S 12 KA 138/20

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 138/20
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Ein Dentallabor hat auch aus abgetretenem Recht des Vertragszahnarztes kein Anspruch gegenüber einer Kassenzahnärztlichen Vereinigung, wenn es bereits an einer Honorarfestsetzung fehlt oder Aufrechnungsansprüche aus Regressfestsetzungen bestehen.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 79.095,38 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Geltendmachung der Vergütung des Vertragszahnarztes D. D. aus abgetretenem Recht in Höhe von 79.095,38 EUR.

Der Zahnarzt D. D. war seit 01.04.1999 zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in D-Stadt zugelassen. Im Juli 2015 stellte die Beklagte beim Zulassungsausschuss für Zahnärzte den Antrag, dem Zahnarzt D. die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung zu entziehen. Zur Begründung ihres Antrags wies sie auf eine beigefügte Strafanzeige ihres Vorstands wegen des Verdachts auf einen fortgesetzten Abrechnungsbetrug in einem besonders schweren Fall hin. Im Anschluss von Durchsuchungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft habe der Kläger ihr gegenüber mit Schreiben vom 19.06.2015 eingeräumt, dass es zu einem Schaden in den Jahren 2014 und 2015 im Bereich des Zahnersatzes in Höhe von 469.592,96 EUR gekommen sei. In einer E-Mail an sie habe der Kläger ferner eingeräumt, dass es auch im Bereich der konservierenden-chirurgischen Leistungen/Begleitleistungen, KB und PAR zu Schäden gekommen sei, im Bereich KB zu einem Schaden in Höhe von 47.711,37 EUR und im Bereich PAR von 104.685,25 EUR. Der Zulassungsausschuss entzog dem Kläger mit Beschluss vom 02.09.2015 die Zulassung wegen gröblicher Pflichtverletzung gem. § 27 Satz 2 Ärzte-ZV in Verbindung mit § 95 Abs. 6 SGB V. Der Widerspruch des Zahnarztes blieb erfolglos. Die hiergegen am 23.12.2015 erhobene Klage vor der Kammer zum Az.: S 12 KA 827/15 nahm der Zahnarzt am 07.09.2016 zurück. Gegenüber dem Zahnarzt D., wurde das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 13.03.2016 zunächst in der Form der "vorläufigen Verwaltung" über das Vermögen angeordnet und schließlich am 01.06.2016 das Insolvenzverfahren in Gänze eröffnet. Ein Ermittlungsverfahren der Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen gegen den Zahnarzt D. aufgrund einer Anzeige der Klägerin wurde mit staatsanwaltlicher Verfügung vom 01.03.2019 gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt.

Die Klägerin betreibt in A-Stadt ein Dentallabor und erbringt neben kombiniertem und Implantat getragenem Zahnersatz auch weitergehend alle erforderlichen zahntechnischen Leistungen für mit ihr in Kooperation stehender Zahnärzte. Für den Rechnungszeitraum der Monate Juni bis August 2015 erbrachte die Klägerin zahntechnische Leistungen im Auftrag des Zahnarztes D. D., für die sie ihm Kosten in Höhe von 79.095,38 EUR in Rechnung stellte. Die Realisierung dieser Forderung blieb erfolglos.

Der Zahnarzt D. erklärte unter Datum vom 01.09.2015 gegenüber der Beklagten (Eingang am 01.09.2015), er trete seine Ansprüche ihr gegenüber in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von insgesamt 79.095,38 EUR an die Klägerin zur Sicherung von deren Laborrechnungen für die Monate Mai bis August 2015 ab. Er bitte höflich, Zahlungen in dieser Höhe nur noch an die Klägerin auf deren Konto bei der Sparkasse A Stadt, IBAN xxxxx1 vornehmen zu wollen.

Zwischen den Beteiligten entspann sich seit August 2015 ein Schriftwechsel über die Wirksamkeit der Abtretung und der Zahlungsverpflichtung der Beklagten. Die Beklagte wies auch bereits im Oktober 2015 darauf hin, z. Z. sei davon auszugehen, dass der Zahnarzt D. keine ordnungsgemäßen Honorarforderungen erworben habe. Der Schriftwechsel erstreckte sich auch über die Frage, ob der von der Klägerin gelieferte Zahnersatz ordnungsgemäß eingegliedert worden sei, da nach Aussage der Beklagten der Zahnarzt D. angegeben hatte, er habe den Zahnersatz im Eigenlabor angefertigt.

Die Klägerin hat am 12.02.2020 die Klage über das SG Frankfurt a. M. erhoben, das mit Beschl. v. 02.03.2020 - S 1 SV 9/20 - den Rechtsstreit an das SG Marburg verwiesen hat.

Die Klägerin trägt vor, ein Zahlungsanspruch bestehe auf Grundlage der Rechnungslegung für den Zeitraum Mai 2015 bis August 2015 in Höhe von 79.095,38 EUR. Wegen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegenüber dem Zahnarzt D. habe die Beklagte mit Verwaltungsakt die geltend gemachten Forderungen des Zahnarztes zumindest in Höhe von 99.150,00 EUR einbehalten und sich insofern auf ihr satzungsgemäßes Zurückbehaltungsrecht berufen, weswegen die Beklagte auch über den hier streitgegenständlichen Forderungsbetrag bereichert sei. Die Beklagte sei aus abgetretenem Recht zur Zahlung der Rechnungen für die erbrachten Leistungen verpflichtet, wie sich zunächst aus § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V entnehmen lasse. Soweit die Beklagte bereits den Primäranspruch des Zahnarztes D. mit Verweis auf ihre Satzung (dort: § 15 Ziffer 5) negiere, wonach sie nicht verpflichtet sei, die Forderung aus einer Teilabtretung anzuerkennen, stehe dem die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 06.06.2019 - IX ZR 272/17) entgegen. Der Zahnarzt D. habe auch erklärt, die zahntechnischen Leistungen vollständig und umfänglich verarbeitet zu haben; die Beklagte könne sich nicht auf § 20 Ziffer 1 ihrer Satzung berufen. Spätestens mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft Frankfurt vom Frühjahr 2019 werde deutlich, dass ein strafrechtlich relevantes Verhalten bei dem Zahnarzt D. nicht nachgewiesen werden könne. Der Insolvenzverwalter E. E. habe sie selber "expressis verbis" aufgefordert, die entstandenen Zahlungsansprüche unmittelbar mit der Beklagten abzurechnen. Im Schreiben vom 14.11.2017 habe er dargelegt, dass es ihr "unbenommen sei, sich unter Darlegung von Ansprüchen aus abgetretenem Recht direkt mit der KZV Hessen auseinanderzusetzen". Es sei bereits fraglich, ob es sich lediglich um eine "Teilabtretung" handele, weil Gegenstand dieses Rechtsgeschäftes nur die werkvertraglich geschuldeten Leistungen der Klägerin geworden sei. Mit der Klage würden ausschließlich nur die Leistungen der Klägerin an Herrn D. wegen Fertigung des vertragsmäßig geschuldeten Zahnersatzes begehrt. Die Satzungsvorschrift beinhalte kein Abtretungsverbot. Nach ihr sei die Beklagte nicht verpflichtet, Teilabtretungen von Vergütungsansprüchen anzuerkennen. Dem sei im Gegenschluss zu entnehmen, dass grundsätzlich eine Berechtigung bestehe, Teilabtretungen anzuerkennen. Ein Abtretungsverbot wäre sittenwidrig, da die Zahnärzte regelmäßig zu Refinanzierungszwecken ihre Vergütungsansprüche an Banken und/oder im Wege des verlängerten Eigentumsvorbehalts an Lieferanten abtreten würden, ohne dass sie Kenntnis vom § 15 Abs. 5 der Satzung hätten. Die Zahnärzte würden damit zum Vertragsbruch, mithin zum Kreditbetrug angestiftet werden. Zu ihren Gunsten bestehe zudem ein Aussonderungsrecht gegenüber dem Insolvenzverwalter. Es sei ein "verlängerter Eigentumsvorbehalt" vereinbart worden. Nach Ziffer 9.2 ihrer AGB sei zudem eine Abtretung der Forderungen des Auftraggebers an die Auftragsnehmerin vereinbart worden. Ein Abtretungsverbot verletze sie in ihren Grundrechten aus Art. 12 und 14 GG. Sie mache keinen Honoraranspruch geltend, sondern ausschließlich die Vergütung für die von ihr erbrachten prothetischen Leistungen.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 79.095,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten hieraus seit dem 16.12.2017 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, sie sei für die Klägerin nicht die richtige Klagegegnerin, da über das Vermögen des Zahnarztes D. das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Gem. § 166 Abs. 2 InsO gehöre die abgetretene Forderung zur Insolvenzasse, sodass diese vom Insolvenzverwalter einzuziehen sei. Der Zessionar habe dann gem. § 51 Nr. 1 InsO lediglich ein Recht auf abgesonderte Befriedigung. Durch den Übergang der Einziehungsbefugnis auf den Verwalter nach § 166 Abs. 2 InsO verliere zugleich der Sicherungszessionar die Einziehungsbefugnis hinsichtlich der ihm abgetretenen Forderung. Der Schuldner der abgetretenen Forderung könne dann nicht mehr schuldbefreiend an den Sicherungszessionar leisten, wenn er von dem Insolvenzverfahren Kenntnis habe, da dem Insolvenzverwalter das alleinige Verwertungsrecht zustehe. Zwar sei der Insolvenzverwalter gem. § 170 Abs. 2 InsO auch berechtigt, die Forderung dem absonderungsberechtigten Gläubiger zur Verwertung zu überlassen. Das Schreiben des Insolvenzverwalters E. E. liege ihr nunmehr vor. Er habe danach die Forderungen der Klägerin bereits im Januar 2017 zur Tabelle festgestellt. Erst anschließend erfolge der Hinweis, dass es der Klägerin unbenommen bleibe, sich direkt an sie, die Beklagte zu wenden. Darüber hinaus sei die Abtretung zwischen der Klägerin und dem Zahnarzt D. materiell-rechtlich schon nicht wirksam zustande gekommen. Nach § 15 Abs. 5 ihrer Satzung vom 29.11.2014 sei sie nicht verpflichtet, Teilabtretungen von Vergütungsansprüchen anzuerkennen oder Überweisungsaufträge durchzuführen. Bei der Abtretungserklärung des Zahnarztes D. handele es sich um eine solche Teilabtretung. Die Abtretung beziehe sich nicht auf die gesamte Honorarforderung, sondern lediglich auf die Ansprüche des Zahnarztes D., die aufgrund der abgerechneten Laborleistungen für die namentlich genannten Patienten in dem genannten Zeitraum entstanden seien. Für diese Patienten sollten allein Zahnersatz-Behandlungen, ohne KCH- bzw. PAR-Behandlungen erfasst werden. Die Satzungsregelung sei mit höherrangigem Recht vereinbar und widerspreche insoweit nicht der Regelung des § 85 Abs. 5 SGB V. Ungeachtet dessen habe der Zahnarzt D. bereits keine Honorarforderungen ihr gegenüber für den genannten Zeitraum erworben. Er habe in diesem Zusammenhang ihr gegenüber erklärt, dass eine Vielzahl von Zahnersatz-Versorgungen tatsächlich nicht beim Patienten eingegliedert worden sei. Die von dem Zahnarzt D. an die Beklagte abgegebene Abrechnung für die genannten Zeiträume sei dementsprechend unrichtig. Insbesondere habe der Zahnarzt D. in seinen Abrechnungen von Mai bis August 2015 bei seinen abgerechneten Zahnersatz-Fällen angegeben und beziffert, dass die zahntechnischen Leistungen im Eigenlabor erbracht worden seien, was nach dem Vortrag der Klägerin nicht der Wahrheit entspreche. Sie habe aufgrund der fehlerhaften Abrechnungen keine Leistungen von den Krankenkassen für die Zahnersatz-Versorgung erhalten. Die Beurteilung der Richtigkeit der Abrechnung finde losgelöst von dem Strafverfahren statt. Außerdem werde die Annahme der unrichtigen Abrechnung durch die Aufnahme der Ermittlungen bestätigt, auch wenn das Verfahren letztlich nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden sei. Die Einstellung sei aufgrund einer Ermessensentscheidung der Staatsanwaltschaft wegen einer weiteren, schwerwiegenderen Tat erfolgt. Dass ein strafrechtlich relevantes Verhalten nicht habe nachgewiesen werden können, gehe aus der Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht hervor. Ein verlängerter Eigentumsvorbehalt würde nicht dazu führen, dass die Klägerin sich mit ihrer Forderung direkt an sie wenden könne. Sie habe nach dem 31.08.2015 keine Zahlungen mehr an den Zahnarzt D. getätigt. Der Zahnarzt D. habe zunächst seine Zahnersatzleistungen als Eigenlaborleistungen zur Abrechnung gebracht und anschließend in einem Schreiben vom 19.06.2015 eingeräumt, erhebliche Preisvorteile aus der Zusammenarbeit mit einem Fremdlabor erzielt zu haben, ohne diese jedoch an Patienten (Kostenträger) weitergeleitet zu haben. Er wolle nunmehr denselben Zahnersatz ein zweites Mal mit Fremdlaborleistungen abrechnen. Diese Abrechnungen habe sie nicht angenommen, zumal nach den weiteren Ausführungen in dem Schreiben davon auszugehen sei, dass die Zahnersatzleistungen überhaupt nicht zur Eingliederung gelangt seien. Daraufhin habe sie eine Regressfestsetzung vorgenommen, der zur Insolvenztabelle angemeldet worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 30.11.2020 angehört.

Die Klage ist als Leistungsklage zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der 79.095,38 EUR. Die Klage war daher abzuweisen.

Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehen nicht, da der Zahnersatz über den Vertragszahnarzt abzurechnen ist und nicht unmittelbar mit dem vom Vertragszahnarzt beauftragten Labor. Insofern klagt die Klägerin nicht aus eigenem, sondern abgetretenem Recht.

Die Klägerin kann - die Wirksamkeit der Abtretung unterstellt - als Zessionar nur die Rechte geltend machen, die der Zahnarzt D. als Zedent gegenüber der Beklagten hat.

Der Anspruch auf vertragszahnärztliches Honorar wird dem Grunde nach bereits mit der Leistungserbringung begründet, als konkreter Zahlungsanspruch aber erst mit Erlass des Honorarbescheides durch die K(Z)ÄV fällig (vgl. BSG, Urt. v. 10.12.2014 - B 6 KA 45/13 R - BSGE 118, 30 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 81, juris Rdnr. 31 f.; BSG, Urt. v. 27.06.2018 - B 6 KA 38/17 R - SozR 4-2500 § 79 Nr. 2, juris Rdnr. 21).

Solche Honorarfestsetzungen sind nicht ersichtlich. Insoweit besteht kein fälliger Zahlungsanspruch des Zahnarztes D. gegenüber der Beklagten, den diese realisieren könnte. Dies gilt sowohl für Honoraransprüche als auch Ansprüche aus ZE-Leistungen.

Mit der Festsetzung des Regressbetrags im Bescheid vom 16.07.2015 hat die Beklagte evtl. bestehende Honorarfestsetzungen aufgehoben. Auch von daher bestehen keine Zahlungsansprüche des Zahnarztes D. gegenüber der Beklagten, den die Klägerin realisieren könnte. Die Beklagte wurde auch erst nach Erlass des Bescheides über die Abtretung informiert, nämlich erst am 01.09.2015. Insofern muss sich auch die Klägerin den Regressbescheid vom 16.07.2015 entgegenhalten lassen.

Im Übrigen wäre der Beklagten eine Aufrechnungsmöglichkeit erhalten geblieben.

Einer KZV bleibt die mit der Einstellung von Forderungen gegen den Zahnarzt in das Kontokorrent verbundene Aufrechnungsmöglichkeit auch dann erhalten, wenn ihre Forderung - z. B. auf Rückzahlung von Honorar nach Richtigstellung - erst nach Kenntnis einer Abtretung der Honoraransprüche durch den Vertragszahnarzt entsteht. Das trägt dem Umstand Rechnung, dass die KZV nicht die Möglichkeit hat, einseitig und sofort die Rechtsbeziehungen zu einem Zahnarzt zu beenden, der eine Globalzession seiner Honoraransprüche offenlegt. Eine KZV ist vielmehr verpflichtet, Abschlagszahlungen und Quartalshonorarzahlungen weiterhin zu leisten, solange die Zulassung fortbesteht. Würde ihr die Aufrechnungsmöglichkeit z. B. bei nachträglichen Richtigstellungen, Degressionsabzügen, Regressen aufgrund Wirtschaftlichkeitsprüfung oder Honorarkürzungen bei Verletzung der Fortbildungspflicht genommen, hätte das eine einseitige Freistellung des einzelnen Zahnarztes von den Folgen seines Tuns zu Lasten aller Mitglieder der KZV zur Folge. Das wäre mit den Verpflichtungen nach dem Vierten Kapitel des SGB V nicht vereinbar. Die deshalb erforderliche Modifikation der Regelung in § 406 BGB durch Zuerkennung einer erweiterten Aufrechnungsmöglichkeit gilt für alle Ansprüche, die der KZV gegenüber dem Zahnarzt aus dessen vertragszahnärztlicher Tätigkeit zustehen. Dazu gehören auch Kostenerstattungsansprüche gegen den Zahnarzt aufgrund von Gerichtsverfahren, die im Zusammenhang mit der vertragszahnärztlichen Tätigkeit angefallen sind. Für Ansprüche, die nicht durch die Besonderheiten des vertragszahnärztlichen Abrechnungssystems geprägt sind, wie für Ansprüche auf Vertragsstrafen, verbleibt es dagegen bei den allgemeinen Regeln (vgl. BSG, Urt. v. 11.12.2019 - B 6 KA 10/18 R - SozR 4-7610 § 406 Nr. 1 (vorgesehen), juris Rdnr. 31 ff.).

Von daher kann hier dahinstehen, ob die Aufrechnung überhaupt aufgrund der Satzungsbestimmung der Beklagten wirksam war.

Einer Beiziehung der Strafakte bzgl. des Ermittlungsverfahrens gegenüber dem Zahnarzt D. bedurfte es nicht. Maßgeblich sind allein die Rechtsbeziehungen der Klägerin aus eigenem oder abgetretenem Recht gegenüber der Beklagten. Auf einen "Gesamteindruck" auch auf Grundlage der Strafakte kommt es daher nicht an.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil hat die Verfahrenskosten zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung ergeht durch Beschluss.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

Die Streitwertfestsetzung erfolgte in Höhe der Klageforderung.
Rechtskraft
Aus
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