L 3 SB 5726/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 SB 7688/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 5726/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 16. Dezember 2007 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.

Der Beklagte stellte bei dem 1953 geborenen Kläger wegen einer Funktionsbehinderung des Schultergelenkes rechts und links (Teil-GdB 20), Gebrauchseinschränkung des Beines rechts und links (Teil-GdB 20) und einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Teil-GdB 10) ab 28.03.2000 einen GdB von 30 fest (Bescheid vom 19.05.2000).

Ein Erhöhungsantrag des Klägers vom 28.02.2001 war nicht erfolgreich. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 25.05.2001 abgelehnt.

Mit dem Neufeststellungsantrag vom 20.06.2005 machte der Kläger unter Beifügung eines Arztberichtes des Orthopäden Dr. P. vom 08.03.2005 (Diagnosen: Chronisches Wirbelsäulensyndrom; Periarthropathia humero scapularis bds.; Kniegelenksarthrose bds.; Lumboischialgie) die Erhöhung des GdB und außerdem die Zuerkennung des Merkzeichens G geltend. Der Beklagte zog hierauf den Entlassungsbericht über die vom Kläger zwischen dem 07.06.2005 und 05.07.2005 in den Fachkliniken U. durchgeführte Heilbehandlung (Diagnose: Z.n. Ausräumung Bandscheibenvorfall L4/L5 rechts am 24.05.2005 bei Bandscheibenvorfall L4/L5 rechts ohne sensomotorische Defizite) bei.

Mit Bescheid vom 18.08.2005 lehnte der Beklagte nach Einholung einer Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. L. sowohl die Neufeststellung des GdB als auch die Feststellung des beantragten Merkzeichens ab. Die Funktionsbeeinträchtigungen wurden nunmehr als Funktionsbehinderung beider Schultergelenke (Teil-GdB 20), Gebrauchseinschränkung beider Beine (Teil-GdB 20) und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, operierter Bandscheibenschaden (Teil-GdB 10) bezeichnet.

Den vom Kläger wegen der GdB-Einstufung erhobenen Widerspruch wies der Beklagte nach Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme vom 07.10.2005 mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 02.12.2005 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und unter Vorlage eines Arztbriefes des Neurologen Dr. H. vom 14.03.2005 (Diagnose: Wurzelreizsyndrom L5 rechts) und des vorläufigen Entlassungsbriefs des Klinikums Stuttgart über die Bandscheibenoperation vom 31.05.2005 im Wesentlichen geltend gemacht, er leide an Beschwerden von Seiten des Rückens, der Schultern und der Beine, Ganzkörperschmerzen, Depressionen, Funktionsbeschränkungen des "Sitz"- und Bewegungsapparates, Schwindel und Herzproblemen. Ein GdB von mindestens 50 werde erreicht.

Das SG hat die Orthopädin Dr. B.-S. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. B.-S. hat in ihrem Gutachten vom 25.03.2006 HWS-Beschwerden bei radiologisch unauffälligem Befund, Schmerzen im Bereich der BWS bei degenerativen Veränderungen ohne Funktionseinschränkung, den Verdacht auf ein Postnucleotomiesyndrom bei Zustand nach Bandscheibenoperation L4/L5 ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizsyndrome, eine beginnende Coxarthrose rechts mehr als links, eine beginnende retropatellare Arthrose beidseits sowie laterale Arthrose links, eine beginnende Sprunggelenksarthrose links nach Sprunggelenksfraktur ohne Bewegungseinschränkung und den Verdacht auf eine beginnende Rotatorenmanschettendegeneration der rechten Schulter ohne Bewegungseinschränkung beschrieben. Den GdB für den Verdacht auf das Postnukleotomiesyndrom und die beginnende Coxarthrose hat sie auf jeweils 20 und den für die beginnende retropatellare Arthrose und den Verdacht auf die beginnende Rotatorenmanschettendegeneration auf jeweils 10 eingeschätzt. Einen Gesamt-GdB in Höhe von 30 hat sie für angemessen erachtet.

Der Kläger hat zusätzliche Arztbriefe des Neurochirurgen Dr. K. vom 13.12.2005 und 18.01.2006 (Auffälligkeiten, die die Beschwerden des Klägers erklären könnten, nicht erkennbar, es dürfte sich um eine somatoforme Schmerzstörung handeln), eine gutachterliche Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 11.05.2006 (GdB deutlich über 50), die fachärztliche Bescheinigung des Dr. P. vom 09.05.2006 (Chronisches Wirbelsäulensyndrom; persistente Cervico-Cephalgo-Brachialgie; persistente Lumboischialgie; Periarthropathia humero scapularis bds.; Kniegelenksarthralgie bds.; Retropatellararthrose bds.), Arztbriefe des Klinikums Stuttgart vom 08.04. und 18.07.2005 (Z.n. OP eines nach kaudal perforierten NPP L4/L5 rechts sowie Foraminotomie L5 und S1 rechts am 24.05.2005, chronische Lumbalgien), des Internisten Dr. M. vom 15.12.2005, 24.01.2006 und 07.04.2006 (Dauerdiagnose: chronische obstruktive Lungenkrankheit; Diagnosen: leichte Ventilationsstörung, hartnäckiger Husten) und der Augenärztin Dr. O. vom 21.12.2005 (altersentsprechender Befund) vorgelegt.

Der Beklagte hat hierauf vergleichsweise angeboten, den GdB mit 40 ab dem 20.06.2005 festzustellen. Dr. F. hat in der beigefügten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 31.07.2006 für die "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, operierter Bandscheibenschaden"; "Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke, Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks, Gebrauchseinschränkung des linken Fußes"; "Chronisches Schmerz-Syndrom, Fibromyalgie-Syndrom"; "Seelische Störung" jeweils einen GdB von 20 und für die "Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks" und die "Chronische Bronchitis" jeweils einen GdB von 10 für angemessen erachtet und insgesamt einen Gesamt-GdB von 40 vorgeschlagen.

Der Kläger hat das Vergleichsangebot abgelehnt und im weiteren Verlauf einen Arztbrief des Neurochirurgen Dr. C. vom 20.02.2007 vorgelegt. Dr. C. hat danach im Bereich der LWS eine Instabilität höheren Ausmaßes oder einen Rezidivvorfall ausgeschlossen, als ursächlich für die Beschwerden im Bereich der LWS eine Osteochondrose in der Etage LWK 5/SWK 1 befundet und im Bereich der Halswirbelsäule leicht ausgeprägte degenerative Veränderungen und insgesamt nebenbefundlich eine Osteoporose gefunden.

Das SG hat weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Fachgutachtens bei Privatdozent Dr. E., Oberschwabenklinik Ravensburg. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 06.06.2007 ausgeführt, beim Kläger bestehe ein chronisches nozizeptives Schmerzsyndrom im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen in Form einer Osteochondrose, ein Zustand nach Operation eines sequestrierten Bandscheibenvorfalls LWK 4/5, Nukleotomie LWK 4/5 rechts, Foraminotomie L 5 und S 1 rechts sowie intralaminäre Fensterung in Höhe LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1 rechts, eine sekundäre somatoforme Schmerzstörung und auf internistischem Fachgebiet eine vordiagnostizierte chronische Bronchitis. Den GdB bezüglich der Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule schätze er auf 20, den Gesamt-GdB auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet aufgrund der sekundären somatoformen Schmerzstörung und der damit eingehenden psychischen Begleitsymptomatik auf 30 ein.

Gestützt auf eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. F. vom 18.07.2007, der bei ansonsten gleichbleibender Einschätzung nunmehr die Auffassung vertreten hat, die seelische Störung bedinge nur einen GdB von 10, hat der Beklagte sein Vergleichsangebot wiederholt. Der Kläger hat das Vergleichsangebot weiterhin nicht angenommen.

Auch das mit Schreiben der Beklagten vom 10.10.2007 daraufhin als Teilanerkenntnis aufrecht erhaltene Vergleichsangebot hat er nicht angenommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 27.11.2007 hat das SG den Beklagten gemäß seinem Teilanerkenntnis verurteilt, unter Abänderung der angefochtenen Bescheide einen GdB von mindestens 40 seit dem 20.06.2005 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, für die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers im Bereich der Wirbelsäule und für die Erkrankung von Seiten des linken Fußes sei gestützt auf das von Dr. B.-S. erstattete Gutachten jeweils ein Teil-GdB von 20 in Ansatz zu bringen. Die Bewegungseinschränkung der rechten Schulter rechtfertige ebenfalls gestützt auf das Gutachten von Dr. B.-S. einen GdB von 10. Für das chronische Schmerzsyndrom und das Fibromyalgiesyndrom zusammen und für die nach dem Gutachten von Dr. E. allenfalls leichte bis mittelschwere Depression sei ein GdB von jeweils 20 angemessen. Den Ausführungen von Dr. A. habe sich die Kammer insoweit nicht anzuschließen vermocht. Seine Angaben ließen keinen Schluss auf das Vorliegen stärker behindernder Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zu. Die beim Kläger vorliegende chronische Bronchitis habe der Beklagte zutreffend mit einem GdB von 10 veranschlagt. In ihrer Gesamtschau seien die Beschwerden des Klägers mit 40 zutreffend bewertet.

Mit Ausführungsbescheid vom 10.12.2007 hat der Beklagte den GdB mit 40 seit 20.06.2005 festgestellt.

Gegen den am 03.12.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.12.2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, der Teil-GdB im Bereich der Psychiatrie müsse mit 40, derjenige auf orthopädischem Fachgebiet mit 40 bis 50 bewertet werden. Unter Berücksichtigung der Wechselwirkung der multiplen Beschwerden, der obstruktiven Lungenkrankheit und der ständigen schweren Kopfschmerzen, die jeweils mit einem Teil-GdB von 10 bis 20 zu bewerten seien, werde ein GdB von mindestens 50 erreicht.

Der Kläger hat ein von ihm in Auftrag gegebenes ärztliches Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 20.02.2008 vorgelegt. Dr. K. hat ausgeführt, der Kläger leide an einem ausgeprägten Postdiskotomiesyndrom bei Zustand nach interlaminärer Fensterung in Höhe L 4/5 und L 5/51 rechts mit Entfernung des nach kaudal sequestrierten Bandscheibenvorfalls in Höhe L 4/5, Nukleotomie in Höhe L 4/5 rechts, Foraminotomie L 5 und S 1 rechts, Lumboischialgien, ISG-Blockierungen, einem generalisierten vertebragenen Schmerzsyndrom, einer Schulter- und Kniearthropathie mit Coxarthrose, Kniegelenksarthrose, einem chronischen HWS-BWS-LWS-Syndrom mit Dysfunktionen und Muskelhartspann, einer muskulären Dysbalance, einer Somatisierungsstörung mit Cervikocephalgien und Spannungskopfschmerz, Cervikobrachialgien, einer Periarthropathia humeroscapularis, einem schwerwiegenden Fibromyalgiesyndrom, einer chronifizierten psychosomatischen Schmerzerkrankung mit Ganzkörperschmerzen, einer Fußheberschwäche rechts, schweren Kopfschmerzen, Depressionen, Ein- und Durchschlafstörungen, Herzproblemen und einer obstruktiven Lungenkrankheit. Es bestehe orthopädischerseits ein Einzel-GdB von 50 und ein Gesamt-GdB von mindestens 70.

Für den Beklagten hat sich hierzu der Versorgungsarzt D. in seiner Stellungnahme vom 13.08.2008 dahingehend geäußert, dass die zum Teil variierenden Angaben im Gutachten von Dr. K., zumal sie ohne zeitliche Zuordnung seien, nicht Grundlage einer abweichenden Bewertung sein könnten. Der von ihm angegebene Einzel-GdB 50 werde anhand der Anhaltspunkte nicht näher erläutert. Auch die Bildung eines Gesamt-GdB von mindestens 70 (vermutlich zusammen mit psychischen Anteilen bei depressiver Stimmungslage und Angststörungen) erschließe sich ohne nähere Begründung nicht.

Der Senat hat die den Kläger betreffende Rentenakte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg beigezogen und hieraus das nervenärztliche Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. vom 04.07.2008 (Diagnosen: rezidivierende Lumboischialgien rechts bei Zustand nach Bandscheibenoperation L 4/5 ohne floride neurologische Ausfälle, chronische Dorsalgie rechts bei muskulären Verspannungen ohne radikuläre Symptomatik, Anpassungsstörungen bei psychosozialer Belastungssituation, Cervicobrachialgien ohne funktionelle neurologische Ausfälle) und das fachorthopädische unfallchirurgische Gutachten des Prof. Dr. B., Sportklinik Stuttgart vom 10.09.2007 (Diagnosen: geringgradige Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule, negativer Achillessehnenreflex beidseits bei insgesamt geringgradigem Reflexmuster, klinische Retropatellararthrose rechts, geringgradige obstruktive Lungenerkrankung, kernspintomographisch Protrusion HWK 4/5 und 6/7 ohne signifikante Einengung von Neuroforamina oder Spinalkanal, kernspintomographisch geringe Narbenbildung der LWS im ventralen Spinalkanal rechtsseitig in Höhe LWK 4/5 ohne Nervenwurzelkompression, flacher medialer Bandscheibenvorfall LWK 5/ LWK 1 mit Tangierung des Duralsackes, Osteochondrose LWK 5/ LWK 1, Osteoporose, Adipositas) zu den Akten genommen.

Der Beklagte hat hierzu eine weitere ärztliche Stellungnahme des Dr. F., der an der von ihm in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.07.2008 (richtig 2007) vorgeschlagenen Bewertung festgehalten hat, vorgelegt.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. November 2007 und den Ausführungsbescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den bei ihm vorliegenden Grad der Behinderung mit mindestens 50 ab Antragstellung festzustellen.

Der Beklagte beantragt (sinngemäß),

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2007 abzuweisen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines höheren GdB als des nunmehr mit Bescheid des Beklagten vom 10.12.2007 festgestellten GdB von 40. Dieser Bescheid ist gemäß § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, denn er hat den Bescheid vom 18.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2005 ersetzt. Hierüber entscheidet der Senat jedoch nicht im Wege der Berufung, sondern auf Klage.

Hinsichtlich der Darstellung der Rechtsgrundlagen für die Feststellung des GdB und der dabei anzuwendenden Bewertungsmaßstäbe sowie auch hinsichtlich der vom SG vorgenommenen Bewertung nimmt der Senat im Wesentlichen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist festzustellen, dass der Tenor des Gerichtsbescheids, wonach ein GdB von mindestens 40 seit dem 20.06.2005 festzustellen ist, unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe dahingehend auszulegen ist, dass der GdB 40 beträgt. Außerdem sind zwischenzeitlich die im Wesentlichen mit den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) 2004 gleichlautenden AHP 2008 in Kraft getreten, die ihrerseits seit 01.01.2009 durch den ebenfalls im Wesentlichen unveränderten Teil A und B der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VMG) zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 ersetzt worden sind.

Ergänzend ist zum Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren und insbesondere zu dem von ihm vorgelegten Gutachten des Dr. K., das im Wege des Urkundsbeweises verwertet wird, und den im Berufungsverfahren getätigten Ermittlungen, die in der Beiziehung der im Rentenverfahren erstatteten Gutachten von Dr. T. und Prof. Dr. B. bestanden, noch auf Folgendes hinzuweisen:

Hinsichtlich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule des Klägers und der Folgen des operierten Bandscheibenschadens hat Dr. K. zwar ausführlich die vom Kläger insoweit beklagten Beschwerden geschildert, genauere Befunde lassen sich seinem Gutachten jedoch nicht entnehmen. So gibt er zum Beispiel auf Seite 7 seines Gutachtens (Bl. 34 der LSG-Akte) ohne zeitliche Angaben zwei verschiedene Fingerbodenabstände (40 cm bzw. 50 cm) an. Das Lasègue-Zeichen beschreibt er ebenfalls, ohne die Daten der Untersuchung zu benennen, als beidseits ab 70 Grad pseudopositiv bzw. als beidseits positiv (Bl. 34 der LSG-Akte). Die auf Seite 6 des Gutachtens (Bl. 33 der LSG-Akte) erwähnte Parese des rechten Beines wird ebenso wie die bei der Diagnose aufgezählte Fußheberschwäche rechts und die auf Seite 7 des Gutachtens genannte Bizepsschwäche nicht näher erläutert. Dasselbe gilt auch für die Gang- und Standvariationen, die er auf Seite 7 des Gutachtens als unsicher erwähnt. Angesichts dieser Ungenauigkeiten und Widersprüchlichkeiten vermag dieses Gutachten den Senat, nachdem in ihm darüber hinaus nur ohne weitere Aufschlüsselung ein Teil-GdB von 50 vorgeschlagen wurde, deshalb nicht davon zu überzeugen, dass für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und den operierten Bandscheibenschaden ein höherer Teil-GdB als 20 zugrunde zu legen ist (vgl. AHP Nr. 26.18; Teil B Nr. 18.9 VMG). Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung des von Prof. Dr. B. erstatteten Gutachtens, der bei passiv vorsichtiger Untersuchung nur eine geringgradige Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule feststellte. Dieser Befund steht auch im Einklang mit den Erhebungen von Dr. B.-S., wonach ebenfalls unter Ablenkung ein problemloses Nachvornebeugen möglich war. Das Lasègue-Zeichen war bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B. beidseits bis 70 Grad negativ. Hinweise auf Myogelosen in der paravertebralen Muskulatur fanden sich nicht. Auch die Röntgenuntersuchung der Lendenwirbelsäule am 18.07.2007 ergab nur geringgradige degenerative Veränderungen der oberen und mittleren Lendenwirbelsäule ohne Einengung der Zwischenwirbelräume. Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus dem Attest von Dr. A., dessen Angaben, dass sämtliche Muskeleigenreflexe des rechten Beines ausgefallen seien und Gefühlsstörungen sowie eine proximal betonte Parese des rechten Beines und eine rezidivierende Fußheberschwäche bestünden, bei der objektiven Befundung mittels Neurophysiologie, klinischer Untersuchung und Bildgebung von Dr. K. eindeutig widerlegt wurden.

Auch die Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke, die Funktionsbehinderung des linken Kniegelenkes und die Gebrauchseinschränkung des linken Fußes sind mit einem GdB von 20 ausreichend bewertet. Auch insoweit sind dem von Dr. K. erstatteten Gutachten mit Ausnahme, dass zu irgendeinem Zeitpunkt bei der Prüfung der Hüftgelenke die Flexion rechts bis maximal 120 Grad und links bis 90 Grad möglich und die Innenrotation eingeschränkt war, die Kniegelenke derb geschwollen waren und ein feines Krepitieren bestand (Bl. 34 der LSG-Akte), keine näheren Angaben zu entnehmen. Nach dem von Prof. Dr. B. erstatteten Gutachten wurde die Streckung/Beugung der Hüftgelenke des Klägers beidseits mit 0/0/120 Grad, der Kniegelenke mit 0/0/130 Grad und das Heben und Senken der oberen Sprunggelenke mit 30/0/40 Grad gemessen. Die Kniegelenke waren bandstabil, die Meniskuszeichen waren negativ. Lediglich im rechten Kniegelenk zeigte sich eine retropatellare Krepitation. Auch beide oberen Sprunggelenke waren stabil. Auch insoweit bestand weder ein Erguss noch fanden sich Einklemmungserscheinungen. Dasselbe gilt auch für die Hüftgelenke. Dies rechtfertigt nach den AHP Nr. 26.18 bzw. Teil B Nr. 18.14 VMG lediglich einen GdB von 20.

Das chronische Schmerzsyndrom und das Fibromyalgiesyndrom sind mit einem GdB von ebenfalls 20 maximal bewertet (AHP Nr. 26.18; Teil B Nr. 18.4 VMG). Die vom Kläger beklagten Schmerzen werden hiermit vollständig abgegolten. Dies insbesondere auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger nach seinen Angaben anlässlich der aktuellsten Untersuchung bei Dr. T. am 01.07.2008 nur bei Bedarf Diclophenac einnehmen muss und bezüglich der Fibromyalgie auch unter bewusster Prüfung die geforderten Triggerpoints nicht in der geforderten Weise positiv und auch die sog. Kontrollpunkte negativ waren.

Die seelische Störung rechtfertigt entsprechend der Bewertung des Beklagten entgegen den Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG nur einen GdB von allenfalls 10. Der Senat stützt sich dabei auf das von Dr. T. erstattete Gutachten und berücksichtigt darüber hinaus die Angaben des Klägers bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B ... Bei der Begutachtung durch Dr. T. ergaben sich keine Hinweise auf eine Depression. Der Kläger war wach, klar, orientiert in allen Qualitäten, freundlich zugewandt und kontaktfreudig. Während der gesamten Untersuchung war er nach den Ausführungen von Dr. T. immer wieder zu Scherzen aufgelegt und hat teilweise gelacht. Aufmerksamkeit, Konzentration, Einstellung und Umstellung waren nicht erschwert. Er beschrieb enge Kontakte mit seinen Kindern und gute Kontakte zu Freunden. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B. verneinte der Kläger selbst eine depressive Einstellung und Kommunikationsschwierigkeiten. Damit im Einklang steht auch, dass die psychiatrische Behandlung sehr lückenhaft ist (Dr. A. 2006, April 2008). Insgesamt bedingt dies nach den AHP Nr. 26.3 bzw. Teil B Nr. 3.7 VMG einen GdB von 10. Ein höherer GdB käme nur in Betracht bei einer stärkeren psychischen Störung oder einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Beides ist hier nicht beschrieben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten von Dr. K ... Dieser hat zwar eine depressive Stimmungslage, einen klagsamen Affekt, Angstgefühle und eine vegetative Labilität aufgezählt. Es fehlt jedoch wieder eine nähere Beschreibung und zeitliche Einordnung. Außerdem handelt es sich bei Dr. K. um einen Orthopäden, der insoweit fachfremd Befunde erhoben hat.

Für die beim Kläger seit der ersten Antragstellung beschriebene Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes ist nach den AHP Nr. 26.18 bzw. Teil B Nr. 18.13 VMG ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen. Hiermit wird die auf der am 17.01.2006 gefertigten Röntgenaufnahme erkennbare Einengung des Subakromialraumes, der von Dr. K. - wiederum ohne nähere Angaben - als schmerzhaft beschriebene Bogen und der positive Impingementtest der rechten Schulter berücksichtigt. Ein höherer GdB-Wert kommt, nachdem die Schultern bei der Begutachtung durch Prof. Dr. B. aktiv und passiv frei beweglich und die Rotatorenmanschettentests ebenso wie die Impingementtests und der Bizepssehnentest negativ waren, nicht in Betracht.

Die chronische Bronchitis ist nach dem Arztbrief von Dr. M., nachdem zuletzt nur eine leichte Ventilationsstörung bestand, mit einem Teil-GdB von 10 ebenfalls ausreichend bewertet. Ein höherer GdB ist nach den AHP Nr. 26.8 bzw. Teil B Nr. 8.2 VMG nur bei fast kontinuierlich ausgiebigem Husten und Auswurf und häufigen akuten Schüben, was hier nicht beschrieben ist, gerechtfertigt.

In Anwendung der vom SG im Gerichtsbescheid ausgeführten Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB (AHP Nr. 19 bzw. Teil A Nr. 3 VMG) ist die vom Beklagten und dem SG vorgenommene Gesamtbewertung nicht zu beanstanden. Ausgehend von drei Einzel-GdB-Werten von jeweils 20 und drei Einzel-GdB-Werten von 10 ist der Gesamt-GdB mit 40 zu bewerten. Etwas anderes ergibt sich auch insoweit nicht aus dem von Dr. K. erstatteten Gutachten. Zwar hat er den Gesamt-GdB mit mindestens 70 angegeben. Er hat dies jedoch nicht begründet. Er hat in seinem Gutachten weder den vom ihm angegebenen Einzel-GdB von 50 noch den Gesamt-GdB von mindestens 70 erläutert und sich nicht auf die AHP bezogen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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