S 12 KA 394/19

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12.
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 394/19
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 57/20
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze

Ein Nachweis über eine Teilnahme an einem Modul des Curriculums Kognitive Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie genügt nicht zum Nachweis der Qualifikation für die Durchführung und Abrechnung von ambulanter neuropsychologischer Diagnostik und Therapie nach § 6 Abs. 2 der Anlage II Nr. 19 Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung.

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung neuropsychologischer Leistungen.

Der Kläger ist seit 01.01.2005 als Facharzt für Neurologie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

Der Kläger beantragte am 13.10.2015 die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung der Leistungen des Abschnitts 30.11, Kapitel 30 EBM (GOP 30930 bis 30935 EBM, Neuropsychologische Behandlung). Er reichte eine Teilnahmebescheinigung vom 01.10.2015 an einem Modul des Curriculums Kognitive Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie ein.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 05.02.2018 den Antrag wegen fehlender Nachweise der fachlichen Qualifikation ab.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 04.03.2018 Widerspruch ein. Zur Begründung seines Widerspruchs führte er aus, die Beklagte habe nicht geprüft, welche Inhalte der Zusatzqualifikation im Einzelnen fehlten, sondern es sei nur pauschal auf die entsprechende Muster-Weiterbildungsordnung zum Neuropsychologen für Psychologen verwiesen worden. Die Muster-Weiterbildungsordnung sei für Psychologen und nicht für Ärzte entwickelt worden. Als Facharzt für Neurologie bestünden schon besondere Kenntnisse von neuropsychologischen Krankheitsbildern, die durch die Facharztweiterbildung, das Studium der Medizin und weitere Zusatzqualifikation erworben werde. Somit sei die Qualifikation des Facharztes für Neurologie nicht gleichzusetzen mit der Qualifikation eines Psychologen, der keine entsprechenden klinischen Kenntnisse habe und somit die vollständige Muster-Weiterbildungsordnung für Neuropsychologie absolvieren müsse, um die notwendigen Kenntnisse nachzuweisen.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2019, dem Kläger am 07.11.2019 mit Postzustellungsurkunde zugestellt, den Widerspruch als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen führte sie aus, es müsse nach der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung, Anlage I, Nr. 19 (Neuropsychologische Therapie) eine neuropsychologische Zusatzqualifikation nachgewiesen werden, die inhaltsgleich oder gleichwertig der jeweiligen Zusatzbezeichnung für Neuropsychologie gemäß der Weiterbildungsordnung der Landespsychotherapeutenkammern sei. Bereits aus dieser Systematik folge, dass allein die Weiterbildung des Klägers zum Facharzt für Neurologie als Nachweis für die zweite Voraussetzung (neuropsychologische Zusatzqualifikation) nicht ausreichend sei. Die Weiterbildungsordnung der Landeskammer für Psychologische Psychotherapeuten führe unter dem Abschnitt B (Bereiche), Klinische Neuropsychologie, Punkt 4 die Bestandteile der Weiterbildung sowie Weiterbildungszeiten, unter Punkt 5 detailliert die Weiterbildungsinhalte auf. Eine neuropsychologische Zusatzqualifikation sei inhaltsgleich oder gleichwertig mit der Zusatzbezeichnung für Neuropsychologie nach der Weiterbildungsordnung der Psychotherapeuten, wenn die Weiterbildungsinhalte und der Weiterbildungsumfang inhaltsgleich oder gleichwertig seien. Die Weiterbildungsinhalte gliederten sich in eine theoretische Weiterbildung von mindestens 400 Stunden (Punkt 5.1 WBO-PT, Punkt 4 WBO-PT), eine klinische Tätigkeit von zwei Jahren (Punkt 5.2 WBO, Punkt 4 WBO-PT) und mindestens 100 Stunden fallbezogene Supervision (Punkt 5.3 WBO-PT, Punkt 4 WBO-PT). Diese Anforderungen habe der Kläger weder durch das Führen seines Facharzttitels Facharzt für Neurologie noch durch die Teilnahmebescheinigung über das Curriculum "Kognitive Neurologie" vom 01.10.2015 nachgewiesen. Soweit er sich darauf berufe, Weiterbildungsinhalte der Neuropsychologie hätte er bereits im Rahmen seines Medizinstudiums sowie im Rahmen der Facharztweiterbildung abgeleistet, müsse er entsprechende Nachweise vorlegen (z. B. Weiterbildungszeugnisse, aus denen sich Inhalt und Umfang der Tätigkeiten und erworbenen Kenntnisse ergäben).

Hiergegen hat der Kläger am 05.12.2019 die Klage erhoben. Ergänzend zu seinen Ausführungen im Verwaltungsverfahren trägt er vor, das Curriculum kognitive Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie umfasse sieben Fortbildungsmodule, die Fortbildung dauere drei Jahre, pro Jahr könnten nur zwei Fortbildungsmodule absolviert werden. Es beinhalte die Module 1. Grundlagen-Methoden, 2. Wahrnehmung und Orientierung im Raum, 3. Aufmerksamkeit und Gedächtnis, 4. Sprache und Sprechen, 5. Qualitative und quantitative Bewusstseinsstörungen: Koma, Delir, Psychosen, 6. Planen und Handeln, Affektivität und 7. Alter und Demenzen. Eine andere neuropsychologische Zusatzqualifikation speziell für Ärzte werde in Deutschland nicht angeboten. Der Verweis auf die Fortbildung Neuropsychologie für Psychotherapeuten und Psychologen schließe Ärzte faktisch von der Möglichkeit der neuropsychologischen Therapie aus. Dies widerspreche der Richtlinie und der Intention des Gemeinsamen Bundesausschusses. Die Weiterbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer regele umfassend die Bestandteile der Weiterbildung und Weiterbildungszeit. Kern der neuropsychologischen Therapie seien hirnorganische Erkrankungen. Hirnorganische Krankheiten seien neurologische Krankheiten, mit denen der Neurologe während der Ausbildung und beruflichen Tätigkeit laufend konfrontiert sei. Er behandle eine Vielzahl von Patienten mit Hirnschädigungen, insb. nach einem Schlaganfall. Vor allem bei jüngeren Patienten, die wieder in den Beruf zurückkehren wollten, sei eine neuropsychologische Therapie erforderlich. Auch Patienten mit Multipler Sklerose bedürften dieser Therapie. Dies zeige einen Bedarf an neuropsychologischer Therapie. Die Richtlinie führe nicht aus, was eine inhaltsgleiche Qualifikation bedeute. Die für Psychotherapeuten geforderte Weiterbildung werde vollständig während des Medizinstudiums und der Facharztausbildung erlernt. Aufgrund seiner eigenen Ausbildung erfülle er die inhaltsgleichen Anforderungen.

Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 05.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 30.10.2019 die Beklagte zu verurteilen, ihm die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung der Leistungen des Abschnitts 30.11, Kapitel 30 EBM (GOP 30930 bis 30935 EBM, Neuropsychologische Behandlung) zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, die Richtlinie verlange zusätzlich zum Facharzttitel Neurologie eine neuropsychologische Zusatzqualifikation, die inhaltsgleich oder gleichwertig mit der Zusatzbezeichnung Neuropsychologie gemäß der Weiterbildungsordnung der Landespsychotherapeutenkammer sei. Aus dem Vortrag des Klägers gehe weder hervor, welche Dauer die einzelnen Module hätten noch welchen konkreten Fortbildungsinhalt. So könne der Teilnahmebescheinigung insb. nicht entnommen werden, ob die oben dargestellten erforderlichen theoretischen Kenntnisse in der allgemeinen und speziellen Neuropsychologie vorlägen. Zudem sei nicht ersichtlich, ob mindestens 400 Stunden Theorie abgeleistet worden seien. Dies sei zumindest dann nicht der Fall, wenn jedes der sieben Module — wie für das Modul 4 dargestellt — nur einen Tag umfasse, ebenso ergebe sich aus dem Nachweis weder das Vorliegen der zweijährigen klinischen Tätigkeit nach Abschnitt B, Nr. 5.2 und 4 der Weiterbildungsordnung noch der mindestens 100 Stunden fallbezogenen Supervisionen nach Abschnitt B, Nr. 5.3 und 4 der Weiterbildungsordnung oder das Vorliegen von inhaltsgleichen oder gleichwertigen Qualifikationen. § 6 Abs. 2 der Anlage I Nr. 10 der MVV-RL schreibe vor, dass zur neuropsychologischen Diagnostik und -therapie u. a. ein Facharzt für Neurologie mit neuropsychologischer Zusatzqualifikation inhaltsgleich oder gleichwertig der jeweiligen Zusatzbezeichnung für Neuropsychologie gemäß der Weiterbildungsordnung der Psychotherapeutenkammern berechtigt sei. Im Rahmen der Weiterbildung zum Facharzt für Neurologie erworbene Kenntnisse und praktische Erfahrungen allein genügten damit nicht zur Erteilung der Genehmigung. Ein Bedarf an bestimmten Leistungen dürfe nicht zum Umgehen von Qualitätssicherungsbestimmungen führen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 19.08.2020 angehört.

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 05.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 30.10.2019 ist rechtmäßig. Er war nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung der Leistungen des Abschnitts 30.11, Kapitel 30 EBM (GOP 30930 bis 30935 EBM, Neuropsychologische Behandlung). Die Klage war daher abzuweisen.

Anspruchsgrundlage für eine Erteilung der strittigen Genehmigung ist § 3 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 2 der Anlage II Nr. 19 (Neuropsychologische Therapie) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) in der Fassung vom 17. Januar 2006, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 48 (S. 1523) vom 9. März 2006, in Kraft getreten am 1. April 2006, zuletzt geändert am 19. Dezember 2019, veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz AT 14.04.2020 B5), in Kraft getreten am 15. April 2020 (zitiert nach www.g-ba.de) (im Folgenden: MVV-RL).

Der Kläger hat nicht die geforderte fachliche Qualifikation nachgewiesen. Insbesondere folgt aus seiner ärztlichen Qualifikation nicht, dass geringere Nachweisanforderungen gelten.

Nach § 3 MVV-RL ist die Durchführung und Abrechnung von ambulanter neuropsychologischer Diagnostik und Therapie im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erst nach Erteilung der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung zulässig. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die in § 6 Absatz 2 genannten fachlichen Anforderungen erfüllt werden und dies gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachgewiesen wird. Nach § 6 Abs. 2 MVV-RL sind zur neuropsychologischen Diagnostik gemäß § 5 Absatz 3 und zur neuropsychologischen Therapie gemäß § 7 berechtigt:
1. Fachärztinnen und Fachärzte gemäß Absatz 1,
2. ärztliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit fachlicher Befähigung in einem Verfahren nach § 13 der Psychotherapie Richtlinie,
3. Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit fachlicher Befähigung in einem Verfahren nach § 13 der Psychotherapie-Richtlinie,
4. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten mit fachlicher Befähigung in einem Verfahren nach § 13 der Psychotherapie-Richtlinie,
jeweils mit neuropsychologischer Zusatzqualifikation inhaltsgleich oder gleichwertig der jeweiligen Zusatzbezeichnung für Neuropsychologie gemäß Weiterbildungsordnung der Landespsychotherapeutenkammern oder, soweit eine solche nicht besteht, gemäß der Muster-Weiterbildungsordnung der Bundespsychotherapeutenkammer.

Fachärzte gemäß § 6 Abs. 1 MVV-RL sind Fachärztinnen und Fachärzte für Neurologie, Nervenheilkunde, Psychiatrie, Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Neuropädiatrie, Neurochirurgie und Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie.

Die neuropsychologische Diagnostik und Therapie dient der Feststellung und Behandlung von hirnorganisch verursachten Störungen geistiger (kognitiver) Funktionen, des emotionalen Erlebens, des Verhaltens und der Krankheitsverarbeitung sowie der damit verbundenen Störungen psychosozialer Beziehungen. Ziel ist es, die aus einer Schädigung oder Erkrankung des Gehirns resultierenden und krankheitswertigen kognitiven, emotionalen und motivationalen Störungen sowie die daraus folgenden psychosozialen Beeinträchtigungen und Aktivitätseinschränkungen der Patientin oder des Patienten zu erkennen und zu heilen oder zu lindern. Dabei ist beim Fortbestehen von vorgenannten krankheitswertigen Störungen nach stationärer Akut- oder Rehabilitationsbehandlung eine zeitnahe ambulante Weiterbehandlung wünschenswert. Damit sollen die Chancen auf einen größtmöglichen Therapieerfolg bei gestörten höheren Hirnleistungsfunktionen besser als bisher genutzt werden. Die neuropsychologische Therapie wird bei diesen Patienten oft bereits während der stationären Akutphase eingeleitet und kann ambulant fortgesetzt werden (§ 1). Die ambulante neuropsychologische Therapie umfasst Diagnostik und Therapie von geistigen (kognitiven) und seelischen (emotional-affektiven) Störungen, Schädigungen und Behinderungen nach erworbener Hirnschädigung oder Hirnerkrankung unter Berücksichtigung der individuellen physischen und psychischen Ressourcen, der biographischen Bezüge, der interpersonalen Beziehungen, der sozialen und beruflichen Anforderungen sowie der inneren Kontextfaktoren (z. B. Antrieb, Motivation, Anpassungsfähigkeit) (§ 2).

Anlage II Nr. 19 wurde durch Beschluss des GBA vom 24.11.2011, BAnz. Nr. 31 (S. 747) vom 23.02.2012, eingefügt. Der GBA ist dabei nicht dem Änderungsvorschlag der Bundesärztekammer gefolgt, für Ärzte von einer neuropsychologischen Zusatzqualifikation abzusehen und eine solche nur für Psychologische Psychotherapeuten vorzusehen, weil auch Fachärzte sowie ärztliche Psychotherapeuten zur spezifischen neuropsychologischen Diagnostik und Therapie eine zusätzliche, spezifische Weiterbildung in Neuropsychologie benötigten, da eine solche nicht in den Facharztausbildungen und Psychotherapieweiterbildungen enthalten seien (vgl. Tragende Gründe zum Beschluss vom 24.11.2011, Seite 10, www.g-ba.de).

Das Bundesministerium für Gesundheit beanstandete mit Schreiben vom 30.01.2012 (zitiert nach www.g-ba.de) den Beschluss nicht, bat aber den GBA um Prüfung, ob die medizinisch notwendige Versorgung der betroffenen Versicherten mit dem in § 6 Abs. 2 festgelegten Kreis von Leistungserbringern zeitnah gewährleistet werden könne. In diesem Zusammenhang werde insb. auch um Darstellung der Gründe für die Zuordnung der neuropsychologischen Therapie zu den vertragsärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Leistungen und die Festlegung des Leistungserbringerkreises gebeten. Sofern und solange nicht genügend Leistungserbringer nach den Vorgaben des Richtlinienbeschlusses zur Verfügung stünden, um die medizinisch notwendige Versorgung der betroffenen Versicherten sicherzustellen, gehe das Bundesministerium für Gesundheit davon aus, dass im Wege einer möglichst bürokratiearmen Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V auch weitere qualifizierte Personen mit neuropsychologischer Ausbildung in die Leistungserbringung in der GKV einbezogen werden könnten, soweit diese insb. nach den berufsrechtlichen Vorgaben grundsätzlich zur Durchführung von neuropsychologischen Leistungen berechtigt seien. Der GBA wies darauf hin, dass die neuropsychologische Diagnostik und Therapie derzeit nicht regelhafter Bestandteil der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten sowie in der Facharztweiterbildung der in § 6 Abs. 2 MVV-RL festgelegten Leistungserbringer sei, weshalb es zur Sicherstellung der fachlichen Qualifikation erforderlich gewesen sei, eine spezifische Weiterbildung in neuropsychologischer Therapie zu fordern (Schreiben vom 26.07.2012, Seite 3, zitiert nach www.g-ba.de). Im Schreiben vom 28.09.2012 (zitiert nach www.g-ba.de) wies das Bundesministerium für Gesundheit darauf hin, für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V kämen insb. approbierte Psychotherapeuten mit neuropsychologischer Zusatzqualifikation, die nicht die für eine Zulassung in der GKV erforderliche Fachkunde in einem vom GBA anerkannten Richtlinienverfahren aufwiesen sowie Psychologen mit neuropsychologischer Zusatzqualifikation, soweit sie zur Ausübung von Heilkunde berechtigt seien.

Die Genehmigungsvoraussetzungen sind nicht zu beanstanden.

Die grundsätzliche Berechtigung des GBA, Qualitätsvorgaben als Voraussetzung für die Durchführung und Abrechnung von Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu bestimmen, folgt aus § 135 Abs. 1 SGB V.

Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über
1. die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2. die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3. die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V).

Aus § 135 Abs. 1 SGB V folgt, dass der GBA im Interesse der sachgerechten Anwendung der neuen Methode gleichzeitig mit der Methodenanerkennung die Qualifikationsvoraussetzungen festzulegen hat. Beide Entscheidungen bilden eine Einheit und ergehen in der Form einer - gemäß § 91 Abs. 6 SGB V auch für Versicherte und Leistungserbringer verbindlichen - Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, Nr. 13 SGB V. Dass die Anerkennung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch den GBA in § 135 Abs. 1 SGB V als "Empfehlung" bezeichnet wird, ändert nichts an deren Verbindlichkeit (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 38/12 R - BSGE 115, 131 = SozR 4-2500 § 135 Nr. 20, juris Rdnr. 26).

Dem GBA kommt bei der Festsetzung der Qualifikationsvoraussetzungen ein Gestaltungsspielraum zu. Soweit der GBA in seinen Tragenden Gründen zum Beschluss darauf hinweist, dass die neuropsychologische Diagnostik und Therapie bisher nicht regelhafter Bestandteil der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten sowie in der Facharztweiterbildung war, konnte er Anforderungen an eine neuropsychologische Zusatzqualifikation aufstellen. Auch ist nicht zu beanstanden, dass der GBA an die Zusatzbezeichnung für Neuropsychologie gemäß der Weiterbildungsordnung der Landespsychotherapeutenkammern anknüpft. Insofern handelt es sich auch entwicklungsgeschichtlich um einen Leistungsbereich, der herkömmlich von Psychologen bzw. Psychologischen Psychotherapeuten abgedeckt wurde und wird.

Nach der Weiterbildungsordnung der Landeskammer für Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten Hessen in der Fassung der Änderung vom 18. März 2016, Abschnitt B: Bereich Klinische Neuropsychologie (zitiert nach: https://lppkjp.de/wp-content/uploads/2016/11/WBO 2016.pdf) (im Folgenden: WBO-P) sind Bestandteile der Weiterbildung und Weiterbildungszeit
• Zwei Jahre klinische Tätigkeit in Vollzeittätigkeit oder in Teilzeittätigkeit entsprechend längerer Dauer auf Weiterbildungsstellen für Klinische Neuropsychologie oder klinischen Stellen. Davon ist mindestens ein Jahr in zur Weiterbildung zugelassenen stationären Einrichtungen der Neurologie oder Neurologischen Rehabilitation abzuleisten. Bis zu einem Jahr kann in einer zur Weiterbildung zugelassenen Praxis oder Ambulanz abgeleistet werden.
• Mindestens 100 Stunden fallbezogene Supervision durch zur Weiterbildung befugte Supervisoren.
• Mindestens 400 Stunden Theorie; davon mindestens 200 Unterrichtsstunden in externen, zur theoretischen Weiterbildung zugelassenen Weiterbildungsstätten außerhalb der stationären oder ambulanten Einrichtung, in der die klinische Tätigkeit absolviert wird (Nr. 4 WBO-P).

Der vom Kläger vorgelegte Nachweis über eine Teilnahme an einem Modul des Curriculums Kognitive Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie genügt bereits vom Umfang her nicht annähernd den Anforderungen der WBO-P bzw. ist nicht geeignet, eine entsprechende neuropsychologischer Zusatzqualifikation zu belegen. Das Modul des Curriculums Kognitive Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie ist eine berufsbegleitende Qualifikation über drei Jahre. Es findet an zwei Tagen pro Jahr statt, beinhaltet damit ca. 48 Fortbildungsstunden. Der Kläger hat nicht dargelegt, inwieweit die fachärztliche Qualifikation die Lücke zu den Anforderungen der WBO-P schließen könnte. Insb. aber fehlt es an jeglichem Nachweis zu einer fallbezogenen Supervision, worauf die Beklagte zutreffend hinweist.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Für eine Genehmigung ist vom Regelstreitwert auszugehen. Dies ergab den festgesetzten Streitwert.

Rechtskraft
Aus
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