Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3958/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 R 3961/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29.06.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger erstrebt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im Jahre 1951 im damaligen J. geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger und schloss in seinem Heimatland eine Ausbildung zum qualifizierten Arbeiter im Fach Metallverarbeitung, Beruf Maschinenschlosser, ab. Seit dem Jahre 1973 lebt er im Bundesgebiet, wo er zuletzt bis November 2001 versicherungspflichtig beschäftigt war. Eigenen Angaben zufolge war er dabei zumindest die letzten 23 Monate als Maschinenbediener in einer Druckerei tätig. In der Folgezeit war der zunächst arbeitsunfähige und später arbeitslose Kläger nur noch in geringfügigem versicherungsfreiem Umfang erwerbstätig.
Beim Kläger bestehen im Wesentlichen ein Zustand nach totalendoprothetischer Versorgung des linken Kniegelenks im Juli 2003 und des rechten Kniegelenks im August 2005, Beschwerden der Hals- und Lendenwirbelsäule, Schulterbeschwerden, eine Fingerpolyarthrose beidseits, eine depressive Entwicklung bei chronischer Schmerzsymptomatik, ein rechtsbetontes Karpaltunnelsyndrom, eine Adipositas, eine arterielle Hypertonie, ein Diabetes mellitus Typ II, eine diabetische Nephropathie, eine kompensierte Niereninsuffizienz, eine Hyperlipidämie, eine chronische obstruktive Lungenerkrankung und ein Schlafapnoesyndrom.
Am 30.11.2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die LVA - die Rechtsvorgängerin der Beklagten - mit Bescheid vom 05.04.2005 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 zurück, da der Kläger noch in der Lage sei, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter verschiedenen qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Am 08.12.2005 erhob der Kläger beim Sozialgericht Ulm Klage. Wegen des Ergebnisses der Ermittlungen der LVA im Verwaltungsverfahren und des Sozialgerichts im Klageverfahren sowie des Vorbringens der Beteiligten und der von ihnen vorgelegten Unterlagen im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des klagabweisenden Urteils des Sozialgerichts Ulm vom 29.06.2007 verwiesen. Zur Begründung des Urteils ist im Wesentlichen ausgeführt, die orthopädischen Gesundheitsstörungen des Klägers schränkten sein Leistungsvermögen ausweislich der gerichtlich eingeholten Gutachten der Orthopädin Dr. N. und des Neurologen und Psychiaters Dr. W. unter Berücksichtigung seines extremen Übergewichts insoweit ein, dass er nur noch körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne Zwangshaltungen vollschichtig verrichten könne. Auf Grund des Gutachtens von Dr. W. stehe darüber hinaus fest, dass die psychischen Störungen ebenfalls nicht zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führten, sondern lediglich einen Ausschluss von Tätigkeiten unter Zeitdruck (Akkord-, Fließband- und Schichtarbeit) sowie Nachtarbeit zur Folge hätten. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens wegen der sozialrechtlichen Situation und dem Rentenrechtsstreit des Klägers rechtfertige die Gewährung von Rente nicht. Danach sowie in Ansehung seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit und der daraus folgenden Verweisbarkeit auf auch ungelernte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei der Kläger nicht erwerbsgemindert. Diese Entscheidung wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30.07.2007 zugestellt.
Am 13.08.2007 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei auf Grund seiner Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet nicht in der Lage mehr als drei Stunden täglich zu arbeiten. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass seine Erwerbsfähigkeit durch vielfältige Beschwerden und Funktionseinschränkungen gemindert sei. Dies gelte insbesondere für die eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit beider Hände sowie seine Knie- und Lumbalbeschwerden.
Der Senat hat den Entlassungsbericht der Fachklinik Psychiatrie/Psychotherapie U., Klinik Dr. Sch., vom 17.07.2007 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 24.05. bis zum 17.07.2007 (Einweisung wegen Angst-, Schlafstörung und Affektlabilität mit Klage über Suizidideen; im Verlauf der stationären Behandlung zwar Reduzierung der Symptomatik, jedoch wegen nicht abgeschlossenen Berentungsgesuchs keine Auflösung derselben zu erreichen) sowie den Entlassungsbericht des Rheumazentrums O. vom 08.05.2008 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 10.04. bis zum 24.04.2008 (Therapie wegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms vom Typ Fibromyalgie bzw. mit ausgeprägter somatoformer Komponente, im Vordergrund des Aufenthalts stehende vorbekannte Depression, Entlassung als arbeitsunfähig bei auf der visuellen Analogskala gleichgebliebenem Schmerz) beigezogen. Darüber hinaus hat der Kläger den Entlassungsbericht der F.klinik, Akutklinik für Rheumatologie, Bad B. vom 20.10.2008 über die stationäre Behandlung vom 23.09. bis zum 09.10.2008 (mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom/chronisches Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen vom Typ der Fibromyalgie, Besserung der Ganzkörperschmerzsymptomatik zum Ende des Aufenthalts) sowie den vorläufigen Entlassungsbericht vom 30.04.2009 und den endgültigen Entlassungsbericht vom 13.05.2009 der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ch., G. über die stationäre Behandlung des Klägers vom 17.03. bis zum 09.05.2009 (rezidivierende depressive Störung bei derzeit schwerer depressiver Episode mit ausgeprägten Somatisierungstendenzen, Normalisierung des HbA 1-Wertes und des Bluthochdrucks nach diätetischer Umstellung und Medikamentengabe) vorgelegt. Schließlich hat der Senat die schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Facharztes für Psychiatrie Dr. Sch. vom 12.02.2009 (mittelschwere bis schwere chronifizierte depressive Störung mit Angstzuständen und Schlafstörungen, Schmerzstörung, zusätzlich massive orthopädische Erkrankungen und internistische Erkrankungen; auch aus psychiatrischer Sicht keine Belastbarkeit von drei Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gegeben) sowie auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie, Rheumatologie, Sportmedizin, spezielle Schmerztherapie und für psychotherapeutische Medizin Dr. R. vom 21.09.2009 (chronisch rezidivierende Zervikobrachialgie, Impingementsymptomatik rechts des Schultergelenks, geringgradige Polyarthrose beider Hände, Verdacht auf Karpaltunnelsyndrom links, rezidivierende Lumbalgie, initiale Arthrose des rechten Hüftgelenks, Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks, Beckentiefstand rechts, somatoforme Schmerzstörung, Angst- und depressive Störung, Adipositas per magna; leichte Tätigkeiten im Sitzen mit Möglichkeiten zum Bewegungswechsel ohne vermehrtes Treppensteigen, ohne Tätigkeiten mit vermehrter Greiffunktion an handwerklichen Geräten, ohne Akkord- oder Fließbandarbeit, nicht an gefährdenden Maschinen und unter Witterungseinflüssen mindestens sechs Stunden täglich möglich) eingeholt.
Der Kläger ist unter Hinweis auf den Entlassungsbericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ch. vom 13.05.2009 der Auffassung, ihm sei eine Tätigkeit von über sechs Stunden nicht mehr möglich. Darüber hinaus könne er auf Grund seiner psychischen Beschwerden keine Tätigkeiten ausüben, die Kontakt zu anderen Personen erforderten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29.06.2007 sowie den Bescheid der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg vom 05.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.11.2004 Rente wegen voller, bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf dem Senat vorgelegte sozialmedizinische Stellungnahmen des Internisten Dr. B. vom 19.10.2007, 28.11.2007, 19.06.2008 und 16.01.2009, der sich der Leistungsbeurteilung von Dr. R. angeschlossen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Ulm sowie die beigezogenen Renten- und Rehaakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der LVA vom 05.04.2005 und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17.11.2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Dass und weshalb die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 und Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nicht vorliegen, hat das Sozialgericht mit Blick auf die Gesundheitsstörungen des Klägers auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Unter Einbeziehung der im Berufungsverfahren vorgelegten bzw. beigezogenen Entlassungsberichte sowie der vom Senat eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. Sch. vom 12.02.2009 und des auf Antrag des Klägers eingeholten orthopädischen-rheumatologisch-schmerztherapeutisch-psychosomatisch/psychotherapeutischen Gutachten von Dr. R. vom 21.09.2009 lässt sich ein auf weniger als sechs Stunden abgesunkenes zeitliches Leistungsvermögen in orthopädischer Hinsicht ebenfalls nicht feststellen. Insbesondere bedingten die im Wesentlichen mit früheren Begutachtungen übereinstimmenden, allerdings zunehmenden degenerativen Beeinträchtigungen der Hals- und Lendenwirbelsäule, der Schultergelenke, der Finger- und Daumengelenke, des rechten Hüftgelenks und der totalendoprothetisch versorgten Kniegelenke keine zeitliche Einschränkung, sondern lediglich die vom Sachverständigen angeführte qualitative Beschränkung auf leichte Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen mit Möglichkeiten zum Bewegungswechsel ohne vermehrte Greiffunktion an handwerklichen Geräten. Darauf, dass in der Vergangenheit ein Impingementsyndrom links diagnostiziert wurde (vgl. hierzu das von der LVA eingeholte Gutachten des Chirurgen und Allgemeinmediziners Dr. Sch. vom 31.03.2005 sowie das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. N. vom 05.09.2006), während bei der Untersuchung durch Dr. R. Schmerzen und Bewegungseinschränkungen des rechten Schultergelenks im Vordergrund standen, kommt es nicht an. Gleiches gilt angesichts der Ausgleichsmöglichkeit durch Hilfsmittel für den Beckenschiefstand.
Hinsichtlich der psychischen Beschwerden des Klägers und der damit im Zusammenhang stehenden Schmerzen gilt im Ergebnis nichts anderes. Denn angesichts der im Entlassungsbericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ch. vom 13.05.2009 mitgeteilten Befunde (wach und voll orientiert, Konzentration, Gedächtnis, Merkfähigkeit und Auffassung nicht beeinträchtigt, Stimmungslage gedrückt und dysphorisch, Ängste, vor allem vor Ablehnung durch die Mitmenschen, Grübelneigung und Selbstvorwürfe, Tendenz zu sozialem Rückzug und Antriebsminderung, geordneter formaler Gedankengang, keine inhaltlichen Denkstörungen, Störungen des Ich-Erlebens oder Wahrnehmungsstörungen) ist die Einschätzung von Dr. R., die psychische Störung schließe Akkordarbeiten oder Fließbandarbeiten sowie Tätigkeiten an gefährdenden Maschinen aus, schlüssig und nachvollziehbar. Eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit ergibt sich hieraus indes nicht. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Störungen des Konzentrationsvermögens nicht vorliegen.
Die Gesundheitsstörungen des Klägers auf internistischem Fachgebiet vermögen eine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit ebenfalls nicht zu begründen. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass sein Diabetes mellitus Typ II sowie die arterielle Hypertonie im Rahmen der Behandlung in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ch. ohne Weiteres diätetisch und medikamentös einstellbar waren.
Auswirkungen des Schlafapnoesyndroms liegen ausweislich der eigenen Angaben des Klägers gegenüber dem Neurologen und Psychiater Dr. W. am 23.03.2007 sowie gegenüber Dr. R. bei der Untersuchung am 16.09.2009 auf Grund einer seit Beginn der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bestehenden Versorgung mit einer Atemmaske nicht (mehr) vor.
Lässt sich nach alledem nicht feststellen, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf weniger als sechs Stunden je Arbeitstag abgesunken ist, so ist er nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Die oben angeführten qualitativen Einschränkungen, die hinsichtlich der verminderten Greiffähigkeit durch das beim Kläger wohl vorliegende, allerdings leichtgradige Karpaltunnelsyndrom (vgl. hierzu das Gutachten von Dr. W. vom 26.03.2007) bestätigt werden, begründen keine Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit. Insbesondere lässt sich nämlich aus seinen psychischen Beschwerden mit Rückzugtendenzen nicht ableiten, dass er gleichsam nur noch unter Ausschluss Dritter zu arbeiten vermag. Einer solchen Annahme steht bereits die Vielzahl der offenbar weitgehend problemlosen Behandlungskontakte des Klägers mit unterschiedlichen Personen entgegen.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI steht dem Kläger schließlich ebenfalls nicht zur Seite. Auch dies hat das Sozialgericht unter Zugrundelegung mangelnden Berufsschutzes zutreffend - und im Übrigen auch vom Kläger unwidersprochen - dargelegt; auch insoweit wird daher auf das angegriffene Urteil verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger erstrebt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im Jahre 1951 im damaligen J. geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger und schloss in seinem Heimatland eine Ausbildung zum qualifizierten Arbeiter im Fach Metallverarbeitung, Beruf Maschinenschlosser, ab. Seit dem Jahre 1973 lebt er im Bundesgebiet, wo er zuletzt bis November 2001 versicherungspflichtig beschäftigt war. Eigenen Angaben zufolge war er dabei zumindest die letzten 23 Monate als Maschinenbediener in einer Druckerei tätig. In der Folgezeit war der zunächst arbeitsunfähige und später arbeitslose Kläger nur noch in geringfügigem versicherungsfreiem Umfang erwerbstätig.
Beim Kläger bestehen im Wesentlichen ein Zustand nach totalendoprothetischer Versorgung des linken Kniegelenks im Juli 2003 und des rechten Kniegelenks im August 2005, Beschwerden der Hals- und Lendenwirbelsäule, Schulterbeschwerden, eine Fingerpolyarthrose beidseits, eine depressive Entwicklung bei chronischer Schmerzsymptomatik, ein rechtsbetontes Karpaltunnelsyndrom, eine Adipositas, eine arterielle Hypertonie, ein Diabetes mellitus Typ II, eine diabetische Nephropathie, eine kompensierte Niereninsuffizienz, eine Hyperlipidämie, eine chronische obstruktive Lungenerkrankung und ein Schlafapnoesyndrom.
Am 30.11.2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die LVA - die Rechtsvorgängerin der Beklagten - mit Bescheid vom 05.04.2005 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 zurück, da der Kläger noch in der Lage sei, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter verschiedenen qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Am 08.12.2005 erhob der Kläger beim Sozialgericht Ulm Klage. Wegen des Ergebnisses der Ermittlungen der LVA im Verwaltungsverfahren und des Sozialgerichts im Klageverfahren sowie des Vorbringens der Beteiligten und der von ihnen vorgelegten Unterlagen im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des klagabweisenden Urteils des Sozialgerichts Ulm vom 29.06.2007 verwiesen. Zur Begründung des Urteils ist im Wesentlichen ausgeführt, die orthopädischen Gesundheitsstörungen des Klägers schränkten sein Leistungsvermögen ausweislich der gerichtlich eingeholten Gutachten der Orthopädin Dr. N. und des Neurologen und Psychiaters Dr. W. unter Berücksichtigung seines extremen Übergewichts insoweit ein, dass er nur noch körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne Zwangshaltungen vollschichtig verrichten könne. Auf Grund des Gutachtens von Dr. W. stehe darüber hinaus fest, dass die psychischen Störungen ebenfalls nicht zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führten, sondern lediglich einen Ausschluss von Tätigkeiten unter Zeitdruck (Akkord-, Fließband- und Schichtarbeit) sowie Nachtarbeit zur Folge hätten. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens wegen der sozialrechtlichen Situation und dem Rentenrechtsstreit des Klägers rechtfertige die Gewährung von Rente nicht. Danach sowie in Ansehung seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit und der daraus folgenden Verweisbarkeit auf auch ungelernte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei der Kläger nicht erwerbsgemindert. Diese Entscheidung wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30.07.2007 zugestellt.
Am 13.08.2007 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei auf Grund seiner Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet nicht in der Lage mehr als drei Stunden täglich zu arbeiten. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass seine Erwerbsfähigkeit durch vielfältige Beschwerden und Funktionseinschränkungen gemindert sei. Dies gelte insbesondere für die eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit beider Hände sowie seine Knie- und Lumbalbeschwerden.
Der Senat hat den Entlassungsbericht der Fachklinik Psychiatrie/Psychotherapie U., Klinik Dr. Sch., vom 17.07.2007 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 24.05. bis zum 17.07.2007 (Einweisung wegen Angst-, Schlafstörung und Affektlabilität mit Klage über Suizidideen; im Verlauf der stationären Behandlung zwar Reduzierung der Symptomatik, jedoch wegen nicht abgeschlossenen Berentungsgesuchs keine Auflösung derselben zu erreichen) sowie den Entlassungsbericht des Rheumazentrums O. vom 08.05.2008 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 10.04. bis zum 24.04.2008 (Therapie wegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms vom Typ Fibromyalgie bzw. mit ausgeprägter somatoformer Komponente, im Vordergrund des Aufenthalts stehende vorbekannte Depression, Entlassung als arbeitsunfähig bei auf der visuellen Analogskala gleichgebliebenem Schmerz) beigezogen. Darüber hinaus hat der Kläger den Entlassungsbericht der F.klinik, Akutklinik für Rheumatologie, Bad B. vom 20.10.2008 über die stationäre Behandlung vom 23.09. bis zum 09.10.2008 (mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom/chronisches Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen vom Typ der Fibromyalgie, Besserung der Ganzkörperschmerzsymptomatik zum Ende des Aufenthalts) sowie den vorläufigen Entlassungsbericht vom 30.04.2009 und den endgültigen Entlassungsbericht vom 13.05.2009 der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ch., G. über die stationäre Behandlung des Klägers vom 17.03. bis zum 09.05.2009 (rezidivierende depressive Störung bei derzeit schwerer depressiver Episode mit ausgeprägten Somatisierungstendenzen, Normalisierung des HbA 1-Wertes und des Bluthochdrucks nach diätetischer Umstellung und Medikamentengabe) vorgelegt. Schließlich hat der Senat die schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Facharztes für Psychiatrie Dr. Sch. vom 12.02.2009 (mittelschwere bis schwere chronifizierte depressive Störung mit Angstzuständen und Schlafstörungen, Schmerzstörung, zusätzlich massive orthopädische Erkrankungen und internistische Erkrankungen; auch aus psychiatrischer Sicht keine Belastbarkeit von drei Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gegeben) sowie auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie, Rheumatologie, Sportmedizin, spezielle Schmerztherapie und für psychotherapeutische Medizin Dr. R. vom 21.09.2009 (chronisch rezidivierende Zervikobrachialgie, Impingementsymptomatik rechts des Schultergelenks, geringgradige Polyarthrose beider Hände, Verdacht auf Karpaltunnelsyndrom links, rezidivierende Lumbalgie, initiale Arthrose des rechten Hüftgelenks, Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks, Beckentiefstand rechts, somatoforme Schmerzstörung, Angst- und depressive Störung, Adipositas per magna; leichte Tätigkeiten im Sitzen mit Möglichkeiten zum Bewegungswechsel ohne vermehrtes Treppensteigen, ohne Tätigkeiten mit vermehrter Greiffunktion an handwerklichen Geräten, ohne Akkord- oder Fließbandarbeit, nicht an gefährdenden Maschinen und unter Witterungseinflüssen mindestens sechs Stunden täglich möglich) eingeholt.
Der Kläger ist unter Hinweis auf den Entlassungsbericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ch. vom 13.05.2009 der Auffassung, ihm sei eine Tätigkeit von über sechs Stunden nicht mehr möglich. Darüber hinaus könne er auf Grund seiner psychischen Beschwerden keine Tätigkeiten ausüben, die Kontakt zu anderen Personen erforderten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29.06.2007 sowie den Bescheid der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg vom 05.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.11.2004 Rente wegen voller, bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf dem Senat vorgelegte sozialmedizinische Stellungnahmen des Internisten Dr. B. vom 19.10.2007, 28.11.2007, 19.06.2008 und 16.01.2009, der sich der Leistungsbeurteilung von Dr. R. angeschlossen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Ulm sowie die beigezogenen Renten- und Rehaakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der LVA vom 05.04.2005 und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17.11.2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Dass und weshalb die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 und Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nicht vorliegen, hat das Sozialgericht mit Blick auf die Gesundheitsstörungen des Klägers auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Unter Einbeziehung der im Berufungsverfahren vorgelegten bzw. beigezogenen Entlassungsberichte sowie der vom Senat eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. Sch. vom 12.02.2009 und des auf Antrag des Klägers eingeholten orthopädischen-rheumatologisch-schmerztherapeutisch-psychosomatisch/psychotherapeutischen Gutachten von Dr. R. vom 21.09.2009 lässt sich ein auf weniger als sechs Stunden abgesunkenes zeitliches Leistungsvermögen in orthopädischer Hinsicht ebenfalls nicht feststellen. Insbesondere bedingten die im Wesentlichen mit früheren Begutachtungen übereinstimmenden, allerdings zunehmenden degenerativen Beeinträchtigungen der Hals- und Lendenwirbelsäule, der Schultergelenke, der Finger- und Daumengelenke, des rechten Hüftgelenks und der totalendoprothetisch versorgten Kniegelenke keine zeitliche Einschränkung, sondern lediglich die vom Sachverständigen angeführte qualitative Beschränkung auf leichte Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen mit Möglichkeiten zum Bewegungswechsel ohne vermehrte Greiffunktion an handwerklichen Geräten. Darauf, dass in der Vergangenheit ein Impingementsyndrom links diagnostiziert wurde (vgl. hierzu das von der LVA eingeholte Gutachten des Chirurgen und Allgemeinmediziners Dr. Sch. vom 31.03.2005 sowie das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. N. vom 05.09.2006), während bei der Untersuchung durch Dr. R. Schmerzen und Bewegungseinschränkungen des rechten Schultergelenks im Vordergrund standen, kommt es nicht an. Gleiches gilt angesichts der Ausgleichsmöglichkeit durch Hilfsmittel für den Beckenschiefstand.
Hinsichtlich der psychischen Beschwerden des Klägers und der damit im Zusammenhang stehenden Schmerzen gilt im Ergebnis nichts anderes. Denn angesichts der im Entlassungsbericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ch. vom 13.05.2009 mitgeteilten Befunde (wach und voll orientiert, Konzentration, Gedächtnis, Merkfähigkeit und Auffassung nicht beeinträchtigt, Stimmungslage gedrückt und dysphorisch, Ängste, vor allem vor Ablehnung durch die Mitmenschen, Grübelneigung und Selbstvorwürfe, Tendenz zu sozialem Rückzug und Antriebsminderung, geordneter formaler Gedankengang, keine inhaltlichen Denkstörungen, Störungen des Ich-Erlebens oder Wahrnehmungsstörungen) ist die Einschätzung von Dr. R., die psychische Störung schließe Akkordarbeiten oder Fließbandarbeiten sowie Tätigkeiten an gefährdenden Maschinen aus, schlüssig und nachvollziehbar. Eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit ergibt sich hieraus indes nicht. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Störungen des Konzentrationsvermögens nicht vorliegen.
Die Gesundheitsstörungen des Klägers auf internistischem Fachgebiet vermögen eine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit ebenfalls nicht zu begründen. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass sein Diabetes mellitus Typ II sowie die arterielle Hypertonie im Rahmen der Behandlung in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ch. ohne Weiteres diätetisch und medikamentös einstellbar waren.
Auswirkungen des Schlafapnoesyndroms liegen ausweislich der eigenen Angaben des Klägers gegenüber dem Neurologen und Psychiater Dr. W. am 23.03.2007 sowie gegenüber Dr. R. bei der Untersuchung am 16.09.2009 auf Grund einer seit Beginn der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bestehenden Versorgung mit einer Atemmaske nicht (mehr) vor.
Lässt sich nach alledem nicht feststellen, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf weniger als sechs Stunden je Arbeitstag abgesunken ist, so ist er nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Die oben angeführten qualitativen Einschränkungen, die hinsichtlich der verminderten Greiffähigkeit durch das beim Kläger wohl vorliegende, allerdings leichtgradige Karpaltunnelsyndrom (vgl. hierzu das Gutachten von Dr. W. vom 26.03.2007) bestätigt werden, begründen keine Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit. Insbesondere lässt sich nämlich aus seinen psychischen Beschwerden mit Rückzugtendenzen nicht ableiten, dass er gleichsam nur noch unter Ausschluss Dritter zu arbeiten vermag. Einer solchen Annahme steht bereits die Vielzahl der offenbar weitgehend problemlosen Behandlungskontakte des Klägers mit unterschiedlichen Personen entgegen.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI steht dem Kläger schließlich ebenfalls nicht zur Seite. Auch dies hat das Sozialgericht unter Zugrundelegung mangelnden Berufsschutzes zutreffend - und im Übrigen auch vom Kläger unwidersprochen - dargelegt; auch insoweit wird daher auf das angegriffene Urteil verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved