S 2 SO 498/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 2 SO 498/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 SO 42/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höhere Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII.

Der 1967 geborene Kläger steht seit Jahren im Leistungsbezug der Beklagten und erhält Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs – Zwölftes Buch (SGB XII).

Mit Bescheid vom 22.06.2016 bewilligte die Beklagte für die Zeit von Juli 2016 bis Juni 2017 Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von 285,76 Euro.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 13.07.2016 mit dem er geltend macht, dass eine Mieterhöhung zu berücksichtigen und etwaiges Guthaben an ihn auszuzahlen sei. Das Geld für die Warmwasserbereitung sei auch noch immer nicht berücksichtigt worden und nicht zur Anrechnung gekommen.

Mit Bescheid vom 22.07.2016 hob die Beklagte den Bescheid vom 22.06.2016 auf und teilte mit, dass rückwirkend ab dem 01.07.2016 die auf monatlich 55,00 Euro erhöhten Heizkosten berücksichtigt worden seien. Darüber hinaus werde das Heiz- und Betriebskostenguthaben in Höhe von 60,91 Euro im Monat August 2016 einmalig angerechnet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass dem Widerspruch vom 13.07.2016 bereits mit Bescheid vom 22.07.2016 abgeholfen worden sei. Der Widerspruchsbescheid ist zunächst per Einschreiben mit Rückschein versandt worden. Er kam jedoch am 25.8.2016 zur Beklagten zurück, nachdem der Kläger ihn nicht abgeholt hatte. Sodann versandte die Beklagte den Widerspruchsbescheid am 05.09.2016 erneut an den Kläger.

Am 21.09.2016 erreichte sodann das Gericht eine E-Mail des Klägers mit dem Betreff "Klage gegen den Widerspruchsbescheid der Stadt Oberhausen vom 09.08.2016". Der E-Mail ist eine eingescannte Unterschrift des Klägers beigefügt. Darin wird mitgeteilt, dass der Bescheid immer noch nicht richtig sei. Es sei noch immer nicht berücksichtigt worden, was ihm tatsächlich zustehe, wie Geld für die Warmwasserzubereitung und Preisstufe A und B. Hilfsweise werde die Überprüfung aller Bescheide, auch der bereits bestandskräftig gewordenen, begehrt.

Der Kläger beantragt nach seinem erkennbaren Interesse,

die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 22.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2016 zu verurteilen, ihm weitere Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII zu gewähren sowie hilfsweise

sämtliche auch bereits bestandskräftig gewordenen Bescheide zu überprüfen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass die Klage unzulässig sei. Weitere Ausführungen zur Begründetheit seien daher obsolet.

Mit Schreiben vom 26.09.2016 hat das Gericht den Kläger darauf hingewiesen, dass die als E-Mail übersandte Klage nicht die Formvorschriften erfüllt und daher auch nicht die Klagefrist wahrt. Des Weiteren wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass bislang auch kein Schriftsatz per Post eingegangen sei, der die Klagefrist hätte wahren können. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass die Klage voraussichtlich unzulässig ist.

Mit weiterem Schreiben vom 31.10.2016 hat das Gericht die Beteiligten zum beabsichtigten Erlass eines Gerichtsbescheides angehört.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten, sowie auf die Leistungsakte der Beklagten. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten hatten vor Erlass des Gerichtsbescheids Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Klage ist bereits unzulässig, denn der Kläger hat die Klagefrist versäumt.

Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids zu erheben. Der Lauf der Frist beginnt gemäß § 65 Abs. 1 SGG mit dem Tag nach der Zustellung. Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit Ablauf des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt (§ 65 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Vorliegend war der Widerspruchsbescheid vom 02.08.2016, nachdem er zunächst erfolglos per Einschreiben übersandt worden war, nochmals am 05.09.2016 an den Kläger versandt worden. Damit ist er spätestens am 08.09.2016 zugegangen und bekanntgegeben worden. Die Klagefrist endete daher am Montag, den 10.10.2016. An diesem Tag hat das Gericht keine formgerechte Klage erreicht.

Die am 21.09.2016 bei Gericht eingegangene E-Mail wahrt die Klagefrist nicht, denn die E-Mail erfüllt nicht die Formvorschriften. Nach § 90 SGG ist die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Soweit eine Klageerhebung per E-Mail erfolgen soll, ist zur Wahrung des Schriftformerfordernisses nach § 65a SGG erforderlich, dass die E-Mail eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes enthält. Das ist vorliegend nicht der Fall. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Umstand, dass der E-Mail eine eingescannte Unterschrift des Klägers beigefügt war (ebenso: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.08.2016, Az: L 5 SO 130/15). Vielmehr wäre zur Wahrung der Schriftform eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich, an der es vorliegend jedoch fehlt.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG wegen Versäumung der Klagefrist kommt vorliegend nicht in Betracht. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Vorliegend sind keine Umstände ersichtlich oder vom Kläger vorgetragen worden aus denen sich ergibt, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, rechtzeitig Klage zu erheben. Insbesondere war es dem Kläger innerhalb der Klagefrist am 21.09.2016 sowie nochmals am 10.10.2016 möglich, das Gericht per E-Mail zu kontaktieren. Warum es nicht möglich gewesen sein sollte, in dieser Zeit einen eigenhändig unterschriebenen Schriftsatz in den Postlauf zu

geben, erschließt sich nicht. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass er geglaubt hat, eine Klageerhebung per E-Mail sei ausreichend. Vielmehr war ihm durch das Parallelverfahren mit dem Aktenzeichen S 2 SO 457/16 bereits am 08.09.2016 der Hinweis des Gerichts zugegangen, dass eine Klageerhebung per E-Mail nicht möglich ist und die Klagerist nicht wahrt. Dennoch hat der Kläger am 21.09.2016 die neuerliche Klage wiederum per E-Mail eingereicht.

Selbst wenn die Klageerhebung per E-Mail wirksam erfolgt wäre, wofür – wie bereits ausgeführt – nichts spricht, ist die Klage erfolglos.

Soweit der Kläger mit der Klage hilfsweise die Überprüfung sämtlicher, auch bereits bestandskräftiger, Bewilligungsbescheide begehrt, ist die Klage ebenfalls unzulässig, denn insoweit hat der Kläger zuvor ein Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren durchzuführen.

Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die Klage im Übrigen auch unbegründet ist.

Die Beklagte hat zu Recht das Guthaben aus der Heiz- und Betriebskostenabrechnung in Höhe von 60,91 Euro als Einkommen nach§ 82 SGB XII im Monat August 2016 angerechnet, denn in diesem Monat wird das Guthaben vom Vermieter an den Kläger ausgezahlt. Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich bzw. vom Kläger vorgetragen worden, die ein Absehen von der Anrechnung rechtfertigen würden.

Soweit der Kläger ursprünglich noch eingewandt hat, dass die Erhöhung der Heizkosten um monatlich 10,00 Euro nicht berücksichtigt worden sei, hat die Beklagte dies mit Bescheid vom 22.07.2016 ab Juli 2016 nachgeholt. Insoweit ist daher keine Beschwer mehr gegeben.

Soweit der Kläger die Gewährung von Warmwasserkosten begehrt, ist die Klage ebenfalls unbegründet. Ein Mehrbedarf für Warmwasser nach § 30 Abs. 7 SGB XII ergibt sich nur dann, wenn die Warmwasserbereitung dezentral, also beispielsweise mittels eines Warmwasserboilers oder Durchlauferhitzers erfolgt. Dies ist beim Kläger nicht der Fall. Ausweislich der vorliegenden Nebenkostenabrechnung erfolgt die Warmwasserbereitung zentral und wird gemeinsam mit den Heizkosten abgerechnet.

Keine Aussicht auf Erfolg hat schließlich auch das Begehren des Klägers die Fahrtkosten für das Sozialticket der Stufe A und B von der Beklagten im Rahmen der gewährten Grundsicherung zu erhalten. Hierfür existiert keine gesetzliche Anspruchsgrundlage.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Verfahren ist berufungsfähig nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, denn der Kläger begehrt unter anderem die Überprüfung sämtlicher auch bestandskräftiger Bescheide, womit zumindest Leistungen von mehr als einem Jahr betroffen sein dürften.
Rechtskraft
Aus
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