L 4 KR 5711/08 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 2273/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 5711/08 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers wegen der Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21. November 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Erstattung eines Betrags von EUR 369,42 für eine von dem Zahnarzt B. am 14. Februar 2008 beim Kläger vorgenommene Versorgung des Zahns 44 mit einem Goldinlay.

Der am 1957 geborene Kläger, der Architekt ist, ist bei der Beklagten seit 2003 versichert. Der ihn behandelnde Zahnarzt B. stellte beim Kläger am 18. Januar 2008 beim Zahn 44, der mit einem Goldinlay versorgt war, wofür der Kläger die Kosten getragen hatte, Karies fest. Zur Behandlung dieser Erkrankung entfernte er am 07. Februar 2008 dieses Inlay und füllte den Zahn nach Durchführung der Kariesbehandlung nach dem Wunsch des Klägers am 14. Februar 2008 erneut mit einem Goldinlay. Für diese Füllung stellte der Zahnarzt dem Kläger "aufgrund der Mehrkostenvereinbarung für Füllungen im Seitenzahnbereich" am 22. Februar 2008 EUR 369,42 in Rechnung, die der Kläger bezahlte. Der Kläger hatte der Beklagten am 05. Februar 2008 insoweit eine (nicht datierte und nicht von ihm unterschriebene) "Vereinbarung über zusätzliche Kosten bei Füllungstherapie gemäß § 28 Abs. 2 SGB V" als "Anhang zum Heil- und Kostenplan" des Zahnarztes über EUR 393,27 eingereicht. Er begehrte die Übernahme der Kosten für die Goldinlay-Füllung. Dazu teilte die Beklagte dem Kläger zunächst am 06. Februar 2008 mit, dass sich die übersandte zusätzliche Kostenvereinbarung auf Kunststofffüllungen beziehe, wobei der Kassenanteil für die Füllung bereits vom Zahnarzt abgezogen worden sei. Der Kläger trug dazu (Schreiben vom 08., 11. und 12. Februar 2008) vor, bei der erforderlichen Behandlung gehe es um die Schließung einer kariesbedingten Öffnung im Zahn. Dazu sei das Entfernen des unmittelbar an der betreffenden Stelle befindlichen Inlets erforderlich. Nach erfolgter Kariesbehandlung sei das Wiedereinsetzen eines Inlets zur Herstellung des vorherigen Zahnzustands erforderlich. Die Beklagte teilte ihm mit Schreiben vom 12. und 13. Februar 2008 mit, die Versorgung eines Zahns mit einem Goldinlay sei eine reine Privatleistung, ebenso alles, was damit zu tun habe. Nach dem 8. SGB V-Änderungsgesetz sei für zahnmedizinische Füllungsleistungen eine Mehrkostenregelung vorgesehen. Der Versicherte habe gegenüber seiner Krankenkasse einen Anspruch auf die preisgünstigste plastische Füllung (Amalgam oder Kunststoff-Füllungen im Front-Zahnbereich); die Kosten für eine darüber hinausgehende Versorgung habe er selbst zu tragen. Lediglich in Fällen, in denen nachgewiesene Allergien gegen Amalgaminhaltsstoffe laut Epikutantest vorlägen, könnten die zahnärztlichen Kosten für Kunststofffüllungen im Seitenzahnbereich als Sachleistung über die Krankenversicherungskarte abgerechnet werden. Diese ablehnende Beurteilung bestätigte die Beklagte dann mit Bescheid vom 16. Februar 2008. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, für die Erbringung der Kassenleistung (Kariesbehandlung) sei zwingend das Entfernen des Inlays erforderlich gewesen, da die Karies unter dem Inlay vorhanden gewesen sei. Sofern dieses Inlay nicht entfernt werde, könne der kariöse Zahn nicht behandelt werden. Der Kläger reichte auch ein Schreiben des Zahnarztes B. ein. Mit Bescheid vom 03. März 2008 bestätigte die Beklagte ihre Ablehnung, dass die durchgeführte Leistung (Einlagefüllung an Zahn 44 einschließlich der Begleitleistungen) nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse falle. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 23. Juni 2008).

Deswegen erhob der Kläger am 09. Juli 2008 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Der Kläger machte geltend, er habe nicht die Kostenübernahme für eine privat abgerechnete Zahnbehandlung beantragt, sondern eine medizinisch zwingend erforderliche Behandlung. Die durchgeführte Behandlung sei zur Behandlung eines bereits durch Karies geschädigten Zahns zwingend erforderlich gewesen, keineswegs zur Vermeidung einer Karies. Nicht aus ästhetischen Gründen habe er sich für ein Goldinlay entschieden, sondern deshalb, weil dies dem Zustand vor der Behandlung entsprochen und der vorherige Zustand habe wiederhergestellt werden sollen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Kostenerstattung für eine Inlay-Versorgung sei nach § 28 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) ausgeschlossen. Der Kläger habe eine entsprechende Mehrkostenvereinbarung unterzeichnet. Es sei unerheblich, dass das Inlay aufgrund von Karies entfernt und dann habe wieder eingesetzt werden müssen. Der Kläger habe sich nach der eingeholten Auskunft des Zahnarztes B. bewusst für das Goldinlay entschieden. Eine Füllung mit Amalgam wäre möglich gewesen. Eine entsprechende Allergie liege beim Kläger nicht vor. Das SG erhob eine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge des Zahnarztes B. vom 25. August 2008 und wies mit Urteil vom 21. November 2008 die Klage ab. Der Kläger habe keinen Rechtsanspruch auf Erstattung von Kosten in Höhe von EUR 369,42 für die Goldinlay-Versorgung. Der grundsätzliche Ausschluss einer Goldinlay-Versorgung bestehe unabhängig von der Ursache. Der Umstand, dass das vorhandene Goldinlay wegen der erforderlichen Kariesbehandlung habe entfernt werden müssen, könne zu keiner Veränderung der Rechtslage führen. Für den Kläger bestehe insoweit kein Anspruch darauf, dass der vorherige Zustand wieder hergestellt werde. Er habe sich bewusst bei der Erstversorgung für ein Goldinlay entschieden und die erforderlichen Kosten dafür selbst getragen; wünsche er, was verständlich sei, bei einer erforderlichen Erneuerung wiederum ein Goldinlay, so falle dies in seinen privaten Risikobereich. Nach der Rechtsmittelbelehrung stand den Beteiligten im Hinblick darauf, dass der Wert des Beschwerdegegenstands von EUR 750,00 nicht überschritten wurde, die Berufung nur zu, wenn sie nachträglich zugelassen werde. Das Urteil wurde dem Kläger am 26. November 2008 zugestellt.

Wegen der Nichtzulassung der Berufung legte der Kläger am 08. Dezember 2008 beim Landessozialgericht Beschwerde ein. Diese begründete er mit dem Anspruch, "als Patient im Zuge einer zu erbringenden Kassenleistung (Behandlung eines kariösen Zahns) den vorherigen Zustand wieder herzustellen". Eine Mehrkostenvereinbarung habe er nicht unterschrieben. Die Behandlung der festgestellten Karies habe ausschließlich nach Entfernung des Inlays erfolgen können. Eine Wiedereinsetzung des Inlays sei aufgrund der sich durch die Kariesbehandlung ergebenden Vergrößerung der Zahnöffnung nicht in Frage gekommen. Er habe sich deshalb für ein Goldinlay entschieden, da das von ihm bereits bezahlte Goldinlay dem Zustand vor der Behandlung entsprochen und der vorherige Zustand wieder habe hergestellt werden sollen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21. November 2008 zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Es gehe um die Frage der Erstattung der Kosten für ein Goldinlay. Dazu gebe es eine eindeutige Gesetzeslage, weshalb die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe. Auch weiche das SG nicht von einer Entscheidung eines höherrangigen Gerichts ab und die Entscheidung beruhe auch nicht auf einem Verfahrensmangel.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezuge genommen.

II.

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und statthaft, jedoch nicht begründet.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bedurfte die Berufung der Zulassung im Urteil des SG, denn die Klage betraf eine Geldleistung (Kostenerstattung) bzw. einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, bei dem der Wert des Beschwerdegegenstands EUR 750,00 nicht überstieg. Das SG hat die Berufung im Urteil nicht zugelassen, weshalb die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 Abs. 1 Satz 1 SGG statthaft war. Nach § 144 Abs. 2 ist die Berufung jedoch nur dann zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ergibt sich nicht. Ebenfalls hat der Kläger keinen Verfahrensmangel geltend gemacht. Soweit der Kläger geltend macht, als Versicherter habe er einen Anspruch darauf, dass bei einer im Zuge einer zu erbringenden Kassenleistung (Behandlung eines kariösen Zahns) nach deswegen erforderlicher Entfernung eines auf eigene Kosten angebrachten Goldinlays dieser Zustand durch Versorgung mit einem (erneut gewählten) Goldinlay wieder herzustellen ist, ergibt sich daraus keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Notwendig ist insoweit, dass eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Rechtssache muss eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im Allgemeininteresse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 RdNr. 28). Der Umfang des Anspruchs auf zahnärztliche Behandlung gegenüber den Krankenkassen insbesondere bei Zahnfüllungen ergibt sich aus § 28 Abs. 2 SGB V. Danach gehören nichtplastische Füllungen, wie Goldinlays, nicht zu den Kassenleistungen. Nicht einmal dann, wenn die Beklagte oder eine frühere gesetzliche Krankenkasse, bei der der Kläger vor 2003 versichert gewesen ist, sich an den Kosten für die Versorgung des Zahns 44 mit einem Goldinlay beteiligt bzw. diese Versorgung bezuschusst hätte, hätte der Versicherte einen Anspruch darauf, dass sich ein Träger der gesetzlichen Krankenversicherung dann auch an der erneuten Versorgung mit einem Goldinlay als Erhaltungsmaßnahme im Wege des Sachleistungs- bzw. Kostenerstattungsanspruchs beteiligen müsste. Maßgebend ist vielmehr die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der erneuten Behandlung (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 03. September 2003 - B 1 KR 9/02 R - = SozR 4-2500 § 28 Nr. 2). Mithin kann es erst recht nicht als klärungsbedürftige Rechtsfrage angesehen werden, ob ein Versicherter dann, wenn er sich auf eigene Kosten mit einem Goldinlay hat versorgen lassen, auch später bei jeder Wiederherstellungsmaßnahme die Verwendung eines Goldinlays verlangen kann, insbesondere dann, wenn es sich um den Austausch einer an sich intakten nichtplastischen Füllung wegen der Notwendigkeit einer durchzuführenden Kariesbehandlung handelt. Die Wiederherstellung einer Goldinlay-Füllung gehört nicht etwa zur Wiederherstellung von Form und Funktion des Zahns im Rahmen der konservativen Behandlung im Sinne von B. III.3.Buchst. c der Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungs-Richtlinien), auch wenn es um die Behandlung von Karies geht.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des SG rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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