S 23 R 714/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
23
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 23 R 714/19
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 21 R 322/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Es wird festgestellt, dass die Klage als zurückgenommen gilt. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wandte sich mit seiner ursprünglichen Klage (Az. S 23 R 93/19) gegen die von der Beklagten mit Bescheid vom 08.02.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2019 vorgenommene Ablehnung der Gewährung der von ihm am 23.11.2017 beantragten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am 00.00.1963 geborene Kläger stellte am 23.11.2017 bei der Beklagten einen An-trag auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Mit Bescheid vom 08.02.2018 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, da die me-dizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Bei dem Kläger lägen zwar folgende gesundheitliche Einschränkungen vor: Übergewicht, ein Kniegelenksverschleiß beid-seits, Gelenkbeschwerden, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Krampfadern, Ohr-geräusche, eine Schilddrüsenunterfunktion, kein Hinweis auf psychische Erkrankung sowie ein Zwerchfellhochstand links. Der Kläger sei jedoch mit der ihm verbliebenen Leistungsfähigkeit noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten.

Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 02.03.2018 Widerspruch ein, den die Be-klagte nach Durchführung weiterer medizinischer Ermittlungen in Form von Einholung eines orthopädischen und eines psychiatrischen Gutachtens mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2019 zurückwies. Zwar hätte die Auswertung der Gutachten einen zusätzli-chen Befund – das Vorliegen einer Anpassungsstörung – ergeben, jedoch hätte dieser nicht ein so erhebliches Ausmaß, dass dadurch die Leistungsfähigkeit wesentlich weiter eingeschränkt würde.

Dagegen hat der Kläger am 06.02.2019 Klage erhoben (Az. S 23 R 93/19).

Mit gerichtlicher Verfügung vom 07.02.2019 hat das Gericht den Kläger zur Klagebe-gründung und zur Übersendung des ausgefüllten Fragebogens zur Person sowie der Schweigepflichtentbindungserklärung aufgefordert. An diese Verfügung hat das Gericht mit Verfügungen vom 16.04.2019 und vom 14.05.2019 erinnert. Mit Schreiben vom 22.05.2019 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass der Kläger auch nach mehrmaliger Erinnerung an die Rücksendung der Unterlagen keine Reaktion gezeigt hätte und fügte insoweit die Aufforderungen vom 26.02.2019, vom 14.03.2019, vom 23.04.2019 sowie vom 06.05.2019 zur Kenntnisnahme bei. Auch diverse Versuche, den Kläger telefonisch zu erreichen seien gescheitert. Die Klagebegründung würde nun ohne Rücksprache mit dem Kläger nach Akteneinsicht erfolgen. Unter dem 31.05.2019 wurde vom Prozessbevollmächtigten des Klägers die Klagebegründung übersandt. In dieser führte er unter anderem Folgendes aus: "Der Kläger ist für mich nicht erreichbar, trotz mehrfacher Versuche, welche ich dem Gericht bereits schilderte. Er scheint sich in seiner Wohnung "einzuigeln" und den Kontakt zur Außenwelt nur über das Internet zu wahren." Eine Übersendung des ausgefüllten Fragebogens zur Person und der unterzeichneten Schweigepflichtentbindungserklärung erfolgte weiterhin nicht.

Mit Schreiben vom 04.06.2019, dem Prozessbevollmächtigtem des Klägers gegen Emp-fangsbekenntnis am 27.06.2019 zugestellt, hat das Gericht den Kläger aufgefordert, das Verfahren innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Aufforderung durch die Übersendung des Fragebogens zur Person und der Schweigepflichtentbindungserklä-rung zu betreiben. Insoweit wurde im vorgenannten gerichtlichen Schreiben insbeson-dere Folgendes ausgeführt: "Die Übersendung des ausgefüllten Fragebogens und der unterzeichneten Schweigepflichtentbindungserklärung ist unerlässliche Voraussetzung für die Ermittlungen im Rahmen dieses Verfahrens. Ausweislich Ihres Schriftsatzes vom 31.05.2019 sei der Kläger für Sie nicht erreichbar und "scheine sich in seiner Wohnung einzuigeln". Angesichts dessen erscheint kein Interesse an der Fortführung dieses Rechtsstreits zu bestehen." Darüber hinaus enthält dieses - von der Kammervorsitzen-den unterschriebene - Schreiben den Hinweis, dass die Klage gemäß § 102 Abs. 2 SGG als zurückgenommen gelte, falls dieser Aufforderung nicht fristgerecht binnen drei Mo-naten ab Zustellung nachgekommen werde.

Mit Schreiben vom 27.06.2019 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass er sich nicht vorstellen könne, dass der Kläger kein Interesse an einem Verfahren habe, da er sonst die Anträge nicht gestellt hätte. Der Kläger sei jedoch offensichtlich krank.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 28.06.2019, dem Prozessbevollmächtigtem des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 12.07.2019 zugestellt, hat das Gericht darauf hingewiesen, dass der klägerseitige Schriftsatz vom 27.06.2019 nicht als Betreiben im Sinne der Verfügung vom 04.06.2019 zu werten sei und mithin damit nicht die Verpflichtungen aus der Betreibensaufforderung erfüllt worden seien. Zudem sei im Übrigen dem Schriftsatz vom 27.06.2019 nicht zu entnehmen, dass der Kläger ein "Interesse an der Fortführung des Rechtsstreites" habe.

Mit Schreiben vom 12.07.2019 führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, dass es sich hier um einen offensichtlich psychisch kranken Kläger handele. Es sei auch die Aufgabe des Gerichtes, den Kläger zu veranlassen, dieses Verfahren zu betreiben. Kä-me der Kläger dem aus gesundheitlichen Gründen nicht nach, so dürfte sich auch die Tätigkeit des Gerichtes nicht darin erschöpfen, festzustellen, dass dieser kein Interesse an der Führung des Verfahrens habe. Vielmehr dürfte es auch auf Seiten des Gerichts angezeigt sein, eine Betreuung anzuregen. Dies würde er nun tun.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 16.07.2019, dem Prozessbevollmächtigtem des Klägers gegen Empfangsbekenntnis zugestellt, hat das Gericht darauf hingewiesen, dass der klägerseitige Schriftsatz vom 12.07.2019 nicht als Betreiben im Sinne der Verfügung vom 04.06.2019 zu werten sei, mithin damit nicht die Verpflichtungen aus der Betreibensaufforderung erfüllt worden seien und die Frist aus der Betreibensaufforderung daher wei-terhin gelte.

Mit Schreiben vom 02.08.2019 übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers das seinerseitige Schreiben an das AG M. vom 29.07.2019 sowie das Antwortschreiben des AG M. vom 30.07.2019 zur Kenntnisnahme. Ausweislich des Schreibens des Prozessbevollmächtigten des Klägers an das AG M. vom 29.07.2019 bezog sich dieses auf sein "Schreiben vom 12.07.2019 – Anregung einer Betreuung". Insoweit enthält dieses Schreiben eine Bitte um Sachstandsmitteilung sowie folgenden Zusatz: "Ferner weise ich darauf hin, dass die Frist für die fiktive Klagerücknahme weiter läuft. Mit Ablauf des 27.09.2019 gilt die Klage als zurückgenommen. Ich bitte daher um baldige Benennung eines Betreuers." In dem Schreiben des AG M. vom 30.07.2019 wurde mitgeteilt, dass die Rückmeldung der zu beteiligenden Betreuungsbehörde des Kreises D. noch ausstehe.

Eine weitere Reaktion von Seiten des Klägers erfolgte nicht.

Das Gericht hat sodann unter dem 02.10.2019 die Klage zum Az. S 23 R 93/19 (statis-tisch) ausgetragen und den Beteiligten mitgeteilt, dass die Klage gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG als zurückgenommen gelte.

Am 11.10.2019 hat der Kläger beim SG Münster die Fortsetzung des Verfahrens bean-tragt. Die Klagerücknahmefiktion des § 102 SGG diene der Straffung des sozialgerichtli-chen Verfahrens. Diese sanktioniere die Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Kläger. Eine Mitwirkung dürfe jedoch nur verlangt werden, soweit der Kläger zu dieser Mitwirkung fähig sei. Diese Fähigkeit besitze er nicht. Durch die sozialgerichtliche Fest-stellung der fiktiven Klagerücknahme würde ihm die Möglichkeit genommen, seinen Le-bensunterhalt mit der von seinen Beiträgen finanzierten Erwerbsminderungsrente si-cherzustellen. Dies verletze sein Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz.

Mit Verfügung vom 14.10.2019 hat das Gericht die vormalige Klage zum Az. S 23 R 93/19 sodann (statistisch) erneut eingetragen und das Verfahren unter dem Az. S 23 R 714/19 fortgeführt.

Mit Schreiben vom 03.12.2019 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass es dem Kläger besser gehen würde und dieser sich mit ihm telefonisch in Verbindung ge-setzt hätte. Er übersandte im Übrigen ein Attest des Allgemeinmediziners Dr. M. vom 03.12.2019, ausweislich dessen der Kläger derzeit an einer schwerwiegenden Depressi-on mit Denk- und Konzentrationsstörungen leide. Mit Schreiben vom 05.12.2019 über-sandte er zudem eine Zustandsbeschreibung des Klägers vom 08.04.2019, ein Attest des Allgemeinmediziners Dr. M. vom 09.04.2019, den Medikationsplan vom 06.11.2019 sowie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. M. vom 03.12.2019, auf deren Inhalt je-weils Bezug genommen wird. Mit weiterem Schreiben vom 05.12.2019 übersandte er den ausgefüllten Fragebogen zur Person und die unterzeichnete Schweigepflichtentbindungserklärung.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Verfahren fortzusetzen sowie den Bescheid der Beklagten vom 08.02.2018 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2019 aufzuheben und die Be-klagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab dem 23.11.2017 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

festzustellen, dass die Klage als zurückgenommen gilt, hilfsweise die Klage ab-zuweisen.

Die Beteiligten sind mit gerichtlichem Schreiben vom 13.12.2019, jeweils gegen Emp-fangsbekenntnis - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19.12.2019 und der Be-klagten am 17.12.2019 - zugestellt, dazu gehört worden, dass das Gericht eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG beabsichtigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des übrigen Vor-bringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Rechtsstreit durch Ge-richtsbescheid zu entscheiden. Gemäß § 105 Abs. 1 SGG kann das Gericht ohne münd-liche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Beteiligten sind darüber hinaus auf die beabsichtigte Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid hin-gewiesen worden.

Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt. Die Klage zum Az. S 23 R 93/19 gilt ge-mäß § 102 Abs. 2 SGG als zurückgenommen. Der Kläger hat das Verfahren trotz ord-nungsgemäßer Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betrieben.

Die gerichtliche Betreibensaufforderung vom 04.06.2019 ist zu Recht ergangen.

Gemäß § 102 Abs. 2 S. 1 SGG gilt eine Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Diese Vorschrift ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Die Rücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 SGG führt zur Beendigung des Rechtsschutzverfahrens mit möglicherweise irre-versiblen Folgen, insbesondere wenn behördliche Ausgangsentscheidungen dadurch in Bestandskraft erwachsen, ohne dass der Kläger dies durch ausdrückliche Erklärung in bewusster Entscheidung herbeigeführt hätte. Die Handhabung eines solch scharfen prozessualen Instruments muss daher im Lichte der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 Grundgesetz (GG) unter strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben erfol-gen, verstanden als Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein Kläger oder Antragsteller das von ihm eingeleitete Verfahren auch durchführen will. § 102 Abs. 2 SGG darf weder als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkoopera-tiven Verhalten eines Beteiligten gedeutet oder eingesetzt werden noch stellt die Vor-schrift ein Hilfsmittel zur Erledigung lästiger Verfahren oder zur vorsorglichen Sanktionie-rung prozessleitenden Verfügungen dar. Sie soll nur die Voraussetzungen für die An-nahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses festlegen und gesetzlich legitimie-ren. Zum Zeitpunkt einer Betreibensaufforderung müssen sachlich begründete Anhalts-punkte vorliegen, die den späteren Eintritt der Fiktion als gerechtfertigt erscheinen las-sen. Solche Anhaltspunkte sind insbesondere dann gegeben, wenn der Kläger seine prozessualen Mitwirkungspflichten nach § 103 SGG verletzt hat, wobei nur das Unterlas-sen solcher prozessualen Mitwirkungshandlungen erheblich ist, die für die Feststellung von entscheidungserheblichen Tatsachen bedeutsam sind. Im sozialgerichtlichen Verfahren gilt nicht der Beibringungs-, sondern der Amtsermitt-lungsgrundsatz. Gemäß § 103 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen; es hat dabei die Beteiligten heranzuziehen. Die Mitwirkungspflicht (bzw. Mitwirkungsobliegenheit) der Beteiligten, auch des Klägers, ist danach Teil der gerichtlichen Sacherforschungspflicht und durch diese auch begrenzt. § 102 Abs. 2 SGG bezweckt nicht, einen Kläger zu einer Substantiierung seines Klage-begehrens anzuhalten, sondern dient der Klärung der aufgekommenen Zweifel am Fortbestehen des Rechtschutzinteresses (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: Landessozial-gericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Januar 2016 – L 19 AS 1863/15 B –, Rn. 15 f m.w.N., juris).

Eine fiktive Klagerücknahme nach § 102 Abs. 2 SGG setzt aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 19 Abs. 4, 103 Abs. 1 GG) voraus, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der Betreibensaufforderung bestimmte, sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers bestanden haben, wobei ein sicherer, über be-gründete Zweifel am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses hinausgehender Schluss nicht geboten ist. Stets muss sich aus dem fallbezogenen Verhalten des jeweiligen Klä-gers, z. B. aus der Verletzung prozessualer Mitwirkungspflichten, der Schluss auf den Wegfall des Rechtsschutzinteresses, also auf ein Desinteresse des jeweiligen Klägers an der weiteren Verfolgung seines Begehrens ableiten lassen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 01.07.2010, Az. B 13 R 58/09).

Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Zum Zeitpunkt der Betreibensaufforderung vom 04.06.2019 bestanden sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers. Der Kläger hat trotz mehrfacher Aufforderung des Gerichtes, eine Schweigepflichtent-bindungserklärung vorzulegen sowie den ausgefüllten Fragebogen zur Person – im Rahmen dessen insbesondere auch Angaben zu den den Kläger behandelnden Ärzten erbeten werden – zu übersenden, die angeforderten Unterlagen nicht übersandt. Diese wären aber notwendig gewesen, damit das Gericht die erforderlichen (medizinischen) Ermittlungen hätte vornehmen können, um in dem Verfahren zu einer sachgerechten Entscheidung zu gelangen. Insoweit war im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Betrei-bensaufforderung vom Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers auszugehen (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Mai 2018 – L 20 SO 431/17 –, Rn. 28, juris).

Hieran ändert insbesondere auch die Erklärung des Prozessbevollmächtigten in seinem Schriftsatz vom 27.06.2019, dass er sich nicht vorstellen könne, dass der Kläger kein In-teresse an einem Verfahren habe, da dieser sonst die Anträge nicht gestellt hätte, nichts. Ein Fortbestehen des Rechtschutzinteresses wird dem Gericht gegenüber dadurch nicht hinreichend dokumentiert. So ist zum Einen bereits zu berücksichtigen, dass es unmaßgeblich sein dürfte, ob der Prozessbevollmächtigte sich dies vorstellen kann. Überdies zeigen insoweit vielmehr die mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 22.05.2019 aufgezeigten erfolglosen Erinnerungen des Prozessbevollmächtigten an den Kläger betreffend die Rücksendung der Unterlagen sowie die im vorgenannten Schreiben erwähnten vergeblichen Versuche der Kontaktaufnahme zu dem Kläger, dass von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers auszugehen war. Zudem ist weiterhin zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass ein Kläger äußert, er wolle das Verfahren weiter betreiben, wolle und könne sich zur Sache aber nicht weiter äu-ßern, das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 04.04.2017 - B 4 AS 2/16 R Rn. 32 f.) zwar offen gelassen hat, ob eine solche Äußerung grundsätzlich geeignet sei, ein fort-bestehendes Rechtsschutzinteresse darzulegen. Jedenfalls aber reiche es nicht aus, wenn ein Kläger seiner Ankündigung, sich weiter äußern zu wollen, keine Taten folgen lässt (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Mai 2018 – L 20 SO 431/17 –, Rn. 29, juris). Im vorliegenden Fall ist insoweit bereits zu berücksich-tigen, dass der Kläger noch nicht einmal geäußert hat, dass er das Verfahren weiter be-treiben wolle. Es erfolgte vielmehr keinerlei Reaktion des Klägers. Jedenfalls wurden die angeforderten Unterlagen nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der gerichtlichen Aufforderung vom 04.06.2019 – mithin bis Ablauf des 27.09.2019 – übersandt. Die Übersendung der angeforderten Unterlagen erfolgte erst mit klägerseitigem Schreiben vom 05.12.2019, bei Gericht eingegangen am 09.12.2019. Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Betreibensaufforderung vom 04.06.2019 war hin-gegen – wie bereits aufgezeigt – vom Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers auszugehen.

Überdies spricht nach Auffassung des Gerichts als weiterer Anhaltspunkt hierfür letztlich auch der Umstand, dass die Klagebegründung ausweislich des Schreibens des Pro-zessbevollmächtigten vom 22.05.2019 ohne Rücksprache mit dem Kläger nach Akten-einsicht erfolgte, da der Prozessbevollmächtigte den Kläger trotz mehrmaliger schriftlicher Erinnerungen und vergeblicher telefonischer Kontaktaufnahme nicht erreichen konnte. Dies zeigt zur Überzeugung der Kammer das fehlende Interesse des Klägers an diesem Rechtsstreit.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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