Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 2653/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 5815/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.11.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der am 1964 geborene Kläger absolvierte keine Ausbildung. Nach Tätigkeiten als Maschinenarbeiter und Kraftfahrer war er zuletzt bis 31.12.2003 als Kanalarbeiter beschäftigt. Seither ist der Kläger arbeitslos.
Am 02.02.2006 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er Wirbelsäulenprobleme, ein Schmerzsyndrom und den Bruch des rechten Armes an. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen bei, u.a. den Entlassungsbericht der Klinik am K. in B. , wo der Kläger vom 05. bis 23.05.2004 im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme behandelt worden war (Diagnosen: initiale radiocarpale Arthrose rechts, komplexes regionales Schmerzsyndrom rechte Hand und Unterarm nach distaler Radiusfraktur rechts am 07.01.2002, initiale Retropatellararthrose links, statisch degeneratives Lumbalsyndrom ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, Adipositas; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne langwierige Zwangshaltungen, volle Belastbarkeit des rechten Handgelenks, ständiges Knien oder Hocken, Steigen oder Klettern auf Leitern oder Gerüsten seien sechs Stunden und mehr möglich), das von der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF) im Hinblick auf den am 07.01.2002 erlittenen Arbeitsunfall von Dr. G. , Kliniken S. , eingeholte neurologische Gutachten aufgrund Untersuchung des Klägers vom 14.06.2005 sowie die vom Sozialgericht Reutlingen (SG) in dem Rechtstreit S 1 SB 2449/03 eingeholten chirurgischen bzw. orthopädischen Gutachten des Dr. Bi. , Chefarzt der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie in der Klinik B. , und des Dr. Be. , Facharzt für Orthopädie, aufgrund Untersuchungen vom 15.01.2004 bzw. 23.09.2005. Unter Auswertung dieser Unterlagen gelangte die Internistin Dr. Me. zu der Auffassung, dass der Kläger zwar seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kanalreiniger nicht mehr fortführen könne, ihm leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Vermeidung von längeren Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufigem Bücken, häufigem Knien/Hocken und von Tätigkeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand erfordern (keine Arbeiten, die ein häufiges kraftvolles Zupacken oder längeres Festhalten mit erhöhtem Kraftaufwand fordern) jedoch täglich sechs Stunden und mehr zumutbar seien.
Mit Bescheid vom 13.02.2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, dieser könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Mit diesem Leistungsvermögen liege weder teilweise noch volle Erwerbsminderung vor. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, er leide unter ständigen Schmerzen im rechten Arm vom Handgelenk bis zur Schulter, und legte u.a. das Attest des Chirurgen Dr. G. vom 31.01.2006 vor, wonach er drei Stunden leichte Tätigkeiten ohne Belastung des rechten Armes verrichten könne. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2006 zurückgewiesen.
Am 20.07.2006 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe seine gesundheitlichen Einschränkungen nicht hinreichend gewürdigt und zu Unrecht kein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt.
Das SG hat den Orthopäden Dr. Ko. , den Allgemeinarzt Dr. S. , Dr. G. sowie den Neurologen und Psychiater Dr. M. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. Ko. und Dr. S. , bei denen sich der Kläger letztmals im September 2003 bzw. September 2005 vorgestellt hatte, haben über die Entwicklung des im Vordergrund der Beeinträchtigungen stehenden komplexen Schmerzsyndroms im Bereich des rechten Armes keine Angaben machen können. Dr. G. hat über eine eingeschränkte Beweglichkeit der rechten Hand im Handgelenk mit ausstrahlenden Schmerzen in die gesamte rechte obere Extremität, insbesondere auch in die Schulter berichtet, die schmerztherapeutisch behandelt werde. Leichte Tätigkeiten ohne Beanspruchung des rechten Armes hat er sechs Stunden täglich für möglich erachtet. Auch Dr. M. , bei dem der Kläger wegen des komplexen regionalen Schmerzsyndroms zuletzt am 22.07.2004 in Behandlung stand, hat leichte Tätigkeiten über sechs Stunden hinweg für zumutbar erachtet. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. N. , Chefarzt der Neurologischen Abteilung im V. P. Hospital R. , auf Grund Untersuchung vom 07.09.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat ein komplexes regionales Schmerzsyndrom Typ I am rechten Arm sowie rezidivierende Lendenwirbelsäulenbeschwerden unklarer Ursache diagnostiziert und den Kläger für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten ohne gleichförmige Körperhaltungen und ohne häufiges Bücken zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten. Durch die Funktionseinschränkung des rechten Armes könne der Kläger schwere Lasten über 10 kg nicht mehr Heben oder Tragen. Mit Gerichtsbescheid vom 15.11.2007 hat das SG die Klage gestützt auf die Auskünfte der behandelnden Ärzte und unter Hinweis auf das Gutachten des Dr. N. abgewiesen.
Am 10.12.2007 hat der Kläger dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er hat sich im Wesentlichen gegen die Beweiswürdigung des SG gewandt, das das im Widerspruchsverfahren vorgelegte Attest des Dr. G. vom 31.01.2006 ebenso unberücksichtigt gelassen habe wie die Tatsache, dass er aus der Klinik am K. ausweislich des Entlassungsberichts arbeitsunfähig entlassen wurde; auch habe es außer Acht gelassen, dass sich nach dem orthopädischen Gutachten des Dr. Be. die Gebrauchsfähigkeit seines Handgelenks in Zukunft eher verschlechtern werde und operative Möglichkeiten nicht vorhanden seien. Unter Vorlage des in dem Streitverfahren S 12 SB 2766/07 eingeholten internistischen und nervenärztlichen Gutachtens des Dr. I. , Chefarzt der Inneren und Geriatrischen Abteilung in den Fachkliniken H. , hat er ferner auf dessen Darlegungen hingewiesen, wonach sich die bei ihm vorliegende Laktoseintoleranz im Zusammenwirken mit dem komplexen regionalen Schmerzsyndrom auf die Aktivitäten des täglichen Lebens auswirke und seine Teilnahme am Leben in der Gesellschaft nicht unerheblich beeinflusse. Dies lasse den Schluss zu, dass sich die geschilderten Beeinträchtigungen auch rentenrechtlich relevant auf seine Einsetzbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auswirken. Insoweit stelle sich auch die Frage einer spezifischen Leistungsbeeinträchtigung. Zu berücksichtigen sei zudem, dass er medikamentös mit Citalopram und Trimipraminneuraxpharm behandelt werde und sich strafbar mache, weil er gegen Unfallverhütungsvorschriften verstoße, wenn er auch nur eine Stunde arbeite; insoweit hat er sich auf §§ 15 und 32 der Berufsgenossenschaftlichen Vorschrift für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGV) A1 und § 5 der BGV C7 bezogen. Er hat ferner das Attest des Allgemeinarztes Wiest vom 14.01.2010 vorgelegt, wonach er unter Langzeittherapie mit Medikamenten stehe, die die Reaktionszeit verlängerten, weshalb ihm das Führen von Kraftfahrzeugen und das Arbeiten im Wach- und Sicherheitsdienst zu untersagen sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.11.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2006 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.02.2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat die sozialmedizinische Stellungnahme der Fachärztin für Chirurgie Dr. H. vorgelegt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtzüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 13.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen Vorschriften weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, so dass ihm weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zusteht.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Denn bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (ohne gleichförmige Körperhaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne volle Einsatzfähigkeit des rechten Armes) kann der Kläger zumindest leichte berufliche Tätigkeiten in einem Umfang von sechs Stunden täglich verrichten. Dies hat das SG zutreffend entschieden und in nicht zu beanstandender Weise begründet, weshalb der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung verweist und zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Begründung absieht. Mit dem beschriebenen Leistungsvermögen liegt weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Dabei ist unerheblich, dass dem Kläger ein entsprechender Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht. Denn nach § 43 Abs. 3; 2. Halbsatz SGB VI ist die jeweilige Arbeitsmarktsituation nicht zu berücksichtigen.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie den Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Denn solche Arbeiten erfordern im Allgemeinen kein häufiges kraftvolles Zupacken oder längeres Festhalten mit erhöhtem Kraftaufwand, wie dies dem Kläger nicht mehr abverlangt werden kann.
Soweit der Kläger mit seinem Berufungsvorbringen unter Bezugnahme auf den Entlassungsbericht der Klinik am K. geltend macht, aus dieser Behandlung arbeitsunfähig entlassen worden zu sein, ist darauf hinzuweisen, dass diese Beurteilung allein auf der bei Entlassung noch vorhanden gewesenen Restbeschwerden im Bereich des rechten Handgelenks und des Unterarms beruhte und die behandelnden Ärzte die Arbeitsunfähigkeit im Rahmen ihrer Ausführungen ausdrücklich als lediglich vorrübergehend bezeichnet haben. Seine berufliche Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten haben sie demgegenüber mit sechs Stunden und mehr eingeschätzt und damit nicht in einem rentenrechtlich relevanten Ausmaß eingeschränkt gesehen. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, das SG habe das Attest des Dr. G. vom 31.01.2006, wonach er drei Stunden täglich leichte Tätigkeit ohne Belastung des rechten Armes verrichten könne, nicht hinreichend gewürdigt, ist darauf hinzuweisen, dass das SG daraus zu Recht nicht auf ein dauerhaft auf drei Stunden täglich herabgesunkenes Leistungsvermögen geschlossen hat. Denn eine solche Aussage hat Dr. G. nicht getroffen und offenbar auch nicht treffen wollen, nachdem er im Rahmen seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge leichte Tätigkeiten ohne Beanspruchung des rechten Armes mindestens sechs Stunden täglich für möglich erachtet hat. Seine Ausführungen in dem angesprochenen Attest, die mangels Begründung vom Gericht ohnehin nicht nachvollzogen werden können, rechtfertigen daher keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Entsprechendes gilt auch für die Darlegungen des Dr. Be. in seinem in dem Verfahren S 1 SB 2449/03 für das SG erstatteten orthopädischen Gutachten, wonach sich beim Kläger die Gebrauchsfähigkeit des Handgelenks in Zukunft eher verschlechtern werde und operative Möglichkeiten nicht gegeben seien. Die von Dr. Be. insoweit getroffene prognostische Einschätzung der weiteren Entwicklung ist bezüglich der vorliegend im Streit stehenden Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ohne Bedeutung. Denn für die Beurteilung der Frage, ob dem Kläger eine entsprechende Rente zusteht, ist allein maßgeblich, wie sich dessen Leistungsvermögen bis zum Zeitpunkt der Entscheidung darstellt, nicht aber, welche Entwicklung zukünftig möglicherweise zu befürchtende ist. Soweit sich die Gebrauchsfähigkeit des Handgelenks beim Kläger in Zukunft verschlechtern sollte, ist diesem Umstand zu gegebener Zeit Rechnung zu tragen, indem das Leistungsvermögen des Klägers einer erneuten Prüfung und Bewertung unterzogen wird.
Ein Herabsinken des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers auf ein rentenberechtigendes Ausmaß belegt auch nicht das vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegte Gutachten des Dr. I ... Im Hinblick auf das im Vordergrund der Beeinträchtigungen des Klägers stehende komplexe regionale Schmerzsyndrom hat der Gutachter eine leichte Kraftminderung im Bereich der rechten Hand und leichte autonome Störungen beschrieben, die den Einsatz der rechten Hand im Alltag einschränkten. Dieser Gesichtspunkt ist bereits durch die zahlreich vorliegenden medizinischen Unterlagen und insbesondere die Auskünfte der behandelnden Ärzte bekannt und stellt keinen neuen Sachverhalt dar. Auf dieser leichten Kraftminderung, die den Einsatz der rechten Hand des Klägers einschränkt, beruht schließlich auch die oben dargelegte qualitative Einschränkung, wonach für ihn nur noch Tätigkeiten in Frage kommen, die nicht die volle Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand erfordern. Für eine schwerwiegende, rentenrechtlich relevante Einschränkung der Einsatzfähigkeit der rechten Hand bietet das Gutachten demgegenüber keine Anhaltspunkte. Für den Senat überzeugend hat die von der Beklagten hinzugezogene Chirurgin Dr. H. insoweit vielmehr zutreffend darauf hingewiesen, dass Dr. I. anlässlich seiner Untersuchung im Juni 2008 eine kräftige Armmuskulatur beidseits ohne Seitendifferenz und auch eine beidseits seitengleiche Beschwielung der Hände objektiviert hat, mithin keine Hinweise für relevante Schonungszeichen am rechten Arme festgestellt hat, was allerdings zu erwarten wäre, wenn die Einsatzfähigkeit des rechten Armes des Kläger in einem relevanten Ausmaß eingeschränkt wäre.
Soweit der Kläger meint, sich strafbar zu machen, wenn er auch nur eine Stunde arbeiten würde, weil er gegen Unfallverhütungsvorschriften verstoßen würde, irrt er. Denn § 5 der von ihm herangezogenen BGV C7 (Unfallverhütungsvorschrift Wach- und Sicherungsdienste) verbietet zwar den Genuss von alkoholischen Getränken und die Einnahme anderer berauschender Mittel während der Dienstzeit bzw. auch für einen angemessenen Zeitraum vor dem Einsatz, da bei Dienstantritt Nüchternheit gegeben sein muss, nicht aber jegliche berufliche Tätigkeit während der Behandlung eines Schmerzsyndroms. Entsprechendes gilt auch für die Regelung in § 15 der BGV A1 (Unfallverhütungsvorschrift Grundsätze der Prävention), die gleichermaßen den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln betrifft, nicht aber die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit gänzlich ausschließt, wenn zu therapeutischen Zwecken Medikamente eingenommen werden. Soweit die medikamentöse Behandlung beim Kläger entsprechend den Ausführungen des Allgemeinarztes Wiest in dem vom Kläger zuletzt vorgelegten Attest tatsächlich zu einer Verlängerung der Reaktionszeit führt, verbieten sich zwar Tätigkeiten, von denen eine Gefährdung des Klägers oder dritter Personen ausgeht, eine quantitative Leistungsminderung bedingt eine solche Verlängerung der Reaktionszeit jedoch nicht.
Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung des SG nicht zu beanstanden, so dass auch die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der am 1964 geborene Kläger absolvierte keine Ausbildung. Nach Tätigkeiten als Maschinenarbeiter und Kraftfahrer war er zuletzt bis 31.12.2003 als Kanalarbeiter beschäftigt. Seither ist der Kläger arbeitslos.
Am 02.02.2006 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er Wirbelsäulenprobleme, ein Schmerzsyndrom und den Bruch des rechten Armes an. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen bei, u.a. den Entlassungsbericht der Klinik am K. in B. , wo der Kläger vom 05. bis 23.05.2004 im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme behandelt worden war (Diagnosen: initiale radiocarpale Arthrose rechts, komplexes regionales Schmerzsyndrom rechte Hand und Unterarm nach distaler Radiusfraktur rechts am 07.01.2002, initiale Retropatellararthrose links, statisch degeneratives Lumbalsyndrom ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, Adipositas; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne langwierige Zwangshaltungen, volle Belastbarkeit des rechten Handgelenks, ständiges Knien oder Hocken, Steigen oder Klettern auf Leitern oder Gerüsten seien sechs Stunden und mehr möglich), das von der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF) im Hinblick auf den am 07.01.2002 erlittenen Arbeitsunfall von Dr. G. , Kliniken S. , eingeholte neurologische Gutachten aufgrund Untersuchung des Klägers vom 14.06.2005 sowie die vom Sozialgericht Reutlingen (SG) in dem Rechtstreit S 1 SB 2449/03 eingeholten chirurgischen bzw. orthopädischen Gutachten des Dr. Bi. , Chefarzt der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie in der Klinik B. , und des Dr. Be. , Facharzt für Orthopädie, aufgrund Untersuchungen vom 15.01.2004 bzw. 23.09.2005. Unter Auswertung dieser Unterlagen gelangte die Internistin Dr. Me. zu der Auffassung, dass der Kläger zwar seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kanalreiniger nicht mehr fortführen könne, ihm leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Vermeidung von längeren Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufigem Bücken, häufigem Knien/Hocken und von Tätigkeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand erfordern (keine Arbeiten, die ein häufiges kraftvolles Zupacken oder längeres Festhalten mit erhöhtem Kraftaufwand fordern) jedoch täglich sechs Stunden und mehr zumutbar seien.
Mit Bescheid vom 13.02.2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, dieser könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Mit diesem Leistungsvermögen liege weder teilweise noch volle Erwerbsminderung vor. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, er leide unter ständigen Schmerzen im rechten Arm vom Handgelenk bis zur Schulter, und legte u.a. das Attest des Chirurgen Dr. G. vom 31.01.2006 vor, wonach er drei Stunden leichte Tätigkeiten ohne Belastung des rechten Armes verrichten könne. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2006 zurückgewiesen.
Am 20.07.2006 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe seine gesundheitlichen Einschränkungen nicht hinreichend gewürdigt und zu Unrecht kein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt.
Das SG hat den Orthopäden Dr. Ko. , den Allgemeinarzt Dr. S. , Dr. G. sowie den Neurologen und Psychiater Dr. M. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. Ko. und Dr. S. , bei denen sich der Kläger letztmals im September 2003 bzw. September 2005 vorgestellt hatte, haben über die Entwicklung des im Vordergrund der Beeinträchtigungen stehenden komplexen Schmerzsyndroms im Bereich des rechten Armes keine Angaben machen können. Dr. G. hat über eine eingeschränkte Beweglichkeit der rechten Hand im Handgelenk mit ausstrahlenden Schmerzen in die gesamte rechte obere Extremität, insbesondere auch in die Schulter berichtet, die schmerztherapeutisch behandelt werde. Leichte Tätigkeiten ohne Beanspruchung des rechten Armes hat er sechs Stunden täglich für möglich erachtet. Auch Dr. M. , bei dem der Kläger wegen des komplexen regionalen Schmerzsyndroms zuletzt am 22.07.2004 in Behandlung stand, hat leichte Tätigkeiten über sechs Stunden hinweg für zumutbar erachtet. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. N. , Chefarzt der Neurologischen Abteilung im V. P. Hospital R. , auf Grund Untersuchung vom 07.09.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat ein komplexes regionales Schmerzsyndrom Typ I am rechten Arm sowie rezidivierende Lendenwirbelsäulenbeschwerden unklarer Ursache diagnostiziert und den Kläger für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten ohne gleichförmige Körperhaltungen und ohne häufiges Bücken zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten. Durch die Funktionseinschränkung des rechten Armes könne der Kläger schwere Lasten über 10 kg nicht mehr Heben oder Tragen. Mit Gerichtsbescheid vom 15.11.2007 hat das SG die Klage gestützt auf die Auskünfte der behandelnden Ärzte und unter Hinweis auf das Gutachten des Dr. N. abgewiesen.
Am 10.12.2007 hat der Kläger dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er hat sich im Wesentlichen gegen die Beweiswürdigung des SG gewandt, das das im Widerspruchsverfahren vorgelegte Attest des Dr. G. vom 31.01.2006 ebenso unberücksichtigt gelassen habe wie die Tatsache, dass er aus der Klinik am K. ausweislich des Entlassungsberichts arbeitsunfähig entlassen wurde; auch habe es außer Acht gelassen, dass sich nach dem orthopädischen Gutachten des Dr. Be. die Gebrauchsfähigkeit seines Handgelenks in Zukunft eher verschlechtern werde und operative Möglichkeiten nicht vorhanden seien. Unter Vorlage des in dem Streitverfahren S 12 SB 2766/07 eingeholten internistischen und nervenärztlichen Gutachtens des Dr. I. , Chefarzt der Inneren und Geriatrischen Abteilung in den Fachkliniken H. , hat er ferner auf dessen Darlegungen hingewiesen, wonach sich die bei ihm vorliegende Laktoseintoleranz im Zusammenwirken mit dem komplexen regionalen Schmerzsyndrom auf die Aktivitäten des täglichen Lebens auswirke und seine Teilnahme am Leben in der Gesellschaft nicht unerheblich beeinflusse. Dies lasse den Schluss zu, dass sich die geschilderten Beeinträchtigungen auch rentenrechtlich relevant auf seine Einsetzbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auswirken. Insoweit stelle sich auch die Frage einer spezifischen Leistungsbeeinträchtigung. Zu berücksichtigen sei zudem, dass er medikamentös mit Citalopram und Trimipraminneuraxpharm behandelt werde und sich strafbar mache, weil er gegen Unfallverhütungsvorschriften verstoße, wenn er auch nur eine Stunde arbeite; insoweit hat er sich auf §§ 15 und 32 der Berufsgenossenschaftlichen Vorschrift für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGV) A1 und § 5 der BGV C7 bezogen. Er hat ferner das Attest des Allgemeinarztes Wiest vom 14.01.2010 vorgelegt, wonach er unter Langzeittherapie mit Medikamenten stehe, die die Reaktionszeit verlängerten, weshalb ihm das Führen von Kraftfahrzeugen und das Arbeiten im Wach- und Sicherheitsdienst zu untersagen sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.11.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2006 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.02.2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat die sozialmedizinische Stellungnahme der Fachärztin für Chirurgie Dr. H. vorgelegt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtzüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 13.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen Vorschriften weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, so dass ihm weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zusteht.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Denn bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (ohne gleichförmige Körperhaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne volle Einsatzfähigkeit des rechten Armes) kann der Kläger zumindest leichte berufliche Tätigkeiten in einem Umfang von sechs Stunden täglich verrichten. Dies hat das SG zutreffend entschieden und in nicht zu beanstandender Weise begründet, weshalb der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung verweist und zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Begründung absieht. Mit dem beschriebenen Leistungsvermögen liegt weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Dabei ist unerheblich, dass dem Kläger ein entsprechender Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht. Denn nach § 43 Abs. 3; 2. Halbsatz SGB VI ist die jeweilige Arbeitsmarktsituation nicht zu berücksichtigen.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie den Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Denn solche Arbeiten erfordern im Allgemeinen kein häufiges kraftvolles Zupacken oder längeres Festhalten mit erhöhtem Kraftaufwand, wie dies dem Kläger nicht mehr abverlangt werden kann.
Soweit der Kläger mit seinem Berufungsvorbringen unter Bezugnahme auf den Entlassungsbericht der Klinik am K. geltend macht, aus dieser Behandlung arbeitsunfähig entlassen worden zu sein, ist darauf hinzuweisen, dass diese Beurteilung allein auf der bei Entlassung noch vorhanden gewesenen Restbeschwerden im Bereich des rechten Handgelenks und des Unterarms beruhte und die behandelnden Ärzte die Arbeitsunfähigkeit im Rahmen ihrer Ausführungen ausdrücklich als lediglich vorrübergehend bezeichnet haben. Seine berufliche Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten haben sie demgegenüber mit sechs Stunden und mehr eingeschätzt und damit nicht in einem rentenrechtlich relevanten Ausmaß eingeschränkt gesehen. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, das SG habe das Attest des Dr. G. vom 31.01.2006, wonach er drei Stunden täglich leichte Tätigkeit ohne Belastung des rechten Armes verrichten könne, nicht hinreichend gewürdigt, ist darauf hinzuweisen, dass das SG daraus zu Recht nicht auf ein dauerhaft auf drei Stunden täglich herabgesunkenes Leistungsvermögen geschlossen hat. Denn eine solche Aussage hat Dr. G. nicht getroffen und offenbar auch nicht treffen wollen, nachdem er im Rahmen seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge leichte Tätigkeiten ohne Beanspruchung des rechten Armes mindestens sechs Stunden täglich für möglich erachtet hat. Seine Ausführungen in dem angesprochenen Attest, die mangels Begründung vom Gericht ohnehin nicht nachvollzogen werden können, rechtfertigen daher keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Entsprechendes gilt auch für die Darlegungen des Dr. Be. in seinem in dem Verfahren S 1 SB 2449/03 für das SG erstatteten orthopädischen Gutachten, wonach sich beim Kläger die Gebrauchsfähigkeit des Handgelenks in Zukunft eher verschlechtern werde und operative Möglichkeiten nicht gegeben seien. Die von Dr. Be. insoweit getroffene prognostische Einschätzung der weiteren Entwicklung ist bezüglich der vorliegend im Streit stehenden Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ohne Bedeutung. Denn für die Beurteilung der Frage, ob dem Kläger eine entsprechende Rente zusteht, ist allein maßgeblich, wie sich dessen Leistungsvermögen bis zum Zeitpunkt der Entscheidung darstellt, nicht aber, welche Entwicklung zukünftig möglicherweise zu befürchtende ist. Soweit sich die Gebrauchsfähigkeit des Handgelenks beim Kläger in Zukunft verschlechtern sollte, ist diesem Umstand zu gegebener Zeit Rechnung zu tragen, indem das Leistungsvermögen des Klägers einer erneuten Prüfung und Bewertung unterzogen wird.
Ein Herabsinken des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers auf ein rentenberechtigendes Ausmaß belegt auch nicht das vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegte Gutachten des Dr. I ... Im Hinblick auf das im Vordergrund der Beeinträchtigungen des Klägers stehende komplexe regionale Schmerzsyndrom hat der Gutachter eine leichte Kraftminderung im Bereich der rechten Hand und leichte autonome Störungen beschrieben, die den Einsatz der rechten Hand im Alltag einschränkten. Dieser Gesichtspunkt ist bereits durch die zahlreich vorliegenden medizinischen Unterlagen und insbesondere die Auskünfte der behandelnden Ärzte bekannt und stellt keinen neuen Sachverhalt dar. Auf dieser leichten Kraftminderung, die den Einsatz der rechten Hand des Klägers einschränkt, beruht schließlich auch die oben dargelegte qualitative Einschränkung, wonach für ihn nur noch Tätigkeiten in Frage kommen, die nicht die volle Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand erfordern. Für eine schwerwiegende, rentenrechtlich relevante Einschränkung der Einsatzfähigkeit der rechten Hand bietet das Gutachten demgegenüber keine Anhaltspunkte. Für den Senat überzeugend hat die von der Beklagten hinzugezogene Chirurgin Dr. H. insoweit vielmehr zutreffend darauf hingewiesen, dass Dr. I. anlässlich seiner Untersuchung im Juni 2008 eine kräftige Armmuskulatur beidseits ohne Seitendifferenz und auch eine beidseits seitengleiche Beschwielung der Hände objektiviert hat, mithin keine Hinweise für relevante Schonungszeichen am rechten Arme festgestellt hat, was allerdings zu erwarten wäre, wenn die Einsatzfähigkeit des rechten Armes des Kläger in einem relevanten Ausmaß eingeschränkt wäre.
Soweit der Kläger meint, sich strafbar zu machen, wenn er auch nur eine Stunde arbeiten würde, weil er gegen Unfallverhütungsvorschriften verstoßen würde, irrt er. Denn § 5 der von ihm herangezogenen BGV C7 (Unfallverhütungsvorschrift Wach- und Sicherungsdienste) verbietet zwar den Genuss von alkoholischen Getränken und die Einnahme anderer berauschender Mittel während der Dienstzeit bzw. auch für einen angemessenen Zeitraum vor dem Einsatz, da bei Dienstantritt Nüchternheit gegeben sein muss, nicht aber jegliche berufliche Tätigkeit während der Behandlung eines Schmerzsyndroms. Entsprechendes gilt auch für die Regelung in § 15 der BGV A1 (Unfallverhütungsvorschrift Grundsätze der Prävention), die gleichermaßen den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln betrifft, nicht aber die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit gänzlich ausschließt, wenn zu therapeutischen Zwecken Medikamente eingenommen werden. Soweit die medikamentöse Behandlung beim Kläger entsprechend den Ausführungen des Allgemeinarztes Wiest in dem vom Kläger zuletzt vorgelegten Attest tatsächlich zu einer Verlängerung der Reaktionszeit führt, verbieten sich zwar Tätigkeiten, von denen eine Gefährdung des Klägers oder dritter Personen ausgeht, eine quantitative Leistungsminderung bedingt eine solche Verlängerung der Reaktionszeit jedoch nicht.
Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung des SG nicht zu beanstanden, so dass auch die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved