Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 1455/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3964/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Versorgung mit einem Therapie-Dreirad hat.
Der 1961 geborene Kläger leidet unter einer tropischen spastischen Paraplegie mit spastischer Zerebralparese. Er ist Schwerbehinderter mit einem GdB von 100 und den Merkzeichen B,G, aG, H und RF (Bescheid des Versorgungsamtes Heidelberg vom 19.08.1977 bzw. Schwerbehindertenausweis vom 02.01.2002). Nach eigenen Angaben ist er von der Beklagten mit einem Rollstuhl versorgt. Er ist berufstätig und erreicht - wie er in der mündlichen Verhandlung angegeben hat - seinen Arbeitsplatz mit einem Auto.
Am 21.01.2008 beantragte er die Versorgung mit einem Therapie-Dreirad. Hierzu legte er die Hilfsmittelverordnung des Facharztes für Chirurgie Dr. Metz vom 20.12.2007 sowie den Kostenvoranschlag der Firma rehability Reha-Fachhandel GmbH vom 08.01.2008 für die Neubeschaffung eines Therapie-Dreirads vom Typ "Terrain 26" über 2.349,29 EUR vor. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.01.2008 und der Begründung, Radfahren zähle bei Erwachsenen nicht zu den so genannten Grundbedürfnissen, ab.
Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch macht der Kläger geltend, aufgrund seiner Schwerbehinderung sei ihm die Fortbewegung und Integration in die Gesellschaft, also die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nur mit den Krücken, dem Rollstuhl und vor allem mit dem jetzt beantragten Spezialfahrrad möglich. Das Fahrrad decke in seinem Fall auch einen erheblichen Teil der Grundbedürfnisse ab, weil es ihm erst ermögliche größere Strecken eigenständig und ohne Hilfestellung anderer zu bewältigen, mit Mitmenschen in Kontakt zu kommen und mit ihnen zu kommunizieren. Das Fahrrad ergänze somit die Funktion seines Rollstuhls in notwendigem Umfang auf größeren Strecken, um die Nachteile seiner Behinderung auszugleichen. Die Therapie und die Stärkung der Muskulatur als auch die Erhaltung der Gesundheit im Allgemeinen ergibt sich dann beim Fahrradfahren als zusätzlicher Pluspunkt, der nicht unterschätzt werden dürfe.
Sein altes Fahrrad sei im September 1980 angeschafft worden und nunmehr fast 28 Jahre alt und dringend erneuerungsbedürftig. Das jetzt als Ersatzbeschaffung beantragte Fahrrad sei eine Spezialanfertigung, die er aufgrund seiner Schwerbehinderung benötige.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Radfahren gehöre grundsätzlich nicht zu den körperlichen Grundfunktionen und auch nicht zu den Grundbedürfnissen, für deren Sicherstellung die Krankenkassen einzutreten hätten. Für Versicherte, die den Nahbereich nicht oder nicht in ausreichendem Maße erschließen könnten, sei die Versorgung mit einem Rollator bzw. einem Rollstuhl angezeigt. Diese Hilfsmittel seien anders als das Dreirad nicht nur im Außenbereich zu benutzen, sondern könnten auch im Innenbereich (z. B. der eigenen Wohnung oder in Geschäftsräumen) verwendet werden. Der Vorteil des Dreirads sei dagegen den Fernbereich zu erschließen. Es sei nicht die Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, die Erschließung des Fernbereiches sicherzustellen.
Zur Sicherung der ärztlichen Behandlung sei das beantragte Therapie-Dreirad ebenfalls nicht notwendig. Sicher sei regelmäßiges Fahrradfahren dazu geeignet, den Gesundheitszustand zu stärken. Dies löse jedoch keinen Leistungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Gesundheitsfördernde, körperliche Betätigungen fielen in den Bereich der Eigenverantwortung des Versicherten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V). Positive gesundheitliche Auswirkungen ließen sich auch durch andere Trainingsmaßnahmen mit geringerem Kostenaufwand erreichen (z. B. Behindertensport).
Gegen den nach eigenen Angaben am 03.04.2008 zugegangenen Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 02.05.2008 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim. Das Fahrradfahren decke in seinem Fall einen erheblichen Teil des Grundbedürfnisses auf Bewegung in der Natur ab, da es ihm ermögliche in Ergänzung seiner Krücken und seines Rollstuhls größere Strecken eigenständig und ohne Hilfestellung anderer Personen zu bewältigen. Somit werde ein erheblicher Teil des Nachteilsausgleichs seiner Behinderung durch das Fahrradfahren erreicht. Die Beschränkung des Basisausgleiches ausschließlich auf die Bewegungsfähigkeit innerhalb der Wohnung und im unmittelbaren Nahbereich der Wohnung verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz (GG), wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden dürfe. Die eng begrenzte willkürliche Definition des Basisausgleichs der Behinderung durch die Beklagte verstoße in elementarer Weise gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes und das darin explizit genannte Benachteiligungsverbot für den Personenkreis der Behinderten. Im vorliegenden Falle richte sich die Diskriminierung und Ausgrenzung gegen einen körperbehinderten Menschen. Auch seine behandelnden Krankengymnasten hielten das Fahrrad für notwendig, damit er seine Trainingseinheiten auf den Feldwegen rund um sein Elternhaus auf einem landwirtschaftlichen Gehöft mit der notwendigen Trainingsintensität absolvieren könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.07.2008 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Therapie-Dreirad. Die Hilfsmittelversorgung nach § 33 Abs. 1 SGB V ziele nicht auf eine umfassende Gleichstellung des behinderten Menschen mit einem nicht behinderten Menschen, sondern bezwecke lediglich, dem behinderten Menschen ein Mindestmaß an Selbständigkeit bzw. Unabhängigkeit zu vermitteln. Daher erstrecke sich der Behinderungsausgleich auf das Basisbedürfnis. Die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis beziehe sich lediglich auf solche Entfernungen, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklege. Dieser Behinderungsausgleich werde üblicherweise durch einen Rollstuhl mit mechanischem (ausnahmsweise mit elektrischem) Antrieb sichergestellt. Daher rechneten Therapie-Fahrräder bzw. Therapie-Dreiräder in der Regel nicht zur Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V. Im Falle des Klägers werde sein Grundbedürfnis auf Mobilität im Sinne des Basisausgleichs durch den offensichtlich vorhandenen Rollstuhl ausgeglichen. Eine Versorgung mit einem Therapie-Dreirad sei zur Erschließung der Mobilität im Nahbereich auch nicht erforderlich.
Auch aus dem Umstand, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden dürfe (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG), folge nichts anderes. Bei diesem Grundrecht handle es sich nämlich, wie schon der Wortlaut zeige, in erster Linie um ein Diskriminierungsverbot. Dies bedeute, dass von öffentlicher Seite niemand aufgrund seiner Behinderung schlechter bzw. anders behandelt werden dürfe, als ein gesunder Mensch. Darum gehe es vorliegend jedoch nicht. Der Kläger möchte aus dieser Verfassungsvorschrift einen Anspruch auf umfassende Gleichstellung ableiten. Ein solcher Anspruch bestehe jedoch nicht. Auch unter Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 GG) sei es daher nicht zu beanstanden, wenn die Hilfsmittelversorgung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung lediglich auf die wesentlichen Grundbedürfnisse abstelle und insoweit nur einen Basisausgleich bewirke.
Gegen den ihm am 30.07.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.08.2008 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren mit im Wesentlichen gleicher Begründung fortführt. Die Argumentation des SG zeige, dass der Verfasser des Gerichtsbescheides von der Lebenswirklichkeit eines Menschen mit einer nachgewiesenen lebenslangen Schwerbehinderung wenig verstehe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 25.07.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einem Therapie-Dreirad der Marke Terrain 26 zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Radfahren als spezielle Art der Fortbewegung werde von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht als Grundbedürfnis anerkannt. Gerade darum gehe es dem Kläger aber im vorliegenden Falle. Das Fahrrad sei auch nicht notwendig, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern. Der Gebrauch eines Fahrrads sei stets von Witterungsverhältnissen abhängig und die genannten therapeutischen Ziele ließen sich auch durch den Gebrauch eines Ergometers, der Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sei, erreichen. Zudem diene das Fahrrad nicht den spezifischen Behandlungszwecken im Rahmen einer gezielten Krankenbehandlung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Vorbringen der Beteiligten, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft. Berufungsausschlussgründe im Sinne des § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor, denn der Kläger begehrt die Versorgung mit einem Hilfsmittel im Wert von 2.349,29 EUR.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2008 den Antrag des Klägers auf Versorgung mit einem Therapie-Dreirad abgelehnt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf diese Leistung.
Versicherte haben nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Geh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der gesetzlichen Krankenversicherung auch, müssen die Leistungen nach § 33 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkasse nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V).
Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Therapie-Dreirad nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt. Bei dem vom Kläger ausgewählten Therapie-Dreirad handelt es sich um eine speziell für die Bedürfnisse behinderter Menschen konzipierte Konstruktion, die in ihrer Grundausstattung nicht zum Gebrauch durch nicht behinderte Menschen bestimmt ist. Insoweit handelt es sich um eine Sonderanfertigung, die nur für Kranke und Behinderte in Betracht kommen kann.
Das BSG hat für ein Therapie-Tandem entschieden (Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 8/02 R -), dass dieses nicht erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, weil eine regelmäßige Krankengymnastik nicht nur ausreicht, sondern sogar gezielter und vielseitiger die angestrebten Verbesserungen der körperlichen und seelischen Verfassung eines Behinderten erreichen kann, einschließlich der Stärkung von Muskulatur, Lungenfunktion, Körperkoordination und Balancegefühl. Nichts anderes gilt hier für die vom Kläger vorgetragenen therapeutischen Effekte des Therapie-Dreirads. Der Beklagten ist zuzustimmen, dass die vom Kläger geltend gemachten allgemeinen Trainingseffekte als gesundheitsfördernde körperliche Betätigung in den Bereich der Eigenverantwortung des Versicherten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) fallen. Dieselben Effekte lassen sich auch kostengünstiger durch ein Fahrradergometer erzielen, der als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens weit kostengünstiger ist und im Nahbereich der Wohnung des Behinderten aufgestellt werden kann und es zudem zulässt, dass die Trainingsmaßnahmen bei jeder Witterung durchgeführt werden können.
Im vorliegenden Fall geht es jedoch hauptsächlich um die Frage des Behinderungsausgleichs, der von der dritten Variante des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V erfasst wird. Hinsichtlich des Behinderungsausgleichs gilt nach Auffassung des Senates für das vom Kläger begehrte Therapie-Dreirad nichts anderes als für ein Therapie-Tandem. Zu diesem Hilfsmittel hat das BSG (Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 8/02 R -) Folgendes entschieden:
Tenor:
"Um eine Behinderung auszugleichen" ist das Therapie-Tandem ebenfalls nicht erforderlich (vgl zum Folgenden BSG aaO; Urteil des Senats vom 16. September 1999, B 3 KR 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31 - Rollstuhl-Bike - sowie zuletzt Urteil des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen -). Dieser in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet nicht, dass nicht nur die Behinderung als solche, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinaus gehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach stRspr (vgl die oben genannten Urteile des Senats) gehören zu den Grundbedürfnisses des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Auch das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung nur iS eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht iS des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. Juni 1994 (3/1 RK 13/93 = SozR 3-2500 § 33 Nr 7 - Rollstuhlboy -) zwar die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis bejaht, aber dabei nur auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt. Später (Urteil vom 16. September 1999, B 3 KR 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31) hat der Senat das auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind bisher immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden: So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 16. April 1998 (B 3 KR 9/97 R - Rollstuhl-Bike für Jugendliche - SozR 3-2500 § 33 Nr 27) zwar diejenigen Entfernungen als Maßstab genommen, die ein Jugendlicher mit dem Fahrrad zurücklegt; das Hilfsmittel ist aber nicht wegen dieser - rein quantitativen Erweiterung - sondern wegen der dadurch geförderten Integration des behinderten Klägers in seiner jugendlichen Entwicklungsphase zugesprochen worden (vgl dazu neuerdings auch Urteil des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen -). Ganz ähnlich war schon in der Entscheidung vom 2. August 1979 (11 RK 7/78 = SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl -) nicht die angesprochene "Fortbewegung auch in Orten außerhalb seines Wohnortes", sondern die Ermöglichung des Schulbesuchs der maßgebliche Gesichtspunkt gewesen. Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass er zu Fuß nur Strecken von höchstens 100 Metern und auch nur unter Aufsicht zurücklegen sowie einen Rollstuhl selbstständig überhaupt nicht benutzen kann; dieser schwerwiegenden Einschränkung seiner Fähigkeit zum selbstständigen Fortbewegen kann aber auch ein Therapie-Tandem nicht abhelfen. Unselbstständig, dh mit Hilfe Dritter, wie mit dem Therapie-Tandem, kann der Kläger aber bereits mit dem von der Beklagten gewährten Schieberollstuhl die für die medizinische Rehabilitation iS von § 33 SGB V maßgeblichen Entfernungen, "die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt" (vgl oben), bewältigen. Das gilt auch für diejenigen Stellen, an denen Alltagsgeschäfte erledigt werden, dh üblicherweise im Nahbereich; dazu gehört das Einkaufen von Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs (BSG SozR 3-1200 § 33 Nr 1 - Shoprider -); auf Besonderheiten des Wohnortes und -gebietes kommt es dabei nicht an (vgl bereits BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31). Zwar könnte das Tandem den Radius unselbstständiger Fortbewegung deutlich erweitern. Sein Einsatzbereich beginnt auch nicht, wie das LSG formuliert hat, "im Grunde erst dort", wo das Grundbedürfnis auf Fortbewegung bereits endet; denn das Tandem ist auch im Nahbereich einsetzbar, zB beim Einkaufen. Überlegen wird es gegenüber einem Schieberollstuhl aber erst jenseits dieser Grenze, und damit außerhalb des räumlichen Anspruchsbereichs iS von § 33 SGB V. Bereits in seinem Urteil vom 16. September 1999 (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32) hat der erkennende Senat in Auseinandersetzung mit den Entscheidungen des 8. Senats des Bundessozialgerichts zu Therapie-Tandems (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 25 und Nr 28) ausgeführt, dass dem Grundbedürfnis auf Fortbewegung Genüge getan ist, wenn ein Selbstfahrerrollstuhl im Nahbereich bewegt werden kann, selbst wenn das im Straßenverkehr nur unter Aufsicht möglich ist, und dass eine weitere "Kompensation" durch Ausflüge mit einem Therapie-Tandem nicht erforderlich ist. Das Radfahren, mag es in der Bevölkerung auch weit verbreitet sein, gehört nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens und führt daher ebenfalls nicht zu einem Anspruch eines Behinderten auf ein Hilfsmittel, mit dem es "in etwa" kompensiert werden kann, wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat. Dasselbe gilt für Freizeitbeschäftigungen, wie Wandern, Dauerlauf, Ausflüge uä, die das "Stimulieren aller Sinne", die "Erfahrung von Geschwindigkeit und Raum", das "Erleben physischen und psychischen Durchhaltens" sowie das "Gewinnen von Sicherheit und Selbstbewusstsein" - nicht "Selbstständigkeit", wie vorgetragen worden ist, denn diese gewinnt der Kläger mit dem Therapie-Tandem gerade nicht - mit sich bringen (vgl zum Ganzen Urteile vom 16. September 1999, B 3 KR 8/98 R und B 3 KR 9/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31 und Nr 32).
An anderer Stelle hat das BSG darauf abgestellt, dass zu den maßgeblichen vitalen Lebensbedürfnissen im Bereich des Gehens nur die Fähigkeit gehört, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegende Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Ein darüber hinausgehendes Bedürfnis könne nicht als Grundbedürfnis anerkannt werden, auch wenn im Einzelfall die benötigten Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich der Wohnung vorgenommen werden könnten und der Rollstuhlfahrer dafür längere Strecken zurückzulegen habe, die seine Kräfte möglicherweise überstiegen (Beschluss vom 11.01.2006 - B 3 KR 44/05 B). In der Folge hat die Rechtsprechung diese Grundsätze strikt umgesetzt (vgl. Urteil vom 19.04.2007 - B 3 KR 9/06 R sowie zuletzt Urt. v. 12.8.2009 - B 3 KR 11/08 R).
Soweit ersichtlich sind die Landessozialgerichte dieser Rechtsprechung in der Folge konsequent gefolgt (vgl. dazu zuletzt Hessisches LSG vom 24.04.2008 - L 8 KR 40/07). Soweit der Senat mit Urteil vom 22.02.2006 - L 5 KR 5296/04 - hiervon abweichend entschieden hat, hatte dies insbesondere seinen Grund darin, dass die Kläger jenes Falles ohne behindertengerechtes Fahrzeug auch nicht in der Lage waren, den geschützten Bereich ihres Heimes zu verlassen und im umliegenden Nahbereich Alltagsverrichtungen erledigen zu können. Auch die besondere Schwere einer Behinderung führt nicht dazu, dass die Krankenkassen Hilfsmittel bewilligen müssen, die über den Nahbereich hinaus eine Mobilität ermöglichen.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht. Die Auslegung des § 33 SGB V, wonach sich die Aufgaben der Krankenkassen zum Behinderungsausgleich im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V hinsichtlich des Grundbedürfnisses auf Bewegung und körperlichen Freiraum nur auf den Nahbereich beschränkt, verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (grundlegend: Urteil vom 26.03.2003 - B 3 KR 23/02 R sowie BSG vom 22.07.2004 - B 3 KR 13/03 R) ergeben sich aus dieser Verfassungsnorm keine weitergehenden Ansprüche bei der Hilfsmittelversorgung. Das BSG hat insoweit konkret ausgeführt: Zwar ist das Verbot einer Benachteiligung zugleich mit einem objektiv-rechtlichen Auftrag an den Staat verbunden, auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen hinzuwirken; dieser auch nach Inkrafttreten des SGB IX fortbestehende Auftrag zur Ausgestaltung des Sozialstaatsgebots begründet indes keine konkreten Leistungsansprüche und damit kein einklagbares subjektives Recht des Einzelnen auf eine bestimmte Hilfsmittelversorgung (vgl auch die Senatsentscheidung vom 22. Juli 2004 - B 3 KR 5/03 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der sachliche Anwendungs- und Schutzbereich des Grundrechts aus Art 3 Abs 3 Satz 2 GG soll den Schutz des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art 3 Abs 1 GG für bestimmte Personengruppen dahingehend verstärken, dass der staatlichen Gewalt insoweit engere Grenzen vorgegeben werden, als die Behinderung nicht zum Anknüpfungspunkt für eine - benachteiligende - Ungleichbehandlung dienen darf (vgl BVerfGE 96, 288, 301 f; 85, 191, 206). Allerdings liegt eine behinderungsbezogene Benachteiligung iS von Art 3 Abs 3 Satz 2 GG nicht nur bei Regelungen und Maßnahmen vor, die die Situation von Behinderten wegen ihrer Behinderung verschlechtern; sie kann vielmehr auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser Ausschluss nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird (BVerfG aaO). Der Beigeladene wird aber nicht durch die öffentliche Gewalt, sondern allein durch seine Behinderungen von bestimmten Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten ausgeschlossen, die eine gesunde Person hat. Das Verbot der Benachteiligung Behinderter kann auch nicht dadurch zu einem positiven Leistungsanspruch umgemünzt werden, dass auf eine Besserstellung der (bloß) Kranken in der GKV hingewiesen wird (so Davy aaO). Die soziale Sicherung kranker Versicherter ist die ursprüngliche und vorrangige Aufgabe der GKV, während die medizinische Rehabilitation erst später und neben anderen Leistungsträgern dazugetreten ist. In einem gegliederten System der sozialen Sicherheit gibt es sachliche Gründe, die jeweiligen Sozialleistungen für verschiedene Personengruppen unterschiedlich auszugestalten. Der - im Übrigen unzutreffende - Hinweis auf die unbegrenzten Leistungsansprüche der (bloß) kranken Personen ist daher nicht geeignet, auch Behinderten unbegrenzte Leistungsansprüche einzuräumen und insbesondere die GKV zu verpflichten, jedweden Bedarf nach Behinderungsausgleich durch entsprechende Hilfsmittel zu befriedigen.
Verfassungsrechtlich kann dann nichts anderes für die Versorgung mit einem Therapie-Dreirad gelten, dessen wesentlicher Zweck, wie der Kläger in seiner Klagebegründung vom 01.05.2008 dargestellt hat, das Zurücklegen von Trainingseinheiten in der näheren häuslichen Umgebung ist.
Nach alledem kann die Berufung keinen Erfolg haben. Das Urteil des SG ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Versorgung mit einem Therapie-Dreirad hat.
Der 1961 geborene Kläger leidet unter einer tropischen spastischen Paraplegie mit spastischer Zerebralparese. Er ist Schwerbehinderter mit einem GdB von 100 und den Merkzeichen B,G, aG, H und RF (Bescheid des Versorgungsamtes Heidelberg vom 19.08.1977 bzw. Schwerbehindertenausweis vom 02.01.2002). Nach eigenen Angaben ist er von der Beklagten mit einem Rollstuhl versorgt. Er ist berufstätig und erreicht - wie er in der mündlichen Verhandlung angegeben hat - seinen Arbeitsplatz mit einem Auto.
Am 21.01.2008 beantragte er die Versorgung mit einem Therapie-Dreirad. Hierzu legte er die Hilfsmittelverordnung des Facharztes für Chirurgie Dr. Metz vom 20.12.2007 sowie den Kostenvoranschlag der Firma rehability Reha-Fachhandel GmbH vom 08.01.2008 für die Neubeschaffung eines Therapie-Dreirads vom Typ "Terrain 26" über 2.349,29 EUR vor. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.01.2008 und der Begründung, Radfahren zähle bei Erwachsenen nicht zu den so genannten Grundbedürfnissen, ab.
Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch macht der Kläger geltend, aufgrund seiner Schwerbehinderung sei ihm die Fortbewegung und Integration in die Gesellschaft, also die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nur mit den Krücken, dem Rollstuhl und vor allem mit dem jetzt beantragten Spezialfahrrad möglich. Das Fahrrad decke in seinem Fall auch einen erheblichen Teil der Grundbedürfnisse ab, weil es ihm erst ermögliche größere Strecken eigenständig und ohne Hilfestellung anderer zu bewältigen, mit Mitmenschen in Kontakt zu kommen und mit ihnen zu kommunizieren. Das Fahrrad ergänze somit die Funktion seines Rollstuhls in notwendigem Umfang auf größeren Strecken, um die Nachteile seiner Behinderung auszugleichen. Die Therapie und die Stärkung der Muskulatur als auch die Erhaltung der Gesundheit im Allgemeinen ergibt sich dann beim Fahrradfahren als zusätzlicher Pluspunkt, der nicht unterschätzt werden dürfe.
Sein altes Fahrrad sei im September 1980 angeschafft worden und nunmehr fast 28 Jahre alt und dringend erneuerungsbedürftig. Das jetzt als Ersatzbeschaffung beantragte Fahrrad sei eine Spezialanfertigung, die er aufgrund seiner Schwerbehinderung benötige.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Radfahren gehöre grundsätzlich nicht zu den körperlichen Grundfunktionen und auch nicht zu den Grundbedürfnissen, für deren Sicherstellung die Krankenkassen einzutreten hätten. Für Versicherte, die den Nahbereich nicht oder nicht in ausreichendem Maße erschließen könnten, sei die Versorgung mit einem Rollator bzw. einem Rollstuhl angezeigt. Diese Hilfsmittel seien anders als das Dreirad nicht nur im Außenbereich zu benutzen, sondern könnten auch im Innenbereich (z. B. der eigenen Wohnung oder in Geschäftsräumen) verwendet werden. Der Vorteil des Dreirads sei dagegen den Fernbereich zu erschließen. Es sei nicht die Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, die Erschließung des Fernbereiches sicherzustellen.
Zur Sicherung der ärztlichen Behandlung sei das beantragte Therapie-Dreirad ebenfalls nicht notwendig. Sicher sei regelmäßiges Fahrradfahren dazu geeignet, den Gesundheitszustand zu stärken. Dies löse jedoch keinen Leistungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Gesundheitsfördernde, körperliche Betätigungen fielen in den Bereich der Eigenverantwortung des Versicherten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V). Positive gesundheitliche Auswirkungen ließen sich auch durch andere Trainingsmaßnahmen mit geringerem Kostenaufwand erreichen (z. B. Behindertensport).
Gegen den nach eigenen Angaben am 03.04.2008 zugegangenen Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 02.05.2008 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim. Das Fahrradfahren decke in seinem Fall einen erheblichen Teil des Grundbedürfnisses auf Bewegung in der Natur ab, da es ihm ermögliche in Ergänzung seiner Krücken und seines Rollstuhls größere Strecken eigenständig und ohne Hilfestellung anderer Personen zu bewältigen. Somit werde ein erheblicher Teil des Nachteilsausgleichs seiner Behinderung durch das Fahrradfahren erreicht. Die Beschränkung des Basisausgleiches ausschließlich auf die Bewegungsfähigkeit innerhalb der Wohnung und im unmittelbaren Nahbereich der Wohnung verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz (GG), wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden dürfe. Die eng begrenzte willkürliche Definition des Basisausgleichs der Behinderung durch die Beklagte verstoße in elementarer Weise gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes und das darin explizit genannte Benachteiligungsverbot für den Personenkreis der Behinderten. Im vorliegenden Falle richte sich die Diskriminierung und Ausgrenzung gegen einen körperbehinderten Menschen. Auch seine behandelnden Krankengymnasten hielten das Fahrrad für notwendig, damit er seine Trainingseinheiten auf den Feldwegen rund um sein Elternhaus auf einem landwirtschaftlichen Gehöft mit der notwendigen Trainingsintensität absolvieren könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.07.2008 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Therapie-Dreirad. Die Hilfsmittelversorgung nach § 33 Abs. 1 SGB V ziele nicht auf eine umfassende Gleichstellung des behinderten Menschen mit einem nicht behinderten Menschen, sondern bezwecke lediglich, dem behinderten Menschen ein Mindestmaß an Selbständigkeit bzw. Unabhängigkeit zu vermitteln. Daher erstrecke sich der Behinderungsausgleich auf das Basisbedürfnis. Die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis beziehe sich lediglich auf solche Entfernungen, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklege. Dieser Behinderungsausgleich werde üblicherweise durch einen Rollstuhl mit mechanischem (ausnahmsweise mit elektrischem) Antrieb sichergestellt. Daher rechneten Therapie-Fahrräder bzw. Therapie-Dreiräder in der Regel nicht zur Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V. Im Falle des Klägers werde sein Grundbedürfnis auf Mobilität im Sinne des Basisausgleichs durch den offensichtlich vorhandenen Rollstuhl ausgeglichen. Eine Versorgung mit einem Therapie-Dreirad sei zur Erschließung der Mobilität im Nahbereich auch nicht erforderlich.
Auch aus dem Umstand, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden dürfe (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG), folge nichts anderes. Bei diesem Grundrecht handle es sich nämlich, wie schon der Wortlaut zeige, in erster Linie um ein Diskriminierungsverbot. Dies bedeute, dass von öffentlicher Seite niemand aufgrund seiner Behinderung schlechter bzw. anders behandelt werden dürfe, als ein gesunder Mensch. Darum gehe es vorliegend jedoch nicht. Der Kläger möchte aus dieser Verfassungsvorschrift einen Anspruch auf umfassende Gleichstellung ableiten. Ein solcher Anspruch bestehe jedoch nicht. Auch unter Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 GG) sei es daher nicht zu beanstanden, wenn die Hilfsmittelversorgung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung lediglich auf die wesentlichen Grundbedürfnisse abstelle und insoweit nur einen Basisausgleich bewirke.
Gegen den ihm am 30.07.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.08.2008 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren mit im Wesentlichen gleicher Begründung fortführt. Die Argumentation des SG zeige, dass der Verfasser des Gerichtsbescheides von der Lebenswirklichkeit eines Menschen mit einer nachgewiesenen lebenslangen Schwerbehinderung wenig verstehe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 25.07.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einem Therapie-Dreirad der Marke Terrain 26 zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Radfahren als spezielle Art der Fortbewegung werde von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht als Grundbedürfnis anerkannt. Gerade darum gehe es dem Kläger aber im vorliegenden Falle. Das Fahrrad sei auch nicht notwendig, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern. Der Gebrauch eines Fahrrads sei stets von Witterungsverhältnissen abhängig und die genannten therapeutischen Ziele ließen sich auch durch den Gebrauch eines Ergometers, der Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sei, erreichen. Zudem diene das Fahrrad nicht den spezifischen Behandlungszwecken im Rahmen einer gezielten Krankenbehandlung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Vorbringen der Beteiligten, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft. Berufungsausschlussgründe im Sinne des § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor, denn der Kläger begehrt die Versorgung mit einem Hilfsmittel im Wert von 2.349,29 EUR.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2008 den Antrag des Klägers auf Versorgung mit einem Therapie-Dreirad abgelehnt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf diese Leistung.
Versicherte haben nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Geh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der gesetzlichen Krankenversicherung auch, müssen die Leistungen nach § 33 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkasse nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V).
Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Therapie-Dreirad nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt. Bei dem vom Kläger ausgewählten Therapie-Dreirad handelt es sich um eine speziell für die Bedürfnisse behinderter Menschen konzipierte Konstruktion, die in ihrer Grundausstattung nicht zum Gebrauch durch nicht behinderte Menschen bestimmt ist. Insoweit handelt es sich um eine Sonderanfertigung, die nur für Kranke und Behinderte in Betracht kommen kann.
Das BSG hat für ein Therapie-Tandem entschieden (Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 8/02 R -), dass dieses nicht erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, weil eine regelmäßige Krankengymnastik nicht nur ausreicht, sondern sogar gezielter und vielseitiger die angestrebten Verbesserungen der körperlichen und seelischen Verfassung eines Behinderten erreichen kann, einschließlich der Stärkung von Muskulatur, Lungenfunktion, Körperkoordination und Balancegefühl. Nichts anderes gilt hier für die vom Kläger vorgetragenen therapeutischen Effekte des Therapie-Dreirads. Der Beklagten ist zuzustimmen, dass die vom Kläger geltend gemachten allgemeinen Trainingseffekte als gesundheitsfördernde körperliche Betätigung in den Bereich der Eigenverantwortung des Versicherten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) fallen. Dieselben Effekte lassen sich auch kostengünstiger durch ein Fahrradergometer erzielen, der als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens weit kostengünstiger ist und im Nahbereich der Wohnung des Behinderten aufgestellt werden kann und es zudem zulässt, dass die Trainingsmaßnahmen bei jeder Witterung durchgeführt werden können.
Im vorliegenden Fall geht es jedoch hauptsächlich um die Frage des Behinderungsausgleichs, der von der dritten Variante des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V erfasst wird. Hinsichtlich des Behinderungsausgleichs gilt nach Auffassung des Senates für das vom Kläger begehrte Therapie-Dreirad nichts anderes als für ein Therapie-Tandem. Zu diesem Hilfsmittel hat das BSG (Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 8/02 R -) Folgendes entschieden:
Tenor:
"Um eine Behinderung auszugleichen" ist das Therapie-Tandem ebenfalls nicht erforderlich (vgl zum Folgenden BSG aaO; Urteil des Senats vom 16. September 1999, B 3 KR 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31 - Rollstuhl-Bike - sowie zuletzt Urteil des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen -). Dieser in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet nicht, dass nicht nur die Behinderung als solche, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinaus gehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach stRspr (vgl die oben genannten Urteile des Senats) gehören zu den Grundbedürfnisses des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Auch das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung nur iS eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht iS des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. Juni 1994 (3/1 RK 13/93 = SozR 3-2500 § 33 Nr 7 - Rollstuhlboy -) zwar die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis bejaht, aber dabei nur auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt. Später (Urteil vom 16. September 1999, B 3 KR 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31) hat der Senat das auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind bisher immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden: So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 16. April 1998 (B 3 KR 9/97 R - Rollstuhl-Bike für Jugendliche - SozR 3-2500 § 33 Nr 27) zwar diejenigen Entfernungen als Maßstab genommen, die ein Jugendlicher mit dem Fahrrad zurücklegt; das Hilfsmittel ist aber nicht wegen dieser - rein quantitativen Erweiterung - sondern wegen der dadurch geförderten Integration des behinderten Klägers in seiner jugendlichen Entwicklungsphase zugesprochen worden (vgl dazu neuerdings auch Urteil des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen -). Ganz ähnlich war schon in der Entscheidung vom 2. August 1979 (11 RK 7/78 = SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl -) nicht die angesprochene "Fortbewegung auch in Orten außerhalb seines Wohnortes", sondern die Ermöglichung des Schulbesuchs der maßgebliche Gesichtspunkt gewesen. Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass er zu Fuß nur Strecken von höchstens 100 Metern und auch nur unter Aufsicht zurücklegen sowie einen Rollstuhl selbstständig überhaupt nicht benutzen kann; dieser schwerwiegenden Einschränkung seiner Fähigkeit zum selbstständigen Fortbewegen kann aber auch ein Therapie-Tandem nicht abhelfen. Unselbstständig, dh mit Hilfe Dritter, wie mit dem Therapie-Tandem, kann der Kläger aber bereits mit dem von der Beklagten gewährten Schieberollstuhl die für die medizinische Rehabilitation iS von § 33 SGB V maßgeblichen Entfernungen, "die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt" (vgl oben), bewältigen. Das gilt auch für diejenigen Stellen, an denen Alltagsgeschäfte erledigt werden, dh üblicherweise im Nahbereich; dazu gehört das Einkaufen von Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs (BSG SozR 3-1200 § 33 Nr 1 - Shoprider -); auf Besonderheiten des Wohnortes und -gebietes kommt es dabei nicht an (vgl bereits BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31). Zwar könnte das Tandem den Radius unselbstständiger Fortbewegung deutlich erweitern. Sein Einsatzbereich beginnt auch nicht, wie das LSG formuliert hat, "im Grunde erst dort", wo das Grundbedürfnis auf Fortbewegung bereits endet; denn das Tandem ist auch im Nahbereich einsetzbar, zB beim Einkaufen. Überlegen wird es gegenüber einem Schieberollstuhl aber erst jenseits dieser Grenze, und damit außerhalb des räumlichen Anspruchsbereichs iS von § 33 SGB V. Bereits in seinem Urteil vom 16. September 1999 (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32) hat der erkennende Senat in Auseinandersetzung mit den Entscheidungen des 8. Senats des Bundessozialgerichts zu Therapie-Tandems (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 25 und Nr 28) ausgeführt, dass dem Grundbedürfnis auf Fortbewegung Genüge getan ist, wenn ein Selbstfahrerrollstuhl im Nahbereich bewegt werden kann, selbst wenn das im Straßenverkehr nur unter Aufsicht möglich ist, und dass eine weitere "Kompensation" durch Ausflüge mit einem Therapie-Tandem nicht erforderlich ist. Das Radfahren, mag es in der Bevölkerung auch weit verbreitet sein, gehört nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens und führt daher ebenfalls nicht zu einem Anspruch eines Behinderten auf ein Hilfsmittel, mit dem es "in etwa" kompensiert werden kann, wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat. Dasselbe gilt für Freizeitbeschäftigungen, wie Wandern, Dauerlauf, Ausflüge uä, die das "Stimulieren aller Sinne", die "Erfahrung von Geschwindigkeit und Raum", das "Erleben physischen und psychischen Durchhaltens" sowie das "Gewinnen von Sicherheit und Selbstbewusstsein" - nicht "Selbstständigkeit", wie vorgetragen worden ist, denn diese gewinnt der Kläger mit dem Therapie-Tandem gerade nicht - mit sich bringen (vgl zum Ganzen Urteile vom 16. September 1999, B 3 KR 8/98 R und B 3 KR 9/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31 und Nr 32).
An anderer Stelle hat das BSG darauf abgestellt, dass zu den maßgeblichen vitalen Lebensbedürfnissen im Bereich des Gehens nur die Fähigkeit gehört, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegende Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Ein darüber hinausgehendes Bedürfnis könne nicht als Grundbedürfnis anerkannt werden, auch wenn im Einzelfall die benötigten Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich der Wohnung vorgenommen werden könnten und der Rollstuhlfahrer dafür längere Strecken zurückzulegen habe, die seine Kräfte möglicherweise überstiegen (Beschluss vom 11.01.2006 - B 3 KR 44/05 B). In der Folge hat die Rechtsprechung diese Grundsätze strikt umgesetzt (vgl. Urteil vom 19.04.2007 - B 3 KR 9/06 R sowie zuletzt Urt. v. 12.8.2009 - B 3 KR 11/08 R).
Soweit ersichtlich sind die Landessozialgerichte dieser Rechtsprechung in der Folge konsequent gefolgt (vgl. dazu zuletzt Hessisches LSG vom 24.04.2008 - L 8 KR 40/07). Soweit der Senat mit Urteil vom 22.02.2006 - L 5 KR 5296/04 - hiervon abweichend entschieden hat, hatte dies insbesondere seinen Grund darin, dass die Kläger jenes Falles ohne behindertengerechtes Fahrzeug auch nicht in der Lage waren, den geschützten Bereich ihres Heimes zu verlassen und im umliegenden Nahbereich Alltagsverrichtungen erledigen zu können. Auch die besondere Schwere einer Behinderung führt nicht dazu, dass die Krankenkassen Hilfsmittel bewilligen müssen, die über den Nahbereich hinaus eine Mobilität ermöglichen.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht. Die Auslegung des § 33 SGB V, wonach sich die Aufgaben der Krankenkassen zum Behinderungsausgleich im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V hinsichtlich des Grundbedürfnisses auf Bewegung und körperlichen Freiraum nur auf den Nahbereich beschränkt, verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (grundlegend: Urteil vom 26.03.2003 - B 3 KR 23/02 R sowie BSG vom 22.07.2004 - B 3 KR 13/03 R) ergeben sich aus dieser Verfassungsnorm keine weitergehenden Ansprüche bei der Hilfsmittelversorgung. Das BSG hat insoweit konkret ausgeführt: Zwar ist das Verbot einer Benachteiligung zugleich mit einem objektiv-rechtlichen Auftrag an den Staat verbunden, auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen hinzuwirken; dieser auch nach Inkrafttreten des SGB IX fortbestehende Auftrag zur Ausgestaltung des Sozialstaatsgebots begründet indes keine konkreten Leistungsansprüche und damit kein einklagbares subjektives Recht des Einzelnen auf eine bestimmte Hilfsmittelversorgung (vgl auch die Senatsentscheidung vom 22. Juli 2004 - B 3 KR 5/03 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der sachliche Anwendungs- und Schutzbereich des Grundrechts aus Art 3 Abs 3 Satz 2 GG soll den Schutz des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art 3 Abs 1 GG für bestimmte Personengruppen dahingehend verstärken, dass der staatlichen Gewalt insoweit engere Grenzen vorgegeben werden, als die Behinderung nicht zum Anknüpfungspunkt für eine - benachteiligende - Ungleichbehandlung dienen darf (vgl BVerfGE 96, 288, 301 f; 85, 191, 206). Allerdings liegt eine behinderungsbezogene Benachteiligung iS von Art 3 Abs 3 Satz 2 GG nicht nur bei Regelungen und Maßnahmen vor, die die Situation von Behinderten wegen ihrer Behinderung verschlechtern; sie kann vielmehr auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser Ausschluss nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird (BVerfG aaO). Der Beigeladene wird aber nicht durch die öffentliche Gewalt, sondern allein durch seine Behinderungen von bestimmten Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten ausgeschlossen, die eine gesunde Person hat. Das Verbot der Benachteiligung Behinderter kann auch nicht dadurch zu einem positiven Leistungsanspruch umgemünzt werden, dass auf eine Besserstellung der (bloß) Kranken in der GKV hingewiesen wird (so Davy aaO). Die soziale Sicherung kranker Versicherter ist die ursprüngliche und vorrangige Aufgabe der GKV, während die medizinische Rehabilitation erst später und neben anderen Leistungsträgern dazugetreten ist. In einem gegliederten System der sozialen Sicherheit gibt es sachliche Gründe, die jeweiligen Sozialleistungen für verschiedene Personengruppen unterschiedlich auszugestalten. Der - im Übrigen unzutreffende - Hinweis auf die unbegrenzten Leistungsansprüche der (bloß) kranken Personen ist daher nicht geeignet, auch Behinderten unbegrenzte Leistungsansprüche einzuräumen und insbesondere die GKV zu verpflichten, jedweden Bedarf nach Behinderungsausgleich durch entsprechende Hilfsmittel zu befriedigen.
Verfassungsrechtlich kann dann nichts anderes für die Versorgung mit einem Therapie-Dreirad gelten, dessen wesentlicher Zweck, wie der Kläger in seiner Klagebegründung vom 01.05.2008 dargestellt hat, das Zurücklegen von Trainingseinheiten in der näheren häuslichen Umgebung ist.
Nach alledem kann die Berufung keinen Erfolg haben. Das Urteil des SG ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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