Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 2106/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1766/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. März 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger 1/10 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Anrechnung einer von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (BG) gewährten Verletztenrente auf die ihm von der Beklagten gewährte Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund), Beklagte, bewilligte dem 1954 geborenen Kläger auf einen Rentenantrag vom 28. Dezember 2001 (nachdem sie zuvor mit Bescheiden vom 10. September 2002, 29. September 2003 und 18. Juni 2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2001, jeweils befristet, zuletzt bis 31. Oktober 2004 bewilligt hatte) auf Grund eines Anerkenntnisses vom 5. Juli 2004 in einem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG), Az. S 2 RA 1590/03, ausgehend von einem Leistungsfall vom 26. Juli 2000 ab 1. Dezember 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ohne Anrechnung von Einkommen (Ausführungsbescheid vom 19. August 2004).
Die Höhe der Rente wegen voller Erwerbsminderung belief sich - vor Abzug der Beitragsanteile zur Krankenversicherung (KV) und Pflegeversicherung (PV) - ab 1. Februar 2002 auf 1.112,05 EUR ab 1. Juli 2002 auf 1.136,03 EUR und ab 1. Juli 2003 auf 1.147,90 EUR.
Die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (BG) bewilligte dem Kläger auf Grund eines Anerkenntnisses im vor dem SG geführten Rechtsstreit S 4 U 4834/05 vom 13. September 2006 wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 26. Juli 2000 Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. rückwirkend ab 23. Januar 2002 (dem Tag nach Wegfall des Verletzten- bzw. Krankengeldes) unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes (JAV) von 32.256,00 DM bezogen auf den Unfallzeitpunkt. Als Unfallfolgen wurden "Endgradige Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk, Minderung der groben Kraft des rechten Armes, die röntgenologisch und kernspintomographisch gesehenen Veränderungen (Hill-Sachs-Delle), sensible Residuen nach komplizierter Schulterausrenkung rechts. Schweres Schädelhirntrauma (Contusio cerebri) mit postkontusionellen Substanzdefekten rechts temporal und hochfrontal subkortikal. Etwa mittelschweres organisches Psychosyndrom" anerkannt.
Die von der BG bewilligte Verletztenrente belief sich gemäß dem Ausführungsbescheid vom 23. Oktober 2006 monatlich ab 23. Januar 2002 auf 466,87 EUR, ab 1. Juli 2002 auf 476,95 EUR und ab 1. Juli 2003 auf 481,91 EUR. Der - bis zur Klärung des Erstattungsanspruches der Beklagten - einbehaltene Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 23. Januar 2002 bis 30. November 2006 belief sich auf insgesamt 27.951,60 EUR. Die ab 1. Dezember 2006 laufend gezahlte Verletztenrente belief sich auf monatlich 481,91 EUR. Von der Bewilligung der Verletztenrente durch die BG erlangte die Beklagte am 25. Oktober 2006 Kenntnis.
Vom Landesversorgungsamt wurde ein Gesamt-Grad der Behinderung (Gesamt-GdB) von 70 ab 27. Juli 2001 (Hirnschaden, hirnorganisches Psychosyndrom, Migräne mit Teil-GdB 70, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks mit Teil-GdB 10, Funktionsstörung des linken Beines nach Knieverletzung mit Teil-GdB 10) anerkannt.
Mit Bescheid vom 23. November 2006 nahm die Beklagte den Rentenbescheid vom 19. August 2004 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Februar 2002 ("nach § 45 SGB X") teilweise zurück und berechnete unter Anrechnung der gewährten Verletztenrente die Rente wegen voller Erwerbsminderung neu. Wegen der mit Bescheid vom 23. Oktober 2006 festgestellten Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung sei die Rente ab dem Zusammentreffen beider Leistungen neu zu berechnen, wodurch für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis 31. Dezember 2006 eine Überzahlung in Höhe von 13.980,09 EUR entstanden sei. Ein Erstattungsanspruch werde gegenüber der BG in Höhe von 13.740,45 EUR für den Zeitraum vom 1. Februar 2002 bis 30. November 2006 geltend gemacht, die weitere Überzahlung vom 1. bis 31. Dezember 2006 in Höhe von 239,64 EUR sei vom Kläger zu erstatten. Ab 1. Januar 2007 werde die Rente mit 802,66 EUR (883,99 EUR abzüglich Beiträge zur KV und PV) geleistet. Die Verletztenrente sei nach § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf die Rente wegen Erwerbsminderung anzurechnen, wobei von der Verletztenrente ein Betrag abzusetzen sei, der einer Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) bei einer MdE von 50 v.H. entspreche. Wegen der Einzelheiten der Berechnung des Anteils der anzurechnenden Rente der BG und der Überzahlung wird auf den Rentenbescheid vom 23. November 2006 verwiesen.
Mit seinem Widerspruch vom 8. Dezember 2006 machte der Kläger geltend, die Anrechnung einer Verletztenrente auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente sei nur unter eng auszulegenden besonderen Umständen zulässig. Die Berechnungsgrundlagen, insbesondere die Grenzbeträge seien in Zweifel zu ziehen. Die Beklagte gehe bei Abzug der Grundrente nach dem BVG von einer MdE um 50 v.H. aus. Tatsächlich sei seine MdE höher und bei der Anrechnung der Unfallrente nicht ausreichend berücksichtigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Verletztenrente sei auf die dem Kläger bewilligte Erwerbsminderungsrente anzurechnen. Hierbei sei bei Ermittlung des Anrechnungsbetrages von der bewilligten Verletztenrente mit einer MdE um 50 v.H. auszugehen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
Deswegen hat der Kläger am 25. April 2007 Klage beim SG erhoben. Zur Sache hat er geltend gemacht, eine Verletztenrente stelle kein anrechenbares Einkommen dar. Zumindest sei bei der Ermittlung des Anrechnungsbetrages nicht nur von der unfallbedingten MdE auszugehen, sondern von einer MdE um insgesamt 70 v.H., womit ein Betrag abzusetzen sei, der einer Grundrente mit einer MdE um 70 v.H. entspreche.
Mit Urteil vom 18. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei fristgerecht erhoben, aber nicht begründet. Die Verletztenrente sei als Einkommen auf die Erwerbsminderungsrente anzurechnen. Soweit die Beklagte bei dem anzurechnenden Anteil der Verletztenrente nur einen Betrag entsprechend einem Anteil der MdE um 50 v.H. der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG abgesetzt habe, sei dies nicht zu beanstanden. Im Übrigen sei die Beklagte nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) befugt gewesen, den Rentenbescheid für die Zukunft und auch für die Vergangenheit aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.
Gegen das am 27. März 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. April 2008 Berufung eingelegt.
Mit Schriftsatz vom 24. November 2009 hat die Beklagte auf richterlichen Hinweis den angefochtenen Bescheid vom 23. November 2006 insoweit aufgehoben, als mit diesem der Bescheid vom 19. August 2004 für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis 30. November 2006 aufgehoben und eine Erstattungspflicht von mehr als 239,64 EUR festgestellt worden ist.
Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, die Verletztenrente stelle kein anrechenbares Einkommen zur Erwerbsminderungsrente dar. Ferner müsste vom anzurechnenden Anteil ein höherer Betrag, ausgehend von einer MdE um 70 v.H., in Abzug gebracht werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. März 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2007 insgesamt aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil und trägt im Übrigen vor, sie folge nun - anders als in der Vergangenheit - der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach in Fällen, in denen ein Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff SGB X besteht, eine Bescheidaufhebung für den Zeitraum des Erstattungsanspruches wegen der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X nicht zulässig ist. Mit der laufenden Zahlung der Unfallrente sei aber eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, so dass ab 1. Dezember 2006 die Teilaufhebung des Rentenbescheides rechtmäßig sei und eine Erstattungspflicht in Höhe von 239,64 EUR für Dezember 2006 bestehe.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässig.
Bei der Klage gegen die (Teil-)Aufhebung des Erwerbsminderungsrente bewilligenden Bescheides und die Feststellung einer zu erstattenden Überzahlung handelt es sich um eine zulässige Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Nachdem die Beklagte - nun der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22. Mai 2002, B 8 KN 11/00 R in SozR 3-2600 § 93 Nr. 12 m. w. N.) folgend - den angefochtenen Bescheid vom 23. November 2006 insoweit aufgehoben hat, als mit ihm der Bescheid vom 19. August 2004 für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis 30. November 2006 (teilweise) aufgehoben worden und eine Erstattungspflicht für in diesem Zeitraum gewährte Leistungen festgestellt worden ist, hat sich der Rechtsstreit insoweit erledigt. Vom Senat ist nur noch über die im angefochtenen Bescheid getroffene weitere Regelung, dass die Verletztenrente ab 1. Dezember 2006 in der erfolgten Form anzurechnen und der Kläger zur Erstattung einer Überzahlung für Dezember 2006 in Höhe von 239,64 EUR verpflichtet ist, zu entscheiden. Insofern ist seine Berufung unbegründet, denn die Anrechnung der Verletztenrente auf die Erwerbsminderungsrente des Klägers ab 1. Dezember 2006 und die Feststellung des Erstattungsbetrages von 239,64 EUR verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die Anrechnung der Verletztenrente auf die Erwerbsminderungsrente des Klägers ab 1. Dezember 2006 - § 93 SGB VI, § 31 BVG - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Anrechnung erfüllt sind, die Anrechnung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erfolgt ist, die Beklagte zur (Teil-)Aufhebung des Bescheides vom 19. August 2004 ab 1. Dezember 2006 befugt war und der Kläger die sich für Dezember 2006 ergebende Überzahlung zu erstatten hat. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung insoweit uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist insofern die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass ab 1. Dezember 2006 mit der Gewährung laufender Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung durch die BG eine wesentliche Änderung eingetreten ist, indem der Kläger auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung anzurechnendes laufendes Einkommen erzielt hat. Damit war die Beklagte ermächtigt, den Bescheid 19. August 2004 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X ab 1. Dezember 2006 teilweise aufzuheben. Ferner ist der Kläger nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X verpflichtet, die sich daraus für Dezember 2006 ergebende Überzahlung in Höhe von 239,64 EUR zu erstatten. Soweit sich die Beklagte, die sich zur Begründung ihrer Entscheidung zunächst auf § 45 SGB X berufen hat, zuletzt auf § 48 SGB X gestützt hat, handelt es sich lediglich um einen Begründungswechsel, da sich der Verfügungssatz im angefochtenen Aufhebungsbescheid insofern nicht geändert hat (BSG, Urteile vom 29. Juni 2000, B 11 AL 85/99 R, in BSGE 87, 8 ff, und vom 15. August 2002, B 7 AL 38/01 R in SozR 3-1300 § 24 Nr. 21). Ferner bedurfte es nach § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X auch keiner Anhörung.
Die Anrechnung der Verletztenrente ergibt sich aus § 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, wonach bei Bestehen eines Anspruches auf eine Rente aus eigener Versicherung und eine Verletztenrente aus der Unfallversicherung für denselben Zeitraum die Versichertenrente insoweit nicht geleistet wird, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt.
Bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge bleiben nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI bei der Verletztenrente aus der Unfallversicherung ein der Grundrente nach § 31 in Verbindung mit § 84 a Satz 1 und 2 BVG entsprechender Betrag, bei einer MdE um 20 v.H. zwei Drittel der Mindestgrundrente, bei einer MdE um 10 v.H. ein Drittel der Mindestgrundrente unberücksichtigt. Der Grenzbetrag beträgt 70 v.H. eines Zwölftels des JAV, der der Berechnung der Rente aus der Unfallversicherung zu Grunde liegt, vervielfältigt mit dem jeweiligen Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung (§ 93 Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat die Beklagte die Höhe des anzurechnenden Anteils zutreffend berechnet, ausgehend von einer MdE um 50 v.H. entsprechend der bewilligten Verletztenrente. Soweit der Kläger geltend macht, es sei von einer höheren MdE bei der Ermittlung des Abzugsbetrags vom Anrechnungsbetrag auszugehen, fehlt es hierfür an einer rechtlichen Grundlage. Maßgebend ist allein der Grad der unfallbedingten MdE. Im Übrigen ist das Rechenwerk der Beklagten im angefochtenen Bescheid für die Zeit ab 1. Dezember 2006, gegen das keine substantiierten Einwendungen erhoben wurden und das nach Prüfung einen Berechnungsfehler nicht erkennen lässt, nicht zu beanstanden.
Ein Ausnahmefall im Sinne von § 93 Abs. 5 Satz 1 SGB VI, bei dessen Vorliegen eine Anrechnung der Unfallrente nicht erfolgt, liegt nicht vor. Insbesondere ist der Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung nicht nach dem Rentenbeginn oder dem Eintritt der für die Erwerbsminderungsrente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit eingetreten. Der Senat weist deshalb die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei der Senat berücksichtigt hat, dass das Begehren des Klägers im Hinblick auf dessen Hauptanliegen erfolglos geblieben ist und die Beklagte den angefochtenen Bescheid auf richterlichen Hinweis teilweise zurückgenommen hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat dem Kläger 1/10 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Anrechnung einer von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (BG) gewährten Verletztenrente auf die ihm von der Beklagten gewährte Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund), Beklagte, bewilligte dem 1954 geborenen Kläger auf einen Rentenantrag vom 28. Dezember 2001 (nachdem sie zuvor mit Bescheiden vom 10. September 2002, 29. September 2003 und 18. Juni 2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2001, jeweils befristet, zuletzt bis 31. Oktober 2004 bewilligt hatte) auf Grund eines Anerkenntnisses vom 5. Juli 2004 in einem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG), Az. S 2 RA 1590/03, ausgehend von einem Leistungsfall vom 26. Juli 2000 ab 1. Dezember 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ohne Anrechnung von Einkommen (Ausführungsbescheid vom 19. August 2004).
Die Höhe der Rente wegen voller Erwerbsminderung belief sich - vor Abzug der Beitragsanteile zur Krankenversicherung (KV) und Pflegeversicherung (PV) - ab 1. Februar 2002 auf 1.112,05 EUR ab 1. Juli 2002 auf 1.136,03 EUR und ab 1. Juli 2003 auf 1.147,90 EUR.
Die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (BG) bewilligte dem Kläger auf Grund eines Anerkenntnisses im vor dem SG geführten Rechtsstreit S 4 U 4834/05 vom 13. September 2006 wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 26. Juli 2000 Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. rückwirkend ab 23. Januar 2002 (dem Tag nach Wegfall des Verletzten- bzw. Krankengeldes) unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes (JAV) von 32.256,00 DM bezogen auf den Unfallzeitpunkt. Als Unfallfolgen wurden "Endgradige Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk, Minderung der groben Kraft des rechten Armes, die röntgenologisch und kernspintomographisch gesehenen Veränderungen (Hill-Sachs-Delle), sensible Residuen nach komplizierter Schulterausrenkung rechts. Schweres Schädelhirntrauma (Contusio cerebri) mit postkontusionellen Substanzdefekten rechts temporal und hochfrontal subkortikal. Etwa mittelschweres organisches Psychosyndrom" anerkannt.
Die von der BG bewilligte Verletztenrente belief sich gemäß dem Ausführungsbescheid vom 23. Oktober 2006 monatlich ab 23. Januar 2002 auf 466,87 EUR, ab 1. Juli 2002 auf 476,95 EUR und ab 1. Juli 2003 auf 481,91 EUR. Der - bis zur Klärung des Erstattungsanspruches der Beklagten - einbehaltene Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 23. Januar 2002 bis 30. November 2006 belief sich auf insgesamt 27.951,60 EUR. Die ab 1. Dezember 2006 laufend gezahlte Verletztenrente belief sich auf monatlich 481,91 EUR. Von der Bewilligung der Verletztenrente durch die BG erlangte die Beklagte am 25. Oktober 2006 Kenntnis.
Vom Landesversorgungsamt wurde ein Gesamt-Grad der Behinderung (Gesamt-GdB) von 70 ab 27. Juli 2001 (Hirnschaden, hirnorganisches Psychosyndrom, Migräne mit Teil-GdB 70, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks mit Teil-GdB 10, Funktionsstörung des linken Beines nach Knieverletzung mit Teil-GdB 10) anerkannt.
Mit Bescheid vom 23. November 2006 nahm die Beklagte den Rentenbescheid vom 19. August 2004 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Februar 2002 ("nach § 45 SGB X") teilweise zurück und berechnete unter Anrechnung der gewährten Verletztenrente die Rente wegen voller Erwerbsminderung neu. Wegen der mit Bescheid vom 23. Oktober 2006 festgestellten Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung sei die Rente ab dem Zusammentreffen beider Leistungen neu zu berechnen, wodurch für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis 31. Dezember 2006 eine Überzahlung in Höhe von 13.980,09 EUR entstanden sei. Ein Erstattungsanspruch werde gegenüber der BG in Höhe von 13.740,45 EUR für den Zeitraum vom 1. Februar 2002 bis 30. November 2006 geltend gemacht, die weitere Überzahlung vom 1. bis 31. Dezember 2006 in Höhe von 239,64 EUR sei vom Kläger zu erstatten. Ab 1. Januar 2007 werde die Rente mit 802,66 EUR (883,99 EUR abzüglich Beiträge zur KV und PV) geleistet. Die Verletztenrente sei nach § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf die Rente wegen Erwerbsminderung anzurechnen, wobei von der Verletztenrente ein Betrag abzusetzen sei, der einer Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) bei einer MdE von 50 v.H. entspreche. Wegen der Einzelheiten der Berechnung des Anteils der anzurechnenden Rente der BG und der Überzahlung wird auf den Rentenbescheid vom 23. November 2006 verwiesen.
Mit seinem Widerspruch vom 8. Dezember 2006 machte der Kläger geltend, die Anrechnung einer Verletztenrente auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente sei nur unter eng auszulegenden besonderen Umständen zulässig. Die Berechnungsgrundlagen, insbesondere die Grenzbeträge seien in Zweifel zu ziehen. Die Beklagte gehe bei Abzug der Grundrente nach dem BVG von einer MdE um 50 v.H. aus. Tatsächlich sei seine MdE höher und bei der Anrechnung der Unfallrente nicht ausreichend berücksichtigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Verletztenrente sei auf die dem Kläger bewilligte Erwerbsminderungsrente anzurechnen. Hierbei sei bei Ermittlung des Anrechnungsbetrages von der bewilligten Verletztenrente mit einer MdE um 50 v.H. auszugehen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
Deswegen hat der Kläger am 25. April 2007 Klage beim SG erhoben. Zur Sache hat er geltend gemacht, eine Verletztenrente stelle kein anrechenbares Einkommen dar. Zumindest sei bei der Ermittlung des Anrechnungsbetrages nicht nur von der unfallbedingten MdE auszugehen, sondern von einer MdE um insgesamt 70 v.H., womit ein Betrag abzusetzen sei, der einer Grundrente mit einer MdE um 70 v.H. entspreche.
Mit Urteil vom 18. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei fristgerecht erhoben, aber nicht begründet. Die Verletztenrente sei als Einkommen auf die Erwerbsminderungsrente anzurechnen. Soweit die Beklagte bei dem anzurechnenden Anteil der Verletztenrente nur einen Betrag entsprechend einem Anteil der MdE um 50 v.H. der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG abgesetzt habe, sei dies nicht zu beanstanden. Im Übrigen sei die Beklagte nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) befugt gewesen, den Rentenbescheid für die Zukunft und auch für die Vergangenheit aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.
Gegen das am 27. März 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. April 2008 Berufung eingelegt.
Mit Schriftsatz vom 24. November 2009 hat die Beklagte auf richterlichen Hinweis den angefochtenen Bescheid vom 23. November 2006 insoweit aufgehoben, als mit diesem der Bescheid vom 19. August 2004 für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis 30. November 2006 aufgehoben und eine Erstattungspflicht von mehr als 239,64 EUR festgestellt worden ist.
Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, die Verletztenrente stelle kein anrechenbares Einkommen zur Erwerbsminderungsrente dar. Ferner müsste vom anzurechnenden Anteil ein höherer Betrag, ausgehend von einer MdE um 70 v.H., in Abzug gebracht werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. März 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2007 insgesamt aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil und trägt im Übrigen vor, sie folge nun - anders als in der Vergangenheit - der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach in Fällen, in denen ein Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff SGB X besteht, eine Bescheidaufhebung für den Zeitraum des Erstattungsanspruches wegen der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X nicht zulässig ist. Mit der laufenden Zahlung der Unfallrente sei aber eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, so dass ab 1. Dezember 2006 die Teilaufhebung des Rentenbescheides rechtmäßig sei und eine Erstattungspflicht in Höhe von 239,64 EUR für Dezember 2006 bestehe.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässig.
Bei der Klage gegen die (Teil-)Aufhebung des Erwerbsminderungsrente bewilligenden Bescheides und die Feststellung einer zu erstattenden Überzahlung handelt es sich um eine zulässige Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Nachdem die Beklagte - nun der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22. Mai 2002, B 8 KN 11/00 R in SozR 3-2600 § 93 Nr. 12 m. w. N.) folgend - den angefochtenen Bescheid vom 23. November 2006 insoweit aufgehoben hat, als mit ihm der Bescheid vom 19. August 2004 für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis 30. November 2006 (teilweise) aufgehoben worden und eine Erstattungspflicht für in diesem Zeitraum gewährte Leistungen festgestellt worden ist, hat sich der Rechtsstreit insoweit erledigt. Vom Senat ist nur noch über die im angefochtenen Bescheid getroffene weitere Regelung, dass die Verletztenrente ab 1. Dezember 2006 in der erfolgten Form anzurechnen und der Kläger zur Erstattung einer Überzahlung für Dezember 2006 in Höhe von 239,64 EUR verpflichtet ist, zu entscheiden. Insofern ist seine Berufung unbegründet, denn die Anrechnung der Verletztenrente auf die Erwerbsminderungsrente des Klägers ab 1. Dezember 2006 und die Feststellung des Erstattungsbetrages von 239,64 EUR verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die Anrechnung der Verletztenrente auf die Erwerbsminderungsrente des Klägers ab 1. Dezember 2006 - § 93 SGB VI, § 31 BVG - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Anrechnung erfüllt sind, die Anrechnung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erfolgt ist, die Beklagte zur (Teil-)Aufhebung des Bescheides vom 19. August 2004 ab 1. Dezember 2006 befugt war und der Kläger die sich für Dezember 2006 ergebende Überzahlung zu erstatten hat. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung insoweit uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist insofern die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass ab 1. Dezember 2006 mit der Gewährung laufender Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung durch die BG eine wesentliche Änderung eingetreten ist, indem der Kläger auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung anzurechnendes laufendes Einkommen erzielt hat. Damit war die Beklagte ermächtigt, den Bescheid 19. August 2004 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X ab 1. Dezember 2006 teilweise aufzuheben. Ferner ist der Kläger nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X verpflichtet, die sich daraus für Dezember 2006 ergebende Überzahlung in Höhe von 239,64 EUR zu erstatten. Soweit sich die Beklagte, die sich zur Begründung ihrer Entscheidung zunächst auf § 45 SGB X berufen hat, zuletzt auf § 48 SGB X gestützt hat, handelt es sich lediglich um einen Begründungswechsel, da sich der Verfügungssatz im angefochtenen Aufhebungsbescheid insofern nicht geändert hat (BSG, Urteile vom 29. Juni 2000, B 11 AL 85/99 R, in BSGE 87, 8 ff, und vom 15. August 2002, B 7 AL 38/01 R in SozR 3-1300 § 24 Nr. 21). Ferner bedurfte es nach § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X auch keiner Anhörung.
Die Anrechnung der Verletztenrente ergibt sich aus § 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, wonach bei Bestehen eines Anspruches auf eine Rente aus eigener Versicherung und eine Verletztenrente aus der Unfallversicherung für denselben Zeitraum die Versichertenrente insoweit nicht geleistet wird, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt.
Bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge bleiben nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI bei der Verletztenrente aus der Unfallversicherung ein der Grundrente nach § 31 in Verbindung mit § 84 a Satz 1 und 2 BVG entsprechender Betrag, bei einer MdE um 20 v.H. zwei Drittel der Mindestgrundrente, bei einer MdE um 10 v.H. ein Drittel der Mindestgrundrente unberücksichtigt. Der Grenzbetrag beträgt 70 v.H. eines Zwölftels des JAV, der der Berechnung der Rente aus der Unfallversicherung zu Grunde liegt, vervielfältigt mit dem jeweiligen Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung (§ 93 Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat die Beklagte die Höhe des anzurechnenden Anteils zutreffend berechnet, ausgehend von einer MdE um 50 v.H. entsprechend der bewilligten Verletztenrente. Soweit der Kläger geltend macht, es sei von einer höheren MdE bei der Ermittlung des Abzugsbetrags vom Anrechnungsbetrag auszugehen, fehlt es hierfür an einer rechtlichen Grundlage. Maßgebend ist allein der Grad der unfallbedingten MdE. Im Übrigen ist das Rechenwerk der Beklagten im angefochtenen Bescheid für die Zeit ab 1. Dezember 2006, gegen das keine substantiierten Einwendungen erhoben wurden und das nach Prüfung einen Berechnungsfehler nicht erkennen lässt, nicht zu beanstanden.
Ein Ausnahmefall im Sinne von § 93 Abs. 5 Satz 1 SGB VI, bei dessen Vorliegen eine Anrechnung der Unfallrente nicht erfolgt, liegt nicht vor. Insbesondere ist der Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung nicht nach dem Rentenbeginn oder dem Eintritt der für die Erwerbsminderungsrente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit eingetreten. Der Senat weist deshalb die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei der Senat berücksichtigt hat, dass das Begehren des Klägers im Hinblick auf dessen Hauptanliegen erfolglos geblieben ist und die Beklagte den angefochtenen Bescheid auf richterlichen Hinweis teilweise zurückgenommen hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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