S 12 KA 395/19

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 395/19
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
1. Ein besonderes Versorgungskonzept ist kein Grund für die Verlegung eines gynäkologischen Vertragsarztsitzes um 36 km im Rahmen einer Praxisnachfolge.
2. Eigentumsrechtlich geschützt ist nur die Verwertung der Praxis als solche, nicht die damit verbundene öffentlich-rechtliche Zulassung. Soweit die Praxis mangels Fortführungsabsicht nicht übernommen wird, kann auch kein eigentumsrechtlicher Schutz zum Tragen kommen. Findet sich kein Bewerber zur Fortführung der Praxis, kann die Vertragsarztpraxis nicht verkauft werden bzw. besteht für den potentiellen Käufer kein Anspruch auf Zulassung.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Streitwert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Genehmigung der Praxisnachfolge durch Übernahme und gleichzeitige Verlegung des Vertragsarztsitzes durch ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), dessen Trägerin die Beigeladene zu 8) ist.

Der Kläger ist als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er praktiziert in einer Berufsausübungsgemeinschaft mit Frau E., ebf. Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe.

Der Kläger verzichtete auf seine Zulassung mit Wirkung zum 31.12.2019 und ließ seinen Vertragsarztsitz zur Nachbesetzung ausschreiben. Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen stellte entsprechend die Beendigung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit fest, ebenso die Beendigung der Berufsausübungsgemeinschaft Dr. med. A./E.

Die Ausschreibung wurde vom Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen genehmigt.

Auf die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes bewarb sich allein die Beigeladene zu 8) am 25.03.2019 zur Anstellung der 1981 geb. F., der 1981 geb. Dr. med. N.G., der 1980 geb. Dr. med. H. und des 1961 geb. Dr. med. J., alles Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Die Anstellung sollte jeweils zum 01.07.2019 im Umfang von acht Wochenstunden erfolgen. Hierzu wurde ein Vertrag über den Kaufpreis von 50.000,00 EUR geschlossen. Die Beigeladene zu 8) wies darauf hin, die gynäkologische Versorgung solle im MVZ C., D-Straße, D-Stadt erfolgen. Die Behandlung der Patientinnen des Klägers, insb. derer, die bereits aus dem Einzugsbereich D-Stadt kämen, solle fortgeführt werden. Im MVZ C. gebe es bereits eine chirurgische, internistische und orthopädische Praxis. Diese Fachrichtungen stellten eine gleichgerichtete und sinnvolle Ergänzung zum gynäkologischen Leistungsspektrum dar. Darüber hinaus befinde sich das K.krankenhaus mit der Frauenklinik und einem zertifizierten Brustzentrum in unmittelbarer Nähe. Es gebe bereits eine Ermächtigung von Ärzten des K.krankenhauses für gynäkologische Leistungen. Diese gynäkologischen Leistungen würden zukünftig über die angestellten Fachärzte im MVZ abgerechnet werden. Zum 01.07.2019 werde die Berechtigung der D-Stadter Frauenklinik zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b SGB V umgestellt. Patientinnen auf dem Weg zur Diagnoseerstellung und nach Abschluss der Primärtherapie seien nicht mehr im Rahmen der ASV-Zulassung zu behandeln. Diese Patientinnen sollten zukünftig im MVZ behandelt werden. Zwei der anzustellenden Ärzte verfügten über die Zulassung zum Mammographie-Screening und seien spezialisierte Senologen, einer verfüge über den Schwerpunkt gynäkologische Onkologie. Damit solle eine qualifizierte Behandlung der jährlich über 300 primär diagnostizierten Mammakarzinom-Patientinnen und 70 Patientinnen mit genitalen Malignomen in den Organzentren sichergestellt werden. Zwei der vier designierten MVZ Fachärztinnen verfügten über ein Zertifikat der AGPCP und können eine zertifizierte Dysplasie-Sprechstunde zur Abklärung der auffälligen Befunde anbieten. Das MVZ-C. D-Stadt sei für die Patientinnen verkehrstechnisch sehr gut zu erreichen. D-Stadt sei eine Region mit überproportional positiver Bevölkerungsentwicklung, wodurch sich ein steigender Versorgungsbedarf ergebe. Die Patientenversorgung am Standort in A-Stadt werde durch eine Genehmigung der Anstellungen im MVZ-C. nicht beeinträchtigt. Frau E. praktiziere in A-Stadt weiter und auch für Herrn Dr. med. L., der seine Praxis gleichfalls aufgebe, sei bereits eine Praxisnachfolgerin gefunden worden.

Die Beigeladene zu 1) teilte unter Datum vom 30.04.2019 mit, mit der Sitzübernahme solle die Praxis verlegt werden. Die Entfernung zwischen beiden Praxisstandorten betrage ca. 36,3 km. Sie empfehle, dem Antrag auf Verlegung der Vertragspraxis nach D-Stadt abzulehnen. Der Wetteraukreis sei gesperrt. Nach den aktuellen Beschlüssen des Landesausschusses vom 22.11.2018 bestehe mit 121,57 % eine gynäkologische Überversorgung. Im Wetteraukreis mit 154.335 weiblichen Einwohnern seien 34 Frauenärzte mit 28,5 Versorgungsaufträgen vertragsärztlich tätig. In A-Stadt seien neben dem Sitz von Herrn Dr. A. zwei weitere frauenärztliche Versorgungsaufträge vorhanden. Eine Abrechnungsanalyse des Klägers habe ergeben, dass die Fallzahlen in den Quartalen I bis IV/18 den hessischen Durchschnitt der entsprechenden Fachgruppe unterschreiten würden. Das durchschnittliche Abrechnungsvolumen liege in dem genannten Zeitraum bei ca. 72 %. Nichtsdestotrotz weise der Kläger ein Patientenaufkommen von ca. 730 Patienten pro Quartal auf. Die weiteren in A-Stadt tätigen Gynäkologen rechneten dagegen weit überdurchschnittlich ab. Konkret liege hier das durchschnittliche Abrechnungsvolumen im genannten Zeitraum bei ca. 142 %. Es könne nicht von freien Kapazitäten ausgegangen werden. Eine Möglichkeit der Übernahme der Patienten könne dadurch nicht konstatiert werden, allenfalls in einem geringen Umfang. Nach einer Wohnortanalyse der vom Kläger im Quartal IV/18 behandelten Patienten stamme der Hauptanteil der Patienten - konkret ca. 42,42% - aus A-Stadt. Der Großteil der übrigen Patienten verteile sich auf die Umgebung rund um A-Stadt. Aus D-Stadt hätte vergangenes Quartal lediglich eine Patientin gestammt. Die beantragte Verlegung des Vertragsarztsitzes werde sich nachteilig auf die Versorgungssituation auswirken. Ihrerseits bestünden keine Bedenken hinsichtlich der Übernahme des Vertragsarztsitzes oder einer gemeinschaftlichen Tätigkeit des MVZ. Grundsätzlich sollten jedoch weitere Kooperationsformen, wie die Gründung einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft bzw. die Anstellung der Frauenärzte in einer Zweigpraxis, für diesen Standort in Betracht gezogen werden. Diese Vorgehensweise habe sich in der Vergangenheit im ländlichen Raum stets bewährt und diene der Sicherung der langfristigen Versorgung der Versicherten.

Die Beigeladene zu 8) erwiderte unter Datum vom 03.05.2019, eine Verlegung der Vertragsarztpraxis von A-Stadt nach D-Stadt könne sich nur dann negativ auf die gynäkologische Versorgung in A-Stadt auswirken, wenn die Vertragsarztpraxis in der Zukunft auch tatsächlich in A-Stadt aufrechterhalten werden könne. Tatsächlich sei es aber so, dass kein Nachfolger habe gefunden werden können, der bereit gewesen sei, die Vertragsarztpraxis des Klägers in A-Stadt fortzuführen. Sie sei die einzige Bewerberin auf die ausgeschriebene Vertragsarztpraxis. Es entstehe erst recht ein Versorgungsengpass, wenn die Vertragsarztpraxis nicht in D-Stadt fortgeführt werde. Bei einer Genehmigung der Verlegung hätten die Patienten eine Behandlungsalternative. Fahrzeiten bis zu 50 km seien für die Patienten nach einschlägiger Rechtsprechung hinzunehmen. Für eine Beurteilung der Wartezeiten sei ein isoliertes Abstellen auf die Fallzahlen der A-Stadt Frauenärzte zu einseitig. Zum einen gebe es auch bei Frau E. trotz überdurchschnittlicher Fallzahlen durchaus noch Kapazitäten, die ausgeschöpft werden könnten. Der Großteil der aus der Umgebung von A-Stadt stammenden Patienten könnte aber auch über die Frauenärzte in der Umgebung von A-Stadt in M-Stadt (1,5 Sitze) und N-Stadt (1 Sitz) versorgt werden. Außerdem sollten längere Wartezeiten nunmehr auch über die Termin-Servicestellen abgebaut werden. Eine Verlegung der Vertragsarztpraxis sei ferner wegen des geplanten Leistungsspektrums des MVZ sinnvoll.

Der Zulassungsausschuss lehnte mit Beschluss vom 07.05.2019, ausgefertigt am 29.05.2019, den Antrag ab. Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) ging er davon aus, dass Gründe der vertragsärztlichen Versorgung der Sitzverlegung entgegenstünden, da unter Berücksichtigung des Ergebnisses der durchgeführten Versorgungsanalyse die Verlegung unter Versorgungsgesichtspunkten nachteilig sei. Er empfehle, eine Zweigpraxis am Standort in A-Stadt zu gründen.

Hiergegen legten der Kläger am 01.07.2019 und die Beigeladene zu 8) am 02.07.2019 Widerspruch ein.

Die Beigeladene zu 8) trug vor, durch die Feminisierung des Arztberufes und die damit verbundene reduzierte geographische Mobilität der Fachärztinnen, die sich aus den veränderten familiären Lebenswirklichkeiten ergebe, könnten an peripheren Standorten gerade in der Gynäkologie KV-Sitze mangels Interessenten nicht besetzt werden. Weitere Interessenten hätten für die Sitzübernahme nicht gefunden werden können. Dass neben dem Kläger noch ein weiterer A-Stadt Frauenarzt mangels Nachfolger weit über den 70. Geburtstag fachärztlich tätig gewesen sei, sei ein weiterer Beleg für das Problem. Der Vorschlag, ein MVZ mit Standorten in A-Stadt und D-Stadt zu etablieren, würde die Versorgungslage vor Ort in A-Stadt zwar partiell erhalten, sei aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar. Die aktuell genutzten Praxisräume in der Doppelpraxis stünden nach Rücksprache mit der dort tätigen Kollegin für einen MVZ-Standort nicht zur Verfügung, die Errichtung einer Praxisinfrastruktur für einen zeitlich und budgetbezogen nur teilweise genutzten Zweigstandort in A-Stadt seien nicht amortisierbar. Ebenso zweifelhaft wäre es, ob angestellte Fachärztinnen für einen A-Stadt Standort zu gewinnen seien - im nicht weit entfernten O-Stadt gelinge ihr dies seit Jahren nicht. Qualitätssicherung bedinge und führe zur Zentralisierung. Die Veränderung der Berechtigung nach § 116b SGB V führten zu einer Ergänzung des Versorgungsangebots durch ein MVZ. Die Erbringung der ambulanten Leistungsmodule der sektorübergreifenden Versorgung in Brustzentren, gynäkologischen Krebszentren und Dysplasiezentren müsse zudem überregional betrachtet werden.

Der Kläger trug vor, er beende seine privat- und vertragsärztliche Tätigkeit mit Wirkung zum 31.12.2019. Zu diesem Zwecke habe er seinen gynäkologischen Versorgungsauftrag zur Nachbesetzung ausschreiben lassen. Die Ausschreibung sei genehmigt worden. Einzige Bewerberin auf die Ausschreibung sei die Beigeladene zu 1). Der Zulassungsausschuss habe unberücksichtigt gelassen, welche positiven Auswirkungen eine Integration des gynäkologischen Versorgungsauftrages auf das besondere Versorgungsangebot der MVZ-C. D-Stadt und die damit verbundene Patientenversorgung vor Ort mit sich bringen würde. Wegen des besonderen Versorgungsangebots hätte eine Interessenabwägung stattfinden müssen. Es liege ein Ermessensfehl-/Ermessensnichtgebrauch vor. Eine Verlegung der Vertragsarztpraxis von A-Stadt nach D-Stadt könne sich nur dann negativ auf die gynäkologische Versorgung in A-Stadt auswirken, wenn die Vertragsarztpraxis in der Zukunft auch tatsächlich in A-Stadt aufrechterhalten werden könne. Tatsächlich sei es aber so, dass kein Nachfolger hätte gefunden werden können. Die Ablehnung der Sitzverlegung führe im Ergebnis zu einem "Einzug des Vertragsarztsitzes", obwohl es faktisch einen Bewerber gebe. Dies sei nichts anderes als eine Enteignung. Es würde auch nicht zu einem Versorgungsengpass in A-Stadt kommen.

Die Beigeladene zu 1) empfahl in ihrer Stellungnahme unter Datum vom 18.09.2019 die Zurückweisung des Widerspruchs der Beigeladenen zu 8). Nach den aktuellen Beschlüssen des Landesausschusses vom 23.05.2019 bestehe mit 119,51% eine frauenärztliche Überversorgung. Die angepasste Verhältniszahl für einen Frauenarzt im Planungsbereich Wetteraukreis betrage 6.371. Im Planungsbereich Wetteraukreis mit 154.335 weiblichen Einwohnern seien 32 Frauenärzte mit insgesamt 28,5 Versorgungsaufträgen vertragsärztlich tätig. Aktuell seien in A-Stadt drei Frauenärzte mit je einem Versorgungsauftrag niedergelassen, den Kläger eingeschlossen. D-Stadt sei mit dem PKW in 40 Minuten zu erreichen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei D-Stadt via Bahn innerhalb 1:30 bis hin zu 2 Stunden erreichbar. Hierfür sei immer mindestens ein Umstieg notwendig, die Züge führen allen 20 Minuten bis zu einmal die Stunde. In A-Stadt lebten nach den Daten des statistischen Landesamtes Hessen (Stand 31.12.2018) 9.168 weibliche Einwohner über 18 Jahre. Aus den sich an A-Stadt angrenzenden Gemeinden ohne gynäkologische Versorgung, hier P-Stadt, Q-Stadt und R-Stadt, welche miteinzubeziehen seien, stammten 4.860 Frauen. Insoweit kämen auf einen Arztsitz in A-Stadt bereits 4.676 mögliche Patientinnen. Gegenwärtig könnten auch Patientinnen aus S-Stadt, wo derzeit keine gynäkologische Versorgung stattfinde, nach A-Stadt fahren. Über die Planungsbereichsgrenzen hinaus sei in T-Stadt (12,5 km Entfernung) und in U-Stadt (28 km Entfernung) je ein weiterer Frauenarzt tätig. Die ebf. an A-Stadt angrenzenden Gemeinden V-Stadt und W-Stadt wiesen derzeit keine gynäkologische Versorgung auf. In D-Stadt seien sieben Frauenärzte mit 6,25 Versorgungsaufträgen vertragsärztlich tätig. Weiterhin befänden sich in dem direkt angrenzenden X-Stadt sechs weitere Frauenärzte mit sechs Versorgungsaufträgen sowie im nahegelegenen Y-Stadt vier Frauenärzte mit drei Versorgungsaufträgen. In D-Stadt lebten 14.408 weibliche Einwohner über 18 Jahren. In den sich an D-Stadt angrenzenden Gemeinden ohne gynäkologische Versorgung, hier Z-Stadt, C-Stadt und E-Stadt lebten 8.493 weibliche Einwohner über 18 Jahren. Insoweit kämen auf die in D-Stadt tätigen Frauenärzte je 3.665 mögliche Patientinnen pro Sitz. Im 7 km entfernten X-Stadt seien weitere sechs Leistungserbringer niedergelassen. Im gesamten östlichen und südöstlichen Teil des Wetteraukreises seien kaum frauenärztliche Praxen vorhanden. Die Versorgung werde durch die je drei Frauenärzte in A-Stadt und in M-Stadt sowie den einen Frauenarzt in N-Stadt getragen. Das Ziel einer langfristig flächendeckenden und wirtschaftlichen Versorgung werde jedoch durch das Bestreben nach einer möglichst gleichmäßigen räumlichen Verteilung der Leistungserbringer innerhalb eines Planungsbereichs gerechtfertigt. Betreffend der weiblichen Einwohner sei festzustellen, dass R-Stadt, Q-Stadt, P-Stadt und auch S-Stadt von der Praxis in A-Stadt eindeutig aufgrund viel kürzerer Anfahrtswege profitierten. Hier wohnten insgesamt 14.028 weibliche Personen über 18 Jahre. Somit stünden mehrere Gründe der vertragsärztlichen Versorgung der Verlegung von A-Stadt nach D-Stadt entgegen.

Der Beklagte wies mit Beschluss vom 25.09.2019, ausgefertigt am 06.11.2019, die Widersprüche als unbegründet zurück. Er wies ebf. den Hilfsantrag des Klägers auf Feststellung, dass die Beigeladene zu 1) zur Zahlung einer Entschädigung In Höhe des Verkehrswertes seiner Praxis verpflichtet sei, zurück. Zur Begründung führte er aus, eine Praxisübernahme komme wegen der beantragten Praxisverlegung bzw. der Verlegung des übernommenen Vertragsarztsitzes von A-Stadt nach D-Stadt nicht in Betracht. Da nach dem vorliegenden Antrag der Beigeladenen zu 8) die Verlegung des Vertragsarztsitzes die zwingende Voraussetzung für die intendierte Praxisübernahme darstelle, erweise sich der gesamte Vorgang der beantragten Anstellungsgenehmigungen verbunden mit jeweiligen Verlegungen des Vertragsarztsitzes als nicht genehmigungsfähig. Auch bei einer Praxisübernahme nach § 103 Abs. 4c SGB V bedürfe es einer Fortführungsabsicht in Bezug auf die bisherige Praxis. Nach dem eindeutigen Vortrag der Beigeladenen zu 8) sei eine Fortführung nicht beabsichtigt. Während der bisherige Praxisinhaber eine allgemein gynäkologische Praxis betrieben habe, beabsichtige das MVZ, mit angestellten Ärzten weit überwiegend spezialisierte Leistungen Im Rahmen der Gynäkologie zu erbringen. Eine Erhaltung der Identität des Charakters des Versorgungsauftrages nach dessen Übernahme sei damit gerade nicht Intendiert, vielmehr werde die Verbreiterung eines spezialisierten gynäkologischen Angebotes angestrebt, womit auch ein weitgehender Wechsel in der Zusammensetzung des Patientenguts verbunden sei. Danach seien die Übernahme der Praxis sowie die hiermit verbundene Genehmigung mehrerer vertragsärztlicher Anstellungen aus Rechtsgründen ausgeschlossen, weil eine Fortführung der bisherigen Praxis in keiner Weise geplant sei. Darüber hinaus stünden einer Genehmigung der Verlegung des Vertragsarztsitzes von A-Stadt nach D-Stadt auch Versorgungsgesichtspunkte im Sinne des § 24 Abs. 7 Ärzte-Zulassungsverordnung bzw. § 103 Abs. 4c SGB V entgegen. Die beiden in A-Stadt verbleibenden Ärzte wären nicht in der Lage, die bislang vom Kläger behandelten Patientinnen weiter zu behandeln. Demgegenüber stelle sich die gynäkologische Versorgung in D-Stadt wesentlich vorteilhafter dar. Sowohl die Nachfolgeentscheidung im Sinne des § 103 Abs. 4 SGB V wie auch die Genehmigung einer Verlegung eines Vertragsarztsitzes seien unabhängig von dem Aspekt zu prüfen, ob ohne die Genehmigung der Praxisübernahme bzw. die Verlegung der Vertragsarztpraxis ein Weiterbestand der bisherigen Praxis möglich sei. Anderenfalls müssten Praxisübernahmen bzw. Verlegungen stets genehmigt werden, wenn Alternativen der Praxisfortführung am bisherigen Standort nicht zur Verfügung stünden. Dies entspreche nicht der Intention des Gesetzes, eine weitgehend gleichmäßige räumliche Verteilung der Vertragsarztsitze zu gewährleisten. Aus diesem Grunde sei in solchen Fällen in Kauf zu nehmen, dass eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes bzw. eine Verlegung desselben nicht stattfinde mit der Folge, dass dieser Vertragsarztsitz vakant werde bzw. bleibe. Dies führe letztendlich dazu, dass der Sitz nicht mehr zur Verfügung stehe, was ggf. im Rahmen der Bedarfsplanung zu einer partiellen Öffnung des Planungsbereichs und einer entsprechenden Ausschreibung eines neuen Vertragsarztsitzes führen könne. Diese geschilderten Folgerungen seien die Konsequenz der vorliegenden Rechtslage. Allein maßgeblich für die Nachfolgeentscheidung sei, dass die bisherige Praxis allgemein gynäkologisch ausgerichtet gewesen sei, weshalb auf eine mögliche Verbesserung des gynäkologischen Versorgungsangebotes im Planungsbereich aufgrund der geplanten Spezialisierung im MVZ nicht ankomme. Für eine Güterabwägung zwischen den Möglichkeiten der Versagung der Genehmigung und einer Genehmigung im beantragten Sinne im Hinblick auf die entstehenden Versorgungskonsequenzen bestehe kein Raum. Für eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswertes der Praxis gebe es keine Rechtsgrundlage.

Hiergegen hat der Kläger am 06.12.2019 die Klage erhoben. Er trägt vor, das MVZ beabsichtige sehr wohl, die Patientinnen als Nachfolger weiter zu behandeln. In der Sitzung des Beklagten sei dies auch noch einmal ausdrücklich betont worden. Außerdem beinhalte § 103 Abs. 4 c Satz 1 SGB V selbst eine "Entschärfung" des Grundsatzes der Praxisfortführung, indem er Medizinischen Versorgungszentren die Möglichkeit einräume, die zu übernehmende Praxis an den Standort des Medizinischen Versorgungszentrums zu verlegen und durch angestellte Ärzte weiterzuführen. Insofern sei es auch hinzunehmen, dass es aufgrund des Standortwechsels zu einem Wechsel in der Zusammensetzung des Patientenguts kommen könne, ohne den Praxisfortführungswillen grundsätzlich in Frage zu stellen. Er bezweifle, dass es bei einer Praxisweiterführung am Standort in D-Stadt tatsächlich zu einem gynäkologischen Versorgungsengpass in A-Stadt kommen würde. Die Wohnortanalyse der Beigeladenen zu 1) sei zu einseitig und berücksichtige nicht, dass es eine Vielzahl von gynäkologischen Praxen im näheren Umkreis von A-Stadt - auch im benachbarten Planungsbereich Main-Kinzig-Kreis - gebe, die die Patientenversorgung sicherstellen könnten. Zum anderen trete ein mutmaßlicher Versorgungsengpass in A-Stadt auch dann ein, wenn eine Praxisweiterführung in D-Stadt abgelehnt werde, da es keinen Nachfolger für A-Stadt gebe. Gemäß § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V habe der Zulassungsausschuss den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen, was hier aber nicht geschehen sei. Die Entscheidung verstoße gegen den Geeignetheitsgrundsatz, weil der gewünschte Zweck (Sicherstellung der gynäkologischen Versorgung in A-Stadt) nicht zu erreichen sei. Es sei auch nicht erforderlich, zur Sicherstellung der gynäkologischen Versorgung in A-Stadt die Praxisweiterführung In D-Stadt abzulehnen. Sollte sich in näherer Zukunft doch noch ein Interessent finden, der bereit sei, sich in A-Stadt niederzulassen, könne dieser ggf. wegen des Bestehens eines lokalen Sonderbedarfs eine Zulassung erhalten. Im Rahmen einer umfassenden Güterabwägung hätte auch geprüft werden müssen, inwieweit das Versorgungsangebot der Beigeladenen zu 8) in Zukunft zu einer Verbesserung der Versorgung führe. Darüber hinaus seien seine Interessen auf wirtschaftliche Verwertbarkeit der Praxis nicht ausreichend berücksichtigt worden. § 103 Abs. 4c Satz 2 SGB V verweise insoweit auf § 103 Abs. 3a SGB V, der bei Ablehnung der Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens die Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung In Höhe des Verkehrswertes der Praxis enthalte.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 06.11.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beigeladene zu 8) als seine Nachfolgerin und unter Anstellung des Frauenarztes Dr. med. J. mit dem Faktor 0,25, der Frauenärztin Dr. med. H. mit dem Faktor 0,25, der Frauenärztin Dr. med. O.G. mit dem Faktor 0,25 und der Frauenärztin F. mit dem Faktor 0,25 gemäß § 95 Abs. 1, 2 SGB V in Verbindung mit § 103 Abs. 4c SGB V zur vertragsärztlichen Versorgungstätigkeit für den Standort D-Straße, D-Stadt, zuzulassen,

hilfsweise

den Beklagten zu verpflichten, über seinen Antrag auf Nachfolgezulassung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seinen angefochtenen Beschluss und trägt ergänzend vor, eine Praxisfortführung beinhalte sowohl eine "räumliche" als auch eine "personelle" Komponente. Unabhängig von der Standortkontinuität reiche es für die "Fortführung" nicht aus, dass der bisher an die Praxis gebundene Vertragsarztsitz in irgendeiner Variante zur Grundlage der vertragsärztlichen Tätigkeit im jeweiligen Planungsbereich genutzt werde. Angesichts einer Entfernung von 36,3 km reiche das Angebot der Beigeladenen zu 8) auf Weiterversorgung der Patientinnen des Klägers nicht aus. Es sei auf den Aspekt der Praxisidentität abzustellen. Die Versorgung im weiteren Umfeld der bisherigen Praxis, insb. in einem anderen Planungsbereich, sei nicht zu berücksichtigen. Eine Praxisverlegung könne aus Versorgungsgründen nicht genehmigt werden, unabhängig davon, ob dies zur Folge habe, dass der Vertragsarztsitz überhaupt nicht wiederbesetzt werde. Eine Konzentration der Versorgungsaufträge sei zu vermeiden, gerade um Sonderbedarfszulassungen zu verhindern. Der Vertragsarztsitz stelle keine marktfähige Eigentumsposition dar.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen. Die Beigeladenen zu 2) bis 7) haben sich schriftsätzlich nicht geäußert.

Die Beigeladene zu 8) trägt vor, das Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) habe einen auf die Institution eines MVZ bezogenen Privilegierungstatbestand geschaffen, wenn das MVZ zur Begründung für die Bewerbung um eine Praxisnachfolge die Ergänzung eines besonderen Versorgungsangebotes geltend machen könne, was in ihrem Fall zutreffe. Aus diesem Grund sei die Argumentation der Beklagten, dass es an einem Fortführungswillen mangele, nicht nachvollziehbar. Wegen des besonderen Versorgungsangebots komme es auf den Fortführungswillen nicht an. Zur Versorgung der ländlichen Regionen stünden nicht mehr genügend interessierte Fachärzte zur Verfügung. Die beiden als Gynäkologen tätigen Kollegen in A-Stadt seien beide bis weit über das 70. Lebensjahr tätig gewesen, da sie keinen Nachfolger gefunden hätten. Dr. L. habe erst nach acht Jahren einen Nachfolger finden können, der Kläger habe seit über zehn Jahren erfolglos einen Nachfolger gesucht. Die Region A-Stadt und die Region D-Stadt dürften nicht ganz abstrakt betrachtet werden, sondern es müsse auch das prosperierende Wachstum der jeweiligen Region einbezogen werden. Eine Verlegung des Vertragsarztsitzes nach D-Stadt sei wegen ihres Versorgungskonzepts sinnvoll. Wenn in einer Region durch unterschiedliche soziodemografische Entwicklungseinflüsse eine ausreichende Versorgung der Patientinnen nicht mehr gewährleisten werden und eine andere Region diese Versorgung durchaus übernehmen könne, dann sei hierin keine "Überversorgung", sondern eine gleichmäßige Versorgung, eben nur in einer anderen Planungsregion, zu sehen. Unter diesem Gesichtspunkt sei § 103 Abs. 3 SGB V zu berücksichtigen, wonach Zulassungsbeschränkungen aufzuheben seien, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen seien.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 10.12.2019 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 11.05.2020 angehört.

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 06.11.2019 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Genehmigung der Beigeladenen zu 8) als seine Nachfolgerin und unter Anstellung des Frauenarztes Dr. med. J. mit dem Faktor 0,25, der Frauenärztin Dr. med. H. mit dem Faktor 0,25, der Frauenärztin Dr. med. O.G. mit dem Faktor 0,25 und der Frauenärztin F. mit dem Faktor 0,25 gemäß § 95 Abs. 1, 2 SGB V in Verbindung mit § 103 Abs. 4c SGB V zur vertragsärztlichen Versorgungstätigkeit für den Standort D-Straße, D-Stadt. Er hat auch keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Nachfolgezulassung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Klage war im Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.

Anspruchsgrundlage ist § 103 Abs. 4c Satz 1 und 2 i. V. m. Abs. 3a Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 und 9 SGB V.

Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend (§ 103 Abs. 4c Satz 1 und 2 SGB V). Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll (§ 103 Abs. 3a Satz 1 SGB V). Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen (§ 103 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt (§ 103 Abs. 4 Satz 9 SGB V).

Die Beteiligten streiten insb. um die Auslegung und Anwendung des § 103 Abs. 4c Satz 1 SGB V. Die übrigen Voraussetzungen der Genehmigung einer Praxisnachfolge mit den beantragten Anstellungen werden vom Beklagten nicht bestritten.

§ 103 Abs. 4c Satz 1 SGB V ermöglicht es einem Medizinischem Versorgungszentrum (MVZ), einen zur Nachfolge ausgeschriebenen Vertragsarztsitz zu übernehmen und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt am Sitz des MVZ weiterzuführen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen.

Die Vorschrift geht zurück auf das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl I 2003, 2190, das die MVZ in § 95 Abs. 1 SGB V einfügte und weitere Ausnahmeregelungen zu den Zulassungsbeschränkungen in überversorgten Planungsbereichen schaffte, um die Gründung von MVZ zu forcieren. Nach der Begründung des unverändert übernommenen Gesetzesentwurfs werden durch diese Übertragungsmöglichkeiten die Möglichkeiten der Neugründung von Zentren verbessert, da auch bei Sperrung wegen Überversorgung neue Zentren gegründet werden könnten. Da die Übertragung "bedarfsplanungsneutral" erfolge, werde gleichzeitig vermieden, dass es zur Steigerung der Zahl der vertragsärztlichen Leistungserbringer komme (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 112). Das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) v. 22.12.2011, BGBl I 2011, 2983 verlagerte mit Streichung der Sätze 2 und 3 in Absatz 4a den "Aufkauf" eines Vertragsarztsitzes in den neu eingefügten Absatz 4c. Es machte zum 01.01.2012 die Übertragung der Zulassung auf ein MVZ in Absatz 4a Satz 1 davon abhängig, dass Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Dies war eine Folgeänderung zur Einfügung des Absatzes 4c, der die gestrichenen alten Sätze 2 und 3 des Absatzes 4a übernahm und den "Aufkauf" eines Vertragsarztsitzes ebf. davon abhängig machte, dass Versorgungsgesichtspunkte dem nicht entgegenstehen. Nach der Entwurfsbegründung zu Absatz 4c ist ein MVZ zur Übernahme einer Praxis und Fortführung der ärztlichen Tätigkeit in seinen Räumlichkeiten nur berechtigt, wenn dieser Verfahrensweise keine Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstünden. Die Regelung erfolge in Anlehnung an die Vorschrift zur Verlegung eines Praxissitzes nach § 24 Ärzte-ZV und solle der Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung dienen. Führe daher die Übernahme einer Praxis in ein MVZ zu Versorgungsproblemen am bisherigen Sitz der Praxis, stünden diese Versorgungsprobleme einer solchen Übernahme entgegen. Seitens des MVZ wäre in diesem Fall ggf. zu prüfen, ob am bisherigen Praxissitz eine Zweigpraxis eingerichtet werde (vgl. BT-Drs. 17/6906, S. 77).

Der Verweis auf die Absätze 3a und 4 (§ 103 Abs. 4c Satz 2 SGB V) stellt klar, dass das reguläre Nachbesetzungsverfahren durchzuführen ist. Absatz 4c Satz 1 betrifft nicht die Frage, ob ein Nachbesetzungsverfahren durchzuführen ist, sondern das Auswahlverfahren im Nachbesetzungsverfahren und schafft keinen Privilegierungstatbestand nach Absatz 3a Satz 3 HS 2 (vgl. BSG, Urt. v. 27.06.2018 - B 6 KA 46/17 R - BSGE 126, 96 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 25, juris Rdnr. 41).

§ 103 Abs. 4c Satz 1 SGB V durchbricht teilweise die Grundsätze zur Fortführung einer Praxis, weil eine im Wege der Nachbesetzung übernommene Praxis am eigenen Ort – also unabhängig vom bisherigen Praxisbetrieb und -standort – fortgeführt werden kann (vgl. BSG, Urt. v. 20.03.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 12, juris Rdnr. 40). Dies gilt aber nur bedingt, da das Gesetz eine Praxisfortführung nicht fingiert, sondern lediglich eine Praxisverlegung an den eigenen Sitz, für die es die gleichen Voraussetzungen aufstellt. Dies folgt eindeutig aus der mit dem GKV-VStG erfolgten Klarstellung, dass Gründe der vertragsärztlichen Versorgung einer Übernahme nicht entgegenstehen dürfen. Es sind die gleichen Voraussetzungen wie bei einer Praxisverlegung nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV zu prüfen. Absatz 4c Satz 1 SGB V lässt die Anstellung eines Arztes im Wege der Praxisnachfolge zu, suspendiert aber nicht von den allgemeinen Voraussetzungen der Praxisnachfolge (vgl. BSG, Urt. v. 27.06.2018 - B 6 KA 46/17 R - BSGE 126, 96 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 25, juris Rdnr. 41). Von daher bedarf es auch einer Fortführungsabsicht (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27.04.2016 - L 7 KA 45/14 - juris Rdnr. 39, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG v. 25.01.2017 - B 6 KA 54/16 B - juris). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 103 Abs. 4c, da auch hier das Gesetz die Weiterführung der Praxis nennt (vgl. SG Berlin, Urt. v. 28.07.2010 - S 79 KA 514/09 - juris Rdnr. 21) oder aus der sog. Konzeptbewerbung (§ 103 Abs. 4 Satz 5 Nr. 9 SGB V), da hierdurch nur die Personenbezogenheit der Auswahlkriterien begrenzt wird. Der Gesetzgeber hat sich erneut nicht dafür entschieden, MVZ unabhängig von der örtlichen Versorgungslage zu privilegieren, indem er dem fachlichen Versorgungskonzept eines MVZ einen vorrangigen Stellenwert einräumt. Erst wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen, kann das fachliche Versorgungskonzept berücksichtigt werden. Diese Frage ist im Vorfeld der Entscheidung zu klären, da u. U. im Rahmen der Verhältnismäßigkeit die entgegenstehenden Versorgungsgesichtspunkte durch eine Nebenbestimmung ausgeräumt werden können. Die Gesetzesbegründung verweist auf einen möglichen Betrieb einer Zweigpraxis am Sitz der übernommenen Praxis (vgl. BT-Drs. 17/6906, S. 77). Letzteres wird seit dem Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz - TSVG) v. 06.05.2019, BGBl I, 646, ausdrücklich in § 24 Abs. 3 Satz 4 Ärzte-ZV geregelt.

Gründe der vertragsärztlichen Versorgung sind solche des § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV (vgl. BSG, Urt. v. 27.06.2018 - B 6 KA 46/17 R - BSGE 126, 96 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 25 juris Rdnr. 42). Nur ein Bewerber, der die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen will, kann ausgewählt werden (Absatz 4 Satz 4). Bewerber, die erklärtermaßen die Praxis nicht fortführen wollen, können keine Zulassung erhalten (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.1999 - B 6 KA 1/99 R - SozR 3-2500 § 103 Nr. 5, juris Rdnr. 41).

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind an die "Fortführung" einer Praxis strenge Anforderungen zu stellen, um zu verhindern, dass es zu gesetzlich nicht gewollten Käufen von Praxissitzen kommt. Aus der lediglich aus Gründen des Eigentumsschutzes folgenden Zulässigkeit einer Praxisnachfolge in gesperrten Planungsbereichen folgert das Bundessozialgericht, dass kein Grund für eine Nachfolgezulassung besteht, wo die Praxis in Wirklichkeit gar nicht veräußert werden soll, weil jedenfalls der neu zuzulassende Arzt sie nicht fortführen kann oder will. Diese dient dann lediglich der Kommerzialisierung des Vertragsarztsitzes, die vom Gesetzgeber nicht gewollt ist. "Fortführung" impliziert eine weitest mögliche Kontinuität des Praxisbetriebs. Der Bewerber um die Praxisnachfolge muss die Praxis nicht nur fortführen können, sondern auch fortführen wollen (vgl. BSG, Urt. v. 20.03.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 12, juris Rdnr. 26 ff.; BSG, Urt. v. 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 13, juris Rdnr. 55). Der Bewerber hat insofern auch sein Konzept zur Fortführung der Praxis darzulegen. Nach dem BSG ist es Aufgabe der Zulassungsgremien, aufzuklären, ob die Bewerber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Praxisnachfolge erfüllen; ggf. ist die Einhaltung der Voraussetzungen durch entsprechende Nebenbestimmungen zum Zulassungsbescheid sicherzustellen (vgl. BSG, Urt. v. 20.03.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 12, juris Rdnr. 41).

Fortführen der Praxis setzt voraus, dass die Tätigkeit am bisherigen Praxisort fortgesetzt wird. In räumlicher Hinsicht bedeutet dies grundsätzlich, dass der Nachfolger auf Dauer die bisherigen Patienten in denselben Praxisräumen mit Unterstützung desselben Praxispersonals und unter Nutzung derselben medizinisch-technischen Infrastruktur behandelt oder zumindest behandeln will ("räumliche Komponente"). Eine Praxisfortführung wird daher nicht schon dann angestrebt, wenn ein Bewerber lediglich die vertragsärztliche Tätigkeit im selben medizinischen Fachgebiet und im selben Planungsbereich wie der ausscheidende Vertragsarzt ausüben will (vgl. BSG, Urt. v. 20.03.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 12, juris Rdnr. 32 ff.; BSG, Urt. v. 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 13, juris Rdnr. 56). Bei einer geplanten zulässigen Praxisverlegung unmittelbar nach Übernahme wird darauf abzustellen sein, ob der Patientenstamm an der neuen Praxisadresse gehalten werden soll und kann.

Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben hat der Beklagte zutreffend eine Fortführungsabsicht in Bezug auf die bisherige Praxis verneint. Nach der Einlassung der Beigeladenen zu 8) ist eine Fortführung nicht beabsichtigt. Ihr geht es um die Erbringung spezialisierter Leistungen im Rahmen der Gynäkologie und nicht um die Übernahme des Patientenstamms der klägerischen Praxis. Ein solches "Mitwandern" der Patientinnen dürfte auch angesichts der räumlichen Entfernung von 36 km und der geographischen Struktur ausgeschlossen sein. Im Rahmen der allgemeinen fachärztlichen Versorgung können den Patienten Wege bis 25 km zugemutet werden. Für allgemeine Leistungen hat sich das Bundessozialgericht wiederholt auf eine Entfernung von bis zu 25 km festgelegt. Versorgungsangebote, die mehr als 25 km entfernt sind, werden grundsätzlich nicht berücksichtigt. Bei größeren Entfernungen kommt eine Sonderbedarfszulassung in Betracht (vgl. BSG, Urt. v. 23.06.2010 - B 6 KA 22/09 R - juris Rdnr. 24 - SozR 4-2500 § 101 Nr. 8; BSG, Urt. v. 08.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - juris Rdnr. 20 - SozR 4-2500 § 101 Nr. 9; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 34/10 R - juris Rdnr. 17 - SozR 4-2500 § 119 Nr. 1). Dies gilt gerade auch für gynäkologische Leistungen, die weitgehend zur medizinischen Grundversorgung zu rechnen sind und für die der Gesetzgeber mit dem Bedarfsplanungsrecht weiterhin eine wohnortnahe Versorgung anstrebt. Letztlich benötigt die Beigeladene zu 8) lediglich die "Zulassung des Klägers" zur Realisierung ihres Versorgungskonzepts. Als öffentlich-rechtliche Genehmigung zur Behandlung gesetzlich versicherter Patienten soll aber gerade ein Handel mit Zulassungen nicht stattfinden.

Zutreffend geht der Beklagte ferner davon aus, dass der mit der Praxisnachfolge verbundenen Verlegung des Vertragsarztsitzes Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen. Der Beklagte verkennt dabei nicht die Rechtsgrundlage nach § 103 Abs. 4c Satz 1 SGB V, sondern geht zutreffend davon aus, wie unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte bereits dargelegt, dass es sich um die gleichen Voraussetzungen wie bei einer Praxisverlegung nach § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV handelt.

"Gründe der vertragsärztlichen Versorgung" sind nur planerische, die Sicherstellung der Patientenversorgung betreffende Umstände (vgl. BSG, Urt. v. 03.08.2016 - B 6 KA 31/15 R - BSGE 122, 35 = SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, juris Rdnr. 19; BSG, Urt. v. 10.05.2000 - B 6 KA 67/98 R - BSGE 86, 121 = SozR 3-5520 § 24 Nr. 4, juris Rdnr. 28). Entscheidungen müssen sich in den durch die Bedarfsplanung und die Sicherstellung der medizinischen Versorgung gezogenen Grenzen halten und erfordern deshalb eine Überprüfung anhand der Bedarfsplanung und der Versorgungslage (vgl. BSG, Urt. v. 03.08.2016 - B 6 KA 31/15 R - BSGE 122, 35 = SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, juris Rdnr. 19; BSG, Beschl. v. 29.11.2017 - B 6 KA 43/17 B - juris Rdnr. 11). Liegen solche entgegenstehenden Gründe vor (erster Prüfungsschritt), sind nach dem BSG in einem weiteren (zweiten) Prüfungsschritt diese mit den Belangen des Arztes abzuwägen. Ein Beurteilungsspielraum der Prüfgremien besteht nur im ersten Prüfungsschritt. Der zweite Prüfungsschritt unterliegt der vollständigen gerichtlichen Kontrolle.

Im ersten Prüfungsschritt ist zur Prüfung des Merkmals "Gründe der vertragsärztlichen Versorgung" eine evtl. Beeinträchtigung der lokalen Versorgung am bisherigen Vertragsarztsitz mit der Versorgungslage am projektierten Sitz in ein Verhältnis zu setzen. Bestehen deutliche Unterschiede, wird in der Regel die Verlegung des Sitzes an einen besser versorgten Standort nicht in Betracht kommen. Ein alleiniges Abstellen auf etwaige Versorgungsdefizite am bisherigen Sitz würde dem Interesse der Versichertengemeinschaft an einer regional bedarfsgerechten Versorgung und einer guten Erreichbarkeit von Ärzten und Psychotherapeuten im gesamten Planungsbereich nicht gerecht. Das Ziel einer langfristig flächendeckenden und wirtschaftlichen Versorgung rechtfertigt auch das Bestreben nach einer möglichst gleichmäßigen räumlichen Verteilung der Leistungserbringer innerhalb eines Planungsbereichs. Ein einzelner Grund kann ausreichend sein (vgl. BSG, Urt. v. 03.08.2016 - B 6 KA 31/15 R - BSGE 122, 35 = SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, juris Rdnr. 19; BSG, Beschl. v. 29.11.2017 - B 6 KA 43/17 B - juris Rdnr. 11). Mit Hilfe des Merkmals "Gründe der vertragsärztlichen Versorgung" kann z. B. darauf hingewirkt werden, dass ein Vertragsarzt seinen Vertragsarztsitz nicht gerade in einen schon gut versorgten Teil des Planungsbereichs verlegt (vgl. BSG, Urt. v. 03.08.2016 - B 6 KA 31/15 R - BSGE 122, 35 = SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, juris Rdnr. 19; BSG, Urt. v. 10.05.2000 - B 6 KA 67/98 R - BSGE 86, 121 = SozR 3-5520 § 24 Nr. 4, juris Rdnr. 28 -; krit. hierzu Dorra/Stellpflug, MedR 2015, 239, 242). Entscheidungen über Sitzverlegungen sind auch in sehr großen Planungsbereichen (wie Berlin, Hamburg und München) an dem Ziel einer möglichst gleichmäßigen Versorgung auszurichten. Der Gesetzgeber hat zwar keine numerisch absolut gleichmäßige Versorgung in einer Stadt vorgeschrieben, er will aber verhindern, dass innerhalb eines insgesamt überversorgten großen Planungsbereichs Teilbereiche mit einem deutlich geringeren Versorgungsgrad oder sogar Unterversorgung entstehen (vgl. BSG, Urt. v. 03.08.2016 - B 6 KA 31/15 R - BSGE 122, 35 = SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, juris Rdnr. 27). Maßgeblich für die Versorgungslage ist der Planungsbereich (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 15.10.2009 - L 3 KA 73/09 B ER - juris Rdnr. 19; für Ermächtigungen BSG, Urt. v. 19.07.2006 - B 6 KA 14/05 R - SozR 4-2500 § 116 Nr. 3, juris Rdnr. 19).

Die Beigeladene zu 1), und ihr folgend der Beklagte, haben hinreichend die unterschiedliche Versorgungslage zwischen dem westlichen und östlichen Teil des Planungsbereichs dargelegt. Die Verlegung des Vertragsarztsitzes von A-Stadt nach D-Stadt würde die Versorgungslage im östlichen Teil nur verschlechtern, ohne dass eine auch nur minimale Mitversorgung vom Standort D-Stadt aus noch gewährleistet wäre. Bei einer Schließung der Praxis in A-Stadt tritt zwar gleichfalls eine Verschlechterung der Versorgungslage ein. Dies ist dann allerdings Folge der Schließung der Praxis und nicht einer Verlegung des Vertragsarztsitzes.

Liegen nach der Einschätzung der Zulassungsgremien "entgegenstehende Gründe" vor, führt dies indes nicht per se zur Ablehnung einer Genehmigung, es sind vielmehr nach dem BSG wegen der grundrechtlichen Gewährleistung nach Art. 12 Abs. 1 GG in einem zweiten Prüfungsschritt die Gründe des Arztes für den Verlegungswunsch zu betrachten. Diese können ausnahmsweise solches Gewicht haben, dass im Ergebnis die versorgungsbezogenen Gründe zurückstehen müssen. Es stehen sich widerstreitende Interessen gegenüber und bei einer wertenden Betrachtung setzt sich das überwiegende Interesse durch. Nach der gesetzgeberischen Vorgabe sind Gesichtspunkte der vertragsärztlichen Versorgung grundsätzlich vorrangig, so dass diese nur durch schwerwiegende Gründe für die Verlegung überspielt werden können. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Arzt krankheitsbedingt seine Tätigkeit am bisherigen Standort nicht mehr fortsetzen kann oder nach Verlust der Praxisräume im Nahbereich keine geeigneten Räume zur Verfügung stehen (vgl. BSG, Urt. v. 03.08.2016 - B 6 KA 31/15 R - BSGE 122, 35 = SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, juris Rdnr. 25). Alle Gesichtspunkte, die bereits vor der Niederlassung bekannt waren, sind nicht berücksichtigungsfähig. Das gilt insb. in Fällen der Nachfolgezulassung, weil eine solche überhaupt nur in Betracht kommt, wenn der Nachfolger die Praxis des ausscheidenden Arztes fortführen will (vgl. BSG, Urt. v. 03.08.2016 - B 6 KA 31/15 R - BSGE 122, 35 = SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, juris Rdnr. 34).

Die Gründe der Beigeladenen zu 8) für den Verlegungswunsch sind nicht schwerwiegend. Das Nichtbetreiben der Praxis am bisherigen Standort, auch nicht in Form einer Zweigpraxis, ist allein wirtschaftlichen Kalkulationen geschuldet und folgt nicht zwingend aus der Beigeladenen zu 8) nicht zurechenbaren Gründen.

Das besondere Versorgungskonzept ist kein Grund für einen Verlegungswunsch.

Die sog. Konzeptbewerbung nach § 103 Abs. 4 Satz 5 Nr. 9 SGB V wurde durch das TSVG als weiteres Auswahlkriterium bei einer Bewerberauswahl eingefügt. Danach ist bei MVZ die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots zu berücksichtigen; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot. Damit wurde die ursprünglich nur für MVZ geltende Regelung auf die Bewerbung eines Vertragsarztes oder einer BAG erweitert. Im Gegenzug wurde § 103 Abs. 4 Satz 10 SGB V a.F. gestrichen bzw. mit einer anderen Regelung versehen.

Zunächst schuf das GKV-VSG in § 103 Abs. 4 Satz 10 SGB V nur für die Bewerbung eines MVZ die Möglichkeit, anstelle der in § 103 Abs. 4 Satz 5 genannten – personenbezogenen – Kriterien das besondere Versorgungsangebot des MVZ zu berücksichtigen. Dies sollte es einem MVZ ermöglichen, am Auswahlverfahren auch ohne einen schon feststehenden Anstellungsbewerber teilzunehmen. Es solle berücksichtigt werden, inwieweit durch die Erteilung der Zulassung das besondere Versorgungsspektrum des MVZ zu Gunsten der Patientenversorgung verbessert werde, ob insb. mit der neuen Zulassung ein besonderes Versorgungskonzept des MVZ ermöglicht oder ergänzt werde, was vor allem fachübergreifend tätige MVZ betreffe (vgl. BT-Drs. 18/4095, S. 109; zur Regelung vgl. Ricken, GesR 2016, 265, 270; Steinhilper, GuP 2016, 15, 17). Nach der Entwurfsbegründung des TSVG verpflichtet die bisherige Kann-Regelung nunmehr den Zulassungsausschuss, dieses Kriterium bei der Auswahl der Bewerber zu berücksichtigen, damit dem interdisziplinären Versorgungsgedanken in kooperativen Leistungserbringerstrukturen besser Rechnung getragen werden kann. Soweit Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften ein besonderes Versorgungsspektrum anböten, soll dies ebenso wie bei MVZ vom Zulassungsausschuss berücksichtigt werden (vgl. BT-Drs. 19/6337, S. 122). Wie bereits ausgeführt, wird durch die sog. Konzeptbewerbung nur die Personenbezogenheit der Auswahlkriterien begrenzt, wird aber keine Spezialregelung geschaffen, die von der Voraussetzung einer Fortführungsabsicht absieht. Das bedeutet aber auch, dass ein besonderes Versorgungskonzept kein Grund für die Verlegung eines Vertragsarztsitzes ist.

Im Übrigen hält das Bundessozialgericht § 103 Abs. 4 Satz 5 Nr. 9 SGB V als auch die Vorgängerregelung für nicht anwendbar, da konkretisierende Regelungen, die im Falle einer Auswahlentscheidung zugunsten einer Konzeptbewerbung zwingend erforderlich sind, noch nicht existieren (vgl. BSG, Urt. v. 15.05.2019 - B 6 KA 5/18 R - BSGE (vorgesehen) = SozR 4-2500 § 103 Nr. 27 (vorgesehen), juris Rdnr. 44 ff., BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.12.2019 - 1 BvR 2668/19 - nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an).

Die Ablehnung der Praxisübernahme ist auch nicht unverhältnismäßig. Die Beigeladene zu 8) hat die Weiterversorgung der Patientinnen des Klägers in Form einer Zweigpraxis nicht beantragt. Von daher schied die Genehmigung mit einer entsprechenden Nebenbestimmung aus.

Eigentumsrechte des Klägers stehen der Entscheidung des Beklagten nicht entgegen.

Das Gesetz geht von einer Unterscheidung zwischen dem – öffentlich-rechtlichen – Vertragsarztsitz und der – zivilrechtlich verkehrsfähigen – ärztlichen Praxis aus, wobei eine Vertragsarztpraxis nur verkauft werden kann, wenn der Käufer auch eine Zulassung erhält. Mit der Beschränkung auf die wirtschaftlichen Interessen (§ 103 Abs. 4 Satz 9 SGB V) will der Gesetzgeber aber verhindern, dass ein Aufschlag für die Zulassung bezahlt werden muss (vgl. BT-Drs. 12/3608, S. 99). Ein Interesse an der Verwertung lediglich der Zulassung ist nicht geschützt, weshalb ein Wille bestehen muss, die Praxis zu veräußern (vgl. BSG, Urt. v. 23.03.2016 - B 6 KA 9/15 R - BSGE 121, 76 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 18, juris Rdnr. 11). Die Zulassung, die der Nachfolger für seine Tätigkeit als Vertragsarzt benötigt, ist als öffentlich-rechtliche Berechtigung nicht übertragbar und muss vom Nachfolger beim Zulassungsausschuss beantragt werden (vgl. BSG, Urt. v. 23.03.2016 - B 6 KA 9/15 R - BSGE 121, 76 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 18, juris Rdnr. 13). Eigentumsrechtlich geschützt ist nur die Verwertung der Praxis als solche, nicht die damit verbundene öffentlich-rechtliche Zulassung. Soweit die Praxis mangels Fortführungsabsicht nicht übernommen wird, kann auch kein eigentumsrechtlicher Schutz zum Tragen kommen. Findet sich kein Bewerber zur Fortführung der Praxis, kann die Vertragsarztpraxis nicht verkauft werden bzw. besteht für den potentiellen Käufer kein Anspruch auf Zulassung.

Nach allem war die Klage im Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.

Die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt (§ 197a SGG i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO). Von dieser Möglichkeit ist Gebrauch zu machen, wenn der Beigeladene erfolgreich Anträge gestellt hat, wenn er allein oder mit anderen Beteiligten gesiegt hat oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig u. a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 197a, Rdnr. 29). Zu berücksichtigen ist, ob der Beigeladene sich während des Verfahrens geäußert und auch Anträge gestellt hat (vgl. BSG, Urt. v. 14.11.2002 – B 13 RJ 19/01 R - SozR 3-5795 § 10d Nr. 1, juris Rdnr. 44).

Der Beigeladene zu 8) hat sich zur Sache geäußert, aber keinen Antrag gestellt. Im Übrigen hat sie den Kläger inhaltlich unterstützt. Von daher besteht für sie kein Kostenerstattungsanspruch.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

Für den Kläger bemisst sich der Wert des Verfahrens nach der Kaufpreiszahlung. Den Kaufpreis hat er mit 50.000 EUR angegeben. In dieser Höhe war der Streitwert festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
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