L 5 R 3311/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 2173/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3311/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1951 in K. (Russland) geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. In Russland studierte sie Zoologie und war bis 1998 als Lehrerin beschäftigt. Nach ihrer Umsiedelung in die Bundesrepublik am 12. Juli 1998 war sie als Fabrikarbeiterin tätig, seit Oktober 2001 ist sie arbeitslos.

Am 6. Juli 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, der mit Bescheid vom 12. August 2005 abgelehnt wurde. Eine hiergegen erhobene Klage (Az.: S 5 R 2803/06) vor dem Sozialgericht Mannheim nahm die Klägerin mit Erklärung vom 30. November 2006 zurück. Zuvor hatte sie bereits am 11. April 2006 einen weiteren Rentenantrag gestellt, der mit Bescheid vom 25. April 2006 abgelehnt wurde. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2006 zurückgewiesen.

Am 4. Juli 2007 stellte sie bei der Beklagten erneut einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung legte sie verschiedene ärztliche Befundberichte vor, aus denen hervorgeht, dass sie unter chronischer Polyarthritis, einem HWS-Syndrom ohne neurologische Ausfälle, Schwindel, Hämorrhoiden und Durchfällen in Folge von Lebensmittelunverträglichkeiten leide.

Am 5. Juli 2007 wurde die Klägerin durch den ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit sozialmedizinisch begutachtet. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. A. kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Begutachtung aufgrund einer Zerrung des linken Sprunggelenkes arbeitsunfähig krank sei und voraussichtlich für eine Zeit bis zu sechs Monaten täglich weniger als 3 Stunden arbeiten könne. Nach Ausheilung seien keine weiteren Leistungseinschränkungen zu erwarten.

Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch ihren ärztlichen Dienst. Mit Gutachten vom 7. August 2007 stellte die Fachärztin für Innere Medizin Dr. K.-Kr. folgende Diagnosen: Somatisierungsstörung mit multiplen Gelenkbeschwerden, Schlafstörung, Schwindel; chronisches Zervikal- und Lumbalsyndrom mit mittelgradigen Bewegungseinschränkungen; Rhizarthrose bds.; Stamm- und Seitenastvarikosis; Hämorrhoiden; chronische Diarrhöe bei Verdacht auf Nahrungsmittelunverträglichkeit; arterielle Hypertonie; Hyperlipidämie und Fettleber. Die Klägerin sei weiterhin in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes überwiegend stehend, gehend, sitzend, idealerweise in bedarfsgerechtem Wechsel in eingeschränkter Arbeitsorganisation (keine Nachtschicht) vollschichtig, d.h. 6 Stunden und mehr zu verrichten. Zu berücksichtigen seien bestimmte qualitative Einschränkungen: Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ständiges mittelschweres Heben und Tragen, häufiges Bücken, Steigen und Stehen, sowie Über-Kopf-Arbeit und Nachtschichttätigkeit seien ihr nicht mehr zuzumuten.

Mit Bescheid vom 19. September 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin ab. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, den sie nicht begründete. Mit Bescheid vom 29. Mai 2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Klägerin nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen und Behinderungen leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Nachtschicht, ohne erhöhte Stressbelastung, ohne Zwangshaltung, ohne häufiges Bücken sowie ohne häufiges Klettern oder Steigen auf Leitern und Gerüsten mindestens 6 Stunden täglich zumutbar seien.

Die Klägerin hat ihr Begehren weiterverfolgt und am 30. Juni 2008 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Sie macht geltend, dass ihre Krankheiten und Behinderungen unterbewertet würden, insbesondere eine Somatisierungsstörung, sowie weitere psychische Probleme seien nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Neurologen und Psychiater Dr. N., den Neurologen und Psychiater Dr. Kn. sowie die Hausärztin Dr. Kl., als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Kl. hat in ihrer Stellungnahme vom 2. Oktober 2008 die von ihr in der Zeit vom 29. November 2006 bis 7. August 2008 erhobenen Befunde und Diagnosen mitgeteilt und bezüglich der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung auf eine im vorangegangenen Verfahren (S 5 R 2803/06, Sozialgericht Mannheim) von ihr abgegebene sachverständige Zeugenaussage, in der sie das Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Zwangshaltungen und ohne erhöhte Konzentrationsanforderung mit 6 Stunden täglich angegeben hatte, Bezug genommen. Dr. N. hat in seiner Stellungnahme vom 8. Oktober 2008 dargelegt, dass die Klägerin im August 2007 unter einem leichtgradigen depressiven Erschöpfungssyndrom gelitten habe. Eine wesentliche Leistungsminderung sei dadurch aber nicht eingetreten. Auch die von der Klägerin vorgetragenen neurologischen Beschwerden rechtfertigten keine Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit der Klägerin. Im ärztlichen Attest von Dr. Kn. vom 2. Februar 2009 hat dieser bescheinigt, dass bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung gegenwärtig in einer mittelgradigen Episode vorliege, bei der es trotz entsprechender psychotherapeutischer und medikamentöser Therapie bislang zu keiner ausreichenden Besserung gekommen sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 18. Juni 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zu. Denn sie sei zur Überzeugung der Kammer in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten - unter gewissen qualitativen Einschränkungen - mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Auf internistischem Gebiet gehe die Kammer davon aus, dass die Klägerin in der Lage sei, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter gewissen qualitativen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten. Die Internistin Dr. K.-Kr. lege in ihrem Gutachten schlüssig und für die Kammer nachvollziehbar dar, dass die Klägerin, über den Zeitpunkt der Rentenantragstellung hinaus, trotz der von ihr gestellten Diagnosen vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig sei. Nicht mehr zuzumuten seien ihr Arbeiten mit erhöhter Stressbelastung, ständigen Wirbelsäulenzwangshaltungen, ständigem mittelschweren und schweren Heben und Tragen, häufigem Bücken, häufigem Steigen auf Leitern und Gerüsten, ständigem Stehen sowie ständiger Über-Kopf-Arbeit und Nachtschichten. Weitere Einschränkungen - auch in quantitativer Hinsicht - rechtfertigten die gestellten Diagnosen nicht. Gestützt werde die Einschätzung der Gutachterin im Rentenverfahren sowohl von dem Gutachten des ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit (Dr. A., Gutachten vom 5. Juli 2007), als auch von den sachverständigen Zeugenaussagen der Hausärztin der Klägerin vom 2. Oktober 2008 und vom 2. Oktober 2006. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. A. stelle im Wesentlichen die gleichen Diagnosen wie Dr. K.-Kr ... Auch die Hausärztin der Klägerin Dr. Kl. bestätige in ihren sachverständigen Zeugenaussagen das Leistungsbild der Gutachterin der Beklagten. Insbesondere habe sich nach ihrer Bewertung im Verhältnis zu der sachverständigen Zeugenaussage von 2006 keine Änderung bei der Beurteilung der sozial-medizinischen Leistungsfähigkeit ergeben. Auch im Hinblick auf die von der Klägerin vorgetragenen neurologisch-psychiatrischen Leiden gehe die Kammer von einem dennoch bestehenden vollschichtigen Leistungsvermögen aus. Bezüglich der von der Klägerin vorgetragenen neurologischen Beschwerden, nämlich Kribbeln in Armen und Händen, Kopfschmerzen, Schwindel und Verspannungen habe der behandelnde Neurologe der Klägerin keine objektivierbaren Befunde feststellen können. Sowohl eine durchgeführte elektroneurographische Untersuchung der peripheren Nerven der oberen Extremitäten als auch eine Kernspintomografie der Halswirbelsäule vom Juni 2008 zeigten lediglich degenerative HWS-Veränderungen, die die Beschwerden hinreichend erklärten, allerdings nichts an der Bewertung der Leistungsfähigkeit änderten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die Kammer davon überzeugt, dass die Beschwerden der Klägerin auf psychiatrischem Gebiet lägen. Der sachverständige Zeuge Dr. N. habe ein leichtgradiges depressives Erschöpfungssyndrom diagnostiziert. Aufgrund dessen leichter Ausprägung sei er aber nicht von einem geminderten Leistungsvermögen ausgegangen. Diese Leistungsbeurteilung sei für das Gericht schlüssig und nachvollziehbar. Dieser stehe das von der Klägerin vorgelegte Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. Kn. vom 2. Februar 2009 nicht entgegen. Dieser habe zwar eine rezidivierende depressive Störung in einer gegenwärtigen mittelgradigen Episode diagnostiziert, allerdings keinerlei Befunde mitgeteilt, die darauf schließen ließen, dass ein eingeschränktes Leistungsvermögen der Klägerin vorliege. Des weiteren seien diesem Attest keine Äußerungen zu entnehmen, die die Annahme einer quantitativ geminderten Leistungsfähigkeit rechtfertigen würden. Die Annahme eines vollschichtigen Leistungsvermögens werde dagegen auch durch die von der Klägerin in der Anamnese anlässlich der Begutachtung im Rentenverfahren (vom 7. August 2007) gemachten Angaben gestützt. Danach habe sie zwar aufgrund ihrer vielen Beschwerden keine Freunde mehr, allerdings betreue sie mittags nach dem Kindergarten regelmäßig ihr dreijähriges Enkelkind. Dem Kind erzähle sie auswendig Geschichten und sage ihm Gedichte auf Russisch auf. Gelegentlich gieße sie im Garten Blumen, außerdem könne sie öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Aufgrund dieser Angaben gehe die Kammer davon aus, dass die Klägerin in der Lage sei, ihren Tagesablauf hinreichend zu strukturieren und sich im Alltagsleben zurechtzufinden. Sie verfüge über eine ausreichende Konzentrationsfähigkeit, so dass sie in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes 6 Stunden und mehr täglich zu verrichten. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Die Klägerin habe zwar in Russland zunächst studiert und dann als Lehrerin gearbeitet, nach ihrer Umsiedelung in die Bundesrepublik habe sie allerdings nur noch Hilfsarbeitertätigkeiten ausgeübt. Eine sog. Lösung von ihrem bisherigen Beruf sei daher anzunehmen. Sie sei mithin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen. Das Gericht sehe von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gem. § 136 Abs. 3 SGG ab, weil es die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheids vom 9. November 2007 (gemeint wohl Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2008) insoweit für zutreffend halte.

Gegen diesen ihrem Bevollmächtigten am 23. Juni 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22. Juli 2009 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung zunächst auf ihre Ausführungen im Verfahren beim SG sowie im Vorverfahren mit dem dortigen Beweisangebot verwiesen. Weiterhin hat sie ausführen lassen, dass der sachverständige Zeuge Dr. Kn. in seiner Stellungnahme vom 2. Februar 2009 eine rezidivierende depressive Störung, die er seinerzeit als mittelgradig eingestuft habe, angegeben habe. Die Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung, wonach die Tatsache, dass die Klägerin nach eigenen Angaben nachmittags ihr 3-jähriges Enkelkind betreue, diesem auswendig Gedichte auf russisch aufsage, gelegentlich Blumen gieße und öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne, seien nicht ausreichend, um diese fachärztlichen Feststellungen zu erschüttern. Tatsächlich liege bei der Klägerin eine mindestens mittelgradige depressive Erkrankung vor, die ihr Leistungsvermögen durchgehend um mindestens 30 v. H. einschränke. Schließlich hat sie ärztliche Befundberichte und Arztbriefe von Dr. M. vom 22. April 2009, von Dres. Ho. und Kollegen vom 22. April 2009, von Dres. N. und Kollegen vom 12. November 2008, sowie einen handschriftlichen Befund des Universitätsklinikums M. vom 15. Juni 2009, auf deren Inhalt (LSG-Akte 5 bis 12) Bezug genommen wird, vorlegen und mitteilen lassen, dass sich auch ihr somatischer Zustand so verschlechtert habe, dass z.B. derzeit eine Herzkatheteruntersuchung anstehe.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Juni 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 19. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Mai 2008 aufzuheben, sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, außerdem die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihren Bescheid für rechtmäßig.

Auf Nachfrage des früheren Berichterstatters hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 30. Oktober 2009 mitgeteilt, dass sich diese aufgrund der damit verbundenen Risiken einer Herzkathederuntersuchung nicht unterziehen werde.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der Klageakte des SG, sowie der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Mai 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Das SG hat die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung und einer Rente weder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zutreffend dargestellt. Hiervon ausgehend hat das SG das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Annahme voller Erwerbsminderung und teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ebenfalls zutreffend abgelehnt. Auf die Gründe des angegriffenen Urteils nimmt der Senat Bezug und sieht insoweit von einer eigenen Begründung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Aus der Berufungsbegründung und den hierzu vorgelegten ärztlichen Befundberichten und Arztbriefen haben sich keine Anhaltspunkte für eine rentenrelevante Leistungseinschränkung ergeben.

Für das internistisch/kardiologische Fachgebiet hat Dr. S. im Arztbrief vom 22. April 2009 folgende Diagnosen mitgeteilt: Ausschluss linksventrikulärer Funktionsstörung; diastolische Funktionsstörung des Herzens; V.a. KHK (hier neg. Bel.-EKG bis 50 Watt); V.a. Depression; Adipositas; V.a. arterielle Hypertonie. Zur Anamnese hat er ausgeführt, die Klägerin habe vermutlich arterielle Hypertonie. Oft komme es zu starkem Herzklopfen, vorwiegend beim Aufrichten aus der Hocke. Sie gebe fraglich thorakale Stiche (keine typische Angina pectoris) an. Das Ergebnis der von ihm durchgeführten Echokardiographie hat er wie folgt beurteilt: "Zeichen der hypertensiven Herzkrankheit. Nachweis einer beginnenden diastolischen Funktionsstörung. Im Übrigen echokardiographischer Normalbefund ohne Anhalt für vitium cordis; keine signifikanten regionalen Wandbewegungsstörungen. Gute linksventrikuläre Funktion". Weiterhin hat er mitgeteilt, die Klägerin sei sehr klagsam, die Beschwerden seien vielschichtiger Natur. Im Vordergrund stehe eine belastungsunabhängige Dyspnoesymptomatik sowie thorakale Sensationen. Der echomorphologische Befund sei bis auf eine beginnende hypertensive Herzerkrankung mit leichter diastolischer Füllungsbehinderung unauffällig. Ergometrisch sei die Klägerin bis zur 50-W-Stufe belastbar gewesen. Der Abbruch sei wegen thorakaler Beschwerden ohne objektivierbaren Ischämienachweis erfolgt. Eine manifeste KHK vermute er eher nicht, ein zuverlässiger nicht-invasiver Ausschluss sei schwierig zu führen. Die echokardiografischen Untersuchungsbedingungen seien bei Adipositas eingeschränkt, so dass eine Stressechokardiografie nur eine geringe Aussagekraft hätte zumal die Patientin auch nur gering belastbar sei. Vor diesem Hintergrund halte er eine einmalige invasive Diagnostik (Koronarangiografie) für sinnvoll. Aus dem Bericht des Klinikums M. vom 15. Juni 2009 lässt sich entnehmen, dass die Klägerin dort wegen Belastungsapnoe und Anginabeschwerden untersucht worden ist. Neben ASS 100 mg wurde der Klägerin Sortis 40 mg verordnet mit dem Wirkstoff Atorvastatin, der u.a. zur Senkung erhöhter Cholesterin- und Triglyceridwerte im Blut, die bei der Klägerin bereits bei der Untersuchung durch Dr. K.-Kr. (S. 11 des Gutachtens) erhöht waren, eingesetzt wird. Auch hier wurde eine invasive Diagnostik empfohlen, zu der sich die Klägerin jedoch aufgrund der damit verbundenen Risiken nicht entschließen konnte. Eine akute koronare Herzkrankheit ist damit weder diagnostisch gesichert noch Grundlage einer entsprechenden Behandlung. Unabhängig davon kommt es für die Frage der rentenrechtlichen Leistungsminderung nicht auf den erfolgten Ausschluss von Verdachtsdiagnosen, sondern allein auf das nachweisbare Vorliegen von krankheitsbedingten Leistungsbeeinträchtigungen an. Insoweit steht für den Senat zunächst aufgrund der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. N. vom 8. Oktober 2008 gegenüber dem SG fest, dass die Klägerin schon aufgrund der Beeinträchtigungen durch neulogische Leiden nur noch leichte Arbeiten verrichten kann. Anhaltspunkte dafür, dass sich nun aufgrund internistischer Erkrankungen eine quantitative Einschränkung auf unter sechs Stunden täglich bezogen auch auf leichte Tätigkeiten ergeben hätte, lassen sich den genannten Arztbriefen nicht entnehmen, zumal der Abbruch der ergometrischen Untersuchung ohne objektivierbaren Ischämienachweis erfolgt ist.

Auch im Bereich der orthopädischen sowie der neurologischen und psychischen Beschwerden ergeben sich aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Arztbriefen keine Befunde und Krankheitserscheinungen, die Zweifel an der der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde liegenden Einschätzung des Leistungsvermögens begründen könnten. Für das orthopädische Fachgebiet hat Dr. M. in seinem Arztbrief vom 22. April 2009 folgende Diagnosen mitgeteilt: Zervikobrachial-Syndrom; sonstige biomechanische Funktionsstörungen: Sakralbereich, bds. Röntgenologisch sei eine Einengung der Neuroforamina C4-5 C5-6 und eine Fehlhaltung der HWS festgestellt worden. Die bisherige Diagnostik ergebe eine Fehlhaltung der Halswirbelsäule und Schmerzen bei Belastung des rechten Beines. Bei der Untersuchung gebe sie Druckschmerzen am rechten Sakroiliakalgelenk an. Damit sind keine bisher nicht bekannten Gesundheitsstörungen beschrieben worden. Bereits die Internistin Dr. K.-Kr. hatte ihrem Gutachten im Verwaltungsverfahren eine Somatisierungsstörung mit multiplen Gelenkbeschwerden sowie ein chronisches Zervikal- und Lumbalsyndrom mit schmerzbedingten mittelgradigen Bewegungseinschränkungen sowie röntgenologisch Streck-/Fehlhaltung, Blockwirbel C1 und 2 mitgeteilt, ohne hieraus eine quantitative Leistungseinschränkung abzuleiten. Beschwerden im Zusammenhang mit der Einengung der Neuroforamina C4-5 C5-6 lassen sich dem Arztbrief von Dr. M. zudem nicht entnehmen, dem die Klägerin Schmerzen an den Gelenken klagte. Soweit Dr. M. angegeben hat, dass sich eine variable Beinlängendifferenz mit Verkürzung des rechten Beines gezeigt habe, waren diese Fehlstatik sowie die damit zusammenhängenden Beschwerden therapierbar. Nach Mobilisation der BWS und Ohrakupunktur rechts seien die Beschwerden gebessert und die Beinlänge wieder gleich gewesen durch Aufheben der Blockierung im Iliosakralgelenk. Zur Stabilisierung sollte die Klägerin Wärme auf die Rückenmuskulatur bringen und Krankengymnastik erhalten.

Für das neurologische und psychiatrische Fachgebiet hat Dr. Kn. im vorgelegten Arztbrief vom 12. November 2008 folgende Diagnosen mitgeteilt: V. a. rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischem Beschwerdekomplex (ICD 10: F 33.11). Zur Anamnese gab er an, die Klägerin berichte auf spezifisches Befragen, dass es ihr "in letzter Zeit ganz schlecht" gehe. Sie nehme keine Medikamente mehr ein, leide unter innerer Unruhe und Aufgeregtheit. Sie sei nervös, ihr sei häufig übel mit teilweisem Erbrechen, könne schlecht schlafen mit nächtlichem "Erschrecken". Weiterhin leide sie unter verschiedensten körperlichen Beschwerden wie ungerichtetem Schwindel, Reizdarmsymptomatik, Kopf- und Gelenkschmerzen. Auf weiteres Befragen habe sie von seit Jahren in unterschiedlicher Ausprägung bestehenden Beschwerden bei aktuell laufendem Rentenwiderspruchsverfahren berichtet. Zum psychopathologischen Befund hat er angegeben, dass bei der bewusstseinsklaren, in allen Qualitäten orientierten und im Kontakt kooperativ zugewandten und hilfesuchenden 57-jährige Klägerin keine gröberen Defizite der Kognition und Mnestik explorierbar gewesen seien. Ihr formaler Gedankengang sei geordnet und inhaltlich auf bestehende psychische und körperliche Beschwerdesymptomatik leichtgradig eingeengt gewesen. Es sei kein Wahn, keine Halluzinationen und keine Ich-Störungen explorierbar gewesen. Die Stimmung sei sorgenvoll grüblerisch gedrückt bei erhaltener affektiver Schwingungsfähigkeit gewesen. Die Klägerin habe rezidivierende innere Unruhe und Nervosität mit körperlichem Beschwerdekomplex und Durchschlafstörungen angegeben. Antrieb und Psychomotorik seien bei subjektiv deutlich geminderter psychosozialer Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit ohne Befund gewesen. Vegetativ habe es Zeichen einer Übererregbarkeit mit u.a. gastrointestinalem Beschwerdekomplex gegeben. Dr. Kn. kommt zusammenfassend zu der Beurteilung, dass die Klägerin unter einem aktuell mittelgradig depressiven Syndrom mit somatischem Beschwerdekomplex bei unter Berücksichtigung der erhobenen Anamnese rezidivierender depressiver Störung leide. Anhaltspunkte für eine dauerhafte quantitative Leistungseinschränkung kann der Senat diesen Angaben ebenso wenig entnehmen, wie dem aktuelleren Attest von Dr. Kn. vom 2. Februar 2009, das bereits der Entscheidung des SG zugrunde lag. Zudem fällt auf, dass Dr. Kn., zu dem sich die Klägerin - nach der sachverständigen Zeugenaussage seines Praxiskollegen Dr. N. an das SG vom 8. Oktober 2008 - ab dem 27. Oktober 2008 in Behandlung begeben hat (vgl. Ärztliches Attest vom 2. Februar 2009, SG-Akte, S. 42), seine Diagnose im Wesentlichen auf die Angaben der Klägerin stützt. Er setzt sich auch nicht mit dem aus der Aussage von Dr. N. hervorgehenden zeitlichen Zusammenhang zwischen der Stellung eines weiteren Rentenantrags und der erstmaligen Angabe psychischer Beschwerden diesem gegenüber auseinander, obwohl ihm dessen Aussage in den Krankenunterlagen der Klägerin vorliegen musste. Dr. N., bei dem die Klägerin (in der gleichen Gemeinschaftspraxis) zuvor seit dem 27. Juni 2006 in Behandlung war, hatte sie nach seiner Aussage vom 8. Oktober 2008 zuletzt am 16. August 2007 gesehen. Sie habe dabei erstmals Beschwerden auf psychiatrischem Gebiet geklagt; bei den vorangegangenen Vorstellungen sei es ausschließlich um neurologische Beschwerden gegangen. Dr. A. hatte aufgrund der Untersuchung der Klägerin vom 4. Juli 2007 angegeben, sie habe ein subjektiv erhebliches Beschwerdeempfinden, fühle sich nicht leistungsfähig, scheine depressiv, im Rapport sei sie jämmerlich und klagsam (Gutachten S. 2). Dr. K.-Kr. hatte zur Untersuchung vom 7. August 2007 mitgeteilt, die Klägerin sei bedrückt gewesen, habe deprimiert gewirkt und gelegentlich geweint. Subjektiv bestehe ein erhebliches Krankheitsempfinden und Aggravationstendenz (Gutachten S. 10). Die objektiv erhobenen Befunde stünden in starkem Widerspruch zu den geklagten Beschwerden (S. 15). Im Vordergrund der Erkrankung stehe eine Somatisierungsstörung mit Angabe von Dauerkopfschmerzen, Schlafstörungen und Freudlosigkeit (S. 15), aus der sie eine Leistungsminderung nicht hergeleitet hat. Vor diesem Hintergrund kann eine im Wesentlichen auf die Angaben der Klägerin gestützte Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung mit somatischem Beschwerdekomplex (ICD 10: F 33.11) nicht überzeugen. Dr. N. hatte aufgrund der Vorstellung der Klägerin am 16. August 2007 lediglich ein leichtgradiges depressives Erschöpfungssyndrom festgestellt. Erst am 28. Oktober 2008 hat sie sich dann wieder in der Praxis, nun bei Dr. Kn., vorgestellt, der zur Verlaufskontrolle und ggf. notwendigen Therapieoptimierung eine ambulante Wiedervorstellung in mehreren Wochen vereinbart hat. Auch dies spricht gegen eine wesentliche Verschlechterung der psychischen Beschwerden mit dem Erfordernis engmaschiger therapeutischer Behandlung bzw. Kontrolle.

Nach alledem liegen quantitative Leistungseinschränkungen bei der Klägerin nicht vor, weswegen ihr Rente wegen Erwerbsminderung nicht zusteht. Die von der Klägerin vorgelegten Arztbriefe aus der Zeit zwischen November 2008 und Mai 2009 haben - wie dargelegt - keine Zweifel am Fortbestehen eines noch mindestens sechsstündigen Leistungsvermögens für geeignete leichte Arbeiten begründen können. Weitere Untersuchungen und Behandlungen sind nicht vorgetragen worden, sodass sich für den Senat die Notwendigkeit der Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes durch die Einholung weiterer Gutachten nicht aufgedrängt hat. Der vom Bevollmächtigten der Klägerin zu Beginn des Berufungsverfahrens gestellte Antrag gemäß § 109 SGG wurde in der Folge nicht mehr weiter verfolgt und hat sich mit der vorbehaltlosen Bitte um Entscheidung und der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erledigt (vgl. BSG, Beschlüsse vom 31. Oktober 1997 - B 2 U 223/97 - und vom 1. September 1999 - B 9 V 42/99 B -, veröffentlicht in Juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Entscheidung, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren notwendig war, wäre im Kostenfestsetzungsverfahren (§ 197 SGG) zu treffen gewesen, wenn außergerichtliche Kosten von der Beklagten zu erstatten gewesen wären, was nach der getroffenen Kostenentscheidung nicht der Fall ist.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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