sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, der Erweiterten Honorarverteilung unterworfen. Dies gilt unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung (Abs. 2). Die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sind verpflichtet, den Umsatz, den sie aufgrund der Abrechnung für Leistungen nach Abs. 2 erhalten, gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen offenzulegen. Sofern sie dieser Verpflichtung nicht innerhalb von drei Monaten nachkommen, ist die Kassenärztliche Vereinigung Hessen befugt, die Vergütung für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbracht hat und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt wurden, zu schätzen. Gegen diese Verfügung ist binnen eines Monats gegen über der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen Widerspruch unter Vorlage der vollständigen Unterlagen zulässig. Die Vollständigkeit ist an Eides statt zu erklären (Abs. 3). Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen ist berechtigt, durch Satzung die Einbeziehung der Umsätze für Leistungen nach Abs. 2 zu regeln. Durch Satzung werden auch die Anforderungen an Form und Inhalt der Offenlegung nach Abs. 3 geregelt (Abs. 4).
Das Gesetz geht zurück auf einen Gesetzentwurf der Fraktion der SPD vom 09.06.2009 (LTag-Drs. 18/767; zu den eingegangene Stellungnahmen zu der schriftlichen Anhörung s. Ausschussvorlage AFG 18/6, Teil 1 und Teil 2 mit Stand: 26.08.2009, abrufbar über die Parlamentsdatenbank unter http://starweb.hessen.de/starweb/LIS/Pd Eingang.htm), nachdem ein erster Entwurf vom 06.07.2004 (LTag-Drs. 16/2469) im Landtag nach dem Ablehnungsvorschlag des Sozialpolitischen Ausschusses (LTag-Drs. 16/3200) von der Regierungsfraktion CDU abgelehnt worden war (PlPr 16/53 v. 26.11.2004, S. 3621-3626; zur ersten Lesung s. PlPr 16/42 v. 14.07.2004, S.2786-2789). Im Gesetzentwurf vom 09.06.2009 weist die SPD-Fraktion auf die Verpflichtung zum Abschluss von Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b SGB V bis zum 30.06.2009 durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008, BGBl. I, S. 2426 hin. Hierdurch würden Leistungen, die bisher von zugelassenen Vertragsärzten im System der gesetzlichen Krankenversicherung für die Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten erbracht worden sind und über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen als Gesamtvergütung abgerechnet wurden, aus diesem Abrechnungskreislauf ausgegliedert werden. Dies führe zu dem Problem, dass aus der Gesamtvergütung herausgebrochene Teile auch nicht ohne weiteres in die Berechnung der Umlage für die EHV zur Deckung der bereits erworbenen Ansprüche und Anwartschaften der Altersversorgung einbezogen werden könnten. Im Ergebnis werde die Bemessungsgrundlage für die EHV deutlich verringert. Deshalb sei eine Änderung des § 8 KVHG dringend erforderlich. Im Hinblick auf die, auch durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Juli 2008 (- B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65) erforderlich gewordene, anstehende Gesamtdiskussion über die Zukunft der EHV stelle die vorgeschlagene Änderung des § 8 KVHG eine Zwischenlösung dar. Die Entscheidung hierüber sollte aber der Gesamtdiskussion vorangestellt werden, da ansonsten eine Erfüllung der bereits erworbenen Ansprüche und Anwartschaften voraussichtlich bereits im Quartal III/09 nicht mehr gewährleistet werden könne. Die Änderung sei auch erforderlich, da das BSG in seinem bereits erwähnten Urteil eine Regelungspflicht des Landesgesetzgebers für die Anpassung der EHV an Änderungen der Vertragslandschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung erkannt habe. Gegenüber dem Entwurf wurde in Abs. 2 der Verweis auf Verträge insb. nach §§ 73b und 73c SGB V herausgenommen und es bei der Bezugnahme auf die Vergütung aus Direktverträgen belassen und es wurden ausdrücklich auch Verträge zur Integrierten Versorgung aufgenommen. Die Entwurfsfassung sah in Abs. 3 zunächst neben der Offenlegungspflicht des Arztes einen Auskunftsanspruch der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gegenüber den Krankenkassen über die Vergütungshöhe des einzelnen Arztes vor, was dann durch die Ermächtigung zur Schätzung nach Abs. 3 Satz 2 bis 4 ersetzt wurde. Die Endfassung geht zunächst weitgehend auf den nicht weiter begründeten Änderungsantrag der SPD-Fraktion vom 16.09.2009 (LTag Drs. 18/1104; zu den eingegangene Stellungnahmen zu der schriftlichen Anhörung s. Ausschussvorlage AFG 18/6, Teil 1 mit Stand: 11.11.2009) zurück. Der Ausschuss für Arbeit, Familie und Gesundheit empfahl dann dem Plenum mit den Stimmen der Fraktion der SPD bei Enthaltung der übrigen Fraktionen, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags in zweiter Lesung anzunehmen (LTagDrs. 18/1610 v. 27.11.2009). In einem weiteren, ebf. nicht begründeten Änderungsantrag vom 08.12.2009 (LTag-Drs. 18/1682) schlug die SPD-Fraktion dann die verabschiedete Fassung vor (zur parlamentarischen Beratung s. PlPr. 18/14 v. 17.06.2009, S.874-879; 18/29 v. 09.12.2009, S.2085-2087).
Damit wird deutlich, dass der hessische Gesetzgeber die Befugnisse der Beklagten im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung der sog. Selektivverträge erweitern und nicht verkleinern wollte. Ohne inhaltliche Änderung ersetzte der hessische Landesgesetzgeber in § 8 Abs. 1 KVHG den Begriff "Kassenärzte" durch "Vertragsärzte" und passte damit die Vorschrift an den geänderten Wortlaut der Vorschriften des SGB V an (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 8/13 R - juris Rdnr. 34).
Von daher war die Beklagte grundsätzlich berechtigt, auch im strittigen Zeitraum die Klägerin zur EHV heranzuziehen.
Rechtswidrig sind allerdings die Zuordnung zur Beitragsklasse 2 und die Festsetzung des hieraus folgenden Quartalsbeitrags.
Rechtsgrundlage für die Erhebung der EHV-Beiträge ist § 3 GEHV "Beiträge und Beitragsklassen", der wie folgt lautet:
(1) Die EHV wird finanziert durch Beiträge der aktiven Vertragsärzte, die vom Honorar einbehalten werden. Die Höhe des zu leistenden Beitrags ist abhängig von dem erzielten Honorar aus ärztlicher Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung im Vorvorjahr des Beitragsjahres, das heißt aller für das herangezogene Kalenderjahr durch die KV Hessen vergüteten ärztlichen Honorare sowie der Honorare aus Selektivverträgen, die in dem entsprechenden Jahr zugeflossen sind. Soweit das über die KV Hessen abgerechnete Honorar des jeweiligen Vertragsarztes im Quartal nicht ausreichend ist, um den Beitrag durch Honorareinbehalt vollständig zu bedienen, ist er verpflichtet, den nicht verrechenbaren Betrag unverzüglich nach Erhalt eines entsprechenden Zahlungsbescheides an die KV Hessen zu zahlen.
(2) Es werden insgesamt neun Beitragsklassen festgelegt. Anhand des Durchschnittshonorars aller aktiven Vertragsärzte (Beitragszahler) bestimmt sich die Beitragsklasse 4, die den Regelbeitrag festlegt. Beitragszahler, die ein unterdurchschnittliches Honorar erzielen, zahlen einen ermäßigten Beitrag der Beitragsklassen 1 bis 3; Beitragszahler mit überdurchschnittlichem Honorar werden den Beitragsklassen 5 bis 9 zugeordnet. Die konkrete Zuordnung des Beitragszahlers zur Beitragsklasse erfolgt über das prozentuale Verhältnis des Arzthonorars zum Durchschnittshonorar. Soweit für einen Beitragszahler wegen Neuaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit noch kein Vergleichshonorar vorliegt, erfolgt die Einstufung in Beitragsklasse 4. Dies gilt nicht, wenn der Beitragszahler eine Vertragsarztpraxis übernimmt; in diesem Fall wird das Arzthonorar des ehemaligen Praxisinhabers für die Bestimmung der Beitragsklasse herangezogen. In begründeten Einzelfällen kann der Vorstand auf Antrag des Beitragszahlers bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises entscheiden, dass die Eingruppierung in eine andere Beitragsklasse erfolgt. Über die eingegangenen Anträge und die hierzu getroffenen Entscheidungen berichtet der Vorstand dem Beratenden Fachausschuss EHV regelmäßig.
(3) Im Einzelnen bestimmt sich der ab 1. Juli 2012 zu zahlende Beitrag nach § 10 Abs. 3. Der Betrag in Spalte 4 verändert sich jeweils zum 1. Juli eines Jahres in dem Verhältnis, in dem sich die Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV für das jeweilige Jahr gegenüber dem Vorjahr verändert hat. Kommen §§ 5 und/oder 6 zur Anwendung, verändern sich auch die Werte in § 10 Abs. 3 Spalte 3. Der Vorstand hat die Tabelle nach § 10 Abs. 3 bis zum Ende des Monats Juni für die folgenden 12 Kalendermonate neu festzusetzen und zu veröffentlichen. Dies gilt auch, wenn sich die Beitragsklassen nicht verändern.
(4) Der Beitrag ist auf volle Eurobeträge festzusetzen. Soweit die Festsetzungen in § 10 Abs. 3 Spalte 3 zu abweichenden Eurobeträgen führen, ist eine Aufrundung auf den nächsten vollen Eurobetrag vorzunehmen.
(5) Der Nachweis über die erzielten Honorare für ärztliche Leistungen, die nicht direkt über die KV Hessen abgerechnet worden sind, erfolgt durch eine Bescheinigung eines Angehörenden der steuerberatenden Berufe. Sachkosten, die nicht innerhalb der Gebührenordnungspositionen des EBM abgegolten sind oder Kapitel 40 entsprechen, sowie Medikamentenkosten oder Erstattungen für Heil-/Hilfsmittel sind abzuziehen. Soweit ein Nachweis über die erzielten ärztlichen Honorare einschließlich von solchen, die nicht direkt über die KV Hessen abgerechnet worden sind, nicht vorgelegt wird, erfolgt eine Einstufung in die Beitragsklasse 9. Eine Einstufung in die Beitragsklasse 9 erfolgt auch, wenn Angaben nicht plausibel oder vollständig sind. Gegen diese Einstufung ist binnen eines Monats gegenüber der KV Hessen Widerspruch unter Vorlage der vollständigen Unterlagen zulässig. Die Vollständigkeit ist an Eides statt zu erklären. Als vollständig gelten Unterlagen nur, wenn aus ihnen abschließend erkennbar ist, dass es sich bei den angegebenen Vergütungen um alle Vergütungen aus Sonderverträgen handelt. (6) Für den Fall des Bezugs von Leistungen der EHV nach Erreichen der Regelaltersgrenze unter weiterer Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 lit. b), ist dieser Vertragsarzt weiterhin zur Beitragszahlung in Höhe der zutreffenden Beitragsklasse verpflichtet.
Nach § 10 Abs. 3 GEHV betragen die erstmalig festzusetzenden Beiträge zum Stichtag 1. Juli 2012 in Euro:
Beitragsklasse % Anteil am Durchschnittshonorar Beitrag je Quartal (in Prozent der jährlichen Bezugsgröße i.S. § 18 Abs. 1 SGB IV) Beitrag je Quartal (in EUR)
(Spalte 1) (Spalte 2) (Spalte 3) (Spalte 4)
1 0 bis 25 2,0450 % 627
2 )25 bis 50 4,0900 % 1.254
3 )50 bis 75 6,1350 % 1.881
4 )75 bis 100 8,1800 % 2.508
5 )100 bis 125 10,2250 % 3.135
6 )125 bis 150 12,2701 % 3.762
7 )150 bis 175 14,3151 % 4.389
8 )175 bis 200 16,3601 % 5.016
9 )200 18,4051 % 5.643
Ausgehend hiervon hat die Beklagte auf der Grundlage der der Klägerin zuzurechnenden Honoraranteile, das ist das "erzielte Honorar aus ärztlicher Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung" nach § 3 Abs. 1 Satz 2 GEHV, aus dem Jahr 2010 als dem Vorvorjahr, auf 56.591,14 EUR festgesetzt ("EHV-relevantes Honorar 2010"). Honorare aus Selektivverträgen waren nicht angefallen und daher auch nicht zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte die Klägerin folgerichtig in die Beitragsklasse 2 eingestuft, da das maßgebliche Jahreshonorar der Klägerin 27,55 % des von der Beklagten festgesetzten Durchschnittshonorars in Höhe von 205.389,02 EUR beträgt. Die konkrete Beitragsklassenzuordnung erfolgt nach § 3 Abs. 2 Satz GEHV über das prozentuale Verhältnis des Arzthonorars zum Durchschnittshonorar.
Soweit die Beklagte Sachkosten nur insoweit für die EHV-relevanten Umsätze abzieht, soweit es sich um die sog. EHV-freien Leistungen handelt, nicht aber weitere Sachkosten in dem Sinne, wie sie die § 5 GEHV in der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung vorgesehen waren, wird die Klägerin nicht beschwert, da sie solche besonderen Kosten nicht geltend macht und auch nicht ersichtlich ist, dass sie solche besonderen Kosten hätte. Im Übrigen hat die Kammer bereits mit Urteilen vom 05.11.2014 - S 12 KA 81/14, S 12 KA 419/14 und S 12 KA 420/14 - entschieden, dass die generelle Nichtberücksichtigung besonderer Kostenanteile gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Bildung der zu großen Beitragsklassen verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dies hat die Kammer in den Urteilen vom 05.11.2014 ebf. bereits entschieden, woran sie nach nochmaliger Prüfung festhält.
Bei der Bemessung von Beiträgen zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung steht dem autonomen Satzungsgeber ein - allerdings durch den Zweck der Versorgungseinrichtung und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begrenzter - Gestaltungsspielraum zu, innerhalb dessen er typisieren darf. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet, auf schwer wiegende Besonderheiten und unbillige Härten, insbesondere auf die wirtschaftliche Belastbarkeit der Mitglieder, Rücksicht zu nehmen. Darüber hinaus hat die Beitragsbemessung unter Beachtung der allgemein für die Erhebung von Beiträgen geltenden Grundsätze, insbesondere des Äquivalenzprinzips und des Gleichheitssatzes, zu erfolgen. Dabei darf nach dem Äquivalenzprinzip die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil stehen, den sie abgelten sollen. Für Versorgungseinrichtungen folgt daraus, dass Beitragsleistung und Versorgungsleistung einander entsprechen müssen. Dies ist allerdings nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Individualäquivalenz geboten wäre, wie sie in der Privatversicherung vorkommt. Vielmehr kann bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen das Äquivalenzprinzip eine Modifikation durch den Gedanken der Solidarität erfahren. Regelungen über die Beitragsbemessung zur EHV können die Beitragshöhe an die Honorarhöhe und damit an den Umsatz des jeweiligen Vertragsarztes koppeln. Hiergegen verstößt es nicht, dass die Abzüge für die EHV beim einzelnen Vertragsarzt von den Honoraransprüchen erfolgten, ohne dass es eine Bemessungsgrenze gibt. Zu den allgemeinen Grundsätzen des Beitragsrechts gehört eine Pflicht zur Schaffung von Beitragsbemessungsgrenzen nicht. Der Verzicht auf eine Beitragsbemessungsgrenze widerspricht nicht dem Äquivalenzprinzip, solange aus höheren Beiträgen im Grundsatz auch höhere Versorgungsleistungen entstehen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet ebenfalls nicht die Einführung einer Beitragsbemessungsgrenze. Dieser verlangt zwar, bei der Beitragsbemessung auf schwer wiegende Besonderheiten und unbillige Härten, insbesondere auf die wirtschaftliche Belastbarkeit der Mitglieder Rücksicht zu nehmen. Es ist aber grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Regelung über die Bemessung der Beiträge zur EHV bei Vertragsärzten mit höheren Honoraransprüchen auch eine höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unterstellt (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith 2005, 817, juris Rdnr. 123 f.; BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 38/12 R - juris Rdnr. 33).
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Gleichheitsgrundrecht, wenn er bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Dabei sind dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der jeweiligen Regelung umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, etwa auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Freiheit der beruflichen Tätigkeit nachteilig auswirken kann (BVerfG, Urt. v. 28.01.2003 - 1 BvR 487/01 - BVerfGE 107, 133 = NJW 2003, 737, juris Rdnr. 25; BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 38/12 R - juris Rdnr. 35 jeweils m.w.N.).
Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen bestehen aufgrund der Einteilung in die neun Beitragsklassen keine Bedenken gegen die Einhaltung des Äquivalenzprinzips, sieht die Kammer aber einen weiteren Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Hierzu wird auf folgende Berechnung hingewiesen:
Tabelle 1
1 2 3 4 5 6 7 8 Beitragsklasse Absolute Anteile am Durchschnittshonorar Jahresbeitrag zur EHV (in EUR) Belastung in % vom Jahresumsatz Punktzahl pro Jahr Kosten pro Punkt in EUR Kosten pro Punkt Beitragsklasse 1 = 100 Prozentsatz des Einkommens für 100 Punkte in %
3./. 2 3./. 5 6 x 100./. 2
1 0 EUR - 51.347,25 EUR 2.508 - 4,8 % 100 25,08 100 -4,9
2 51.347,26 EUR - 102.694,51 EUR 5.016 9,7 % – 4,8 % 200 25,08 100 4,9-2,4
3 102.694,52 EUR - 154.041,76 EUR 7.524 7,3 % - 4,8 % 300 25,08 100 2,4-1,6
4 154.041,77 EUR - 205.389,02 EUR 10.032 6,5 % - 4,8 % 400 25,08 100 1,6-1,2
5 205.389,03 EUR - 256.736,27 EUR 12.540 6,1 % - 4,8 % 475 26,40 105 1,3-1,0
6 256.736,28 EUR - 308.083,53 EUR 15.048 5,8 % - 4,8 % 540 27,87 111 1,1-0,9
7 308.083,54 EUR - 359.430,78 EUR 17.556 5,7 % - 4,8 % 595 29,51 118 1,0-0,8
8 359.430,79 EUR - 410.778,04 EUR 20.064 5,6 % - 4,8 % 640 31,35 125 0,9-0,8
9 )410.778,05 EUR 22.536 5,4 % 675 33,39 133 0,8-
Hieraus wird deutlich, dass der "Beitragspreis" eines Punktes ab Klasse 5 zunehmend teurer wird (Spalten 5 und 6). Spalte 5 beruht auf § 4 Abs. 1 GEHV, Spalte 3 auf § 10 Abs. 3 GEHV, hochgerechnet auf ein Jahr (Faktor 4). Spalte 6 beruht auf einer Division des Jahresbeitrags (Spalte 3) durch die Punktezahl, die hierfür zugesprochen wird (Spalte 5). Spalte 7 zeigt die Kostensteigerung im Verhältnis zur Beitragsklasse 1 bzw. den Beitragsklassen 1 bis 4. In absoluten Beträgen muss insofern für die gleiche Anwartschaft mehr aufgewandt werden, hinzu kommt eine weitere Beitragszahlung auch nach Erreichen des Höchstanspruchssatzes. Hieraus wird somit deutlich, dass innerhalb der Beitragsklasse mit dem gleichen absoluten Aufwand (Beitrag) die gleiche Punktezahl bzw. EHV-Anwartschaft erworben wird, dass die Kosten pro Punkt in EUR in den unteren Beitragsklassen günstiger sind (Spalte 6 und 7) und dass damit erst in den oberen Klassen (ab Klasse 5) bei steigendem Beitragseinsatz eine proportional geringere Anwartschaft erworben wird. Hinzu kommt die Deckelung der Anwartschaft bei 14.000 Punkten, die tendenziell eher die oberen Beitragsklassen betrifft. Letzteres verdeutlicht Tabelle 2:
Tabelle 2
1 2 3 4 5 Beitragsklasse Punktezahl pro Jahr Erreichen der Höchstpunktzahl 14.000 in Jahren Anspruchssatz pro Jahr 12.000 Punkte = 18 % § 10 Abs. 1 GEHV Anspruchssatz pro Jahr GEHV a.F. in % (Normalstaffel)
1 100 140,0 0,15 0,00 bis 0,15
2 200 70,0 0,30 0,15 bis 0,30
3 300 46,7 0,45 0,30 bis 0,45
4 400 35,0 0,60 0,45 bis 0,60
5 475 29,5 0,71 0,60 bis 0,675
6 540 25,9 0,81 0,675 bis 0,750
7 595 23,5 0,89 0,750 bis 0,825
8 640 21,9 0,96 0,825 bis 0,900
9 675 20,7 1,01 0,900 + 0,375 je 100 Punkte
Bei gleichbleibender Zugehörigkeit wird in den oberen Beitragsklassen die maximale Punktezahl z.T. wesentlich früher erreicht als in den unteren (Tabelle 2 Spalte 3). Tabelle 2 Spalte 4 zeigt nochmals die geringere proportionale Zunahme in den Kategorien der alten GEHV, d.h. des Anspruchssatzes in den oberen Beitragsklassen. Der Vergleich der Tabelle 2 Spalte 4 und 5 zeigt zugleich, dass aber gegenüber der vorherigen GEHV eine Anhebung der Beitragsklassen 5 bis 9 erfolgt ist. Diese proportional geringere Steigerung des Anspruchssatzes ist im Hinblick auf die Modifizierung des Äquivalenzprinzips durch den Gedanken der Solidarität nicht zu beanstanden.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz folgt aber aus der unterschiedlichen Heranziehung der Vertragsärzte zur Finanzierung der EHV.
So zeigt Tabelle 1 Spalte 8 die Relation zum EHV-relevanten Bruttoeinkommen. Spalte 8 setzt die Kosten für den Erwerb der Anwartschaft bzw. den absoluten Preis für 100 Punkte (Spalte 5 x 100) in das Verhältnis zum Bruttoeinkommen (Spalte 2) und gibt so an, welcher Anteil des Einkommens für den Erwerb von 100 Punkten eingesetzt werden muss. Hieraus wird ersichtlich, dass nicht nur eine erhebliche Bandbreite innerhalb insb. der unteren Beitragsklassen besteht, sondern dass im unteren Segment der Beitragsklasse 2 mehr als der sechsfache Prozentsatz des Einkommens als im oberen Bereich der Beitragsklasse 8 bzw. unteren Bereich der Beitragsklasse 9 aufgewandt werden muss. Die hier nicht streitige Beitragsklasse 1 führt noch zu wesentlich stärkeren Verzerrungen, da kein linearer Beitrag erhoben wird und keine Bemessungsfreigrenze ("Beitragsklasse 0") besteht. Die Unterschiede, die auch zu erheblich unterschiedlichen prozentualen Beitragssätzen führen, die insb. bei den unteren Beitragsklassen erheblich größer sind, beruhen auf der großen Bandbreite der Beitragsklassen. Gründe hierfür sind nicht ersichtlich.
Im Ergebnis werden tendenziell die unteren Beitragsklassen und innerhalb der Beitragsklassen die umsatzschwächeren Ärzte zu prozentual höheren Beiträgen veranlagt, unter Vernachlässigung der Beitragsklasse 1 beträgt die Schwankungsbreite 4,8 % bis 9,7 % und damit über das Doppelte. Deutlich wird die Benachteiligung der Klägerin auch in der Steigerung ihrer Beiträge von 2.829,55 EUR auf 5.016,00 EUR oder um 56,4 % bzw. in Bezug auf den Umsatz von 5 % auf 8,9 %.
Die von der Kammer vorgenommene Vergleichsberechnung beruht auf folgender Grundlage, wobei die Einwirkung weiterer Faktoren vernachlässigt werden kann, da eine Vergleichbarkeit auf der Grundlage der jeweils maßgeblichen Quartalsumsätze im Jahr 2010 gegeben ist:
Tabelle 3
Quartal Bruttohonorar PK+EK in EUR Abzug EHV-Beiträge in EUR I/10 15.150,01 757,50
II/10 14.081,91 704,10
III/10 13.807,68 690,38
IV/10 13.551,54 677,57
Gesamt 2010 56.591,14 2.829,55
Jahresbetrag 2012/2013 5.016,00
Die von der Kammer vorgenommene Vergleichsberechnung der konkreten Beiträge der Klägerin und ihrer Angestellten verdeutlicht die Veränderung der Beitragsstruktur zu Lasten einzelner Praxen, ohne dass die Beklagte hierzu auch nur ansatzweise sachliche Gründe angeführt hätte.
Ein Vergleich der Umsatzzahlen der Klägerin mit ihrer Vergleichsgruppe zeigt auch, dass ursächlich hierfür keinesfalls eine evtl. geringere Praxistätigkeit der Klägerin ist. Insofern zeigen die Umsatzzahlen der Fachgruppe der Klägerin, dass bestimmte Arztgruppen bereits im Durchschnitt nicht den Durchschnitt aller Ärzte erreichen und dass gerade diese Arztgruppen tendenziell höhere Anteile ihres Umsatzes an die EHV abführen müssen. Die Beklagte gibt für Ärzte für Psychotherapeutische Medizin, also der Fachgruppe der Klägerin, folgende durchschnittlicher Umsatzzahlen an:
Quartal Durchschnittshonorar in EUR
I/10 21.872,96
II/10 21.977,77
III/10 21.892,89
IV/10 22.048,69
Gesamt 2010 87.792,31
Anteil Gesamtdurchschnitt 205.389,02 EUR 42,7 %
Ein Beitrag von jährlich 5.016,00 EUR in der Beitragsklasse 2, in die dieses Durchschnittshonorar einzugruppieren wäre, würde immerhin noch einen Anteil am Honorarumsatz von 5,7 % ausmachen.
Faktisch führt die Beklagte durch die Neufassung eine modifizierte, da auch beitragsabhängige Kopfpauschale ein, und verlässt damit das reine Umlagesystem. Angesichts des tradierten, an die Honorarverteilung anknüpfenden EHV-Systems und seines Ausnahmecharakters hätte es für eine so weitgehende Umgestaltung aber im Übrigen einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage durch den Gesetzgeber bedurft. Auf fürsorgerische Gesichtspunkte, gerade umsatzschwachen Praxen zu einer ausreichenden Altersversorgung zu verhelfen, kann die Beklagte nicht verweisen. Insofern handelt es sich um ein verpflichtendes System, zu dessen Heranziehung dem einzelnen Arzt keine Alternative verbleibt. Für solche Zwangsbefugnisse der unterschiedlichen Behandlung bedürfte es erst Recht einer parlamentarischen Ermächtigungsgrundlage. Die Beklagte kann auch nicht auf eine Vermutung zurückgreifen, dass das Durchschnittshonorar eine Auskunft darüber gibt, in welchem Umfang Ärzte ihrem Versorgungsauftrag nachkommen. Insofern ist aus Streitigkeiten zur Honorarverteilung bekannt, dass ganze Arztgruppen Umsätze unterhalb der Durchschnittsgröße erzielen, was auch gerade die Umsatzzahlen für die Fachgruppe der Klägerin bestätigen.
Von daher war der angefochtene Bescheid aufzuheben, da es an einer ausreichenden Rechtsgrundlage für die Bildung und Zuordnung zu einer Beitragsklasse fehlt. Die Beklagte war dennoch nicht zur Rückzahlung der festgesetzten EHV-Beiträge zu verpflichten. Soweit § 3 Abs. 2 Satz 1 bis 4, Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 10 Abs. 3 GEHV rechtswidrig und nichtig sind, tritt nicht automatisch die frühere Regelung in Kraft. Insofern obliegt es der Beklagten, eine Neuregelung innerhalb von sechs Monaten zu verabschieden, wobei grundsätzlich an der Konzeption des Vorvorjahres als Aufsatzjahr mit festen Beiträgen festgehalten werden kann. Soweit Beitragsklassen gewählt werden, dürfen diese nur geringe Schwankungsbreiten von ca. 0,1 % des Durchschnittshonorars bzw. ca. 200 EUR aufweisen, um eine gleichmäßige Heranziehung zur EHV zu gewährleisten. Insoweit steht es der Beklagten auch frei, höhere Honoraranteile zur EHV heranzuziehen. Insofern besteht kein zwingender Anspruch der Klägerin, dass in jedem Fall maximal ein geringer Beitrag festzusetzen ist. Im Hinblick hierauf und auf die Notwendigkeit der Finanzierung der EHV-Ansprüche hat die Klägerin es hinzunehmen, dass die Beklagte trotz Rechtswidrigkeit der Beitragsfestsetzung die Beiträge jedenfalls bis zu einer Neubescheidung nicht auskehrt.
Nach allem war der Klage im tenorierten Umfang stattzugeben, war sie aber im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Quotelung folgt dem Anteil des jeweiligen Unterliegens.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Klägerin und die Beklagte haben jeweils zu ½ die Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Festsetzung der EHV-Beitragsklasse 2 und des EHV-Beitrags in Höhe von 1.254,00 EUR je Quartal für das Beitragsjahr 2012/2013, was einem Jahresbetrag von 5.016,00 EUR entspricht, nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten (GEHV).
Die Klägerin ist als Fachärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie seit dem 02.05.2001 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Die Beklagte stufte die Klägerin mit Bescheid vom 31.08.2012 in die Beitragsklasse 2 der EHV für den Zeitraum 01.07.2012 bis 30.06.2013 ein. Den Beitrag setzte sie je Quartal (III/12 bis II/13) auf 1.254,00 EUR fest. Zur Begründung verwies sie auf die Neufassung der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung GEHV). Danach sei die Höhe des zu leistenden Betrages abhängig von dem erzielten Honorar aus ärztlicher Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Für das hier strittige Beitragsjahr würden die erzielten Honorare aus dem Jahr 2010 herangezogen werden. Insgesamt würden 9 Beitragsklassen festgelegt werden. Die konkrete Zuordnung zur Beitragsklasse erfolge über das prozentuale Verhältnis des arztindividuellen Honorars zum Durchschnittshonorar. Im Jahr 2010 habe das Gesamthonorar der Klägerin 56.591,14 EUR betragen, das Durchschnittshonorar 205.398,02 EUR. Der Anteil des klägerischen Honorars am Durchschnittshonorar betrage 27,55 %, woraus sich die ermittelte Beitragsklasse 2 ergebe.
Hiergegen legte die Klägerin am 26.09.2012 Widerspruch ein. Sie trug unter Datum vom 26.02.2013 vor, bei einer Gesamtvergütung von 9.746,75 EUR im Quartal III/12 stelle die Höhe des EHV-Beitrags von 1.254,00 EUR (12,86 %) eine besondere Härte dar. Da gleichzeitig die Beiträge an das Versorgungswerk (1.850,25 EUR) und die Krankenkasse (1.660,23 EUR) von ihr abgeführt würden, verblieben vor Abzug von Steuern und anderen Kosten lediglich 4.991,27 EUR Quartalseinkommen. Dies als Generationengerechtigkeit zu propagieren empfinde sie als Mutter zweier schulpflichtiger Kinder als zynisch und ungerecht. Sie liege knapp über der Schwelle zur Beitragsklasse 1 und bitte deshalb für das Quartal III/12 um Umgruppierung in die Beitragsklasse 1.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine Reform der EHV sei angesichts einer wachsenden Anzahl von EHV-Empfängern und einer gleichzeitig abnehmenden Anzahl von Einzahlern erforderlich geworden. Mit der aktuellen Neufassung habe sie u.a. ein Beitragsklassenmodell eingeführt. Jeder aktive Vertragsarzt werde danach in eine der neun Beitragsklassen eingestuft. Grundlage für die Einstufungen in die jeweilige Beitragsklasse bilde das prozentuale Verhältnis des arztindividuellen Honorars zum Durchschnittshonorar aller aktiven Vertragsärzte (Beitragszahler). Das für den Beitrag maßgebliche Honorar der Klägerin im Jahr 2010 stelle sich wie folgt dar:
Quartal Honoraranteile 2010
Bruttohonorar PK+EK Korrekturen Almax EHV befreit Gesamt
1/2010 15.150,01 EUR 0 EUR 0 EUR 0 EUR 15.150,01 EUR
2/2010 14.081,91 EUR 0 EUR 0 EUR 0 EUR 14.081,91 EUR
3/2010 13.807,68 EUR 0 EUR 0 EUR 0 EUR 13.807,68 EUR
4/2010 13.551,54 EUR 0 EUR 0 EUR 0 EUR 13.551,54 EUR
Gesamt 56.591,14 EUR
Sie habe daher den quartalsmäßigen Betrag korrekt festgesetzt. Die EHV sei als Umlagesystem organisiert. Der Vertragsarzt müsse daher in der aktiven Phase hinnehmen, dass seine Vergütung gemindert werde, um aus dem nicht verteilten Betrag die Versorgung von invaliden und alten Ärzten sowie Hinterbliebenen zu finanzieren. Dafür erwerbe er Teilhabeansprüche an dem zukünftig erwirtschafteten Honorar der Vertragsärzte in Form von Punkten, die grundsätzlich wiederspiegelten, wie sich sein für die EHV relevantes Honorar zum Durchschnittshonorar verhalte. Es folge kein Anspruch auf eine bestimmte Höhe des Zahlbetrages, sondern lediglich ein Teilhabeanspruch im Rahmen der Aufteilung der Gesamtvergütung. Den Mitgliedern eines im Umlageverfahren betriebenen Pflichtversicherungssystems seien in einem gewissen Umfang auch höhere Beiträge zuzumuten, wenn dies zur Finanzierung der erworbenen Rentenansprüche erforderlich sei. Auf der anderen Seite fordere das verfassungsrechtliche Übermaßverbot auch die Beteiligung der EHV-Empfänger, um die Funktionsfähigkeit der EHV zu erhalten. Dementsprechend sei mit der GEHV 2012 u.a. eine schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze, ab der ein Eintritt in die EHV ohne Abzüge erfolge, auf 67 Jahre beschlossen wurden.
Hiergegen hat die Klägerin am 16.04.2013 die Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, die Satzungsgrundlage sei bereits rechtswidrig. Das Beitragsklassenmodell verpflichte diejenigen Ärzte stärker zur Zahlung von EHV-Beiträgen, die eher geringe Einkommen erzielten. Im Einzelnen stelle sich dies wie folgt dar:
Beitragsklasse % Anteil am Durchschnittshonorar Beitrag je Quartal (in Prozent der jährlichen Bezugsgröße i.S. § 18 Abs. 1 SGB IV) Beitrag je Quartal (in EUR) Punktzahl pro Jahr
1 0 bis 25 2,0450 % 627 100
2 )25 bis 50 4,0900 % 1.254 200
3 )50 bis 75 6,1350 % 1.881 300
4 )75 bis 100 8,1800 % 2.508 400
5 )100 bis 125 10,2250 % 3.135 475
6 )125 bis 150 12,2701 % 3.762 540
7 )150 bis 175 14,3151 % 4.389 595
8 )175 bis 200 16,3601 % 5.016 640
9 )200 18,4051 % 5.643 675
Im rechnerischen Bezug zum durchschnittlichen Honorar aller aktiven Ärzte seien 25 %-Schritte je Beitragsklasse eingeführt worden. Auf der Grundlage der Bezugsgröße im Sinne des § 18 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 30.660,14 EUR, die etwas unterhalb der von der Bundesregierung festgelegten Bezugsgröße für die Sozialversicherungen für das Jahr 2010 liege, seien in 2,045 %-Schritten je Beitragsklasse Prozentsätze festgelegt worden. Über das prozentuale Verhältnis von EHV-Quoten zur Bezugsgröße seien die aufgeführten Eurobeträge ermittelt worden, die an die EHV abzuführen seien. Den Beiträgen seien Punktzahlen zur Bildung der Anwartschaft zugeordnet worden, wobei in den weiteren Beitragsklassen 1 bis 4 die Bewertungsprozentsätze mit 0,15948 konstant seien, die ab der 5. Beitragsklasse (0,1515) bis zur 9. Beitragsklasse (0,1196) leicht absänken. Der für sie festgesetzte Beitrag sei unangemessen hoch. Nach dem Äquivalenzprinzip dürfe die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil stehen, den sie abgelten sollten. Einzelne Mitglieder dürften nicht im Verhältnis zu anderen übermäßig hoch belastet werden. Gemäß dem Gleichheitssatz dürften die durch die Beiträge resultierenden Belastungen nicht unverhältnismäßig verteilt sein in dem Sinne, dass definierte Einkommensgruppen im mathematisch-rechnerischen Verhältnis zueinander geringer/höher belastet seien als andere Einkommensgruppen. Die für die Erhebung der Beiträge erforderlichen Grundsätze müssten in Gestalt der Beitragshöhen und der Zuordnung zu einer Beitragsklasse erfüllt sein. Zu berücksichtigen sei, dass insbesondere bei den unteren Beitragsklassen auf Grund der Stufen und der Festlegung der absolut in Euro ermittelten Beitragssätze es zu erheblichen Differenzen kommen könne. Bei geringfügiger Überschreitung der Durchschnittsumsätze der Beitragsklasse 1 in entsprechender Eingruppierung in die Beitragsklasse 2 sei letztlich der Belastungsgrad nahezu doppelt so hoch wie die maximale Belastungsquote in der Beitragsklasse 2 bis 8. Dies werde aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich, in der zu erkennen sei, wie stark die Belastung in % vom Jahresumsatz divergieren könne:
Beitragsklasse absolute Anteile am Durchschnittshonorar Jahresbeitrag zur EHV (in EUR) Steigerung der absoluten Jahresbeiträge in % Belastung in % vom Jahresumsatz Unterschied in % zwischen den Beitragsklassen
1 0 - 51.347,25 EUR 2.508 0,0 % - 4,8 % 0,0 %
2 51.347,26 EUR - 102.694,51 EUR 5.016 100,00 % 9,7 % – 4,8 % 100,0 %
3 102.694,52 EUR - 154.041,76 EUR 7.524 50 % 7,3 % - 4,8 % - 32,8 %
4 154.041,77 EUR - 205.389,02 EUR 10.032 33,3 % 6,5 % - 4,8 % - 12,3 %
5 205.389,03 EUR - 256.736,27 EUR 12.540 25 % 6,1 % - 4,8 % - 6,5 %
6 256.736,28 EUR - 308.083,53 EUR 15.048 20 % 5,8 % - 4,8 % - 5,1 %
7 308.083,54 EUR - 359.430,78 EUR 17.556 16 % 5,7 % - 4,8 % - 1,7 %
8 359.430,79 EUR - 410.778,04 EUR 20.064 14,2 % 5,6 % - 4,8 % - 1,7 %
9 )410.778,05 EUR 22.536 12,3 % 5,4 % - 3,7 %
Selbst wenn in dem Quartal, in dem die Zahlungen zur EHV erfolgten, die Einkünfte niedriger als im Ausgangsjahr seien, würden die Beitragszahlungen davon nicht mehr tangiert werden. Die tatsächliche Leistungsfähigkeit im betreffenden Quartal sei nicht für die Höhe der Beiträge zur EHV maßgebend. Da die inhomogene Verteilung in den höheren Beitragsstufen deutlich geringer sei, was auf den Umstand beruhe, dass die Beitragssätze in Euro definiert würden, wirke diese fehlender Korrektur anhand der tatsächlichen Leistungsfähigkeit im betreffenden Quartal sich besonders stark in den unteren Beitragsstufen aus. Dieser Effekt werde noch dadurch verstärkt, dass die einkommensschwächeren Gruppen der niedrigen Beitragsklassen im Verhältnis höhere Beiträge als die einkommensstarken Beitragsklassen zahlen müssten. Diese Verteilung verstoße im ganz erheblichen Maß gegen das Prinzip, dass leistungsfähige Ärzte eher im Stande seien, entsprechende Beiträge zu leisten, als einkommensschwache Ärzte. Bei geringen Umsätzen sei auch üblicherweise der Gewinn geringer. Die höheren Einkommensgruppen profitierten von der Neuregelung der EHV deutlich überproportional. Die neuen Belastungsquoten für schwächere Einkommensbezieher lägen deutlich über 5 %. Dies verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das solidarisch geprägte Vertragsarztsystem. Eine weitere Benachteiligung ergebe sich durch die Beitragsbegrenzung für die oberen Beitragsklassen. Vergleiche man das System der EHV mit den Beitragsregelungen des hessischen Ärzteversorgungswerkes, so werde deutlich, dass es durchaus Möglichkeiten gegeben hätte, diese Verwerfungen durch eine differenzierte Gestaltung zu vermeiden. Mit Schriftsatz vom 26.11.2013 ihres Prozessbevollmächtigten führt die Klägerin weiter aus, die vergleichsweise günstige Rendite von Beitragszahlungen der Bezieher niedriger Einkommen in Form höherer EHV-Punktzahlen bei der Bildung von Anwartschaften gegenüber Beziehern höherer Einkommen, die einen Punktabschlag hinnehmen müssten, könne zwar höhere Beitragsleistungen für einen späteren EHV-Bezug bewirken. Dies müsse jedoch mit den höheren Belastungsquoten verrechnet werden, sodass unter dem Strich letztlich ein rechnerischer Nachteil für die unteren Einkommensbezieher resultiere. Es finde kein sozialer Ausgleich zwischen Beziehern niedriger und höherer Einkommen statt. Es seien zumindest gleiche Belastungsquoten bei den Beitragszahlungen zu fordern. Es bestehe das Erfordernis der engeren Spreizung von Beitragsklassen und weiteren Beitragsklassen jenseits der Beitragsklasse 9. Durch die Änderung der Systematik sei es zu negativen Konsequenzen durch den Wegfall des EHV-Beitragsprozentsatzes von 5 % insbesondere für schwächere Einkommensbezieher gekommen. Sie habe eine Mehrbelastung von ca. 76 % an Beitragszahlungen zur EHV zu tragen. Ihre Abzüge zur EHV und zum ärztlichen Versorgungswerk betrügen insgesamt ca. 22 % oder 12.417,00 EUR zur Basis des in 2010 erzielten Jahreshonorars in Höhe von 56.591,14 EUR und überstiegen damit die für 2012 geltende Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 18,9 % zur Absicherung der Vorsorge bei Altersinvalidität im Ärzteversorgungswerk Hessen und in der Deutschen Rentenversicherung.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 31.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2013 aufzuheben,
hilfsweise
unter Aufhebung des Bescheids vom 31.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2013 sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, mit jeder Beitragsklasse sei ein fester EHV-Anspruch in Punkten verknüpft. Für den Regelbetrag erhalte der Beitragszahler pro Jahr 400 Punkte. Davon abweichend erhalte der Beitragszahler in den Beitragsklassen 1 bis 3 und 5 bis 9 Punkte anhand einer in der Vorschrift angeführten Tabelle. Die Beitragsklasse 2 entspreche einer Punktzahl von 200 Punkten pro Jahr. Aus der Multiplikation der Punktezahl, maximal 14.000 Punkte, mit einem festen Punktwert in Euro, ergebe sich die Höhe des monatlichen EHV-Bezugs. Die Veränderung des Punktwerts zwischen den Beitragsjahren hänge von der Änderung der Bezugsgröße und dem Mengenfaktor ab. Der Mengenfaktor stelle die Entwicklung der EHV-Ansprüche im Verhältnis zur Entwicklung der aktiven Ärzte (Beitragszahler) dar. Sofern die Beiträge der aktiven Ärzte nicht ausreichten, um den Finanzbedarf zu decken, würde der zusätzliche Anteil von beiden Gruppen getragen. Dieser "paritätische Defizitausgleich" führe dazu, dass sich die Beiträge je Stufe der aktiven Ärzte erhöhen könnten. Auf der Seite der EHV-Empfänger sinke dann der Punktwert im Vergleich zum vorherigen Beitragsjahr, mit dem die EHV-Ansprüche bewertet würden. Dies gelte allerdings nicht für EHV-Empfänger, die schon einmal einen höheren Punktwert bekommen hätten, Stichwort "Rentengarantie". Ihr komme als Satzungsgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die Zahl der Leistungsempfänger steige schneller als die der aktiven Ärzte, sofern diese überhaupt steigen würden. So hätte die Zahl der Leistungsempfänger in etwa 14 Jahren die der aktiven Ärzte überschritten. Durch die steigende Lebenserwartung werde die Bezugszeit von Leistungen aus der EHV verlängert. Sie habe auch weniger Möglichkeiten zum Ausgleich bestimmter Sonderbelastungen als Gebietskörperschaften zur Sanierung ihrer Haushalte. Die Äquivalenz zwischen Beitrag und späterer Leistung werde gewährleistet. Die Rendite der Beiträge bleibe positiv. Die neuen Beitragsklassen vermieden eine individuelle Überforderung. Das neue System biete zudem für alle Ärzte eine Planungs- und Kalkulationsmöglichkeit für vier Quartale. Die Honorarhöhe entscheide über die Einordnung in die neuen Beitragsklassen. In einer Beitragsklasse zahlten alle Ärzte den gleichen Beitrag und würden die gleiche Höhe des EHV-Anspruchs im Jahr erwerben. Es bestehe auch eine Verzahnung zwischen der EHV und dem Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen. Für niedergelassene Ärzte ermäßige sich der Beitrag zum Versorgungswerk nach Vorlage einer Kopie der Zulassung um 50 %. Dadurch werde eine finanzielle Überforderung ausgeschlossen. Nach § 3 Abs. 2 S. 7 GEHV könne der Vorstand auf Antrag die Eingruppierung in eine andere Beitragsklasse vornehmen. Die Bemessung anhand des Bezirksjahres sei nicht zu beanstanden. Nach der Satzung würden die Punkte für die einzelnen Beitragsklassen wie folgt gutgeschrieben werden:
Beitragsklasse Punktzahl pro Jahr
1 100
2 200
3 300
4 400
5 475
6 540
7 595
8 640
9 675
In den ersten vier Beitragsklassen erfolge jeweils eine Steigerung um 100 Punkte, ab der Beitragsklasse 5 erfolge jedoch eine Abstaffelung, die in den höheren Beitragsklassen noch stärker ausgeprägt sei, sodass in der höchsten Beitragsklasse 9.675 Punkte pro Jahr gutgeschrieben würden. Auch in anderen Altersversorgungssystemen gebe es eine Beitragsbemessungsgrenze. Außerdem sei nicht nur der Beitrag der Ärzte, die im Vergleich zum Durchschnittseinkommen mehr als 201 % erwirtschafteten, begrenzt, sondern auch die zu erreichende Punktzahl pro Jahr. Weiterhin könnten maximal 14.000 Punkte berücksichtigt werden. Bereits in der Vorgängerregelung sei ein Höchstanspruchssatz von 18 % vorgesehen gewesen. Bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen könne das Äquivalenzprinzip eine Modifikation durch den Gedanken der Solidarität erfahren. Der Beitragssatz im Versorgungswerk entspreche dem zur Deutschen Rentenversicherung, seit Januar 2012 seien 18,9 % des Einkommens zu entrichten. Es würden nur Einkommen bis zur jährlichen Grenze von 69.600 EUR berücksichtigt werden. Daraus errechne sich ein monatlicher Höchstbetrag von 1.096,20 EUR. Die Hälfte des Beitrags betrage bei dieser Berechnung 548,10 EUR monatlich bzw. 1.644,30 EUR pro Quartal. In der Beitragsklasse 2 im System der EHV betrage der Beitrag 1.052 EUR pro Quartal, liege also unter dem hälftigen Beitrag der Landesärztekammer für Vertragsärzte. Durch die Zahlung des Beitrags für die EHV könne nicht von einer finanziellen Überforderung der Klägerin ausgegangen werden. Im Übrigen verweise sie auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist auch z. T. begründet. Der Bescheid vom 31.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.03.2013 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben. Die Beklagte ist verpflichtet, über die Eingruppierung der Klägerin und die Festsetzung des Quartalsbeitrags zur EHV unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Der Klage war daher im Hilfsantrag stattzugeben. Im Übrigen war die Klage aber im Hauptantrag abzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf ersatzlose Aufhebung der Heranziehung zur EHV.
Die Klage war im Hauptantrag abzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf grundsätzliche Nichtheranziehung zur EHV. Insoweit bestehen eine Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung der EHV und hierfür eine grundsätzlich ausreichende Rechtsgrundlage. Im Hilfsantrag war der Klage stattzugeben. Die grobe Beitragsklasseneinteilung verstößt gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG).
Mit dem Hauptantrag würde die Klägerin erreichen, grundsätzlich nicht zur EHV herangezogen zu werden. Hierauf hat sie keinen Anspruch. Vielmehr besteht eine grundsätzliche Ermächtigung der Beklagten, alle Vertragsärzte und somit auch die Klägerin zur EHV heranzuziehen.
Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zur EHV ist § 3 Abs. 1 Satz 1 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung, die die Beklagte durch Beschluss ihrer Vertreterversammlung in den Sitzungen vom 10.03.2012 und 12.05.2012 mit Wirkung zum 01.07.2012 neu gefasst hat (im Folgenden: GEHV). Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der GEHV ist § 8 des hessischen Landesgesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen i. d. F. d. Änderungsgesetzes vom 14.12.2009, GVBl. 2009, Teil I, 662, in Kraft getreten am 23.12.2009 (KVHG) i. V. m. Art. 4 § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Kassenarztrecht (GKAR) vom 17.08.1955 (BGBl I 513). Nach Art. 4 § 1 Abs. 2 GKAR bleiben landesrechtliche Regelungen über die Altersversorgung der Kassenärzte unberührt. Diese Vorschrift schützt die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehenden Versorgungseinrichtungen von Kassen-(heute: Vertrags-)Ärzten. Diese Vorschrift ist ebenfalls verfassungsgemäß (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 10/13 R - juris Rdnr. 22 ff.; ausführlich BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65, juris Rdnr. 20 bis 64; die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil wurde von BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Beschl. v. 15.06.2009 - 1 BvR 3289/08 - nicht zur Entscheidung angenommen; s. a. die Verfassungsbeschwerde gegen die Parallelentscheidung BSG, Urt. v. 16.07.2008 B 6 KA 39/07 R - juris, die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde von BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Beschl. v. 15.06.2009 - 1 BvR 3290/08 - ebf. nicht zur Entscheidung angenommen, zitiert nach den Angaben zu den BSG-Entscheidungen in juris). Das Bundessozialgericht hat jüngst nochmals für diese Vorläuferfassung entschieden, dass § 8 KVHG i. V. m. Art. 4 § 1 Abs. 2 GKAR verfassungsgemäß ist, insbesondere eine hinreichend präzise Ermächtigungsgrundlage für den Satzungsgeber enthält, im Rahmen der betroffenen grundrechtlichen Gewährleistungen von Art 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG einerseits und Art. 14 Abs. 1 GG andererseits Regelungen zu treffen. Die Vorschriften bilden nicht nur mit hinreichender Bestimmtheit eine Grundlage für ein umlagefinanziertes Versorgungssystem, sondern auch für die Anpassung der EHV an sich ändernde Verhältnisse im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung. Nach Auffassung des Senats hat sich gezeigt, dass die Beklagte auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigungen auf (auch) grundlegende Änderungen in der Versorgungsstruktur in Bezug auf die EHV sachgerecht zu reagieren imstande ist. Das betrifft sowohl die 1991 erfolgte Erweiterung der EHV auf Honorare, die für die Behandlung von Versicherten der Ersatzkassen über die KÄV verteilt worden sind, als auch die Entscheidung, die Psychologischen Psychotherapeuten nicht in die EHV einzubeziehen (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 8/13 R - juris Rdnr. 30 ff.).
Auch die Neufassung des § 8 KVHG ist eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. Die Neufassung war erforderlich geworden, um die Einbeziehung der Honorare aus Selektivverträgen, die hier nicht in Streit steht, zu gewährleisten.
Nach der Neufassung des § 8 KVHG sorgt die Kassenärztliche Vereinigung Hessen im Rahmen ihrer Satzung für eine wirtschaftliche Sicherung der invaliden und alten Vertragsärztinnen oder Vertragsärzte und der Hinterbliebenen von Vertragsärztinnen oder Vertragsärzten. Diese Sicherung kann auch durch besondere Honorarverteilungsgrundsätze geregelt werden (Abs. 1). Zur Sicherung der nach Abs. 1 errichteten Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen werden neben der Gesamtvergütung sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, der Erweiterten Honorarverteilung unterworfen. Dies gilt unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung (Abs. 2). Die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sind verpflichtet, den Umsatz, den sie aufgrund der Abrechnung für Leistungen nach Abs. 2 erhalten, gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen offenzulegen. Sofern sie dieser Verpflichtung nicht innerhalb von drei Monaten nachkommen, ist die Kassenärztliche Vereinigung Hessen befugt, die Vergütung für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbracht hat und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt wurden, zu schätzen. Gegen diese Verfügung ist binnen eines Monats gegen über der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen Widerspruch unter Vorlage der vollständigen Unterlagen zulässig. Die Vollständigkeit ist an Eides statt zu erklären (Abs. 3). Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen ist berechtigt, durch Satzung die Einbeziehung der Umsätze für Leistungen nach Abs. 2 zu regeln. Durch Satzung werden auch die Anforderungen an Form und Inhalt der Offenlegung nach Abs. 3 geregelt (Abs. 4).
Das Gesetz geht zurück auf einen Gesetzentwurf der Fraktion der SPD vom 09.06.2009 (LTag-Drs. 18/767; zu den eingegangene Stellungnahmen zu der schriftlichen Anhörung s. Ausschussvorlage AFG 18/6, Teil 1 und Teil 2 mit Stand: 26.08.2009, abrufbar über die Parlamentsdatenbank unter http://starweb.hessen.de/starweb/LIS/Pd Eingang.htm), nachdem ein erster Entwurf vom 06.07.2004 (LTag-Drs. 16/2469) im Landtag nach dem Ablehnungsvorschlag des Sozialpolitischen Ausschusses (LTag-Drs. 16/3200) von der Regierungsfraktion CDU abgelehnt worden war (PlPr 16/53 v. 26.11.2004, S. 3621-3626; zur ersten Lesung s. PlPr 16/42 v. 14.07.2004, S.2786-2789). Im Gesetzentwurf vom 09.06.2009 weist die SPD-Fraktion auf die Verpflichtung zum Abschluss von Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b SGB V bis zum 30.06.2009 durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008, BGBl. I, S. 2426 hin. Hierdurch würden Leistungen, die bisher von zugelassenen Vertragsärzten im System der gesetzlichen Krankenversicherung für die Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten erbracht worden sind und über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen als Gesamtvergütung abgerechnet wurden, aus diesem Abrechnungskreislauf ausgegliedert werden. Dies führe zu dem Problem, dass aus der Gesamtvergütung herausgebrochene Teile auch nicht ohne weiteres in die Berechnung der Umlage für die EHV zur Deckung der bereits erworbenen Ansprüche und Anwartschaften der Altersversorgung einbezogen werden könnten. Im Ergebnis werde die Bemessungsgrundlage für die EHV deutlich verringert. Deshalb sei eine Änderung des § 8 KVHG dringend erforderlich. Im Hinblick auf die, auch durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Juli 2008 (- B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65) erforderlich gewordene, anstehende Gesamtdiskussion über die Zukunft der EHV stelle die vorgeschlagene Änderung des § 8 KVHG eine Zwischenlösung dar. Die Entscheidung hierüber sollte aber der Gesamtdiskussion vorangestellt werden, da ansonsten eine Erfüllung der bereits erworbenen Ansprüche und Anwartschaften voraussichtlich bereits im Quartal III/09 nicht mehr gewährleistet werden könne. Die Änderung sei auch erforderlich, da das BSG in seinem bereits erwähnten Urteil eine Regelungspflicht des Landesgesetzgebers für die Anpassung der EHV an Änderungen der Vertragslandschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung erkannt habe. Gegenüber dem Entwurf wurde in Abs. 2 der Verweis auf Verträge insb. nach §§ 73b und 73c SGB V herausgenommen und es bei der Bezugnahme auf die Vergütung aus Direktverträgen belassen und es wurden ausdrücklich auch Verträge zur Integrierten Versorgung aufgenommen. Die Entwurfsfassung sah in Abs. 3 zunächst neben der Offenlegungspflicht des Arztes einen Auskunftsanspruch der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gegenüber den Krankenkassen über die Vergütungshöhe des einzelnen Arztes vor, was dann durch die Ermächtigung zur Schätzung nach Abs. 3 Satz 2 bis 4 ersetzt wurde. Die Endfassung geht zunächst weitgehend auf den nicht weiter begründeten Änderungsantrag der SPD-Fraktion vom 16.09.2009 (LTag Drs. 18/1104; zu den eingegangene Stellungnahmen zu der schriftlichen Anhörung s. Ausschussvorlage AFG 18/6, Teil 1 mit Stand: 11.11.2009) zurück. Der Ausschuss für Arbeit, Familie und Gesundheit empfahl dann dem Plenum mit den Stimmen der Fraktion der SPD bei Enthaltung der übrigen Fraktionen, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags in zweiter Lesung anzunehmen (LTagDrs. 18/1610 v. 27.11.2009). In einem weiteren, ebf. nicht begründeten Änderungsantrag vom 08.12.2009 (LTag-Drs. 18/1682) schlug die SPD-Fraktion dann die verabschiedete Fassung vor (zur parlamentarischen Beratung s. PlPr. 18/14 v. 17.06.2009, S.874-879; 18/29 v. 09.12.2009, S.2085-2087).
Damit wird deutlich, dass der hessische Gesetzgeber die Befugnisse der Beklagten im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung der sog. Selektivverträge erweitern und nicht verkleinern wollte. Ohne inhaltliche Änderung ersetzte der hessische Landesgesetzgeber in § 8 Abs. 1 KVHG den Begriff "Kassenärzte" durch "Vertragsärzte" und passte damit die Vorschrift an den geänderten Wortlaut der Vorschriften des SGB V an (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 8/13 R - juris Rdnr. 34).
Von daher war die Beklagte grundsätzlich berechtigt, auch im strittigen Zeitraum die Klägerin zur EHV heranzuziehen.
Rechtswidrig sind allerdings die Zuordnung zur Beitragsklasse 2 und die Festsetzung des hieraus folgenden Quartalsbeitrags.
Rechtsgrundlage für die Erhebung der EHV-Beiträge ist § 3 GEHV "Beiträge und Beitragsklassen", der wie folgt lautet:
(1) Die EHV wird finanziert durch Beiträge der aktiven Vertragsärzte, die vom Honorar einbehalten werden. Die Höhe des zu leistenden Beitrags ist abhängig von dem erzielten Honorar aus ärztlicher Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung im Vorvorjahr des Beitragsjahres, das heißt aller für das herangezogene Kalenderjahr durch die KV Hessen vergüteten ärztlichen Honorare sowie der Honorare aus Selektivverträgen, die in dem entsprechenden Jahr zugeflossen sind. Soweit das über die KV Hessen abgerechnete Honorar des jeweiligen Vertragsarztes im Quartal nicht ausreichend ist, um den Beitrag durch Honorareinbehalt vollständig zu bedienen, ist er verpflichtet, den nicht verrechenbaren Betrag unverzüglich nach Erhalt eines entsprechenden Zahlungsbescheides an die KV Hessen zu zahlen.
(2) Es werden insgesamt neun Beitragsklassen festgelegt. Anhand des Durchschnittshonorars aller aktiven Vertragsärzte (Beitragszahler) bestimmt sich die Beitragsklasse 4, die den Regelbeitrag festlegt. Beitragszahler, die ein unterdurchschnittliches Honorar erzielen, zahlen einen ermäßigten Beitrag der Beitragsklassen 1 bis 3; Beitragszahler mit überdurchschnittlichem Honorar werden den Beitragsklassen 5 bis 9 zugeordnet. Die konkrete Zuordnung des Beitragszahlers zur Beitragsklasse erfolgt über das prozentuale Verhältnis des Arzthonorars zum Durchschnittshonorar. Soweit für einen Beitragszahler wegen Neuaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit noch kein Vergleichshonorar vorliegt, erfolgt die Einstufung in Beitragsklasse 4. Dies gilt nicht, wenn der Beitragszahler eine Vertragsarztpraxis übernimmt; in diesem Fall wird das Arzthonorar des ehemaligen Praxisinhabers für die Bestimmung der Beitragsklasse herangezogen. In begründeten Einzelfällen kann der Vorstand auf Antrag des Beitragszahlers bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises entscheiden, dass die Eingruppierung in eine andere Beitragsklasse erfolgt. Über die eingegangenen Anträge und die hierzu getroffenen Entscheidungen berichtet der Vorstand dem Beratenden Fachausschuss EHV regelmäßig.
(3) Im Einzelnen bestimmt sich der ab 1. Juli 2012 zu zahlende Beitrag nach § 10 Abs. 3. Der Betrag in Spalte 4 verändert sich jeweils zum 1. Juli eines Jahres in dem Verhältnis, in dem sich die Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV für das jeweilige Jahr gegenüber dem Vorjahr verändert hat. Kommen §§ 5 und/oder 6 zur Anwendung, verändern sich auch die Werte in § 10 Abs. 3 Spalte 3. Der Vorstand hat die Tabelle nach § 10 Abs. 3 bis zum Ende des Monats Juni für die folgenden 12 Kalendermonate neu festzusetzen und zu veröffentlichen. Dies gilt auch, wenn sich die Beitragsklassen nicht verändern.
(4) Der Beitrag ist auf volle Eurobeträge festzusetzen. Soweit die Festsetzungen in § 10 Abs. 3 Spalte 3 zu abweichenden Eurobeträgen führen, ist eine Aufrundung auf den nächsten vollen Eurobetrag vorzunehmen.
(5) Der Nachweis über die erzielten Honorare für ärztliche Leistungen, die nicht direkt über die KV Hessen abgerechnet worden sind, erfolgt durch eine Bescheinigung eines Angehörenden der steuerberatenden Berufe. Sachkosten, die nicht innerhalb der Gebührenordnungspositionen des EBM abgegolten sind oder Kapitel 40 entsprechen, sowie Medikamentenkosten oder Erstattungen für Heil-/Hilfsmittel sind abzuziehen. Soweit ein Nachweis über die erzielten ärztlichen Honorare einschließlich von solchen, die nicht direkt über die KV Hessen abgerechnet worden sind, nicht vorgelegt wird, erfolgt eine Einstufung in die Beitragsklasse 9. Eine Einstufung in die Beitragsklasse 9 erfolgt auch, wenn Angaben nicht plausibel oder vollständig sind. Gegen diese Einstufung ist binnen eines Monats gegenüber der KV Hessen Widerspruch unter Vorlage der vollständigen Unterlagen zulässig. Die Vollständigkeit ist an Eides statt zu erklären. Als vollständig gelten Unterlagen nur, wenn aus ihnen abschließend erkennbar ist, dass es sich bei den angegebenen Vergütungen um alle Vergütungen aus Sonderverträgen handelt. (6) Für den Fall des Bezugs von Leistungen der EHV nach Erreichen der Regelaltersgrenze unter weiterer Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 lit. b), ist dieser Vertragsarzt weiterhin zur Beitragszahlung in Höhe der zutreffenden Beitragsklasse verpflichtet.
Nach § 10 Abs. 3 GEHV betragen die erstmalig festzusetzenden Beiträge zum Stichtag 1. Juli 2012 in Euro:
Beitragsklasse % Anteil am Durchschnittshonorar Beitrag je Quartal (in Prozent der jährlichen Bezugsgröße i.S. § 18 Abs. 1 SGB IV) Beitrag je Quartal (in EUR)
(Spalte 1) (Spalte 2) (Spalte 3) (Spalte 4)
1 0 bis 25 2,0450 % 627
2 )25 bis 50 4,0900 % 1.254
3 )50 bis 75 6,1350 % 1.881
4 )75 bis 100 8,1800 % 2.508
5 )100 bis 125 10,2250 % 3.135
6 )125 bis 150 12,2701 % 3.762
7 )150 bis 175 14,3151 % 4.389
8 )175 bis 200 16,3601 % 5.016
9 )200 18,4051 % 5.643
Ausgehend hiervon hat die Beklagte auf der Grundlage der der Klägerin zuzurechnenden Honoraranteile, das ist das "erzielte Honorar aus ärztlicher Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung" nach § 3 Abs. 1 Satz 2 GEHV, aus dem Jahr 2010 als dem Vorvorjahr, auf 56.591,14 EUR festgesetzt ("EHV-relevantes Honorar 2010"). Honorare aus Selektivverträgen waren nicht angefallen und daher auch nicht zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte die Klägerin folgerichtig in die Beitragsklasse 2 eingestuft, da das maßgebliche Jahreshonorar der Klägerin 27,55 % des von der Beklagten festgesetzten Durchschnittshonorars in Höhe von 205.389,02 EUR beträgt. Die konkrete Beitragsklassenzuordnung erfolgt nach § 3 Abs. 2 Satz GEHV über das prozentuale Verhältnis des Arzthonorars zum Durchschnittshonorar.
Soweit die Beklagte Sachkosten nur insoweit für die EHV-relevanten Umsätze abzieht, soweit es sich um die sog. EHV-freien Leistungen handelt, nicht aber weitere Sachkosten in dem Sinne, wie sie die § 5 GEHV in der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung vorgesehen waren, wird die Klägerin nicht beschwert, da sie solche besonderen Kosten nicht geltend macht und auch nicht ersichtlich ist, dass sie solche besonderen Kosten hätte. Im Übrigen hat die Kammer bereits mit Urteilen vom 05.11.2014 - S 12 KA 81/14, S 12 KA 419/14 und S 12 KA 420/14 - entschieden, dass die generelle Nichtberücksichtigung besonderer Kostenanteile gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Bildung der zu großen Beitragsklassen verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dies hat die Kammer in den Urteilen vom 05.11.2014 ebf. bereits entschieden, woran sie nach nochmaliger Prüfung festhält.
Bei der Bemessung von Beiträgen zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung steht dem autonomen Satzungsgeber ein - allerdings durch den Zweck der Versorgungseinrichtung und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begrenzter - Gestaltungsspielraum zu, innerhalb dessen er typisieren darf. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet, auf schwer wiegende Besonderheiten und unbillige Härten, insbesondere auf die wirtschaftliche Belastbarkeit der Mitglieder, Rücksicht zu nehmen. Darüber hinaus hat die Beitragsbemessung unter Beachtung der allgemein für die Erhebung von Beiträgen geltenden Grundsätze, insbesondere des Äquivalenzprinzips und des Gleichheitssatzes, zu erfolgen. Dabei darf nach dem Äquivalenzprinzip die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil stehen, den sie abgelten sollen. Für Versorgungseinrichtungen folgt daraus, dass Beitragsleistung und Versorgungsleistung einander entsprechen müssen. Dies ist allerdings nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Individualäquivalenz geboten wäre, wie sie in der Privatversicherung vorkommt. Vielmehr kann bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen das Äquivalenzprinzip eine Modifikation durch den Gedanken der Solidarität erfahren. Regelungen über die Beitragsbemessung zur EHV können die Beitragshöhe an die Honorarhöhe und damit an den Umsatz des jeweiligen Vertragsarztes koppeln. Hiergegen verstößt es nicht, dass die Abzüge für die EHV beim einzelnen Vertragsarzt von den Honoraransprüchen erfolgten, ohne dass es eine Bemessungsgrenze gibt. Zu den allgemeinen Grundsätzen des Beitragsrechts gehört eine Pflicht zur Schaffung von Beitragsbemessungsgrenzen nicht. Der Verzicht auf eine Beitragsbemessungsgrenze widerspricht nicht dem Äquivalenzprinzip, solange aus höheren Beiträgen im Grundsatz auch höhere Versorgungsleistungen entstehen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet ebenfalls nicht die Einführung einer Beitragsbemessungsgrenze. Dieser verlangt zwar, bei der Beitragsbemessung auf schwer wiegende Besonderheiten und unbillige Härten, insbesondere auf die wirtschaftliche Belastbarkeit der Mitglieder Rücksicht zu nehmen. Es ist aber grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Regelung über die Bemessung der Beiträge zur EHV bei Vertragsärzten mit höheren Honoraransprüchen auch eine höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unterstellt (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith 2005, 817, juris Rdnr. 123 f.; BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 38/12 R - juris Rdnr. 33).
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Gleichheitsgrundrecht, wenn er bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Dabei sind dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der jeweiligen Regelung umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, etwa auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Freiheit der beruflichen Tätigkeit nachteilig auswirken kann (BVerfG, Urt. v. 28.01.2003 - 1 BvR 487/01 - BVerfGE 107, 133 = NJW 2003, 737, juris Rdnr. 25; BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 38/12 R - juris Rdnr. 35 jeweils m.w.N.).
Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen bestehen aufgrund der Einteilung in die neun Beitragsklassen keine Bedenken gegen die Einhaltung des Äquivalenzprinzips, sieht die Kammer aber einen weiteren Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Hierzu wird auf folgende Berechnung hingewiesen:
Tabelle 1
1 2 3 4 5 6 7 8 Beitragsklasse Absolute Anteile am Durchschnittshonorar Jahresbeitrag zur EHV (in EUR) Belastung in % vom Jahresumsatz Punktzahl pro Jahr Kosten pro Punkt in EUR Kosten pro Punkt Beitragsklasse 1 = 100 Prozentsatz des Einkommens für 100 Punkte in %
3./. 2 3./. 5 6 x 100./. 2
1 0 EUR - 51.347,25 EUR 2.508 - 4,8 % 100 25,08 100 -4,9
2 51.347,26 EUR - 102.694,51 EUR 5.016 9,7 % – 4,8 % 200 25,08 100 4,9-2,4
3 102.694,52 EUR - 154.041,76 EUR 7.524 7,3 % - 4,8 % 300 25,08 100 2,4-1,6
4 154.041,77 EUR - 205.389,02 EUR 10.032 6,5 % - 4,8 % 400 25,08 100 1,6-1,2
5 205.389,03 EUR - 256.736,27 EUR 12.540 6,1 % - 4,8 % 475 26,40 105 1,3-1,0
6 256.736,28 EUR - 308.083,53 EUR 15.048 5,8 % - 4,8 % 540 27,87 111 1,1-0,9
7 308.083,54 EUR - 359.430,78 EUR 17.556 5,7 % - 4,8 % 595 29,51 118 1,0-0,8
8 359.430,79 EUR - 410.778,04 EUR 20.064 5,6 % - 4,8 % 640 31,35 125 0,9-0,8
9 )410.778,05 EUR 22.536 5,4 % 675 33,39 133 0,8-
Hieraus wird deutlich, dass der "Beitragspreis" eines Punktes ab Klasse 5 zunehmend teurer wird (Spalten 5 und 6). Spalte 5 beruht auf § 4 Abs. 1 GEHV, Spalte 3 auf § 10 Abs. 3 GEHV, hochgerechnet auf ein Jahr (Faktor 4). Spalte 6 beruht auf einer Division des Jahresbeitrags (Spalte 3) durch die Punktezahl, die hierfür zugesprochen wird (Spalte 5). Spalte 7 zeigt die Kostensteigerung im Verhältnis zur Beitragsklasse 1 bzw. den Beitragsklassen 1 bis 4. In absoluten Beträgen muss insofern für die gleiche Anwartschaft mehr aufgewandt werden, hinzu kommt eine weitere Beitragszahlung auch nach Erreichen des Höchstanspruchssatzes. Hieraus wird somit deutlich, dass innerhalb der Beitragsklasse mit dem gleichen absoluten Aufwand (Beitrag) die gleiche Punktezahl bzw. EHV-Anwartschaft erworben wird, dass die Kosten pro Punkt in EUR in den unteren Beitragsklassen günstiger sind (Spalte 6 und 7) und dass damit erst in den oberen Klassen (ab Klasse 5) bei steigendem Beitragseinsatz eine proportional geringere Anwartschaft erworben wird. Hinzu kommt die Deckelung der Anwartschaft bei 14.000 Punkten, die tendenziell eher die oberen Beitragsklassen betrifft. Letzteres verdeutlicht Tabelle 2:
Tabelle 2
1 2 3 4 5 Beitragsklasse Punktezahl pro Jahr Erreichen der Höchstpunktzahl 14.000 in Jahren Anspruchssatz pro Jahr 12.000 Punkte = 18 % § 10 Abs. 1 GEHV Anspruchssatz pro Jahr GEHV a.F. in % (Normalstaffel)
1 100 140,0 0,15 0,00 bis 0,15
2 200 70,0 0,30 0,15 bis 0,30
3 300 46,7 0,45 0,30 bis 0,45
4 400 35,0 0,60 0,45 bis 0,60
5 475 29,5 0,71 0,60 bis 0,675
6 540 25,9 0,81 0,675 bis 0,750
7 595 23,5 0,89 0,750 bis 0,825
8 640 21,9 0,96 0,825 bis 0,900
9 675 20,7 1,01 0,900 + 0,375 je 100 Punkte
Bei gleichbleibender Zugehörigkeit wird in den oberen Beitragsklassen die maximale Punktezahl z.T. wesentlich früher erreicht als in den unteren (Tabelle 2 Spalte 3). Tabelle 2 Spalte 4 zeigt nochmals die geringere proportionale Zunahme in den Kategorien der alten GEHV, d.h. des Anspruchssatzes in den oberen Beitragsklassen. Der Vergleich der Tabelle 2 Spalte 4 und 5 zeigt zugleich, dass aber gegenüber der vorherigen GEHV eine Anhebung der Beitragsklassen 5 bis 9 erfolgt ist. Diese proportional geringere Steigerung des Anspruchssatzes ist im Hinblick auf die Modifizierung des Äquivalenzprinzips durch den Gedanken der Solidarität nicht zu beanstanden.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz folgt aber aus der unterschiedlichen Heranziehung der Vertragsärzte zur Finanzierung der EHV.
So zeigt Tabelle 1 Spalte 8 die Relation zum EHV-relevanten Bruttoeinkommen. Spalte 8 setzt die Kosten für den Erwerb der Anwartschaft bzw. den absoluten Preis für 100 Punkte (Spalte 5 x 100) in das Verhältnis zum Bruttoeinkommen (Spalte 2) und gibt so an, welcher Anteil des Einkommens für den Erwerb von 100 Punkten eingesetzt werden muss. Hieraus wird ersichtlich, dass nicht nur eine erhebliche Bandbreite innerhalb insb. der unteren Beitragsklassen besteht, sondern dass im unteren Segment der Beitragsklasse 2 mehr als der sechsfache Prozentsatz des Einkommens als im oberen Bereich der Beitragsklasse 8 bzw. unteren Bereich der Beitragsklasse 9 aufgewandt werden muss. Die hier nicht streitige Beitragsklasse 1 führt noch zu wesentlich stärkeren Verzerrungen, da kein linearer Beitrag erhoben wird und keine Bemessungsfreigrenze ("Beitragsklasse 0") besteht. Die Unterschiede, die auch zu erheblich unterschiedlichen prozentualen Beitragssätzen führen, die insb. bei den unteren Beitragsklassen erheblich größer sind, beruhen auf der großen Bandbreite der Beitragsklassen. Gründe hierfür sind nicht ersichtlich.
Im Ergebnis werden tendenziell die unteren Beitragsklassen und innerhalb der Beitragsklassen die umsatzschwächeren Ärzte zu prozentual höheren Beiträgen veranlagt, unter Vernachlässigung der Beitragsklasse 1 beträgt die Schwankungsbreite 4,8 % bis 9,7 % und damit über das Doppelte. Deutlich wird die Benachteiligung der Klägerin auch in der Steigerung ihrer Beiträge von 2.829,55 EUR auf 5.016,00 EUR oder um 56,4 % bzw. in Bezug auf den Umsatz von 5 % auf 8,9 %.
Die von der Kammer vorgenommene Vergleichsberechnung beruht auf folgender Grundlage, wobei die Einwirkung weiterer Faktoren vernachlässigt werden kann, da eine Vergleichbarkeit auf der Grundlage der jeweils maßgeblichen Quartalsumsätze im Jahr 2010 gegeben ist:
Tabelle 3
Quartal Bruttohonorar PK+EK in EUR Abzug EHV-Beiträge in EUR I/10 15.150,01 757,50
II/10 14.081,91 704,10
III/10 13.807,68 690,38
IV/10 13.551,54 677,57
Gesamt 2010 56.591,14 2.829,55
Jahresbetrag 2012/2013 5.016,00
Die von der Kammer vorgenommene Vergleichsberechnung der konkreten Beiträge der Klägerin und ihrer Angestellten verdeutlicht die Veränderung der Beitragsstruktur zu Lasten einzelner Praxen, ohne dass die Beklagte hierzu auch nur ansatzweise sachliche Gründe angeführt hätte.
Ein Vergleich der Umsatzzahlen der Klägerin mit ihrer Vergleichsgruppe zeigt auch, dass ursächlich hierfür keinesfalls eine evtl. geringere Praxistätigkeit der Klägerin ist. Insofern zeigen die Umsatzzahlen der Fachgruppe der Klägerin, dass bestimmte Arztgruppen bereits im Durchschnitt nicht den Durchschnitt aller Ärzte erreichen und dass gerade diese Arztgruppen tendenziell höhere Anteile ihres Umsatzes an die EHV abführen müssen. Die Beklagte gibt für Ärzte für Psychotherapeutische Medizin, also der Fachgruppe der Klägerin, folgende durchschnittlicher Umsatzzahlen an:
Quartal Durchschnittshonorar in EUR
I/10 21.872,96
II/10 21.977,77
III/10 21.892,89
IV/10 22.048,69
Gesamt 2010 87.792,31
Anteil Gesamtdurchschnitt 205.389,02 EUR 42,7 %
Ein Beitrag von jährlich 5.016,00 EUR in der Beitragsklasse 2, in die dieses Durchschnittshonorar einzugruppieren wäre, würde immerhin noch einen Anteil am Honorarumsatz von 5,7 % ausmachen.
Faktisch führt die Beklagte durch die Neufassung eine modifizierte, da auch beitragsabhängige Kopfpauschale ein, und verlässt damit das reine Umlagesystem. Angesichts des tradierten, an die Honorarverteilung anknüpfenden EHV-Systems und seines Ausnahmecharakters hätte es für eine so weitgehende Umgestaltung aber im Übrigen einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage durch den Gesetzgeber bedurft. Auf fürsorgerische Gesichtspunkte, gerade umsatzschwachen Praxen zu einer ausreichenden Altersversorgung zu verhelfen, kann die Beklagte nicht verweisen. Insofern handelt es sich um ein verpflichtendes System, zu dessen Heranziehung dem einzelnen Arzt keine Alternative verbleibt. Für solche Zwangsbefugnisse der unterschiedlichen Behandlung bedürfte es erst Recht einer parlamentarischen Ermächtigungsgrundlage. Die Beklagte kann auch nicht auf eine Vermutung zurückgreifen, dass das Durchschnittshonorar eine Auskunft darüber gibt, in welchem Umfang Ärzte ihrem Versorgungsauftrag nachkommen. Insofern ist aus Streitigkeiten zur Honorarverteilung bekannt, dass ganze Arztgruppen Umsätze unterhalb der Durchschnittsgröße erzielen, was auch gerade die Umsatzzahlen für die Fachgruppe der Klägerin bestätigen.
Von daher war der angefochtene Bescheid aufzuheben, da es an einer ausreichenden Rechtsgrundlage für die Bildung und Zuordnung zu einer Beitragsklasse fehlt. Die Beklagte war dennoch nicht zur Rückzahlung der festgesetzten EHV-Beiträge zu verpflichten. Soweit § 3 Abs. 2 Satz 1 bis 4, Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 10 Abs. 3 GEHV rechtswidrig und nichtig sind, tritt nicht automatisch die frühere Regelung in Kraft. Insofern obliegt es der Beklagten, eine Neuregelung innerhalb von sechs Monaten zu verabschieden, wobei grundsätzlich an der Konzeption des Vorvorjahres als Aufsatzjahr mit festen Beiträgen festgehalten werden kann. Soweit Beitragsklassen gewählt werden, dürfen diese nur geringe Schwankungsbreiten von ca. 0,1 % des Durchschnittshonorars bzw. ca. 200 EUR aufweisen, um eine gleichmäßige Heranziehung zur EHV zu gewährleisten. Insoweit steht es der Beklagten auch frei, höhere Honoraranteile zur EHV heranzuziehen. Insofern besteht kein zwingender Anspruch der Klägerin, dass in jedem Fall maximal ein geringer Beitrag festzusetzen ist. Im Hinblick hierauf und auf die Notwendigkeit der Finanzierung der EHV-Ansprüche hat die Klägerin es hinzunehmen, dass die Beklagte trotz Rechtswidrigkeit der Beitragsfestsetzung die Beiträge jedenfalls bis zu einer Neubescheidung nicht auskehrt.
Nach allem war der Klage im tenorierten Umfang stattzugeben, war sie aber im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Quotelung folgt dem Anteil des jeweiligen Unterliegens.
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